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Die gute alte Küche - in neuem Gewand _ Coming-out und andere LesbenLebenslagen _ Butch / Femme...

Geschrieben von: Joey am 19.Jan.2010 - 00:02

Liebe Damen,
auch auf das Wissen und die Gefahr hin, dass dieses Thema schon vielfach ausdiskutiert und besprochen wurde - nach einem Gespräch mit zwei lieben, weisen Frauen und der Auseinandersetzung mit Leslie Feinbergs Roman http://www.amazon.de/gp/product/393004109X/ref=s9_simi_gw_s0_p14_i1?pf_rd_m=A3JWKAKR8XB7XF&pf_rd_s=center-2&pf_rd_r=02P4GK4K7W13BWH7TKCB&pf_rd_t=101&pf_rd_p=463375173&pf_rd_i=301128 muss ich dieses Thema einfach eröffnen, da mich seither einige Fragen beschäftigen.

Kurz zum Inhalt des Buches (damit auch die, die es nicht kennen, wissen, worum es mir geht): Das Buch handelt u.a. von der Lesbenszene in den 60er/70er-Jahren in Amerika. Aufgrund des Verbotes von Homosexualität traf man sich in den Hinterzimmern von Kneipen und Bars, lebte in der ständigen Angst, der nächsten Polizeirazzia zum Opfer zu fallen, und träumte von einer Gleichberechtigung und der Möglichkeit, sich und seine Liebes- und Lebensweise offen zeigen zu dürfen. Ich mag nicht weiter ausschweifen, das soll nur kurz den Inhalt wiedergeben. (Und wer das Buch bisher nicht gelesen hat: es ist absolut lesenswert!)

Dieses Buch hat mich jedenfalls sehr bewegt und mit vielen Gedanken und Fragen zurück gelassen. Letztere wurden mir teilweise schon von Frauen, die die damalige Zeit selbst miterlebt haben, beantwortet. Den Rest mag ich hier veröffentlichen:
In dem Buch gibt es klare Vorgaben, was die damalige lesbische Lebensweise angeht: Butch und Femme gehörten einfach zusammen. Es schickte sich nicht, als Butch mit einer anderen Butch das Bett und Leben zu teilen. Für Femmes galt das Gleiche. Strikte Rollenvorgabe, so will man meinen. Mittlerweile weiß ich, dass diese "Vorgabe" damals sein musste, da man nicht auffallen wollte und nicht noch mehr aus der Norm brechen wollte. Es hatte eben auch schlimme, schmerzliche Folgen (siehe nur die zahllosen Razzien zur damaligen Zeit, die meistens die Butches brutal und zerstörend traf).

Was mich anfangs irritierte (noch immer irritiert) ist die strikte Trennung zwischen Butch und Femme. Es gab nur das Eine oder Andere. Alles dazwischen wurde sogar in der Szene nur wenig bis gar nicht akzeptiert. Vielleicht gar totgeschwiegen. Eine Butch musste stark sein und durfte keine Gefühle zeigen. Von einer Femme erwartete man Gegenteiliges.

Es hat sich bis heute vieles getan. Sehr viel. Öffentlich und gesellschaftlich, als auch bezüglich der inneren Haltung. Dennoch frage ich mich: gibt es so ein Rollendenken immer noch in unserer Szenen-Gesellschaft? Besser gefragt: in unseren Köpfen? Ich habe immer noch oft das Gefühl, dass man als Lesbe gleich in eine Schublade gesteckt wird - egal, ob "Butch", "Femme" oder "Sonstiges" darauf steht. Ich habe das Gefühl, dass wir sogar einander selbst in Schubladen stecken. Mag ja sicher nicht immer verkehrt sein, denn Schubladen helfen dem Ein- und Zuordnen und können bisweilen gar einen Schutz darstellen. Dennoch beschäftigt mich dieses Thema.
Ich merke ja selber, dass ich kategorisiere. Von einem "Ich steh nur auf weibliche Frauen - Femmes" habe ich mich nun auf ein "Ich habe gerade gar keine Ahnung" geeinigt. Mir ist in der "Szene" aufgefallen, dass es doch sehr oft noch so ist, dass man eher Butches/Femmes antrifft als andere Konstellationen und ich selber merke, dass ich mich in der Gegenwart einer Butch ganz anders gebe als in der einer Femme.
Hinzu kommen zu den ganzen Femmes und Butches mittlerweile Androgyne und Queers, deren Definitionen ich allerdings nicht kenne. Mir scheint, dass Beides jeweils für Etwas "dazwischen" zu sein scheint. Für Jene, die sich offensichtlich in keiner vorhandenen Schublade unterbringen lassen. Man möge mich korrigieren.

Zum Anderen würde mich als Femme interessieren, wie eine Butch denkt und fühlt. Ob sie mit dem "Weiblichen" an ihrem Körper gut zurecht kommt oder sich eher unwohl fühlt. Was unterscheidet eine Butch von einer Femme tatsächlich (unabhängig vom Äußeren)? Leslies Buch behandelt ein sehr, sehr sensibles Thema. Die Protagonistin fühlt sich nicht wohl in ihrem Körper - fremd. Und mag diesen gegen einen Körper tauschen, der dem anderen Geschlecht zugetan ist. (Ich weiß, das Thema soll hier nicht diskutiert werden.)
Ich kann die Protagonistin verstehen, aber nachvollziehen kann ich das Denken und Fühlen nicht. Wie auch? Ich habe mich in meinem Körper immer wohl gefühlt - bis auf zwei Jahre meiner Anfangsschulzeit, in denen ich mich allen mit dem Namen meines männlichen Pendants vorstellte.
Dennoch würde mich interessieren: was ist der Auslöser, dass man sich als Butch bezeichnet? Hat es nur mit Körperempfinden zu tun? Was ist Auslöser, dass man sich als Femme einordnet?

So viele Fragen. Ich weiß.


Anmerkung:
Dies ist ein sehr sensibles Thema und es braucht Feingefühl, um sich nicht irgendwelchen Klischees zu bedienen oder Einer auf die Füße zu treten. Sollte dies passiert sein, bitte ich schon jetzt um Entschuldigung.
Ich habe mir Mühe gegeben, alles so verständlich wie möglich zu schreiben. Nichts verurteile ich.
Ich habe nur so viele Fragen.
..

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 19.Jan.2010 - 08:29

ZITAT(Joey @ 19.Jan.2010 - 00:02) *
Strikte Rollenvorgabe, so will man meinen.


Im Gegensatz zu meinem Leben als Frau ist meine Femme-Identität keine Vorgabe, sondern meine freie Wahl. Das macht für mich einen gewaltigen Unterschied aus.

Butch/Femme sind für mich keine Schubladen, sondern zwei Rollen in einem aufeinander bezogenen Tanz. Es geht nicht darum, wer wie ist, sondern darum, wer welche Haltung einnimmt, wer folgt und wer führt.
Heutzutage ist es sozial unnötig klassische Gesellschaftstänze zu beherrschen. Es ist eine Chance auf eine gemeinsame, hochkomplexe Bewegung. Es ist eine Form, die sich mit Vertrauen, Hingabe und Verantwortung füllen lässt. Eine Leidenschaft, die zwei Menschen gemeinsam entdecken (oder auch ablehnen) können.
Für mich ist es vor allem Vertrauen. Denn der Stolz beider Haltungen liegt darin, dass die Partnerin sich darauf einlässt. Dass sie die Differenz zulässt, stützt und ihrerseits vertraut. Nur aufeinander bezogen macht Tanzhaltung Sinn.

Ich habe nicht den Anspruch in allem, was ich bin und tue, das Rad neu zu erfinden. Es bereitet mir auch kein schlechtes Gefühl zunächst mit Kochbuch zu kochen (mit Handbuch zu schrauben) bevor ich improvisiere. Traditionen sind für mich eine Hilfe - eine Möglichkeit aus Erfahrungen anderer zu lernen und meinen eigenen Weg zu gehen (statt mich mit der Machete durchs Unterholz zu schlagen).
Die Schwierigkeit bei der Nutzung befestigter Straßen liegt in den Kreuzungen. Es gehört Orientierungsfähigkeit und Erfahrung dazu, einschätzen zu können, wohin ein Weg führt, wo ich wem begegnen kann, was mich erwartet und welche Steigungen ich meiner Kondition zutrauen sollte.
Insofern erwarte ich von Femmes wie Butches Reflexionsvermögen und -bereitschaft. Ich erwarte, dass sie sich ihrer Entscheidungen bewusst sind. Ich erwarte, dass sie nicht einfach "nehmen, was zu kriegen ist", sondern sich darauf einlassen, der Geliebten die größtmögliche Freiheit und Freiwilligkeit zu lassen. Darin liegt für mich die Chance und die Gefahr dieses lesbischen "Beziehungskonzeptes".
So wird vielleicht verständlich, warum ich B/F in der Praxis mit Reife, wohl auch einem gewissen Alter assoziiere und einige Jahre des Freestyle-Austestens voraussetze, was das Einfühlungsvermögen erst möglich macht, das ich als Femme von einer Butch erwarte.

Geschrieben von: dandelion am 19.Jan.2010 - 10:39

ZITAT(DerTagAmMeer @ 19.Jan.2010 - 08:29) *
Butch/Femme sind für mich keine Schubladen, sondern zwei Rollen in einem aufeinander bezogenen Tanz. Es geht nicht darum, wer wie ist, sondern darum, wer welche Haltung einnimmt, wer folgt und wer führt.
Heutzutage ist es sozial unnötig klassische Gesellschaftstänze zu beherrschen. Es ist eine Chance auf eine gemeinsame, hochkomplexe Bewegung.

interessant daran: ich übe noch - insbesondere im Paartanz wink.gif bei uns ist es so - Femme führt, Butch folgt. biggrin.gif

zu deinem letzten Absatz bräuchte ich wohl noch mal ein bißchen Input - ich verstehe die meisten Umschreibungen in Anführungszeichen nicht... roetel.gif


Danke für den Thread, Joey flowers.gif Diesen Grund für B/F-Kategorisierungen kannte ich bisher nicht. Und ich glaube nicht, daß wir das Thema wirklich aus dem Blickwinkel schon mal hatten... Jedenfalls nicht die letzten Jahre wink.gif

Mittlerweile ist es durchaus so, daß zwei Frauen eher gar nicht, wenn, dann eher als Butch, Anfeindungen in der Öffentlichkeit ausgesetzt sind. Von daher ist die Aufteilung aus praktischen Gründen nicht mehr so wichtig.

Die Einheit von männlich und weiblich konnotierten Charaktereigenschaften, die Verbindung der Gegensätze, ist ein Ideal, das alle Kulturen eint. Keine von ihnen ist so vermessen, zu behaupten, daß eine Seite ohne die andere besser dran wäre.
Letzten Endes glaube ich an diese Einheit, die für mich auch wie ein Tanz erscheint - wie jedes mit Herzblut gelebte Miteinander allerdings. Das Harte und das Weiche, das Helle und das Dunkle, das Laute und das Leise, der Antrieb und die Besonnenheit - sie und viele mehr tanzen umeinander, loten sich im Miteinander aus.
Wenn es für beides Stereotype aus der Vergangenheit gibt, werden sie schnell zu Sammelpunkten von Eigenschaften: gemeinsame Antipoden all der Dinge, die da tanzen.

Was ich meine, zeigt sich an manchen Aspekten meiner Geschichte fast schon exemplarisch:
Als ich, gerade 19 oder 20, den Weg in die Lesbenwelt fand, war das Bild der Butch für mich ein Identifikationspunkt. Genau wie ich hatte sie eine winzige Schnittmenge mit der Masse, setzte sich ab von dem Mädchenklischee, vor dem ich mein Leben lang geflüchtet war. Sie symbolisierte für mich den Mut, anders zu sein, gab mir scheinbar Freiheiten, die ich brauchte. Schon Monate später sah ich mich als Butch. Damit endete für mich die latent vorhandene Ablehnung meines Körpers, weil es eine Rolle gab, in der ich als Frau sein konnte, was ich sein wollte, ohne das jedes Mal wieder erklären zu müssen.

Bis Eigenschaften an mir hervortraten, die damit nicht vereinbar waren. Ich wollte nicht zugunsten einer Rolle auf Teile von mir verzichten.
So werde ich in vielen Freundschaften als eher maskuliner Kumpel wahrgenommen, erlebe aber an mir einen teils bemerkenswerten Mutterinstinkt. Und gelegentlich darf je nach Kontext ein kleines Hippie-Mädchen meine Schuhe unter den nächsten Baum werfen und über die Szenerie hopsen. Nur wie man 8mm-Haar im Wind wehen läßt, muß ich noch eruieren. cool.gif
Andererseits fällt mir gerade auf, daß ich eine Freundschaft mit einer Hetera seit dieser Jung-Butch-Zeiten pflege - und in der "spielen" wir immer noch in der gehabten Verteilung B/F. biggrin.gif


Wenn ich mir das so durchlese... Der Begriff "Mutter" ist sowohl mit Emotionalität als auch mit Stärke eng verbunden. Paßt schon der nicht mehr ins Butch/Femme-Bild?

Geschrieben von: sonnenstrahl am 19.Jan.2010 - 11:58

Ich bezweifle, dass das Konzept Butch/Femme das Leben homosexueller Menschen jemals leichter gemacht hat, was Ablehnung, Verfolgung und Sanktionen angeht.* Ich denke, es entstand eher aus einem inneren Bedürfnis als aus einer äußeren Notwendigkeit heraus: Dem Bedürfnis, sich mit einer Rolle zu identifizieren, und sich so erneut Heimat zu schaffen. Für die meisten Menschen, die etwas leben, was in der Gesellschaft so nicht vorgesehen ist, ist es enorm wichtig, über Identifikation doch wieder zu einem Zugehörigkeitsgefühl, und damit zu einem Gefühl von Halt und Orientierung zu gelangen.

ZITAT
Wikipedia: Identifikation (von lat. idem: „derselbe“, facere: „machen“) bedeutet wörtlich übersetzt „gleichsetzen“.


Dass dieses Konzept sich aufgeweicht hat, hat m.E. weniger damit zu tun, dass Lesben und Schwule mittlerweile (und zum Glück) vielerorts mehr Akzeptanz erfahren, als damit, dass Individualismus insgesamt eine große gesellschaftliche Aufwertung erfahren hat, bis hin zu einer Art Individualitätsgebot.
Wir dürfen, können, sollen mitunter sogar bunt und anders sein.

Zumindest jedoch haben wir sehr viel freie Wahl, was die Gestaltung unseres Privatlebens, und die Abgrenzung von allen möglichen Gruppierungen angeht.

Das Bedürfnis, sich zu identifizieren, und somit sich irgendwo zuhause und zugehörig zu fühlen, ist deswegen nicht kleiner geworden.
Nur stehen uns inzwischen weit mehr Rollenmodelle und weit mehr Möglichkeiten der Selbsterfahrung zur freien Verfügung.
Ich kann, wenn ich will, heute im Piraten-Outfit mit Moustache, morgen als Vamp, und übermorgen als Cellophan-Bombe durch die Straßen gehen.
Ob ich es tu, ist eine Frage meiner Prägung, meines persönlichen Geschmacks, meines Mutes, meiner Neugier, meiner Phantasie, meiner momentanen oder dauerhaften Entscheidung, meiner Lebenshaltung. Ich kann es wichtig, reizvoll, aufregend oder lächerlich finden, mit Stilen zu experimentieren.
Ich kann es (heutzutage und in bestimmten Ländern dieser Welt) tun oder lassen. Lesben auf Tonga, in Benin oder in Afghanistan werden gänzlich andere Erfahrungen machen.

Dass das Konzept Butch und Femme sich bei uns im freien "Westen" nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, hat sicherlich zum einen damit zu tun, dass unsere Ur-Vorbilder (meist Mama und Papa und Oma und Opa) die Schablonen dafür lieferten, zum anderen damit, dass die meisten von uns mit Hollywood und Co. aufgewachsen sind und leben: Mit Liz Taylor und Paul Newman, Ingrid Bergmann und Humphrey Bogart, Vivien Leigh und Clark Gable, Mia Farrow und Robert Redford, Katherine Hepburn und Cary Grant, Lilian Harvey und Willy Fritsch, Romy Schneider und Karlheinz Böhm, ... oder später Juliette Binoche und Olivier Martinez, Julia Roberts und Richard Gere, Jennifer Grey und Patrick Swayze uvm. Wenn das keine Identifikationsvorlagen sind biggrin.gif !

Persönlich fühle ich mich von all dem durchwoben.
Als wirklich kleines Kind spürte ich, wo (äußere) Macht, Glanz und Ruhm angesiedelt waren, und meinte, die Wahl zu haben: Ich erklärte mich zum Jungen.
Mit 12 1/2 beschloss ich - anlässlich eines Umzugs - meine Identität zu ändern: Ich probierte das Mädchensein aus.
Von da an bewegte ich mich mal hier, mal dort, doch die früheste Entscheidung, die zum Jungen, erwies sich als die tiefverwurzeltste. Ich blieb meinem inneren Jungen in gewisser Weise treu, indem ich es mir äußerlich höchstens gestattete, mich auch mal burschikos-feminin zu geben, von wenigen "Von Kopf bis Fuß Femme"-Experimenten mit Lippenstift, Augen-Make-up und entsprechender Garderobe in den späten Zwanzigern einmal abgesehen. Mein Gefühl dabei war: "Ich betreibe Travestie. Das bin nicht ich." Und: "Göttin, ist das unbequem!" Also ließ ich es fortan, ganz Femme darstellen zu wollen, und beschränkte mich auf das eine oder andere Accessoire.

Je besser ich mich mit den Jahren kennenlernte, umso mehr wurde mir klar:
Die klassische Butch bin ich nicht. Und wenn mal ein bisschen, dann keinesfalls durch und durch, auch wenn es Zeiten gibt, in denen Haarschnitt und Aufmachung diese Annahme nahelegen mögen.
Am ehesten noch würde ich mich als Tunte bezeichnen:
Ich habe absolut nichts dagegen, wenn mir Türen aufgehalten und Blumen geschenkt werden. Ich lasse mich liebend gerne umwerben, umschmeicheln und verführen. Ich lehne mich gerne in freudiger Erwartung zurück, und lasse mich nach allen Regeln der Kunst verwöhnen. Nichts schöner, als mich in starke Liebhaberinnen-Arme zu schmiegen. Abgesehen davon, dass sich mir der Paartanz noch immer nicht wirklich erschlossen hat, neige ich eher dazu, mich führen zu lassen. Vielleicht, weil ich im Alltag tendenziell schon dominant genug bin. So oder so: Ich finde es toll, mich beschützt zu fühlen. Ich mag Glitzerarmbänder an mir. Ich kann fürchterlich zickig und divenhaft sein. ...
Dennoch: Mit einer attraktiven Femme an meiner Seite blüht mein Ego weit mehr auf, als mit einer sexy Butch.
Nicht, dass ich noch nie heftigst in eine Butch verliebt gewesen wäre - aber es fühlt sich spontan eher nach Reibung an, als nach Topf und Deckel.
Spontan, wohlgemerkt.
Warum nicht gelegentlich mit diesem uralten Reiz spielen?
Um ihn dann bei anderer Gelegenheit nonchalant zu vernachlässigen ...

Sobald der Mensch in all seiner Vielschichtigkeit hinter seiner Rolle zutage tritt, geht es meiner Erfahrung nach sowieso nur noch um Wahrhaftigkeit, und nicht mehr darum, irgendwelchen Klischees "in Echt" zu entsprechen.

Klischees als Auflagen und Bürde: Nein danke. Klischees als Kompositionselemente eines bewusst und genussvoll vorgetragenen Bühnenstückes: Gerne.

Und zuguterletzt: Wenn zwei sich selbst und gegenseitig wirklich kennen und achten, bleibt das Erkennen bestehen, ganz gleich, ob sie sich zu bestimmten Anlässen aus der Butch/Femme-Requisitenkiste bedienen, und damit ihren Spaß haben, oder ob sie ihren Spaß eher anderweitig finden.
Aus innerer Not und bitterem Ernst darf endlich Spiel werden, aus Spiel Leichtigkeit - und aus Leichtigkeit vielleicht Lust. Auf was auch immer.


edit: Zwei unauffällig gekleidete, sich liebende Frauen sind vermutlich in prekären Situationen eher als Schwestern oder Freundinnen durchgegangen, und von Gewalt verschont geblieben, als ausgerechnet ein Butch/Femme-Paar.

Geschrieben von: pfefferkorn am 19.Jan.2010 - 12:11

ich glaube, außer acht zu lassen ist nicht, dass es sich bei b-/f- um ein erotisches konzept handelt -
das begehren der anderen spielt eine herausragende rolle

und, nach vielem was ähnlich auch dtam geschildert hat, ist für mich klar, dass ich mich als femme identifiziere und für mich völlig klar ist, dass ich butches begehre - und zwar solche, die sich selbst auch so definieren -
was hab ich schon zu lesben gesagt, "ganz schön butch" und es positiv gemeint und die sind zusammengezuckt, weil sie das als schimpfwort verstehen
was hab ich schon erlebt, dass lesben irgendwelche klamotten von mir mit abfälligem ton als "femmenkram" , wenn nicht gar als "miezenkack" bezeichnet haben -

das will ich nicht mehr

ich will stolz darauf sein können, dass ich femme bin und hab keine lust im frauenzentrum erstmal stundenlang geschirr zu spülen, bevor mir eine glaubt, dass ich auch eine "richtige" lesbe bin und ich erwarte tatsächlich von meinem erotischen gegenüber, dass sie soweit "mitspielt", dass ich mich bei veranstaltungen nicht darum kümmern muß, wo mein getränk herkommt - eigentlich keine frage

sabine fuchs hat zu diesem thema vor kurzem ein buch veröffentlicht, dass deutlich macht, in welcher form die frauenbewegung in ihrer zum teil berechtigten ablehnung des sogenannt "weiblichen" das kind mit dem bade verschüttet hat - und warum soviele sich "feminin" nennende lesben eben nicht "femme" sind

einen guten einblick in das kämpferische femmenpotenzial gibt auch die website von minnie bruce pratt, der lebensgefährtin von feinberg

Geschrieben von: LadyGodiva am 19.Jan.2010 - 14:00

...müsste das Korrelat zu erwartetem Feingefühl nicht generell gestandene Haltung sein, Pfefferkorn?
Vielleicht ist es auch nur einfach meinem privaten Glück geschuldet - aber ich sehe mich nur selten genötigt, Aufmerksamkeit mir gegenüber explizit anmerken zu müssen. Das, jedenfalls dachte ich, wäre ein Geheimnis erotischer Geneigtheit weniger.
...kann es eine Generationenfrage sein - und von welchen Rahmenbedingungen sprichst du dann?
Ebenso vielleicht - jedoch bewege ich mich durchaus meinen Interessen geschuldet eher unter lesbischen Frauen, die z.T. älter als meine Mutter sind und habe noch nie eine derart abwertende Haltung bezüglich meines Auftretens erfahren müssen. Ich wüsste auch nicht, dass mein unverhüllter Lebensstil nach Überwindung des ersten Blicks in irgendeiner Weise diskreditiert oder in Frage gestellt worden wäre. Und fühle mich wahrlich nicht als lebender Beweis für oder gegen... und ganz vielleicht führt verminderte (wenn auch "nur unterschwellige") Aggressivität auch zu größerer (und vielleicht eben auch nur in ihrer Nicht-Anwesenheit spürbarer) Akzeptanz.

Geschrieben von: ele am 19.Jan.2010 - 14:07

ZITAT(Joey @ 19.Jan.2010 - 00:02) *
Was ist Auslöser, dass man sich als Femme einordnet?

So viele Fragen. Ich weiß.


Auch wenn ich wohl nicht sooo fundiertes Wissen über das Thema habe und (frauen)politisch eher eine Niete bin roetel.gif , möchte ich kurz diese eine Frage beantworten.

Da ich ja erst seit knapp vier Jahren weiß, daß ich lesbisch bin, waren viele Themen, Begriffe, Kategorien komplettes Neuland für mich (und sind es auch heute oft noch wink.gif ). Ich hatte zwar lesbische Freundinnen/Bekannte, das lesbische Leben kannte ich allerdings nur von sporadischen Besuchen einer Frauendisco sleep.gif

Den Begriff "Butch" hörte ich zum ersten Mal in einem Gespräch mit meiner Frau, damals waren wir allerdings noch nicht zusammen. Im Gesprächskontext hatte ich schon eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, was sie wohl mit Butch meint, aber da ich immer schon sehr neugierig war, habe ich dann zuhause im Internet gestöbert, mich durch mehr oder weniger seriöse Seiten gelesen und tolle Fotos von B/F Paaren gesehen. Beim Lesen dieser Seiten und beim Erinnern an "butchige" Frauen, die ich in meinem Leben schon getroffen hatte, wurde mir ziemlich klar, daß mich Butches sehr ansprechen, allerdings kannte ich außer meiner Frau sonst keine persönlich. Auch wurde mir bewußt, daß, wenn ich mich wohl einordnen müßte, ich wohl am ehesten eine Femme bin.

Die Strukturen der Butch/Femme Beziehung sind für mich allerdings kein strenges Regelwerk, ich verbiete mir oder meiner Frau nichts, weil es eventuell nicht in's Schema passt. Wir passen halt zufällig in dieses Schema, es schränkt uns aber nicht in unserem Leben ein und wir sehen es auch nicht als Nachahmung einer Heterobeziehung. Wir sind einfach zwei Menschen, die sehr gut zusammenpassen, sich in allen Lebensbereichen prima ergänzen und für die die jeweilige Rolle/Position in unserer Beziehung genau das ist, was sie sich immer schon gewünscht haben. In welche Schublade man uns wohl einordnet, hat unser Leben (bis jetzt) noch nicht negativ beeinflußt, neugierige Blicke oder Getuschel gab es und wird es wohl immer geben.

Ich bin schon gespannt auf viele weitere tolle Beiträge von den smarten Frauen hier!

Geschrieben von: McLeod am 19.Jan.2010 - 14:50

Vielleicht sollte ich das Buch endlich mal lesen! biggrin.gif

Ich glaube, nicht sonderlich viel beitragen zu können. Ich wurde und werde weiterhin hier und da als "Butch" identifiziert, obwohl ich befürchte, dass es sich dabei um ein schlichtes Mißverständnis handelt: Ich trage meine Haare kurz und hab mir früh viel angeeignet, was exklusiv in der Schublade "männlich" lag. Bewegungen, vielleicht auch Denkweisen. Ich kann das, da sich diese Schubladen männlich und weiblich längst nicht mehr so strikt trennen lassen wollen, wie noch vor 30 Jahren, nicht genau behaupten für mich. Ich will's eigentlich auch gar nicht. Ich trage mein Herrenhemd nicht, weil ich in der Abteilung für Herren hing und ich damit lustvoll Grenzüberschreitungen zelebriere. Sondern weil ich mich darin wohl fühle. Okay... ich gebe zu... es gab anfangs auch großen Spaß beim Stöbern in der Herrenabteilung, aber sowas nutzt sich leicht und schnell ab. Und ich denke nicht, dass es ein Herrenhemd ist, dass eine Frau zu einer Butch macht. Oder eine Frisur. Oder ein Habitus.

Für mich - und deswegen sehe ich mich als anders - ist Butch mit Femme verknüpft. Weil es dazuzugehören scheint - wie Du es beschreibst - dass es auf das Zusammenspiel hinausläuft. Oder wie dertagammeer schreibt: auf einen Paartanz. Und der reizt mich nicht, ich bin eher Tanzbär, als Tanzbutch. Mir fehlt das Vokabular und ich bin daran auch sonderbarerweise wenig interessiert. An der Femme an sich.

Die Göttin weiß, ich hab das "Du bist so butch" eine Weile als Beleidigung gesehen (weil es einfach eine Fehlinterprettion aufgrund diverser Äußerlichkeiten ist). wink.gif

Und wenn ich den B/F-Expertinnen zuhöre, dann trifft das wahre Bucht/Femme-tum nur auf einen kleinen Teil der hiesig-heutigen Lesbenschaft zu. Der große Rest pflegt andere Lebensentwürfe.

Eine kluge Freundin von mir sagte mal (sinngemäß): Es ist hilfreich, sich an bestehenden Rollen und Modellen zu orientieren und sich auszuprobieren. Manchen passt das Modell, andere gehen weiter oder verknüpfen mehrere.

So... viel geschrieben, wenig gesagt scheint mir biggrin.gif

McLeod

Geschrieben von: pfefferkorn am 19.Jan.2010 - 15:47

ZITAT(McLeod @ 19.Jan.2010 - 14:50) *
Und wenn ich den B/F-Expertinnen zuhöre, dann trifft das wahre Bucht/Femme-tum nur auf einen kleinen Teil der hiesig-heutigen Lesbenschaft zu. Der große Rest pflegt andere Lebensentwürfe.


so seh ich das auch!

an gestandener haltung gebricht es mir nicht -
ich sehe mich selten genötigt, aufmerksamkeit einfordern zu müssen, wie die lady meint - das bringt auch nix und grundsätzlich bin ich ja schon in der lage, mich um meine getränke selbst zu kümmern

aber ich war eben auch schon flirtatous involviert und sehr erstaunt darüber, wenn mir mein gegenüber eben nicht die aufmerksamkeit zollt, die femme gerne hätte :-) - das ist beileibe keine generationenfrage, ich stand mit - von mir fälschlicherweise als gentlebutch gelesenen menschen durchaus älteren jahrgangs und durchaus rauchend - schon mit zigarette in der hand da und hab schlicht kein feuer bekommen, bis ich es mir nicht umständlicherweise selbst organisiert habe -
das ist für mich in diskussionsrunden und bei veranstaltungen aller art völlig in ordnung, aber eben völlig unsexy

vor meinem "femming out" (den ausdruck hat konny mal geprägt, danke!) war ich diesbezüglich auch nicht - auch nur unterschwellig - aggressiv, sondern stets bemüht, mich dem, was als "lesbisch" galt irgendwie anzupassen und die femme in mir kleinzuhalten - das klappte schlecht und führte zu heftigen mißverständnissen, aber ich wollte eben auch mal, das eine sieht, dass ich "dazugehöre" -

ich weiß nicht, in welchen szenen sich die lady bewegt, ich kenne einige und auch einige femmes, die meine erfahrungen durchaus teilen -
da stellt sich von meiner seite an die lady die frage:
siehst du dich als femme?



Geschrieben von: sonnenstrahl am 19.Jan.2010 - 15:57

ZITAT(McLeod @ 19.Jan.2010 - 14:50) *
... Paartanz. Und der reizt mich nicht, ich bin eher Tanzbär, als Tanzbutch.


biggrin.gif

Und ich eher ein lesbisches Äffchen, was sich gelegentlich in ´ne Disco verirrt, und diese in der Not zum Urwald-Fitnesscenter erklärt

Geschrieben von: Deirdre am 19.Jan.2010 - 16:00

Ich sehe mich heutzutage als Femme. knicks.gif In meinen vorlesbischen Zeiten wäre ich nie auf diese Idee gekommen.

Es liegt nicht an meinem Aussehen, es liegt nicht an meinem als "Dämchen" behandelt werden Wollen (das mag ich noch nicht einmal) und schon gar nicht an meiner Rolle innerhalb einer Beziehung (ich liebe Ausgewogenheit). Nein, ich habe bei mir schlicht und einfach eine "weibliche" Haltung festgestellt. Und gemerkt, dass ich es an Frauen besonders genieße, wenn sie etwas ausstrahlen, das bei mir als "männliche" Energie ankommt. Irgendwie ist das eine Voraussetzung dafür, dass es funkt ... smile.gif roetel.gif

Das Buch habe ich mir bei Amazon bestellt. Auf Englisch heißt es "Stone Butch Blues". Jetzt bin ich sehr neugierig, Joey! Danke für den Tipp! smile.gif

Geschrieben von: LadyGodiva am 19.Jan.2010 - 16:12

@pfefferkorn:

Nein, ich verstehe mich beleibe (sic!) nicht als eine solche - mir selbst fehlt es wohl nicht nur an Stringenz, um das Kostbarste meines Lebens derart zu konzipieren, sondern schlechthin an der Einsicht einer Notwendigkeit. engel.gif

Wohl bin ich aber von anderen Lesben schon als eine solche betrachtet worden - etwas, das mich so wenig bewegte, dass ich es weder entkräften noch weiter ergründen wollte. Zurückweisung, Diskreditierung oder Distanziertheit habe ich, wenn überhaupt, in meinen Augen weniger als "pseudo-Femme" erhalten, sondern eher, weil ich meiner eigenen Unsicherheiten im entsprechenden Moment nicht hinreichend bewusst war, um lieber den Weg zu anderen über freundliche Souveränität und weniger durch stereotyp-hilflose Unfreundlichkeit zu wählen.*


edit*: ...und das anderen schlussendlich unter umgekehrten Vorzeichen gar noch zum Vorwurf zu machen.

Geschrieben von: Joey am 19.Jan.2010 - 17:16

ZITAT(sonnenstrahl @ 19.Jan.2010 - 11:58) *
Ich bezweifle, dass das Konzept Butch/Femme das Leben homosexueller Menschen jemals leichter gemacht hat, was Ablehnung, Verfolgung und Sanktionen angeht.* Ich denke, es entstand eher aus einem inneren Bedürfnis als aus einer äußeren Notwendigkeit heraus: Dem Bedürfnis, sich mit einer Rolle zu identifizieren, und sich so erneut Heimat zu schaffen. Für die meisten Menschen, die etwas leben, was in der Gesellschaft so nicht vorgesehen ist, ist es enorm wichtig, über Identifikation doch wieder zu einem Zugehörigkeitsgefühl, und damit zu einem Gefühl von Halt und Orientierung zu gelangen.


Das mit dem Bedürfnis, sich identifizieren zu können, verstehe ich, kann ich nachvollziehen und ähnlich sehen. Gehe ich vom Buch aus und so manchem Erlebnis von Frauen damaliger Zeit, so denke ich aber schon, dass das Bedürfnis auch irgendwo aus der Notwendigkeit heraus entstand. Das musste ja nicht zwangsläufig auf freiem Willen aller Beteiligten geschehen. Da reichte der Umstand, dass es damals eben polizeiliche, staatliche Kontrollen gab und diese oft mit Demütigungen und Kämpfen einhergingen. In dem Buch wird ziemlich deutlich, dass ein anderes Bild zum damaligen Zeitpunkt schlichtweg nicht denkbar war. Selbst Butch und Femme fielen genug auf, wie dann erst zwei Femmes oder zwei Butches?

In dem Zusammenhang fällt mir übrigens ein, dass es heute noch sehr unterschiedliche Reaktionen gibt, wenn ein Butch-Pärchen oder ein Femme-Pärchen offensichtlich zeigt, dass es zusammen gehört. Ich habe oft miterlebt, dass zwei Butches von Außenstehenden nieder gemacht wurden, zwei Femmes hingegen - womöglich aus dem von Dir beschriebenen Grund - weniger aneckten. Mag vielleicht daran liegen, dass sie als "Schwestern" oder "gute Freundinnen" durchgehen. (Man sieht ja häufig unter den Jugendlichen, dass Begrüßungs- und Abschiedsküsse - egal wohin - nicht selten sind.)



An alle Anderen: vielen Dank schon einmal für eure Beiträge. Ich werde mich später noch mehr zu Wort melden. smile.gif

Geschrieben von: dandelion am 19.Jan.2010 - 17:53

ZITAT(Joey @ 19.Jan.2010 - 17:16) *
In dem Zusammenhang fällt mir übrigens ein, dass es heute noch sehr unterschiedliche Reaktionen gibt, wenn ein Butch-Pärchen oder ein Femme-Pärchen offensichtlich zeigt, dass es zusammen gehört. Ich habe oft miterlebt, dass zwei Butches von Außenstehenden nieder gemacht wurden, zwei Femmes hingegen - womöglich aus dem von Dir beschriebenen Grund - weniger aneckten.

ich habe ein bißchen die Befürchtung, dieser Unterschied basiert auf der am häufigsten gebrochenen Macho-Regel (außer "echte Kerle weinen nicht, echte Kerle haben nur was im Auge") von allen: keine Frauen schlagen - und was nicht femme aussieht, ist keine Frau.
Sogar Wochenend-Hooligans haben ein Wertesystem.

Geschrieben von: sonnenstrahl am 19.Jan.2010 - 18:32

ZITAT(Joey @ 19.Jan.2010 - 17:16) *
In dem Buch wird ziemlich deutlich, dass ein anderes Bild zum damaligen Zeitpunkt schlichtweg nicht denkbar war. Selbst Butch und Femme fielen genug auf, wie dann erst zwei Femmes oder zwei Butches?


Ich dachte eher an Frauen, die sich weder betont feminin-reizvoll, noch betont kerlig-anziehend geben/gaben, und sich, durch eben diese Unauffälligkeit und gezielt erotikbefreite Ausstrahlung nach außen, einen gewissen, fragilen, http://de.wikipedia.org/wiki/Mimeseartigen Schutz zu verschaffen trachte(te)n.


edit: 2 Kommata

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 19.Jan.2010 - 23:24

ZITAT(dandelion @ 19.Jan.2010 - 10:39) *
zu deinem letzten Absatz bräuchte ich wohl noch mal ein bißchen Input - ich verstehe die meisten Umschreibungen in Anführungszeichen nicht.


Grundsätzlich würde ich gern sagen, dass ein Flirt zwischen Butch und Femme trotz aller Nostalgie und Formverliebtheit ein unglaublich individuelles, persönliches und einzigartiges Ereignis ist, das äußerst unwirsch auf Vergleiche und Pauschalisierungen reagiert.
Sage einer Butch, dass sie so reagiert wie sie reagiert, weil sie ja offensichtlich eine Butch ist - dann ist sie entweder keine Butch oder hat Dich bereits stehen gelassen. Sage eine Femme, dass sie so aussieht wie sie aussieht, weil sie ja offensichtlich eine Femme ist - dann ist sie entweder keine Femme oder bereits auf dem Weg zur Butch aus Beispiel eins biggrin.gif

Insofern kann und möchte ich immer nur für mich sprechen. Denn trotz aller Vertrautheit und Vertraulichkeit ist jede mit bekannte Femme ein sehr spezielles Unikat und würde es sich (zu Recht) verbitten, hier durch mich "beschrieben" zu werden.

Für mich liegt (um es ein wenig weniger metaphorisch auszudrücken) ein großer Reiz der B/F-Kultur in der Entschleunigung erotischer Begegnungen. Es gibt unzählige unaufdringliche Gesten, sich aufeinander einzustellen, Nähe zuzulassen und wieder auf Distanz zu gehen, eine noch fremde Stimme nachhallen zu lassen, der eigenen Intuition zu lauschen, Berührungen ganz bewusst und entspannt wahrzunehmen.
Letztlich verhält sich auch diese wie die meisten Ausprägungen von Kultur: sie steigert den Genuss, indem sie eine lose Reizfolge der Wahrnehmungsfähigkeit anpasst. Die optimale Trinktemperatur für einen Wein, die ideale Saalakustik für ein Konzert, der passende Rahmen für ein Bild, der ultimative Soundtrack in einem Film ... Rituale und Gewohnheiten, in deren Erwartbarkeit wir uns ganz auf die unvorhersehbare Quintessenz, das Wesentliche, konzentieren können.

Kurz: Ich mag's halt langsam.

Das geht natürlich auch anders - das lesbische Tierreich fällt ja (zumindest soweit ich das beobachten konnte bzw. selbst involviert war) auch eher selten beim ersten Date übereinander her und baut umgehend eine gemeinsame Höhle. Manche lernen sich erst schriftlich kennen, andere gehen erst "rein freundschaftlich" miteinander um und bekunden zu gegebener Zeit weitergehendes Interesse, wieder andere fallen dann doch lieber erst übereinander her und lernen sich nachträglich nüchtern kennen. Wie auch immer .... es funktioniert definitiv auch anders! Fastfood, Trennkost, FDH, Haute Cuisine alles ist erlaubt ... doch nicht alles find ich sexy wink.gif
Und erst recht nicht alles fühlt sich noch nach ein paar Jahren frisch, gesund und wohltuend an.

Der Absatz mit den Anführungsstrichen bezog sich also auf die "Langstrecke". Denn nur weil mir eine Butch galant die Tür aufhält, heißt das ja nicht, dass sie mich auch partnerschaftlich respektieren, wertschätzen und in ganz besonderen Bereichen unseres Lebens durchaus über Jahre auf Händen zu tragen bereit wäre. Und nur weil ich mich Hals über Kopf in den Stolz und die Unabhängigkeit einer Butch verlieben kann, heißt das nicht, dass ich ihr diese Freiheit auch in einer Liebesbeziehung mit mir lassen kann.
In den Rollenbildern sind ja leider nicht nur die Happy Ends kultiviert, sondern auch die vielfältigen Varianten des Scheiterns, die Rosenkriege und gefährlichen Liebschaften, Bitter Moon und Lola&Bilidikid, Schmerz und Verlust. Insofern kann ich gut verstehen, dass viele Frauen die Nase gestrichen voll davon haben und etwas Neues, Unbelastetes erfinden wollen.

Geschrieben von: pfefferkorn am 20.Jan.2010 - 09:25

ach ja, seufz :-) das hast du schön beschrieben!


@LG:
ich will betonen, dass ich selbstverständlich keine "nowendigkeit" darin sehe, mich nach einem bestimmten "kodex" zu verhalten, sondern es mir ein inneres bedürfnis ist, für das ich irgendwann den namen gefunden habe - femme eben
und: wenn andere für sich andere umgangsformen bevorzugen, mache ich da keiner einen vorwurf draus (wie komme ich denn dazu?), kann aber feststellen, dass diese form von kontakt dann sehr unerotisch für mich ist - da knistert dann halt nix - insofern bevorzuge ich als partnerinnen bekennende butches

wenn du dich nicht femme identifizierst, ist es natürlich klar, dass du dich als solche auch nicht mißverstanden oder gar diskreditiert fühlen kannst


Geschrieben von: LadyGodiva am 20.Jan.2010 - 11:46

Aber jetzt mal zurück zur Realität, Pfefferkorn:

Wenn mir selbst schon bewusst ist, dass ich innerhalb einer bestimmten Szene zu einer weiteren Minderheit gehöre, die nach bestimmten ungeschriebenen Mustern zu interagieren hat, woher kommt dann die Gewissheit, andere nach - ich nenne es mal ganz platt - dem erstgeblickten Habitus in ein solches Muster integrieren zu können und es ihnen dann aber übel zu nehmen, wenn sie dem Attribut in der erwarteten Konsequenz gar nicht entsprechen (können)?
Nach dem, was ich begriffen habe, ist doch gerade die vielgenannte Dynamik das Salz in der Suppe - warum also über den Koch klagen, wenn kein Salz im Haus ist? Oder ist das Allein-Stehen dann noch viel schmerzhafter, wenn erkennbar wird, dass die selbstgefundene Schablone halt nicht immer einen Rahmen bieten kann?

Ich kann insofern mitgehen, als dass mich Unaufmerksamkeit nicht anspricht - wer mit mir ausgeht, wer sich mit mir befassen möchte, der hat eine gewisse Sorgfältigkeit im Umgang mit mir zu beweisen. Dann fühle ich mich auch als Person oder gar erotisches Wesen gesehen und geschätzt.
Mir ist bewusst, dass es gerade in Lesbenkreisen oft an dieser Aufmerksamkeit mangelt - aus Gründen, die wohl in einem recht grobschlächtigen Verständnis von "my way" zu suchen sind. Diese Aufmerksamkeit ist aber mit einer Leichtigkeit einzufordern, dass es eine Freude werden kann, aneinander zu wachsen. Ein offensiv zugelächeltes "Danke" hat mir z.B. schon so manche Tür geöffnet, bei Mann und Frau. Über den "Erotik-Faktor" kann ich wenig Aussage treffen, da Aufmerksamkeit für mich, wie schon gesagt, eher eine Frage der Höflichkeit und Bildung ist.

Ich hätte also Verständnis für dein Wehklagen, wenn die "Rollenverteilung" eine abgesprochene Kiste ist und es der jeweils anderen dann einfach am grundlegenden Handwerkszeug mangelt. Wenn also klar und freundlich kommuniziert wäre, welchen Rahmen du dir vorstellst - dazu braucht's im besten Fall auch keiner Worte.

Ein wenig erinnert mich das auch an das alte Vorurteil, dass bei zwei Frauen das "erotische Gegenüber" ja alle Bedürfnisse intuitiv erfassen könnte - der Rahmen sei ja klar, die Bedürfnisstruktur ähnlich gelagert.
Forderst du letztenendes nicht eine ähnliche unmögliche Allbewusstheit?

So lange Begegnung jedoch im Fluss bleiben darf, sind doch eher die Momente zu genießen, in denen Wunsch und Wahrnehmung eine Liaison eingehen dürfen und weniger, wenn vorgefasste Erwartungen und Ansprüche das Potential zur Entwicklung bereits erstickt haben, bevor ein wenig frischer Wind aufkommen konnte.

Geschrieben von: pfefferkorn am 20.Jan.2010 - 13:07

ich habe mich wohl mißverständlich ausgedrückt:

also in aller deutlichkeit nochmal, was ich schon meine ausgedrückt zu haben

ich nehme es keiner übel, wenn sie sich nicht verhält, wie ich es "erwarte" -
und ich bin durchaus auch in der lage mit menschen nett zu kommunizieren, die keine butches sind
aber ich finde es eben nicht "sexy" oder besonders sinnlich, wenn die B/F -dynamik nicht greift
mich darüber zu "beklagen", wäre nachgerade albern

wenn ich schreibe, dass femmes in der lesbenbewegung gerne diskreditiert wurden und werden, dann gibt es dazu eigene erfahrungen von mir und anderen, es gibt diese diskreditierung durchaus auch in der literatur, eine bekannte von mir hat aus den usa berichtet, dass es dort in manchen Kreisen durchaus üblich ist, dass butches über femmes herziehen - so wie es in "träume in den erwachenden morgen" an einigen stellen auch geschildert wird - das finde ich weniger beklagenswert, als ärgerlich und dummdreist -


das einzige, was ich wirklich beklage ist, dass es sowenig bekennende gentlebutches gibt :-)

Geschrieben von: LadyGodiva am 20.Jan.2010 - 13:26

Ok - das ist dann klarer, danke. Zunächst klang es für mich nämlich sehr nach Allgemeinplatz und Generellmissverstandenheit.

Mir als lesbischer Frau ist nicht nachvollziehbar, wie sich frauenliebende Geschlechtsgenossinnen abwertend und abfällig über Weiblichkeit äußern können - aber vielleicht ist das ebenso eine Frage der Bildung und des Stils. Und des entsprechenden Milieus, in dem ich mich bewege - oder nach dem ich strebe.
Wenn ich beispielsweise auf den Machismo von knie-zu-zwickel-behosten Hip-Hop-Gangstern anspreche, kann ich mich eigentlich auch nicht über deren imitierte Stringenz in puncto Weiblichkeit wundern. Oder ist das gerade keine Frage des Stils?

Etwas Biographisches: meinen Weg zu meiner Weiblichkeit habe ich tatsächlich über eine etwa 1,5 Jahre absolut stimmige Dynamik gefunden, die von Außen (und im Nachhinein) durchaus als B-F zu klassifizieren war. Die Zeit hat mich in meinem stolzen und bewussten Anderssein (erst recht unter Lesben) eher bestärkt als verletzt. Weil ich am eigenen Leib erleben durfte, dass Ichsein nicht um den Preis der Anpassung gelebt werden kann. Ich halte es nach wie vor für eher erfrischend, gar nicht einer gewissen Eindeutigkeit zu bedürfen, um Definitives leben zu können. Von da habe ich mich wirklich gefragt, ob du von historischen oder aktuellen Reaktionen auf dich und dein Erscheinen schreibst.

Geschrieben von: pfefferkorn am 20.Jan.2010 - 13:38

gut!
erleichtert!

und damit es nicht ungesagt bleibt:
das leben an der seite einer wertschätzenden butch ist für eine femme wie mich natürlich das reine vergnügen -
welchen grund sonst hätte ich, mich so femme zu fühlen, wie ich es bin

freigestellt bleibt natürlich jeder einzelnen, ob sie sich identifizieren mag oder nicht,
was für die eine eine einschränkung, ist für die andere eine befreiung


Geschrieben von: Deirdre am 20.Jan.2010 - 14:32

Auf L-Talk wird Joan Nestle so zitiert:

ZITAT
So wie die Butch Gender dekonstruiert, konstruiert die Femme Gender. Sie setzt ihre speziellen Anteile dessen, was “Frau” sein ausmacht zusammen zu einer Identität, die sie lieben und leben kann.

Den Teil über die Femme kann ich unmittelbar aus eigenem Erleben nachvollziehen.

Geschrieben von: wolke am 20.Jan.2010 - 17:21

Zugegeben ohne jeden Beitrag detailliert gelesen zu haben, möchte ich zwei Fragen einwerfen:

Muss ich denn - als Lesbe - über dieses Spezialvokabular verfügen oder wird mir der Label ohnehin von der anonymen Außenwelt aufgedrückt?
Und was ist der Unterschied zwischen einer Femme im Flanellhemd, die sich die Haare kurz schneidet und einer Butch?

Geschrieben von: blue_moon am 20.Jan.2010 - 17:40

ZITAT(wolke @ 20.Jan.2010 - 17:21) *
Zugegeben ohne jeden Beitrag detailliert gelesen zu haben, möchte ich zwei Fragen einwerfen:


den thread zunächst zu lesen, wäre vermutlich der erste schritt, antworten zu finden.

ZITAT(wolke @ 20.Jan.2010 - 17:21) *
Muss ich denn - als Lesbe - über dieses Spezialvokabular verfügen oder wird mir der Label ohnehin von der anonymen Außenwelt aufgedrückt?

wenn du dich irgendwie mit dem label auseinandersetzen willst, macht es sinn, sich mit dem vokabular zu beschäftigen. und da, wo dir - nach meinem geschmack - die aussenwelt eigentlich egal sein könnte, würdest du der 'innenwelt' - sprich: den lesben, die sich damit beschäftigen - respekt erweisen.

ZITAT(wolke @ 20.Jan.2010 - 17:21) *
Und was ist der Unterschied zwischen einer Femme im Flanellhemd, die sich die Haare kurz schneidet und einer Butch?


vermutlich nicht das flanellhemd, sondern die frau, die drinsteckt und deren auftreten.

Geschrieben von: malene am 20.Jan.2010 - 18:16

ZITAT(LadyGodiva @ 20.Jan.2010 - 13:26) *
Mir als lesbischer Frau ist nicht nachvollziehbar, wie sich frauenliebende Geschlechtsgenossinnen abwertend und abfällig über Weiblichkeit äußern können


Das war als Junglesbe eine der grossen Überraschungen meines Lebens.

Ich kenne mich im übrigen mit der Butch-Femme-Thematik nicht gut aus und habe von dieser « Minderheit in der Minderheit », wie es Lady ausdrückt, auch kaum Druck erfahren (ausser einmal von dem einzigen mir bekannten Butch-Femme-Paar, das ihr Konzept meiner Frau und mir « freundschaftlich » aufzwingen wollte, aber dies war eine eher witzige Geschichte).

Was für mich jedoch mit 20-25 Jahren geradezu alptraumhaft war, war der Druck der Lesbenszene in einer süddeutschen Unikleinstadt (deren Namen ich hier lieber nicht erwähne). Die Szenelesben hatten einen bestimmten Look zu haben (zum Beispiel sehr kurze Haare, auf keinen Fall Schminke, neutrale, hin und wieder „schrille“ Kleidung) und ein bestimmtes Gehabe. Die tief in mir verankerte Anarchistin erwachte zum Leben und wollte sich einfach nicht anpassen, wollte sich von der Szene nicht gefallen lassen, was sie sich bereits von der Heterowelt radikal verbeten hatte.

Abfällige, halblaute Bemerkungen über mein „Weibchentum“ bekam ich dann oft genug zu hören, und manches Verhalten der lieben Mitlesben näherte sich gefährlich dem Mobbing (es gab paar sehr wenige, rühmliche Ausnahmen).
Eine meiner – unbewussten - Reaktionen war, dass meine Freundinnen nie feminin genug sein konnten.

Als ich gegen Ende meines Studiums in eine Weltstadt umzog, vollzog sich meine grosse Häutung, ein zweites Coming-out. Ich trat aus einer mausgrauen Kleinstadtszene in einen Palast voll schillernder Frauen, jeder Saal eine andere Szene, ein anderer Kreis, ich konnte ungehindert von Raum zu Raum wandern und konnte von dieser Diversität jahrelang nicht genug bekommen. Und manche meiner neuen Partnerinnen konnte auf der Strasse nun als „junger Mann“ durchgehen und manche andere als sehr gestylter Vamp.

Ich sage, dass dies ein zweites Coming-out war, denn ich habe den Eindruck, dass ich erst dann meine (Homo)sexualität richtig habe ausleben und geniessen können, als mir wirklich eine „Frauenpalette“ zur Verfügung stand.

Geschrieben von: McLeod am 20.Jan.2010 - 21:06

ZITAT(LadyGodiva @ 20.Jan.2010 - 13:26) *
Mir als lesbischer Frau ist nicht nachvollziehbar, wie sich frauenliebende Geschlechtsgenossinnen abwertend und abfällig über Weiblichkeit äußern können [...]


Mir geht es ähnlich, wenn Androgynität oder die Eroberung des Maskulinen unter Lesben abgewertet wird, ist es doch (in meinen Augen) ein Weg aus der allgegenwärtigen Heteronormativität. Nicht der einzige. Einfach nur einer. Lesbisch zu sein heißt doch (vermutlich), die Frau zu lieben und nicht den Mann und das Männliche zu fürchten.

Bestenfalls.

wink.gif

McLeod auf dem Weg ins offtopic

Geschrieben von: McLeod am 20.Jan.2010 - 21:14

ZITAT(wolke @ 20.Jan.2010 - 17:21) *
Und was ist der Unterschied zwischen einer Femme im Flanellhemd, die sich die Haare kurz schneidet und einer Butch?


Oh, vermutlich so ziemlich alles: Körpersprache, Ausstrahlung, Hose, Blick, Schuhe, Lächeln, Gestik. Aussage.

Wenn das Konzept wie geschildert verstanden wird, geht es eben nicht um Haarlänge und Hemdstoff, sondern um den Umgang - miteinander und mit sich selbst.

Schmunzelgrüße
McLeod

Geschrieben von: pandora am 20.Jan.2010 - 21:55

ZITAT(wolke @ 20.Jan.2010 - 17:21) *
Und was ist der Unterschied zwischen einer Femme im Flanellhemd, die sich die Haare kurz schneidet und einer Butch?



für mich hat butch/femme sein nichts mit kleidung oder haarschnitt/länge zu tun, sondern mit der inneren einstellung und dem festverankerten gefühl über die eigene identität.

edit... ich bin butch nicht weil ich es schön finde in männerkleidung herum zu laufen, sondern weil ich die butch in mir fühle und nichts anderes sein kann, als das was ich bin.

Geschrieben von: sonnenstrahl am 20.Jan.2010 - 21:58

ZITAT(wolke @ 20.Jan.2010 - 17:21) *
Zugegeben ohne jeden Beitrag detailliert gelesen zu haben, möchte ich zwei Fragen einwerfen:

Muss ich denn - als Lesbe - über dieses Spezialvokabular verfügen oder wird mir der Label ohnehin von der anonymen Außenwelt aufgedrückt?


Eine nahe Verwandte von mir tat einmal den für mich erschreckenden Spruch: "Ich lese grundsätzlich nichts (ausser Kochbüchern), damit ich mir sicher sein kann, dass ich nur wirklich eigene Gedanken habe."

In diese Richtung klingt für mich deine Frage.
Dem (so verstandenen) möchte ich entgegnen:

Selbst wenn es dir "nur" um die Entdeckung deiner eigenen persönlichen Vorlieben gehen sollte, dann wirst du mit der Beschränkung, ausschließlich deinen Impulsen folgen zu wollen, vermutlich nicht weit kommen. Denn deine Impulse werden dir in vielen erforschenswerten Fällen stereotyp erstmal "Ignorieren" oder "Flucht" nahelegen, und der Tellerrand bleibt auf ewig die Grenze deiner Welt. Es sei denn, du schließt weiterführende Informationen, Experimente, Konfrontationen, Vertiefung, Austausch, Drübernachdenken und Auseinandersetzung nicht aus.

Sollte dir zudem an einer vorurteils-, intoleranz- und diskriminierungsfreien, menschenfreundlichen, einschließlich lesbenfreundlichen, offenen Welt gelegen gelegen sein, in der jede nach ihrer Façon glücklich werden darf, wirst du vermutlich um die Reflexion von Klischees, Konzepten, Glaubenssätzen, und - auch eigenen, mit der Muttermilch und dem Schulpausenbrot verspeisten - gedanklichen Wertungen und Idealen nicht herumkommen.

Ansonsten: *Ironie on* Viel Spaß hinterm heimischen Gartenzaun im Kreise lauter gleicher lesbischer Gartenzwerge! Bestell alles online und lass dich beliefern, und du brauchst dich mit der "anonymen" Welt da draußen nicht weiter zu befassen. *Ironie off*

wink.gif

Geschrieben von: blue_moon am 20.Jan.2010 - 23:13

ZITAT(wolke @ 20.Jan.2010 - 17:21) *
Und was ist der Unterschied zwischen einer Femme im Flanellhemd, die sich die Haare kurz schneidet und einer Butch?


ich finde ja auch - wie pandora -, dass haarlänge und kleidung nichts mit weiblicher, androgyner oder männlicher ausstrahlung zu tun haben. kurze haare z.b. können sehr feminin wirken. allerdings sind vor meinem inneren auge den ganzen abend mir bekannte femmes (auch aus diesem illustren kreis hier) in holzfällerhemden und kurzhaarig aufgetaucht. ich hab mich bei dieser vorstellung zumindest genauso amüsiert als wenn ich mich selbst im kleidchen vor mir sähe... rolleyes.gif


auch wenn ich vielleicht keine 'reine' butch bin, hab ich sicher mehr butchige als feminine anteile. ich geniesse die anwesenheit und das miteinander von frauen in klar definierten rollen genauso, wie ich es geniesse, typisches rollenverhalten zu durchbrechen, und z.b. einer butch die tür aufzuhalten oder ihr blumen zu schenken. ich mag die vielfalt und bin froh, dass sie heute weitaus akzeptierter ist als sie das noch in den 80ern war. feindbilder gibt es genug. warum sollten wir uns das leben auch noch unnötig schwer machen? für meinen geschmack ist das pure energieverschwendung!




Geschrieben von: McLeod am 21.Jan.2010 - 01:11

ZITAT(blue_moon @ 20.Jan.2010 - 23:13) *
[...]genauso, wie ich es geniesse, typisches rollenverhalten zu durchbrechen, und z.b. einer butch die tür aufzuhalten oder ihr blumen zu schenken.


Was mich spontan daran erinnert, dass eine gute Freundin (hetero(!!)) mir mal Blumen schenkte, nur um sich an meiner umgehenden und ungesteuerten Reaktion zu ergötzen. wub.gif flowers.gif rolleyes.gif roetel.gif

Geschrieben von: once8 am 21.Jan.2010 - 02:22

ZITAT(McLeod @ 21.Jan.2010 - 01:11) *
ZITAT(blue_moon @ 20.Jan.2010 - 23:13) *
[...]genauso, wie ich es geniesse, typisches rollenverhalten zu durchbrechen, und z.b. einer butch die tür aufzuhalten oder ihr blumen zu schenken.


Was mich spontan daran erinnert, dass eine gute Freundin (hetero(!!)) mir mal Blumen schenkte, nur um sich an meiner umgehenden und ungesteuerten Reaktion zu ergötzen. wub.gif flowers.gif rolleyes.gif roetel.gif


bluemele.gif für diese Freundin...das muss ein Bild für die Götter gewesen sein

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 21.Jan.2010 - 08:29

Wieso sollte eine Femme denn keine Holzfällerhemden tragen? Es gibt unzählige Arten ein kariertes Flanellhemd zu tragen - und zumindest eine passt hervorragend zu dunkelrot lackierten Nägeln und Spitzenunterwäsche.

Es geht ja nicht darum, bestimmte Dinge nicht zu tragen oder nicht zu tun, sondern darum, dass man in dem, was man trägt und tut, das passende Gegenstück mitdenkt. Es geht (mir) darum, auf die Genderidentität meiner Partnerin zu achten, diese nicht mit meinem Auftritt zu dekonstruieren, sondern sie bestenfalls zu unterstreichen.
Da diese Identität sehr individuell ist, macht sie sich auch an einer sehr persönlichen Formsprache fest.
Meine Butch freut sich beispielsweise durchaus über Blumenpräsente, kommt aber gar nicht damit klar von mir die Tür aufgehalten zu bekommen.
Ich bin da nicht anders. Auch wenn ich bei Umzügen mit Vorliebe die Waschmaschine trage (um das mich furchtbar nervende Männlichkeitsgetue zu blamieren) wünsche ich mir, dass mir anschließend ein Schirmchengetränk gebracht und der Stuhl zurechtgerückt wird. Erst recht nachdem ich die Waschmaschine getragen habe. Denn beides gehört für mich unmittelbar zusammen.

Als "gleichberechtigte" Femme sehe ich es nicht als meine alleinige Aufgabe an, die passende Dekoration für den Auftritt der Butch zu sein, sondern erwarte diesbezüglich gegenseitige Aufmerksamkeit und Zugeständnisse. Nicht jede Macho-Pose kann ich parieren, ohne dabei mein Wohlbefinden einzubüßen. Nicht jedem Divenauftritt entspricht das Repertoire meiner Butch.

So denke ich übrigens auch, wenn ich ganz freundschaftlich mit einer Hetera ausgehe. Also kommt es durchaus vor, dass ich (mit meinen diesbezüglich eher beschränkten Mitteln) die androgyne Lesbe gebe, damit sie sich wohl fühlt und eine Art der Aufmerksamkeit bekommt, die ihr gut tut.

Natürlich geht es dabei um Äußerlichkeiten - aber auch Unisex-Lesben haben ja ein "Außen", das sie gestalten. Für mich gehört die Zwillingslook-Strategie deshalb ebenso in den Bereich der "Inszenierung" wie das Zelebrieren von Differenz.

Geschrieben von: Oldie am 21.Jan.2010 - 09:17

Meine Homosexualität erkannte ich schon bevor ich mich in Frauen-/Lesbenkreisen aufhielt.
Die Begriffe „Butch und Femme“ lernte ich erst dort kennen.
Ich konnte also meine Homosexualität ohne „Schubladen“ leben.

Und ja, ich trage Holzfällerhemden.Ja, ich habe Hosen schon immer lieber getragen als Röcke und Kleidchen.
Viele meinten schon in meiner Kindheit, an mir sei „ein Junge verloren gegangen“.
Eine richtige „Butch“?

So sehe ich mich nicht.
Und ich frage mich, ob eine Butch automatisch sehr „männlich“ sein muss. Oder ob eine Femme dem Klischee des „Weibchens“ entsprechen muss.

Sind diese Zuschreibungen nicht eher eine Brücke zu dem, was das „klassische Paarbild“ vorgaukelt? Hat sich vielleicht in unseren Köpfen dieses Bild „Mann-Frau“ als Paarlösung so festgesetzt, dass die „Ungeheuerlichkeit“ der Homosexualität wenigstens äußerlich der „Norm“ angepasst werden soll?

Ich bin mir meiner Weiblichkeit bewusst.
Und ich denke, auch eine Frau wie pandora, die sagt, sie sei „Butch“ empfindet sich durchaus weiblich.

Auch die Beispiele von DerTagAmMeer (Waschmaschine schleppen und Türe aufhalten) sind für mich „Normalitäten“, die für mich, keine Attribute einer Spezialausrichtung (Butch-Femme) sind, sondern Praktikabilität oder Höflichkeit.
Warum sollte das eine Femme-Frau nicht können oder dürfen?

Weil nur den Männern über Jahrhunderte Kraft und Galanterie zugebilligt war? Weil die Frauen als Staffage des Mannes dienten?
Dann müssten „Butch-Femme“-Beziehungen in der traditionellen Rollenverteilung gelebt werden.
Genau das glaube ich nicht. Denn meiner Meinung nach kann eine lesbische Beziehung in höchster Gleichberechtigung und Wertschätzung der Frauen gelebt werden.

Geschrieben von: pfefferkorn am 21.Jan.2010 - 10:45

ich glaube, B-F ist leichter zu denken, wenn eine einfach mal die geschichte mit der tradition und mann/frau hintanstellt, weil dieser versuch immer die quadratur des kreises bedeutet

B- und F- sind auch völlig normal, deshalb fällt es wenig auf, wenn femme mal ne waschmaschine trägt
(respekt: ich war früher bei umzügen auf kühlschränke fixiert, die sind ja viel leichter, aber leider leider.... der rücken - und trägst du die wama echt alleine?)

weder b- noch f- muß groß auffallen, es geht eben um die dynamik zwischen beiden, und da hält eben die butch der femme die tür auf und eben nicht auch mal umgekehrt, oder jede sowie sie heute mag und morgen nicht...

die ungeheuerlichkeit der homosexualität wird keineswegs äußerlich "angepasst", heteros mögen das gar nicht und fühlen sich extrem irritiert, wenn sie b-f- paare als das begreifen, was sie sind - zwei lesben im partnerinnenlook fallen da, glaub ich ,weniger auf und nicht ohne grund sind butches gerne angriffsflächen und femmes diejenigen, die klarmachen, dass sie eben gerade nicht auf männer, sehr wohl aber auf butches stehen - und das das zwei welten sind

ich persönlich halte wenig davon, andere nach äußerlichkeiten als butcch oder femme zu definieren, wenn sie das für sich nicht wollen - das tue ich nicht bei frauen, die ich für lesbisch halte, die sich selbst aber anders definieren, und das tue ich bei b- F- auch nicht - für mich sind das positive begriffe, die jede für sich nehmen kann, die aber niemandem "zugeordnet" oder aufgeschwätzt werden

ich lehne für mich auch die bezeichnung "feminin" ab - wer sich einmal die website "feminine lesbians" angeguckt hat, versteht vielleicht warum:
lesben, die andere gender, wie butches oder tgs oder wald-und wiesenlesben oder sonstwas diskreditieren müssen und erklären müssen, mit welch ausgewählten gebildeten (!) und herausragenden gutaussehenden lesben, (die gar nicht auffallen) sie durchs leben gehen wollen, sind nicht meine gefährtinnen - femme ist queer und als solche freue ich mich über andere gender

während ich von keiner femme weiß, die sich als nicht-weiblich definiert, gibt es butches, die sich als Frauen definieren, wie es welche gibt, die sich nicht so definieren und für sich das s/he bevorzugen, es gibt femmes, die weibliche butches begehren und solche, die mit transmännern leben - die vielfalt ist erfreulich!






Geschrieben von: pfefferkorn am 21.Jan.2010 - 11:47

http://www.girls-parship.de/editorial/parship_magazin/aktuell/nachgezaehlt/nachgezaehlt_detail/interview_femme.html

ich glaube, das ist ein ziemlich neues interview mit sabine fuchs:

Geschrieben von: malene am 21.Jan.2010 - 12:15

ZITAT(pfefferkorn @ 21.Jan.2010 - 10:45) *
lesben, die (...) erklären müssen, mit welch ausgewählten gebildeten (!) und herausragenden gutaussehenden lesben, (die gar nicht auffallen) sie durchs leben gehen wollen, sind nicht meine gefährtinnen


Ohne mich zu der Webseite "feminine lesbians" äussern zu wollen, da ich sie nicht kenne, habe ich durchaus oft von Lesben verschiedensten Aussehens einen gewissen Stolz heraus gehört, als sie sagten: Man sieht „es“ mir nicht an.
Ich frage mich, ob so viel Selbstverachtung nicht manchmal dem Immunsystem schadet.
(Weiterhin im OT)

Geschrieben von: LadyGodiva am 21.Jan.2010 - 12:33

Auch ein Zeichen von Stil sollte sein, an dieser Stelle nicht über dritte (also andere Internetplattformen) "abzulästern". Danke.

Geschrieben von: Joey am 21.Jan.2010 - 14:00

So, nun melde ich mich auch wieder zu Wort. Erst einmal: Danke für die vielen Beiträge und Denkanstöße. Ich finde es spannend, wie sich der Thread entwickelt.

Mir fällt es gerade schwer, auf einzelne Beiträge einzugehen, auch wenn mich manches ein bisschen weiter gebracht haben mag. Ich bin nur grad voll von neuen Eindrücken, Gedanken, etc., dass es mir schwer fällt, diese konkret in Worte zu fassen. Der "Tanz"-Vergleich von DerTagAmMeer hat mir die Äuglein ein wenig geöffnet, dafür lassen mich andere Dinge wieder mit neuen Fragen zurück.

Was mir aber aufgefallen ist bzw. besser formuliert: manche Aussagen lassen bei mir das Gefühl zurück, dass eine Femme erst vollständig Femme ist mit einer Butch an ihrer Seite. Ist das so? Ich könnte mir die Frage natürlich selbst damit beantworten, dass man nichts erst dann sein muss, wenn man eine Partnerin an der Seite hat.
Aber das ist etwas, das ich mich nun frage. Ist es so, dass die Meisten von uns das Paar "Butch-Femme" vor Augen haben? Ich selber habe wenige Pärchen gesehen, die aus zwei Femmes oder zwei Butches bestehen. Gerade in der Szene ist mir so etwas kaum begegnet. Was mir hingegen auffiel: die wenigen Femmes, die ich auf Partys wahrnahm, waren meistens von mehreren Butches umgeben und umgarnt.
(Ich weiß grad nicht, wie ich meine Gedanken besser zum Ausdruck bringen soll.)
Klar kann man einfach sagen: Jede soll machen, wie sie meint, denkt und fühlt. Dennoch habe ich festgestellt, dass es die B/F-Konstellation doch vermehrt gibt.

Ich selbst habe schon erlebt, dass mir auf den Kopf zugesagt wurde, dass ich mich eines sicheren Tages in eine Butch verlieben würde. Bisher hatte ich immer Femmes. Glaube ich. Zumindest äußerlich.
Und das ist auch etwas, das mich verwirrt.

Natürlich sind Butches und Femmes nicht zwangsläufig äußerlich zu unterscheiden. An meiner Einstellung würde sich ja nichts ändern, nur weil ich vielleicht auf Kurzhaarschnitt und Flanellhemden umsteigen würde. Dennoch scheint mir, dass sich die innere Einstellungen oft auch im Äußerlichen widerspiegelt.

Und ich frage mich, was ich eigentlich genau bin. Ad hoc würde ich sagen: Femme. Bestätigt wurde mir das auch schon, aber es sind dennoch so manche Widersprüchlichkeiten vorhanden:
Kurzhaarschnitte stehen mir nicht, Flanellhemden auch nicht. Einen Rock trug ich zuletzt vor 21 Jahren. Ich bin gern Diejenige, die im Restaurant für die Partnerin mitbestellt, sich aber gern danach einladen lässt (nicht aus Geldmangel heraus, sondern weil es ein schönes Gefühl ist wink.gif ). Wenn ich mir meine einzige Heterobeziehung vor Augen führe, fällt mir auf, dass, hätte man uns beschreiben müssen, er die Femme gewesen wäre und ich die Butch. Das gefiel mir nicht. Ich wollte beschützt werden und wäre es mal eines Nachts in dunkler, zwielichtiger Ecke passiert, dass uns Jemand feindlich gesinnt gegenüber geständen hätte, wäre vermutlich ich Diejenige gewesen, die sich schützend vor ihren Freund gestellt hätte. rolleyes.gif

Versteht ihr meinen Gedankenwust?

Über mich bricht grad eine ganz neue Welt herein, mit der ich mich sonst nie richtig konfrontiert gesehen habe. Nun ist so vieles neu für mich und ich weiß das alles noch gar nicht richtig einzuordnen.

Geschrieben von: McLeod am 21.Jan.2010 - 14:06

Obwohl ich 10, 15 Jahre lang festens überzeugt war (und bin), dass mensch "es" mir ansieht (ohne dass ich darauf Stolz bin oder Wert lege), habe ich erstaunt zur Kenntnis genommen - mehrfach - dass ich als hetero, feminin und/oder zurückhaltend angenommen wurde.

Wenn eine jetzt drauf stolz ist, sichtbar oder unsichtbar zu sein... je nun... wo ist da der springende Punkt? Es ist doch genauso gut oder schlecht, wie nicht stolz darauf oder auf andere Dinge zu sein. Oder versteh ich den Gag nicht?

roetel.gif McLeod

Geschrieben von: davvero am 21.Jan.2010 - 14:22

Erwartest Du denn von einer Butch, dass sie sich im Fall der Fälle mutig vor Dich werfen wird?

Ich tue das nicht! Auch wenn Männer gerne als die starken und furchlosen Menschen dargestellt werden und man dieses Bild vielleicht auf die Butch überträgt, ist es doch vielleicht nur ein Vorurteil.
Mir jedenfalls sind schon auch feige Männer begegnet und ich frage mich auch, ob eine Butch unbedingt dieser männliche Part in einer Beziehung zugedacht werden muss.

Warum sollte eine Butch nicht auch mal feminin daher kommen, weil es in dieser Situation einfach ihrem Charakter entspricht?

Ich habe mich auch mal gefragt, was ich denn eigentlich bin. Irgendwann habe ich aber festegestellt, dass ich da zu keinem Ergebnis komme und mir das eigentlich auch nicht (mehr) wichtig ist.
Blicke ich zurück und betrachte in was für Typen Frauen ich verliebt war, fällt mir auf, dass sie zusammen wohl einen gemischten Salat ergeben würde. Mir ist da völlig egal, ob Butch oder Femme. Wie auch, ob die Angebetete nun Schalke oder Dortmund Fan ist.

Hat nicht jeder Mensch weibliche, wie männliche Eigenschaften. Mal ganz egal ob Homo, Hetero, Mann, Frau, Butch oder Femme?

Also ich zumindest kann Malen, Tapezieren, mit der Nähmaschine umgehen, wie mit der Flex und erfeue mich immer wieder meiner eigener Vielfalt. smile.gif

Holzfällerhemden besitze ich nicht und würde ich mit lakierten Nägeln zur Arbeit kommen, würden meine Kolleginnen einen Lachkranpf kriegen (Da reicht ihnen schon der bloße Gedanke, wie ich weiß wink.gif )

Und trotzdem mach ich mir keinen Kopf mehr darüber, was ich bin, solange ich weiß, wer ich bin!

(Sorry, wenn ich hier jetzt vielleicht etwas geschrieben habe, was längst "durchgekaut" wurde. Aus zeitgründen habe ich nur Joeys Beitrag gelesen. roetel.gif Und nun sind aber die Hundis dran! )


edit: einen Buchstaben entfernt, was verändert, ergänzt

Geschrieben von: Deirdre am 21.Jan.2010 - 14:32

Bei den Lesben, die ich persönlich kenne, und das sind mittlerweile eine ganze Menge, gibt es nur wenige Paare, bei denen die äußerlichen Butch-Femme-Klischees zutreffen.

Bei einigen anderen Paaren könnte ich mir denken, dass es jeweils eine subtile Identifikation mit entweder mehr weiblichen oder mehr männlichen Anteilen gibt.

Bei anderen habe ich eher den Eindruck, dass beide sich in diesem Punkt sehr ähnlich sind. Dass diese Polarität bei ihnen also nicht vorliegt. Diese Frauen wirken auf mich wie "gute Freundinnen".

Aber ich kann mich täuschen, denn wenn die Butch-Femme-Polariät sehr subtil ist, lässt sie sich von außen wohl sowieso nicht eindeutig feststellen ... und viele Paare möchten das, was sie aneinander magisch anzieht, auch nicht unbedingt vor Dritten preisgeben, denke ich mir.

Geschrieben von: wolke am 21.Jan.2010 - 14:58

gruebel.gif
Ich denke, ich bin ein wenig (zum Teil sehr) falsch verstanden worden.

Es ist alles andere als das erste mal, dass ich eine b/f-Diskussion verfolge, mich damit beschäftige und allerorts nach Definitionen oder zumindest Gedankenstützen google und blättere. Mein "Problem" ist aber nach wie vor dasselbe: Ich verstehe es einfach nicht. (ja, man möge mich also steinigen...)

Es liegt vielleicht zum großen Teil daran, dass diese Begriffe für mich nicht lebendig sind. In meinem Alltag, meinem (lesbischen) Bekanntenkreis und den lesbischen Netzwerken in meiner Umgebung kenne ich einfach keine einzige, die sich mit dem einen oder anderen identifiziert. "Träume in den erwachenden Morgen" habe ich gelesen- ist schon lange her- und was es zurückließ war eher der Eindruck, die "Butch"-Identität war zu Zeiten der Frauenbewegung ein weiterer Weg zur Befreiung und ein Auftreten, das den Frauen und ihrer lesbischen Identität mehr Glaubhaftigkeit verlieh, besonders der Unabhängigkeit von Männern. (à la "selbst ist die Frau") - wie gesagt, NUR mein damaliger Eindruck....und der Grund, dass ich der Möglichkeit eines komplexeren Hintergrundes der b/f-Konstellation keine Aufmerksamkeit schenkte.

"Körpersprache, Ausstrahlung, Hose, Blick, Schuhe, Lächeln, Gestik. Aussage." Ja, liebe McLeod, so habe ich es mir vorgestellt. Vielleicht bin ich in den letzten Tagen tatsächlich extrem begriffsstutzig- aber- wie kann man die bunte Summe so vieler Details, so vieler kleiner Gesten, Vorlieben, Äußerlichkeiten - denn in schwarz und weiß einteilen?

Ich habe einfach ein schlichtes Problem damit, dass (der dehnbare und vielleicht gar nicht definierte Begriff) "Frau-Sein" aufgespalten wird (bei jeder Hetera jedoch für sich selbst spricht) und ich als Lesbe immer wieder damit konfrontiert werde, all meine Eigenschaften und auch diejenigen von anderen zu summieren und dann immer nur entweder-oder zu sein.

weder respektlos noch uninteressiert

wolke

Geschrieben von: malene am 21.Jan.2010 - 15:07

ZITAT(LadyGodiva @ 21.Jan.2010 - 12:33) *
Auch ein Zeichen von Stil sollte sein, an dieser Stelle nicht über dritte (also andere Internetplattformen) "abzulästern". Danke.


Ich bin jetzt etwas verwirrt und blicke nicht durch, wer sich auf wen bezieht.
Ich habe mich eben nicht auf irgendeine Webseite bezogen.

Edit: Hat sich inzwischen geklärt, vielen Dank! flowers.gif

Geschrieben von: wolke am 21.Jan.2010 - 15:26

ZITAT(davvero @ 21.Jan.2010 - 14:22) *
Hat nicht jeder Mensch weibliche, wie männliche Eigenschaften. Mal ganz egal ob Lesbe, Hetero, Mann oder Frau?


Gerade das macht es für mich so unverständlich. Mir gefällt die Vorstellung von einzigartigen Mosaiken auf einem endlosen Spektrum zwischen A und B, zwischen groß und klein, dominant und beschützt, zwischen stark und zart sowie zwischen Butch und Femme, einfach zu gut..


Ich kenne zudem kein einziges Pärchen, das sich in Butch und Femme (subtil oder deutlich) von außen (ein)teilen lässt. Und ich habe die selbe eingenommene "Wellenlänge" auf diesem Spektrum noch nie als weniger stimmig empfunden, noch hat mir die "Polarität" gefehlt.

Geschrieben von: LadyGodiva am 21.Jan.2010 - 15:29

Malene, der Beitrag sollte nicht dazu dienen, Manöverkritik zu üben oder Einzelpersonen zu rügen, sondern der Diskussion die Gefahr einer möglichen Einbahnstraße aufzeigen - nämlich der der, ich nenne das Kind beim Namen, Tratscherei.
Dass mein Einschub gerade unter deinem Beitrag gelandet ist, sollte nicht explizit bedeuten, dass ausschließlich du gemeint bist - sondern sich vorrangig an die künftigen Diskussionsteilnehmerinnen richten.

Näheres per PM.

Geschrieben von: pandora am 21.Jan.2010 - 15:33

ZITAT
Natürlich sind Butches und Femmes nicht zwangsläufig äußerlich zu unterscheiden. An meiner Einstellung würde sich ja nichts ändern, nur weil ich vielleicht auf Kurzhaarschnitt und Flanellhemden umsteigen würde. Dennoch scheint mir, dass sich die innere Einstellungen oft auch im Äußerlichen widerspiegelt.


ich denke das B/F einerseits sehr wohl an ihren äusserlichkeiten zu erkennen sind, andererseits sind es eben gerade nicht die äusserlichkeiten, die mich als butch aussmachen.
vielmehr ist es meine innere einstellung, die art mit dingen umzugehen, sie zu verstehen, umzusetzen und vorallem mein körpergefühl.
ich sagte vor kurzem in einem gespräch, könnte ich meinen gender selbst wählen, dann stünde in meinem ausweis "0-gender"
ich bin mir meiner weiblichen anteile durchaus bewusst und lebe mit ihnen, jedoch meiner männlichen anteile wesentlich stärker.
ich brauche beides um komplett zu sein, lebe jedoch in meiner denk/fühlweise und nach aussen, meine männlichen anteile viel bewusster und wesentlich zufriedener, als zu zeiten, in denen ich versuchte sie zu verbergen.
was nicht heissen will, dass ich mich unwohl in meinem körper fühle, sondern, dass ich erst komplett bin durch das was ich habe und ausmache.
mich allerdings ganz automatisch, selbstverständlich "will heissen, verhalten und fühlen sind nicht choreographiert, sondern einfach gegeben/angeboren" und rund mit meinen männlich domnierten anteilen bewege und lebe.

gruebel.gif hm, ist mein geschreibsel überhaupt noch für jemanden verständlich???

edit... fehlerchen und satzstellung etwas verändert und satzteil eingefügt

Geschrieben von: dandelion am 21.Jan.2010 - 15:33

@malene: ich glaub das ging in eine gänzlich andere Ecke...

ZITAT(wolke @ 21.Jan.2010 - 14:58) *
Ich habe einfach ein schlichtes Problem damit, dass (der dehnbare und vielleicht gar nicht definierte Begriff) "Frau-Sein" aufgespalten wird (bei jeder Hetera jedoch für sich selbst spricht) und ich als Lesbe immer wieder damit konfrontiert werde, all meine Eigenschaften und auch diejenigen von anderen zu summieren und dann immer nur entweder-oder zu sein.

Das ist, was ich in den Verarbeitungsprozessen der letzten Tage verstanden zu haben glaube (und ich bitte, korrigiert zu werden, wenn dem nicht so ist):
Ganzganz viele von uns sind weder-noch.

Mal ein Beispiel aus dem Werkzeugkasten:
Hammer und Amboss gehören zusammen. Das eine ist so ziemlich das Gegenteil des anderen.
Aber keins von beiden ist ein Schraubenschlüssel. Oder eine Zange. Oder eine Schere, Säge, Feile, oderoderoder.

Bisher habe ich auch immer das Gefühl gehabt, Butch und Femme spalten das Frau-Sein in feminine und maskuline Attribute.
Nein. Es sind einfach nur zwei unvereinbare kleine Teilmengen des lesbischen Großen Ganzen, das lesbische Casablanca. Und weder die zwei noch das eine hat mit dem Frau-Sein groß was zu tun. smile.gif
Ich glaube, das war ein typisches Mißverständnis seitens der post-autonomen Generation. Entschuldigung! flowers.gif

Geschrieben von: wolke am 21.Jan.2010 - 16:27

ZITAT(pandora @ 21.Jan.2010 - 15:33) *
gruebel.gif hm, ist mein geschreibsel überhaupt noch für jemanden verständlich???


@pandora: Das "Verstehen" nimmt seinen Lauf! Ich konnte gerade aus Deinen Beiträgen das herausnehmen, was mir so schwer zu verstehen schien. Danke für Deine Schilderungen und das Teilen Deiner - doch sehr persönlichen- Gefühle- ich finde, gerade das ebnet den Weg zum "einander verstehen".. flowers.gif


@dandelion: Klingt auf äußerst angenehme und befreiende Art plausibel!

"Ganzganz viele von uns sind weder-noch." - danke. flowers.gif


wolke, die wohl heute eine Schere ist und nur äußerst selten klassischen Paartanz genießt...

Geschrieben von: LadyGodiva am 21.Jan.2010 - 16:29

Ich habe das Konzept femme bisher immer so verstanden, dass sich eine Frau gerne von einer anderen nach allen Regeln der (Verführungs-)Kunst explizit und ausnahmslos klassisch als Dame betrachtet fühlen will, wissend, dass es sich bei dieser Konstellation um eine Translation von Heteronormativität handelt, was eine einzigartige Form der Begegnung zweier männer-unabhängigen Frauen möglich macht.

Insofern kann ich mir die bildliche Situation draußen vor der Türe kaum anders vorstellen als in eben der klassischen Besetzung, wenn der Raum dahinter jemals betreten werden soll. laugh.gif

Geschrieben von: McLeod am 21.Jan.2010 - 16:35

ZITAT(wolke @ 21.Jan.2010 - 14:58) *
"Körpersprache, Ausstrahlung, Hose, Blick, Schuhe, Lächeln, Gestik. Aussage." Ja, liebe McLeod, so habe ich es mir vorgestellt. Vielleicht bin ich in den letzten Tagen tatsächlich extrem begriffsstutzig- aber- wie kann man die bunte Summe so vieler Details, so vieler kleiner Gesten, Vorlieben, Äußerlichkeiten - denn in schwarz und weiß einteilen?


Ups... ich bin in einer anderen Diskussion. Da geht es um butch/femme und ggf. mißverstandene nicht-b/f-s, nicht um schwarz-weiß.

ZITAT(wolke)
Ich habe einfach ein schlichtes Problem damit, dass (der dehnbare und vielleicht gar nicht definierte Begriff) "Frau-Sein" aufgespalten wird (bei jeder Hetera jedoch für sich selbst spricht) und ich als Lesbe immer wieder damit konfrontiert werde, all meine Eigenschaften und auch diejenigen von anderen zu summieren und dann immer nur entweder-oder zu sein.


Hm, ich hab es bisher so verstanden, dass es gerade denen, die nicht entweder und auch nicht oder sind - und die als Mehrheit btw. wahrgenommen werden - darum ging, die Paardynamik und das Selbstverständnis einer heterogenen und doch miteinander subsummierten "Minderheit" kennenzulernen. Und kennen lernen heißt nur peripher, sich selbst dazu zu positionieren. Okay... Egomane wie ich positionieren sich trotzdem und ständig. Aber ich hab auch wieder mehr vom B/F-Pfänomeen wahrgenommen (und genossen).

Ich glaub, ich versteh also Dein Problem mit dem laufenden Austausch nicht... Sorry. roetel.gif

Nochmal (so wie ich es verstanden habe): lesbisch zu sein bedeutet nicht, sich einem der beiden Pole Butch oder Femme zuordnen zu müssen, noch bedeutet es, den Reiz dieser Dynamik ebenfalls reizvoll zu finden. Nicht butch und nicht femme zu sein, bedeutet nicht, weniger Lesbe, weniger Frau, schlechter oder weniger mutig zu sein. Es bedeutet schlicht nur, nicht butch und nicht femme zu sein. So wie mensch z.B auch nicht Linkshänderin ist oder Vegetarierin oder Leseratte oder Partymaus. Es gibt so vieles, was jede einzelne nicht ist ;o) Werte und Wesenszüge lassen sich nicht am Stoff des Hemdes respektive der Bluse ableiten. Ich glaube, darin waren sich alle einig, oder?

Verwirrt in die Runde schaut:
McLeod (das reimt sich juhuu)

Geschrieben von: dandelion am 21.Jan.2010 - 16:42

ZITAT(McLeod @ 21.Jan.2010 - 16:35) *
Verwirrt in die Runde schaut:
McLeod (das reimt sich juhuu)

biggrin.gif

ZITAT(LadyGodiva @ 21.Jan.2010 - 16:29) *
Insofern kann ich mir die bildliche Situation draußen vor der Türe kaum anders vorstellen als in eben der klassischen Besetzung, wenn der Raum dahinter jemals betreten werden soll. laugh.gif

und für solche Zwecke sollten gemeinsam ausgehende Butches stets eine Münze dabei haben... a5.gif
es bewährt sich roetel.gif

Geschrieben von: Joey am 21.Jan.2010 - 18:21

ZITAT(McLeod @ 21.Jan.2010 - 14:06) *
Wenn eine jetzt drauf stolz ist, sichtbar oder unsichtbar zu sein... je nun... wo ist da der springende Punkt? Es ist doch genauso gut oder schlecht, wie nicht stolz darauf oder auf andere Dinge zu sein. Oder versteh ich den Gag nicht?


Doch, bestimmt. Aber ich glaube, ich gerade nicht. roetel.gif


ZITAT(davvero)
Erwartest Du denn von einer Butch, dass sie sich im Fall der Fälle mutig vor Dich werfen wird?


Nein, tue ich nicht. Das war auch nur ein Beispiel. Vielleicht trifft es besser, wenn ich sage, dass ich in meinem Gegenüber gerne Ritterin sehen mag, die sich für mich einsetzt und mich auch einmal mit ihrem Schwert beschützt. Die Rüstung muss nicht schillernd und glänzend. Ich bin gerne das Prinzesschen im Turm, so lange von mir nicht erwartet wird, dass ich in pinkem Satinkleidchen aufzutreten habe. Aber erwarten würde ich das nicht.
Daher muss auch das
ZITAT(davvero)
Mir jedenfalls sind schon auch feige Männer begegnet und ich frage mich auch, ob eine Butch unbedingt dieser männliche Part in einer Beziehung zugedacht werden muss.

nicht sein.


ZITAT(davvero)
Warum sollte eine Butch nicht auch mal feminin daher kommen, weil es in dieser Situation einfach ihrem Charakter entspricht?


Soll sie doch auch. Ich schätze und mag Beides, egal von wem und in welcher Situation. smile.gif

ZITAT(wolke)
Vielleicht bin ich in den letzten Tagen tatsächlich extrem begriffsstutzig- aber- wie kann man die bunte Summe so vieler Details, so vieler kleiner Gesten, Vorlieben, Äußerlichkeiten - denn in schwarz und weiß einteilen?


Also, ich finde nicht, dass hier irgendetwas in "schwarz" und "weiß" eingeteilt wurde. Es ginge auch gar nicht. Ich fände uns, selbst wenn es nichts Anderes als diese beiden Lesbenlebens- und Liebensformen gäbe, absolut bunt. wink.gif Und auch nur "zwei Arten" können sich aus vielen, einzigartigen Mosaiken zusammensetzen - um einmal bei Deinem Bild zu bleiben.


ZITAT(LadyGodiva @ 21.Jan.2010 - 16:29) *
Ich habe das Konzept femme bisher immer so verstanden, dass sich eine Frau gerne von einer anderen nach allen Regeln der (Verführungs-)Kunst explizit und ausnahmslos klassisch als Dame betrachtet fühlen will, wissend, dass es sich bei dieser Konstellation um eine Translation von Heteronormativität handelt, was eine einzigartige Form der Begegnung zweier männer-unabhängigen Frauen möglich macht.

Insofern kann ich mir die bildliche Situation draußen vor der Türe kaum anders vorstellen als in eben der klassischen Besetzung, wenn der Raum dahinter jemals betreten werden soll. laugh.gif


smile.gif



In eigenen Worten noch einmal: es geht mir nicht um Kategorisieren oder Einteilung... und irgendwie auch doch. (Zumindest auf mich gemünzt.) Ich bin grad einfach sehr ambivalent, was dieses Thema angeht und frage mich, wo ich bleibe, wo ich hingehöre.

Klar ist es recht "einfach" zu sagen: ich bin ich. Ich bin ja auch ich. Dennoch würde ich gern wissen, wer genau ich bin. Auch, wenn es nicht für alle verständlich klingen mag, aber ich würde gerade schon gerne wissen, welcher Schublade ich mich zuordnen könnte. Es wird auch wieder Phasen geben, in denen ich gerade das nicht möchte.

Momentan sehe ich den Baum vor lauter Wald nicht und fände schön, wenn Jemand daher käme, der mir sagen könnte, ob ich mich unter Fichten, Eichen oder anderen Bäumen befinde.

Sorry für den Wust. Ich muss mich grad selbst ein wenig zurechtfinden und kann auch nur vermuten, was ich mit allem gerade sagen möchte. wink.gif

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 21.Jan.2010 - 18:45

Als "Femme" möchte ich nicht verstanden werden.
Ich möchte erst recht nicht erklärt werden.
Ich benötige auch keine Aufklärung über soziokulturelle Implikationen heteronormativer Ordnungssysteme.
Und ... ich habe auch kein Bedürfnis aus der linken Hälfte des doppelten Lottchen eine Dramaqueen und aus der rechten einen King zu machen.
Meine Femmeness ist nicht politisch - auch wenn ich persönlich einen durchaus politisch wachen Geist in meinem hübschen Köpfchen beherberge.
Darum lässt sie sich so auch nicht verstehen.

In mir leuchtet etwas auf, wenn ich ein B/F-Paar sehe, das vertraut und zärtlich miteinander umgeht.
Es ist eine Herzensangelegenheit, kein politisches Programm.
Das war schon als knabenhaft schüchterne Junglesbe so.
Es hat mich von Anfang an fasziniert und eine Sehnsucht berührt.
Mich zeigen zu dürfen.
So gesehen zu werden, wie ich mich fühle.

Vielleicht hatte ich nach all den christlichen Jugend- und Pfadfindergruppen auch einfach genug von asexuellen Goretex-Klamotten und niedlichen Kapuzenpullis wink.gif

Geschrieben von: Hortensie am 21.Jan.2010 - 19:00

Im QUER-verlag ist dazu (ich glaube 1997) mal ein, wie ich finde schönes Buch dazu erschienen:
"Butch Femme - eine erotische Kultur" Hrsg. von Stepanie Kuhnen.

Vielleicht sollte der "äußere" Aspekt des sich kleidens etc. mal ausser acht gelassen werden.
Ich vermute mal, dass nicht jede Lesbe, die z.B. "Crossdresserin" ist, sich als Butch definiert.

Auch denke ich, dass es nicht schaden kann, sich einfach mal zu fragen, welches Datum sehen wir als Beginn für die Lesbenbewegung an?

Stonewall oder den Beginn der feministischen Diskussion um die "neue Frauenbewegung" - ausgelöst durch einen Tomatenwurf gegen den Männlichkeitwahn des Sozalistischen Studentenbundes Deutschlands (SSD)?

Bejaht man letzeres und beschäftigt sich mit den theoretischen Texten hierzu so kann man leicht zu dem Schluss kommen, dass das "Verschwinden" bzw. ein negieren der Butch/Femme - Kultur eine logische Konsequenz der Abgrenzung von Frauen als "Objekt" sein musste.

Nimmt man sich aber Stonewall als Datum, so wird man unschwer erkennen, dass hier ein gänzlich anderer Kampf als der der intelektuellen Feministinnen zu führen war.
Menschen, die vielfach ein Leben am Rande der Gesellschaft führten kämpften hier tagelang gegen die staatliche Übermacht an.

Dies waren nicht die Teesalons, der Gertrude Stein oder der Alice B. Toklas.

Auch wenn in diesen Teesalaons ebenfals eine Butch/Femme - Kultur gepflegt wurde.
(Dies ist literarisch ja belegt z.B. durch Lilian Faderman (1991) "Odd Girls and Twillight Lovers" oder Kirsten Plötz (1994)"Anders als die anderen? Lesbische Frauen in der Weimarer Republik" um nur 2 exemplarisch zu nennen).

Ich glaube für uns in der heutigen Zeit ist es nicht mit "damals" vergleichbar. Aber es ist für uns auch nicht generell einfach und ohne weiteres möglich, uns auf den Weg zu begeben und dass zu leben, wonach uns der Sinn steht.

Auch wir müssen uns erstmal befreien von dem uns von Kindheit anerzogenen Mustern, um "befreit" aufbrechen zu können zu unserem eigenem "Wohlfühlen"/"Stimmigsein" (dass Wort passt jetzt nicht gut, aber mir fiel gerade kein anderes ein).

Auch heute wird es so sein, dass es der freiberuflichen Künstlerin mit finanzieller Unabhängigkeit wahrscheinlich leichter fallen wird, sich so auszuleben, wie sie es möchte.

Aber - und dass ist das Entscheidende - es liegt ja nicht nur an Äußerlichkeiten, sondern es kommt ja auch auf die eigene Wahrnehmung und Ausstrahlung an und die macht sich ja nicht am dreiteiligen Anzug mit Krawatte fest.

Ich hoffe, auch wenn die eine oder andere Formulierung vielleicht nicht so hundertprozentig geworden ist, zum Ausdruck gebracht zu haben, was mir zu diesem Thema so im kopfe herum ging.

Geschrieben von: davvero am 21.Jan.2010 - 19:03

ZITAT(Joey @ 21.Jan.2010 - 18:21) *
Klar ist es recht "einfach" zu sagen: ich bin ich. Ich bin ja auch ich. Dennoch würde ich gern wissen, wer genau ich bin. Auch, wenn es nicht für alle verständlich klingen mag, aber ich würde gerade schon gerne wissen, welcher Schublade ich mich zuordnen könnte. Es wird auch wieder Phasen geben, in denen ich gerade das nicht möchte.


Verstehe! Dann hab ich wohl an Deinem Anliegen vorbei geschrieben, was sicher daran liegt, dass ich mich gerade in der Phase "Warum soll ich das Eine sein, wenn ich doch viel mehr sein kann" befinde. roetel.gif


Geschrieben von: sonnenstrahl am 21.Jan.2010 - 19:13

ZITAT(Joey @ 21.Jan.2010 - 18:21) *
Dennoch würde ich gern wissen, wer genau ich bin. Auch, wenn es nicht für alle verständlich klingen mag, aber ich würde gerade schon gerne wissen, welcher Schublade ich mich zuordnen könnte.


Wer genau du bist (und wie viele wink.gif ), bzw. welche zehntausend und mehr Facetten dich ausmachen, wird dir wohl allein das Leben beantworten können - und das sicherlich am heutigen Tage nicht mehr abschließend biggrin.gif .

Was die zu besteigende Schublade angeht: Du erwartest doch sicherlich nicht von dir, ein für allemal in ein und dieselbe zu passen? Ordne dich doch der zu, der du dich (heute) zuordnen willst (bzw. arbeite daran, dich zu trauen, falls es daran noch hapern sollte), und wechsle die Schublade nach Bedarf, Lust und Laune.

Lass dich auf Tänze, Stile, Haltungen und Regeln ein, die dir jetzt entsprechen, und steig aus, wenn du dich nicht mehr wiederfindest

Und sollte es dir um das Gespiegeltwerden gehen - was ich gut kenne, und sehr menschlich finde -, wird es sicherlich ZeitgenossInnen geben, die dir gerne beantworten, wie du auf sie wirkst oder gewirkt hast, als sie dich mal live erleben durften. Wahlweise in Schablone oder im Detail (Je genauer die Frage, desto differenzierter die Antwort - mit Freuden per PM so von mir erwünscht).



Geschrieben von: dandelion am 21.Jan.2010 - 19:44

ZITAT(DerTagAmMeer @ 21.Jan.2010 - 18:45) *
Vielleicht hatte ich nach all den christlichen Jugend- und Pfadfindergruppen auch einfach genug von asexuellen Goretex-Klamotten und niedlichen Kapuzenpullis wink.gif

Danke - das hat mich an das einschneidendste Erlebnis denken lassen, das ich in der Richtung je hatte:
Ich war gerade dabei, mit einer anderen Frau zusammen Zeug durch die Gegend zu schleppen - irgendwie mach ich sowas gerne. Sie war mir bis zu diesem Zeitpunkt meistens ernst erschienen, in dieser Situation ziemlich unauffällig, ein bißchen maskulin, die Klamotten etwas abgetragen und schlabberig.
Wir trugen und schleiften und schleppten, und nach einiger Zeit machten wir eine längere Atempause.
In diesem ruhigen Moment hatte sie schlagartig etwas madonnenhaftes an sich.
Ein grantelnder Schluck Bier aus der Pulle relativierte das Bild zügig wieder.
Verwirrt war ich trotzdem erstmal. biggrin.gif

Soviel zum Thema asexuelle Wirkung von Schlabberklamotten - wenn die richtige Frau drinsteckt, kann auch das Bild eine ziemlich umschmeißen cool.gif


@sonnenstrahl: wenn du stolperst und dir einen Laternenpfahl greifst, um nicht ganz hinzufallen, bedeutet das gemeinhin nicht, daß du die Absicht hast, dich für immer an ihn zu lehnen. Aber dran festhalten wirst du dich doch. wink.gif

@Joey: eindeutig Kiefer. naja, vielleicht auch Föhre... rolleyes.gif
knuddel.gif auf jeden Fall großartig. weiteres gern per Mail smile.gif

Geschrieben von: Liane am 21.Jan.2010 - 22:35

Ich habe jetzt ziemlich lange in diesem thread gelesen. Das Thema ist für mich immer verwirrend, weil ich es nicht nachvollziehen kann.
Mich beschäftigt eine Frage: sind für Euch, die Ihr Euch mit dem Thema beschäftigt und Euch auch selbst als butch oder femme bezeichnet, alle Lesben grundsätzlich das eine oder andere? Oder ist es eine bewusste Entscheidung "Ich möchte bei dem Rollenspiel mitmachen und entscheide mich, so oder so zu sein, weil ich mich dort am wohlsten fühle."?

Um meine Frage vielleicht verständlich zu machen: Seht Ihr butch/femme als etwas, das frau einfach an sich hat, wie eine Staatszugehörigkeit, oder als etwas, für das sie sich entscheidet oder auch nicht, wie ein Stammlokal?

Geschrieben von: sonnenstrahl am 22.Jan.2010 - 00:00


ZITAT(DerTagAmMeer @ 21.Jan.2010 - 18:45) *
Als "Femme" möchte ich nicht verstanden werden.
...

Es ist eine Herzensangelegenheit, kein politisches Programm.
...
Es hat mich von Anfang an fasziniert und eine Sehnsucht berührt.
Mich zeigen zu dürfen.
So gesehen zu werden, wie ich mich fühle.


Verstehe es richtig, dass du damit ausdrücken möchtest: Es ist (für dich) pure erotische Poesie und Sensitivität? Deswegen lässt es sich auch nur erspüren, und weder erklären, noch verstehen?

Weitergedacht: Entweder, dich durchrieselt dieser Schauer, und du wirst total davon ergriffen - oder du kannst es knicken, je wirklich etwas über das Phänomen B/F zu erfahren? Das wäre dann das, was ja letztlich für jede Leidenschaft gilt ...

ZITAT
In mir leuchtet etwas auf, wenn ich ein B/F-Paar sehe, das vertraut und zärtlich miteinander umgeht.


Mehr als wenn ein Lesbenpaar, das sich anders zueinander fühlt und definiert, vertraut und zärtlich miteinander umgeht?


Geschrieben von: DerTagAmMeer am 22.Jan.2010 - 00:21

ZITAT(pfefferkorn @ 21.Jan.2010 - 10:45) *
und trägst du die wama echt alleine?)


Ups, Frage überlesen. Nein, selbstverständlich trage ich Sie mit meiner Butch. Darum geht es ja - ich nehme den anwesenden Männern die Butter vom Brot und platziere sie nonchalant auf der Butch-Brötchenhälfte. Und sie revangiert sich mit einer Aufmerksamkeit mir gegenüber, die anwesende Heteras neidisch werden lässt, deren "bessere Hälften" sich aufgestachtelt durch den Waschmaschinen-Wettbewerbsnachteil darum prügeln, nun wenigstens den Rechner anzuschließen wink.gif

ZITAT(Liane)
Mich beschäftigt eine Frage: sind für Euch, die Ihr Euch mit dem Thema beschäftigt und Euch auch selbst als butch oder femme bezeichnet, alle Lesben grundsätzlich das eine oder andere?

Für mich sind sie absolut die Ausnahme.
Bei den meisten Menschen (allerlei sexueller Orientierung) hab ich eher das Gefühl, sie werben "status- bzw. rudelorientiert". Frei nach dem Motto "wenn ich die beste bin/dazu gehöre/dominiere, fällt mir ganz automatisch eine attraktive Gefährtin zu".
Butches agieren eher in dem Bewusstsein, dass Frauen selbst entscheiden, zu wem sie gehören wollen. Sie schenken ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, statt im Wettkampf um Aufmerksamkeit zu buhlen.
Für mich ist es auch das, was mich von einer "femininen Lesbe" unterscheidet. Ich muss nicht die Anführerin des Cheerleaderteams sein, um eine Butch zu beeindrucken, die mich interessiert. Vielmehr gebe ich ihr die Gelegenheit, sich von ihrer besten Seite zu zeigen.
Dieses Balzverhalten ist sicherlich nicht weniger primitiv als um den schönsten Po der Stadt zu wetteifern - muss es ja auch nicht biggrin.gif Trotzdem funktioniert es einfach nach anderen Regeln. Und auch unter "Heteros" unterscheiden sich Frauenversteher von (Möchtegern-)Alphamännchen und sind eher selten.
Außerdem gibt es neben "Unterschiede ziehen sich an" ja auch noch das schöne Sprichwort "Gleich und Gleich gesellt sich gern". Und auch da ist erotische Anziehung keineswegs ausgeschlossen. Aber auch dieses "Spiel" hat eigene Regeln.
Man muss die Regeln nicht kennen, um erfolgreich mitzuspielen. Doch es hilft Missverständnisse zu vermeiden.

@dandelion: Ich wollte um himmelswillen nicht den Sexappeal von Schlabberklamotten leugnen oder irgendeinem Styling bescheinigen "unsexy" zu sein. Zum Wandern trage auch ich den guten alten Jack W. und auf dem Sofa vor der Glotze ausgebeulte Schlumpfhosen. Erotik ist damit nicht zwangsläufig ausgeschlossen - aber eher Zufall, nicht Thema.
Wenn ich über B/F rede, geht es mir nur und ausschließlich um Erotik. Nicht um wetterfeste Kleidung, nicht um politisch korrektes Vokabular und auch nicht die Chancengleichheit aller Anwesenden.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 22.Jan.2010 - 00:30

ZITAT(Joey @ 21.Jan.2010 - 18:21) *
Klar ist es recht "einfach" zu sagen: ich bin ich. Ich bin ja auch ich. Dennoch würde ich gern wissen, wer genau ich bin. Auch, wenn es nicht für alle verständlich klingen mag, aber ich würde gerade schon gerne wissen, welcher Schublade ich mich zuordnen könnte.


Dass Du selbst entscheiden musst, welcher Schublade Du Dich zuordnen möchtest, weißt Du ja.
Dass Du absolut das Zeug zur Grand Femme hast, lässt sich allerdings nicht bestreiten.
WER denn bitteschön, wenn nicht Du?????

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 22.Jan.2010 - 01:49

ZITAT(sonnenstrahl @ 22.Jan.2010 - 00:00) *
Weitergedacht: Entweder, dich durchrieselt dieser Schauer, und du wirst total davon ergriffen - oder du kannst es knicken, je wirklich etwas über das Phänomen B/F zu erfahren? Das wäre dann das, was ja letztlich für jede Leidenschaft gilt ...


Ich glaub schon, dass man sehr erfüllt durch ein Lesbenleben kommen kann, ohne sich je für B/F zu interessieren. Ich glaube auch, dass man B/F jahrelang aus vollstem Herzen ablehnen kann und sich plötzlich, unerwartet und Hals über Kopf mitreißen lässt. Und ich glaube, dass viele erst eine Zeit lang um das Thema rumschleichen und sich nicht recht trauen. Und ich glaube auch, dass manche B/F als einengendes, kleinmachendes Beziehungskonzept erlebt haben, und anschließend froh sind, dem endlich entwachsen zu sein.

Sie ist halt eine Sprache unter vielen - und lange nicht so differenziert und umfassend wie beispielsweise die Musik. Es lässt sich also sicher gut darauf verzichten.

Ich fände es auch ziemlich witzlos, eine Sprache lernen zu wollen, in der ich nix zu sagen habe und die keine spricht, mit der ich mich unterhalten will. Es wäre totes Wissen, oder?

Andererseits kann es auch nicht schaden, dem Kitsch im eigenen Herzen eine Chance zu geben nach außen zu treten. Wenn da nix ist ... auch gut ... wenn doch ... 'swär schade drum. wenns nie wer zu Gesicht bekäme smile.gif

Geschrieben von: McLeod am 22.Jan.2010 - 02:10

ZITAT(sonnenstrahl @ 22.Jan.2010 - 00:00) *
Verstehe es richtig, dass du damit ausdrücken möchtest: Es ist (für dich) pure erotische Poesie und Sensitivität? Deswegen lässt es sich auch nur erspüren, und weder erklären, noch verstehen?


Ach, auch Erotik, Leidenschaft und Poesie lassen sich herleiten, erklären und durchleuchten. Mit der Gefahr des Distanzgewinnens und Genussverlustes. Weswegen eher Germanist.inn.en Literatur analysieren, als Autor.inn.en. Oder eher intellektuelle Zaungäste und Beobachtende Magazine über Fußballkultur schreiben, als die sie praktizierenden Kampfschweine, Rasenschachspieler.innen oder Pferdelungen. wink.gif Hach, die ganze Welt ließe sich perfekt mit Fußball erklären, davon bin ich überzeugt!

Gute Nacht.
McLeod

Geschrieben von: pandora am 22.Jan.2010 - 06:38

ZITAT(DerTagAmMeer @ 22.Jan.2010 - 00:30) *
ZITAT(Joey @ 21.Jan.2010 - 18:21) *
Klar ist es recht "einfach" zu sagen: ich bin ich. Ich bin ja auch ich. Dennoch würde ich gern wissen, wer genau ich bin. Auch, wenn es nicht für alle verständlich klingen mag, aber ich würde gerade schon gerne wissen, welcher Schublade ich mich zuordnen könnte.


Dass Du selbst entscheiden musst, welcher Schublade Du Dich zuordnen möchtest, weißt Du ja.
Dass Du absolut das Zeug zur Grand Femme hast, lässt sich allerdings nicht bestreiten.
WER denn bitteschön, wenn nicht Du?????




siehste joey, hab ich doch gesagt. flowers.gif
nun denn... izwei nstimmen lassen dich dann wohl eher glauben

hervorhebung in DTAM text von mir

Geschrieben von: dandelion am 22.Jan.2010 - 08:45

ZITAT(pandora @ 22.Jan.2010 - 06:38) *
ZITAT(DerTagAmMeer @ 22.Jan.2010 - 00:30) *
ZITAT(Joey @ 21.Jan.2010 - 18:21) *
Auch, wenn es nicht für alle verständlich klingen mag, aber ich würde gerade schon gerne wissen, welcher Schublade ich mich zuordnen könnte.

WER denn bitteschön, wenn nicht Du?????
zwei nstimmen lassen dich dann wohl eher glauben

pandora... hast dich "verzählt" wink.gif

drei biggrin.gif


Danke für den Alpha- vs. 1:N - Ansatz, dtam flowers.gif Der gibt dann mir noch mal extra zu denken wink.gif
Mit Alpha-Ansatz meine ich Balzverhalten über das Ringen ums Alphatiertum, mit 1:N die Situation, daß sich N Butches um 1 Femme bemühen - um so schöner für beide, wenn der Sonderfall N=1 gilt *grins*
Ich bin besonders bei deinen Postings der letzten Tage froh und dankbar, einen Einblick ins Konzept Butch/Femme zu erhalten. Dessen Fehlen hat mir lange das Verständnis, die Tragweite, die Bedeutung, den Stellenwert dessen vernebelt.
Warum schreib ich das hier und nicht per PM? Weil ich den Eindruck habe, daß immer wieder neue Userinnen in die Diskussion trudeln, denen es ähnlich geht, und die sich verwirrt umschauen. Daß dieser Blick unter die "Schale" des Ganzen etwas ziemlich einzigartiges ist. Wir hatten das Thema schon so oft, und diesmal wird es tatsächlich diskutiert statt debattiert - es geht um die Sache statt ums Gewinnen. Und das finde ich richtig, richtig klasse. flowers.gif (und irgendwie sehr zum Thema passend biggrin.gif )

Geschrieben von: Liane am 22.Jan.2010 - 10:45

ZITAT(DerTagAmMeer @ 22.Jan.2010 - 01:49) *
Sie ist halt eine Sprache unter vielen - und lange nicht so differenziert und umfassend wie beispielsweise die Musik. Es lässt sich also sicher gut darauf verzichten.

gruebel.gif Wenn ich also Gefallen daran habe, galant zu Frauen zu sein, die mir gefallen - ihnen die Tür aufzuhalten, Blumen zu überreichen, "den Weg für sie zu ebnen" - kann ich beschließen, bewusst butch zu sein und damit Frauen anzuziehen, denen dieses Verhalten gefällt? gruebel.gif

Gibt es "Springerinnen" - gegenüber der einen Frau femme, gegenüber einer anderen butch, z.B. um die Gegensätze stärker auszuspielen?
Es war davon die Rede, dass auch eine femme gelegentlich einen Kühlschrank trägt oder eine butch gern eine Rose geschenkt bekommt. Ist das dann der Witz, aus der Rolle bewusst herauszutreten? "Eigentlich bin ich ja ganz anders, und um das zu unterstreichen, tue ich etwas, was ganz und gar nicht von mir erwartet wird."

Geschrieben von: dandelion am 22.Jan.2010 - 11:07

ZITAT(Liane @ 22.Jan.2010 - 10:45) *
ZITAT(DerTagAmMeer @ 22.Jan.2010 - 01:49) *
Sie ist halt eine Sprache unter vielen - und lange nicht so differenziert und umfassend wie beispielsweise die Musik. Es lässt sich also sicher gut darauf verzichten.

gruebel.gif Wenn ich also Gefallen daran habe, galant zu Frauen zu sein, die mir gefallen - ihnen die Tür aufzuhalten, Blumen zu überreichen, "den Weg für sie zu ebnen" - kann ich beschließen, bewusst butch zu sein und damit Frauen anzuziehen, denen dieses Verhalten gefällt? gruebel.gif

Vermutung: dann bist du, auch ohne Beschluss, in einem Verhaltensmuster, das du oder andere einvernehmlich butch nennen könn(t)en.
Mal von der Prämisse ausgehend, dass Menschen tun, was sie wollen, solange sie nicht bewusst beschließen, zu tun, was sie nicht wollen.
wacko.gif haben wir eigentlich ein Forums-Phrasenschwein?
ZITAT(Liane @ 22.Jan.2010 - 10:45) *
Es war davon die Rede, dass auch eine femme gelegentlich einen Kühlschrank trägt oder eine butch gern eine Rose geschenkt bekommt. Ist das dann der Witz, aus der Rolle bewusst herauszutreten? "Eigentlich bin ich ja ganz anders, und um das zu unterstreichen, tue ich etwas, was ganz und gar nicht von mir erwartet wird."

"Witz" weiß ich nicht... Nach Tagen des heftigen Grübelns denke ich schon, daß ich ziemlich butch lebe. Vor dem Hintergrund folgende Überlegung:
Wenn ich mich z.B. bei "dasunddas ist soooo putzig! wub.gif "-Aussagen "ertappe", mischen sich verschiedene Gefühle.
Diebische Vorfreude auf den Überraschungseffekt, wenn meine Butch-Erscheinung gerade sehr betont ist. Unsicherheit, ob ich in der aktuellen Situation belächelt werde, wenn meine Glaubwürdigkeit auf der Butch-Rolle basierte. In die Rolle der anderen ein bißchen hineinstrahlen kann als "Kontrastmittel" dienen, um die eigene Rolle besonders zu betonen. Es kann aber auch den Wunsch nach einer gemeinsamen Basis ausdrücken (sei es nun eine Femme, die einen Bauarbeiter-würdigen Schluck aus der Bierflasche nimmt, oder eine Butch, die für einige Sekunden über irgend etwas besonders niedliches in affektierte Ekstase gerät). Es kann Vielseitigkeit demonstrieren, wie du es beschriebst - quasi ein bißchen den Vorhang lupfen, damit die andere neugierig wird und dahinter schauen möchte.

Geschrieben von: McLeod am 22.Jan.2010 - 11:33

ZITAT(Liane @ 22.Jan.2010 - 10:45) *
Es war davon die Rede, dass auch eine femme gelegentlich einen Kühlschrank trägt oder eine butch gern eine Rose geschenkt bekommt. Ist das dann der Witz, aus der Rolle bewusst herauszutreten? "Eigentlich bin ich ja ganz anders, und um das zu unterstreichen, tue ich etwas, was ganz und gar nicht von mir erwartet wird."


Kann so sein, muss aber nicht. Erwartest Du etwa eine allgemeingültige Antwort für alle Butches respektive Femmes? ;-) Das ist so utopisch, wie eine Antwort für "alle Lesben" oder "alle Frauen" auf eine beliebige Frage zu formulieren. Es kann ja sogar im Individuum die verschiedensten Gründe für ein und dieselbe Handlung geben. Ich lächle, weil ich flirten will, meine Unsicherheit überspiele, an was schönes denke, ich was putziges gesehen habe oder meinen heute so unterkühlten Habitus bewusst brechen will...

Auch wenn ein Tanz aus swing-swing-step... slow-slow-schnick... besteht, wird jede etwas anders in den Knien wippen oder den Kopf halten - und die Partnerin sowieso, denn die ist mitmaßgeblicher Teil des Ganzen. Wenn sich also eine Butch über Blumengeschenke freut, dann vielleicht auch einfach, weil sie die Aufmerksamkeit der Schenkenden genießt und wertschätzt. Oder weil sie Blumenfetischistin ist. Oder ihr einfällt, dass ihr das den Blumenkauf für den mütterlichen Besuch am nächsten Tag spart. biggrin.gif Es fällt keiner (normalerweise) ein Zacken aus dem Krönchen, eine Rolle menschlich und vielschichtig zu interpretieren und nicht allzu stereotyp und einfach. Ich stell es mir gerade sogar eher schwierig vor, 24/7 die weibliche Version von Atze Schröder zu sein. Ich glaub, das will nicht mal Atze Schröder selbst. Mensch-Sein ist einfach nicht einfach. Und nicht mal eben reduzierbar auf wenn a dann b-Zusammenhänge. Gerade B/F ist - wie Tango - gerne uneinfach. Wenn gut getanzt. (Wie geschrieben: nicht meine Baustelle, das Tanzen, ich guck nur gern zu)

McLeod grüßt herzlich

Geschrieben von: Liane am 22.Jan.2010 - 11:56

ZITAT(McLeod @ 22.Jan.2010 - 11:33) *
Kann so sein, muss aber nicht. Erwartest Du etwa eine allgemeingültige Antwort für alle Butches respektive Femmes? ;-) Das ist so utopisch, wie eine Antwort für "alle Lesben" oder "alle Frauen" auf eine beliebige Frage zu formulieren.

Eben. Das ist mein Problem. Ich erwarte überhaupt nichts, versuche nur zu verstehen, worüber hier gesprochen wird, worüber extra Bücher geschrieben werden, die ich dann auch nicht verstehe.
Wenn ohnehin alles individuell ist, was IST dann diese b/f-Sache?

Um bei dem Tanzbeispiel zu bleiben: Die Art des Tanzes ist trotz Individualität noch erkennbar, die Mehrheit des Tanzes gehört zu Jive, auch wenn sich Elemente des Cha-cha-cha, des Wiener Walzers und Improvisation darin finden. Diese Varianten machen den Reiz des Tanzstils aus - aber es ist noch als Jive zu erkennen.
Oder weiß nur die Person selbst, dass sie Jive tanzt? Oder merken die anderen es unter Umständen nur, wenn die Person die Jive-Elemente betont?

Geschrieben von: Deirdre am 22.Jan.2010 - 14:32

ZITAT(dandelion @ 22.Jan.2010 - 08:45) *
Warum schreib ich das hier und nicht per PM? (...) diesmal wird es tatsächlich diskutiert statt debattiert - es geht um die Sache statt ums Gewinnen. Und das finde ich richtig, richtig klasse.

Heißen Dank, Dandelion flowers.gif Endlich mal nicht Euer berühmtes Hinter-den-Kulissen. wink.gif

Ja, ich liebe diesen Thread. Er lebt! thumbsup.gif

Geschrieben von: Deirdre am 22.Jan.2010 - 14:44

ZITAT(Liane @ 22.Jan.2010 - 10:45) *
Es war davon die Rede, dass auch eine femme gelegentlich einen Kühlschrank trägt oder eine butch gern eine Rose geschenkt bekommt. Ist das dann der Witz, aus der Rolle bewusst herauszutreten?

Bewusst aus der Rolle herauszutreten (ob als Femme, ob als Butch), bedeutet, eine Distanz zur Rolle einzunehmen. Deutlich zu machen, dass man sich dieser vermeintlich festgelegten Identität als Konstrukt bewusst ist.

Eine kontrastierende Handlung kann auch eine Betonung der Rolle bewirken.

Und schließlich kann der plötzliche Twist die Umgebung vor Überraschung atemlos machen ... smile.gif Ein vielleicht durchaus gewollter Effekt ...

Geschrieben von: pandora am 22.Jan.2010 - 15:14

ZITAT(Liane @ 22.Jan.2010 - 10:45) *
ZITAT(DerTagAmMeer @ 22.Jan.2010 - 01:49) *
Sie ist halt eine Sprache unter vielen - und lange nicht so differenziert und umfassend wie beispielsweise die Musik. Es lässt sich also sicher gut darauf verzichten.


gruebel.gif Wenn ich also Gefallen daran habe, galant zu Frauen zu sein, die mir gefallen - ihnen die Tür aufzuhalten, Blumen zu überreichen, "den Weg für sie zu ebnen" - kann ich beschließen, bewusst butch zu sein und damit Frauen anzuziehen, denen dieses Verhalten gefällt? gruebel.gif



hm, ich weiß nicht... auch auf die gefahr hin das ich mich unbeliebt mache

ich jedenfalls habe mich nie bewusst fürs butchsein entschieden, genau so wenig wie ich mich bewusst dafür entschieden habe lesbisch zu sein/werden, oder von geburt an blonde haare zu haben.
ich bin wie und was ich bin und das seit geburt an.
galant/butch/blond/redseelig/oder scherzkeks muß frau von der inneren einstellung/prägung her sein und nicht weil sie es sein will, denn m.E nach funktioniert dies alles nur bedingt/zeitweise und ist für mich keineswegs authentisch.


Geschrieben von: McLeod am 22.Jan.2010 - 15:16

ZITAT(Liane @ 22.Jan.2010 - 11:56) *
Wenn ohnehin alles individuell ist, was IST dann diese b/f-Sache?

Um bei dem Tanzbeispiel zu bleiben: Die Art des Tanzes ist trotz Individualität noch erkennbar, die Mehrheit des Tanzes gehört zu Jive, auch wenn sich Elemente des Cha-cha-cha, des Wiener Walzers und Improvisation darin finden. Diese Varianten machen den Reiz des Tanzstils aus - aber es ist noch als Jive zu erkennen.
Oder weiß nur die Person selbst, dass sie Jive tanzt? Oder merken die anderen es unter Umständen nur, wenn die Person die Jive-Elemente betont?


Huhu,

individuell kann leicht mit beliebig verwechselt werden, hier vielleicht auch? (No pun intended!) Individuell meint aber genau das Gegenteil von beliebig: einmalig und doch - ganz sicher - mit Verwandtschaften zum drumherum Bestehenden, hier und da. Unabhängig von B/F pfilosophiert.

Also ich kann Tänze nur mäßig auseinanderhalten, am Besten noch wenn die Musik dazu hörbar ist. Zeig mir Stummfilmtänze und ich eiere los. wink.gif Ob B/F nun Jive ist, das übersteigt mein Wissen, das ich für die Analogie bräuchte... Elemente aus anderen Tänzen klingt schonmal recht passig. Nur bei Formationstänzen tanzen allerdings 8 bis 10 Paare (zu schnell, ich kann sie nicht zählen) exakt dasselbe - oder versuchen es zumindest. Insofern meinte ich bei meiner Analogie das Miteinander des Tanzpaares, das ganz unterschiedliche Jive entstehen läßt, selbst bei ähnlichen Schritten. Und ich sag es mal wenig vorurteilsfrei: die meisten Lesben tanzen Discofox. (*duck*) Insofern könnte B/F tatsächlich sowas wie Jive sein: ein von wenigen ausgeübter Sport. B/Fs wissen, was sie tanzen, das ist Teil der Idee. So wie beim Tango Argentino - habe ich mir erzählen lassen. Der ist ein Tanz stark aus der Intuition heraus, es geht nicht mehr so sehr um Schrittfolgen und deren präzise Ausführung, sondern um den Dialog zweier Menschen ohne Worte. Hab ich mir auch wiederum nur sagen lassen und konnte es sehen.

Nun wackle ich vielleicht zur Musik ein wenig mit der Hüfte und tippe mit dem Fuß. Das könnte andere dazu verleiten, mich als Jive-Tänzerin einzustufen. Aber das ist doch auch alltägliches try&error. Die Nachbarin sieht nett aus und entpuppt sich als Biest, der Kollege mit den schwarzen Rollkragenpullovern hört tatsächlich gerne klassische Musik und geht ins Theater.

Warum schwarze Rollkragenpullover eher in der Oper, als in der Disko anzutreffen sind, verstehe ich auch nicht. anche Zusammenhänge bleiben vage bis unklar. Warum B/F immer wieder Thema in Lesbenkreisen ist...? Weil es wie es scheint zu unserer Kultur hier im Westen der Welt dazugehört. Ein Stück Geschichte und ein Stück Gegenwart. Was ich spannend finde ist, dass nun schon fast 20 Jahre, da ich diese Thematik kenne und erlebe, B/F doch immer wieder eine Aufforderung sein scheint, sich selbst in diesem Kontext zu positionieren. Und sich angehalten zu fühlen, das Phänomen B/F zu kennen und nachvollziehen zu können. Es macht ja gar nüscht, B/F nicht zu verstehen. Oder Melissa Etheridges Musik nicht leiden zu können. Oder lieber Ulrike Folkerts als Hella von Sinnen zu mögen. High Heels zu tragen oder Gummistiefel. Nichts von alledem ist notwendig und Voraussetzung, um in Deutschland zu leben oder um lesbisch zu sein oder ein Mensch oder eine Frau oder sympathisch.

Ich versteh Butch-Femme übrigens auch mäßig gut, ich kann es halt nicht mit eigener Erfahrung vergleichen. Es liegt mir nicht, auch wenn ich gute Voraussetzungen mitzubringen scheine. Umgekehrt habe ich ganz schlechte Voraussetzungen um hetero zu leben und gleichzeitig scheint mit dieses Konzept nicht so mysteriööös. wink.gif

In diesem Sinne, ein schönes Wochenende wünscht
McLeod

Geschrieben von: blue_moon am 22.Jan.2010 - 15:39

vielleicht gibt das tanzen ja auch eine gute analogie für das 'ich entscheide mich nicht, ich bin so' her, das pandora eingeworfen hat. - ich denke nicht, dass sich eine zur butch angelegte frau einfach mal so dazu entscheiden kann, als femme aufzutreten. die grundvoraussetzung stimmt einfach nicht. aber über die ausprägung lassen sich ja entscheidungen treffen. so wie beim tanzen. ich kann mich auf die grundschritte beschränken - und schwimm so in der disco-fox-masse-, oder ich kann improvisieren, mich spezialisieren, im zusammenspiel mit der partnerin neue schritte finden, mich selbst herausfordern. die grundsätzlichen anlagen verstärken - und damit zu etwas aussergewöhnlichem machen.



(übrigens sind die tanzveranstaltungen anlässlich der gay games 2010 ein heisser tipp - das wird sicher ein hingucker! smile.gif )



Geschrieben von: Liane am 22.Jan.2010 - 15:52

ZITAT(Deirdre @ 22.Jan.2010 - 14:44) *
Und schließlich kann der plötzliche Twist die Umgebung vor Überraschung atemlos machen ... smile.gif Ein vielleicht durchaus gewollter Effekt ...

roetel.gif Ich glaube, dazu fällt mir ein Beispiel aus meiner Atemlosigkeit ein, das ich hier nicht näher schildern möchte.
Danke für die Erklärung. flowers.gif

Geschrieben von: pfefferkorn am 22.Jan.2010 - 16:32

mir ist es so ergangen, dass ich irgendwann einen namen für das gefunden habe, was ich bin - und irgendwie wars wie eine befreiung und hat mir lust gemacht "mehr" draus zu machen, das potenzial auszuweiten - das war wie zu hause ankommen und ich habe mich dann auch so bezeichnet

andere wiederum begreifen b-/f- als zuweisung und einschränkung

ich hab mal erlebt (schon an anderer stelle geschildert - also sorry, falls ich eine langweile) dass eine lesbe, die ich als ganz toughe butch gelesen habe, darauf angesprochen meinte, sie kenne das wort "butch" nur als schimpfwort, nicht als anerkennende bezeichnung
und weil sie meinte, dass das, was sie an sich "kerlig" fand, von lesben immer abgewertet wird, hat sie sich meist an heteras ausprobiert und versucht, die möglichst lange im unklaren darüber zu lassen, dass sie lesbisch ist - dass das eine anleitung zum unglücklichsein ist, versteht sich von selbst, oder?

da leidet meine femmenseele natürlich und sie war dann auch ganz antan, dass es durchaus lesben gibt, die butches toll finden

mir geht es so, dass ich das ganze femmenpotenzial meist in lesbischen zusammenhängen rauslasse, in heterozusammenhängen fühle ich mich da oft fehl am platz und auch verletzbar - komisch eigentlich, geht das anderen auch so?

"erlernen" und sich rein theoretisch dafür entscheiden, das funkioniert imho nicht

Geschrieben von: Taxus am 22.Jan.2010 - 17:12

Verschiedenes fällt mir zu den Eingangsfragen ein:

• Für mich persönlich ist butch eine Identität, die ich nicht erworben habe, sondern schon immer hatte. Also keinesfalls eine Rolle, die ich unter anderen möglichen Rollen mal gewählt habe, die ich vielleicht auch ändern könnte. (Schon im Alter von vier Jahren - wurde mir berichtet - habe ich mich so wenig mädchenhaft verhalten, dass meine Familie sich Sorgen machte. Worauf hier bisher nicht explizit eingegangen wurde, ist der „transsexuelle Anteil“ vieler butches. Was ich für das Verständnis der „Schublade“ wichtig finde: in unserer Gesellschaft wird und wurde – früher verbreiteter als heute – das abweichende Verhalten und Empfinden der Transsexuellen bezüglich der Geschlechtsidentität und des Körperempfindens/-wahrnehmung als krankhaft im Sinne einer behandlungsbedürftigen Geisteskrankheit eingestuft. Und für transgender-butches galt/gilt das in geringerem Ausmaß außerhalb lgbt-Zusammenhängen ähnlich. Meine Familie beispielsweise hat – wie ich Jahrzehnte später erfahren habe, sich darauf verständigt, „dagegenzuhalten“ und mich zu einem Mindestmaß an gesellschaftlicher Konformität zu zwingen. Für mich war bei meinem coming out das Entdecken der „Schublade“ butch ein absolutes Aha-Erlebnis, kannte ich bisher weder die Definition noch selbstdefinierte butches. Ich empfand die Existenz dieser Schublade von daher als große Erleichterung, dass ich mich nicht mehr fragen musste, warum ich permanent die in den Augen meiner Umwelt „normalen Rollenvorstellungen“ verletzen mußte.)

(Ich weiß, dass es viele butches gibt, die sich als Frau definieren, ich schreibe hier mal aus der Sicht der anderen. Ich würde aber gerne mal hören, was für sie ihre butchness dann ausmacht).

• Andere Gesellschaften hatten andere Konzepte von „gender“. Die Navajos sollen 5 Geschlechter gekannt haben. Merkwürdigerweise waren aber auch hier dann die Rollen in der Gesellschaft ziemlich streng festgelegt, wenn erst einmal in der Pubertät festgestellt worden war, welchem Geschlecht man angehört. Also auch nicht so eine Freiheit, wie man sie sich heute wünschen würde.

• Wer wen begehrt, hängt denk ich nicht davon ab, welches gender er/sie/... selber hat. Es ist davon völlig unabhängig meine ich. Man kann als butch femmes, butches und Lesben ohne diese Eigendefinition lieben, vielleicht auch Männer (im biologischen Sinn), wenn man butch nur als gender sieht, das ist m.E. eine reine Definitionsfrage (woran sich die Geister bestimmt scheiden).

• Schön geschrieben und alle etwaigen Unklarheiten beseitigend bzgl der Definition von „butch“ finde ich diese Darstellung: http://www.sbearbergman.com/writing/whatbutchis.pdf

Geschrieben von: pfefferkorn am 22.Jan.2010 - 17:35

genialer link!

danke, taxus!

Geschrieben von: sonnenstrahl am 22.Jan.2010 - 20:05

ZITAT(Liane @ 22.Jan.2010 - 10:45) *
Gibt es "Springerinnen" - gegenüber der einen Frau femme, gegenüber einer anderen butch, z.B. um die Gegensätze stärker auszuspielen?


Ich kann mich an etliche Situationen erinnern, in denen ich in der Begegnung mit einer anderen Frau gemerkt habe: "Oh! Die Butch oder Femme in mir wird gerade wach. (Bzw. ist bereits dabei, dem Fluss des Augenblicks zu folgen.)"
Das geschieht allerdings nicht, um irgendwas auszuspielen, oder zu bewirken, sondern weil ich halt gerade mal in die Form hineinschmelzen darf, die sich anbietet.
In vielen anderen Situationen wieder fühl ich mich dann so stachlig-sperrig-eigenkantig, dass an ein vorübergehendes In-Form-Fließen nicht im Traum zu denken wäre.

ZITAT(DerTagAmMeer @ 21.Jan.2010 - 08:29) *
Wieso sollte eine Femme denn keine Holzfällerhemden tragen? Es gibt unzählige Arten ein kariertes Flanellhemd zu tragen - und zumindest eine passt hervorragend zu dunkelrot lackierten Nägeln und Spitzenunterwäsche.


Spätestens hier höre ich wirklich auf, mich mit dem Einen oder dem Anderen identifizieren zu wollen - denn ein Holzfällerhemd würde ich, ohne schwarze Spitze darunter, oder irgendein anderes voll un-kerliges Accessoir an mir, inzwischen nur noch in absoluten Ausnahmesituationen anziehen.

Ich glaube, ich steh einfach voll auf Stilbruch ...

ZITAT(DerTagAmMeer @ 21.Jan.2010 - 18:45) *
... So gesehen zu werden, wie ich mich fühle.


Wenn ich diesen Satz mal auf mich übertrage, fällt mir dazu ein:
Derjenigen, die mich in den allermeisten Lebenslagen sehen kann, wie ich mich fühle, attestiere ich umgehend die Resonanzfähigkeit des wahren und einzigen Sonnenwittchen-Spiegleins, das mir - ob nun in galanter, garstiger, prinzessinnenhafter, stoffeliger, verschnupfter, klettiger, femmer, butchiger, oder wie-auch-immer-Stimmung mich befindlich - immerzu glaubhaft kundtut, dass ich einfach toll bin, wie ich bin, um nicht zu sagen: Die Tollste. Und Schönste natürlich.
Wo gibt´s das Teil???? *glänzende Augen krieg*

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 23.Jan.2010 - 11:53

ZITAT(Liane @ 22.Jan.2010 - 10:45) *
Eigentlich bin ich ja ganz anders, und um das zu unterstreichen, tue ich etwas, was ganz und gar nicht von mir erwartet wird."


Irgenwann hab ich mal den Spruch aufgeschnappt "das Unterbewusstsein kennt keine Negationen".
Unser an Sprache geschultes Denken schon, da kann eine nicht-weiblichen Frau einen Mann bezeichnen, Nicht-Wärme Kälte und Unglück Trauer.

Das Körpergefühl im Tanz scheitert an dieser Rechenlogik.
Es genügt nicht, die Schritte umgekehrt zu setzen, um einen Führungswechsel aufs Parkett legen, bei dem es wirklich knistert. Es genügt auch nicht, dass ich dem kleinen Schwerenöter in mir freie Fahrt gebe, Ich brauche zum Tanzen ja auch eine Partnerin, sie sich diesem Kleinstadt-Casanova hingibt, die sich drehen, führen und in weiblicher Schönheit präsentieren lässt. Auch wenn sie mich körperlich überragt und sonst lieber nackt als in "Frauenklamotten" auf die Straße treten würde.
Wir brauchen beide lebendige Gesten und Posen, die sich mit eigenen Gefühlen, Phantasien und Sehnsüchten füllen lassen.
Manchmal gelingt der Zauber, dann habe ich für einen halben Tanz Sophia Loren im Arm und fühle mich großartig - trotz 168 cm Körperlänge.
Und oft geht's einfach nur daneben. Dann bin ich lediglich die oberschlaue Ilsebilse, die ihrem verunsicherten Gatten mit strengem Blick erklären will, wo's langgeht. Kaum etwas empfinde ich so unsexy und unvorteilhaft wie das - für uns beide. Trotzdem gehört auch diese Schattenseite zu uns.

Vielleicht erklärt das auch, warum ich nicht glaube, dass sich B/F mit dem Kopf verstehen lässt. Es ist für mich eine sehr individuelle körperliche Angelegenheit. Vergleichbar vielleicht mit Feldenkrais.
Wenn "Individual-Lesben" über sich in Abgrenzung zu B/F-Paaren sprechen, definiert sich Freiheit oft als Verzicht auf Verstellung und Normativität.
Das kann ich verstehen. Es ändert aber nichts daran, dass dieser Verzicht in eine freiwillige, selbstgewählte und gleichberechtige Konformität münden kann.
Das spontane Bewegungsspektrum wird einfach sehr eng, wenn jede heteronormative Vorbelastung vermieden wird.

Geschrieben von: malene am 23.Jan.2010 - 13:31

ZITAT(DerTagAmMeer @ 23.Jan.2010 - 11:53) *
Das spontane Bewegungsspektrum wird einfach sehr eng, wenn jede heteronormative Vorbelastung vermieden wird.


Muss ja auch nicht sein, habe ich auch selten, wenn überhaupt, beobachtet.

Zwischen den beiden "Polen" B/F-Beziehung und „Zwillinge“- Beziehung gibt es noch ein breites Spektrum an verschiedensten Möglichkeiten, und gerade das finde ich an lesbischen Beziehungen so schön.

Ich habe bei mir selbst festgestellt, dass ich die Lesben-Paare erotisch besonders ansprechend fand, die sich ähnelten. Nicht unbedingt ähnlich gekleidet waren, sondern sich in ihrer Gesamterscheinung, ihrem Verhalten und ihren Bewegungen glichen.

Was ich interessant fände, wäre eine annähernd glaubwürdige Statistik (wenn es denn eine geben kann) über die Lebensdauer glücklicher Lesbenpaare. Ob sich da „gleich und gleich“ länger bewährt oder eher „Gegensätze“.

Einer der Haupthindernisse einer solchen Umfrage wäre wohl die Tatsache, dass sich Beziehungen im gleichen Masse entwickeln und ändern wie ihre Protagonisten.

So wurde meiner Frau und mir zu Beginn unserer Beziehung prophezeit, dass es zwischen und nicht lange gut gehen könne, da wir zu verschieden seien. Wenige Jahre später meinten die gleichen Leute, die se*uelle Intensität zwischen uns würde erlöschen, da wir einander zu ähnlich geworden seien.

Nun, bald achtzehn Jahre später, kann ich nur sagen, dass sich diese „Freunde“ gründlichst geirrt haben.
Und das ist das wunderbare an allen menschlichen Beziehungen: es gibt kein Rezept und keine allgemeingültigen Regeln für ihr Gelingen.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 23.Jan.2010 - 15:04

ZITAT(malene @ 23.Jan.2010 - 13:31) *
Ich habe bei mir selbst festgestellt, dass ich die Lesben-Paare erotisch besonders ansprechend fand, die sich ähnelten. Nicht unbedingt ähnlich gekleidet waren, sondern sich in ihrer Gesamterscheinung, ihrem Verhalten und ihren Bewegungen glichen.


Bedeutet das, dass Du auch Frauen erotisch besonders anziehend findest, die Dir selbst sehr ähnlich sind?
Oder ist es eine voyeuristische Vorliebe, bei der Deine eigene Identität unerheblich ist?

Geschrieben von: malene am 23.Jan.2010 - 18:12

ZITAT(DerTagAmMeer @ 23.Jan.2010 - 15:04) *
ZITAT(malene @ 23.Jan.2010 - 13:31) *
Ich habe bei mir selbst festgestellt, dass ich die Lesben-Paare erotisch besonders ansprechend fand, die sich ähnelten. Nicht unbedingt ähnlich gekleidet waren, sondern sich in ihrer Gesamterscheinung, ihrem Verhalten und ihren Bewegungen glichen.


Bedeutet das, dass Du auch Frauen erotisch besonders anziehend findest, die Dir selbst sehr ähnlich sind?
Oder ist es eine voyeuristische Vorliebe, bei der Deine eigene Identität unerheblich ist?


Nein, keine meiner Partnerinnen sah mir ähnlich, das wird aus meinen letzten Beiträgen eigentlich klar.
Und ich habe keine voyeuristischen Neigungen. laugh.gif Wenn ich ein Frauenpaar attraktiv finde, heisst es nicht - für mich - dass ich bis ins Detail ihrer Intimität vordringen möchte.

edit: Ach so, jetzt verstehe ich erst Deine Frage. Sorry, vorhin war ich nicht ganz wach. Um Deine Frage zu beantworten: Nein, ich bin ganz und gar nicht mein eigener Typ. ;-)

Geschrieben von: Deirdre am 30.Jan.2010 - 21:21

Also, ich muss ganz ehrlich sagen, im "alltäglichen Lesbenleben" stoße ich gar nicht auf die Butch-Femme-Einteilung. Ich kenne nur wenige Frauen, die so richtig "butchig" aussehen und auftreten. Und gar keine, die sehr "femme" ist in ihrem Verhalten. Die meisten sehen so aus, wie andere Frauen auch. Vielleicht gibt es mehr Kurzhaarige.

Aber ich bin auch älter als Du, vielleicht liegt es daran, dass sich unsere Erfahrungen unterscheiden. Wie auch immer, ich habe in dieser Hinsicht noch nie irgendeinen Erwartungsdruck verspürt.

Das Buch, das Joey empfohlen hat (Leslie Feinberg, Stone Butch Blues), ist übrigens wirklich ganz unwahrscheinlich gut geschrieben und sehr berührend. Danke, Joey! flowers.gif

Geschrieben von: regenbogen am 30.Jan.2010 - 21:30

ZITAT(Deirdre @ 30.Jan.2010 - 21:21) *
Das Buch, das Joey empfohlen hat (Leslie Feinberg, Stone Butch Blues), ist übrigens wirklich ganz unwahrscheinlich gut geschrieben und sehr berührend. Danke, Joey! flowers.gif

Gut geschrieben ist das Einzige, was das Buch nicht ist, finde ich. wink.gif Aber uneingeschränkt empfehlenswert ist es trotzdem! thumbsup.gif

Geschrieben von: sonnenstrahl am 30.Jan.2010 - 21:40

ZITAT(regenbogen @ 30.Jan.2010 - 21:30) *
Gut geschrieben ist das Einzige, was das Buch nicht ist, finde ich. wink.gif Aber uneingeschränkt empfehlenswert ist es trotzdem! thumbsup.gif


Aus eben diesem erstgenannten Grund habe ich echt nicht geschafft, es zu lesen. Sollte ich aus rein inhaltlichen Gründen vielleicht noch einen Versuch starten? gruebel.gif

Geschrieben von: Deirdre am 30.Jan.2010 - 21:48

Hm ... ich finde tatsächlich doch, dass es gut geschrieben ist. Daran, dass ich es auf englisch lese, kann das wohl nicht liegen? Vielleicht ist die Übersetzung schlecht? Oder, Gott bewahre, mein Geschmack? biggrin.gif

Geschrieben von: regenbogen am 30.Jan.2010 - 22:39

ZITAT(Deirdre @ 30.Jan.2010 - 21:48) *
Hm ... ich finde tatsächlich doch, dass es gut geschrieben ist. Daran, dass ich es auf englisch lese, kann das wohl nicht liegen? Vielleicht ist die Übersetzung schlecht?

Keine Ahnung, wie die Übersetzung ist, ich habe es auch auf Englisch gelesen, und ich fand, es liest sich nicht wie ein Roman, ein Stück Literatur, sondern wie ein Dokumentarbericht, bei dem Sprache und Textaufbau gelegentlich holpern. Aber das Buch hat mich trotzdem völlig gepackt und mich lange verfolgt. Es gibt inzwischen einen zweiten Band, dazu habe ich vor ein paar Jahren http://kueche.lesbenforen.de/iv/index.php?showtopic=8336geschrieben. Den zweiten Band gibt es mittlerweile [isbn="3896561561"]auch auf Deutsch[/isbn].

Geschrieben von: Deirdre am 31.Jan.2010 - 10:12

Der sprachliche Ausdruck, auch in der von Dir beschriebenen Eigenart, Regenbogen, macht dieses Buch sehr authentisch für mich. Von daher ist das, was Du als Schwäche siehst, für mich vom Literaturkritischen her gerechtfertigt. (Das ist wohl der Grund, weshalb ich das Buch trotz allem auch im Schreibstil und Aufbau als sehr gut empfinde.)

Wie auch immer, mich hat das Buch ebenfalls vollkommen gefesselt, es ist sehr bereichernd für meine Gefühls- und Gedankenwelt.

Geschrieben von: Sägefisch am 31.Jan.2010 - 11:02

Er scheint anfangs seine Nische in B/F-Beziehungen gefunden und sich damit auch identifiziert zu haben. So wie ich das verstehe hat der Begriff "stone butch" aus dem Originaltitel damals u.a. solche Grenzgänger bezeichnet(?).

Der Weg hin zur TG-Identität und Angleichung musste damals sicher selbst gefunden werden, das war weder medienpräsent noch mal eben beim Facharzt zu erfragen.

Geschrieben von: sonnenstrahl am 31.Jan.2010 - 12:14

ZITAT(Deirdre @ 30.Jan.2010 - 21:48) *
Hm ... ich finde tatsächlich doch, dass es gut geschrieben ist. Daran, dass ich es auf englisch lese, kann das wohl nicht liegen? Vielleicht ist die Übersetzung schlecht? Oder, Gott bewahre, mein Geschmack? biggrin.gif


Es ist schon recht lange her, dass ich das Buch - in der englischen Originalausgabe - in den Händen hatte, und wieder weggelegt habe. Damals gab es den Hamburger Freauenbuchladen noch, ich weiss noch, wo ich damit stand ... Ich hatte zu der Zeit mit Sicherheit noch reichlich unreflektierte Widerstände gegen das Thema, die ich - v.a. vor mir selbst - hinter einer Ablehnung der sprachlichen Form versteckt habe. Wahrscheinlich wäre es mir, mit meiner Kindheits-Geschichte als Seelen-Junge voller schmerzlicher Sehnsucht, als solcher auch äußere Anerkennung zu finden, damals "zu nahe" gegangen. Hätte an alten Schmerz gerührt, mit dem ich noch nicht umzugehen wusste. Andere Themen waren zu der Zeit für mich dran. So habe ich vielleicht was Gefälligeres, Erbaulicheres gekauft, in das ich mich besser einhüllen konnte. Oder einfach etwas Anderes, was mich damals mehr beschäftigt hat.
So viel zum Thema "Geschmack" ... biggrin.gif


ZITAT(Joey @ 19.Jan.2010 - 00:02) *
Dieses Buch hat mich jedenfalls sehr bewegt und mit vielen Gedanken und Fragen zurück gelassen.



ZITAT(regenbogen @ 30.Jan.2010 - 22:39) *
... liest sich nicht wie ein Roman, ein Stück Literatur, sondern wie ein Dokumentarbericht, bei dem Sprache und Textaufbau gelegentlich holpern. Aber das Buch hat mich trotzdem völlig gepackt und mich lange verfolgt.



ZITAT(Deirdre @ 31.Jan.2010 - 10:12) *
... vollkommen gefesselt, ... sehr bereichernd für meine Gefühls- und Gedankenwelt.


Eure Empfehlungen sind für mich Grund genug, es mir demnächst nochmal zu Gemüte zu führen. Und sei es als Dokumentarbericht ...

Geschrieben von: Joey am 04.Feb.2010 - 06:50

Wenn ich eines in den letzten Tagen und Wochen dazu gelernt habe, dann, dass "Butch Sein" und "Femme Sein" sich nicht auf das Äußerliche reduzieren lässt. Es ist eine innere Einstellung und etwas, das irgendwo in Einer steckt und sich nicht zwangsläufig im äußeren Erscheinungsbild wieder finden muss.
Nur als Beispiel: Ich könnte mir die Haare ratzeputz kurz schneiden, anfangen tägliches Krafttraining zu machen, die Wimperntusche und Lippenstifte in der Mülltonne versenken und nur noch in Herren-Jeans und Hemden herumlaufen. Eines würde ich niemals werden - selbst nicht bei allergrößter Anstrengung und einem abgeschlossenen Billy-Regal-Aufbau-Kurs: eine Butch. Vielleicht würdest Du mich dann in der Szene als Eine wahrnehmen, weil ich äußerlich in das Schema hineinpassen würde, das Du aus Deiner Sicht einer Butch zuteilst, aber: ich wäre Keine.
Ist jetzt ein wenig überspitzt, aber vielleicht verstehst Du, was ich damit sagen möchte.

Und gerade das war und ist mir in diesem Thread sehr wichtig und ein großes Anliegen: dass wir nicht in so ein Klischee-Denken verfallen. Nicht mehr dieses "Butches-tragen-Holzfällerhemden-haben-kurze-Haare-und-ein-Faible-für-Baumärkte"-Denken.

Was mich interessiert: wie denken und fühlen Butches? Wie Femmes? Was hat sie zu dem gemacht, was sie sind? Durchläuft man Prozesse? Und warum scheint die B/F-Konstellation die zu sein, die am Meisten in den Köpfen sitzt?

Auf manche Fragen habe ich schon kleine Antworten gefunden, dennoch beschäftigt mich das Thema weiterhin.

Geschrieben von: dandelion am 04.Feb.2010 - 16:51

Mir persönlich wäre ein Weibchen zu klein und ein halber Mann nicht genug. Eine ganze Frau ist mir lieber. Wenn sie Selbstbewußtsein ausstrahlt (sei es der Stolz einer Diva, eines Kriegers oder eines Handwerkers), um so mehr. Das kann sowohl Butch als auch Femme einschließen, denn beide Rollen erfordern eine Frau, die bereit ist, sie aus tiefstem Herzen auszufüllen.

Mit Rückschlüssen wie "sie ist soundso, also erwartet sie von ihrer Frau das gleiche" wäre ich vorsichtig. Die meisten Lesben erwarten in Wirklichkeit von ihrer Partnerin die Fähigkeit, Bauchkribbeln auszulösen, und viele die Bereitschaft, eine Partnerschaft mitzutragen. Nichts weiter. Aber auf dem Weg dorthin verheddern sie sich dann in zahllosen vermeintlichen Zusammenhängen. Fast alle. Ich auch, jedenfalls oft.

Mit einer Frau, die mir zu ähnlich ist, wäre ich nicht glücklich. Mit einer, die zu anders ist, auch nicht. Ich will sie verstehen, bewundern, unterstützen, ihr vertrauen. Sie lieben, weil sie ist, wie sie ist - und das auch dann noch, wenn sie und ich nicht mehr die selben sind wie heute.
Dafür müssen wir uns so ergänzen, daß alles Nötige abgedeckt ist. Uns so nah sein, daß Verständnis möglich ist, und so weit voneinander entfernt, daß die Überraschung, die Neugier, leben darf.

Liebe ist ein Tanz. Ein wunderschöner. Viel zu schön, um verschüchtert in der Saalmitte stehen zu bleiben und sich ängstlich an die Mittanzende zu klammern. Ich will durch den Raum wirbeln in der Symbiose aus Freiheit und Form.

Geschrieben von: McLeod am 04.Feb.2010 - 20:59

Ich finde es spannend, dass ich in Foren desöfteren von aufdringlichen maskulinen Lesben lese und in fast 20 Jahren Lesbentum und zahlreichen Besuchen von Veranstaltungen in zahlreichen Städten und Gemeinden eine handvoll offensichtlicher offensiver Flirts miterleben durfte. Und nur einen erinnere ich als offensichtlich der Beflirteten unangenehm. Jetzt mal abgesehen von den unangenehmen Anmachen, wenn einer eine sturzbetrunkene Frau ans Knie fasst und ins Ohr grunzt "Nun sei doch nichch sssso... ich bin ganz annas allse denksssss." wink.gif
Ich persönlich erlebe meist die jüngeren unter den maskulinen, leicht kerligen Frauen als schüchtern (und darüber gerne (über)betont cool) und die souveräneren (meist schon erfahreneren) als ganz gut in der Lage, die Signale ihres Gegenübers wahrzunehmen.

Aber leider selten im Jive von Butch und Femme, sondern doch eher ganz alltäglich im Discofox mit Mitternachtswalzer. Und das ist am Ende auch ganz gut so, da fall ich Tanzbär weniger auf biggrin.gif

McLeod grüßt herzlich

Geschrieben von: malene am 05.Feb.2010 - 12:06

ZITAT(McLeod @ 04.Feb.2010 - 20:59) *
Ich finde es spannend, dass ich in Foren desöfteren von aufdringlichen maskulinen Lesben lese (...) Ich persönlich erlebe meist die jüngeren unter den maskulinen, leicht kerligen Frauen als schüchtern


Die Erfahrung habe ich auch gemacht, aber ganz unabhängig vom Alter. Je "kerliger" sich eine Frau gab, desto schüchterner erwies sie sich "praktisch". Und dies erfuhr ich sogar in der Intimsphäre. Und umgekehrt, je "weiblicher" eine Frau war, desto energischer handelte sie, wenn es ums "Anmachen" ging. (Dies beziehe ich durchaus auch auf mich). In meiner Erinnerung bleibt meine "frechste" und auf der Horizontalebene dominanteste Partnerin eine Frau, neben der manche der berühmten, auf Vamp gestylten Filmschauspielerinnen der 50-iger Jahre als "unweiblich" verblasst wäre. icon4.gif

Geschrieben von: Fledi am 05.Feb.2010 - 17:05

ZITAT(Joey @ 04.Feb.2010 - 06:50) *
Was mich interessiert: wie denken und fühlen Butches? Wie Femmes? Was hat sie zu dem gemacht, was sie sind? Durchläuft man Prozesse? Und warum scheint die B/F-Konstellation die zu sein, die am Meisten in den Köpfen sitzt?

Auf manche Fragen habe ich schon kleine Antworten gefunden, dennoch beschäftigt mich das Thema weiterhin.


Bescheidene Frage: Wenn ich Dich richtig verstanden habe, bist Du gegen die Verallgmeinerung dieser Dinge. Und nach 100 Beiträgen der Diskussion fragst Du, wie Butches denken und fühlen? Und wie Femmes?
Bewegst Du Dich da nicht selbst in einem radikalen Schwarz|Weiß-Denken, gegen das Du mit dieser Frage selbst gar nicht ankommen kannst, da es einer Verallgemeinerung entspricht, die es gar nicht gibt?
Natürlich gibt es Vorurteile, Klischees, die jedoch aus einzelnen Situationen entspringen. Du für Dich möchtest sicherlich keineswegs mit anderen Menschen in einen Topf geworfen werden, die den gleichen Namen tragen wie Du, oder die wie Du vielleicht den gleichen Beruf haben.

Was hat sie zu dem gemacht, was sie sind? Hm, was hat Dich denn zu dem gemacht, was Du bist? Für die Einen bist Du möglichweise der liebste Mensch auf Erden, für Andere überhaupt nicht relevant und für wieder andere möglicherweise eine große Nervensäge oder eine gute Freundin, oder oder oder. Was hat Dich dazu gemacht? Das Auftreten, was Du diesen unterschiedlichen Menschen entgegengebracht hast. Und genauso ist es bei allen anderen Menschen. Ob das mit Butches oder Femmes zu tun hat? Ich persönlich glaube nicht daran.

Ich mag Autos. Wirke ich deswegen männlich? Wenn ja, warum? Weil irgendein "schlauer" Mensch die Domäne "Autos" irgendwann dem männlichen Geschlecht zugesprochen hat? Nein, für mich sind es lediglich formschöne Dinge, die meiner Leidenschaft nach Mobilität und Schnelligkeit entsprechen.
Ich kann auch ein Regal zusammenbauen. Bin ich deswegen weniger weiblich? Warum? Soll ich das Regal im Karton verstauben lassen, weil ich warten muss, bis sich irgendein Mann aus meinem Bekanntenkreis erbarmt, mir das Ding zusammenzubauen und ich somit dem Image des Weibchens frönen kann? Das ist einfach nicht mein Stil.
Bin ich weiblich, weil ich mich schminke? Warum? Ich bin 31 Jahre alt und habe Falten, die ich mir nicht anschauen möchte biggrin.gif
Oder bin ich femininer, weil ich so schön rumzicken kann? Albern, darüber nachzudenken.

Ich wünsche Dir, dass Du die Antworten findest, die Du suchst. Aber auf manche kannst nur Du selbst die die Antwort geben, weil sie meiner Meinung nach der persönlichen Meinungsfindung unterliegt. Und da ist es eben an Dir die Schublädchen in Deinem Gehirn neu zu stapeln und aufzubauen. Auch wenn das in Deiner Eigenschaft als Vorzeigefemme (so habe ich Dich hier verstanden) Neuland ist. Aber nicht alles, was mit Schubladen zu tun hat, besteht aus Holz. Von daher sollte das für Dich keine Schwierigkeit darstellen smile.gif

es grüßt
Fledi

Geschrieben von: dandelion am 05.Feb.2010 - 21:08

ZITAT(Fledi @ 05.Feb.2010 - 17:05) *
Bescheidene Frage: Wenn ich Dich richtig verstanden habe, bist Du gegen die Verallgmeinerung dieser Dinge. Und nach 100 Beiträgen der Diskussion fragst Du, wie Butches denken und fühlen? Und wie Femmes?
Bewegst Du Dich da nicht selbst in einem radikalen Schwarz|Weiß-Denken, gegen das Du mit dieser Frage selbst gar nicht ankommen kannst, da es einer Verallgemeinerung entspricht, die es gar nicht gibt?
Natürlich gibt es Vorurteile, Klischees, die jedoch aus einzelnen Situationen entspringen. Du für Dich möchtest sicherlich keineswegs mit anderen Menschen in einen Topf geworfen werden, die den gleichen Namen tragen wie Du, oder die wie Du vielleicht den gleichen Beruf haben.

Wir hatten jetzt schon ganz oft das Thema "Butch/Femme ist eine Haltung und keine Schminkschablone".
Da finde ich es legitim und auch spannend, diese Haltung näher zu beleuchten.

Muß ja nicht gleich bis ins Detail "mit welchem Fuß steige ich morgens als erstes in die Schuhe?" gehen. Aber zu fragen, warum sich eine Femme als Femme und warum eine Butch als Butch fühlt, kann durchaus interessantere Antworten zutage führen als ein stupides bis patziges "weil".
Die Existenz von Femmes und Butches gänzlich zu leugnen scheint mir angesichts der Anzahl Mitschreibender aus beiden "Lagern" jedenfalls wesentlich alberner, als die Frage zu stellen, wen was weiblicher macht, wen was männlicher, oder ob Menschen mit sich selbst verfahren dürfen, wie sie möchten.

Geschrieben von: Fledi am 05.Feb.2010 - 21:34

ZITAT(dandelion @ 05.Feb.2010 - 21:08) *
Wir hatten jetzt schon ganz oft das Thema "Butch/Femme ist eine Haltung und keine Schminkschablone".
Da finde ich es legitim und auch spannend, diese Haltung näher zu beleuchten.


Ich auch.

ZITAT
Muß ja nicht gleich bis ins Detail "mit welchem Fuß steige ich morgens als erstes in die Schuhe?" gehen. Aber zu fragen, warum sich eine Femme als Femme und warum eine Butch als Butch fühlt, kann durchaus interessantere Antworten zutage führen als ein stupides bis patziges "weil".


Sehe ich genauso. Nur suche ich nach wie vor das stupide bis patzige "weil". gruebel.gif

ZITAT
Die Existenz von Femmes und Butches gänzlich zu leugnen scheint mir angesichts der Anzahl Mitschreibender aus beiden "Lagern" jedenfalls wesentlich alberner, als die Frage zu stellen, wen was weiblicher macht, wen was männlicher, oder ob Menschen mit sich selbst verfahren dürfen, wie sie möchten.


Verstehe ich jetzt nur bedingt. Dürfen die Schreiberinnen in diesem Thread mit dieser Thematik verfahren, wie sie möchten, ich aber nicht? Meine Aussagen waren weder patzig, noch trotzig, noch die Forengemeinde veralbernd als lediglich in diesem Teil meiner Aussage selbstkritisch.

Geschrieben von: dandelion am 05.Feb.2010 - 22:08

ZITAT(Fledi @ 05.Feb.2010 - 21:34) *
ZITAT
Muß ja nicht gleich bis ins Detail "mit welchem Fuß steige ich morgens als erstes in die Schuhe?" gehen. Aber zu fragen, warum sich eine Femme als Femme und warum eine Butch als Butch fühlt, kann durchaus interessantere Antworten zutage führen als ein stupides bis patziges "weil".


Sehe ich genauso. Nur suche ich nach wie vor das stupide bis patzige "weil". gruebel.gif

Gemeint sind heftige Plädoyers für das Recht jeder Einzelnen, ganz sie selbst sein zu dürfen, mit männlichen wie weiblichen Anteilen. Oder aber für das Femmesein. Oder für das Butchsein.
Leider wird dabei nur selten klar, was denn nun als "femme" oder "butch" wahrgenommen oder gemeint wird. Und so wirkt es für mich manchmal mehr wie ein Streit ums Recht als eine Aussage über die Sache. Was schade ist. Und je nach Vehemenz und Argumentenarmut sicherlich auch mal ins Stupide oder Patzige driften kann.
Nicht als Angriff gegen eine der bisherigen Schreiberinnen gemeint, mehr ein allgemeiner Eindruck - ich könnte nachträglich auch nicht sagen, ob mir das in diesem Thread selbst passiert ist, ist mir gerade auch egal, denn es ist noch weniger Thema hier als das allgemeine Recht auf eigene Persönlichkeit wink.gif

Ich wollt halt ausnahmsweise nicht den ganzen Abend an einem Posting sitzen und hab's kurz gefaßt. Offenbar hat's den Sinn dabei zerlegt. Vergebung.


ZITAT(Fledi @ 05.Feb.2010 - 21:34) *
Verstehe ich jetzt nur bedingt. Dürfen die Schreiberinnen in diesem Thread mit dieser Thematik verfahren, wie sie möchten, ich aber nicht? Meine Aussagen waren weder patzig, noch trotzig, noch die Forengemeinde veralbernd als lediglich in diesem Teil meiner Aussage selbstkritisch.

Äh... ich meinte die Äußerung "Schwarz/Weiß-Malerei" - das war weder von Joey noch von irgend einer anderen beabsichtigt (im Gegenteil, wenn's in die Richtung zu driften droht, kam bisher sofort eine "Kurskorrektur", oft auch von Joey), deshalb habe ich den "Vorwurf" nicht verstanden. Die einzig leidlich plausible Erklärung schien mir, du möchtest äußern, daß es Butch und Femme nicht geben kann, weil wir alle Individuen sind - damit landen wir wieder beim obigen Thema wink.gif
Und wovon sprichst du?

Geschrieben von: Fledi am 05.Feb.2010 - 22:34

ZITAT
Äh... ich meinte die Äußerung "Schwarz/Weiß-Malerei" - das war weder von Joey noch von irgend einer anderen beabsichtigt (im Gegenteil, wenn's in die Richtung zu driften droht, kam bisher sofort eine "Kurskorrektur", oft auch von Joey), deshalb habe ich den "Vorwurf" nicht verstanden. Die einzig leidlich plausible Erklärung schien mir, du möchtest äußern, daß es Butch und Femme nicht geben kann, weil wir alle Individuen sind - damit landen wir wieder beim obigen Thema wink.gif
Und wovon sprichst du?


Davon, dass mir auffiel, dass nichts verallgemeinert werden sollte, nichts schwarz oder weiß gemalt und mich daher die Fragen verwirren, die sich Joey nach 100 Beiträgen der Diskussion stellte. Und da zumindest ich für meinen Teil nicht weiß,was Joey beabsichtigt oder nicht, da ich nicht Joey bin, dachte ich mir, ich spreche sie darauf an um das Geschriebene und Gemeinte von ihr noch einmal für mein Verständnis erfahren zu dürfen. Nicht mehr und nicht weniger. Davon habe ich gesprochen. Dass ich ihr zur besseren Erklärung, wie ich ihre Aussage auffasse meine diesbezügliche selbstkritische Persönlichkeitsbetrachtung entgegenbrachte, halte ich nur für legitim. Bisher bin ich diesbezüglich eben auch noch keines besseren belehrt worden, obgleich ich mir viele Fragen auch selbst stelle.

Geschrieben von: Joey am 05.Feb.2010 - 23:29

Die Fragen stellte ich nicht erst nach 100 Beiträgen, sondern bereits im Eingangsbeitrag. Da sie ein wenig untergegangen sind und mir persönlich zu viel "getanzt" wurde (*), habe ich sie erneut gestellt.

Mir ist sehr wohl klar, dass es nicht nur Butches und Femmes unter uns Frauen gibt (und auch, dass jede Frau etwas "butchiges" oder "femmiges" in sich trägt). Da mich aber gerade diese B/F-Konstellation im Speziellen beschäftigt, möchte ich eben gerne wissen, was die Unterschiede im Denken und Handeln sind. Worin unterscheiden sich Butches von Femmes? Und hierbei geht es mir nicht um Äußerlichkeiten, sondern um die Haltung. Und mich interessiert, ob Diejenigen sich bewusst für etwas entschieden haben, ob sie ausprobiert haben oder ob es einfach eine Entwicklung war.

Es geht mir nicht darum, Jemanden in eine Schublade zu stecken. Und wenn, dann höchstens vielleicht mich, denn als Vorzeige-Femme sehe ich mich sicher (noch) nicht. rolleyes.gif Wobei ich sicher am "noch" arbeiten werde. biggrin.gif



* Zum Tanzen: so schön die Bilder zum Tanz auch waren, ab einem gewissen Punkt war es mir zu viel und zu bildlich. Ich kann nichts mit den einzelnen Tanzrichtungen anfangen und weiß daher nicht, ob der Mambo vom Jive abstammt oder was Basis ist und was Erweiterung.


edit: In mein Köpfchen möchte gerade nicht herein, warum eine Frage nach Butch/Femme gleich schwarz/weiß sein soll. Das wurde hier schon einige Male angesprochen, dabei geht es doch gar nicht darum. Nicht Jede ist eines von Beiden. Nur, wenn mich etwas nicht zur Butch macht, macht es mich ja nicht automatisch gleich zur Femme. gruebel.gif

Geschrieben von: Taxus am 06.Feb.2010 - 10:22

Ich denke, dass es keine Grenzen gibt, sondern ein Kontinuum. Und das nicht nur für das Gesamtkunstwerk des einzelnen Menschen, sondern für jeden einzelnen Aspekt und damit eben auch bezüglich der Zuordnung der Eigenschaften männlich/ weiblich oder butch/femme (nicht gleichzusetzen). Aspekte zum Beispiel wie Geschick und Interesse im Bereich Handwerk/Technik oder Kleidung/Styling/Gestaltung des Heimes, Kampfsport oder Synchronschwimmen, Attraktivität von männlichen und weiblichen Aussehen.. Traditionelle heteronormative Vorstellungen waren da recht klar, und heutzutage ist der Bruch mit solchen Vorstellungen schon fast die Norm in den meisten Gesellschaftschichten und -gruppen. Die Frage ist, ob solche traditionellen Vorstellungen in unseren Köpfen noch so eine Rolle spielen, dass man sich über die Abweichung von diesen Normen definiert oder ob sowieso alles verwaschen und wurscht ist.

Ich vermute, dass es für die meisten Menschen in unserer Gesellschaft normal, unauffällig oder sogar schick ist, wenn man als Einzelperson einzelne diese traditionellen Normen überschreitet. So a la ein Mann der kocht, eine feminine Frau die einen technischen Beruf hat. Wenn aber zuviele Normverletzungen zusammenkommen, wird es komisch und irritierend. Daher denke ich mir, dass die Schublade "butch" die Funktion hat, sich seines "abweichenden Verhaltens" klar zu sein und es bewußt auszuleben, die Schublade "femme" es ermöglicht, die nicht nur traditionell als minderwertig eingeschätzten weiblichen Eigenschaften zu celebrieren.

Damit ist die Frage, wieso eine/r so ist, natürlich noch nicht beantwortet, sondern nur über Gründe spekuliert, warum man diese Schublade für sich verwendet.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 06.Feb.2010 - 11:54

Es geht (glaub ich) weniger um persönliche Eigenschaften als um die Frage wie Lesben miteinander umgehen - in Freundschaften, beim Flirten, innerhalb ihrer Liebesbeziehungen - und wie sie mit den Zuschreibungen der Außenwelt umgehen.

Auch bei Lesben, die sich selbst als schubladenunverträgliches Einzelstück definieren, bringen wechselnde Partnerinnen unterschiedliche Seiten zum Vorschein. Unterschiede und Ähnlichkeiten stimmen sich aufeinander ab und fügen sich zu einem mehr oder weniger harmonischen Gesamtbild. Man pflegt gemeinsame Interessen, kultiviert die Unterschiede, ergänzt und unterstützt sich gegenseitig.

Lesben, die sich der androgynen Mitte verweigern (aus welchen Gründen auch immer) verbindet zumindest die Erfahrung, prinzipiell auf lesbisches Misstrauen zu stoßen. Den einen wird die Weiblichkeit abgesprochen, den anderen das Lesbischsein. Und beiden wird mehr oder weniger offen vorgeworfen, mit "dem Feind" zu sympathisieren. Die einen weil sie sich ja augenscheinlich "für Männer" zurecht machen, die anderen weil sie ja offensichtlich selbst Männer sein wollen.
Und wenn sie dann auch noch als Paar zusammen leben, gelten sie erst recht als Nestbeschmutzer und angepasste Kleingeister.
Und auch für die Heteros sind sie ein Dorn im Auge - denn weder lassen sie sich als nette Mädels von nebenan noch als flottes Dreieraufgebot ins heterozentrierte Weltbild integrieren. Sie sind Konkurrenz und werden meist auch so wahrgenommen.

Niemand sucht sich sowas freiwillig aus. Man lernt damit klar zu kommen oder passt sich an und wird gefälliger.

Geschrieben von: Taxus am 06.Feb.2010 - 17:59

Vermutlich geht es verschiedenen Menschen um Verschiedenes. Ich hatte eine Ausgangsfrage in diesem Thread so im Kopf: Gibt es dieses Rollendenken noch (für mich ein irreführender Begriff) und warum definiert sich eine so oder so. Bei L. Feinberg z.B. meine ich, dass es nicht um eine Rolle geht, sondern u.a. um das Finden einer Schublade, und natürlich auch um eine erotische Kultur. Aber Rolle hat so etwas beliebiges, man kann ja verschiedene Rollen einnehmen und ausprobieren. Feinbergs Protagonist konnte keine Femme-Rolle einnehmen. Schublade ist kein schönes Wort, gender aber als englischer Begriff auch nicht unbedingt sehr erhellend. Es mag natürlich auch sein, dass manche "butch" oder "femme" für sich als eine temporäre Rolle sehen, die Begriffe sind ja nicht geschützt.

Eine "erotische Kultur" wird hier und in zahlreichen Büchern für butch/femme-Paare beschrieben, kann es aber doch auch für femme/femme-Paare, femme/stino-Paare, butch/butch-Paare etc. geben. Mich stört ein bißchen die Überstilisierung oder Überhöhung dieser einen Konstellation. (Natürlich gibt es auch dafür Gründe, ist mir schon klar.)

Geschrieben von: sonnenstrahl am 06.Feb.2010 - 18:18

ZITAT(Taxus @ 06.Feb.2010 - 17:59) *
Eine "erotische Kultur" wird hier und in zahlreichen Büchern für butch/femme-Paare beschrieben, kann es aber doch auch für femme/femme-Paare, femme/stino-Paare, butch/butch-Paare etc. geben. Mich stört ein bißchen die Überstilisierung oder Überhöhung dieser einen Konstellation. (Natürlich gibt es auch dafür Gründe, ist mir schon klar.)



Wer hat das bezweifelt? Wenn ich schreibe "eine erotische Kultur", dann meine ich selbstredend eine erotische Kultur von vielen möglichen. Auch Punk hat Erotik. Oder Hundebesitzertum. Oder Intellektualität. Oder pure Nacktheit. Jeder das ihre (bzw. die ihren), und alles zu seiner Zeit.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 07.Feb.2010 - 11:04

ZITAT(Taxus @ 06.Feb.2010 - 17:59) *
Mich stört ein bißchen die Überstilisierung oder Überhöhung dieser einen Konstellation. (Natürlich gibt es auch dafür Gründe, ist mir schon klar.)


Welche Gründe gibt es denn? Mir ist das nämlich gar nicht so klar. Ehrlich gesagt fällt mir kein einziger Grund ein.
Dass diese Konstellation für mich etwas ganz besonderes ist, ist ja ein persönliches Ding und für den "Rest der Welt" höchst irrlevant.

Dass ich mich trotzdem immer wieder dazu hinreißen lasse, darüber zu schreiben, liegt wohl daran, dass ich diese Thematik von Anfang an als Minenfeld empfunden habe. Lesben (und da schließe ich mich diesmal voll ein) tun sich oft schwer ihre sexuelle Identität zu thematisieren (und damit meine ich nicht das Recht gleichgeschlechtlich zu heiraten, Kinder zu adoptieren und Vorstandsposten zu besetzen - sondern tatsächlich Sex mit Leib und Seele). Wahrscheinlich lässt sich das sogar für Frauen ganz allgemein sagen - nur zieht es bei Heteras eben andere Beziehungsprobleme nach sich, die hier nicht interessieren.

Ich erinnere mich noch gut an meine ersten Schritte, die brennenden Fragen, die Unsicherheit, das Unverständnis und auch den Trotz mit meiner wohlwollenden Begeisterung gegen eine Mauer des Schweigens zu prallen.
Rückzug statt Antworten, Abwehr statt Aufklärung, Arroganz statt Hilfestellung.
Etliche Detonationen, Geständnisse und Erfahrungen später stelle ich nun fest, dass ich ebenso abwehrend reagiere.

Also bewege ich mich nun doch aufs Glatteis und versuche es mit einer Verallgemeinerung:
Wenn ich für die berüchtigte Kommode mit den vielen Schubladen sexueller Identität einen Sammelbegriff vergeben dürfte, wäre es wohl "Verunsicherung".

Nichts beeinträchtigt meine kommunikative Flexibilität so sehr wie Unsicherheit.
Ich ziehe mich intuitiv auf das zurück, was ich am besten kann, was mir Sicherheit gibt, wo ich mich orientieren kann und souverän fühle:
Ich theoretisiere, abstrahiere, metaphorisiere, diskutiere. Ich rede.
Und natürlich finde ich es spannend und anregend, in meiner Schublade auf ähnlich gestrickte Naturelle zu treffen, wortreiche Tea-Parties voller Konjunktive zu veranstalten und munter aus dem Nähkästchen zu plaudern. Es lässt mich meine Unsicherheit vergessen. Es entspannt. Es glitzert. Es kann sogar knistern.
Vieles wäre sicher einfacher, wenn ich Menschen begehren würde, die so ticken wie ich.

Aber "einfach" scheint nicht die Aufgabenstellung zu sein.

Und so zieht es mich seit jeher zu denen, die etwas anderes virtuos beherrschen, was mich extrem verunsichert: Vielsagende Blicke, eine klare Körpersprache, schweigende Indikative, Gradlinigkeit und ein Herz, dass kein Interesse daran hat auf der Zunge getragen und permanent ergründet zu werden.

Es würde mich auch anziehen, wenn es im Prinzessinnenkleid daherkäme. Nur hab ich das bisher noch nie erlebt. Umgekehrt schon: Prinzessinnen im "Jenny-Lynn-Shimizu-Look". Die lade ich auch gern zur nächsten Tea-Party ein - eine leidenschaftliche Affaire wird wohl eher nicht daraus.

Geschrieben von: Liane am 07.Feb.2010 - 11:09

ZITAT(DerTagAmMeer @ 07.Feb.2010 - 11:04) *
Vieles wäre sicher einfacher, wenn ich Menschen begehren würde, die so ticken wie ich.

Das ist für mich der Satz der Woche - vielen Dank! flowers.gif

Geschrieben von: sonnenstrahl am 07.Feb.2010 - 13:16

ZITAT(DerTagAmMeer @ 07.Feb.2010 - 11:04) *
Vieles wäre sicher einfacher, wenn ich Menschen begehren würde, die so ticken wie ich.


Oder wenn die Menschen, die mich begehren, etwas umfassender als punktuell so ticken würden wie ich biggrin.gif .

ZITAT
Aber "einfach" scheint nicht die Aufgabenstellung zu sein.


Dann wär´s ja auch keine Aufgabe mehr, sondern das reine Paradies. Und wir wissen ja, (spätestens seit unsere Freundin, die Schlange, uns daran erinnert hat,) dass wir Menschen was anderes brauchen, um zu spüren, dass wir leben ...

Geschrieben von: pfefferkorn am 08.Feb.2010 - 09:53

kleine einblicke in das enkaufserleben von B-/F-

in http://www.anschlaege.at/

fette Füße & Dünne Bünde

heißt der Artikel, den ich leider nicht direkt verlinken kann -


Geschrieben von: dandelion am 08.Feb.2010 - 11:12

ZITAT(Joey @ 06.Feb.2010 - 12:03) *
Für mich klingt das weniger abwertend, auch wenn Schubladen ihre Daseins-Berechtigung haben. Man stelle sich nur eine Kommode ohne Schubladen vor - es würde das reinste Chaos herrschen und man wäre stets lange damit beschäftigt, die Socken aus den Strings hervor zu fischen. rolleyes.gif

thumbsup.gif Grundsätzlich mag ich Freiheit und Individualität. Sehr sogar. Wenn sie aber so weit geht, daß es keinen gemeinsamen Nenner mehr dafür gibt, was ein Begriff bedeutet, ergeben sich daraus Schwierigkeiten beim Versuch, darüber zu diskutieren - jedenfalls wenn während der Diskussion eine gemeinsame Definition abgelehnt wird... wink.gif
liest sich wie eine Anspielung, ist aber keine - allein schon infolge eines begrenzten Gedächtnisses meinerseits wink.gif

ZITAT(Taxus @ 06.Feb.2010 - 17:59) *
Aber Rolle hat so etwas beliebiges, man kann ja verschiedene Rollen einnehmen und ausprobieren. Feinbergs Protagonist konnte keine Femme-Rolle einnehmen.

Vielleicht bin ich zu wenig Schauspielerin, um dem zustimmen zu können.
Wenn eine Rolle Anforderungen hat, die ich nicht erfüllen kann, kann ich diese Rolle nicht annehmen, auch wenn eine Rolle aus freiem Willen gewählt wird. Wenn eine Tätigkeit erfordert, daß der/die Handelnde eine Rolle einnimmt, kann ich diese Tätigkeit nur in der gewählten Rolle ausüben.
An diesem Beispiel wird der Terminus "Selbstbestimmung" sehr schön klar:
Jeder Mensch hat Grenzen, die für ihn/sie bestimmt sind. Handle ich selbstbestimmt, wähle ich meine Grenzen selbst - aber dran halten muß ich mich trotzdem. Vielleicht relativiert das den Eindruck der Beliebigkeit etwas.

Jedenfalls gibt es Rollen, die einen Menschen ausfüllen, die sich gut anfühlen. Und Rollen, die unangenehm sind, weil sie - wie ein zu kleiner Mantel - nicht passen.
Sooo beliebig ist das Ganze also nicht.

ZITAT(DerTagAmMeer @ 07.Feb.2010 - 11:04) *
Wenn ich für die berüchtigte Kommode mit den vielen Schubladen sexueller Identität einen Sammelbegriff vergeben dürfte, wäre es wohl "Verunsicherung".

thumbsup.gif Überlegung:
Liebe findet da ihren Raum, wo die Faszination des Unbekannten einen Weg findet, mit dem Urvertrauen des Bekannten einherzugehen?
ZITAT(DerTagAmMeer @ 07.Feb.2010 - 11:04) *
Und so zieht es mich seit jeher zu denen, die etwas anderes virtuos beherrschen, was mich extrem verunsichert: Vielsagende Blicke, eine klare Körpersprache, schweigende Indikative, Gradlinigkeit und ein Herz, dass kein Interesse daran hat auf der Zunge getragen und permanent ergründet zu werden.

thumbsup.gif Wüßte ich, was in meinem Gegenüber vor sich geht, wäre die Faszination flöten, es erforschen zu wollen (nichts gegen Flöten, aber trotzdem, ich möchte nicht), oder eher - daran zu freuen, wenn sich doch mal "Innenseite" zeigt.

"Laut" gedacht.

Beim Durchlesen fällt mir auf, daß der Bezug zu B/F eher ein indirekter ist - die Ansätze und Rollendefinitionen führen dann eben dazu, daß B/F eine besonders günstige Konstellation für diese Verschiedenartigkeit in der Sprache ist.
Klar - wenn wir eine besonders wortreich werbende Butch (quasi die Bardin unter den Verehrern) oder eine besonders zurückhaltende Femme dabei haben, erfüllt sich das Prinzip auch umgekehrt, oder für B/B, oder für F/F. Grenzen würde man nicht wahrnehmen, wenn nichts und niemand sich daran machen würde, sie zu überschreiten.
Aber die B/F-Rollen scheinen mehrstenteils nicht mit "Bardin und Burgfräulein" besetzt zu sein.

Oder wie sehr ihr das?

edit: jetzt erst gelesen
ZITAT(Taxus @ 06.Feb.2010 - 10:22) *
Zuordnung der Eigenschaften männlich/ weiblich oder butch/femme (nicht gleichzusetzen).

(Hervorhebung durch mich)
Kann es sein, daß das einer der Knackpunkte in dieser Diskussion ist? Die Gleichsetzung von butch mit männlich und femme mit weiblich, die für die einen selbstverständlich, für die anderen verständlich und für wieder andere totaler Quatsch ist?

Geschrieben von: pfefferkorn am 08.Feb.2010 - 14:42

ja, das scheint mir einer der knackpunkte zu sein -
und dann kommts drauf an, wer warum welcher diese eigenschaften zuordnet -

wenn ich den eindruck habe, eine "behilft" sich mit "eher männlich/vielleicht weiblich", um eine mögliche annäherung zu machen, kann ich besser damit leben, als wenn eine diese (blöden) kategorien als beispiel dafür nimmt, wie einschränkend B/F ist -


wer gucken mag, wie B/F sich witzig und selbstironisch darstellen lässt:
have a look - ich finde die beiden recht witzig und sie definieren sich eben selbst als B/F -
http://lipstickdipstick.blogspot.com/

Geschrieben von: malene am 08.Feb.2010 - 19:28

ZITAT(dandelion @ 08.Feb.2010 - 11:12) *
Überlegung:
Liebe findet da ihren Raum, wo die Faszination des Unbekannten einen Weg findet, mit dem Urvertrauen des Bekannten einherzugehen?


Meiner ganz persönlichen Erfahrung nach: Wir erkennen die Langgesuchte in einer überraschenden Verkleidung (wieder).

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