Druckversion des Themas

Hier klicken um das Topic im Orginalformat anzusehen

Die gute alte Küche - in neuem Gewand _ Politik & Wirtschaft _ nationalismus? ab wann?

Geschrieben von: robin am 05.Nov.2004 - 18:19

wenn ich davon ausgehe, dass alle hier im forum, nationalismus als verwerflich betrachten, bleibt für mich noch die spannende frage offen: Stolz und/oder bewusstsein? Unterscheiden sie sich? Wie? Was finden wir wünschenswert?

Geschrieben von: Bilana am 05.Nov.2004 - 18:29

Es ist für mich zum einen etwas intellektuelles, dass man sich traut gewisse Fragen zu stellen und ihnen nachzugehen. ZB. Was ist das deutsche an der deutschen Kunst? (hat neulich erst jemand gemacht und wurde teilweise dafür zerissen.) Wie sieht die deutsche politische Kultur aus? Was unterscheidet sie von der anderer Nationen?

Es ist aber auch etwas emotionales. Etwas das über das faktische Wissen um den Pass hinaus geht.

Bewusstsein wie es das Wort meint. Ich bin mir bewusst Deutsche zu sein. Bin mir der Bürde der Geschichte bewusst, der Rolle Deutschlands in der Welt Aber auch natürlich positiver Seiten. Unsere Demokratie, die ich ziemlich gut finde. (Muss sie dazu nicht erst mit der us-amerikanischen vergleichen.) Die deutsche Aufklärung und ihre Errungenschaften. (Was wiederum nicht heißt, das die schottische oder französische Aufklärung schlechter gewesen sind...sind halt andere Schulen.)
Ich könnte ewig so weiter machen. Halt das Bewusstsein das auch wir eine Geschichte, Kultur und Tradition haben und sich dazugehörig führeln Bei gleichzeitiger Anerkennung anderer.
Bin mir bewusst, das es sehr deutsch ist, diese Diskussion hier überhaupt zu führen.

Das alles ist Nationalbewusstsein. Und heißt für mich noch lange nicht kritiklos dem eigenen Land gegenüber zu sein.
Stolz ist das Plumpe, das ihr schon beschrieben habt.

Früher habe ich immer gesagt, ich sei Berlinerin, weil ich dachte es ist etwas unwürdiges sich mit Deutschland an sich zu identifizieren. Inszwischen kann ich sagen ich bin Deutsche und dabei lächeln ohne dem gegenüber das Gefühl zu geben seine Nationalität wäre weniger wert.

Ich habe es bei anderen als etwas so natürliches erlebt. Mich würde interessieren, wie nicht-deutsche hier das sehen.



edit: jetzt häte ich fast diesen Thread übersehen.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 05.Nov.2004 - 19:02

als nationalgefühlskrüppel heisst "deutsch sein" für mich eigentlich nur, dass ich es sinnvoll finde, steuern zu zahlen und den vorteil genieße, vor meiner haustür in der einzigen sprache losplappern zu dürfen, die ich wirklich beherrsche.
politisch wäre ich vielleicht lieber stolz, ein grönländer zu sein, kulturell vielleicht lieber ein italiener - möglicherweise - kann es mir aber nicht wirklich vorstellen, also spielt es keine rolle.
überall müsste ich allerdings meine anwesenheit (zumindest vor mir selbst) rechtfertigen - nur in deutschland ist mir ein völlig ambitionsloses weiterleben möglich.
ein eindeutiger passivitätsvorteil - den ich anscheinend zu schätzen weiss.

edit: komma hin, wort weg

Geschrieben von: janis am 05.Nov.2004 - 20:11

Sinnvoll wäre der Hinweise, dass die Diskussion begann im Thread: Feiertagsdebatte ;-)

Ich dachte es ginge darum das Leben, die Kultur und die Identifikation mit einer Nation innerhalb multikulturellen Staaten zu bereden. Denn es gibt jede Menge Menschen in D die seit jahrzehnten hier leben, Griechen,Italiener,Türken etc. in mehreren Generationen schon. Ob sie nun den deutschen Pass haben spielt dabei keine Rolle.

Oder hattet Ihr das anders verstanden Bilana und Robin?

Geschrieben von: blaustrumpf am 05.Nov.2004 - 20:31

Was passiert mit diesem Thread, wenn ich frage, wie Stolz in diesem Zusammenhang definiert/"besetzt" ist?

Ist er das gute Gefühl, das ich empfinde, wenn "die Unsrigen" (oder eine/r davon) auf irgendeinem Gebiet eine herausragende Leistung erbracht hat?
Ist er das warme Gefühl, wenn ich mir sagen kann, ja, es gibt Schatten in und auf meiner Heimat, aber es ist dort besser als in ... (hier bitte beliebige Erbfeinde/Schurkenstaaten/Deppen-Imperien einsetzen)?
Ist er das ein wenig erleichterte Gefühl: Glück gehabt?
Ist er das irrationale Gefühl, selbst eine Leistung erbracht zu haben durch den Zufall der Geburt?
Ist er das alles und doch etwas anderes und vielleicht sogar deutlich weniger?

Ich wohne im Ausland, wo ich allein durch meinen Akzent bereits auffalle und als Ausländerin kenntlich bin. Dass ich nicht in der Heimat wohne, ist Zufall und dem Arbeitsmarkt geschuldet, nicht der Neugier auf fremde Zonen und Klimaten. Zum Thema meines Deutschseins und was es auch für mich bedeuten kann, habe ich einen Text geschrieben, der den Rahmen dieses Threads sprengen würde. Bei Interesse, was sich hinter dem Titel "Ich habe es satt, mich entschuldigen zu müssen" verbirgt, bitte dem http://ingeluett.info/prosa/zeter/satt.htm folgen.

Geschrieben von: janis am 05.Nov.2004 - 22:43

nationalstolz interessiert mich nullkomma null, das ist in meine augen kompletter unsinn!
das muss ich an dieser stelle noch einmal betonen!!!

@blaustrumpf, danke für deinen link

ich bin auch der überzeugung, dass sich die zukunft aus der vergangenheit entwickelt, darum hat die gegenwart die aufgabe sich mit beidem auseinanderzusetzen. darum sind die argumente von zeitgenossen, dass die vergangenheit nun endlich mal vorbei sein soll eher zeichen für vielleicht unlust sich mit unangenehmem zu beschäftigen.

Geschrieben von: LadyGodiva am 06.Nov.2004 - 09:19

Ich beanspruche eine gewisse Landesliebe für mich -
durfte gestern einmal mehr durch deutsche Lande reisen und wiederholt fest stellen, dass es doch ein schönes Land ist, von dem ich einen Reisepass besitze.
Desweiteren mache ich meine Heimatseeligeit an den dunklen Wipfeln, dem kalten "Böhmischen" und den moddrigen Seen meines Geburtsortes fest.
Das alles ist Liebe, eine Liebe die nach meiner Vorstellung fast endlos ist, eine leistungsunabhänigige Liebe.
Stolz ist leistungsabhängig. Wenn eineR als "pars pro toto" leistung für eine Nation erringen soll, ist Stolz totlitaristisch. Wenn der Stolz in den Köpfen einer Nation unter "naturgegebenen", zufällig über den Globus verteilten Umständen auftaucht und die Liebe verdrängt, ist es die absurdeste Form, ist es unreflektierter, pseudogerechtfertigter Chauvinismus. Blanker Irrsin also.

Geschrieben von: robin am 06.Nov.2004 - 10:02

@janis: entschuldigung, dass ich den hinweis vergessen habe! Ich denke, wir können uns über das thema mehrgleisig unterhalten. Die meisten im forum sind deutsche und man kommt nicht um die eigene meinung umhin, was die zugehörigkeit zu deutschland für jede bedeutet. Erst dann können wir es in zusammenhang mit der multikulturellen gesellschaft diskutieren.
Was mich angeht... oh, es ist wirklich sehr kompliziert! Ich finde das thema zwar sehr interessant, aber ich habe noch nie darüber 'geschrieben', nur geredet. Und das ist ein unterschied! rolleyes.gif Mir fällt dazu SOVIEL ein, dass ich nicht weiß, womit ich anfangen könnte... Vielleicht so rum: Ich empfinde die meisten deutschen als 'unglücklich-deutsch', so nach dem motto: Ich bin deutsche, leider...
Und die gesamte d. gesellschaft strahlt diese bewusste oder unbewusste einstellung aus. Das macht das leben für immigrantInnen in diesem land sehr schwer, wie sollen wir ein positives bild deutschlands bekommen und auch verinnerlichen, wenn seine einheimischen das nicht haben? Beispiele dafür habe ich karrenweise, vor allem im vergleich zu anderen einwanderungsländern (wo zb. immigrantInnen besser und schneller die landessprache lernen....) Aber wie gesaagt, ich denke, es ist ein riesiges thema, sehr verzweigt... lass es uns langsam und ruhig angehen, es wird sich mit jedem beitrag ein stückchen weiter entwickeln. smile.gif
P.S. Ich wollte diesen thread schon vor monaten eröffnen, aber er schien mir... zu heikel. Ich kannte die forumsgepflogenheiten nicht gut genug und wollte 'katastrofen' vermeiden! wink.gif

Geschrieben von: Sägefisch am 06.Nov.2004 - 11:33

Ich glaube, "unglücklich-deutsch" ist nur wer immer jemanden braucht der sagt wo es langgeht und wie man es zu machen hat. Die alten Rezepte für Nationalbewußtsein greifen bei uns aus guten Gründen nicht, und viele scheinen nicht zu begreifen daß gerade das eine Chance ist, ein unaggressives Heimatgefühl zu entwickeln.

Überall wird bemängelt daß uns seit ´45 die Traditionen fehlen, also warum nicht welche wachsen lassen, anstatt dummes Zeug aus der Mottenkiste zu holen, das schon früher nicht funktioniert hat?

Ich für meinen Teil bin froh und dankbar, in einem aufgeklärten und wohlhabenden Land zu leben und ich denke auch, daß ich hier von meinem Gemüt her richtig bin.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 06.Nov.2004 - 12:12

QUOTE (robin @ 06.Nov.2004 - 10:02)
Ich empfinde die meisten deutschen als 'unglücklich-deutsch', so nach dem motto: Ich bin deutsche, leider...
Und die gesamte d. gesellschaft strahlt diese bewusste oder unbewusste einstellung aus.

das hört sich für mich so an, als würde den in deutschland geborenen die identifikatorische begeisterung leichter fallen, wenn sie sich zu einem anderen land bekennen dürften.
mir kommt es allerdings so vor, also würde man hierzuland mit dem nationalstolz anderer nationen genauso wenig anfangen können.
blaustrumpf's interpretation
QUOTE
Ist er das gute Gefühl, das ich empfinde, wenn "die Unsrigen" (oder eine/r davon) auf irgendeinem Gebiet eine herausragende Leistung erbracht hat?

fand ich sehr hilfreich, weil sie auf so viele soziale gefüge bezogen werden kann.
und ausser dem fussball fällt mir kein bereich ein, in dem deutsche bereit (oder in der lage) sind, in punkto "gemeinschaftsgefühl" sonderlich aus sich heraus zu gehen.
dass diese zurückhaltung die gefahr birgt, in ihr gegenteil umzukippen, ist tragisch. allerdings möchte ich solche fälle lieber als ausdruck eines mangels an sozialer anerkennung interpretieren und bezweifle, dass mehr "freierlichkeit", "emotionaltiät" und "symbolik" dieses manko ausgleichen könnte.
aber wahrscheinlich irre ich mich da wirklich.

Geschrieben von: crimson day am 06.Nov.2004 - 15:46

Ich habe vor einer langen zeit folgende aussage gehoert: “ja, ich bin stolz ein(e) [beliebiges einsetzen] wenn stolz-sein nicht besser-sein als andere bedeutet”. Damals fand ich diese aussage auf anhieb gut, heute sehe ich das etwas differenzierter.

Stolz kann frau nicht aufgrund des puren seins empfinden, diesem gefuehl muss eine leistung, eine bewusst ausgefuehrte positive handlung vorausgehen. kann ich dann also vom stolz in der frage nach der einstellung zu einer bestimmten nation sprechen? Nein, kann ich nicht, denn ich sage auch nicht, ich habe mich als polin geboren, sondern ich wurde als solche in die welt gesetzt. Es ist ein zufall, wie ihn der groesste stochastiker nicht gesehen hat, von der jeweiligen person unabhaengig.

Ich kann aber auf etwas stolz sein, was ich selbst geleistet oder zu dessen entstehung ich beigetragen habe. Doch dann ist der begriff des stolzes unzertrennlich mit dem des besseren verbunden. Das erscheint uns natuerlich und voellig akzeptabel, da der stolz nur ein resultat einer handlung ist. Geht der stolz jedoch aus einer zufaellig auftretenden situation hervor, so wirkt er anstoessig. Beispiel: auf ein vom selbst verdientem geld gekauftes auto kann und darf ich stolz sein, auf einen zum achtzehntem geburtstag geschenkten sportswagen dagegen nicht. Ich kann mich ueber ihn nur freuen. So koennt ihr euch auch nur darueber freuen, in diesem land zu leben, solange ihr nicht am wirtschaftswunder beteiligt wart oder goethe heisst. Doch genauso wie ihr kann auch ich mich als nicht-deutsche dessen erfreuen. Stolz ist meiner meinung in diesem themenfeld ein missbrauchter, verfehlter begriff, weil ich, wie oben schon gesagt, auf einen zufall nicht stolz sein kann. Auch nicht auf etwas, was von anderen geschaffen worden ist, und zwar ehe ich eine eizelle war.

Mit freundlichen gruessen

cd

Geschrieben von: megan am 06.Nov.2004 - 18:26

hallo cd,

eine schöne darstellung.

ich selber sehe das jedoch noch ein klein wenig differenzierter.
natürlich ist meine geburt hinein in diese volksgemeinschaft ein zufall, ich habe nichts dazu beigetragen, dennoch handelt es sich beim stolz auf die nation um ein phänomen von stolz auf die leistungen einer gemeinschaft, der man sich zugehörig fühlt.
insofern ist es bei vorhandensein eines solchen identitätsgefühls möglich, auf die geteilten leistungen stolz zu sein.
als deutsche staatsbürgerin bist du durch deine eigenen leistungen, im beruflichen, sozialen, vielleicht sogar künstlerischen bereich ein mosaikstein im gesamtgefüge derer, die durch ihren pass und/oder allein durch ihr gefühl und ihren wohnort bestimmen, was dieses spezielle volk nach außen (wie auch nach innen!) hin dastellt.
des weiteren prägst du ja auch durch deine politischen entscheidungen (wahlen) die legislative landschaft mit, selbst, wenn du nicht aktiv tätig bist.
insofern denke ich, muß man sich am begriff des national-stolzes nicht stossen, sofern er nicht mißbraucht wird als propagandistische hetze.

ein kleines beispiel noch zur verdeutlichung :

du bist meinetwegen mitglied in einem verein, einem theater, einer gruppe von freunden, auch dort kann stolz auf die leistungen anderer u/o gemeinsam erbrachte erfolge empfunden werden.

ps : ich hoffe, es wird deutlich, daß ich in meinem verständnis von national-stolz ebenfalls multikulti-aspekte problemlos eingebunden sehe.

Geschrieben von: Akane am 06.Nov.2004 - 21:09

Ich finde, es ist nichs Besonderes, dass es in vielen Staaten auch viele Menschen gibt, die "Stolz sind, ein/eine ... zu sein" Da darf es sein, also bei uns auch und es nichts dagegen einzuwenden, solange es als "nicht besser sein als andere bedeutet" wie es schon CD prima dargestellt hat.
Ausserdem ist es eine Frechheit, wenn bei Meinungsäusserungen eine Person die andere als "Fascho" oder ähnlich bezeichnet. Ist mir wenige Male passiert, nur weil ich mich mit gewissen Personen nicht einlassen will.
Um es klar zu sagen, auch wenn ich es lieber für mich behalten möchte: Es sind Männer, die mich als Sexobjekt betrachten und die kriegen eine Abfuhr, da ist es mir scheissegal, welcher Nationalität sie entstammen.
Eine meiner besten Freundinnen schimpft nur allzgerne über ihre türkischen Lands"Männer" und bei dem was ich erlebe, gebe ich ihr nur allzugerne Recht...
Das sind aber Erfahrungen, die nichts mit Nationalstolz zu tun haben und sooo toll finde ich unseren Staat und unsere Gesellschaft nicht.
Aber ich finde auch, Crimson Day hat es schön und treffend dargestellt.



Geschrieben von: st.george am 07.Nov.2004 - 13:07

mit nationalstolz hab ich auch so meine schwierigkeiten, aber ich muß zugeben, daß mir schon der kamm schwillt, wenn irgendwelche teenies meinen, bei fußballspielen mein banner (deutschlandfahne mit 'turbine'-aufschrift, weil es hin und wieder auch bei länderspielen verwendung findet) abhängen zu müssen (ist ja ach so böse nationalistisch) oder mir 'nie wieder deutschland' entgegenbrüllen (vermutlich aber sämtliche annehmlichkeiten dieses unseres landes als selbstverständlichkeit betrachten). diese unreflektierte anti-deutschland haltung ist doch mindestens genauso suspekt. so denke ich schon, daß es einiges in diesem land gibt, auf das man stolz sein kann, seien es nun vergangene verdienste um die kunst, daß hier eines der ersten sozialstaatssysteme eingeführt wurde, der wiederaufbau nach dem krieg, die relativ schnelle wende zur demokratie, die auseinandersetzung mit der eigenen vergangenheit, die hier so kritisch wie in kaum einem anderen land betrieben wird, oder die gewaltfreie art und weise, mit der mauerfall und wiedervereinigung herbeigeführt wurden. oder aber einfach nur, daß hier politiker ohne ansicht ihres privatlebens gewählt werden und derjenige der mit kreuzzügen liebäugelt und religiös verbrähmte populistische politik auf dem rücken von minderheiten betreibt eben nicht die meisten stimmen bekommt. also - stolz eine deutsche zu sein bin ich nicht, ist das doch eher ein biologischer zufall. aber auf dieses land und was es - bei allen dunklen kapiteln der vergangenheit und allen problemen der gegenwart - geleistet hat und wofür es steht bin ich schon hin und wieder stolz.

grundsätzlich ist es - glaube ich - wichtig, die richtige mischung aus 'wir-gefühl' und offenheit nach außen zu finden.

nadine

Geschrieben von: robin am 07.Nov.2004 - 15:50

ich habe die beiträge nach meinem interessiert gelesen und bin der meinung, dass es ua. auch eine generationsfrage ist. In meiner generation ist ein verhältnis zu nationalität sehr vertrackt, meistens 'schizophren'... einerseits ist man ganz froh, in DEM land geboren worden zu sein, anderseits schämt man sich dafür. Und die deutschen menschen meiner generation (50er) gehören oft zu dieser kategorie. Ich habe (fast) nur solche erfahrungen gemacht und war verblüfft! Egal worum es geht: Die deutsche sprache - zu hart, die deutsche küche - zu fett, die deutsche landschaft - zu 'geradegebogen' , das deutsche wetter - zu kalt, die deutschen allg. - auch zu kalt, temperamentlos, ungastlich usw usf. Und wenn ich der meinung bin, dass man geliebt wird, wenn man sich selber liebt... dann finde ich, dass deutschland von ZUVIELEN seiner Immigranten nicht besonders geliebt wird. Kein wunder. Es wird den Immigranten kein positives, sinnlich-freudiges gefühl des eigenen landes vermittelt, sondern meckern, meckern, scham und schande, und immer wieder meckern. Das ist für mich eine der verquickungen zwischen nationalgefühl (schief&krumm) und seiner auswirkung in der 'multikulturellen gesellschaft'.
@akane: Was du über südländische männer, die dich als fascho beschimpfen, weil du nicht willig bist... ist eigentlich ein ganz anderes thema. (Ich nehme an, du meinst 'südländer', oder? Ich persönlich würde 'besoffene nordländer auch dazu zählen... deutsche, dänen, schweden, finnen.....)

Geschrieben von: janis am 08.Nov.2004 - 08:26

Kennt ihr das?

Es sind noch mindestens 2 Stunden bis Tagesanbruch und du liegst wach im Bett. Die Gedanken beginnen zu arbeiten und offene Fragen kommen und finden in diesem Zustand zwischen Nacht und Tag eine Entscheidung.
So ging es mir heute morgen, sodaß ich den Tag dann sofort begann hausintern einige Weichen zu stellen.
In dieser Zeit ging mir dann auch diese Debatte im Kopf herum.
Während den letzten Beiträgen mußte ich innehalten. Viele Gedanken bewegten sich kritisch um dieses Thema, jedoch noch ohne sie sortieren zu können.

Ich will versuchen sie nun auf den Punkt zu bringen mindestens jedoch einzukreisen:

Aussagen über einzelne Nationalitäten und ihre spezifischen Charakterer betrachte ich mit großen Zweifeln, weil sie pauschalisieren.
Natürlich kenne ich das selbst auch, und empfinde eine Vorliebe/Abneigung zu bestimmten Nationalitäten, auf Grund persönlicher Erfahrungen mit einzelnen Menschen dieser Nationalitäten. Es gibt Länder, die ich nicht bereise deswegen.Und es gibt Länder,wo ich mir schon vorgestellt habe zu bleiben und dort zu leben.

Aber ich bin der Meinung, dass eine Debatte, wie wir sie begonnen haben über solche Befindlichkeiten und solche Charakterisierungen hinausgehen muss.
Was ich nebenbei nicht so recht verstehe ist, warum diese Debatte typisch deutsch sein soll.

Als ich mit den Leuten in Italien zB. eine zeitlang lebte erfuhr ich viele "Internas", wie sie zu ihrem Land stehen und was sie daran kritisieren. Da gab es genauso kritische Auseinandersetzugen mit der Politik, mit der bürgerlichen Gesellschaft usw.
Nichtsdestotrotz liebten sie ihre Berge, ihre Flüsse und ihre Mütter und Väter.
So wie ich unsere heimischen Obstbaumwiesen und den Dialekt.
Die deutsche Sprache vermag vieles nicht auszudrücken in der Weise wie es in anderen Sprachen möglich ist.
Die deutsche Sprache ist aber andererseits eine sehr schöne Sprache, in
der ich wunderbare Bücher lese, selbst schreibe und philosophiere.

Fremd ist der Fremde in der Fremde und fremd kann sich jemand auch fühlen in der Heimat.

In blaustrumpfs Text befindet sich ein versteckter Hinweis auf den Dichter Hölderlin, der in seinen Worten sich äußerte über die Fremdheit im eigenen Land (Brief, Hyperion an Bellarmin).
Das Leiden war groß, denn auch er liebte sein Land, weiles seine Heimat war.
Ich erinnere mich an Wolf Biermann, der ebenso ein großer Kritiker der DDR war, aber auch nie einen Hehl daraus machte wie sehr er sein Land liebte.

Als Einwanderer in D wird immer eine Sehnsucht nach der Ursprungsheimat bleiben und immer ein Stück Fremdheit. (Welches ist denn dein Land robin?)

Zum Einen besteht durch die Völkervermischung, die wir hier in D haben bei vielen Leuten das Bedürfnis nach dem Erhalt und aber auch eine Notwendigkeit der Integration, geistig, kulturell ,politisch und sozial.

Für mich scheinen alle Dinge,die sich weiterhin damit beschäftigen Trennungen aufzubauen, nicht die konstruktive Richtung zu sein.

janis

edit: Hölderlin richtig benannt

Geschrieben von: Bilana am 08.Nov.2004 - 09:27

QUOTE
Kennt ihr das?

Es sind noch mindestens 2 Stunden bis Tagesanbruch und du liegst wach im Bett.


Göttin behüte, nein! laugh.gif


QUOTE
Aber ich bin der Meinung, dass eine Debatte, wie wir sie begonnen haben über solche Befindlichkeiten und solche Charakterisierungen hinausgehen muss.
Was ich nebenbei nicht so recht verstehe ist, warum diese Debatte typisch deutsch sein soll.


Beim ersten gebe ich dir völlig recht. Aber wie willst du über das (deutsche) Nationalbewusstein innerhalb einer multikulturellen Gesellschaft sprechen, wenn nicht klar ist, was das (dt.) Nationalbewusstein ist?
Und ich finde die Debatte schon ziemlich deutsch, so wie den Ursprung dieser Debatte hier. Nämlich der Versuch den 3. Oktober als festen Feiertag abzuschaffen. Würde es so etwas in Frankreich, USA, Indien, Japan,... geben? Ich denke nein.


Robin hat es, finde ich sehr treffend formuliert, dieses diffuse Gefühl, das ich habe. Das es in diesem Land ein kollektives unglücklich sein darüber gibt deutsch zu sein.

Ich will noch einmal (obwohl ich es schon habe) sagen, das für mich zwischen Nationalstolz und Nationalbewusstsein Welten liegen. Nationalbewusstein kann ich auch nur annähernd umreißen. Es ist sehr schwer. Weiß aber, dass es nichts mit dem Wiederbeleben von Deutschtum oder sonstigem staubigem Zeugs ist.
Für mich ist es etwas Neues. Für mich persönlich ist es etwas positives. Und ich vertreten die These, dass es eine kollektiv positive Einstellung zur Nationalität im Land geben sollte. Es würde dazu beitragen, die Aufgaben, die vor uns als Nation liegen zu meistern. Von der Hartz IV Problematik bis hin zur sinnvollen Integration von Migranten. Das fand ich übrigens noch einen sehr interessanten Punkt, den robin angesprochen hat. So Paradox es klingen mag, das mangelnde Nationalbewusstsein ist bei der Integration von Ausländern hinderlich.

QUOTE
mir kommt es allerdings so vor, also würde man hierzuland mit dem nationalstolz anderer nationen genauso wenig anfangen können.


Ja, weil einfach das Konzept von Nationalbewusstsein emotional nicht bekannt ist. Das nachvollziehen geschieht doch oft durch hineinversetzten. Und wenn ich unterschwellig unglücklich bin Deutsche zu sein, dann kann ich auch nicht verstehen wie zB Briten empfinden. Weil dazu stelle ich mir vor Britin zu sein und dieses Positive Gefühl gegenüber GB zu haben, was nicht gelingen wird.

Grüße
Bilana

Geschrieben von: Rieke am 08.Nov.2004 - 13:42

Nationalstolz? Nationalismus?

Ich habe es damit ein wenig schwer, ich bin in Deutschland geboren, weltweit aufgewachsen und dann irgendwann wieder zurück nach Deutschland gekommen und hier geblieben.

Ich habe so meine Schwierigkeiten mit dem Stolzsein, wenn es nicht Dinge sind, die ich selbst geschaffen habe.

Ok, ich mag die klassische Musik von Wagner, Bach u.a., aber warum soll ich stolz darauf sein?
Ich lese Goethe, Schiller, Lessing, Gras, Lenz etc., aber warum soll ich stolz darauf sein?
Ich fahre durch Deutschland, erfreue mich am Rhein, an der Donau, sitze auf dem Kreidefelsen auf Rügen und schaue über das Meer... aber warum soll ich stolz darauf sein?
Ich blicke zurück auf die Vergangenheit, den 1. und 2. Weltkrieg. Ich betrachte unsere heutige Politik. Ich schaue auf Deutschland und wo es jetzt steht... warum soll ich stolz darauf sein?
Ich schlage die Zeitung auf, lese von Hartz IV, dass Herr Eichel den Tag der Deutschen Einheit streichen möchte, dass Skins am Sonntag Abend auf einem S-Bahnhof einen ausländischen Jugendlichen halb tod geschlagen haben... warum soll ich stolz darauf sein.

Faszit, ich bin deutsch, weil ich in Deutschland geboren wurde. Es hätte eben so gut Frankreich, Griechenland, Brasilien, Afrika sein können.
Warum soll ich stolz auf eine Zugehörigkeit zu einer Nation sein, die nur etwas mit dem damaligen Lebensabschnitt meiner Eltern zu tun hatte?

Faszit: Ich bin nicht einmal stolz darauf ein Mensch zu sein!
Aber ich bin stolz darauf, ich zu sein!

Geschrieben von: Akane am 08.Nov.2004 - 22:37

QUOTE (robin @ 07.Nov.2004 - 15:50)
@akane: Was du über südländische männer, die dich als fascho beschimpfen, weil du nicht willig bist... ist eigentlich ein ganz anderes thema. (Ich nehme an, du meinst 'südländer', oder? Ich persönlich würde 'besoffene nordländer auch dazu zählen... deutsche, dänen, schweden, finnen.....)

Hallo Robin smile.gif

da hast du mich missverstanden oder ich mich missverständlich ausgedrückt.
Ich meinte:
Männer, die mich als Sexobjekt betrachten, die kriegen eine Abfuhr, da ist es mir egal, welcher Nationalität sie entstammen.

Männer mag ich allgemein nicht, bis auf wenige Ausnahmen. Dafür mag ich Frauen, egal welcher Herkunft.

Ich bin nicht stolz auf den deutschen Staat und die deutsche Gesellschaft, dafür gibt es hier viele verschiedene schöne Landschaften und Orte, also das Land Deutschland mag ich. Zur Zeit bin ich auch nicht besonders stolz auf mich. Bin aber allgemein überhaupt nicht angetan von der Menschheit.
Und stolz auf die Herkunft a11.gif nö, aber auf das, was Mensch tut und beiträgt...
so auch viele viele Schriftstellerinnen wie Paula Volsky, J.V. Jones, Marion Z. Bradley, Jennifer Roberson,... auf ihre Werke.

Geschrieben von: Bilana am 09.Nov.2004 - 07:59

Hi Akane, wäre es möglich beim Thema zu bleiben?

@Rieke: Interessant, das du auf den begriff Nationalstolz eingegangen bist, ohne den Begriff Nationalbewusstsein zu beachten oder eine von robins Fragen zu beantworten. sleep.gif

Geschrieben von: Rieke am 09.Nov.2004 - 09:36

QUOTE (Bilana @ 09.Nov.2004 - 07:59)
Hi Akane, wäre es möglich beim Thema zu bleiben?

@Rieke: Interessant, das du auf den begriff Nationalstolz eingegangen bist, ohne den Begriff Nationalbewusstsein zu beachten oder eine von robins Fragen zu beantworten.  sleep.gif

Sind Nationalbewusstsein und Nationalstolz nicht unmittelbar miteinander verknüpft? Ich finde schon!

Aus dem Bewusstsein gemeinsamer Abstammung, Sprache, Kultur oder Heimat erwachsendes Zugehörigkeitsgefühl zu einer bestimmten Nation und dem damit verbundenen Stolz auf die "erbrachten Leistungen" der Nation.

Tja, damit kann ich nicht dienen. Ich verspüre diese Zugehörigkeit nicht, habe keine Wurzeln in dieser Nation. Ich könnte in jedem Land leben, in dem eine Demokratie herrscht und ich mich verwirklichen könnte. Wobei ich wenn von Wurzeln die Rede wäre, diese eher im mediterranen Bereich finde.

Geschrieben von: Bilana am 09.Nov.2004 - 10:05

QUOTE
Sind Nationalbewusstsein und Nationalstolz nicht unmittelbar miteinander verknüpft?


Finde ich überhaupt nicht. Sicher kann Nationalstolz nicht ohne Nationalbewusstsein existieren.
Aber kann nicht Nationalbewusstsein auch ohne Nationalstolz existieren. Ich denke ja!
Führt Nationalbewusstsein immer zu Nationalstolz? Ich denke nein!

Es haben sich ja hier schon einige bemüht das zu differenzieren.

Geschrieben von: blue_moon am 09.Nov.2004 - 13:00

ich kann mit den beiden begriffen nationalbewusstsein und nationalstolz nicht allzuviel anfangen, für mich sind beide negativ besetzt. das heisst nicht, dass ich nicht froh bin, deutsche zu sein und in deutschland zu leben. ich bin aber auch nordrhein-westfälin und ruhrgebietlerin - und das genauso gern. und einen gewissen lokalpatriotismus kann ich gelegentlich auch entwickeln. ich bin in einer zeit grossgeworden, in der sich deutsche zum ersten mal auf breiter ebene kritisch mit dem 3. reich auseinandergesetzt haben, und ich bin ziemlich sicher, dass dies ein grund ist, warum mir das 'national' so fremd geblieben ist. es ist nicht so, dass ich die geschichte immer noch als belastung empfinde. ich hab mich zur genüge damit auseinandergesetzt und finde, es gibt verdammt viele gründe, sich als deutsche nicht mehr darauf reduzieren zu lassen. wenn ich etwas als gelungen finde, dann die empfindlichkeit weiter teile der deutschen bevölkerungen gegenüber rechten idiologen, dumpfen stammtisch-parolen und hetzerischer kriegstreiberei.

die idee 'europa' gefällt mir - und das gar nicht nur aus wirtschaftlicher sicht, sondern wegen des gemeinsamen, das entsteht. grenzen habe ich immer schon als unnatürlich empfunden. und der abbau derselben ist in meinen augen was sinnvolles und versöhnliches.

kulturell find ich es fast durchweg bereichernd, wenn sich nationale identitäten kennenlernen und ein miteinander entwickeln. und das gilt nicht nur für currywurstessende italienerinnen wink.gif und deutsche pizza-, döner-, sushi- oder gyros-liebhaberinnen. allerdings sehe ich auch, dass viele chancen, sich anderen kulturen zu nähern, zwar im urlaub gern genutzt werden, vor der eigenen haustür allerdings zum erliegen kommen. dabei wäre hier die kommunikation und die chance, zu verstehen, hier viel eher gegeben als im urlaub.

Geschrieben von: janis am 09.Nov.2004 - 13:49

hallo ,

ich kann einfach auch nicht mit einem bezug zu nationalbeswußtsein dienen, war nicht in meiner muttermilch drin. hängt sicher damit zusammen, dass in unserer familie die folgen des 2.wk jeden tag präsent waren (mein vater wurde damals schwer verwundet.schädel-hirn-trauma) von daher herrschte ein kritischer dialog.
und ich vermisse da auch gar nichts. ich halte es für sinnvoll über die zuneigung zu seinem Geburtsland hinaus einen liebevoll kritischen abstand zu halten.
was suchst du in einem begriff wie nationalbewußtsein bilana, denn wenn ich dich richtig verstanden habe ist es auch für dich eine neue seite und ein weg, den du gerne beschreiten würdest, ihn aber noch nicht kennst.

ich benötige diese haltung "nationalbewußtsein" nicht, und was ich eben verstäkt denke ist, dass in einer multikulti gesellschaft eben nicht dinge wie nationalbewußtsein zählen sondern die gemeinde, diegemeinschaft, offenheit gegenüber fremdem und so weiter.

ich habe mich immer unheimlich gefreut wenn ich im ausland war und geraten wurde woher ich komme. es kamen alle möglichen nationalitäten als möglichkeitne in frage. und jemand brachte es mal auf den punkt und sagte zu mir: "you look international".

ich erwähne das nur, weil ich darauf hinaus will, dass nationales denken einfach nicht mehr zeitgemäß ist, die menschen sind aufgefordert, meine ich, sich weltoffen zu entwickeln.

wie auch schon in meinem letzten beitrag will ich deutlich machen, dass wir nicht ein bewußtsein zu unserer heimat aufbauen müssen, um uns von anderen nationalitäten abzugrenzen. im gegenteil, ich liebe andere sprachen meine kirschbäumlein und ich würde das alles gerne auch teilen mit jemand, der ne dunkle hautfarbe hat oder woher auch immer kommt. und würde gern anteil nehmen an den werten anderer.

janis

Geschrieben von: robin am 09.Nov.2004 - 15:53

@janis: 'ich erwähne das nur, weil ich darauf hinaus will, dass nationales denken einfach nicht mehr zeitgemäß ist, die menschen sind aufgefordert, meine ich, sich weltoffen zu entwickeln.' - es klingt schön, aber ich bin der meinung, dass man sich erstmal im klaren über die eigene nationalität sein müsste, bevor man sich als 'weltbürger' empfindet... ich habe angefangen, meine tiefe bindung zum land meiner geburt erst richtig zu spüren, nachdem ich nach D gekommen war. Vorher wollte ich nur weg, ich fand mein land von vorne bis hinten sch...., die menschen primitiv, die küche langweilig und die politik neo-faschistisch (ich war damals 19). Dann saß ich in der provinz von kiel und fing an, den kaffee, die zigaretten, die nahrung, die luft und va. die sprache und die menschen zu vermissen.
Es war EINE QUAL, ich träumte noch in meiner sprache und wachte manchmal nachts auf mit dem gesicht nass von tränen... ich verstand mich nicht, ich hasste mich dafür, für meine sehnsucht, mein beinahes schmachten.
Bis heute, 27 jahren später, will ich meinen pass nicht ändern, wenn ich die wahl habe, kaufe tomaten aus MEINEM land, ... weine ich ein paar tränchen, wenn die mannschaft MEINES LANDES schon wieder die fußballweltmeisterschaft wegen eines elfmeters verliert... und frage mich, WARUM???
Es geht mir nicht um den kopf! Ich hasse nationalismus aus vollem herzen! Und ich bin absolut ehrlich, aber es geht mir um den bauch!! Und das bedeutet, dass beide wichtig sind, und das bindende tiefe gefühl zum geburtsortes für mich etwas 'ur-menschiches' darstellt. Etwas, was ich bei den meisten menschen in D vermisst habe und vermisse. Es wird mir nicht das gefühl vermittelt, dass meine damalige qual sich groß gelohnt hat, es wird mir 'keinen ersatz' angeboten, sondern hauptsächlich verdrossenheit, unverständnis und sogar die regelrechte anbiederung gegenüber anderen ländern und anderen sitten, eine mythologisierung der fremde! (ich bin einmädchen aus pyräus... wenn die sonne über capri... 3 kleine italier.... unsure.gif )

Geschrieben von: janis am 09.Nov.2004 - 18:49

Entschuldige robin, aber ich kann nicht glauben, dass die menschen in D dies nicht besitzen, möglicherweise für dich nicht spürbar, aber es ist garantiert eine täuschung anzunehmen die deutsche bevölkerung empfinde keine liebe zur heimat.

mit südlichem temperament verglichen kommt dieses gefühl wahrscheinlich daher wie ein trockener trollinger ;-)

dtschänis

Geschrieben von: robin am 09.Nov.2004 - 20:46

nein, es kommt in der tat nicht rüber. Auch nach über 2 jahrzehnte nicht, aber vielleicht hat schon mit der vorigen generation zu tun... ich begegne nicht sehr viele junge menschen! Keinesfalls denke ich, dass ich es mir nur einbilde, nicht nach so langer zeit!
PS: 'Südliches temperament' - hier schon ein mystifizierendes bild... und nein, es geht nicht nur mir so, sondern seeehr vielen immigrantInnen, die ich kenne.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 09.Nov.2004 - 22:04

@robin:
dein vorletzter beitrag hilft mir, mehr zu verstehen, welche emotionen du bei deutschen vermisst.
allerdings kommt es mir so vor, als wäre diese "bewusstheit" der eigenen verbundenheit zum heimatland vor allem ein phänomen der distanz.
ähnlich "verliebt" habe ich gegenüber meiner "heimatstadt hannover", der angeblich "langweiligsten hauptstadt deutschlands" fühlen gelernt, als ich mich mit sack und pack im "vor heimatliebe trunkenen köln" wiederfand, das mir so gar nicht heimisch werden wollte. wahrscheinlich würde eine ähnliche sehnsucht nach "deutscher heimat" mich befallen, wenn ich nach italien ziehen würde. bis dahin allerdings bleibt der wald mir hinter lauter bäumen verborgen.

@bilana:
bei der unterscheidung zwischen nationalbewusstsein und nationalstolz würde ich es gern genauso halten wie mit der unterscheidung zwischen selbstbewusstsein und stolz (hochmut?). erstes entspringt einem gefühl der sicherheit, zweites einem gefühl der unsicherheit und kränkung. darum stimme ich deiner vehemenz zu, mit der du diese beiden begriffe unterschieden haben willst.

edit: nix wichtiges

Geschrieben von: janis am 10.Nov.2004 - 08:55

@bilana: ich denke, dass die Notwendigkeit der Differenzierung von ...bewusstsein und... stolz klar zum ausdruck gekommen ist.
allein das wort "national" ist vielleicht die Krücke an der Thematik an sich. Einfach deshalb weil der Zusammenhang und die Assoziation, die damit in Verbindung stehen negativ behaftet sind. Nationales Bewußtsein setzt voraus, dass ich mich mit der Bedeutung, dem Stellenwert, meinem eigenen Standpunkt als Mensch einer bestimmten Nation bewußt auseinander gesetzt habe. Bedeutet,einen
eigenen Standpunkt zum Heimatland gefunden zu haben, der sowohl die Stärken als auch die Schwächen vereint.
Das weicht insgesamt, so glaube ich, völlig ab von dem gängigen Denken in Bezug auf nationale Einstellung.
Ich finde das nach wie vor interessant, wenn auch äußerst schwierig, darüber Klarheit zu erlangen.

@robin: die Sehnsucht nach deiner Heimat kann ich sehr gut nachvollziehen und sie zeigt sich selbst dann, wenn man bloß die Region wechselt.Ich kann auch sehr gut nachvollziehen, dass du als du noch dort warst jede Menge Kritik auf Lager hattest.
Mein Vergleich mit dem südländischen Temperament und dem trockenen Trolinger wollte nicht das eine mystifizieren und das andere als weniger reizvoll darstellen.
Denn der trockene Trollinger hat durchaus seinen Reiz .Für die die ihn kennen, kennenlernen wollen und ihn mögen.
Ich glaube, dass die Mentalität von Bedeutung ist. Der Zugang, damit meine ich die Möglichkeit der Annäherung gegenseitig ist wahrscheinlich auch davon abhängig inwieweit sich verschiedene Mentalitäten überhaupt mögen können.
Inwieweit die Bereitschaft besteht sich gegenseitig kennen zu lernen, zu akzeptieren, zu verstehen. Du schreibst über deine Eindrücke und berichtest von Missmutigkeit "der Deutschen". Ich weiß nicht, aber ich erlebte in allen Ländern, in denen ich war Menschen, die unzufrieden oder froh sind. Und auch hier erlebe ich Menschen anderer Nationen manchmal als sehr sehr nett und manchmal eben auch nicht oder weniger. Ich kann wenig mit Pauschalisierungen anfangen.

In dieser Diskussion sehe ich zum Einen die Frage nach dem Nationalbewußtsein: Was ist das und warum brauchen wir das ?
Zum Anderen die Frage nach der Gestaltung des Lebens, auf allen Ebenen: politisch, sozial, kulturell, etc innerhalb Deutschlands als Einwanderungsland.

Gestern erst sah ich einen Bericht über die Abschottung islamistischer Föderationen in D. Die in D eingewanderten Volksgruppen kochen quasi ihr eigenes Süppchen und bauen sich ihre eigne Welt auf. Dies dient nun keinesfalls der Integration in ein anderes Land. Im Gegenteil, das ist ja gerade überhaupt nicht beabsichtigt.
Und wahrscheinlich ist schon viel zu viel Zeit vergangen ohne, dass eine Integration stattgefunden hat. Es wurde gesagt, dass noch vor 10 Jahren die Aussicht bestand verschiedene Volksguppen hier mit uns zu verbinden. Heute jedoch sieht es so aus, als ob dies völig gescheitert wäre.

Was also ist der Weg?

janis





Geschrieben von: Rieke am 10.Nov.2004 - 14:34

QUOTE
- es klingt schön, aber ich bin der meinung, dass man sich erstmal im klaren über die eigene nationalität sein müsste, bevor man sich als 'weltbürger' empfindet...


Diese Meinung kann ich gar nicht teilen, aber vielleicht liegt es eben daran, dass ich zwar in D geboren bin, aber in meiner "Prägungsphase" in der Welt unterwegs war, d.h., ich bis zu meinem 18. Lebensjahr fast alle 2 Jahren die Stadt wechselte, in der ich lebte, alle 4 Jahre dazu sogar noch das Land, in dem ich lebte.

Jedes Mal eine neue Kultur, eine neue Sprache, neue Menschen...
Vielleicht könnte man mich auch als "wurzellos" bezeichnen.

Sicherlich kenne ich auch das Gefühl, mit der Fußballmannschaft "meines" Landes mitzufiebern oder mit anderen Sportlern. Auch war für mich die Wiedervereinigung Deutschlands ein sehr einschneidendes Erlebnis, welches auch heute noch zu hitzigen Diskussionen führt.

Aber im Zeichen der multikulturellen Entwicklung gerade in einer Großstadt wie Berlin mit ihrem vielfältigen Angebot auf jeglichen Ebenen (Kultur, Restaurants, sozialen Kontakten), sehe ich mein Bewußtsein doch eher als multinational an!

Geschrieben von: Bilana am 11.Nov.2004 - 09:36

Hallo allerseits.

QUOTE
allerdings kommt es mir so vor, als wäre diese "bewusstheit" der eigenen verbundenheit zum heimatland vor allem ein phänomen der distanz.


Das mag sein! Mir erging es zwar nicht wie robin, das sozusagen die Trennung vom Mutterland eine so emotionale Reaktion hervorgerufen hat. Aber ich habe erfahren, wie befremdlich die Menschen auf mein nicht vorhandenes Nationalbewusstsein regiert haben. Am 3. Oktober wollte man mir gar eine Ersatzparty bieten für die mir entgangene grandiose Nationalfeier in Deutschland. Dabei hatte mich der Tag nicht interessiert und in Deutschland gibt es ja auch keine Feier wie in den USA.
Ich hatte bei Diskussionen irgendwann das Gefühl ich müsste mich entscheiden: Weltbürgerin mit Deutschem Pass zu sein oder Deutsche mit einer multikulturellen Weltanschauung.

Bemerkenswert fand ich auch die Begründung, mit der man mir nahe legte die Sprache zu lernen. Nicht (wie in Deutschland) du lebst hier, also musst du unsere Sprache sprechen...warum sollen wir für euch Ausländer immer Englisch sprechen....du willst schließlich mit uns klar kommen, nicht wir mit dir...
Sondern weil die Sprache so schön und interessant ist, so liebenswürdig. Ich sah jedesmal das Leuchten in den Augen der Menschen, wenn ich Sprechversuche gemacht habe. Man lobte mich über den grünen Klee, ermutigte mich, jede® wurde freiwillig und gerne zum Sprachlehrer.

Ich wurde „genötigt“ an religiösen und gesellschaftlichen Zeremonien teilzunehmen ohne das von mit erwartet wurde, dass ich die Werte der Gesellschaft übernehme, dass ich an die Religion glaube. Einfach weil man/frau mir seine/ihre Welt zeigen wollte. Weil man es für etwas sehr gutes hält, ohne es meiner Kultur und meinen Werten überzuordnen. Das war neu für mich.



QUOTE
In dieser Diskussion sehe ich zum Einen die Frage nach dem Nationalbewußtsein: Was ist das und warum brauchen wir das ?
Zum Anderen die Frage nach der Gestaltung des Lebens, auf allen Ebenen: politisch, sozial, kulturell, etc innerhalb Deutschlands als Einwanderungsland.


Ich will nur einige Sachen dazu anreißen. Wie ich in dem anderen Thread schon sagte heißt es ja multikulti und nicht einheitskulti. Was ich damit genau meine: Die Idee des Multikulturalismus sollte nicht mit der Ideologie des melting pot verwechselt oder gleichgesetzt werden.
Ich denke viele Deutsche verwechseln das und handeln auch danach. Deshalb halte ich unsere Gesellschaft nicht für multikulturell. Aber um Multikulturalismus erfolgreich zu leben (ob das erstrebenswert ist, ist sicher streitbar) muss jede kulturelle (ethnische, religiöse) Gruppe ein Bewusstsein über sich als Gruppe haben.
Deutschland ist ja stark föderalistisch. Auch wenn wir es so nicht nennen. Untereinander (also Menschen der einzelnen Regionen zueinander) behandeln wir uns schon multikulturell. Manifestiert politisch (Ländervertretungen in den einzelnen Ländern und gar in der EU), medial (mit den bundesweit ausgestrahlten Regionalsendern im TV, regionale Radiosender haben deutlich größere Marktanteile als, bsp. Die Deutsche Welle).
Dieser Föderalismus trägt natürlich zu dem nicht vorhandenen Nationalbewusstsein bei. Aber gegenüber Ausländern wird die Ideologie des melting pot vertreten. Und ich denke das funktioniert nicht. Für uns als Deutsche funktioniert es nicht und für die Einwanderer auch nicht, aus all den Gründen, die robin genannt hat.

In Deutschland bleibt doch jeder unter sich. Weil es kein Multikulti gibt und weil der melting pot nicht funktioniert. Es ist doch überhaupt nicht so, dass sich Menschen wirklich kulturell begegnen. Ich meine jetzt nicht die kommerziellen Angebote. An der Tür manches italienischen, türkischen, iranischen Kulturvereins steht ausdrücklich, das nur Mitglieder Zutritt haben. Genau so oder weil Einwanderer von der Deutschen Kultur auch ausgegrenzt werden.

Herzliche Grüße
Bilana





Geschrieben von: DerTagAmMeer am 12.Nov.2004 - 04:59

janis, nun bist du also nicht mehr die einzige, die sich - statt zu schlafen - gedanken über ein unzureichendes nationalbewusstsein macht ... ob wir uns nicht besser das zu denken geben sollte? huh.gif
wie auch immer ...
bilana und robin haben deutlich machen können, dass in deutschland etwas fehlt, was in anderen nationen gegeben ist.
beide haben darauf hingewiesen, dass durch dieses "fehlen" auch der austausch, die kulturelle begegnung erschwert und mitunter verbaut wird.
das erscheint mir einleuchtend.
auf der bunten party der nationalitäten würde deutschland wohl wirklich eher zu den "abseitsstehern" und "spielverderbern" gehören, die jedem unterhaltsamen und zweifellos brückenschlagenden kulturvergleich mit einem "so einfach lässt sich das für deutschland nicht sagen, denn ..." das wasser abgraben.
aber ist es denn so einfach? gibt es denn diese matrix angefüllt mit feiertagen, brauchtum und sitten, die es ermöglicht, kulturen international vergleichbar zu machen und in den dialog zu bringen? lassen sich religionen, werte und traditionen so einfach übersetzen, vergleichen und in die eigene sprache einspeisen? geht das überhaupt? und wenn ja - ist das sinnvoll? oder ist es auch ignorant und gefährlich?
macht es mitunter genau diese "weltoffenheit" möglich, mit der die usa der welt in den letzen jahren gegenübergetreten sind?
im wunsch nach einer multikulturellen gesellschaft geht möglicherweise unter, dass die kultur selbst erst sinn und identität schafft, indem sie ab- und ausgrenzt. sie ist einfach kein medium zur verständigung mit dem fremden, sondern ermöglicht in erster linie das wiedererkennen der eigenheit auf kosten des fremden. das ist gut und wichtig, aber es eignet sich nicht sonderlich zum internationalen gespräch.
das muss meiner meinung nach eigene verbindlichkeiten und rituale entwickeln, die als basis für eine globale gemeinschaft dienen können.
und in diesem prozess erlebe ich deutsches selbstverständnis als ausgesprochen produktiv und greifbar. da erlebe ich gerade diese wiederkäuende starrköpfigkeit angesichts der "deutschdeutschen vereinigung" als angebracht und sehr viel tragfähiger als eine sentimentale einheitsseeligkeit, die möglicherweise von uns erwartet wird. deutschland nach '45 kann meiner meinung nach mut machen zum kulturellen kahlschlag. auch wenn vieles auf der strecke und unverstanden geblieben ist.
und auch zur scham gehört mut - und ich finde, dass dieser mut in der welt mehr gebraucht wird als nice feeling made in germany.
gleichzeitig haben viele menschen begriffen, dass der heimatliche boden, der sie nährt und schützt eine nachhaltigkeit fordert, die weit über die nationalen grenzen hinausgeht. eine am naturschutz orientierte perspektive begreift "kultur" für mein verständnis in einer sehr viel geeigneteren weise als der religiös-/geisteswissenschaftliche vergleich.
an anderer stelle hab ich geschrieben, dass der dosenpfand eine deutsche eigenheit sei, die mich mit etwas wie stolz erfüllt. nun fällt mir auf, das das wirklich eine entwicklung beschreibt, die ich mir sehr für deutschland wünschen würde.

so ... nun ists auch zeit, "guten morgen" zu sagen.
hoffe, bin nicht zu weit vom thema weg 'utopiesiert' und wünsche allerseits einen angenehmen tag!
smile.gif

Geschrieben von: robin am 12.Nov.2004 - 09:59

@dtam: du bringst etwas sehr gut auf den punkt, zitat: 'im wunsch nach einer multikulturellen gesellschaft geht möglicherweise unter, dass die kultur selbst erst sinn und identität schafft, indem sie ab- und ausgrenzt. sie ist einfach kein medium zur verständigung mit dem fremden, sondern ermöglicht in erster linie das wiedererkennen der eigenheit auf kosten des fremden. das ist gut und wichtig, aber es eignet sich nicht sonderlich zum internationalen gespräch.' - darum geht es mir auch. Wichtig finde ich, genau diesen aspekt nicht zu vernachlässigen, denn wenn der 'bauch' sich meldet, kann es brenzelig werden... es geht mir, um einen positiven umgang mit der eigenen kultur bzw nation, der zb. in dem kindischen verhalten sichtbar wird, wenn ich lieber 'meine' tomaten kaufe als 'ausländischen'!!! In diesem fall ist noch eine relativ harmlose form, aber ich könnte es auch anders! Mein problem hier in D ist eher, dass die meisten menschen oft auch die 'harmlosen' aspekte unterdrücken, es ist überhaupt sehr schwierig darüber zu reden, es herrscht fast ein tabu... (änlich wie positiv über männer zu reden mit verbohrten sogenannten 'feministinnen'). Ich glaube, dass der 'deutsche bauch' viel zu melden hätte, aber sich es verbietet, und das kann m.e. gefährlich werden...

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 12.Nov.2004 - 12:23

QUOTE (robin @ 12.Nov.2004 - 09:59)
Ich glaube, dass der 'deutsche bauch' viel zu melden hätte, aber sich es verbietet, und das kann m.e. gefährlich werden...

das ist allerdings ein ganz neuer aspekt!
beschreibt er das allgemeine unbehagen, dass deutsches nachkriegsgefühl so schwer zu greifen ist?
die welt glaubt dem frieden nicht und befürchtet national-naRzistische rückfälle?
schlummert tief innern deutschlands möglicherweise noch immer der typisch deutsche größenwahn? sowas lässt sich doch gar nicht verarbeiten? erst recht nicht über nüchterne und kopfgesteuerte auseinandersetzung?

tritt an dieser stelle wirklich ein deutsches problem zutage? oder ist dies nicht vielmehr ein problem mit deutschland?
findet sich dieses festhalten am bild des narzistisch gekränkten größenwahnsinnigen deutschen vornehmlich in den köpfen der deutschen oder ist denen lediglich bewußt, dass das bild des völkerhetzendes kleinen mannes nun einmal des erbe ist, das sie angetreten sind?
ich glaube nicht, dass dieses klischee einer kollektiven triebverdrängung deutsche wirklichkeit zutreffend abbildet.
nationalstolz ist kein menschlicher trieb - er ist eine möglichkeit von vielen. und nicht gerade die beste.
ddr und brd haben über jahrzehnte die letzten früchte des faschismus im jeweiligen land hinter der mauer gemeint ausmachen zu können. 15 jahre begegnung auf deutschem boden haben diese erklärungsmuster auf beiden seiten als billige propagandamittel enttarnt. noch einmal musste aufgeräumt werden mit dem doppeldeutschen mythos einer gelungenen "entnazifizierung". wieder die erkenntnis, dass es gar nicht so einfach ist, die "seite der guten" auszumachen.
mit einer solchen vergangenheit fasst vor allem der 'bauch' kein echtes zutrauen mehr zum national definierten selbstwert.
ich halte das für gesund und überlebenswichtig.
und ich glaube, dass es die mehrzahl der deutschen geschafft hat, ein stabiles und tragfähiges selbstwertgefühl jenseits völkischer mythen zu entwickeln.

aaaber...
dieses unser gesellschaftliches wertgefühl ist ein intellektuell definiertes und wohlstandunterfüttertes, das zunehmend menschen ausschliest. immer mehr kommen gar nicht erst zu wort. sie sind lediglich das "thema" von kulturveranstaltungen eines angestaubten bildungsbürgertums, verfügen allerdings nicht über die materiellen mittel und den vorausgesetzen bildungsstand, um an dieser ausprägung gesellschaftlichen lebens teilzunehmen.
daran muss sich etwas ändern.
allerdings möchte ich an dieser stelle lieber sägefisch wiederholen als ein deutsches nationalgefühl zurückzufordern:
QUOTE
Die alten Rezepte für Nationalbewußtsein greifen bei uns aus guten Gründen nicht, und viele scheinen nicht zu begreifen daß gerade das eine Chance ist, ein unaggressives Heimatgefühl zu entwickeln. Überall wird bemängelt daß uns seit ´45 die Traditionen fehlen, also warum nicht welche wachsen lassen, anstatt dummes Zeug aus der Mottenkiste zu holen, das schon früher nicht funktioniert hat?


meta-text: danke @ robin für die chance zu diesem exemplarischen tabubruch, deinem kommentar "anitideutsche" vorurteile unterschieben zu können, die vielerorts spürbar sind aber nur selten geäußert werden smile.gif

Geschrieben von: janis am 12.Nov.2004 - 16:33

ot@dtam: du nun also auch?! willkommen im club gruebel.gif
zum thema heute leider nix beitragen kann.... think.gif

Geschrieben von: Bilana am 12.Nov.2004 - 16:39

Ich finde es wirklich sehr spannend, wie sich das hier entwickelt. Mir schwirrt schon einiges im Kopf rum, aber ich brauche noch Zeit.
Schönes WE euch allen.
Bilana

Geschrieben von: janis am 12.Nov.2004 - 16:44

hey bilana das wünsch ich dir und den anderen natürlich auch sleeping.gif

Geschrieben von: robin am 12.Nov.2004 - 16:44

@dtam: huh.gif kannst du mir bitte deinen 'meta-text' erklären? sleep.gif Danke! smile.gif

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 12.Nov.2004 - 17:38

erlärungsversuch ist via pm unterwegs ... der metatext sollte missverständnisse vermeiden, keine neuen schaffen ... ist also nicht weiter interpretationswürdig ... hach blink.gif

Geschrieben von: robin am 12.Nov.2004 - 22:32

*geklärt! smile.gif
@dtam: du schreibst. dass nationalstolz kein menschlicher trieb sei, unsure.gif Vielleicht ist es auch ein begriffsproblem, aber wie wollen wir den wohl menschlichen trieb nennen, der 'die eigene sippe' vor gefahren schützt, ein bestimmtes areal für sich beansprucht, usw?

Geschrieben von: Akane am 13.Nov.2004 - 12:46

Habe eben einen klienen Gedankengang gesponnen, den ich hier mitteilen möchte. Möchte ich abe nicht verallgemeinern:

Vor vielen tausenden von Jahren lebten die Menschen in Sippen (oder in kleinen Herden, denn eigentlich sind wir tierische Lebensformen und stellen uns nur selbst über andere Lebewesen, die aber ebenso viel Recht auf gesundes schönes Leben haben). Da hat sich auch die Rollenverteilung (Männer bildeteten zum Schutz vor Gefahr einen Ring um Frauen und Kinder und waren die Jäger) gebildet, sicher auch das Gruppenbewusstsein, denn grosse Staaten gab es noch nicht.
Ist also Nationalbewusstsein eine überdimensionierte Form von Gruppenbewusstsein?

@Robin, dann ist mir dein Satz aufgefallen, aus dem "Mauerfallthreat":
man kann also nicht leugnen, dass aus vielen beiträgen eine 'deutsche identität' spricht... à propos 'nationalbewusstsein'
Ich denke, da ist wahres dran, ein Nationalbewusstsein steckt sicher in vielen von uns.
Wahrscheinlich wollen wir es nicht wahrhaben wegen:
dem 2ten Weltkrieg?
weil wenn wir uns mit jemanden anderer Herkunft wegen einer einfachen und alltäglichen Meinungsverschiedenheit streiten, als rassistisch beschimpft werden könnten?
Aber ich habe so mein Problem mit Begriffen wie Nationalstolz, Gruppenzwang,...
den ich finde, wie gut oder schlecht ein Mensch ist, bestimmt nicht seine Herkunft, sondern sein "Selbst", was er in seinem Leben vollbringt:
(Z.B. halte ich den deutschen Grossunternehmer, der Firmen aufkauft und die Angestellten dieser auf die Strasse setzt und so viele Arbeitslose und Sozialfälle verursacht, für einen schlechten Menschen, weil er für das Unglück zu vieler verantwotlich ist)
Ich denke auch, auf mich trifft vielleicht "Frauenbewusstsein" oder "Lesbenstolz" zu, weil ich theoretisch jede Frau auf der Erde lieben und theorethisch jeden Mann hassen könnte.
Ich weiss, in meinem Kopf herrschen manchmal merkwürdige Gedankengänge.

Geschrieben von: robin am 13.Nov.2004 - 17:05

@akane: 'Ich denke auch, auf mich trifft vielleicht "Frauenbewusstsein" oder "Lesbenstolz" zu, weil ich theoretisch jede Frau auf der Erde lieben und theorethisch jeden Mann hassen könnte.
Ich weiss, in meinem Kopf herrschen manchmal merkwürdige Gedankengänge.'


achduweia! in der tat! kannst du es bitte deutlicher erklären? unsure.gif

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 13.Nov.2004 - 23:20

QUOTE (robin @ 12.Nov.2004 - 22:32)
Vielleicht ist es auch ein begriffsproblem, aber wie wollen wir den wohl menschlichen trieb nennen, der 'die eigene sippe' vor gefahren schützt, ein bestimmtes areal für sich beansprucht, usw?

leider fehlt mir nun die psychologische fachkenntnis ... aber bisher bin ich davon ausgegangen, dass triebe zwar auf die befriedigung bestimmter bedürfnisse ausgerichtet sind (also bereits eine gewisse tendenz/richtung haben), dass die konkreten objekte allerdings erst durch erfahrung und assoziazion "erlernt" werden.
- bitte um korrektur wenn das so nicht stimmt oder zu vereinfacht dargestellt ist! -
dementsprechend läge in der triebnatur des menschen angelegt, gefühle der zugehörigkeit zu entwickeln. worin dieses bedürfnis allerdings seine befriedigung fände, wäre dem veränderlichen erfahrungshorizont des einzelnen zuzurechen.
worauf ich damit hinaus wollte:
menschen sind zwar gezwungen, ihre welt zu begrenzen, zu vereinfachen und zu polarisieren, um sich in ihr zurecht zu finden. nach welchem muster sie dies allerdings tun, ist veränderbar. nomadisch lebende gemeinschaften schaffen zugehörigkeit in völlig anderer weise als sesshafte völker.
wenn wir davon ausgehen, dass das zugehörigkeitsgefühl der einzelnen sinnvoller weise auf die gemeinschaft ausgerichtet sein sollte, die das einzelne leben unmittelbar beeinflusst, halte ich es für angebracht, darüber nachzudenken, wie eigentlich die gemeinschaft begrenzt ist, in der wir leben.
welche einflüsse tangieren heute überhaupt unsere emotionale sicherheit?
wer ist uns deutschen z.B. eher ein begriff: g.w. bush oderl horst köhler?
was weckt wohl öfter kindheitserinnerungen? juniortüten oder sauerbraten?
meine antwort "ich hielte es für sinnvoll, steuern zu zahlen und bin froh, verstanden zu werden" bezog sich genau auf diese fragestellungen.
deutschland ist für mich einerseits eine wirtschaftliche solidargemeinschaft und andererseits ein sprachraum. für alle anderen gefahren/sehnsüchte/einflüsse/identifikationsmöglichkeiten haben deutsche grenzen für mein gefühl kaum bedeutung.
ich freu mich auf eure widerworte!
lg
dtam

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 13.Nov.2004 - 23:59

@akana
du hast wiederholt auf eine (?) situation bezug genommen, in der dir eine faschistische einstellung unterstellt wurde, obwohl du selbst dein verhalten auf deine lesbische veranlagung zurückführst. hab ich das richtig verstanden?
für mich wäre es einfacher, wenn du diese situation entweder konkret ansprichst (dann könnten wir überlegen, wie solche missverständnisse in zukunft vermieden werden könnten) oder dir überlegst, was sich an dieser situation verallgemeinern lässt (dann könnte ich deine gedanken leichter auf die diskussion beziehen).

abgesehen davon finde ich deine gedanken keineswegs merkwürdig. einige "schlagworte" (gruppenzwang, gruppenbewusstsein, nicht wahrhaben wollen ...) bereiten mir zwar etwas magendrücken ... aber von den grundgedanken meinen wir doch ähnliches, oder?

ot: noch ne provokante frage: müssten lesben nicht frauen lieben UND hassen, während ihnen männer zumeist gleichgültig sein müssten?

Geschrieben von: LadyGodiva am 14.Nov.2004 - 00:04

QUOTE (DerTagAmMeer @ 13.Nov.2004 - 23:59)

ot: noch ne provokante frage: müssten lesben nicht frauen lieben UND hassen, während ihnen männer zumeist gleichgültig sein müssten?

@dtam - das geht jetzt aber voll ins ot, in meinen Augen, aber sei's drum:
das suggeriert, dass lesbische Frauen in Bezug auf Männer "gefühlsamputiert" sein müssten, davon gehe ich aber bei einem Großteil nicht aus - schlimm wär's.
Lieben, hassen - starke Emotionen; irgendwo dazwischen, oder auch an den Extrempunkten haben doch auch die Herren der Schöpfung Platz; weitere provokante Äußerungen verkneif' ich mir mal um der Rückkehr zum Thema willen wink.gif

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 14.Nov.2004 - 00:14

auch auf die gefahr hin, ne spamverwarnung zu kassieren (morgen hab ich's doch schon wieder vergessen!) - eine letzte überlegung:
ließe sich bei neofaschisten in deutschland unter den oben aufgestellten behauptungen überhaupt noch von "nationalismus" sprechen - oder wären es nicht vielmehr separatistische gruppen, die ihr "deutschtum" so exklusiv auslegen, dass es zum elitären begriff wird?
meint:
identifiziert sich der politisch rechte skin überhaupt mit deutschland oder ausschließlich mit der rechten szene, ihren werten und ritualen?

so - nu is aber schluss!

Geschrieben von: regenbogen am 14.Nov.2004 - 00:14

ich probier mal einen gar nicht eleganten Schlenker zurück zum Thema:

Sind Lesben besonders gefährdet, in ein Schmalspurdenken à la "Lesbennation" --> "(Lesben-)Nationalismus" --> Scheuklappen-Feminismus zu rutschen, weil sie keinen unmittelbaren Anreiz haben, sich positiv der Männerwelt zuzuwenden, sondern sie im Gegenteil als Bedrohung ihrer Lesbennation empfinden? das Zugehörigkeitsbedürfnis kann innerhalb der eigenen Gruppe voll befriedigt werden, alles darüber hinaus wird als "Feind" empfunden, und die eigene Gruppe wird verherrlicht? oder schiesst das zu sehr übers Ziel hinaus?

weiss nicht, wenn das zu kompliziert ist, schubsen wir's lieber ins OT rolleyes.gif

Geschrieben von: Rehauge am 14.Nov.2004 - 09:42

Hallo regenbogen,

Deine Frage ist provokant und überdenkenswert. Ich möchte auf diese Weise weiterspinnen. Verstärken die Rahmenbedingungen dieses Forums ein solchen Lesbenantinaldenken möglicherweise?
Die Hausordnung ist anders gedacht und ich fühle mich ausgesprochen wohl in diesem Schonraum der virtuellen Welt.

Meine Antwort darauf ist "nein". Ich empfinde es als angenehm im Internt und im Alltag ab und an Orte aufzusuchen, an dem vorwiegend Frauen sind, die ähnlich denken und fühlen wie ich. Das gibt mir Kraft und Geborgenheit. Mich in eine Welt zurückzuziehen, die mir gut tut und andere Lebensformen als berechtigt daneben stehen zu lassen, würde ich in keinster Weise als irgendwie nationalistsich bezeichnen wollen.

Zustimmen möchte ich Deiner Aussage, dass wir da Gefahr laufen in einen Scheuklappenfeminismus zu geraten, wo wir eine Männerwelt pauschalisiert als bedrohlichen Feind reduzieren. Pauschalisieren, dokmatisieren und indoktrinieren sind für mich immer Ausdruck diktatorischen, faschistischen Verhaltens. Das lehne ich grundsätzlich ab, egal wofür es sich einsetzt.
Interessanter Weise scheinen Frauen dann dabei auch noch dieses von ihnen abgelehnte männliche denken und handeln selber zu übernehmen. Ein Widerspruch in sich. Oder liege ich falsch mit meinem Urteil, faschistisches Denken sei männlich?

Rehauge

Geschrieben von: regenbogen am 14.Nov.2004 - 10:55

QUOTE (DerTagAmMeer @ 14.Nov.2004 - 00:14)
ließe sich bei neofaschisten in deutschland unter den oben aufgestellten behauptungen überhaupt noch von "nationalismus" sprechen - oder wären es nicht vielmehr separatistische gruppen, die ihr "deutschtum" so exklusiv auslegen, dass es zum elitären begriff wird?
meint:
identifiziert sich der politisch rechte skin überhaupt mit deutschland oder ausschließlich mit der rechten szene, ihren werten und ritualen?

so - nu is aber schluss!

@dtam - ist das wirklich OT?

Vielleicht lässt es sich - in diesem unserem Lande, wo Nationalismus zumindest in meiner Generation ein Reizwort ist - sachlicher und unaufgeregter über das Thema reden, wenn nicht das rechte Schreckgespenst um jede Ecke lauert, weil dieses Schreckgespenst gar nicht das unerfreuliche, ad absurdum geführte Endstadium derartiger Tendenzen sein muss, sondern eigentlich ein anderes Phänomen ist?

(Weisste was, du steckst mich an mit deinen feinziselierten Formulierungsschleifen, mit dem Unterschied, dass ich mich drin verheddere... rolleyes.gif tongue.gif)

Und @Rehauge
QUOTE
Interessanter Weise scheinen Frauen dann dabei auch noch dieses von ihnen abgelehnte männliche denken und handeln selber zu übernehmen. Ein Widerspruch in sich. Oder liege ich falsch mit meinem Urteil, faschistisches Denken sei männlich?

Interessante Frage. Das ist eigentlich ein eigenes Thema. gruebel.gif

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 14.Nov.2004 - 11:51

QUOTE (Rehauge @ 14.Nov.2004 - 09:42)
Oder liege ich falsch mit meinem Urteil, faschistisches Denken sei männlich?

guten morgen rehauge,
was deine these unterstützt ist die tatsache, dass es (soweit ich weiß) bislang keine faschistische bewegung gegeben hat, die sich um eine weibliche führungsperson gruppiert hätte. des weiteren ließe sich mussolini, franco und hitler möglicherweise auch ein gewisser "männlichkeitswahn" unterstellen.
allerdings halte ich wenig davon, abstrakte begriffe immer mit geschlechtern zu belegen (in diesem fall: faschismus männlich, kommunismus weiblich?). dient das der klärung der begriffe und ihrer beziehung zueinander? irgendwie nicht, oder?
aber du sprachst ja auch gar nicht vom faschismus selbst, sondern von "faschstischem denken". aber was ist das? ist es ein denken, dass an einer art autoritärem "einparteien"-herrschaftssystem orientiert ist? dann müsste doch eigentlich in jeder autoritär organisierten familie so gedacht werden, oder? und zwar von allen familienmitgliedern - ganz gleich welchen geschlechts.
aber wahrscheinlich ist das auch so. und genau dieser umstand macht uns manchmal derart blind gegenüber autoritären strukturen, die die tendenz zu einer gewaltherrschaft in sich tragen.
um also auf deine frage nach der geschlechtszugehörigkeit faschistischen denkens zurückzukommen: faschistisches denken ist in meinen augen ein denken, das durch persönliche unterordnung nach einfluss und macht trachtet und damit völlig geschlechtsneutral.
somit können wir frauen uns ohne weiteres an die eigene nase fassen und fragen, wann wir uns in dieses muster einpassen.
o.T. im feminismus-threat ist diese überlegung z.T. ja auch zur sprache gekommen.
deine idee, die thematik auf das forum zu beziehen halte ich im übrigen für sehr sinnvoll - allerdings wäre es auch mir lieber, dies erstens in einem gesonderten threat zu tun und zweitens besonders auf eine unterscheidung der begriffe zu achten. schließlich ist ein i-net-forum einfach keine nation.

Geschrieben von: crimson day am 14.Nov.2004 - 12:47

was das faschistische denken betrifft: faschismus ist eine ideologie, deren entscheidender teil der maennlichkeitskult ist. trotzdem ist das an diese ideologie angelehntes denken nicht nur dem maennlichen geschlecht eigen, da es immer genug frauen gab und geben wird, die sich den maenner mehr oder weniger freiwillig unterordnen werden.

desweiteren moechte ich fragen, ob das nun wirklich so verkehrt ist, dass frau ihr gleichgesinnte sucht? solange es sich in grenzen haelt und frau immer noch dazu faehig ist, wenigstens im beruflichen leben mit maennern gut auszukommen und nicht jeden penisbesitzer abgrundtief hasst, nur aufgrund der tatsache, dass er ein mann ist, dann ist doch alles noch in ordnung, oder? ich meine, autofans, tierliebhaber oder postmarkensammler sind auch gerne mal unter sich. sicherlich ist das bei lesben mehr eine frage des lifestyles, des lieben und leben, und weniger ein hobby ( biggrin.gif ), aber das ist doch bei allen subkulturen auch so. und trotzdem behauptet keiner, dass meinetwegen rastas irgendwie chauvinistisch/nationalistisch sind. anders bei den neonazis. da ist der hass offen, er ist sozusagen der grund, die essenz dieser gemeinschaft. ich hoffe, keine hier will behaupten, dass der grundgedanke bei lesben maennerhass ist. oder habe ich mich bis jetzt immer getauscht, da ich so naiv war, zu glauben, dass uns frauenliebe verbindet? wub.gif

lg
cd

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 14.Nov.2004 - 14:47

QUOTE (regenbogen @ 14.Nov.2004 - 10:55)
Vielleicht lässt es sich [..] sachlicher und unaufgeregter über das Thema reden, [...] weil dieses Schreckgespenst gar nicht das unerfreuliche, ad absurdum geführte Endstadium derartiger Tendenzen sein muss, sondern eigentlich ein anderes Phänomen ist?

ich denke schon! smile.gif
QUOTE
Sind Lesben besonders gefährdet, in ein Schmalspurdenken [...] zu rutschen, weil sie keinen unmittelbaren Anreiz haben, sich positiv der Männerwelt zuzuwenden?

da sich lesben nur ausgesprochen selten gänzlich aus "heterosexuellen" zusammenhängen heraushalten können, bleibt wohl meist doch ein gewisser anreiz, auch in "außerlesbischen lebensräumen" präsent zu sein und die dort auftretenden männer mitunter sogar als bereicherung zu erfahren ... biggrin.gif
abgesehen davon hatte ich persönlich auf lesbischen veranstaltungen eigentlich ausgesprochen selten das gefühl, ausgerechnet "unter gleichgesinnten" zu sein.
mag sein, dass uns "die liebe zu frauen" in irgendeiner art und weise verbindet ... aber sonst liegen zwischen den lesbischen "gesinnungen" wohl doch eher welten (zumindest zwischen meinem musikgeschmack und dem der d-jane auf meiner letzten frauenparty).
als drittes gegenargument würde ich gern geltend machen, dass sich kaum eine lesbe nach außen hin positiv über ihre "schwestern" äußert. die meisten sind eher darauf bedacht, bloss nicht in einer schublade mit dem lesbenflügel zu landen, der ihrem eigenen lifestyle kontrovers gegenüber steht.
kollektiver lesbenstolz? kann ich nirgendwo finden. je stolzer die lesbe, desto weniger scheint sie bereit, sich im lesben-eintopf garen zu lassen wink.gif ...

Geschrieben von: Akane am 15.Nov.2004 - 14:48

QUOTE (DerTagAmMeer @ 14.Nov.2004 - 14:47)
als drittes gegenargument würde ich gern geltend machen, dass sich kaum eine lesbe nach außen hin positiv über ihre "schwestern" äußert. die meisten sind eher darauf bedacht, bloss nicht in einer schublade mit dem lesbenflügel zu landen, der ihrem eigenen lifestyle kontrovers gegenüber steht.
kollektiver lesbenstolz? kann ich nirgendwo finden. je stolzer die lesbe, desto weniger scheint sie bereit, sich im lesben-eintopf garen zu lassen wink.gif ...

Das sollte nicht sein, da müssen wir uns gegenseitig offener gegenüberstehen. Wir sollen es lieber schön finden, dass wir was mit vielen verschiedenen Frauen das Lesbisch sein als Gemeinsamkeit haben. Froh sein, dass wir keine Schubladengemeinschaft sind, keine Uniform und nicht die gleiche Frisur. Schon dieses stolzieren in Uniform (Schützenfest, Bundeswehr) hat schon eine faschistoide Wirkung. Wirkt schon fast, als wären es Menschen, die fast wie ein Ameisenstaat ein kollektives Bewusstsein haben und nicht zu eigenem Denken fähig sind oder besser gesagt, es nicht dürfen. Ich denke nicht, dass es so ist, denn sie sind ja auch Privatmenschen mit ihren eigenen Ansichten, Hobbies, Leben.
Aber es gibt Menschen die im "übertriebenem" Stolz (-> übertriebener Nationalstolz !!! ) nicht mehr selbst sind, innerlich und vor ALLEM äusserlich den Stärksten (Führern) einer Gruppe oder Masse nachäffen.

Geschrieben von: Bilana am 15.Nov.2004 - 19:15

Ich bin immer wieder von den intellektuellen Saltos in diesem Forum beeindruckt. Vom Nationalbewusstsein zum lesbischen Seperatismus.

Natürlich haben Lesben das Potential jede Frau auf dieser Erde zu lieben, aber haben sie deshalb das Potential jeden Mann zu hassen? Hä? Diese beiden Sachverhalte sind für mich überhaupt nicht äquivalent. Und sind Lesben in bezug auf Männer gefühlsamputiert? Sehr sehr seltsam....
Ich will mal unterstellen, das es die ein oder andere Lesbe gibt, die eine emotionale, positive Beziehung zu ihrem Vater, Bruder, Sohnemann, Cousin usw. hat.
Ach was red ich? LG hat dazu schon alles gesagt.

QUOTE
ließe sich bei neofaschisten in deutschland unter den oben aufgestellten behauptungen überhaupt noch von "nationalismus" sprechen - oder wären es nicht vielmehr separatistische gruppen, die ihr "deutschtum" so exklusiv auslegen, dass es zum elitären begriff wird?
meint:


Guter Gedanke, ja ich stimme dir zu. Wenn sich Neofaschisten mit Deutschland identifizieren würden, wie es wirklich ist, dann könnten sie keine Neofaschisten mehr sein. Aber das ist ja auch ihr Zeil. Eine Gesellschaft (rein deutsch, heterosexuell usw.) nach ihren Vorstellungen zu formen.

Etwas geht mir schon die ganze Zeit im Kopf rum. Ich weiß nicht, ob es bisher so rausgekommen ist, deshalb will ich es nochmal ausführen.
Nationalbewusstsein steht für mich in keinem Widerspruch zu einer multikulturellen Lebensweise. Im gegenteil, es ist Voraussetzung dafür. Es ist das was mir sagt, das ein melting pot nicht der richtige Weg wäre. Es ist aber auch das, was mir sagt, die multikulturelle Gesellschaft in Deutschland ist höchst unvollkommen. In der Aktuellen Debatte wird gar von Parallelgesellschaften gesprochen.

QUOTE
deutschland ist für mich einerseits eine wirtschaftliche solidargemeinschaft und andererseits ein sprachraum. für alle anderen gefahren/sehnsüchte/einflüsse/identifikationsmöglichkeiten haben deutsche grenzen für mein gefühl kaum bedeutung.


Für mich schon! (Abgesehen davon, das ich erstmal überlegen musste, was eine Juniortüte ist.)
Identifizieren tue ich mich nicht nur mit Deutschland, oft auch mit europäischen Werten, wobei es da ja auch Überschneidungen gibt.
Ohne sie jetzt zu Werten, würde ich doch schon sagen, das es bestimmte Deutsche Werte gibt, die von der Mehrheit der Deutschen akzeptiert werden: Föderalismus/Regionalismus, Ausgleich, pol. Konsens, Individualismus. Das heißt natürlich nicht, das diese Werte nicht auch von anderen Nationen geschätzt werden. Aber ich denke, es gibt da einen spezifisch Deutschen Mix.
Und auch auf der Haushaltseben sehe ich viele Unterschiede, zwischen Deutschen in Deutschland, Türken in Deutschland, Vietnamesen in Deutschland, Irandern in Deutschland usw.







Geschrieben von: DerTagAmMeer am 15.Nov.2004 - 23:07

hm ... nun ist das thema zerflettert ... das hab ich jetzt also davon dry.gif ... sorry.
danke bilana, dass du dir trotzdem die mühe gemacht hast, die losen enden zu sammeln. gern würde ich dir antworten, dass ich nun besser verstanden hätte, was genau du beschreibst. aber wahrscheinlich kenne ich deinen blickwinkel auf deutschland wirklich nicht. ich verstehe den wortsinn - aber erkenne den unterschied nicht sad.gif
gestern abend in meiner geliebten bonner bahnhofsbuchhandlung lag ein beeindruckender schwarz-rot-goldener schinken aus: das buch der deutschen herausgegeben von johannes thiele. es lag gut in der hand - wirkte in seinem umfang und layout ein wenig einschüchternd ...

QUOTE
klappentext:
'deutschland? aber wo liegt es? ich weiß das land nicht zu finden.' goethe

die frage nach der identität der deutschen und die diskussion, was diese Nation zusammenhält, ist nach der wiedervereinigung von neuem entflammt [...]
angesichts der wechselvollen deutschen geschichte, die glanzvolle höhepunkte, aber auch tiefste schuld und namenlosen schrecken kennt, ist die frage nach den kulturellen grundwerten und den bildungsgrundlagen eines "deutschen patriotismus" ungelöst und aktuell zugleich.

in diesem buch finden die leserinnen und leser das nibelungenlied ebenso wie die lieder eines walther von der vogelweide und matthias claudius, zeugnisse der volkspoesie ebenso wie goethes "nur wer die sehnsucht kennt". das "ermächtigungsgesetz" von 1933 ebenso wie die "todesfuge" von paul celan. "deutschland, ein wintermärchen" von heinrich heine ebenso wie "die deutschstunde" von siegfried lenz und zahlreiche andere auszüge aus romanen und theaterstücken. das grundgesetz ebenso wie die präambeln wichtiger verträge der bundesrepublik deutschland. das flugblatt von sophie und hans scholl ebenso wie bewegende reden (zum beispiel die "rede zum 8. Mai 1945" von richard von weizsäcker) und den text der nationalhymne.

ich würde gern in ähnlicher weise mit euch zusammen texte zu dieser thematik sammeln, lesen und uns (wenn bedarf/interesse besteht) darüber austauschen. vielleicht ist es so leichter möglich, die vorstellungen zu bündeln und in verständlichen vergleichen nachvollziehbar zu machen.

allerdings bin ich heute zu müde, einen anfang zu machen.
also vorerst gute nacht, ihr lieben
dtam

Geschrieben von: blue_moon am 16.Nov.2004 - 00:46

mir scheint gerade in der samlung, die da ausschnittsweise zitiert ist, eine crux der ganzen nationalbewusstseinsangelegenheit zu liegen. wie soll ich mich mit einem bewusstsein für ein land ausstatten, deren wurzeln und werte offensichtlich sämtlich von männern wiedergegeben/getragen werden? ausser dem flugblatt, an dem sophie scholl beteiligt war, suche ich vergeblich frauen auf der liste. (das komplette personenregister des buches findet sich http://www.das-buch-der-deutschen.de/C1256EDA0038D2BD/0/672A23CE1260DD0DC1256F12004EC3D5?OpenDocument&knotenid=K010102&cartid=6078-01529 - aber auch dieses macht die sache nicht wesentlich besser).

wo also sind die identifikationsfiguren, die mich ansprechen? sicher sind ein paar genannt, die aber gehen im wust der männlichen genannten fast unter. und wenn ich mir die namen angucke, bemerke ich, dass ich die frauen fast durchweg kenne, was bei den männern durchaus nicht der fall ist. und natürlich kann ich z.b. mit heines wintermärchen was anfangen, aber es schleichen sich beim lesen der liste auch assoziationen zu einem götz von berlechingen ein... weiter: während u.a. rudi dutschke erwähnt wird und sogar herbert grönemeyer, suche ich namen wie alice schwarzer, clara zetkin oder helene lange auf der liste vergeblich.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 16.Nov.2004 - 08:24

@ blue moon,
ich gebe dir uneingeschränkt recht.
gleichzeitig ist dieses deutschland nun einmal lange zeit ein männlich dominiertets und definiertes stückchen erde gewesen - rückwirkend lässt sich dieser umstand kaum ändern. allerdings hindert uns das doch nicht daran, bachmann statt celan zu lesen, riefenstahl statt speer zu kritisieren - oder einfach ganz eigene akzente zu setzen!? mir ging es ja lediglich darum, "vom selben text" sprechen zu können. in diesem sinn habe ich auch solche "einbandkodizes" bislang eher als streitbaren diskussionsauftakt verstanden und bin gar nicht auf die idee gekommen, sie als repräsentativ ansehen zu sollen.

Geschrieben von: janis am 16.Nov.2004 - 08:54

ich tu mich auch schwer und es wird auch nicht leichter zu verstehen wieso nationales bewußtsein grundlage für multikulturelles zusammenleben in d oder anderswo sein soll. nicht dass wir das nicht hätten, daran zweifle ich eben nicht, jeder mensch hat aufgrund seiner soziokulturellen prägung ein nationales bewußtsein. in welcher tragweite ist mit sicherheit ganz unterschiedlich. so ist es für mich relativ unwichtig, eigentlich. wenn ich mit anderern menschen anderer nationen zusammenkomme, dann wird über die unterschiedlichkeit vielleicht manches deutlicher. aber es aktiviert nicht mein nationalbewußtsein sondern meine wahrnehmung in bezug auf unterschiedliche rituale des alltags, rituale der kommunikation usw.
ob wir uns mit küsschen begegnen oder die schuhe ausziehen, ob wir kopftücher tragen etc.
mich interessierren andere strukturen und lebensweisen, der sinn oder unsinn der dahinter steht . und ich bin bereit zu offenheit. offenheit aber geschieht nur auf der basis der gegenseitigkeit. wie ich auch schon einmal versucht habe zu klären, dass eben aktueller stand der ist, das sich innerhalb von d parallelgesellschaften entwickelt haben und mehr entwickeln, die mit der nation in der sie leben eigentlich gar nichts mehr zu tun haben wollen. das habe ich mit erschrecken zur kenntnis genommen.
das erscheint mir die sache sehr zu erschweren, wenn nicht sogar zu krassen diskrepanzen zu führen. dies ist möglich aufgrund des mangels an nationalbewußtsein???? oder ist es eher die frage nach der gegenseitigen offenheit, zu der die bereitschaft fehlt?? und die freizügigkeit und der verzicht auf die notwendigkeit der auseinandersetzung ???

die idee mit texten zu arbeiten finde ich wirklich gut. jedoch denke ich, dass wir nicht mit mehreren texten gleichzeitig umgehen können.




Geschrieben von: Bilana am 16.Nov.2004 - 09:15

Ich habe jetzt nur mal das Reflektiert, was ich als Ausländerin (außerhalb von Dland) erlebt habe und was iranische und kurdische Bekannte in Dland erleben und fühlen.

Und wenn man sich die Definition von Multikulturalismus ansieht, dann erfordert das nun einmal ein Bewusstsein jeder Gruppe über sich selbst. Alles andere wäre dann Leitkultur, melting pot, Parallelgesellschaft.

Was du schreibst janis, ist richtig, aber ist es nicht das? Du weißt wie "unsere" Rituale aussehen und du kannst zwischen "unseren" und "anderen" unterscheiden, genauso, wie du innerhalb der Gruppe der "anderen" unterschiedliche Gruppen erkennst.
Das ist doch nichts anderes.

Zu dem Buch: Schwanitz hat wohl den Kanon wieder populär gemacht. dry.gif Es mag nett zum reinblättern sein, aber sonst? Soll ich mir von irgendeinem verknöcherten Historiker oder Literaturwissenschaftler sagen lassen was die Grundlage meiner Identifikation mit Deutschland ist? Wird uns Walther von der Vogelweide wirklich dabei helfen, die aktuellen Vorgänge um Parallelgesellschaft und Multikulturalismus zu verstehen? Soll es mir vorschreiben was mein Deutschland ist?

Die Idee mit dem Text: finde ich nicht schlecht. Uns sollte aber klar sein, das es diesen Diskussionskreis nicht gerade erweitert....

Grüße Bilana

Geschrieben von: blue_moon am 16.Nov.2004 - 16:56

@dtam:

ich hab's auch nicht so verstanden, dass du dies buch als massstab siehst. nur ist mir beim ansehen einfach aufgegangen, dass (auch) meine nicht allzugrosse bereitschaft, für dieses staatsgebilde ein (selbst-)bewusstsein zu entwickeln, vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass ich mich nicht wirklich identifizieren kann und will. oder anders, dass das nur für die teilbereiche klappen wird, für die ich einen kontext finde, der mir für kopf oder bauch was bietet - wie zum beispiel eine diskussion über leni riefenstahl.

Geschrieben von: janis am 16.Nov.2004 - 20:11

versuche mal einen link einzubringen. habe noch nicht alles gelesen, aber den eindruck, dass hier auf die fragen nach ethnischem bewußtsein und einem leben in multikultureller landschaft eingegangen wird. sehr interessant, wie ich finde!
sollte es auch auf eure interesse stoßen könnte dies ja eine diskussionsgrundlage sein.

http://http://www.bpb.de/publikationen/XPXZV2,0,0,Multikulturalismus_in_Kanada_Modell_für_Deutschland.html

grüße janis

edit: schade, der link läßt sich nicht aufrufen!

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 16.Nov.2004 - 21:05

Mit der Druckversion klappt das Verlinken (hoff ich):
http://www.bpb.de/popup_druckversion.html?guid=XPXZV2

Geschrieben von: janis am 17.Nov.2004 - 10:39

wenn ich dich nicht hätte!!! bluemele.gif

Geschrieben von: robin am 28.Nov.2004 - 22:18

smile.gif der text ist gut, obwohl ich natürlich nix vor ort nachprüfen kann, ich wüsste gerne wie die stimmung unter einwanderern in kanada so ist... allerdings schreibt der autor, dass man es nicht auf die lage in deutschland übertragen kann, weil d. eben kein 'traditionelles' einwanderungsland ist. Und damit hat er, finde ich, wohl recht. Was mich allerdings tagelang immer wieder beschäftigt hat, war der gedanke, dass ein einwanderer sich zuerst als kanadier, deutscher, usw empfinden sollte. Dh. er sollte sich erst mit dem land identifizieren, in dem er lebt, und dann mit seinem ursprungsland. Das fand ich äußerst faszinierend... wenn man davon ausgeht, dass es das A&O von 'integration' bzw sich-heimisch-fühlen darstellt...

Geschrieben von: qualkappe am 09.Dec.2004 - 22:48

Ich habe in der Suchmaschine die Begriffe +patriotismus +definition, sowie +nationalismus +definition abgeklappert. Unter +patriotismus +definition habe ich überhaupt nichts Sinnvolles gefunden, unter +nationalismus +definition lediglich das hier:

http://evakreisky.at/onlinetexte/onlinereihe_8tes_kap_zwanzigstesjh.php

Geschrieben von: qualkappe am 15.Dec.2004 - 21:57

OK, miese Reaktionszeit. :-(

Trotzdem eine Frage:

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,329986,00.html

Ist das ein wirklicher Trend oder etwas, das der "Spiegel" herbeizuschreiben versucht ?

Geschrieben von: LadyGodiva am 15.Dec.2004 - 22:49

hm, jetzt kommt ein ganz dilettantischer Ansatz einer Erklärung -
jedenfalls habe ich diese Vorstellung der Begriffe:
Patriotismus - patria, Heimat, Region: (übersteigerteR) Stolz auf bzw. Orientierung hin zu einem geographisch, ethnisch enger gefassten Siedlungsraum
Nationalismus - (übersteigerteR) Stolz auf bzw. Orientierung hin zu einem größeren, administrativ strukturierten, historisch gewachsenen Territorium, das eine Gemeinschaft verschiedener "Ethnien" nicht ausschließt, aber einen kulturellen, ideologischen Kontext zur Basis hat.

Wer bietet mehr? wink.gif

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 04.Jul.2006 - 22:31

Auf fast heimlichen Wunsch von Robin hier die ersten Erfolge der Fussball-WM auf den Tag am Meer:

Ich ertappe mich dabei "stolz" auf "unser" Flaschenpfand zu werden, wenn ich die Welt zu Gast bei Aldi mit Einkaufswagen voller PET-Flaschen durch die Innenstadt flanieren sehe.

Den Gemeinschaftstaumel finde ich allerdings (im Gegensatz zu meiner Leib-und-Magen-TAZ) alles andere als harmlos. Und das "Superdoitschland"-Gejohle halte ich auch nicht für "entspannte Begeisterung sportinteressierter Individuen" sondern nach wie vor für Omnipotenzphantasien komplexgeplagter Gruppentierchen.

Ich bin auch nicht geschmeichelt, dass WM-Gäste wie auf Knopfdruck die Schönheit deutscher Frauen zu loben wissen.
Und ich fühle auch keinen Ruck durch Deutschland gehen, weil es Frau Merkel jüngst vom Stadionstuhl gerissen hat.

Ich bin auch noch immer nicht frei genug, endlich mit einer schwarz-rot-goldenen Fahne vor dem Kopf hupend durch die Gegend fahren zu dürfen.

Alles in allem habe ich das durchaus beklemmende Gefühl, dass die nationale Ruhe im Nachkriegsdeutschland immer öfter als "Spielverderberei" hingestellt werden und unwidersprochen ins Lächerliche gezogen werden kann; und dass rechtradikale "Ausrutscher" unkommentiert ignoriert und im Jubel der "Gerechten" vereinnahmt werden.

Insofern tut's mir grad leid für die Spieler ... für das Land in dem ich lebe freut's mich, nun ein guter Verlierer sein zu können.


Geschrieben von: blue_moon am 05.Jul.2006 - 16:07

ein gaaaanz heimlicher wunsch... biggrin.gif

ich kann nicht mal ganz genau sagen, woran es liegt. vielleicht kommt's auch daher, dass ich mich vom fussball-seeligkeits-hype ganz schön habe vereinnahmen lassen, aber mir geht's diesmal anders. bis auf ganz wenige momente in der geschichte, die ich bislang mitgelebt habe, hat mir die starke identifikation von mitbürgern mit deutschland immer quergelegen. gerade in zusammengerotteten mengen waren mir diese deutschen mit ihren fahnen im schrebergarten oder sonstwo immer suspekt. und ich hab sie erlebt, die hässlichen deutschen, die in frankreich am strand die 1. strophe gesungen haben, oder die zum erfolg bei der wm90 die reichskriegsflagge geschwenkt haben. vor zwei wochen noch hab ich sie vor meiner haustür hirnlos(en) alten schwachsinn singen hören...

und jetzt? da wurde - ziemlich unerwartet - grosser fussball geboten, die nation schwelgt in begeisterung und alle bedenken gegenüber den rechten sind hinfällig? ich kann nur sagen: ja! im grunde fühl ich mich wohl bei den fahnenschwenkern, ohne selbst zu schwenken. in meinem stadtteil haben viele doppelt geflaggt, auch für die italiener. das ausland (gerade auch england und israel) lobt nicht nur die friedliche athmosphäre um die wm, sondern beachtet auch den friedlichen, fröhlichen und leichtfüssigen (so hab ich ihn die letzten wochen wahrlich empfunden) patriotismus.

Geschrieben von: shark am 05.Jul.2006 - 16:17

..."friedlich, fröhlich, leichtfüßig.." - genauso ist auch mein Empfinden in den vergangenen Wochen gewesen...und ich habe hier erlebt, dass Deutsche den Italienern zum Sieg im Halbfinale gratuliert haben...und dass jene, die noch nach der Niederlage mit beflaggten Autos herumfahren, es tun, weil sie froh und stolz darauf sind, dass Deutschland es weit gebracht hat, dass das Team fair und geeint wunderbaren Fußball gezeigt hat - und nicht aus nationalistischem Trotz...Klar, es gibt auch die Unverbesserlichen, die in ihrer Trauer um das verlorene Halbfinale Italiener als "Pizzabäcker" (wohl die neuere Form von "Spaghettifresser") anpöbeln...aber es ist die Ausnahme...zumindest da, wo ich wohne...Hier haben die Deutschen mit den Italienern gefeiert...natürlich nicht so, als hätte Deutschland Einzug ins Halbfinale gehalten, aber dennoch...

Und die vielen "ausländischen" Komplimente zu dieser wunderbar ausgerichteten und fröhlichen WM, die wirklich ein Fußballfest war und ist, tun uns Deutschen doch auch gut.
Weshalb also nicht mal die Fahne schwenken?

Endlich spüre auch ich als 37 Jahre alte Deutsche mal was von der "Gnade der späten Geburt"...WM sei Dank.... smile.gif

Geschrieben von: hedonistin am 05.Jul.2006 - 17:49

Mir gehts genauso wie euch, überall fröhliches und freundliches Treiben.
Unsere ausländischen Gäste haben sich hier durchaus wohlgefühlt und sehr löblich über unsere Gastgeberqualitäten ausgelassen.

Das schönste bis jetzt, habe ich aber gestern Abend gesehen:

Ein kleines ca. 7jähriges Mädchen dass bitterlich anfing zu weinen als der Schlusspfiff ertönte und gleich darauf von ihrer gleichaltrigen italienischen Freundin getröstet wurde.

Geschrieben von: shark am 05.Jul.2006 - 17:56

wub.gif wie rührend....*schluck*

Geschrieben von: robin am 05.Jul.2006 - 19:10

In der tat, so heimlich war mein wunsch nicht. Im gegenteil hat es mir schon lange leid getan, dass dieser thread eingepennt war.
Lange vor der wm schon, und jetzt schien mir der zeitpunkt für eine weitere diskussion einfach sehr geeignet.
Bei mir hat sich - seit meinen letzten alten beiträgen - nichts verändert: Gestern bin ich im dreieck herum gehüpft, habe gekreischt, dass mein ganzes 'kaiserinnenreich ottensen' gezittert hat... und gerade heute abend, vor 2 stunden, hatte ich eine diskussion mit einer frau, die mich zutiefst 'aufgewühlt' hat. Denn ich konnte plötzlich nicht mehr argumentieren. Sie sagte, sie habe sich gestern riesig gefreut, dass deutschland verloren habe. Ich fragte sie verblüfft warum, und wir begannen eine unerfreuliche auseinandersetzung. Ich teilte ihre meinung, dass 'nation' ein willkürliches konstrukt ist, trotzdem behaupte ich, dass freude empfinden zu können, wenn man zb. an das land denkt, wo man geboren wurde, etwas gesundes sei.
Wir kamen uns überhaupt nicht näher, weil sie 'das gefühl & die leidenschaft' abtat, als seien sie per se krank. Und ich habe inzwischen für mich - ganz persönlich - gelernt, gefühle im allgemeinen erstmal zu respektieren. Zu schauen, was alles mitspielt, auch kritisieren, aber auch genießen. Ich halte mich für ausgesprochen menschenfreundlich, ich würde sagen für menschenliebend, und denke, dass ich einen ausgeprägten gerechtigkeitssinn besitze. Trotzdem will ich mich weiterhin - wenn es hart auf hart kommt, wie gestern beim fußballspiel - für eine italienerin halten.
Ach, es ist so schwer das alles in worte zu fassen! sad.gif

edit: 2 fehler

Geschrieben von: shark am 05.Jul.2006 - 19:20

Ich kann das schon verstehen, robin...Und es ist wirklich nicht einfach zu erläutern...

"Stolz" darauf, Deutsche zu sein, kann ich auch nicht empfinden, denn ich meine, stolz dürfe ich nur auf etwas sein, das ich mir selbst zurechnen kann...und ich bin ja nicht "freiwillig" oder "absichtlich" Deutsche...ich musste keinen Finger dafür rühren...ich bin als Deutsche geboren...
ABER: ich darf mich mit jenen, für die die Nationalmannschaft spielt, mitfreuen..und das gemeinsame Freuen und auch Leiden schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl..nicht nur zu den Eingeborenen, sondern zu allen, die dabei sind und solidarisch hinter "unserer" Mannschaft stehen.
Ich freue mich an der Fairness unserer Mannschaft, daran, dass das Ausland sein Bild von "den Deutschen" (zu welchen ich ja auch gehöre) revidieren kann und das auch gerne tut, daran, dass die deutschen Underdogs es allen gezeigt haben...auch wenn sie nun um den 3. Platz spielen..

Und weg vom Fußball finde ich es gut für das Volk, das Deutschland bewohnt, wenn es sich irgendwie an einem Punkt trifft...wenn es sich zusammengehörig fühlt.

Geschrieben von: robin am 05.Jul.2006 - 22:42

unsure.gif ich frage mich allerdings, wie ich fühlte, wenn ich keine emigrantin wäre.
Es kann sein, dass die psyche ganz andere töne spiele ... in der 'fremde'. Aber 'zu hause'?!? Vielleicht würde ich ein italienisches 'fahnenschwengen' nur noch abstoßend finden.

edit: 1 fehler sleep.gif

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 06.Jul.2006 - 07:36

QUOTE (robin @ 05.Jul.2006 - 19:10)
Wir kamen uns überhaupt nicht näher, weil sie 'das gefühl & die leidenschaft' abtat, als seien sie per se krank. Und ich habe inzwischen für mich - ganz persönlich - gelernt, gefühle im allgemeinen erstmal zu respektieren. Zu schauen, was alles mitspielt, auch kritisieren, aber auch genießen.

Da bin ich ganz Deiner Meinung. Mir steht ja nicht der Sinn danach Gefühle schlecht zu machen - auch nicht die Glückseeligkeit zu einer Gemeinschaft zu gehören. Schließlich verdankt das Tierchen "Mensch" sein Überleben diesem besonders augeprägten Sinn für die Zusammengehörigkeit seiner Gruppe.

Während des 11-Meterschießens am Freitag war ich beispielsweise grade auf dem Heimweg ... alle paar Minuten brandete der Jubel durch die abgesperrten Straßen ... klar hat es mir die Häärchen auf den Armen aufgestellt und die Augen unter Wasser gesetzt. Erweckungsgottesdienste haben mich früher ähnlich "bewegt" (würden es sicher heute noch, wenn ich an ihnen teilnehmen würde). Leni Riefenstahls "Olympia - Fest der Völker" und "Triumph des Willens" hatten allerdings dieselbe Wirkung auf mich. Mein Gefühl kennt da keinen Unterschied. Und darum denke ich nicht, dass es sinnvoll ist kollektive Emphase in "gute" (WM 2006) und "schlechte" (Reichsparteitag 1933) "Gefühle" zu trennen. Die Gefühle sind identisch. Der Unterschied liegt in der "Sache", der die Begeisterung dient und in der Einstellung der Menschen - ihrer Fähigkeit "zu schauen, was alles mitspielt, zu kritisieren, aber auch zu genießen". Die Sache unterscheidet sich grundlegend ... das macht mich zur WM-Sympathisantin. Die persönlichen Einstellungen hinter den Fahnen halte ich für genauso unterschiedlich wie eh und je. Und da finde ich das Liedgut der Superdeutschländer einfach genauso daneben wie "Ten German Bombers".

Geschrieben von: robin am 06.Jul.2006 - 09:16

@dtam: Du hast auf den punkt gebracht, was ich ausgelassen hatte smile.gif
Die gefühle sind die gleichen bzw. sie entstehen aus einem einzigen bedürfnis: Dazu zu gehören. Die sehnsucht danach, sich 'einer masse' hinzugeben.
Genau dieses bedürfnis nehme ich ernst, es ist allzu menschlich (auch schimpansig vielleicht? wink.gif) und es lässt sich unheimlich gut manipulieren. Schon immer und überall.
Früher habe ich als 100% agnostikerin gänsehaut in kirchen bekommen, wenn die orgel spielte. Heute passiert es nicht mehr. Hab ich 'es' überwunden?
Nein, kein bisschen: In der süleymaniye-moschee in istanbul hat mich dasselbe gefühl angesprungen, weil moscheen für mich etwas neues sind, was ich früher nicht kannte.
Allerdings ging es mir beim 2. besuch der selben moschee völlig anders. Lerne ich inzwischen schneller? biggrin.gif

Beim fußball klappt es noch wunderbar (mit der leidenschaft), WEIL ich 'nur' die em und wm kucke. Würde ich jede woche ein solches spiel sehen ... naja, ich bin sicher, es würde sich dann so verhalten wie mit der moschee.
Aber meine 'nationale' leidenschaft kennt ihre grenzen: Ich könnte nie sagen "unsere jungs" (= fußballspieler), und da wäre nicht mein kopf dabei aktiv, sondern mein bauch. Ich käme ganz einfach nicht auf die idee!
Ich bin wirklich der meinung, dass die sehnsucht nach der 'masse' (wie kann ich das schöner sagen? unsure.gif) der ursprung des nationalismus in all seinen facetten ist. Das habe ich auch der frau gestern gesagt. Sie erwiderte, dass dieses bedürfnis nicht 'urmenschlich' sei, sondern die folgeerscheinung einer indoktrinierung. Da musste ich passen.
Lieb dtam, vielen dank, dass du den thread ausgegraben hast! smile.gif

Geschrieben von: Bilana am 06.Jul.2006 - 16:40

Für Fußball kann ich mich noch immer nicht begeistern. Aber, ein bisschen Nationalstolz (?) oder zumindest Freude an dem was wir (Deutschen) hier so haben, das gefiel mir schon sehr an der WM.
Ja sicher es gibt noch viel zu verbessern, viel zu tun. Aber das heißt ja nicht, dass das was da ist schlecht ist.
Ich hatte zur WM auch Gäste von ganz ganz weit weg und war mal wieder baff aus welch anderer perspektive Deutschland doch gesehen werden kann.
Und warum ist es überhaupt verpönt Stolz auf etwas zu sein, was man selbst nicht geschaffen hat? Stolz hat doch auch was mit Hochachtung und Annerkennung zu tun, unabhängig davon wer es geschaffen hat.
Und irgendwie trägt ja auch jede etwas zum System Deutschland bei. Der Beitrag einer jeden einzelnen ist klein, aber ob es uns passt oder nicht, wir sind Deutschland.

Geschrieben von: jackamo am 06.Jul.2006 - 17:54

ich war schon immer stolz auf deutschland und bin noch längst kein nazi...finde diese assoziation auch sehr bescheuert..mir gehts hier besser als in vielen anderen ländern, wo ich nicht mal n dach überm kopf hätte..naja, bin auf jeden stolz auf das land...

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 06.Jul.2006 - 19:23

QUOTE (jackamo @ 06.Jul.2006 - 17:54)
ich war schon immer stolz auf deutschland und bin noch längst kein nazi...finde diese assoziation auch sehr bescheuert..

Kannst Du das etwas erläutern? Ich verstehe nicht, was daran bescheuert ist, die historische Enwicklung deutschen Nationalstolzes zu assoziieren, wenn vom "Stolz der Deutschen auf ihr Land" die Rede ist.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 06.Jul.2006 - 19:28

QUOTE (jackamo @ 06.Jul.2006 - 17:54)
..mir gehts hier besser als in vielen anderen ländern, wo ich nicht mal n dach überm kopf hätte..naja, bin auf jeden stolz auf das land...

Im Übrigen geht es uns hier gerade deshalb so gut, WEIL Menschen in anderen Ländern kein Dach über dem Kopf haben und für Dumpinglöhne unseren Wohlstand erwirtschaften.
Und ich kann beim Besten Willen nicht nachvollziehen, wie mich diese Ungerechtigkeit mit Stolz erfüllen sollte.

Geschrieben von: robin am 06.Jul.2006 - 21:27

Leider wahr. Und ein skandal noch dazu. thumbsup.gif

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 07.Jul.2006 - 07:50

QUOTE (robin @ 06.Jul.2006 - 09:16)
Ich bin wirklich der meinung, dass die sehnsucht nach der 'masse' (wie kann ich das schöner sagen? unsure.gif) der ursprung des nationalismus in all seinen facetten ist. Das habe ich auch der frau gestern gesagt. Sie erwiderte, dass dieses bedürfnis nicht 'urmenschlich' sei, sondern die folgeerscheinung einer indoktrinierung. Da musste ich passen.

Ich glaube nicht, dass diese Frage abschließend geklärt werden kann. Die Tatsache, dass sich "Massenveranstaltungen" in den meisten Kulturen und zu fast allen Zeiten finden lassen, spricht in meinen Augen schon dafür, dass da ein sehr ursprüngliches Bedürfnis angesprochen wird. Die "Nation" als Indentifikationsgemeinschaft ist hingegen wirklich eine relativ "junge Erfindung" - und wie ich finde auch nicht gerade die geeigneteste.

Aber vielleicht ist es auch gar nicht so wichtig, ob diese Dynamik nun angeboren oder antrainiert ist, sondern viel aussagekräftiger, ob Menschen "Herden" intuitiv von außen begreifen oder sich spontan in ihre Mitte genommen fühlen.

Ein für mich immer wieder spannendes Beispiel sind die CSD-Paraden hier in Köln. Einerseits gibt es die Sheiß-ejal-toleranten-Party-Kölnerinnen, die ihrem Heteromacker eine Boa umhängen und sich mit ihm begeistert ins Getümmel stürzen, andererseits die katholischen Jecken, die im Karneval kein Halten kennen, zum CSD allerdings verklemmter und humorloser als Kardinal Meißner persönlich werden. Und auch unter "uns Bunten" gibt es solche, die es voller Begeisterung feiern, endlich einmal zur "tonangebenden Mehrheit" zu gehören und solche, die an ihrem "gewohnt individualistischen Outsider-Status" festhalten möchten und sich dementsprechend entschieden abgrenzen (neben unzähligen anderen Möglichkeiten, einen eigenen Standpunkt zu finden, natürlich wink.gif ).

Diese beiden Perspektiven halte ich für sehr wichtig, um eine "Bewegung" einschätzen zu können. Und auch hier sind ja etliche Beobachtungen eingeflossen, die "von außen" gemacht wurden - und die zeigen, dass die Begeisterung vieler Einheimischer für die deutsche Fußballmannschaft auch aus der Außenperspektive positiv aufgenommen wird.
Ich denke, dass das ein gutes Zeichen ist. Für besonders "feinfühlig" halte da übrigens wirklich MigrantInnen - denn wenn ich mich unter einer "Deutschlandfahne" wohl fühle, ist das in der Tat die "unserer" türkischstämmigen Schnell-Wok-Chefin biggrin.gif

Geschrieben von: robin am 07.Jul.2006 - 15:58

Mir ist es auch völlig schnuppe, ob das, was ich "sehnsucht nach masse" angeboren oder antrainiert ist. Wichtig für mich ist die tatsache, dass sie vorhanden und - wie alle bedürfnisse - manipulierbar ist.
(Im übrigen finde ich dieses bedürfnis sehr schön, es im grunde genommen hat etwas von hingabe und auch offenheit).
Die deutsche "flaggen & hymne"-phase, die deutschland zur zeit ergreift, hat in meinen augen etwas pubertäres, als wäre sie ein erstes schrittchen richtung emanzipation. smile.gif

Geschrieben von: blue_moon am 07.Jul.2006 - 16:06

dazu fällt mir am ehesten ein, dass es offenbar nicht nur mein gefühl war, dass bei der grossen fussball-party frauen eine rolle wie noch nie gespielt haben. unterstützt wird mein gefühl durch artikel wie http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,425324,00.html oder http://www.rp-online.de/hps/client/opinio/public/pjsub/production_long.hbs?hxmain_object_id=PJSUB::ARTICLE::78007&hxmain_category=::pjsub::opinio::/wm2006. vielleicht kommt mein eindruck eines sympathischeren patriotismus auch daher, dass die fussballnationale glückseeligkeit nicht in erster linie kraftmeiernd männlich rüberkommt, sondern auch von weiblicher begeisterung getragen wird/wurde.

Geschrieben von: robin am 07.Jul.2006 - 16:13

Der Mensch, männlich wie weiblich, ist gern Teil von etwas, und möchte das auch ab und an ausleben. Dazu braucht er andere, die auch Teil von etwas sein wollen. Also wollen auch Frauen mit anderen zusammen sein, fachsimpeln, Bier trinken, mitreißende Spiele sehen, Tore bejubeln, gewinnen und im Gemeinschaftsgefühl versinken.
Es freut mich das zu lesen, ich fühle mich dadurch in meiner meinung bestätigt smile.gif

@bluemoon: Allerdings habe ich die so starke 'weibliche einmischung' bei dieser wm überhaupt nicht so aufgefasst wie du.
Ich fand sie eher abstoßend. Es ist für mich der ultimative beweis dafür, wie hetero-terror funktioniert wacko.gif

Geschrieben von: blue_moon am 07.Jul.2006 - 16:33

hm... die frauen nur als 'anhängsel' ihrer fussballverrückten männer? meinst du das so? also, meine mutter hat wohl zum ersten mal in ihrem leben ein fussballspiel freiwillig gesehen. bei einem ausflug mit einer horde anderer frauen aus ihrem kegelclub. - bis dahin hat sie immer mitgeguckt, wenn mein vater wm-spiele sehen wollte... eher zwangsläufig und mit nicht halb soviel spass wie mit dieser frauentruppe. smile.gif

Geschrieben von: robin am 07.Jul.2006 - 16:57

Ja, genau das meinte ich. Es mag ausnahmen gegeben haben (und über sie freue ich mich sehr, denn fußball ist einfach eine schöne sportart! smile.gif)
Alles, okay 99%, was ich hier in der stadt mitbekommen haben, entsprach haargenau die boulevard-kack-darstellung: mit den flaggenfarben aufgebrezelte frauen auf dem flirt- und party-trip! Oder als 'mitmachende', weil die männer eben auch ... Ich habe kolumnen gelesen, mit ratschlägen an die frauen: Was tun, um dem mann auch während der wm zu gefallen (Tipp: Machen sie sich mit schwarz-rot-gelb sexy für ihn!)
Vom sport keine ahnung, aber immer brav mit der dämlichen frage 'Abseits?! Oh, schatz, erklärst du es mir nochmal?' berit zu kokettieren.
Sorry, ich weiß, ich bin gerade heftig, aber ich fands schlimm! ph34r.gif

Geschrieben von: Leila am 07.Jul.2006 - 17:56

QUOTE (blue_moon @ 07.Jul.2006 - 17:06)
... eines sympathischeren patriotismus ...

Zu Patriotismus-Nationalismus möchte ich folgende Zitate aus http://de.wikipedia.org/wiki/Patriotismus an dieser Stelle erwähnen:

QUOTE
Ich will nie ein Nationalist sein, aber ein Patriot wohl. Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt, ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet. Wir aber wollen ein Volk der guten Nachbarn sein, in Europa und in der Welt. (Johannes Rau (SPD), Altbundespräsident, Rede vom 23. Mai 1999)


QUOTE
Patriotismus ist Liebe zu den Seinen; Nationalismus ist Hass auf die anderen. (Richard von Weizsäcker (*1920), dt. Politiker (CDU), Bundespräsident v. 1984-94)


..hat doch was...

Und ich hoffe nicht, dass das Wort 'Vaterland', hier jetzt zu OT-Diskussionen von wegen 'wir sind hier in einem Lesbenforum' führt wink.gif

Geschrieben von: chaophraya am 08.Jul.2006 - 13:12

QUOTE (robin @ 07.Jul.2006 - 16:57)
Ja, genau das meinte ich. Es mag ausnahmen gegeben haben (und über sie freue ich mich sehr, denn fußball ist einfach eine schöne sportart!  smile.gif)
Alles, okay 99%, was ich hier in der stadt mitbekommen haben, entsprach haargenau die boulevard-kack-darstellung: mit den flaggenfarben aufgebrezelte frauen auf dem flirt- und party-trip! Oder als 'mitmachende', weil die männer eben auch ... Ich habe kolumnen gelesen, mit ratschlägen an die frauen: Was tun, um dem mann auch während der wm zu gefallen (Tipp: Machen sie sich mit schwarz-rot-gelb sexy für ihn!)
Vom sport keine ahnung, aber immer brav mit der dämlichen frage 'Abseits?! Oh, schatz, erklärst du es mir nochmal?' berit zu kokettieren.
Sorry, ich weiß, ich bin gerade heftig, aber ich fands schlimm!  ph34r.gif


Da muss ich allerdings sagen, dass mir das hier gänzlich anders erschienen ist. Wenn mans genau nimmt war ich gerade über die Frauenpräsenz und das Aufterten der Mädels hocherfreut. Wo auch immer ich mir die Spiele angesehen habe, war das Geschlechterverhältnis völlig ausgeglichen. Gröhlende Männershorden sind mir viel weniger über den Weg gelaufen als bei früheren Fußballveranstaltungen. Dafür nicht wenige Frauencliquen, deren Hauptinteresse ganz eindeutig dem jeweiligen Spiel und nicht den umsitzenden Jungs galt. Gut, sicherlich gab es auch Flirtereien, wie bei jeder großen Party, aber das finde ich jetzt auch eigentlich überhaupt nicht verwerflich. Ich muss zugeben, ich hab mit meiner Freundin auch von Zeit zu Zeit, vor, während und nach den Spielen, herumgeturtelt. rolleyes.gif
Die Frage nach dem Abseits habe ich im Übrigen in meinem ganzen Leben noch nie eine Frau ihren Mann/Freund fragen hören. Ich hab das auch immer nur für ein blödes Klischee gehalten. gruebel.gif

Geschrieben von: Bilana am 08.Jul.2006 - 19:22

QUOTE (blue_moon @ 07.Jul.2006 - 17:33)
hm... die frauen nur als 'anhängsel' ihrer fussballverrückten männer? meinst du das so? also, meine mutter hat wohl zum ersten mal in ihrem leben ein fussballspiel freiwillig gesehen. bei einem ausflug mit einer horde anderer frauen aus ihrem kegelclub. - bis dahin hat sie immer mitgeguckt, wenn mein vater wm-spiele sehen wollte... eher zwangsläufig und mit nicht halb soviel spass wie mit dieser frauentruppe. smile.gif

thumbsup.gif
Selbst meine Oma hat geguckt und die hat keinen Mann zu Hause. Deutschland gegen Polen, so als polnische Deutsche wohl ein Muss. Und sie hat sich tragen lassen von der guten Stimmung.
Und meine Mitstudentinnen haben auch kräftig in frauenrunde gefeiert. da habe ich es schon fast bereut dem Fußball so gar nichts abgewinnen zu können.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 08.Jul.2006 - 22:33

Auch wenn wir mittlerweile bei dem weit schöneren Thema fußballinteressierter Frauen gelandet sind, würde ich Euch gern noch ein bisschen mit meinen persönlichen Bauchschmerzen belästigen. Vielleicht auch gerade WEIL ich sie gern widerlegt bekommen würde, um mich wieder wohler hier zu fühlen.

Während "Deutschland" also im neu erwachten Wir-Gefühl badet, werden die Hartz-Gesetze "optimiert", das Gesundheitssystem "reformiert", das Erziehungsgeld durchs Elterngeld ersetzt.

Und Bild, Focus und Co. vergessen neben dem "Wir-sind-Deutschland-Hype" nur selten den mittlerweile allseits bekannten "Sozial-Schmarotzer" mitzuerwähnen.
Das Bild fügt sich prblemlos zusammen: Alles könnte so schnell bergauf gehen, wenn wir, die guten, starken, rechtschaffenden (also profitabel arbeitenden!) Bürger endlich befreit würden von der Solidargemeinschaft mit solchen, die uns auf der Tasche liegen ...
Und dank gepfefferter Eintrittspreise beim "Public Viewing" auf dem Bonner Münsterplatz lässt sich ja auch (bestens abgeschirmt vor "Schwarzguckern") schon mal testen, wie sich "Volkssport in elitär" so anfühlen könnte. Da scheint es dann (und da sind wir wieder bei den Frauen der WM 2006) wirklich sehr viel gesitteter zuzugehen ... selbst die Geheimratsgattin gibt sich mit Prosecco und Schwarz-Rot-Gold-Lidschatten die Ehre.

Bei Wikipedia lässt sich auch lesen: "Wird die Rolle des Sündenbockes einer Gruppe von Menschen zugewiesen, spricht man von einer Verschwörungstheorie [...] d.h. von einer durch Machteliten verbreiteten Ideologie, die das Ziel hat, bestimmte soziale, rassische oder politische Minderheiten im eigenen Land oder auch äußere Feinde zum Sündenbock für aktuelle Krisenerscheinungen zu machen oder von der eigenen mangelnden oder schwindenden Legitimation abzulenken. Eine solche Projektion auf einen Sündenbock kann für die Mehrheitsbevölkerung identitätsstiftende Funktionen bekommen."

Geschrieben von: Bilana am 08.Jul.2006 - 23:41

QUOTE
Während "Deutschland" also im neu erwachten Wir-Gefühl badet, werden die Hartz-Gesetze "optimiert", das Gesundheitssystem "reformiert", das Erziehungsgeld durchs Elterngeld ersetzt.

Wo ist der Widerspruch? Aber das mit dem Elterngeld und der guten Frau von der Leyen ist ja einen eigenen Thread wert.

Ich gehe so weit zu sagen, dass wirkliche Reformen nur dann möglich sind, wenn eine Nation sich als solches annehmen und würdigen kann.
Denn Reformen heißen doch kurzfristig etwas zu opfern um langfristig etwas zu bekommen. Nur ist es auch derart langfristig, dass viele genau das was sie jetzt opfern sollen nie mehr zurück bekommen, es für spätere Generationen tun (sollen). Aber irgend etwas will der Mensch doch immer. Und wenn es nur Glaube ist...
Vielleicht fällt das Opfern ja leichter, wenn man glaubt es sei für eine an sich gute Sache. Dazu muss Deutschland als solches, die deutsche Nation also erstmal als zukunftsträchtige Sache wahrgenimmen werden.
Ohne Selbstwertgefühl (in dem Fall ein nationales), kann es maximal Pflichterfüllung aus Angst vor Strafe geben. Dienst nach Vorschrift. Steuern und GEZ zahlen und sonst Deutschland Deutschland sein lassen. Nur mit Selbstwertgefühl kann es auch positives Verantwortungsgefühl geben.

Ansonsten muss man leider sagen, haben wir es ja auch mit demographischen und volkswirtschaftlichen Tatsachen zu tun. Leider, denken vielleicht auch Politiker. Geben ist seeliger denn nehmen, insbesondere im Kampf um Wählerstimmen. Aber greif mal einer nackten Frau Merkel in die Tasche.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 09.Jul.2006 - 08:18

QUOTE (Bilana @ 08.Jul.2006 - 23:41)
QUOTE
Während "Deutschland" also im neu erwachten Wir-Gefühl badet, werden die Hartz-Gesetze "optimiert", das Gesundheitssystem "reformiert", das Erziehungsgeld durchs Elterngeld ersetzt.

Wo ist der Widerspruch?
[...] Ansonsten muss man leider sagen, haben wir es ja auch mit demographischen und volkswirtschaftlichen Tatsachen zu tun.


An den Tatsachen und dem resultierenden Handlungsbedarf rüttel ich ja gar nicht. Die werden mir eher zu wenig thematisiert.
Statt dessen legen "Sofort-Jobangebote in Verbindung mit angedrohter Leistungskürzung" nahe, dass nicht die fehlenden Jobs das Problem wären, sondern mangelnder Arbeitswille der Leistungsempfänger.
Das Problem der Arbeitslosigkeit wird zunehmend als Problem mit den Arbeitslosen aufbereitet ... und plötzlich scheint es gerechtfertigt, die Beweislast nichtehelicher Wohngemeinschaften auf die Leistungsempfänger zu verlagern, schützenswerte Daten behördlich abzugleichen, 1-Euro-Jobber nun im großen Stil als Erntehelfer einzusetzen ...

Demografischer Wandel. Wir brauchen also mehr Kinder - aber bitte nur solche, die später genug Geld verdienen, um unsere Renten zu finanzieren, statt selbst auf finanzielle Unterstützung angewiesen zu sein. Dank Pisa wissen wir, dass es uns bislang nicht gelungen ist, Chancengleichheit für alle sozialen Schichten zu schaffen.
Also macht es auch für die Zukunft keinen Sinn, in die allgemein zugänglichen Bildungseinrichtungen zu investieren? Also ist es angezeigt, den Unterpriviligierten das Kinderkriegen abzugewöhnen und gezielt in Wohlstandseltern zu investieren, die später selbst dafür zu sorgen wissen, dass ihre Sprösslinge unser Schul- und Bildungssystem erfolgreich zu meistern oder wahlweise zu umgehen wissen?

Leere Gesundheitskassen. Wir brauchen also mehr gesunde Beitragszahler. Wie schade, dass sich gerade die alleinstehenden, leistungsbegeisterten Großverdiener so gern aus der Solidargemeinschaft verabschieden und sich solange privat versichern lassen, bis sie mit der Gesundheit und dem Glück auch der Job verlassen hat und ihnen der Weg zurück in die gesetzlichen Krankenkassen wieder offen steht.
Leider ist unsere Regierung da trotz großer Koalition völlig machtlos.
Welch hirnrissige Idee, von "gezwungenermaßen" privat versicherten Selbstständigen, Beamten und 47250-plus-Verdienern zu erwarten, zum gesundheitlichen Wohle Aller an dem Ast sägen, auf dem sie selbst sitzen!

Es kann gut sein, dass das alles wirklich notwendig ist. Vielleicht ist es langfristig sogar von Vorteil, den Sozialstaat suksessive abzubauen. Mir fehlt wirklich der Überblick das beurteilen zu können.
Bei mir entsteht einfach nur der Eindruck, dass alle diese Maßnahmen Deutschland als faktische "Gemeinschaft" Stück für Stück abbauen und reale Solidarität durch dieses medial gepushte Gemeinschaftsgefühl ersetzen, in dem bestimmte Bevölkerungsteile höchstens als Störfaktor oder "No-Go-Area" vorkommen.
Natürlich ist Menschenwürde teuer. Global betrachtet ist sie sogar "unbezahlbar". Trotzdem bleibt sie für mich ein Grundrecht und ist durch nichts zu ersetzen - erst recht nicht durch ein kompensatorisches Hochgefühl, das aus der Identifikation mit dem Erfolg Anderer entsteht.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 09.Jul.2006 - 08:56

QUOTE (Bilana @ 08.Jul.2006 - 23:41)
Ohne Selbstwertgefühl (in dem Fall ein nationales), kann es maximal Pflichterfüllung aus Angst vor Strafe geben.

Vielleicht oute ich mich jetzt ja als unrettbar metaphysisch denkendes Naivchen ... aber mir macht allen Ernstes Dankbarkeit die Sozialabgaben schmackhaft, die ich zu leisten habe.
Klar gehöre ich einerseits zu Generation, die heute für Sozialleistungen aufkommen soll, die sie später höchstwahrscheinlich selbst nicht in Anspruch nehmen wird. Aber ich gehöre eben auch zu der Generation, die in einem friedlichen Land von Wirtschaftswundereltern groß gezogen wurde und all die Vorteile genießen konnte, die mir heute das Glück bescheren, einem gut bezahlten Job nachzugehen zu können.
Es ist ja nicht so, dass ich mehr/besser/höherwertiger arbeite als zu offiziell "unqualifizierten" Nebenjobzeiten - ich bekomme nur wesentlich mehr Geld dafür. Diesen "Mehrwert" zurückfließen zu lassen, tut mir nicht weh und fühlt sich "gerecht" an.

Geschrieben von: rebecca am 11.Jul.2006 - 10:26

auch wenn es nicht direkt nationalismus ist, sondern einfach nur der beweis von intoleranz, dummheit und sassismus. hier die äußerungen eines italienischen ex-politiker http://www.netzeitung.de/sport/wm2006/421099.html

ich denke, dass hier der plumpe nationalismus am besten zu schau gestellt wird.

@robin
[quote]mit den flaggenfarben aufgebrezelte frauen auf dem flirt- und party-trip! Oder als 'mitmachende', weil die männer eben auch ... Ich habe kolumnen gelesen, mit ratschlägen an die frauen: Was tun, um dem mann auch während der wm zu gefallen [/quot]
zum einen werden diese artikel immer noch von männern geschrieben und die haben in beiden hamburger blättern mit vier buchstaben ihre intelligenz (sofern sie eine haben) im gehirn, sondern an anderer stelle.
zum anderen treffen sich auf den fanfesten nicht unbedingt die personen, die sich ihrer stellung in dieser gesellschaft äußerst bewusst sind. es sind auus meiner sicht dieseoben, dennen es nur um eins geht: party. die anderen gruppen findest du dann halt in irgendwelchen kneipen oder in kleinerer oder größerer privaten runde vor dem fernsehe im heimischen wohnzimmer

Geschrieben von: pfefferkorn am 11.Jul.2006 - 11:00

@der Tag am Meer

auch ich gerate manchmal in die situation mir selbst glauben machen zu wollen "das alles" - heißt also gesundheitsreform , hartz IV - verschärfung etc. sei notwendig - allein shon deshalb, weil es ja viele so darstellen,

wenn ich mir dann allerdings überlege, dass die fifa für ihre 5,6 Milliarden Gewinn keine Steuern zahlen muß... bin ich dann doch wieder im Lot - es ist genug geld da, die verteilung ist "ungünstig" - und wenn nur noch 39 % der bevölkerung ein einkommen aus erwerbsarbeit haben, ist das halt nicht genug.... von denen wird dann allerdings auch verlangt, wenn´s geht, dankbar zu sein -
bei uns gelten dienstreisen mittlerweile als "anerkennung" - so nach dem motto
"du darfst mal raus" - ich hab gedacht, mir fällt die kinnlade runter.... nicht falsch verstehen, ich gehe gerne raus, aber ich wußte bisher nicht, dass ich dafür dankbar sein soll.... und das eine belohnung ist... wenn ich mir den abend in irgendeinem hotelzimmer allein um die ohren schlage...

im moment warte ich jetzt darauf, das uns erklärt wird, wie wirtschlaftlich erfolgreich die wm war - und das wir schön weiter so zusammenstehen sollen... komme was wolle -

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 12.Jul.2006 - 11:32

QUOTE (pfefferkorn @ 11.Jul.2006 - 11:00)
es ist genug geld da, die verteilung ist "ungünstig" - und wenn nur noch 39 % der bevölkerung ein einkommen aus erwerbsarbeit haben, ist das halt nicht genug ...

"ungünstig" ist gut. Und Dankbarkeit lässt sich nicht verordnen. Wer sich jeden Morgen mit Magenschmerzen zur Arbeit quält, seine spezifischen Berufskrankheiten züchtet und das einzige Argument für diesen Job (die Kohle) zu einem Großteil im Staatsapperat verschwinden sieht, ist mit Sicherheit zu Recht frustriert.
Gerade deshalb finde ich es ja so schwachsinnig, die Situation für Arbeitnehmer immer weiter zu verschärfen, statt die Arbeit, die es ja gibt, angenehmer zu gestalten, breiter zu verteilen und auf Rotation hin anzulegen. Denn für sooooo qualifiziert halte ich die Mehrzahl unserer Berufsbilder nun auch wieder nicht, dass ein überreizter 80-Stunden-Mitarbeiter produktiver wäre als eine ausgeruhte und ausgeglichene Teilzeitkraft.
Um "den Deutschen" die arbeitsunabhängige Grundsicherung und ein breit angelegtes Job-Sharing allerdings schmackhaft machen zu können, bräuchte es in meinen Augen einen Gemeinschaftssinn, der ganz ganz anders tickt als diese "wir-sind-wer-Eitelkeit".
Keine Ahnung, wie das gehen soll was.gif

edit: Kraut-und-Rüben-Satzbau

Geschrieben von: robin am 12.Jul.2006 - 16:51

Das habe ich heute gelesen. Ein 'frecher' artikel, aber thumbsup.gif !
http://www.taz.de/pt/2006/07/12/a0192.1/text

edit: Ist das ganze inzwischen völlig OT geworden? unsure.gif

Geschrieben von: blue_moon am 12.Jul.2006 - 17:45

stimmt! ein guter artikel! smile.gif

ist es eigentlich eine verunglimpfung der insignien des staates, wenn ein gewisses blatt heute nur noch 'schwarz-rot-geil' geifert? kann man gegen sowas nicht klagen? das ist eine auswirkung, die ich absolut und ausschliesslich widerlich finde! wacko.gif

Geschrieben von: robin am 12.Jul.2006 - 21:32

@bluemoon: Spricht das blatt vielleicht die geheimen fantasien vieler 'bürger' aus? unsure.gif

Geschrieben von: Bilana am 13.Jul.2006 - 16:34

QUOTE (blue_moon @ 12.Jul.2006 - 18:45)


ist es eigentlich eine verunglimpfung der insignien des staates, wenn ein gewisses blatt heute nur noch 'schwarz-rot-geil' geifert? kann man gegen sowas nicht klagen? das ist eine auswirkung, die ich absolut und ausschliesslich widerlich finde! wacko.gif

Es ist die Menschen ob LeserInnen oder nicht zu zwingen sich mit dem Thema in welcher Form auch immer auseinader zu setzen. (Wir tuns ja auch grad hier und ich hab die Titelseite noch nicht mal gesehen.)

Geschrieben von: Ahn am 14.Jul.2006 - 13:24

QUOTE (blue_moon @ 12.Jul.2006 - 18:45)
ist es eigentlich eine verunglimpfung der insignien des staates, wenn ein gewisses blatt heute nur noch 'schwarz-rot-geil' geifert? kann man gegen sowas nicht klagen? das ist eine auswirkung, die ich absolut und ausschliesslich widerlich finde! wacko.gif

Was mich an den Schlagzeilen dieser und so manch anderer "Zeitung" erschreckt (dieses Blatt darf sich ja nichtmal Zeitung nennen , da eine Zeitung eine Informationspflicht hat) ist , daß eine scheinbar dumme aber breite Masse angesprochen wird. Wenn ich den Fernseher tagsüber einschalte wird mir schlecht vor volksverdummenden Sendungen und in den Schlaf wiegenden lustig anghauchten Shows. Lustig solls sein , damit das Volk etwas zu lachen hat , anderen ist das Lachen längst vergangen.
Dankbarkeit empfinde ich nicht , wenn ich meine Lohnabrechnung sehe. Dankbar wäre ich , wenn mein Arbeitgeber das auch ins Lächerliche ziehen würde und mit "We love to entertain you" signieren würde.
Seine Freundin kann man Schatzi oder Mausi rufen. Das ist doch süß. Da fällt der süße Soli doch kaum auf.

Geschrieben von: DerTagAmMeer am 14.Jul.2006 - 19:36

QUOTE (Ahn @ 14.Jul.2006 - 13:24)
Seine Freundin kann man Schatzi oder Mausi rufen. Das ist doch süß. Da fällt der süße Soli doch kaum auf.

was.gif ich steh auf dem Schlauch ... was meinst Du?

Geschrieben von: Ahn am 14.Jul.2006 - 20:32

Ich meinte damit den Solidaritätszuschlag. Die Verniedlichung ist ein Witz.
Ich bin es leid , für dumm verkauft zu werden. Ich finde , es wäre einfacher , der Staat überweist den Lohn , abzüglich allem , was an Ökosteuer oder sonstigen Abgaben zu zahlen ist. Dann muß man sich wenigstens keine Märchen mehr anhören. smile.gif

Geschrieben von: robin am 26.Jul.2008 - 16:03

QUOTE (blue_moon @ 12.Jul.2006 - 18:45)
stimmt! ein guter artikel! smile.gif

ist es eigentlich eine verunglimpfung der insignien des staates, wenn ein gewisses blatt heute nur noch 'schwarz-rot-geil' geifert? kann man gegen sowas nicht klagen? das ist eine auswirkung, die ich absolut und ausschliesslich widerlich finde!  wacko.gif

das war mal vor 2 jahren ... während der EM 2008 waren solche zeitungstitel inzwischen 'normal' geworden unsure.gif

Unterstützt von Invision Power Board (http://www.invisionboard.com)
© Invision Power Services (http://www.invisionpower.com)