wenn ich davon ausgehe, dass alle hier im forum, nationalismus als verwerflich betrachten, bleibt für mich noch die spannende frage offen: Stolz und/oder bewusstsein? Unterscheiden sie sich? Wie? Was finden wir wünschenswert?
Es ist für mich zum einen etwas intellektuelles, dass man sich traut gewisse Fragen zu stellen und ihnen nachzugehen. ZB. Was ist das deutsche an der deutschen Kunst? (hat neulich erst jemand gemacht und wurde teilweise dafür zerissen.) Wie sieht die deutsche politische Kultur aus? Was unterscheidet sie von der anderer Nationen?
Es ist aber auch etwas emotionales. Etwas das über das faktische Wissen um den Pass hinaus geht.
Bewusstsein wie es das Wort meint. Ich bin mir bewusst Deutsche zu sein. Bin mir der Bürde der Geschichte bewusst, der Rolle Deutschlands in der Welt Aber auch natürlich positiver Seiten. Unsere Demokratie, die ich ziemlich gut finde. (Muss sie dazu nicht erst mit der us-amerikanischen vergleichen.) Die deutsche Aufklärung und ihre Errungenschaften. (Was wiederum nicht heißt, das die schottische oder französische Aufklärung schlechter gewesen sind...sind halt andere Schulen.)
Ich könnte ewig so weiter machen. Halt das Bewusstsein das auch wir eine Geschichte, Kultur und Tradition haben und sich dazugehörig führeln Bei gleichzeitiger Anerkennung anderer.
Bin mir bewusst, das es sehr deutsch ist, diese Diskussion hier überhaupt zu führen.
Das alles ist Nationalbewusstsein. Und heißt für mich noch lange nicht kritiklos dem eigenen Land gegenüber zu sein.
Stolz ist das Plumpe, das ihr schon beschrieben habt.
Früher habe ich immer gesagt, ich sei Berlinerin, weil ich dachte es ist etwas unwürdiges sich mit Deutschland an sich zu identifizieren. Inszwischen kann ich sagen ich bin Deutsche und dabei lächeln ohne dem gegenüber das Gefühl zu geben seine Nationalität wäre weniger wert.
Ich habe es bei anderen als etwas so natürliches erlebt. Mich würde interessieren, wie nicht-deutsche hier das sehen.
edit: jetzt häte ich fast diesen Thread übersehen.
als nationalgefühlskrüppel heisst "deutsch sein" für mich eigentlich nur, dass ich es sinnvoll finde, steuern zu zahlen und den vorteil genieße, vor meiner haustür in der einzigen sprache losplappern zu dürfen, die ich wirklich beherrsche.
politisch wäre ich vielleicht lieber stolz, ein grönländer zu sein, kulturell vielleicht lieber ein italiener - möglicherweise - kann es mir aber nicht wirklich vorstellen, also spielt es keine rolle.
überall müsste ich allerdings meine anwesenheit (zumindest vor mir selbst) rechtfertigen - nur in deutschland ist mir ein völlig ambitionsloses weiterleben möglich.
ein eindeutiger passivitätsvorteil - den ich anscheinend zu schätzen weiss.
edit: komma hin, wort weg
Sinnvoll wäre der Hinweise, dass die Diskussion begann im Thread: Feiertagsdebatte ;-)
Ich dachte es ginge darum das Leben, die Kultur und die Identifikation mit einer Nation innerhalb multikulturellen Staaten zu bereden. Denn es gibt jede Menge Menschen in D die seit jahrzehnten hier leben, Griechen,Italiener,Türken etc. in mehreren Generationen schon. Ob sie nun den deutschen Pass haben spielt dabei keine Rolle.
Oder hattet Ihr das anders verstanden Bilana und Robin?
Was passiert mit diesem Thread, wenn ich frage, wie Stolz in diesem Zusammenhang definiert/"besetzt" ist?
Ist er das gute Gefühl, das ich empfinde, wenn "die Unsrigen" (oder eine/r davon) auf irgendeinem Gebiet eine herausragende Leistung erbracht hat?
Ist er das warme Gefühl, wenn ich mir sagen kann, ja, es gibt Schatten in und auf meiner Heimat, aber es ist dort besser als in ... (hier bitte beliebige Erbfeinde/Schurkenstaaten/Deppen-Imperien einsetzen)?
Ist er das ein wenig erleichterte Gefühl: Glück gehabt?
Ist er das irrationale Gefühl, selbst eine Leistung erbracht zu haben durch den Zufall der Geburt?
Ist er das alles und doch etwas anderes und vielleicht sogar deutlich weniger?
Ich wohne im Ausland, wo ich allein durch meinen Akzent bereits auffalle und als Ausländerin kenntlich bin. Dass ich nicht in der Heimat wohne, ist Zufall und dem Arbeitsmarkt geschuldet, nicht der Neugier auf fremde Zonen und Klimaten. Zum Thema meines Deutschseins und was es auch für mich bedeuten kann, habe ich einen Text geschrieben, der den Rahmen dieses Threads sprengen würde. Bei Interesse, was sich hinter dem Titel "Ich habe es satt, mich entschuldigen zu müssen" verbirgt, bitte dem http://ingeluett.info/prosa/zeter/satt.htm folgen.
nationalstolz interessiert mich nullkomma null, das ist in meine augen kompletter unsinn!
das muss ich an dieser stelle noch einmal betonen!!!
@blaustrumpf, danke für deinen link
ich bin auch der überzeugung, dass sich die zukunft aus der vergangenheit entwickelt, darum hat die gegenwart die aufgabe sich mit beidem auseinanderzusetzen. darum sind die argumente von zeitgenossen, dass die vergangenheit nun endlich mal vorbei sein soll eher zeichen für vielleicht unlust sich mit unangenehmem zu beschäftigen.
Ich beanspruche eine gewisse Landesliebe für mich -
durfte gestern einmal mehr durch deutsche Lande reisen und wiederholt fest stellen, dass es doch ein schönes Land ist, von dem ich einen Reisepass besitze.
Desweiteren mache ich meine Heimatseeligeit an den dunklen Wipfeln, dem kalten "Böhmischen" und den moddrigen Seen meines Geburtsortes fest.
Das alles ist Liebe, eine Liebe die nach meiner Vorstellung fast endlos ist, eine leistungsunabhänigige Liebe.
Stolz ist leistungsabhängig. Wenn eineR als "pars pro toto" leistung für eine Nation erringen soll, ist Stolz totlitaristisch. Wenn der Stolz in den Köpfen einer Nation unter "naturgegebenen", zufällig über den Globus verteilten Umständen auftaucht und die Liebe verdrängt, ist es die absurdeste Form, ist es unreflektierter, pseudogerechtfertigter Chauvinismus. Blanker Irrsin also.
@janis: entschuldigung, dass ich den hinweis vergessen habe! Ich denke, wir können uns über das thema mehrgleisig unterhalten. Die meisten im forum sind deutsche und man kommt nicht um die eigene meinung umhin, was die zugehörigkeit zu deutschland für jede bedeutet. Erst dann können wir es in zusammenhang mit der multikulturellen gesellschaft diskutieren.
Was mich angeht... oh, es ist wirklich sehr kompliziert! Ich finde das thema zwar sehr interessant, aber ich habe noch nie darüber 'geschrieben', nur geredet. Und das ist ein unterschied! Mir fällt dazu SOVIEL ein, dass ich nicht weiß, womit ich anfangen könnte... Vielleicht so rum: Ich empfinde die meisten deutschen als 'unglücklich-deutsch', so nach dem motto: Ich bin deutsche, leider...
Und die gesamte d. gesellschaft strahlt diese bewusste oder unbewusste einstellung aus. Das macht das leben für immigrantInnen in diesem land sehr schwer, wie sollen wir ein positives bild deutschlands bekommen und auch verinnerlichen, wenn seine einheimischen das nicht haben? Beispiele dafür habe ich karrenweise, vor allem im vergleich zu anderen einwanderungsländern (wo zb. immigrantInnen besser und schneller die landessprache lernen....) Aber wie gesaagt, ich denke, es ist ein riesiges thema, sehr verzweigt... lass es uns langsam und ruhig angehen, es wird sich mit jedem beitrag ein stückchen weiter entwickeln.
P.S. Ich wollte diesen thread schon vor monaten eröffnen, aber er schien mir... zu heikel. Ich kannte die forumsgepflogenheiten nicht gut genug und wollte 'katastrofen' vermeiden!
Ich glaube, "unglücklich-deutsch" ist nur wer immer jemanden braucht der sagt wo es langgeht und wie man es zu machen hat. Die alten Rezepte für Nationalbewußtsein greifen bei uns aus guten Gründen nicht, und viele scheinen nicht zu begreifen daß gerade das eine Chance ist, ein unaggressives Heimatgefühl zu entwickeln.
Überall wird bemängelt daß uns seit ´45 die Traditionen fehlen, also warum nicht welche wachsen lassen, anstatt dummes Zeug aus der Mottenkiste zu holen, das schon früher nicht funktioniert hat?
Ich für meinen Teil bin froh und dankbar, in einem aufgeklärten und wohlhabenden Land zu leben und ich denke auch, daß ich hier von meinem Gemüt her richtig bin.
QUOTE (robin @ 06.Nov.2004 - 10:02) |
Ich empfinde die meisten deutschen als 'unglücklich-deutsch', so nach dem motto: Ich bin deutsche, leider... Und die gesamte d. gesellschaft strahlt diese bewusste oder unbewusste einstellung aus. |
QUOTE |
Ist er das gute Gefühl, das ich empfinde, wenn "die Unsrigen" (oder eine/r davon) auf irgendeinem Gebiet eine herausragende Leistung erbracht hat? |
Ich habe vor einer langen zeit folgende aussage gehoert: “ja, ich bin stolz ein(e) [beliebiges einsetzen] wenn stolz-sein nicht besser-sein als andere bedeutet”. Damals fand ich diese aussage auf anhieb gut, heute sehe ich das etwas differenzierter.
Stolz kann frau nicht aufgrund des puren seins empfinden, diesem gefuehl muss eine leistung, eine bewusst ausgefuehrte positive handlung vorausgehen. kann ich dann also vom stolz in der frage nach der einstellung zu einer bestimmten nation sprechen? Nein, kann ich nicht, denn ich sage auch nicht, ich habe mich als polin geboren, sondern ich wurde als solche in die welt gesetzt. Es ist ein zufall, wie ihn der groesste stochastiker nicht gesehen hat, von der jeweiligen person unabhaengig.
Ich kann aber auf etwas stolz sein, was ich selbst geleistet oder zu dessen entstehung ich beigetragen habe. Doch dann ist der begriff des stolzes unzertrennlich mit dem des besseren verbunden. Das erscheint uns natuerlich und voellig akzeptabel, da der stolz nur ein resultat einer handlung ist. Geht der stolz jedoch aus einer zufaellig auftretenden situation hervor, so wirkt er anstoessig. Beispiel: auf ein vom selbst verdientem geld gekauftes auto kann und darf ich stolz sein, auf einen zum achtzehntem geburtstag geschenkten sportswagen dagegen nicht. Ich kann mich ueber ihn nur freuen. So koennt ihr euch auch nur darueber freuen, in diesem land zu leben, solange ihr nicht am wirtschaftswunder beteiligt wart oder goethe heisst. Doch genauso wie ihr kann auch ich mich als nicht-deutsche dessen erfreuen. Stolz ist meiner meinung in diesem themenfeld ein missbrauchter, verfehlter begriff, weil ich, wie oben schon gesagt, auf einen zufall nicht stolz sein kann. Auch nicht auf etwas, was von anderen geschaffen worden ist, und zwar ehe ich eine eizelle war.
Mit freundlichen gruessen
cd
hallo cd,
eine schöne darstellung.
ich selber sehe das jedoch noch ein klein wenig differenzierter.
natürlich ist meine geburt hinein in diese volksgemeinschaft ein zufall, ich habe nichts dazu beigetragen, dennoch handelt es sich beim stolz auf die nation um ein phänomen von stolz auf die leistungen einer gemeinschaft, der man sich zugehörig fühlt.
insofern ist es bei vorhandensein eines solchen identitätsgefühls möglich, auf die geteilten leistungen stolz zu sein.
als deutsche staatsbürgerin bist du durch deine eigenen leistungen, im beruflichen, sozialen, vielleicht sogar künstlerischen bereich ein mosaikstein im gesamtgefüge derer, die durch ihren pass und/oder allein durch ihr gefühl und ihren wohnort bestimmen, was dieses spezielle volk nach außen (wie auch nach innen!) hin dastellt.
des weiteren prägst du ja auch durch deine politischen entscheidungen (wahlen) die legislative landschaft mit, selbst, wenn du nicht aktiv tätig bist.
insofern denke ich, muß man sich am begriff des national-stolzes nicht stossen, sofern er nicht mißbraucht wird als propagandistische hetze.
ein kleines beispiel noch zur verdeutlichung :
du bist meinetwegen mitglied in einem verein, einem theater, einer gruppe von freunden, auch dort kann stolz auf die leistungen anderer u/o gemeinsam erbrachte erfolge empfunden werden.
ps : ich hoffe, es wird deutlich, daß ich in meinem verständnis von national-stolz ebenfalls multikulti-aspekte problemlos eingebunden sehe.
Ich finde, es ist nichs Besonderes, dass es in vielen Staaten auch viele Menschen gibt, die "Stolz sind, ein/eine ... zu sein" Da darf es sein, also bei uns auch und es nichts dagegen einzuwenden, solange es als "nicht besser sein als andere bedeutet" wie es schon CD prima dargestellt hat.
Ausserdem ist es eine Frechheit, wenn bei Meinungsäusserungen eine Person die andere als "Fascho" oder ähnlich bezeichnet. Ist mir wenige Male passiert, nur weil ich mich mit gewissen Personen nicht einlassen will.
Um es klar zu sagen, auch wenn ich es lieber für mich behalten möchte: Es sind Männer, die mich als Sexobjekt betrachten und die kriegen eine Abfuhr, da ist es mir scheissegal, welcher Nationalität sie entstammen.
Eine meiner besten Freundinnen schimpft nur allzgerne über ihre türkischen Lands"Männer" und bei dem was ich erlebe, gebe ich ihr nur allzugerne Recht...
Das sind aber Erfahrungen, die nichts mit Nationalstolz zu tun haben und sooo toll finde ich unseren Staat und unsere Gesellschaft nicht.
Aber ich finde auch, Crimson Day hat es schön und treffend dargestellt.
mit nationalstolz hab ich auch so meine schwierigkeiten, aber ich muß zugeben, daß mir schon der kamm schwillt, wenn irgendwelche teenies meinen, bei fußballspielen mein banner (deutschlandfahne mit 'turbine'-aufschrift, weil es hin und wieder auch bei länderspielen verwendung findet) abhängen zu müssen (ist ja ach so böse nationalistisch) oder mir 'nie wieder deutschland' entgegenbrüllen (vermutlich aber sämtliche annehmlichkeiten dieses unseres landes als selbstverständlichkeit betrachten). diese unreflektierte anti-deutschland haltung ist doch mindestens genauso suspekt. so denke ich schon, daß es einiges in diesem land gibt, auf das man stolz sein kann, seien es nun vergangene verdienste um die kunst, daß hier eines der ersten sozialstaatssysteme eingeführt wurde, der wiederaufbau nach dem krieg, die relativ schnelle wende zur demokratie, die auseinandersetzung mit der eigenen vergangenheit, die hier so kritisch wie in kaum einem anderen land betrieben wird, oder die gewaltfreie art und weise, mit der mauerfall und wiedervereinigung herbeigeführt wurden. oder aber einfach nur, daß hier politiker ohne ansicht ihres privatlebens gewählt werden und derjenige der mit kreuzzügen liebäugelt und religiös verbrähmte populistische politik auf dem rücken von minderheiten betreibt eben nicht die meisten stimmen bekommt. also - stolz eine deutsche zu sein bin ich nicht, ist das doch eher ein biologischer zufall. aber auf dieses land und was es - bei allen dunklen kapiteln der vergangenheit und allen problemen der gegenwart - geleistet hat und wofür es steht bin ich schon hin und wieder stolz.
grundsätzlich ist es - glaube ich - wichtig, die richtige mischung aus 'wir-gefühl' und offenheit nach außen zu finden.
nadine
ich habe die beiträge nach meinem interessiert gelesen und bin der meinung, dass es ua. auch eine generationsfrage ist. In meiner generation ist ein verhältnis zu nationalität sehr vertrackt, meistens 'schizophren'... einerseits ist man ganz froh, in DEM land geboren worden zu sein, anderseits schämt man sich dafür. Und die deutschen menschen meiner generation (50er) gehören oft zu dieser kategorie. Ich habe (fast) nur solche erfahrungen gemacht und war verblüfft! Egal worum es geht: Die deutsche sprache - zu hart, die deutsche küche - zu fett, die deutsche landschaft - zu 'geradegebogen' , das deutsche wetter - zu kalt, die deutschen allg. - auch zu kalt, temperamentlos, ungastlich usw usf. Und wenn ich der meinung bin, dass man geliebt wird, wenn man sich selber liebt... dann finde ich, dass deutschland von ZUVIELEN seiner Immigranten nicht besonders geliebt wird. Kein wunder. Es wird den Immigranten kein positives, sinnlich-freudiges gefühl des eigenen landes vermittelt, sondern meckern, meckern, scham und schande, und immer wieder meckern. Das ist für mich eine der verquickungen zwischen nationalgefühl (schief&krumm) und seiner auswirkung in der 'multikulturellen gesellschaft'.
@akane: Was du über südländische männer, die dich als fascho beschimpfen, weil du nicht willig bist... ist eigentlich ein ganz anderes thema. (Ich nehme an, du meinst 'südländer', oder? Ich persönlich würde 'besoffene nordländer auch dazu zählen... deutsche, dänen, schweden, finnen.....)
Kennt ihr das?
Es sind noch mindestens 2 Stunden bis Tagesanbruch und du liegst wach im Bett. Die Gedanken beginnen zu arbeiten und offene Fragen kommen und finden in diesem Zustand zwischen Nacht und Tag eine Entscheidung.
So ging es mir heute morgen, sodaß ich den Tag dann sofort begann hausintern einige Weichen zu stellen.
In dieser Zeit ging mir dann auch diese Debatte im Kopf herum.
Während den letzten Beiträgen mußte ich innehalten. Viele Gedanken bewegten sich kritisch um dieses Thema, jedoch noch ohne sie sortieren zu können.
Ich will versuchen sie nun auf den Punkt zu bringen mindestens jedoch einzukreisen:
Aussagen über einzelne Nationalitäten und ihre spezifischen Charakterer betrachte ich mit großen Zweifeln, weil sie pauschalisieren.
Natürlich kenne ich das selbst auch, und empfinde eine Vorliebe/Abneigung zu bestimmten Nationalitäten, auf Grund persönlicher Erfahrungen mit einzelnen Menschen dieser Nationalitäten. Es gibt Länder, die ich nicht bereise deswegen.Und es gibt Länder,wo ich mir schon vorgestellt habe zu bleiben und dort zu leben.
Aber ich bin der Meinung, dass eine Debatte, wie wir sie begonnen haben über solche Befindlichkeiten und solche Charakterisierungen hinausgehen muss.
Was ich nebenbei nicht so recht verstehe ist, warum diese Debatte typisch deutsch sein soll.
Als ich mit den Leuten in Italien zB. eine zeitlang lebte erfuhr ich viele "Internas", wie sie zu ihrem Land stehen und was sie daran kritisieren. Da gab es genauso kritische Auseinandersetzugen mit der Politik, mit der bürgerlichen Gesellschaft usw.
Nichtsdestotrotz liebten sie ihre Berge, ihre Flüsse und ihre Mütter und Väter.
So wie ich unsere heimischen Obstbaumwiesen und den Dialekt.
Die deutsche Sprache vermag vieles nicht auszudrücken in der Weise wie es in anderen Sprachen möglich ist.
Die deutsche Sprache ist aber andererseits eine sehr schöne Sprache, in
der ich wunderbare Bücher lese, selbst schreibe und philosophiere.
Fremd ist der Fremde in der Fremde und fremd kann sich jemand auch fühlen in der Heimat.
In blaustrumpfs Text befindet sich ein versteckter Hinweis auf den Dichter Hölderlin, der in seinen Worten sich äußerte über die Fremdheit im eigenen Land (Brief, Hyperion an Bellarmin).
Das Leiden war groß, denn auch er liebte sein Land, weiles seine Heimat war.
Ich erinnere mich an Wolf Biermann, der ebenso ein großer Kritiker der DDR war, aber auch nie einen Hehl daraus machte wie sehr er sein Land liebte.
Als Einwanderer in D wird immer eine Sehnsucht nach der Ursprungsheimat bleiben und immer ein Stück Fremdheit. (Welches ist denn dein Land robin?)
Zum Einen besteht durch die Völkervermischung, die wir hier in D haben bei vielen Leuten das Bedürfnis nach dem Erhalt und aber auch eine Notwendigkeit der Integration, geistig, kulturell ,politisch und sozial.
Für mich scheinen alle Dinge,die sich weiterhin damit beschäftigen Trennungen aufzubauen, nicht die konstruktive Richtung zu sein.
janis
edit: Hölderlin richtig benannt
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Kennt ihr das? Es sind noch mindestens 2 Stunden bis Tagesanbruch und du liegst wach im Bett. |
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Aber ich bin der Meinung, dass eine Debatte, wie wir sie begonnen haben über solche Befindlichkeiten und solche Charakterisierungen hinausgehen muss. Was ich nebenbei nicht so recht verstehe ist, warum diese Debatte typisch deutsch sein soll. |
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mir kommt es allerdings so vor, also würde man hierzuland mit dem nationalstolz anderer nationen genauso wenig anfangen können. |
Nationalstolz? Nationalismus?
Ich habe es damit ein wenig schwer, ich bin in Deutschland geboren, weltweit aufgewachsen und dann irgendwann wieder zurück nach Deutschland gekommen und hier geblieben.
Ich habe so meine Schwierigkeiten mit dem Stolzsein, wenn es nicht Dinge sind, die ich selbst geschaffen habe.
Ok, ich mag die klassische Musik von Wagner, Bach u.a., aber warum soll ich stolz darauf sein?
Ich lese Goethe, Schiller, Lessing, Gras, Lenz etc., aber warum soll ich stolz darauf sein?
Ich fahre durch Deutschland, erfreue mich am Rhein, an der Donau, sitze auf dem Kreidefelsen auf Rügen und schaue über das Meer... aber warum soll ich stolz darauf sein?
Ich blicke zurück auf die Vergangenheit, den 1. und 2. Weltkrieg. Ich betrachte unsere heutige Politik. Ich schaue auf Deutschland und wo es jetzt steht... warum soll ich stolz darauf sein?
Ich schlage die Zeitung auf, lese von Hartz IV, dass Herr Eichel den Tag der Deutschen Einheit streichen möchte, dass Skins am Sonntag Abend auf einem S-Bahnhof einen ausländischen Jugendlichen halb tod geschlagen haben... warum soll ich stolz darauf sein.
Faszit, ich bin deutsch, weil ich in Deutschland geboren wurde. Es hätte eben so gut Frankreich, Griechenland, Brasilien, Afrika sein können.
Warum soll ich stolz auf eine Zugehörigkeit zu einer Nation sein, die nur etwas mit dem damaligen Lebensabschnitt meiner Eltern zu tun hatte?
Faszit: Ich bin nicht einmal stolz darauf ein Mensch zu sein!
Aber ich bin stolz darauf, ich zu sein!
QUOTE (robin @ 07.Nov.2004 - 15:50) |
@akane: Was du über südländische männer, die dich als fascho beschimpfen, weil du nicht willig bist... ist eigentlich ein ganz anderes thema. (Ich nehme an, du meinst 'südländer', oder? Ich persönlich würde 'besoffene nordländer auch dazu zählen... deutsche, dänen, schweden, finnen.....) |
Hi Akane, wäre es möglich beim Thema zu bleiben?
@Rieke: Interessant, das du auf den begriff Nationalstolz eingegangen bist, ohne den Begriff Nationalbewusstsein zu beachten oder eine von robins Fragen zu beantworten.
QUOTE (Bilana @ 09.Nov.2004 - 07:59) |
Hi Akane, wäre es möglich beim Thema zu bleiben? @Rieke: Interessant, das du auf den begriff Nationalstolz eingegangen bist, ohne den Begriff Nationalbewusstsein zu beachten oder eine von robins Fragen zu beantworten. |
QUOTE |
Sind Nationalbewusstsein und Nationalstolz nicht unmittelbar miteinander verknüpft? |
ich kann mit den beiden begriffen nationalbewusstsein und nationalstolz nicht allzuviel anfangen, für mich sind beide negativ besetzt. das heisst nicht, dass ich nicht froh bin, deutsche zu sein und in deutschland zu leben. ich bin aber auch nordrhein-westfälin und ruhrgebietlerin - und das genauso gern. und einen gewissen lokalpatriotismus kann ich gelegentlich auch entwickeln. ich bin in einer zeit grossgeworden, in der sich deutsche zum ersten mal auf breiter ebene kritisch mit dem 3. reich auseinandergesetzt haben, und ich bin ziemlich sicher, dass dies ein grund ist, warum mir das 'national' so fremd geblieben ist. es ist nicht so, dass ich die geschichte immer noch als belastung empfinde. ich hab mich zur genüge damit auseinandergesetzt und finde, es gibt verdammt viele gründe, sich als deutsche nicht mehr darauf reduzieren zu lassen. wenn ich etwas als gelungen finde, dann die empfindlichkeit weiter teile der deutschen bevölkerungen gegenüber rechten idiologen, dumpfen stammtisch-parolen und hetzerischer kriegstreiberei.
die idee 'europa' gefällt mir - und das gar nicht nur aus wirtschaftlicher sicht, sondern wegen des gemeinsamen, das entsteht. grenzen habe ich immer schon als unnatürlich empfunden. und der abbau derselben ist in meinen augen was sinnvolles und versöhnliches.
kulturell find ich es fast durchweg bereichernd, wenn sich nationale identitäten kennenlernen und ein miteinander entwickeln. und das gilt nicht nur für currywurstessende italienerinnen und deutsche pizza-, döner-, sushi- oder gyros-liebhaberinnen. allerdings sehe ich auch, dass viele chancen, sich anderen kulturen zu nähern, zwar im urlaub gern genutzt werden, vor der eigenen haustür allerdings zum erliegen kommen. dabei wäre hier die kommunikation und die chance, zu verstehen, hier viel eher gegeben als im urlaub.
hallo ,
ich kann einfach auch nicht mit einem bezug zu nationalbeswußtsein dienen, war nicht in meiner muttermilch drin. hängt sicher damit zusammen, dass in unserer familie die folgen des 2.wk jeden tag präsent waren (mein vater wurde damals schwer verwundet.schädel-hirn-trauma) von daher herrschte ein kritischer dialog.
und ich vermisse da auch gar nichts. ich halte es für sinnvoll über die zuneigung zu seinem Geburtsland hinaus einen liebevoll kritischen abstand zu halten.
was suchst du in einem begriff wie nationalbewußtsein bilana, denn wenn ich dich richtig verstanden habe ist es auch für dich eine neue seite und ein weg, den du gerne beschreiten würdest, ihn aber noch nicht kennst.
ich benötige diese haltung "nationalbewußtsein" nicht, und was ich eben verstäkt denke ist, dass in einer multikulti gesellschaft eben nicht dinge wie nationalbewußtsein zählen sondern die gemeinde, diegemeinschaft, offenheit gegenüber fremdem und so weiter.
ich habe mich immer unheimlich gefreut wenn ich im ausland war und geraten wurde woher ich komme. es kamen alle möglichen nationalitäten als möglichkeitne in frage. und jemand brachte es mal auf den punkt und sagte zu mir: "you look international".
ich erwähne das nur, weil ich darauf hinaus will, dass nationales denken einfach nicht mehr zeitgemäß ist, die menschen sind aufgefordert, meine ich, sich weltoffen zu entwickeln.
wie auch schon in meinem letzten beitrag will ich deutlich machen, dass wir nicht ein bewußtsein zu unserer heimat aufbauen müssen, um uns von anderen nationalitäten abzugrenzen. im gegenteil, ich liebe andere sprachen meine kirschbäumlein und ich würde das alles gerne auch teilen mit jemand, der ne dunkle hautfarbe hat oder woher auch immer kommt. und würde gern anteil nehmen an den werten anderer.
janis
@janis: 'ich erwähne das nur, weil ich darauf hinaus will, dass nationales denken einfach nicht mehr zeitgemäß ist, die menschen sind aufgefordert, meine ich, sich weltoffen zu entwickeln.' - es klingt schön, aber ich bin der meinung, dass man sich erstmal im klaren über die eigene nationalität sein müsste, bevor man sich als 'weltbürger' empfindet... ich habe angefangen, meine tiefe bindung zum land meiner geburt erst richtig zu spüren, nachdem ich nach D gekommen war. Vorher wollte ich nur weg, ich fand mein land von vorne bis hinten sch...., die menschen primitiv, die küche langweilig und die politik neo-faschistisch (ich war damals 19). Dann saß ich in der provinz von kiel und fing an, den kaffee, die zigaretten, die nahrung, die luft und va. die sprache und die menschen zu vermissen.
Es war EINE QUAL, ich träumte noch in meiner sprache und wachte manchmal nachts auf mit dem gesicht nass von tränen... ich verstand mich nicht, ich hasste mich dafür, für meine sehnsucht, mein beinahes schmachten.
Bis heute, 27 jahren später, will ich meinen pass nicht ändern, wenn ich die wahl habe, kaufe tomaten aus MEINEM land, ... weine ich ein paar tränchen, wenn die mannschaft MEINES LANDES schon wieder die fußballweltmeisterschaft wegen eines elfmeters verliert... und frage mich, WARUM???
Es geht mir nicht um den kopf! Ich hasse nationalismus aus vollem herzen! Und ich bin absolut ehrlich, aber es geht mir um den bauch!! Und das bedeutet, dass beide wichtig sind, und das bindende tiefe gefühl zum geburtsortes für mich etwas 'ur-menschiches' darstellt. Etwas, was ich bei den meisten menschen in D vermisst habe und vermisse. Es wird mir nicht das gefühl vermittelt, dass meine damalige qual sich groß gelohnt hat, es wird mir 'keinen ersatz' angeboten, sondern hauptsächlich verdrossenheit, unverständnis und sogar die regelrechte anbiederung gegenüber anderen ländern und anderen sitten, eine mythologisierung der fremde! (ich bin einmädchen aus pyräus... wenn die sonne über capri... 3 kleine italier.... )
Entschuldige robin, aber ich kann nicht glauben, dass die menschen in D dies nicht besitzen, möglicherweise für dich nicht spürbar, aber es ist garantiert eine täuschung anzunehmen die deutsche bevölkerung empfinde keine liebe zur heimat.
mit südlichem temperament verglichen kommt dieses gefühl wahrscheinlich daher wie ein trockener trollinger ;-)
dtschänis
nein, es kommt in der tat nicht rüber. Auch nach über 2 jahrzehnte nicht, aber vielleicht hat schon mit der vorigen generation zu tun... ich begegne nicht sehr viele junge menschen! Keinesfalls denke ich, dass ich es mir nur einbilde, nicht nach so langer zeit!
PS: 'Südliches temperament' - hier schon ein mystifizierendes bild... und nein, es geht nicht nur mir so, sondern seeehr vielen immigrantInnen, die ich kenne.
@robin:
dein vorletzter beitrag hilft mir, mehr zu verstehen, welche emotionen du bei deutschen vermisst.
allerdings kommt es mir so vor, als wäre diese "bewusstheit" der eigenen verbundenheit zum heimatland vor allem ein phänomen der distanz.
ähnlich "verliebt" habe ich gegenüber meiner "heimatstadt hannover", der angeblich "langweiligsten hauptstadt deutschlands" fühlen gelernt, als ich mich mit sack und pack im "vor heimatliebe trunkenen köln" wiederfand, das mir so gar nicht heimisch werden wollte. wahrscheinlich würde eine ähnliche sehnsucht nach "deutscher heimat" mich befallen, wenn ich nach italien ziehen würde. bis dahin allerdings bleibt der wald mir hinter lauter bäumen verborgen.
@bilana:
bei der unterscheidung zwischen nationalbewusstsein und nationalstolz würde ich es gern genauso halten wie mit der unterscheidung zwischen selbstbewusstsein und stolz (hochmut?). erstes entspringt einem gefühl der sicherheit, zweites einem gefühl der unsicherheit und kränkung. darum stimme ich deiner vehemenz zu, mit der du diese beiden begriffe unterschieden haben willst.
edit: nix wichtiges
@bilana: ich denke, dass die Notwendigkeit der Differenzierung von ...bewusstsein und... stolz klar zum ausdruck gekommen ist.
allein das wort "national" ist vielleicht die Krücke an der Thematik an sich. Einfach deshalb weil der Zusammenhang und die Assoziation, die damit in Verbindung stehen negativ behaftet sind. Nationales Bewußtsein setzt voraus, dass ich mich mit der Bedeutung, dem Stellenwert, meinem eigenen Standpunkt als Mensch einer bestimmten Nation bewußt auseinander gesetzt habe. Bedeutet,einen
eigenen Standpunkt zum Heimatland gefunden zu haben, der sowohl die Stärken als auch die Schwächen vereint.
Das weicht insgesamt, so glaube ich, völlig ab von dem gängigen Denken in Bezug auf nationale Einstellung.
Ich finde das nach wie vor interessant, wenn auch äußerst schwierig, darüber Klarheit zu erlangen.
@robin: die Sehnsucht nach deiner Heimat kann ich sehr gut nachvollziehen und sie zeigt sich selbst dann, wenn man bloß die Region wechselt.Ich kann auch sehr gut nachvollziehen, dass du als du noch dort warst jede Menge Kritik auf Lager hattest.
Mein Vergleich mit dem südländischen Temperament und dem trockenen Trolinger wollte nicht das eine mystifizieren und das andere als weniger reizvoll darstellen.
Denn der trockene Trollinger hat durchaus seinen Reiz .Für die die ihn kennen, kennenlernen wollen und ihn mögen.
Ich glaube, dass die Mentalität von Bedeutung ist. Der Zugang, damit meine ich die Möglichkeit der Annäherung gegenseitig ist wahrscheinlich auch davon abhängig inwieweit sich verschiedene Mentalitäten überhaupt mögen können.
Inwieweit die Bereitschaft besteht sich gegenseitig kennen zu lernen, zu akzeptieren, zu verstehen. Du schreibst über deine Eindrücke und berichtest von Missmutigkeit "der Deutschen". Ich weiß nicht, aber ich erlebte in allen Ländern, in denen ich war Menschen, die unzufrieden oder froh sind. Und auch hier erlebe ich Menschen anderer Nationen manchmal als sehr sehr nett und manchmal eben auch nicht oder weniger. Ich kann wenig mit Pauschalisierungen anfangen.
In dieser Diskussion sehe ich zum Einen die Frage nach dem Nationalbewußtsein: Was ist das und warum brauchen wir das ?
Zum Anderen die Frage nach der Gestaltung des Lebens, auf allen Ebenen: politisch, sozial, kulturell, etc innerhalb Deutschlands als Einwanderungsland.
Gestern erst sah ich einen Bericht über die Abschottung islamistischer Föderationen in D. Die in D eingewanderten Volksgruppen kochen quasi ihr eigenes Süppchen und bauen sich ihre eigne Welt auf. Dies dient nun keinesfalls der Integration in ein anderes Land. Im Gegenteil, das ist ja gerade überhaupt nicht beabsichtigt.
Und wahrscheinlich ist schon viel zu viel Zeit vergangen ohne, dass eine Integration stattgefunden hat. Es wurde gesagt, dass noch vor 10 Jahren die Aussicht bestand verschiedene Volksguppen hier mit uns zu verbinden. Heute jedoch sieht es so aus, als ob dies völig gescheitert wäre.
Was also ist der Weg?
janis
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- es klingt schön, aber ich bin der meinung, dass man sich erstmal im klaren über die eigene nationalität sein müsste, bevor man sich als 'weltbürger' empfindet... |
Hallo allerseits.
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allerdings kommt es mir so vor, als wäre diese "bewusstheit" der eigenen verbundenheit zum heimatland vor allem ein phänomen der distanz. |
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In dieser Diskussion sehe ich zum Einen die Frage nach dem Nationalbewußtsein: Was ist das und warum brauchen wir das ? Zum Anderen die Frage nach der Gestaltung des Lebens, auf allen Ebenen: politisch, sozial, kulturell, etc innerhalb Deutschlands als Einwanderungsland. |
janis, nun bist du also nicht mehr die einzige, die sich - statt zu schlafen - gedanken über ein unzureichendes nationalbewusstsein macht ... ob wir uns nicht besser das zu denken geben sollte?
wie auch immer ...
bilana und robin haben deutlich machen können, dass in deutschland etwas fehlt, was in anderen nationen gegeben ist.
beide haben darauf hingewiesen, dass durch dieses "fehlen" auch der austausch, die kulturelle begegnung erschwert und mitunter verbaut wird.
das erscheint mir einleuchtend.
auf der bunten party der nationalitäten würde deutschland wohl wirklich eher zu den "abseitsstehern" und "spielverderbern" gehören, die jedem unterhaltsamen und zweifellos brückenschlagenden kulturvergleich mit einem "so einfach lässt sich das für deutschland nicht sagen, denn ..." das wasser abgraben.
aber ist es denn so einfach? gibt es denn diese matrix angefüllt mit feiertagen, brauchtum und sitten, die es ermöglicht, kulturen international vergleichbar zu machen und in den dialog zu bringen? lassen sich religionen, werte und traditionen so einfach übersetzen, vergleichen und in die eigene sprache einspeisen? geht das überhaupt? und wenn ja - ist das sinnvoll? oder ist es auch ignorant und gefährlich?
macht es mitunter genau diese "weltoffenheit" möglich, mit der die usa der welt in den letzen jahren gegenübergetreten sind?
im wunsch nach einer multikulturellen gesellschaft geht möglicherweise unter, dass die kultur selbst erst sinn und identität schafft, indem sie ab- und ausgrenzt. sie ist einfach kein medium zur verständigung mit dem fremden, sondern ermöglicht in erster linie das wiedererkennen der eigenheit auf kosten des fremden. das ist gut und wichtig, aber es eignet sich nicht sonderlich zum internationalen gespräch.
das muss meiner meinung nach eigene verbindlichkeiten und rituale entwickeln, die als basis für eine globale gemeinschaft dienen können.
und in diesem prozess erlebe ich deutsches selbstverständnis als ausgesprochen produktiv und greifbar. da erlebe ich gerade diese wiederkäuende starrköpfigkeit angesichts der "deutschdeutschen vereinigung" als angebracht und sehr viel tragfähiger als eine sentimentale einheitsseeligkeit, die möglicherweise von uns erwartet wird. deutschland nach '45 kann meiner meinung nach mut machen zum kulturellen kahlschlag. auch wenn vieles auf der strecke und unverstanden geblieben ist.
und auch zur scham gehört mut - und ich finde, dass dieser mut in der welt mehr gebraucht wird als nice feeling made in germany.
gleichzeitig haben viele menschen begriffen, dass der heimatliche boden, der sie nährt und schützt eine nachhaltigkeit fordert, die weit über die nationalen grenzen hinausgeht. eine am naturschutz orientierte perspektive begreift "kultur" für mein verständnis in einer sehr viel geeigneteren weise als der religiös-/geisteswissenschaftliche vergleich.
an anderer stelle hab ich geschrieben, dass der dosenpfand eine deutsche eigenheit sei, die mich mit etwas wie stolz erfüllt. nun fällt mir auf, das das wirklich eine entwicklung beschreibt, die ich mir sehr für deutschland wünschen würde.
so ... nun ists auch zeit, "guten morgen" zu sagen.
hoffe, bin nicht zu weit vom thema weg 'utopiesiert' und wünsche allerseits einen angenehmen tag!
@dtam: du bringst etwas sehr gut auf den punkt, zitat: 'im wunsch nach einer multikulturellen gesellschaft geht möglicherweise unter, dass die kultur selbst erst sinn und identität schafft, indem sie ab- und ausgrenzt. sie ist einfach kein medium zur verständigung mit dem fremden, sondern ermöglicht in erster linie das wiedererkennen der eigenheit auf kosten des fremden. das ist gut und wichtig, aber es eignet sich nicht sonderlich zum internationalen gespräch.' - darum geht es mir auch. Wichtig finde ich, genau diesen aspekt nicht zu vernachlässigen, denn wenn der 'bauch' sich meldet, kann es brenzelig werden... es geht mir, um einen positiven umgang mit der eigenen kultur bzw nation, der zb. in dem kindischen verhalten sichtbar wird, wenn ich lieber 'meine' tomaten kaufe als 'ausländischen'!!! In diesem fall ist noch eine relativ harmlose form, aber ich könnte es auch anders! Mein problem hier in D ist eher, dass die meisten menschen oft auch die 'harmlosen' aspekte unterdrücken, es ist überhaupt sehr schwierig darüber zu reden, es herrscht fast ein tabu... (änlich wie positiv über männer zu reden mit verbohrten sogenannten 'feministinnen'). Ich glaube, dass der 'deutsche bauch' viel zu melden hätte, aber sich es verbietet, und das kann m.e. gefährlich werden...
QUOTE (robin @ 12.Nov.2004 - 09:59) |
Ich glaube, dass der 'deutsche bauch' viel zu melden hätte, aber sich es verbietet, und das kann m.e. gefährlich werden... |
QUOTE |
Die alten Rezepte für Nationalbewußtsein greifen bei uns aus guten Gründen nicht, und viele scheinen nicht zu begreifen daß gerade das eine Chance ist, ein unaggressives Heimatgefühl zu entwickeln. Überall wird bemängelt daß uns seit ´45 die Traditionen fehlen, also warum nicht welche wachsen lassen, anstatt dummes Zeug aus der Mottenkiste zu holen, das schon früher nicht funktioniert hat? |
ot@dtam: du nun also auch?! willkommen im club
zum thema heute leider nix beitragen kann....
Ich finde es wirklich sehr spannend, wie sich das hier entwickelt. Mir schwirrt schon einiges im Kopf rum, aber ich brauche noch Zeit.
Schönes WE euch allen.
Bilana
hey bilana das wünsch ich dir und den anderen natürlich auch
@dtam: kannst du mir bitte deinen 'meta-text' erklären? Danke!
erlärungsversuch ist via pm unterwegs ... der metatext sollte missverständnisse vermeiden, keine neuen schaffen ... ist also nicht weiter interpretationswürdig ... hach
*geklärt!
@dtam: du schreibst. dass nationalstolz kein menschlicher trieb sei, Vielleicht ist es auch ein begriffsproblem, aber wie wollen wir den wohl menschlichen trieb nennen, der 'die eigene sippe' vor gefahren schützt, ein bestimmtes areal für sich beansprucht, usw?
Habe eben einen klienen Gedankengang gesponnen, den ich hier mitteilen möchte. Möchte ich abe nicht verallgemeinern:
Vor vielen tausenden von Jahren lebten die Menschen in Sippen (oder in kleinen Herden, denn eigentlich sind wir tierische Lebensformen und stellen uns nur selbst über andere Lebewesen, die aber ebenso viel Recht auf gesundes schönes Leben haben). Da hat sich auch die Rollenverteilung (Männer bildeteten zum Schutz vor Gefahr einen Ring um Frauen und Kinder und waren die Jäger) gebildet, sicher auch das Gruppenbewusstsein, denn grosse Staaten gab es noch nicht.
Ist also Nationalbewusstsein eine überdimensionierte Form von Gruppenbewusstsein?
@Robin, dann ist mir dein Satz aufgefallen, aus dem "Mauerfallthreat":
man kann also nicht leugnen, dass aus vielen beiträgen eine 'deutsche identität' spricht... à propos 'nationalbewusstsein'
Ich denke, da ist wahres dran, ein Nationalbewusstsein steckt sicher in vielen von uns.
Wahrscheinlich wollen wir es nicht wahrhaben wegen:
dem 2ten Weltkrieg?
weil wenn wir uns mit jemanden anderer Herkunft wegen einer einfachen und alltäglichen Meinungsverschiedenheit streiten, als rassistisch beschimpft werden könnten?
Aber ich habe so mein Problem mit Begriffen wie Nationalstolz, Gruppenzwang,...
den ich finde, wie gut oder schlecht ein Mensch ist, bestimmt nicht seine Herkunft, sondern sein "Selbst", was er in seinem Leben vollbringt:
(Z.B. halte ich den deutschen Grossunternehmer, der Firmen aufkauft und die Angestellten dieser auf die Strasse setzt und so viele Arbeitslose und Sozialfälle verursacht, für einen schlechten Menschen, weil er für das Unglück zu vieler verantwotlich ist)
Ich denke auch, auf mich trifft vielleicht "Frauenbewusstsein" oder "Lesbenstolz" zu, weil ich theoretisch jede Frau auf der Erde lieben und theorethisch jeden Mann hassen könnte.
Ich weiss, in meinem Kopf herrschen manchmal merkwürdige Gedankengänge.
@akane: 'Ich denke auch, auf mich trifft vielleicht "Frauenbewusstsein" oder "Lesbenstolz" zu, weil ich theoretisch jede Frau auf der Erde lieben und theorethisch jeden Mann hassen könnte.
Ich weiss, in meinem Kopf herrschen manchmal merkwürdige Gedankengänge.'
achduweia! in der tat! kannst du es bitte deutlicher erklären?
QUOTE (robin @ 12.Nov.2004 - 22:32) |
Vielleicht ist es auch ein begriffsproblem, aber wie wollen wir den wohl menschlichen trieb nennen, der 'die eigene sippe' vor gefahren schützt, ein bestimmtes areal für sich beansprucht, usw? |
@akana
du hast wiederholt auf eine (?) situation bezug genommen, in der dir eine faschistische einstellung unterstellt wurde, obwohl du selbst dein verhalten auf deine lesbische veranlagung zurückführst. hab ich das richtig verstanden?
für mich wäre es einfacher, wenn du diese situation entweder konkret ansprichst (dann könnten wir überlegen, wie solche missverständnisse in zukunft vermieden werden könnten) oder dir überlegst, was sich an dieser situation verallgemeinern lässt (dann könnte ich deine gedanken leichter auf die diskussion beziehen).
abgesehen davon finde ich deine gedanken keineswegs merkwürdig. einige "schlagworte" (gruppenzwang, gruppenbewusstsein, nicht wahrhaben wollen ...) bereiten mir zwar etwas magendrücken ... aber von den grundgedanken meinen wir doch ähnliches, oder?
ot: noch ne provokante frage: müssten lesben nicht frauen lieben UND hassen, während ihnen männer zumeist gleichgültig sein müssten?
QUOTE (DerTagAmMeer @ 13.Nov.2004 - 23:59) |
ot: noch ne provokante frage: müssten lesben nicht frauen lieben UND hassen, während ihnen männer zumeist gleichgültig sein müssten? |
auch auf die gefahr hin, ne spamverwarnung zu kassieren (morgen hab ich's doch schon wieder vergessen!) - eine letzte überlegung:
ließe sich bei neofaschisten in deutschland unter den oben aufgestellten behauptungen überhaupt noch von "nationalismus" sprechen - oder wären es nicht vielmehr separatistische gruppen, die ihr "deutschtum" so exklusiv auslegen, dass es zum elitären begriff wird?
meint:
identifiziert sich der politisch rechte skin überhaupt mit deutschland oder ausschließlich mit der rechten szene, ihren werten und ritualen?
so - nu is aber schluss!
ich probier mal einen gar nicht eleganten Schlenker zurück zum Thema:
Sind Lesben besonders gefährdet, in ein Schmalspurdenken à la "Lesbennation" --> "(Lesben-)Nationalismus" --> Scheuklappen-Feminismus zu rutschen, weil sie keinen unmittelbaren Anreiz haben, sich positiv der Männerwelt zuzuwenden, sondern sie im Gegenteil als Bedrohung ihrer Lesbennation empfinden? das Zugehörigkeitsbedürfnis kann innerhalb der eigenen Gruppe voll befriedigt werden, alles darüber hinaus wird als "Feind" empfunden, und die eigene Gruppe wird verherrlicht? oder schiesst das zu sehr übers Ziel hinaus?
weiss nicht, wenn das zu kompliziert ist, schubsen wir's lieber ins OT
Hallo regenbogen,
Deine Frage ist provokant und überdenkenswert. Ich möchte auf diese Weise weiterspinnen. Verstärken die Rahmenbedingungen dieses Forums ein solchen Lesbenantinaldenken möglicherweise?
Die Hausordnung ist anders gedacht und ich fühle mich ausgesprochen wohl in diesem Schonraum der virtuellen Welt.
Meine Antwort darauf ist "nein". Ich empfinde es als angenehm im Internt und im Alltag ab und an Orte aufzusuchen, an dem vorwiegend Frauen sind, die ähnlich denken und fühlen wie ich. Das gibt mir Kraft und Geborgenheit. Mich in eine Welt zurückzuziehen, die mir gut tut und andere Lebensformen als berechtigt daneben stehen zu lassen, würde ich in keinster Weise als irgendwie nationalistsich bezeichnen wollen.
Zustimmen möchte ich Deiner Aussage, dass wir da Gefahr laufen in einen Scheuklappenfeminismus zu geraten, wo wir eine Männerwelt pauschalisiert als bedrohlichen Feind reduzieren. Pauschalisieren, dokmatisieren und indoktrinieren sind für mich immer Ausdruck diktatorischen, faschistischen Verhaltens. Das lehne ich grundsätzlich ab, egal wofür es sich einsetzt.
Interessanter Weise scheinen Frauen dann dabei auch noch dieses von ihnen abgelehnte männliche denken und handeln selber zu übernehmen. Ein Widerspruch in sich. Oder liege ich falsch mit meinem Urteil, faschistisches Denken sei männlich?
Rehauge
QUOTE (DerTagAmMeer @ 14.Nov.2004 - 00:14) |
ließe sich bei neofaschisten in deutschland unter den oben aufgestellten behauptungen überhaupt noch von "nationalismus" sprechen - oder wären es nicht vielmehr separatistische gruppen, die ihr "deutschtum" so exklusiv auslegen, dass es zum elitären begriff wird? meint: identifiziert sich der politisch rechte skin überhaupt mit deutschland oder ausschließlich mit der rechten szene, ihren werten und ritualen? so - nu is aber schluss! |
QUOTE |
Interessanter Weise scheinen Frauen dann dabei auch noch dieses von ihnen abgelehnte männliche denken und handeln selber zu übernehmen. Ein Widerspruch in sich. Oder liege ich falsch mit meinem Urteil, faschistisches Denken sei männlich? |
QUOTE (Rehauge @ 14.Nov.2004 - 09:42) |
Oder liege ich falsch mit meinem Urteil, faschistisches Denken sei männlich? |
was das faschistische denken betrifft: faschismus ist eine ideologie, deren entscheidender teil der maennlichkeitskult ist. trotzdem ist das an diese ideologie angelehntes denken nicht nur dem maennlichen geschlecht eigen, da es immer genug frauen gab und geben wird, die sich den maenner mehr oder weniger freiwillig unterordnen werden.
desweiteren moechte ich fragen, ob das nun wirklich so verkehrt ist, dass frau ihr gleichgesinnte sucht? solange es sich in grenzen haelt und frau immer noch dazu faehig ist, wenigstens im beruflichen leben mit maennern gut auszukommen und nicht jeden penisbesitzer abgrundtief hasst, nur aufgrund der tatsache, dass er ein mann ist, dann ist doch alles noch in ordnung, oder? ich meine, autofans, tierliebhaber oder postmarkensammler sind auch gerne mal unter sich. sicherlich ist das bei lesben mehr eine frage des lifestyles, des lieben und leben, und weniger ein hobby ( ), aber das ist doch bei allen subkulturen auch so. und trotzdem behauptet keiner, dass meinetwegen rastas irgendwie chauvinistisch/nationalistisch sind. anders bei den neonazis. da ist der hass offen, er ist sozusagen der grund, die essenz dieser gemeinschaft. ich hoffe, keine hier will behaupten, dass der grundgedanke bei lesben maennerhass ist. oder habe ich mich bis jetzt immer getauscht, da ich so naiv war, zu glauben, dass uns frauenliebe verbindet?
lg
cd
QUOTE (regenbogen @ 14.Nov.2004 - 10:55) |
Vielleicht lässt es sich [..] sachlicher und unaufgeregter über das Thema reden, [...] weil dieses Schreckgespenst gar nicht das unerfreuliche, ad absurdum geführte Endstadium derartiger Tendenzen sein muss, sondern eigentlich ein anderes Phänomen ist? |
QUOTE |
Sind Lesben besonders gefährdet, in ein Schmalspurdenken [...] zu rutschen, weil sie keinen unmittelbaren Anreiz haben, sich positiv der Männerwelt zuzuwenden? |
QUOTE (DerTagAmMeer @ 14.Nov.2004 - 14:47) |
als drittes gegenargument würde ich gern geltend machen, dass sich kaum eine lesbe nach außen hin positiv über ihre "schwestern" äußert. die meisten sind eher darauf bedacht, bloss nicht in einer schublade mit dem lesbenflügel zu landen, der ihrem eigenen lifestyle kontrovers gegenüber steht. kollektiver lesbenstolz? kann ich nirgendwo finden. je stolzer die lesbe, desto weniger scheint sie bereit, sich im lesben-eintopf garen zu lassen ... |
Ich bin immer wieder von den intellektuellen Saltos in diesem Forum beeindruckt. Vom Nationalbewusstsein zum lesbischen Seperatismus.
Natürlich haben Lesben das Potential jede Frau auf dieser Erde zu lieben, aber haben sie deshalb das Potential jeden Mann zu hassen? Hä? Diese beiden Sachverhalte sind für mich überhaupt nicht äquivalent. Und sind Lesben in bezug auf Männer gefühlsamputiert? Sehr sehr seltsam....
Ich will mal unterstellen, das es die ein oder andere Lesbe gibt, die eine emotionale, positive Beziehung zu ihrem Vater, Bruder, Sohnemann, Cousin usw. hat.
Ach was red ich? LG hat dazu schon alles gesagt.
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ließe sich bei neofaschisten in deutschland unter den oben aufgestellten behauptungen überhaupt noch von "nationalismus" sprechen - oder wären es nicht vielmehr separatistische gruppen, die ihr "deutschtum" so exklusiv auslegen, dass es zum elitären begriff wird? meint: |
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deutschland ist für mich einerseits eine wirtschaftliche solidargemeinschaft und andererseits ein sprachraum. für alle anderen gefahren/sehnsüchte/einflüsse/identifikationsmöglichkeiten haben deutsche grenzen für mein gefühl kaum bedeutung. |
hm ... nun ist das thema zerflettert ... das hab ich jetzt also davon ... sorry.
danke bilana, dass du dir trotzdem die mühe gemacht hast, die losen enden zu sammeln. gern würde ich dir antworten, dass ich nun besser verstanden hätte, was genau du beschreibst. aber wahrscheinlich kenne ich deinen blickwinkel auf deutschland wirklich nicht. ich verstehe den wortsinn - aber erkenne den unterschied nicht
gestern abend in meiner geliebten bonner bahnhofsbuchhandlung lag ein beeindruckender schwarz-rot-goldener schinken aus: das buch der deutschen herausgegeben von johannes thiele. es lag gut in der hand - wirkte in seinem umfang und layout ein wenig einschüchternd ...
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klappentext: 'deutschland? aber wo liegt es? ich weiß das land nicht zu finden.' goethe die frage nach der identität der deutschen und die diskussion, was diese Nation zusammenhält, ist nach der wiedervereinigung von neuem entflammt [...] angesichts der wechselvollen deutschen geschichte, die glanzvolle höhepunkte, aber auch tiefste schuld und namenlosen schrecken kennt, ist die frage nach den kulturellen grundwerten und den bildungsgrundlagen eines "deutschen patriotismus" ungelöst und aktuell zugleich. in diesem buch finden die leserinnen und leser das nibelungenlied ebenso wie die lieder eines walther von der vogelweide und matthias claudius, zeugnisse der volkspoesie ebenso wie goethes "nur wer die sehnsucht kennt". das "ermächtigungsgesetz" von 1933 ebenso wie die "todesfuge" von paul celan. "deutschland, ein wintermärchen" von heinrich heine ebenso wie "die deutschstunde" von siegfried lenz und zahlreiche andere auszüge aus romanen und theaterstücken. das grundgesetz ebenso wie die präambeln wichtiger verträge der bundesrepublik deutschland. das flugblatt von sophie und hans scholl ebenso wie bewegende reden (zum beispiel die "rede zum 8. Mai 1945" von richard von weizsäcker) und den text der nationalhymne. |
mir scheint gerade in der samlung, die da ausschnittsweise zitiert ist, eine crux der ganzen nationalbewusstseinsangelegenheit zu liegen. wie soll ich mich mit einem bewusstsein für ein land ausstatten, deren wurzeln und werte offensichtlich sämtlich von männern wiedergegeben/getragen werden? ausser dem flugblatt, an dem sophie scholl beteiligt war, suche ich vergeblich frauen auf der liste. (das komplette personenregister des buches findet sich http://www.das-buch-der-deutschen.de/C1256EDA0038D2BD/0/672A23CE1260DD0DC1256F12004EC3D5?OpenDocument&knotenid=K010102&cartid=6078-01529 - aber auch dieses macht die sache nicht wesentlich besser).
wo also sind die identifikationsfiguren, die mich ansprechen? sicher sind ein paar genannt, die aber gehen im wust der männlichen genannten fast unter. und wenn ich mir die namen angucke, bemerke ich, dass ich die frauen fast durchweg kenne, was bei den männern durchaus nicht der fall ist. und natürlich kann ich z.b. mit heines wintermärchen was anfangen, aber es schleichen sich beim lesen der liste auch assoziationen zu einem götz von berlechingen ein... weiter: während u.a. rudi dutschke erwähnt wird und sogar herbert grönemeyer, suche ich namen wie alice schwarzer, clara zetkin oder helene lange auf der liste vergeblich.
@ blue moon,
ich gebe dir uneingeschränkt recht.
gleichzeitig ist dieses deutschland nun einmal lange zeit ein männlich dominiertets und definiertes stückchen erde gewesen - rückwirkend lässt sich dieser umstand kaum ändern. allerdings hindert uns das doch nicht daran, bachmann statt celan zu lesen, riefenstahl statt speer zu kritisieren - oder einfach ganz eigene akzente zu setzen!? mir ging es ja lediglich darum, "vom selben text" sprechen zu können. in diesem sinn habe ich auch solche "einbandkodizes" bislang eher als streitbaren diskussionsauftakt verstanden und bin gar nicht auf die idee gekommen, sie als repräsentativ ansehen zu sollen.
ich tu mich auch schwer und es wird auch nicht leichter zu verstehen wieso nationales bewußtsein grundlage für multikulturelles zusammenleben in d oder anderswo sein soll. nicht dass wir das nicht hätten, daran zweifle ich eben nicht, jeder mensch hat aufgrund seiner soziokulturellen prägung ein nationales bewußtsein. in welcher tragweite ist mit sicherheit ganz unterschiedlich. so ist es für mich relativ unwichtig, eigentlich. wenn ich mit anderern menschen anderer nationen zusammenkomme, dann wird über die unterschiedlichkeit vielleicht manches deutlicher. aber es aktiviert nicht mein nationalbewußtsein sondern meine wahrnehmung in bezug auf unterschiedliche rituale des alltags, rituale der kommunikation usw.
ob wir uns mit küsschen begegnen oder die schuhe ausziehen, ob wir kopftücher tragen etc.
mich interessierren andere strukturen und lebensweisen, der sinn oder unsinn der dahinter steht . und ich bin bereit zu offenheit. offenheit aber geschieht nur auf der basis der gegenseitigkeit. wie ich auch schon einmal versucht habe zu klären, dass eben aktueller stand der ist, das sich innerhalb von d parallelgesellschaften entwickelt haben und mehr entwickeln, die mit der nation in der sie leben eigentlich gar nichts mehr zu tun haben wollen. das habe ich mit erschrecken zur kenntnis genommen.
das erscheint mir die sache sehr zu erschweren, wenn nicht sogar zu krassen diskrepanzen zu führen. dies ist möglich aufgrund des mangels an nationalbewußtsein???? oder ist es eher die frage nach der gegenseitigen offenheit, zu der die bereitschaft fehlt?? und die freizügigkeit und der verzicht auf die notwendigkeit der auseinandersetzung ???
die idee mit texten zu arbeiten finde ich wirklich gut. jedoch denke ich, dass wir nicht mit mehreren texten gleichzeitig umgehen können.
Ich habe jetzt nur mal das Reflektiert, was ich als Ausländerin (außerhalb von Dland) erlebt habe und was iranische und kurdische Bekannte in Dland erleben und fühlen.
Und wenn man sich die Definition von Multikulturalismus ansieht, dann erfordert das nun einmal ein Bewusstsein jeder Gruppe über sich selbst. Alles andere wäre dann Leitkultur, melting pot, Parallelgesellschaft.
Was du schreibst janis, ist richtig, aber ist es nicht das? Du weißt wie "unsere" Rituale aussehen und du kannst zwischen "unseren" und "anderen" unterscheiden, genauso, wie du innerhalb der Gruppe der "anderen" unterschiedliche Gruppen erkennst.
Das ist doch nichts anderes.
Zu dem Buch: Schwanitz hat wohl den Kanon wieder populär gemacht. Es mag nett zum reinblättern sein, aber sonst? Soll ich mir von irgendeinem verknöcherten Historiker oder Literaturwissenschaftler sagen lassen was die Grundlage meiner Identifikation mit Deutschland ist? Wird uns Walther von der Vogelweide wirklich dabei helfen, die aktuellen Vorgänge um Parallelgesellschaft und Multikulturalismus zu verstehen? Soll es mir vorschreiben was mein Deutschland ist?
Die Idee mit dem Text: finde ich nicht schlecht. Uns sollte aber klar sein, das es diesen Diskussionskreis nicht gerade erweitert....
Grüße Bilana
@dtam:
ich hab's auch nicht so verstanden, dass du dies buch als massstab siehst. nur ist mir beim ansehen einfach aufgegangen, dass (auch) meine nicht allzugrosse bereitschaft, für dieses staatsgebilde ein (selbst-)bewusstsein zu entwickeln, vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass ich mich nicht wirklich identifizieren kann und will. oder anders, dass das nur für die teilbereiche klappen wird, für die ich einen kontext finde, der mir für kopf oder bauch was bietet - wie zum beispiel eine diskussion über leni riefenstahl.
versuche mal einen link einzubringen. habe noch nicht alles gelesen, aber den eindruck, dass hier auf die fragen nach ethnischem bewußtsein und einem leben in multikultureller landschaft eingegangen wird. sehr interessant, wie ich finde!
sollte es auch auf eure interesse stoßen könnte dies ja eine diskussionsgrundlage sein.
http://http://www.bpb.de/publikationen/XPXZV2,0,0,Multikulturalismus_in_Kanada_Modell_für_Deutschland.html
grüße janis
edit: schade, der link läßt sich nicht aufrufen!
Mit der Druckversion klappt das Verlinken (hoff ich):
http://www.bpb.de/popup_druckversion.html?guid=XPXZV2
wenn ich dich nicht hätte!!!
der text ist gut, obwohl ich natürlich nix vor ort nachprüfen kann, ich wüsste gerne wie die stimmung unter einwanderern in kanada so ist... allerdings schreibt der autor, dass man es nicht auf die lage in deutschland übertragen kann, weil d. eben kein 'traditionelles' einwanderungsland ist. Und damit hat er, finde ich, wohl recht. Was mich allerdings tagelang immer wieder beschäftigt hat, war der gedanke, dass ein einwanderer sich zuerst als kanadier, deutscher, usw empfinden sollte. Dh. er sollte sich erst mit dem land identifizieren, in dem er lebt, und dann mit seinem ursprungsland. Das fand ich äußerst faszinierend... wenn man davon ausgeht, dass es das A&O von 'integration' bzw sich-heimisch-fühlen darstellt...
Ich habe in der Suchmaschine die Begriffe +patriotismus +definition, sowie +nationalismus +definition abgeklappert. Unter +patriotismus +definition habe ich überhaupt nichts Sinnvolles gefunden, unter +nationalismus +definition lediglich das hier:
http://evakreisky.at/onlinetexte/onlinereihe_8tes_kap_zwanzigstesjh.php
OK, miese Reaktionszeit. :-(
Trotzdem eine Frage:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,329986,00.html
Ist das ein wirklicher Trend oder etwas, das der "Spiegel" herbeizuschreiben versucht ?
hm, jetzt kommt ein ganz dilettantischer Ansatz einer Erklärung -
jedenfalls habe ich diese Vorstellung der Begriffe:
Patriotismus - patria, Heimat, Region: (übersteigerteR) Stolz auf bzw. Orientierung hin zu einem geographisch, ethnisch enger gefassten Siedlungsraum
Nationalismus - (übersteigerteR) Stolz auf bzw. Orientierung hin zu einem größeren, administrativ strukturierten, historisch gewachsenen Territorium, das eine Gemeinschaft verschiedener "Ethnien" nicht ausschließt, aber einen kulturellen, ideologischen Kontext zur Basis hat.
Wer bietet mehr?
Auf fast heimlichen Wunsch von Robin hier die ersten Erfolge der Fussball-WM auf den Tag am Meer:
Ich ertappe mich dabei "stolz" auf "unser" Flaschenpfand zu werden, wenn ich die Welt zu Gast bei Aldi mit Einkaufswagen voller PET-Flaschen durch die Innenstadt flanieren sehe.
Den Gemeinschaftstaumel finde ich allerdings (im Gegensatz zu meiner Leib-und-Magen-TAZ) alles andere als harmlos. Und das "Superdoitschland"-Gejohle halte ich auch nicht für "entspannte Begeisterung sportinteressierter Individuen" sondern nach wie vor für Omnipotenzphantasien komplexgeplagter Gruppentierchen.
Ich bin auch nicht geschmeichelt, dass WM-Gäste wie auf Knopfdruck die Schönheit deutscher Frauen zu loben wissen.
Und ich fühle auch keinen Ruck durch Deutschland gehen, weil es Frau Merkel jüngst vom Stadionstuhl gerissen hat.
Ich bin auch noch immer nicht frei genug, endlich mit einer schwarz-rot-goldenen Fahne vor dem Kopf hupend durch die Gegend fahren zu dürfen.
Alles in allem habe ich das durchaus beklemmende Gefühl, dass die nationale Ruhe im Nachkriegsdeutschland immer öfter als "Spielverderberei" hingestellt werden und unwidersprochen ins Lächerliche gezogen werden kann; und dass rechtradikale "Ausrutscher" unkommentiert ignoriert und im Jubel der "Gerechten" vereinnahmt werden.
Insofern tut's mir grad leid für die Spieler ... für das Land in dem ich lebe freut's mich, nun ein guter Verlierer sein zu können.
ein gaaaanz heimlicher wunsch...
ich kann nicht mal ganz genau sagen, woran es liegt. vielleicht kommt's auch daher, dass ich mich vom fussball-seeligkeits-hype ganz schön habe vereinnahmen lassen, aber mir geht's diesmal anders. bis auf ganz wenige momente in der geschichte, die ich bislang mitgelebt habe, hat mir die starke identifikation von mitbürgern mit deutschland immer quergelegen. gerade in zusammengerotteten mengen waren mir diese deutschen mit ihren fahnen im schrebergarten oder sonstwo immer suspekt. und ich hab sie erlebt, die hässlichen deutschen, die in frankreich am strand die 1. strophe gesungen haben, oder die zum erfolg bei der wm90 die reichskriegsflagge geschwenkt haben. vor zwei wochen noch hab ich sie vor meiner haustür hirnlos(en) alten schwachsinn singen hören...
und jetzt? da wurde - ziemlich unerwartet - grosser fussball geboten, die nation schwelgt in begeisterung und alle bedenken gegenüber den rechten sind hinfällig? ich kann nur sagen: ja! im grunde fühl ich mich wohl bei den fahnenschwenkern, ohne selbst zu schwenken. in meinem stadtteil haben viele doppelt geflaggt, auch für die italiener. das ausland (gerade auch england und israel) lobt nicht nur die friedliche athmosphäre um die wm, sondern beachtet auch den friedlichen, fröhlichen und leichtfüssigen (so hab ich ihn die letzten wochen wahrlich empfunden) patriotismus.
..."friedlich, fröhlich, leichtfüßig.." - genauso ist auch mein Empfinden in den vergangenen Wochen gewesen...und ich habe hier erlebt, dass Deutsche den Italienern zum Sieg im Halbfinale gratuliert haben...und dass jene, die noch nach der Niederlage mit beflaggten Autos herumfahren, es tun, weil sie froh und stolz darauf sind, dass Deutschland es weit gebracht hat, dass das Team fair und geeint wunderbaren Fußball gezeigt hat - und nicht aus nationalistischem Trotz...Klar, es gibt auch die Unverbesserlichen, die in ihrer Trauer um das verlorene Halbfinale Italiener als "Pizzabäcker" (wohl die neuere Form von "Spaghettifresser") anpöbeln...aber es ist die Ausnahme...zumindest da, wo ich wohne...Hier haben die Deutschen mit den Italienern gefeiert...natürlich nicht so, als hätte Deutschland Einzug ins Halbfinale gehalten, aber dennoch...
Und die vielen "ausländischen" Komplimente zu dieser wunderbar ausgerichteten und fröhlichen WM, die wirklich ein Fußballfest war und ist, tun uns Deutschen doch auch gut.
Weshalb also nicht mal die Fahne schwenken?
Endlich spüre auch ich als 37 Jahre alte Deutsche mal was von der "Gnade der späten Geburt"...WM sei Dank....
Mir gehts genauso wie euch, überall fröhliches und freundliches Treiben.
Unsere ausländischen Gäste haben sich hier durchaus wohlgefühlt und sehr löblich über unsere Gastgeberqualitäten ausgelassen.
Das schönste bis jetzt, habe ich aber gestern Abend gesehen:
Ein kleines ca. 7jähriges Mädchen dass bitterlich anfing zu weinen als der Schlusspfiff ertönte und gleich darauf von ihrer gleichaltrigen italienischen Freundin getröstet wurde.
wie rührend....*schluck*
In der tat, so heimlich war mein wunsch nicht. Im gegenteil hat es mir schon lange leid getan, dass dieser thread eingepennt war.
Lange vor der wm schon, und jetzt schien mir der zeitpunkt für eine weitere diskussion einfach sehr geeignet.
Bei mir hat sich - seit meinen letzten alten beiträgen - nichts verändert: Gestern bin ich im dreieck herum gehüpft, habe gekreischt, dass mein ganzes 'kaiserinnenreich ottensen' gezittert hat... und gerade heute abend, vor 2 stunden, hatte ich eine diskussion mit einer frau, die mich zutiefst 'aufgewühlt' hat. Denn ich konnte plötzlich nicht mehr argumentieren. Sie sagte, sie habe sich gestern riesig gefreut, dass deutschland verloren habe. Ich fragte sie verblüfft warum, und wir begannen eine unerfreuliche auseinandersetzung. Ich teilte ihre meinung, dass 'nation' ein willkürliches konstrukt ist, trotzdem behaupte ich, dass freude empfinden zu können, wenn man zb. an das land denkt, wo man geboren wurde, etwas gesundes sei.
Wir kamen uns überhaupt nicht näher, weil sie 'das gefühl & die leidenschaft' abtat, als seien sie per se krank. Und ich habe inzwischen für mich - ganz persönlich - gelernt, gefühle im allgemeinen erstmal zu respektieren. Zu schauen, was alles mitspielt, auch kritisieren, aber auch genießen. Ich halte mich für ausgesprochen menschenfreundlich, ich würde sagen für menschenliebend, und denke, dass ich einen ausgeprägten gerechtigkeitssinn besitze. Trotzdem will ich mich weiterhin - wenn es hart auf hart kommt, wie gestern beim fußballspiel - für eine italienerin halten.
Ach, es ist so schwer das alles in worte zu fassen!
edit: 2 fehler
Ich kann das schon verstehen, robin...Und es ist wirklich nicht einfach zu erläutern...
"Stolz" darauf, Deutsche zu sein, kann ich auch nicht empfinden, denn ich meine, stolz dürfe ich nur auf etwas sein, das ich mir selbst zurechnen kann...und ich bin ja nicht "freiwillig" oder "absichtlich" Deutsche...ich musste keinen Finger dafür rühren...ich bin als Deutsche geboren...
ABER: ich darf mich mit jenen, für die die Nationalmannschaft spielt, mitfreuen..und das gemeinsame Freuen und auch Leiden schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl..nicht nur zu den Eingeborenen, sondern zu allen, die dabei sind und solidarisch hinter "unserer" Mannschaft stehen.
Ich freue mich an der Fairness unserer Mannschaft, daran, dass das Ausland sein Bild von "den Deutschen" (zu welchen ich ja auch gehöre) revidieren kann und das auch gerne tut, daran, dass die deutschen Underdogs es allen gezeigt haben...auch wenn sie nun um den 3. Platz spielen..
Und weg vom Fußball finde ich es gut für das Volk, das Deutschland bewohnt, wenn es sich irgendwie an einem Punkt trifft...wenn es sich zusammengehörig fühlt.
ich frage mich allerdings, wie ich fühlte, wenn ich keine emigrantin wäre.
Es kann sein, dass die psyche ganz andere töne spiele ... in der 'fremde'. Aber 'zu hause'?!? Vielleicht würde ich ein italienisches 'fahnenschwengen' nur noch abstoßend finden.
edit: 1 fehler
QUOTE (robin @ 05.Jul.2006 - 19:10) |
Wir kamen uns überhaupt nicht näher, weil sie 'das gefühl & die leidenschaft' abtat, als seien sie per se krank. Und ich habe inzwischen für mich - ganz persönlich - gelernt, gefühle im allgemeinen erstmal zu respektieren. Zu schauen, was alles mitspielt, auch kritisieren, aber auch genießen. |
@dtam: Du hast auf den punkt gebracht, was ich ausgelassen hatte
Die gefühle sind die gleichen bzw. sie entstehen aus einem einzigen bedürfnis: Dazu zu gehören. Die sehnsucht danach, sich 'einer masse' hinzugeben.
Genau dieses bedürfnis nehme ich ernst, es ist allzu menschlich (auch schimpansig vielleicht? ) und es lässt sich unheimlich gut manipulieren. Schon immer und überall.
Früher habe ich als 100% agnostikerin gänsehaut in kirchen bekommen, wenn die orgel spielte. Heute passiert es nicht mehr. Hab ich 'es' überwunden?
Nein, kein bisschen: In der süleymaniye-moschee in istanbul hat mich dasselbe gefühl angesprungen, weil moscheen für mich etwas neues sind, was ich früher nicht kannte.
Allerdings ging es mir beim 2. besuch der selben moschee völlig anders. Lerne ich inzwischen schneller?
Beim fußball klappt es noch wunderbar (mit der leidenschaft), WEIL ich 'nur' die em und wm kucke. Würde ich jede woche ein solches spiel sehen ... naja, ich bin sicher, es würde sich dann so verhalten wie mit der moschee.
Aber meine 'nationale' leidenschaft kennt ihre grenzen: Ich könnte nie sagen "unsere jungs" (= fußballspieler), und da wäre nicht mein kopf dabei aktiv, sondern mein bauch. Ich käme ganz einfach nicht auf die idee!
Ich bin wirklich der meinung, dass die sehnsucht nach der 'masse' (wie kann ich das schöner sagen? ) der ursprung des nationalismus in all seinen facetten ist. Das habe ich auch der frau gestern gesagt. Sie erwiderte, dass dieses bedürfnis nicht 'urmenschlich' sei, sondern die folgeerscheinung einer indoktrinierung. Da musste ich passen.
Lieb dtam, vielen dank, dass du den thread ausgegraben hast!
Für Fußball kann ich mich noch immer nicht begeistern. Aber, ein bisschen Nationalstolz (?) oder zumindest Freude an dem was wir (Deutschen) hier so haben, das gefiel mir schon sehr an der WM.
Ja sicher es gibt noch viel zu verbessern, viel zu tun. Aber das heißt ja nicht, dass das was da ist schlecht ist.
Ich hatte zur WM auch Gäste von ganz ganz weit weg und war mal wieder baff aus welch anderer perspektive Deutschland doch gesehen werden kann.
Und warum ist es überhaupt verpönt Stolz auf etwas zu sein, was man selbst nicht geschaffen hat? Stolz hat doch auch was mit Hochachtung und Annerkennung zu tun, unabhängig davon wer es geschaffen hat.
Und irgendwie trägt ja auch jede etwas zum System Deutschland bei. Der Beitrag einer jeden einzelnen ist klein, aber ob es uns passt oder nicht, wir sind Deutschland.
ich war schon immer stolz auf deutschland und bin noch längst kein nazi...finde diese assoziation auch sehr bescheuert..mir gehts hier besser als in vielen anderen ländern, wo ich nicht mal n dach überm kopf hätte..naja, bin auf jeden stolz auf das land...
QUOTE (jackamo @ 06.Jul.2006 - 17:54) |
ich war schon immer stolz auf deutschland und bin noch längst kein nazi...finde diese assoziation auch sehr bescheuert.. |
QUOTE (jackamo @ 06.Jul.2006 - 17:54) |
..mir gehts hier besser als in vielen anderen ländern, wo ich nicht mal n dach überm kopf hätte..naja, bin auf jeden stolz auf das land... |
Leider wahr. Und ein skandal noch dazu.
QUOTE (robin @ 06.Jul.2006 - 09:16) |
Ich bin wirklich der meinung, dass die sehnsucht nach der 'masse' (wie kann ich das schöner sagen? ) der ursprung des nationalismus in all seinen facetten ist. Das habe ich auch der frau gestern gesagt. Sie erwiderte, dass dieses bedürfnis nicht 'urmenschlich' sei, sondern die folgeerscheinung einer indoktrinierung. Da musste ich passen. |
Mir ist es auch völlig schnuppe, ob das, was ich "sehnsucht nach masse" angeboren oder antrainiert ist. Wichtig für mich ist die tatsache, dass sie vorhanden und - wie alle bedürfnisse - manipulierbar ist.
(Im übrigen finde ich dieses bedürfnis sehr schön, es im grunde genommen hat etwas von hingabe und auch offenheit).
Die deutsche "flaggen & hymne"-phase, die deutschland zur zeit ergreift, hat in meinen augen etwas pubertäres, als wäre sie ein erstes schrittchen richtung emanzipation.
dazu fällt mir am ehesten ein, dass es offenbar nicht nur mein gefühl war, dass bei der grossen fussball-party frauen eine rolle wie noch nie gespielt haben. unterstützt wird mein gefühl durch artikel wie http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,425324,00.html oder http://www.rp-online.de/hps/client/opinio/public/pjsub/production_long.hbs?hxmain_object_id=PJSUB::ARTICLE::78007&hxmain_category=::pjsub::opinio::/wm2006. vielleicht kommt mein eindruck eines sympathischeren patriotismus auch daher, dass die fussballnationale glückseeligkeit nicht in erster linie kraftmeiernd männlich rüberkommt, sondern auch von weiblicher begeisterung getragen wird/wurde.
Der Mensch, männlich wie weiblich, ist gern Teil von etwas, und möchte das auch ab und an ausleben. Dazu braucht er andere, die auch Teil von etwas sein wollen. Also wollen auch Frauen mit anderen zusammen sein, fachsimpeln, Bier trinken, mitreißende Spiele sehen, Tore bejubeln, gewinnen und im Gemeinschaftsgefühl versinken.
Es freut mich das zu lesen, ich fühle mich dadurch in meiner meinung bestätigt
@bluemoon: Allerdings habe ich die so starke 'weibliche einmischung' bei dieser wm überhaupt nicht so aufgefasst wie du.
Ich fand sie eher abstoßend. Es ist für mich der ultimative beweis dafür, wie hetero-terror funktioniert
hm... die frauen nur als 'anhängsel' ihrer fussballverrückten männer? meinst du das so? also, meine mutter hat wohl zum ersten mal in ihrem leben ein fussballspiel freiwillig gesehen. bei einem ausflug mit einer horde anderer frauen aus ihrem kegelclub. - bis dahin hat sie immer mitgeguckt, wenn mein vater wm-spiele sehen wollte... eher zwangsläufig und mit nicht halb soviel spass wie mit dieser frauentruppe.
Ja, genau das meinte ich. Es mag ausnahmen gegeben haben (und über sie freue ich mich sehr, denn fußball ist einfach eine schöne sportart! )
Alles, okay 99%, was ich hier in der stadt mitbekommen haben, entsprach haargenau die boulevard-kack-darstellung: mit den flaggenfarben aufgebrezelte frauen auf dem flirt- und party-trip! Oder als 'mitmachende', weil die männer eben auch ... Ich habe kolumnen gelesen, mit ratschlägen an die frauen: Was tun, um dem mann auch während der wm zu gefallen (Tipp: Machen sie sich mit schwarz-rot-gelb sexy für ihn!)
Vom sport keine ahnung, aber immer brav mit der dämlichen frage 'Abseits?! Oh, schatz, erklärst du es mir nochmal?' berit zu kokettieren.
Sorry, ich weiß, ich bin gerade heftig, aber ich fands schlimm!
QUOTE (blue_moon @ 07.Jul.2006 - 17:06) |
... eines sympathischeren patriotismus ... |
QUOTE |
Ich will nie ein Nationalist sein, aber ein Patriot wohl. Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt, ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet. Wir aber wollen ein Volk der guten Nachbarn sein, in Europa und in der Welt. (Johannes Rau (SPD), Altbundespräsident, Rede vom 23. Mai 1999) |
QUOTE |
Patriotismus ist Liebe zu den Seinen; Nationalismus ist Hass auf die anderen. (Richard von Weizsäcker (*1920), dt. Politiker (CDU), Bundespräsident v. 1984-94) |
QUOTE (robin @ 07.Jul.2006 - 16:57) |
Ja, genau das meinte ich. Es mag ausnahmen gegeben haben (und über sie freue ich mich sehr, denn fußball ist einfach eine schöne sportart! ) Alles, okay 99%, was ich hier in der stadt mitbekommen haben, entsprach haargenau die boulevard-kack-darstellung: mit den flaggenfarben aufgebrezelte frauen auf dem flirt- und party-trip! Oder als 'mitmachende', weil die männer eben auch ... Ich habe kolumnen gelesen, mit ratschlägen an die frauen: Was tun, um dem mann auch während der wm zu gefallen (Tipp: Machen sie sich mit schwarz-rot-gelb sexy für ihn!) Vom sport keine ahnung, aber immer brav mit der dämlichen frage 'Abseits?! Oh, schatz, erklärst du es mir nochmal?' berit zu kokettieren. Sorry, ich weiß, ich bin gerade heftig, aber ich fands schlimm! |
QUOTE (blue_moon @ 07.Jul.2006 - 17:33) |
hm... die frauen nur als 'anhängsel' ihrer fussballverrückten männer? meinst du das so? also, meine mutter hat wohl zum ersten mal in ihrem leben ein fussballspiel freiwillig gesehen. bei einem ausflug mit einer horde anderer frauen aus ihrem kegelclub. - bis dahin hat sie immer mitgeguckt, wenn mein vater wm-spiele sehen wollte... eher zwangsläufig und mit nicht halb soviel spass wie mit dieser frauentruppe. |
Auch wenn wir mittlerweile bei dem weit schöneren Thema fußballinteressierter Frauen gelandet sind, würde ich Euch gern noch ein bisschen mit meinen persönlichen Bauchschmerzen belästigen. Vielleicht auch gerade WEIL ich sie gern widerlegt bekommen würde, um mich wieder wohler hier zu fühlen.
Während "Deutschland" also im neu erwachten Wir-Gefühl badet, werden die Hartz-Gesetze "optimiert", das Gesundheitssystem "reformiert", das Erziehungsgeld durchs Elterngeld ersetzt.
Und Bild, Focus und Co. vergessen neben dem "Wir-sind-Deutschland-Hype" nur selten den mittlerweile allseits bekannten "Sozial-Schmarotzer" mitzuerwähnen.
Das Bild fügt sich prblemlos zusammen: Alles könnte so schnell bergauf gehen, wenn wir, die guten, starken, rechtschaffenden (also profitabel arbeitenden!) Bürger endlich befreit würden von der Solidargemeinschaft mit solchen, die uns auf der Tasche liegen ...
Und dank gepfefferter Eintrittspreise beim "Public Viewing" auf dem Bonner Münsterplatz lässt sich ja auch (bestens abgeschirmt vor "Schwarzguckern") schon mal testen, wie sich "Volkssport in elitär" so anfühlen könnte. Da scheint es dann (und da sind wir wieder bei den Frauen der WM 2006) wirklich sehr viel gesitteter zuzugehen ... selbst die Geheimratsgattin gibt sich mit Prosecco und Schwarz-Rot-Gold-Lidschatten die Ehre.
Bei Wikipedia lässt sich auch lesen: "Wird die Rolle des Sündenbockes einer Gruppe von Menschen zugewiesen, spricht man von einer Verschwörungstheorie [...] d.h. von einer durch Machteliten verbreiteten Ideologie, die das Ziel hat, bestimmte soziale, rassische oder politische Minderheiten im eigenen Land oder auch äußere Feinde zum Sündenbock für aktuelle Krisenerscheinungen zu machen oder von der eigenen mangelnden oder schwindenden Legitimation abzulenken. Eine solche Projektion auf einen Sündenbock kann für die Mehrheitsbevölkerung identitätsstiftende Funktionen bekommen."
QUOTE |
Während "Deutschland" also im neu erwachten Wir-Gefühl badet, werden die Hartz-Gesetze "optimiert", das Gesundheitssystem "reformiert", das Erziehungsgeld durchs Elterngeld ersetzt. |
QUOTE (Bilana @ 08.Jul.2006 - 23:41) | ||
Wo ist der Widerspruch? [...] Ansonsten muss man leider sagen, haben wir es ja auch mit demographischen und volkswirtschaftlichen Tatsachen zu tun. |
QUOTE (Bilana @ 08.Jul.2006 - 23:41) |
Ohne Selbstwertgefühl (in dem Fall ein nationales), kann es maximal Pflichterfüllung aus Angst vor Strafe geben. |
auch wenn es nicht direkt nationalismus ist, sondern einfach nur der beweis von intoleranz, dummheit und sassismus. hier die äußerungen eines italienischen ex-politiker http://www.netzeitung.de/sport/wm2006/421099.html
ich denke, dass hier der plumpe nationalismus am besten zu schau gestellt wird.
@robin
[quote]mit den flaggenfarben aufgebrezelte frauen auf dem flirt- und party-trip! Oder als 'mitmachende', weil die männer eben auch ... Ich habe kolumnen gelesen, mit ratschlägen an die frauen: Was tun, um dem mann auch während der wm zu gefallen [/quot]
zum einen werden diese artikel immer noch von männern geschrieben und die haben in beiden hamburger blättern mit vier buchstaben ihre intelligenz (sofern sie eine haben) im gehirn, sondern an anderer stelle.
zum anderen treffen sich auf den fanfesten nicht unbedingt die personen, die sich ihrer stellung in dieser gesellschaft äußerst bewusst sind. es sind auus meiner sicht dieseoben, dennen es nur um eins geht: party. die anderen gruppen findest du dann halt in irgendwelchen kneipen oder in kleinerer oder größerer privaten runde vor dem fernsehe im heimischen wohnzimmer
@der Tag am Meer
auch ich gerate manchmal in die situation mir selbst glauben machen zu wollen "das alles" - heißt also gesundheitsreform , hartz IV - verschärfung etc. sei notwendig - allein shon deshalb, weil es ja viele so darstellen,
wenn ich mir dann allerdings überlege, dass die fifa für ihre 5,6 Milliarden Gewinn keine Steuern zahlen muß... bin ich dann doch wieder im Lot - es ist genug geld da, die verteilung ist "ungünstig" - und wenn nur noch 39 % der bevölkerung ein einkommen aus erwerbsarbeit haben, ist das halt nicht genug.... von denen wird dann allerdings auch verlangt, wenn´s geht, dankbar zu sein -
bei uns gelten dienstreisen mittlerweile als "anerkennung" - so nach dem motto
"du darfst mal raus" - ich hab gedacht, mir fällt die kinnlade runter.... nicht falsch verstehen, ich gehe gerne raus, aber ich wußte bisher nicht, dass ich dafür dankbar sein soll.... und das eine belohnung ist... wenn ich mir den abend in irgendeinem hotelzimmer allein um die ohren schlage...
im moment warte ich jetzt darauf, das uns erklärt wird, wie wirtschlaftlich erfolgreich die wm war - und das wir schön weiter so zusammenstehen sollen... komme was wolle -
QUOTE (pfefferkorn @ 11.Jul.2006 - 11:00) |
es ist genug geld da, die verteilung ist "ungünstig" - und wenn nur noch 39 % der bevölkerung ein einkommen aus erwerbsarbeit haben, ist das halt nicht genug ... |
Das habe ich heute gelesen. Ein 'frecher' artikel, aber !
http://www.taz.de/pt/2006/07/12/a0192.1/text
edit: Ist das ganze inzwischen völlig OT geworden?
stimmt! ein guter artikel!
ist es eigentlich eine verunglimpfung der insignien des staates, wenn ein gewisses blatt heute nur noch 'schwarz-rot-geil' geifert? kann man gegen sowas nicht klagen? das ist eine auswirkung, die ich absolut und ausschliesslich widerlich finde!
@bluemoon: Spricht das blatt vielleicht die geheimen fantasien vieler 'bürger' aus?
QUOTE (blue_moon @ 12.Jul.2006 - 18:45) |
ist es eigentlich eine verunglimpfung der insignien des staates, wenn ein gewisses blatt heute nur noch 'schwarz-rot-geil' geifert? kann man gegen sowas nicht klagen? das ist eine auswirkung, die ich absolut und ausschliesslich widerlich finde! |
QUOTE (blue_moon @ 12.Jul.2006 - 18:45) |
ist es eigentlich eine verunglimpfung der insignien des staates, wenn ein gewisses blatt heute nur noch 'schwarz-rot-geil' geifert? kann man gegen sowas nicht klagen? das ist eine auswirkung, die ich absolut und ausschliesslich widerlich finde! |
QUOTE (Ahn @ 14.Jul.2006 - 13:24) |
Seine Freundin kann man Schatzi oder Mausi rufen. Das ist doch süß. Da fällt der süße Soli doch kaum auf. |
Ich meinte damit den Solidaritätszuschlag. Die Verniedlichung ist ein Witz.
Ich bin es leid , für dumm verkauft zu werden. Ich finde , es wäre einfacher , der Staat überweist den Lohn , abzüglich allem , was an Ökosteuer oder sonstigen Abgaben zu zahlen ist. Dann muß man sich wenigstens keine Märchen mehr anhören.
QUOTE (blue_moon @ 12.Jul.2006 - 18:45) |
stimmt! ein guter artikel! ist es eigentlich eine verunglimpfung der insignien des staates, wenn ein gewisses blatt heute nur noch 'schwarz-rot-geil' geifert? kann man gegen sowas nicht klagen? das ist eine auswirkung, die ich absolut und ausschliesslich widerlich finde! |
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