Entscheidung und Verwantwortung
Ursprünge und Wirkungsmechanismen einer gewalt(tät)igen Entwicklung
Inzwischen jährt sich mal wieder der 9.11.Von welchem Standpunkt man es aus sehen will, dieses Ereignis hat weiteichende politisch-globale Folgen gehabt. Redner von Terrorismus, Sicherheit, Massevernichtungswaffen und Apokalypse werden nicht mehr als hysterische Spinner angesehen. Und Angriff scheint nun fast legitimes Mittel zur Verteidigung. Fast. Denn wenn man von ständig präsenten militärischen Prozessen in den USA, Israel, Palästina, vielen Guerilla-Kriegen in Ländern Afrikas u.a. Gebieten einmal absieht, stellen sich Fragen-
Kann der Mensch auf Dauer ohne Krieg leben? Inzwischen werden Kriege ja auch nicht mehr allein aus Konkurrenz um begrenzte, notwendige Güter- sonder aus Erhaltung eines Überschusses geführt. Und ist es gerade dieser Überdruss an der Zufriedenheit, die Langeweile, die viele für einen heroisierten Schrecken begeistern lässt? Es scheint eine ständige Widerholung zu sein- Menschen die voller Übermut losziehen, völlig blind und die als Wrack zurückkehren und die Verantwortung wie ein Kind von sich weisen, Schuldige suchen mit dem Satz „Ich wusste es nicht, ich habe doch nichts getan. Es war (nur)...“
Aber auf der anderen Seite gibt es auch Länder und Menschen die trotz massiver Bedrohung versuchen gewaltlos und friedlich handeln. So zum Beispiel die tibetische Bevölkerung, als Mao und seine roten Truppen einmarschiert sind und die immer noch unter Maßnahmen zu leiden hat. Da hat kein Land der Welt nach „Befreiung der Bevölkerung geschrieen“. Na ja, die Tibeter haben ja auch kein Öl, nur einen schönen Ausblick...
Liegt es am Menschen oder (auch) an Kultur, Land, Klima, Familie, ... Inwieweit ist der Mensch für seine Handlungen verantwortlich und wieweit sollte er es sein?
Wo liegen die Ursprünge von Gewalt- im Menschen veranlagt oder äußerer Einfluss? Beides- und in welchem Zusammenspiel? Der Mensch unter dem Blickwinkel von Wille, Entscheidung und Verantwortung.
Wir hatten im Wohnzimmer bereits die Diskussion welche Rolle Frauen im Krieg spielen- die Frage ist leider dann ein wenig eingeschlafen- inwieweit unterscheidet sich da nocheinmal Gewalt oder wird durch Erziehung geprägt- oder aich durch politische Einflüsse? Die Frage nach den Zusammenhängen...
@ Gilgamesch
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Menschen die voller Übermut losziehen, völlig blind und die als Wrack zurückkehren und die Verantwortung wie ein Kind von sich weisen, Schuldige suchen mit dem Satz „Ich wusste es nicht, ich habe doch nichts getan. Es war (nur)...“ |
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Kann der Mensch auf Dauer ohne Krieg leben? |
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Und ist es gerade dieser Überdruss an der Zufriedenheit, die Langeweile, die viele für einen heroisierten Schrecken begeistern lässt? |
@Leonie- moin moin erstmal-
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Übermut ist für mich assoziiert mit Kindern. Nun, jene fangen auch Kriege an, aber m. E. n. um das Vertragen zu erlernen. Wird ein Kind grausam geboren? |
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Worauf ich hinaus will: Wenn der Mensch KINDER missbraucht, um seine Interessen durchzusetzen, möchte ich nicht mehr von Unüberlegtheit sprechen. Wenn ein Mensch Kinder einsetzt, dann ist das eiskaltes Kalkül. |
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Eine intelligentes Wesen, wie es der Mensch ist, wird nie ohne Kriege leben können |
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Nun, ich denke nicht, dass Kinder "Kriege"/Rangeleien o.ä. anfangen, um sich- vertragen zu lernen- eher um die Grenzen zu erforschen, |
Verdammt, warum kann ich mich nur nicht zurückhalten?
Aber das Thema, dass du anschneidest ist zu interessant.
Zuerst will ich sagen, dass ich nicht dran glaube, dass ein Volk/eine Gruppe unter gewaltsamen Druck friedlich und diplomatisch bleiben kann. Das Miterleben von Gewalt und Ungerechtigkeit verändert psychisch zu sehr. Ich würde sagen Gewalt korrumpiert.
Tibet ist auch nur eine westliche Wunschvorstellung. Es mag sein, dass die damaligen Herrscher in Tibet keinen so hegemonialen Zielen anhingen wie die andere Großmächte der Region. Die Chinesen kamen mit Bombern und Maschinengewehren und haben die berittene (!) Armee der Tibeter einfach überrannt. Tibet wollte sich wehren, war aber einfach zu schwach. Die tibetische Geschichte ist ein ganzes Stück weit mystifiziert, Shangri La sei dank.
Auch wenn es niemand gerne hört, aber den jetzt noch lebendes Tibetern geht es materiell wesentlich besser als damals. (Das es einen Genozid an den tibetischen Völkern gab und die Staatengemeinschaft weggesehen hat, soll damit nicht abgestritten werden.) Aber bevor die Chinesen kamen war Tibet eines von vielen feudalistisch organisierten Ländern, nicht mehr. Die romantischen Beschreibungen des tibetischen Lebens aus damaliger Zeit rühren daher, dass die Westler, die damals dort leben durften von den feudalen Herrschern, den weltlichen und geistlichen Landlords aufgenommen wurden und nicht das Leben des normalen Volkes gelebt haben. (Namentlich Harrer, Aufschneiter, Baron und Younghusband ). Das die damaligen Herrscher keinen Kontakt zur Außenwelt wollten hatte den gleichen Grund warum Fremde in allen Diktaturen der Welt nicht willkommen sind.
Das sind die einzigen „unabhängigen“ Quellen von damals. Lediglich Alexandra David-Néel zeigt, dass es nicht so war. Allerdings sind ihre Aufzeichnungen schon älter.
Wer sehen will wie Tibet vor der Invasion Chinas ausgesehen haben muss, sollte das Königreich von Lo Manthang besuchen, heute offiziell zum nepalesichen District Mustang gehörend. Vergleiche von historischen Aufzeichnungen und die gemeinsame Geschichte des kleinen Königreiches mit Tibet legen das nahe.
Sicher nicht gerade Prince Charming der König von Lo, wenn selbst das nepalesische Königshaus, ihn bezüglich der Menschenrechte ermahnt. Die sich diesbezüglich dieses Themas auch nicht gerade mir Ruhm bekleckern. Soll ich mit Anekdoten fortfahren? Schweife ich ab....? Wie dem auch sei.
Meine Diskussion zur Rolle von Frauen in gewaltsamen Auseinandersetzungen ist sicher eingeschlafen, weil ich nicht mehr geantwortet habe. Hätte es nicht gekonnt ohne möglicherweise Dinge zu sagen, die mir irgendwann Leid getan hätten. Vielleicht geht es jetzt?
Ich denke Gewalt liegt in der Natur des Menschen, genauso wie die Fähigkeiten zu Lieben, zu vergeben und zu Bereuen. Kommen wir zurück zu Gewalt korrumpiert:
Ich finde das völlig nachvollziehbar, auf persönlicher Ebene. Aber gerade in Hinblick auf 9/11 muss ich festhalten, dass es die Aufgabe von Volksvertretern, Volksführern ist den Überblick zu behalten und sich nicht korrumpieren zu lassen. Oder schlimmer noch, das eigene Volk selbst korrumpieren, wie es in der US-amerikanischen Geschichte schon zu oft passiert ist und passiert.
Aber ich denke, es ist die Natur der Gewalt, dass ihr nur schwer zu widerstehen ist. Das gilt mE über Kulturgrenzen hinweg. Ohne Frage ist die Einstellung zur Gewalt, zur physischen Gewalt in verschiedenen Kulturen unterschiedlich. Aber wenn es hart auf hart kommt, dann lassen sich auch Menschen von Gewalt anziehen, von denen man sagen würde, sie hätten dazu weniger Potential als andere. Kinder, Frauen, Buddhisten, Hindus. Buddhistische Frauen, Mädchen, keine 20 Jahre alt, manche erst 14, 16.
Haben sie wirklich weniger Potential? Ich denke Gewalt kriegt (fast) jeden.
bilana
PS: Hab jetzt leider keine Zeit auf all die Posts einzugehen, die entstanden sind, wäre ich selbst geschrieben habe. Hoffentlich später.
QUOTE (Bilana @ 09.Sep.2004 - 14:30) |
Verdammt, warum kann ich mich nur nicht zurückhalten? |
Es mag an mir liegen, aber ich finde den Eingangspost etwas verwirrend...sehr, sehr viele Themen auf einmal. Wäre es möglich, das Thema etwas kürzer zu umreissen, oder geht es hier gerade darum, Teilaspekte nebeneinander zu stellen?
Mir fiele nämlich schon das eine oder andere ein, aber da ich den Themenkomplex oben sehr groß finde bin ich mir nicht sicher ob es passt...
OT @ Kérridis:
Weil gerade hier im Politik UFO es wert ist, bis zum Ende mitzudiskutieren um selbst an einem möglichen Erfolg teilzuhaben. Aber die Posts kommen hier seit einiger Zeit sehr schnell. Wärend dieses UFO lange Zeit für meinen Geschmack zu wenig Beachtung fand.
OT @ Sägefisch und Gilgamesch:
Generell erscheinen mir Gilgameschs Eröffnungsposts thematisch immer sehr sehr interessant, aber gleichzeitig werden so viele Aspekte angesprochen, das es schwer ist den Thread in einem Stück zu halten.
Pick dir doch einfach die Aspekte heraus, die dich Interessieren.
http://www.dialog-frieden-fairness.de/denkwerkstatt/literarisches/borchert-dann-gibt-es-nur-eins.htm
...und später mehr aus meiner Sicht
Nun- ich gehe mal ganz kurz OT-
@Sägefisch: Meine Einführungsbeiträge halte ich deswegen sehr weitreichend, weil es bei einer Thematik so viele interessante Aspekte gibt, die man beleuchten kann und die sich in Verbindung miteinander zwangsläufig stellen. Schreib doch einfach deine Gedanken, anstatt dir Gedanken über die gedankliche Möglichkeit deiner Gedanken innerhalb des Themas zu machen...
Im Ernst- ich sehe Diskussionen nicht als Schema:
"Problem- Vorschlag A – Vorschlag B- A gegen B- A- besser als B- also Lösung A"
Diskussion ist kein strategisches Überzeugen, sondern eine Sammlung von Gedanken, die anregen und jeden in seinem persönlichen Brainstorming und Wissenspuzzle weiterführen/-bilden können. Das einzelne Positionen in sehr starke Kritik geraten können, ist nur legitim, immerhin soll auch der Einzelne ehrlich genug sein, sein eigenes Bild überdenken zu können. Und nun bitte endlich raus aus diesem ganzen- off-topic über die Diskussion zu diskutieren- zumindest hilft Metaebene-Diskussion im Thread weniger, sondern zersetzt ihn manchmal leider. Also, zurück zum Thema.
Schreib einfach, was dir zu dem Thema in den Sinn kam (jetzt hast du mich nämlich neugierig gemacht). Ich stürz mich schon drauf...
@Bilana-
Nein, halte dich bitte nicht zurück- gerade deine Gedanken zu den verschiedenen Ländern interessieren mich- eben weil du vieles im Gegensatz zu mir persönlich erlebt hast und das immer wieder einen anderen Eindruck macht, als bspw. Meine Gedanken, die sich in meinem Zimmer zusammenbrauen... (Naja, der Harrer war in der Tat vor ein paar Jahren der Einstieg für meine Tibet-Interessen... *lol*)
Danke übrigens für den Hinweis mit Lo Manthang.
Und nun endlich mal wieder zurück zum Thema- ich fange auch schon an zu off-topicen- Falkin- das muss wohl ansteckend sein
@Bilana- diesmal On-Topic
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Aber ich denke, es ist die Natur der Gewalt, dass ihr nur schwer zu widerstehen ist. |
Ist aufgefallen, dass die letzten Selbstmordattentate, egal ob in Israel, in Moskau etc., meistens von Frauen ausgeführt wurden?
QUOTE (Gilgamesch.Minerva-ath @ 10.Sep.2004 - 01:09) |
Und nun endlich mal wieder zurück zum Thema- ich fange auch schon an zu off-topicen- Falkin- das muss wohl ansteckend sein |
QUOTE (Leonie @ 10.Sep.2004 - 09:14) |
Ist aufgefallen, dass die letzten Selbstmordattentate, egal ob in Israel, in Moskau etc., meistens von Frauen ausgeführt wurden? |
Gewalt ist ein Mittel, einen Konflikt auszutragen, und als solches natürlich. So kann man auch praktisch jede kriegerische Auseinandersetzung auf irgendeinen materiellen Verteilungskampf zurückführen.
Was sie für uns so monströs macht sind zum einen das irrwitzige Instrumentarium an Waffen das sich der Mensch geschaffen hat, und die z.T. völlige Enthemmung mancher "Kämpfer" (nennen wir sie ruhig so), für die ein gewalttätiger Konflikt fast immer Raum bietet. Nicht zuletzt aber auch unsere diesbezügliche "Entwöhnung". Die sicherlich positive Ächtung von Gewalt und physischer Konfliktaustragung in unserem Teil der Welt bringt es mit sich daß wir ratlos und entsetzt davor stehen. Und zwar nicht erst, wenn Grenzen überschritten werden, wie in Beslan, sondern eigentlich immer wenn sich Gewalt zeigt.
Wir haben nur noch ein Verhältnis zu Gewalt, und das ist Unsicherheit und Abscheu. Wir sanktionieren sie, und das auch nicht selbst, sondern delegieren diese Aufgabe. Im Gegensatz zu vielen Regionen, wo es diese Möglichkeit des Vertrauens in eine schützende Exekutive aus Entwicklungs- und Armutsgründen nicht gibt, ist unsere Reaktion auf Gewalt nicht die Entwicklung von eigener Wehrhaftigkeit, sondern das Zurückweichen.
Darum erschließen sich uns auch so viele Geschehnisse in der Welt nicht in ihrer ganzen Breite.
Darum finden wir Begriffe wie "Irrsinn der Gewalt" - ich denke aber, daß es gar nicht die Logik ist an der es hier mangelt, sondern am Gegenteil: an Empathie und Achtung.
Vorgehensweisen wie in Beslan sind in ihrem Kontext VOLLKOMMEN logisch. Der Kontext heißt Krieg, also im weitesten Sinne Verteilungskampf. Und wer sich einer völligen Übermacht gegenüber sieht, muß nach Effektivität seinerseits und Schwachstellen beim Gegner suchen. Zivilbevölkerung (und dann noch Kinder) zum Ziel zu machen ist zwar die zynischste "Lösung" dieser "taktischen Aufgabe", aber es ist eine.
Anbei: ich beziehe mich hier auf Gewalt in politisch-militärischen Konflikten - Gewalt im Privaten und im "Kleinen" hat andere und eigene Facetten.
Hm- Sägefisch, du hattest die innere Logik erwähnt- das betrifft aber nur die Logik einer Taktik oder eines auszuführenden Kommandos- der Irrsinn, von dem gesprochen wird, ist die Tatsache, Menschen (vor allem eben unschuldige, wehrlose...) dann letztendlich wirklich zu töten. Nicht allein, dass du tötest, sondern es belastet dich ja eben auch selbst. Viele Aufzeichnungen aus Tagebüchern, Notizheftchen o.ä. der Soldaten im Ersten und Zweiten Weltkrieg bspw. sind ein Zeugnis, dass es viele in seelische Ausnahmezustände geführt hat- sie haben sich eingeredet, dass das "da drüben" kein Mensch sei, sondern "der Feind". Allein durch solche Abstraktionen, Anonymisierungen wird klar, dass es eben nicht logisch ist (und der Mensch handelt nach einer für ihn logischen Entscheidungskette- also nach Einsicht), einen anderen zu töten... Aber wenn ich mir Moskau ansehe- wie kann ein Mensch so sehr von der eigenen Wahrnehmung abgeschnitten sein, um dergleichen zu tun? Das ist Irssinn und das bleibt unlogisch.
@Blue moon- hey, ein ziemlich interessanter Aspekt, den ich vergessen hatte. Inwieweit wird auf Gewalt reagiert- auf aktiv bzw. vor allem passiv erlebte/ erfahrene. Schwierig.
Vielleicht hängt eben auch dies mit der Wahrnehmungsbeeinflussung (von der ich oben schon geprochen habe) zusammen. Immehin haben wir hier doch teilweise die Möglichkeit unsere Umgebung (wie wir sie erleben) noch umzuwandeln. Der Fernseher wird abgestellt, die Zeitung nur im Sportteil gelesen etc.- die Frage bleibt zu welchen Mitteln der Mensch greifen könnte oder würde, um seine Wahrnehmung zu manipulieren (also sein Weltbild zu erhalten), wenn die Probleme direkt und unmittelbar eintreten.
Wie weit geht der Mensch und inwieweit ist er fähig dazu sich selbst und seine Wahrnehmung zu manipulieren- und welchen Stellenwert nimmt diese Entscheidung hinsichtlich der Frage nach Verantwortung ein?
Welchen Maßstab legst Du an, GMA?
Sicher muß man sich von dem was wir unter Menschlichkeit verstehen, sehr weit entfernen um zu töten.
Es scheint ja aber eine Tatsache zu sein, daß manche Konflikte so ausgeufert sind daß Menschen durchaus in der Lage sind, eine taktische Logik über moralische Fragen zu stellen.
Wir wollen eine solche Logik nicht anerkennen, weil sie unseren grundlegenden Werten zuwiderläuft, und wir sind ja auch in der glücklichen Lage, auf diesen Werten zu bestehen. Existieren tut sie aber, nichts desto trotz.
Ihr die eigenen Gesetzmässigkeiten abzusprechen, weil sie einem nicht passen, wird nichts lösen. Sie als Irrsinn zu bezeichnen, zeugt eher davon daß wir in unserem materialistischen Weltbild rationale Entscheidungen als eine Art Rechtfertigung anerkennen, jedenfalls teilweise. Darum muß alles, was unserer Moral widerspricht, irrational sein. Ist es aber nicht, auch fürchterlichste Situationen wie der Krieg haben ihre eigene Ratio.
Der Begriff "Irrsinn" lullt uns ein, weil es dann alles schön weit weg ist. Wir sind ja nicht irrsinnig. Genauso hat man versucht, SS-Aufseher in Auschwitz auf pathologische Strukturen zu reduzieren - ein Monster ist für alle leichter zu handhaben als die Frage nach Verrohung, weil das auch immer die Frage nach uns selbst wäre.
Und heute wird versucht, Terror als völlig aus dem usprünglichen Kontext gefallenen Wahnsinn abzufertigen. Weil auch das leichter zu handhaben ist als die Frage, ob man da nicht doch die falschen Leute ein Stück zu weit getrieben hat.
Und bevor hier jetzt irgendwelche Verdächtigungen aufkommen: ich will nicht sagen, daß irgendwer dazu gezwungen ist die Kinder des "Feindes" zu ermorden. Natürlich nicht.
Nur, daß man auf einer rein moralischen Ebene Konflikte zwar (einseitig?) beurteilen, aber nicht ihre Tatsachen in voller Breite verstehen kann.
Rational liegen zwischen Besiegen/Unterwerfen und Erniedrigen/Meucheln Welten.
Das eine scheint, so schwer zu akzeptieren die Tatsache auch immer ist, ein notwendiger Kampf ums bestmögliche Dasein und nur allzu lebensnah zu sein, das andere eine zerstörerische Enthemmung und allzu unmenschlich.
Ein anderes Leben zu vernichten, noch dazu eines, das mir kräftemäßig niemals ebenbürtig ist - gibt es dafür eine Rechtfertigung?! Was geht in dem Moment des Tötens eines mir völlig unbekannten Opfers vor - ist Terror nicht pathologisch? Die, die ich verängstige und quäle sind doch nur Werkzeuge, die viel Mächtigeren in die Knie zu zwingen. Darf David menschliche Steinschleudern gegen Goliath einsetzen?
Wie groß muss der Hass auf Menschen allgemein sein, wenn ich - schon selbst durch Krieg und Tod und Elend betroffen - mir völlig fremde Personen mit in meinen "Opfertod" reiße. Wo sind die Grenzen meines Elends? Wo hört auch meine Würde auf?
Menschlich betrachtet alles richtig - ich habe mich auf den Begriff Irrsinn bezogen, weil mir das als zu einfache Antwort auf die Frage nach Terror erscheint.
Das nur klärenderweise.
@Lady Godiva
unterschreib
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Wo hört auch meine Würde auf? |
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Es scheint ja aber eine Tatsache zu sein, daß manche Konflikte so ausgeufert sind daß Menschen durchaus in der Lage sind, eine taktische Logik über moralische Fragen zu stellen. |
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Wir wollen eine solche Logik nicht anerkennen, weil sie unseren grundlegenden Werten zuwiderläuft, und wir sind ja auch in der glücklichen Lage, auf diesen Werten zu bestehen. |
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Ihr die eigenen Gesetzmässigkeiten abzusprechen, weil sie einem nicht passen, wird nichts lösen. |
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Und heute wird versucht, Terror als völlig aus dem usprünglichen Kontext gefallenen Wahnsinn abzufertigen. Weil auch das leichter zu handhaben ist als die Frage, ob man da nicht doch die falschen Leute ein Stück zu weit getrieben hat |
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Nur, daß man auf einer rein moralischen Ebene Konflikte zwar (einseitig?) beurteilen, aber nicht ihre Tatsachen in voller Breite verstehen kann. |
Nachtrag-
Die Problematik an der ganzen Debatte über Gewalt und viele der Mißverstädnisse liegt doch eigentlich im dualistischen Denken, wenn man mit nur zwei Möglichkeiten rechnet - und hinzu evtl. mit einer sympathisierend. Und das sogar das Verständnis des einen zum anderen von mainstream-Reaportagen und Ansichten weiterhin beeinflusst bleibt.
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Und heute wird versucht, Terror als völlig aus dem usprünglichen Kontext gefallenen Wahnsinn abzufertigen. Weil auch das leichter zu handhaben ist als die Frage, ob man da nicht doch die falschen Leute ein Stück zu weit getrieben hat |
QUOTE (Sägefisch @ 11.Sep.2004 - 11:09) |
Und heute wird versucht, Terror als völlig aus dem usprünglichen Kontext gefallenen Wahnsinn abzufertigen. Weil auch das leichter zu handhaben ist als die Frage, ob man da nicht doch die falschen Leute ein Stück zu weit getrieben hat. |
QUOTE (Artemis) |
Bei allem Entsetzen über das Gewaltpotenzial von Menschen an sich (auch unser eigenes) muss es erlaubt sein, ein Verbrechen ein Verbrechen und eine Terrorbande eine Terrorbande zu nennen |
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Ist Terror irre, wahnwitzig, unmenschlich? Nein, das ist er nicht! |
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Es bleibt für mich unmenschlich so zu handeln- |
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Gewalt ist zu widerstehen. |
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Warum denn nicht? Ist er denn menschlich, logisch, nachvollziehbar- ja schon fast im Toleranzbereich...? |
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den bildern aus der schule wollte ich mich nicht aussetzen. und wenn das so weitergeht? hab ich am ende dann auch nichts gewusst? weil ich nichts wissen wollte? *grübelt mal ne runde für sich weiter* |
@Bilana-
da haben wir wohl in der Tat ein unterschiedliches Menschenbild.
Aber nach deinem Bild kommt mir eine Frage- also gibt es eine "dunkle Seite" im Menschen- dann kann er ja gar nichts dafür! Das heißt er müsste für seine Entscheidungen nicht die Verantwotung übernehmen, wenn es vor allem eins- wie du selbst angedeutet hast- tolerierbar ist...? Dein Wort im Ohr einer der Mütter, die ihr Kind in einem Holzkasten zurückbekommt.
Das widerstrebt mir zum äußersten- sicherlich ist der Gedanke an Gewalt oder ähnliche Mittel kein fremder Teil vom Menschen- aber der Mensch hat Bewusstsein- d.h. Gefühle, Vernunft und moralische Überlegungen in einem permanenten Zusammenspiel. Und eben durch diese ist er verwantwortungsfähig- er trägt die Konsequenzen für seine Handlungen und es ist ihm bewusst, welche Folgen seine Entscheidungen auch haben können. Und demnach legitimiert sich Gewalt als "menschliche Seite" für mich immer noch nicht- "die dunkle Seite" klingt vielmehr als entschuldigender Ausweich. Denn was sollte man für Maßstäbe bei Verantwortlichkeit anlegen- oder anders- wie reagiert man auf einen verantwortlichen Menschen...
Zur Sonja Gandhi- es spricht nichts gegen den Erfolg der Strategie. Hätte sie mit Gewalt reagiert, wäre sie gescheitert. Manche Dinge wie friedliche Methoden brauchen zwar mehr Zeit, sind dafür aber tiefgründiger und stabiler. Ihr Verhalten baut eine Symoathie auf- mit der später mehr gearbeitet werden kann, als mit einer Tat, die ihren Reden widerspricht- dann hätte keiner was gewonnen und es wären nur enttäuschte Hoffnungen und Demotivation zurückgeblieben.
Und der Mensch kann Gewalt also widerstehen- keine Utopie- sondern es ist möglich. Problem st nur, dass es den meisten Menschen nicht mehr um zu verwirklichende Ziele geht, sondern in der tat nur um Gewalt. Einfach weil er das Bewusstsein über ein Ich- mit all seinen Konsequenzen (Zeifel, Sinn, Glaube, Tod- die elementaren Teile halt) nicht ertragen kann. Der Mensch stumpft sich selbst ab und versucht dann sich seine Lebendigkeit durch Grenzsituationen wiederzuholen.
Ist Gewaltlosigkeit also möglich? - Unter wirklich bewusstdenkenden (heißt Vernunft und Emotion im Zusammenklang) Menschen ja- aber die meisten menschen sind leider zu blind. Die härtere Varinate will ich gar nicht erst aussprechen. Ich würde schon einmal hier auf mein Menschenbild angesprochen- was ich glaube, wozu der Mensch eigentlich fähig sei. Nun- noch einmal- zur (Selbst-)Lüge. Es ist so schön einfach. Und selbstgerecht.
Wenn man den Menschen also als bewusstseinhaftes Wesen sieht- dann ist Gewalt- insbesondere Terror- irrational und vor allem unmenschlich weiterhin. Um also Terror als menschlich bezeichnen zu können, muß man ja dem Menschen jegliches Verantwortungsbewusstsein, jegliches Handlungsdenken absprechen.
Aber was ist er dann noch, was bleibt dann noch menschliches übrig?
Nachtrag zu
actio und re-actio- bestes Beispiel, inwieweit Gewalt in der Tat vermeidbar und unnötig ist.
Denn entweder der mensch kann für seine Entscheidungen Verantwortung übernehmn- oder er ist nur ein Spielball in Kausalketten (was irrsinnig wäre, wenn man so denken möchte, weil dann auch ein Gandhi eher die Flinte geworfen oder abgefeuert hätte). Der Mensch hat die Willensfreiheit innerhalb von Aktionen seine Reaktion bestimmen zu können.
Gewalt ist also durchaus nicht menschlich und unabdingbar.
Ich glaube, was Bilana sagen will (und falls dem so ist stimme ich ihr zu), ist daß es sehr wohl am einzelnen liegt, sich für oder gegen ein bestimmtes Handeln zu entscheiden, und diese Entscheidung auch zu verantworten.
Daß es zum anderen aber durchaus etreme Situationen und Umstände gibt, die es einem Menschen schwer machen, immer die andere Backe hinzuhalten, sich ruhig zu verhalten, gewaltfrei zu bleiben, usw.
Überspitzt könnte man sagen: wir haben leicht reden.
Zum Begriff Terror möchte ich noch anmerken daß ich nicht eine Legitimation will, aber gerne eine Differenzierung. Mir sind in letzter Zeit zu viele verschiedene Leute mit zu vielen verschiedenen Anliegen und Zielen unter diesem ungenauen und für manche Machthaber sehr bequemen Begriff zusammengefasst worden.
Für mich sind z.B. die 9/11-Attentäter etwas völlig anderes als die von Beslan, auch wenn es sich in beiden Fällen sicher um Mörder handelt.
Ich mag diesen Brei aus dümmlicher Angst, hysterischer Aggressivität, Halbwissen, Vereinfachen und gleichzeitigem Weggucken nicht, der seit 3 Jahren überall rumwabert.
Da verstehen wir uns wieder falsch, dabei sprechen wir doch die selbe Muttersprache? Ich hielt mich kurz, dachte aber es wäre verständlich.
Menschlichkeit: Ist für mich ein wertneutraler Begriff. Gute Dinge wie Liebe, Aufopferung, Verständnis sind menschlich. Hass, Rachegelüste, Gewalt auch.
Vieles liegt sicher in einer Grauzone, Gewalt meist auf der dunklen Seite. Ist es deshalb entschuldbar? Diese Worte hast du hinein interpretiert, habe ich nie gesagt. Und natürlich muss jeder irgendwie die Verantwortung für sein Handeln übernehmen. „Die dunkle Seite“ legitimiert nichts, sie ist einfach da.
Verantwortung übernehmen heisst für mich (wie ich schon schrieb) mich Situationen zu entziehen, die meine Grenzen überschreiten würden. Aber das ist eine lächerlich leichte Aufgabe für eine weiße, deutsche Staatsbürgerin.
Hier nur ein Gegenbeispiel: Wie ist es mit einer Frau, die einer ethnischen Minderheit angehört? Über Generationen in bonded labour gefangen, mit der Aussicht auf ein so trostloses Leben für sich und ihre Kinder, wie das ihrer Eltern. Wenn dann jemand kommt und ihr sagt erdulde das oder kämpfe für uns, was hast du zu verlieren?
Wenn sie weiß, das es schon seit Jahrhunderten so ist, hat sie dann noch das Vertrauen, das es sich überhaupt mal friedlich ändert? Und darf sie sich den Egoismus nicht leisten, eine Besserung für sich erstreiten zu wollen?
Oder wenn Menschen psychisch so sehr verändert werden, dass sie außer Banance geraten. Weil sie ständig Gewalt um sich haben, obwohl auch sie „unschuldig“ sind und einfach nur ihr Leben leben wollen.
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- sicherlich ist der Gedanke an Gewalt oder ähnliche Mittel kein fremder Teil vom Menschen- aber der Mensch hat Bewusstsein- d.h. Gefühle, Vernunft und moralische Überlegungen in einem permanenten Zusammenspiel |
QUOTE (Sägefisch @ 15.Sep.2004 - 17:07) |
Ich mag diesen Brei aus dümmlicher Angst, hysterischer Aggressivität, Halbwissen, Vereinfachen und gleichzeitigem Weggucken nicht, der seit 3 Jahren überall rumwabert. |
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Und heute wird versucht, Terror als völlig aus dem usprünglichen Kontext gefallenen Wahnsinn abzufertigen. Weil auch das leichter zu handhaben ist als die Frage, ob man da nicht doch die falschen Leute ein Stück zu weit getrieben hat |
QUOTE (Bilana @ 15.Sep.2004 - 17:44) |
Da verstehen wir uns wieder falsch, dabei sprechen wir doch die selbe Muttersprache? Ich hielt mich kurz, dachte aber es wäre verständlich. |
Ich glaube kaum daß ich besonders pc bin.
Ich will auch keinen Terror legitimieren. Ich denke allerdings, daß eine Aussage wie "man steckt nicht drin" durchaus ehrlicher sein kann als das große moralische Zähneklappern.
Ich weiß es eben nicht. Ich maße mir nicht in jedem Fall an zu beurteilen, was die Beweggründe gewesen sein mögen.
Was würde ich tun wenn ich zwischen Bombenkratern großgeworden und meine toten Eltern aus einer Hausruine gezogen hätte, und mein großer Bruder wäre rein auf Verdacht verschwunden worden?
Ich kann mir zwar nicht vorstellen Kinder als Geiseln zu nehmen oder einen vollbesetzten Bus hochzujagen...aber woher sollen wir hier denn wissen was so ein Leben mit einem macht? Was da alles zum Vorschein kommt?
Meinetwegen, nenn es Irrsinn. Auch wenn ich finde daß Grausamkeit, Hass, Abstumpfung, Lebensverneinung besser passen, weil diese Begriffe näher an uns selbst sind.
Natürlich bleibt selbst unter schlimmsten Umständen Verantwortung erhalten. Davon spreche ich auch niemanden frei.
Und es ist auch keine Legitimierung, sich genau anzugucken was eigentlich los ist. Ich stehe hier auf seiten keiner Konfliktpartei. Anzuerkennen, daß beide Seiten Beweggründe haben (auch wenn sie noch so schlecht sind) ist keine Parteinahme, sondern hat was damit zu tun, die Lage erst mal zu sortieren.
Da wo die Beweggründe tatsächlich nur auf Hass hinauslaufen, wie bei religiös motivierten Attentätern, halte ich es auch für angebracht, entsprechend zu reagieren. Mir ist schon klar daß man mit denen nicht diskutieren kann.
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Wolltest Du denn einfach nur auf die Frage hinaus ob der Mensch eine Wahl hat? Ja, sicher hat er die. Sie ist aber nicht immer so einfach zu treffen wie bei uns im Wohnzimmer.
Ich würde dir eine persönliche Frage stellen. Hast nicht auch du deine Grenzen? Was passiert wenn die überschritten werden?
Ich stimme da Sägefisch zu.
Wenn du wirklich relativierst, dann bleibt wohl nichts mehr allharmonisch und schon gar nicht politisch korrekt.
Ich sprach auch nicht von bösen Westlern, das finde ich nun wieder plakativ. Ich sprach von ethnisch/religiös unterdrückten und lokalen Landlords.
Es braucht aber gewisse Bedingungen um in solch verbitternde Formen von Unfreiheit oder Aussichtslosigkeit zu geraten. Und ich finde es beschämend, das es diese Bedingungen noch immer gibt, heute im 21. Jh. Das solche Landlords Menschen in den Krieg treiben können, sie noch immer in Formen der Unfreiheit unterwerfen können, daran ist der Westen und andere Großmächte mit Schuld, das ist Fakt.
9/11 usw sind sicherlich sehr scharf zu verurteilen. Aber wie viele Kinder und Erwachsene haben Amerikanische und Russiche Soldaten umgebracht? Wie viele Frauen und Männer vergewaltigt? Wie viele Menschen mussten sterben weil Amerika sich in der Vergangenheit für Leute wie Pinochet und Saddam entschieden hat, zu eigenen Gunsten?
Und die amerikanische Regierung hat sich bis heute nicht ein Stück von einer derartigen Außenpolitik entfernt, nicht ein Stück! Sie tun es immer noch und wundern sich, dass ihre Bürger an vielen Orten unwillkommen sind oder gar gehasst werden.
Im übrigen denke ich, dass du die Dynamik unterschätzt, die zwischen Menschen entsteht, zwischen denen Waffen sind. Man braucht nicht sonderlich unintelligent sein um sich davon mitreißen zu lassen.
Nicht immer, eher selten sind es selbstgerechte Krieger. Meist sind es Menschen, wie du und ich, mit denen man sich „normal“ unterhalten kann. Ich denke dass ist es, was viele nicht wahr haben wollen. Sie zu gewissenlosen Kampfmaschinen und selbstgerechten Kriegern zu machen, sie als unmenschlich abzustempeln beruhigt wahrscheinlich. Es sind halt die andern.
Nachtrag: Nochmal Zustimmung zu Sägefisch.
und zur Abstumpfung: Es ist eine Überlebensstrategie. Und ich finde es anmaßend das zu verurteilen. Es ist einfach etwas anderes, ob die Bilder des Terrors vom andern ende der Welt kommen, mit dem frau nichts zu tun hat oder ob frau die Zeitung aufschlägt und in den Bildern Dinge wiedererkennt, die ihr vertraut sind.
Gewalt, Terror, Krieg – diese Begriffe sind hochgradig emotional besetzt, so sehr, dass wir sie in unserem Alltag kaum an uns heranlassen. In Mitten all den Meldungen und der Bilderflut ahnen wir von dem Grauen und dem Schmerz, die dahinter stecken, und wie brüchig doch die Fassade des guten Lebens jenseits von enormem Hass und schrecklicher Grausamkeit geworden ist.
Ich glaube es ist diese Ahnung, die so sehr erschreckt und ängstigt, denn es wird immer schwieriger die Gewalt, den Terror und den Krieg 'Draußen' fern ab vom hier und heute zu halten und zu bannen - sie scheinen näher zu rücken. Die strukturelle Gewalt und die Gewaltbereitschaft von Menschen hierzulande nimmt eher zu als ab, deutsche Soldaten sind an internationalen militärischen Einsätzen beteiligt und der Terror hat selbst ein Urlaubsland wie Spanien erreicht.
Es ist mir unmöglich festzustellen, ob nach 9/11 und dem Krieg im Irak das Leben in der immer kleiner werdenden Welt gewaltätigiger geworden ist, wieviel davon und zu welchem Zweck medienpolitisch beeinflusst ist -das massenhafte Töten in Teilen Afrikas findet ja kaum Beachtung-, aber nach meinem subjektiven Empfinden ist die Gefahr gestiegen, nicht nur beobachtender Zaungast zu bleiben.
QUOTE (sägefisch) |
Meinetwegen, nenn es Irrsinn. Auch wenn ich finde daß Grausamkeit, Hass, Abstumpfung, Lebensverneinung besser passen, weil diese Begriffe näher an uns selbst sind. |
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Sie zu gewissenlosen Kampfmaschinen und selbstgerechten Kriegern zu machen, sie als unmenschlich abzustempeln beruhigt wahrscheinlich. Es sind halt die andern. |
QUOTE (Gilgamesch.Minerva-ath @ 16.Sep.2004 - 13:22) |
Anderes Beispiel- ein 15-jähriger verprügelt einen Mitschüler, weil dieser bessere Noten hat. Ein anderer vergewaltigt eine Mitschülerin, weil sie ihm einen Korb gegeben hat- was ist damit, kann man da wirklich immer noch sagen- "man steckt nicht drin?" Und das sind eben auch Formen von Gewalt, von denen ich gesprohen hatte. |
QUOTE (Gilgamesch.Minerva-ath @ 16.Sep.2004 - 12:22) |
Anderes Beispiel- ein 15-jähriger verprügelt einen Mitschüler, weil dieser bessere Noten hat. Ein anderer vergewaltigt eine Mitschülerin, weil sie ihm einen Korb gegeben hat- was ist damit, kann man da wirklich immer noch sagen- "man steckt nicht drin?" |
Ich hatte ja eben nicht ausschließlich über Terror reden wollen, sondern von Verantwortungs- und Entscheidungsbewusstsein inGewaltsituationen. Der Terros ist dabei wohl die momentan heftigst umstrittene Form.
@Laura-
eben das es nicht nur Schwarz-Weiß-Möglichkeiten gibt, wird durch solche Bildwelten manchmal erschwert- und die Menschen sind sich darüber aber auch bewusst. Du hattest die Rede aus dem Dritten Reich angesprochen- vergleiche diese und die darauffolgenden Reaktionen doch einmal mit den heutigen Hasspredigten einiger hoher islamischer Terrorführer oder eines Herrn Busch- haben wir wirklich immer noch nichts verstanden?
@Artemis-
eben- es geht um anonymen Massenmord- und bei dieser Art funktioniert die Motivlage, man hat diesen Menschen Unrecht getan, nicht mehr. Denn es trifft doch eben nicht die Verantwortlichen. Genauso wie es "Verantwortliche" in diesem Sinne bei den wenigsten Gewalttaten eigentlich gibt.
Und von nachvollziehbarer Rache-Reaktion kann ich ebenfalls nicht sprechen- wäre als würde ich alle türkischen Mitbewohner verdammen, nur weil zwei mir gestern "Schlampe" (so viel zu Gewalt-Facetten) nachgerufen haben. Tritt oft auf, nur spricht man dann speziell in D von Fremdenhaß, der nicht gut und sogar eigentlich irrsinnig sei (vor allem wenn man dann beim türkischen Gemüsehändler um die Ecke wieder einkauft). Wehren heißt nicht blind auszuholen- und nicht-gewalttätig reagieren hat noch lange nichts mit Feigheit zu tun.
@Laura-
an diesem Punkt- Gewalt oder Feigheit- ungünstiges Beispiel- Gewalt kann oftmals Feigheit sein. Und Feigheit oftmals Gewalt.
Und die Dunkelmänner sind sich über die Welle von Schwarz-gegen-Weiß-Reaktionen doch sehr bewusst, wollen sie geradezu provozieren. Sinn? Irrsinn?
QUOTE (Gilgamesch.Minerva-ath @ 16.Sep.2004 - 13:27) |
Ich hatte ja eben nicht ausschließlich über Terror reden wollen, sondern von Verantwortungs- und Entscheidungsbewusstsein inGewaltsituationen. Der Terros ist dabei wohl die momentan heftigst umstrittene Form. ..... Und von nachvollziehbarer Rache-Reaktion kann ich ebenfalls nicht sprechen- wäre als würde ich alle türkischen Mitbewohner verdammen, nur weil zwei mir gestern "Schlampe" (so viel zu Gewalt-Facetten) nachgerufen haben. |
QUOTE |
Wenn dir ein Türke auf der Straße "Schlampe" hinterher ruft und du ihm daraufhin zwischen die Beine trittst, wäre das eine Gewaltsituation und du könntest dich in eigener Verantwortung entscheiden, ob du das tust oder nicht. Jedenfalls würdest du aber sicher nicht auf die Idee kommen, zur Vergeltung den Laden des türkischen Gemüsehändlers nebenan in die Luft zu sprengen. |
Möchte nicht den Eindruck erwecken, dass die Wahl, die ich angesprochen hab', das Resultat kluger strategischer Vernunftsentscheidung sei. Das würde an dem vorbeigehen, was ich mit Madrid andeuten wollte.
Was war denn dort so bemerkenswert - dass Menschen entrüstet gegen den Terror demonstrieren? Nein, mit Sicherheit nicht.
Meiner Meinung nach wurden die Menschen von tiefempfundenen Emotionen geleitet und haben damit letztendlich eine Regierung voller Heimlichtuerei und Lügen zu Fall gebracht; und dies ohne dass die Situation gewaltsam eskaltierte.
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[...] Um zehn Uhr begannen die Leute, in Richtung Plaza del Sol loszuziehen, ohne Anmeldung oder Erlaubnis, auf den Strassen. Wir wollten erst einmal kurz nach Hause, um was zu essen, und etwas warmes zum Anzuziehen zu holen, ich konnte meine Händer vor lauter Kälte kaum noch spüren. Die Strassen in Lavapies waren leer, und als wir in Calle Cabeza ankamen, trafen wir auf ein junges Mädchen, die vor der Tür ihres Hauses stand und mit einem Löffel auf einen Kochtopf schlug. Zögerlich kamen Nachbarn an die Fenster und auf die Balkone, um dasselbe zu tun. Zunächste nur ein leises Klackern, doch plötzlich öffnen sich die Türen und Fenster in allen Strassen und es beginnt ein ohrenbetäubender Lärm, der sich über das ganze Viertel erstreckt. Wir gehen auf die Plaza, die sich mit Menschen füllt, die alle auf ihre Kochtöpfe, Pfannen, und Trommeln schlagen. Ein deutsches Fernsehteam erscheint, während immer Menschen hinzukommen, die ohne Worte, ohne zu rufen protestieren, und für einen wunderbaren Moment erscheint es als schlagen wir alle denselben Rythmus. Ein düsterer, schlüssiger Rythmus, trocken, hart, voller Wut und Verzweiflung. Und alle gehen los Richtung Plaza del Sol, auf dem wir dann nicht einmal annähernd ankommen können, weil ganz Madrid auf der Strasse ist. [...] |
Gewaltloser ziviler Ungehorsam- was das Bemerkenswerteste und Beste an diesem Protest ist. Man hat den Schmerz nicht einfach kanalysiert und auf Bilder projiziert, so dass Stellvertreterreaktionen folgen, sondern ihn gezeigt auf eine mich berührende ehrliche Art. Man geht mit dem Schmerz um, weil man ihn zulässt und nicht blind verdrängt.
edit- das Beispiel vom Dalai Lama hatte ein wenig den Eindruck von einem heroischen Wehren- halt in einer gegenüberstellung zur Feigheit. Nunja, vermutlich würde ich auch eher zu Gewalt greifen. Aber der Mensch lebt halt nicht in Schwarz-Weiß-Welten. Das wird zu oft vergessen. Daher mein Einwand, dass du keinesfalls Freund von dafür oder dagegen- Auslese bist, sonder hinterfragst, weiß ich doch .
Zum Thema- das Verstehen eventueller Motive der Täter/ Terroristen wird oft genug ausdiskutiert, vergessen dabei werden immer weiter die Opfer:
http://portale.web.de/Schlagzeilen/Terrorismus/?msg_id=5413118
http://portale.web.de/Schlagzeilen/Irak/
QUOTE (minerva) |
das Beispiel vom Dalai Lama hatte ein wenig den Eindruck von einem heroischen Wehren- halt in einer gegenüberstellung zur Feigheit. |
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