Hallo Zusammen,
jetzt habe ich sowohl unter "News", also auch unter "Politik" und auch hier geschaut... aber kann es sein, dass nichts aktuelles zum mir absolut unverständlichen Frankreich-Trubel zu finden ist ?!
Steh ich da gerade so auf dem Schlauch oder hinterm Mond, dass ich so absolut schockiert darüber bin, dass Frankreichs Massen gegen die "Ehe für alle" protestieren ?! Wie kann das denn sein ?!
Wie können insbesondere junge Menschen, auf die Straße gehen, Straßenschlachten angehen, "nur" wegen so einem Gesetz ?!
Da habe ich unsere europäischen Nachbarn wohl ganz falsch eingeschätzt...
Irritierte Grüße
Ricky
Hallo
Auf dem Schlauch stehst du sicher nicht Ich habe mich auch schon gewundert bzw. war sehr schockiert!
Unabhängig davon, dass ich der Ansicht bin, dass die Homo-Ehe mit das Beste ist, was ein französischer Präsident in den letzten Jahren gemacht hat, wundere ich mich über diese Entwicklung... ich könnte ja verstehen, dass der großen Masse der Bevölkerung das Gesetz relativ egal ist, weil sie nicht davon betroffen sind.
Kann aber auch in keinster Weise nachvollziehen, wieso man sich daran stören kann - und habe keine Ahnung, worin diese protestierenden Menschen die Gefahr sehen...
Die einzige Erklärung, die ich habe, hängt mit der Kirche zusammen - zum Papst pilgern ja in den letzten Jahren auch immer mehr (sehr) junge Menschen und jubeln im zu, wenn er seine reaktionären, menschenverachtenden Reden schwingt. Und hatte nicht irgendein katholischer Bischof/Kardinal oder was auch immer gesagt, dass es von der Homo-Ehe nur ein kleiner Schritt zur Legalisierung von Inzest und Kindesmissbrauch ist?
Aber wie gesagt, dieser kirchliche Einfluss wäre die einzige Erklärung, die mir einfiele. Ich bin auf jeden Fall auch sehr sehr schockiert - und frage mich, was wohl in Deutschland los wäre, wenn die Homo-Ehe kommen würde (was bei der jetzigen Regierung wohl noch in sehr sehr weiter Ferne ist).
Nächtliche Grüße!
Die wirklich "breite Masse" ist in Frankreich für dieses Gesetz bzw. steht ihm neutral gegenüber. Es ist - auch wenn es anders wirkt, dadurch, dass die Medien groß davon berichten - eine Minderheit, die da so einen Aufstand macht.
und dass es in Frankreich wegen jedem Pups Demos gibt, ist ja auch hinlänglich bekannt.
Mich ärgert vielmehr, warum zum Geier diese Religionsfundis (und das sind ja offenbar die meisten davon) so eine mediale Plattform bekommen; da täts für mich so gut wie immer ne Kurzmeldung ganz am Rande. Klar, wenn es zu Gewalttätigkeiten kommt, muss man drüber reden, aber einfach immer nur zu melden "In Frankreich sind soundsoviele Tausend gegen die Ehe und das Adoptionsrecht von Homosexuellen auf die Straße gegangen" ist einfach entweder zuwenig Information oder schon zuviel.
Die konservativen Parteien, die im Parlament in der Opposition sind, haben den Widerstand von Extremisten gegen die Homo-Ehe für ihre eigenen Zwecke missbraucht, sich praktisch vor einen populistischen Karren gespannt. Die Demonstrationen wurden üppig von der katholischen Kirche und einigen undurchsichtigen Quellen finanziert. Natürlich konnte das auf die Dauer nicht gut gehen, denn Extremisten lassen sich nicht missbrauchen, es verhält sich eher umgekehrt; Ultrakonservative versuchen, die bürgerlichen Parteien zu unterwandern und zugleich salonfähig zu werden. Diese Einsicht schient in manchen Politikerköpfen zu reifen, aber reichlich spät...
Es wird noch Demonstrationen geben, denn die "Antis" möchten nicht das Gesicht verlieren, aber bereits bei der letzten zeigte sich, dass ihnen die Puste ausgeht, wewegen sie wohl auch zunehmend hysterisch werden. (Im Übrigen ist das intellektuelle Niveau bei den selbst ernannten Führern dieser Gruppen erschütternd niedrig und einige bekannte Komiker haben die saftigsten Sprüche dieser politisierenden Witzfiguren nun in ihre Sketche eingebaut. )
Was "die Massen" angeht, finde ich auch, dass die ausländischen Medien - im Gegensatz zu den französischen - viel mehr über die Gegner berichtet haben, als über die Demonstrationen der Homo-Ehe-Befürworter, die auch Hunderttausende auf die Straße gelockt haben.
Die Gesetzverabschiedung wurde vorgestern auf den Pariser Straßen bis in die späten Nachtstunden groß gefeiert. Selten habe ich so viele vor Glück strahlende Gesichter gesehen. Wie einer der Redner bei der Feier sagte: "Die Liebe siegt am Ende immer."
Schöne Grüße aus Paris.
Schön, direkt aus Paris zu hören, dass die Lage wirklich so ist, wie ich sie eingeschätzt habe.
Diese demonstrierenden Dummköpfe dürfen sich meinetwegen ruhig als solche outen - und auch so behandelt werden.
Ich freu mich einfach mit den vernünftigen und fairen und vor allem mit den homosexuellen Franzosen und Französinnen!
Viele Grüße
shark
P.S. @regenbogen: die Graphik ist ja Klasse! Hab ich gleich mal auf virtuelle Rundreise geschickt!
Ich hatte mich schon gewundert, habe ich Frankreich (in meinen Urlauben) doch als aufgeschlossenes Land kennen gelernt.
Malene, es beruhigt mich ungemein, was Du schreibst - und kann überhaupt nicht verstehen, wieso davon nichts in den Medien zu sehen ist.
Das stimmt mich echt traurig - dass die Zustimmung und das Feiern dessen, dass das Gesetz durch ist, nicht publik gemacht wird.
Dann bin ich jetzt auch ein Stück weit erleichtet, auch wenn ich dieses Gegendemonstrieren immer noch total unmöglich finde !!! und ja, schade, dass man nicht mehr von den strahlenden Gesichtern zu sehen bekommt !
Man sollte sich da aber auch nichts vormachen. Auch wenn nicht jeder gleich auf aggressive Demos geht oder gar gewalttätig wird, gibt es glaube ich schon eine nicht ganz kleine, stillschweigende Anzahl von Leuten die das eher skeptisch sehen.
Minderheiten aller Art werden derzeit vor allem durch staatliche Maßnahmen, sozusagen von oben, integriert. Dass dies, als nicht immer gewachsene Entwicklung, bei manchen Milieus keine Freude auslöst ist klar. Und was mich ganz persönlich dabei etwas ratlos macht ist, dass es darüber innerhalb der Minderheiten sehr wenig Diskussion gibt. Professionelle Verbandsarbeit (also Lobbyismus), Staatsgelder, Gesetze, Gerichte und die EU als Hebel, das scheinen die Maximen zu sein und es sind bestimmt auch die erfolgversprechendsten Instrumente - die aber auch Verstrickungen und Konflikte mit sich bringen.
Auch fehlt ein bisschen der Mut, den gemäßigten Gegner ernst zu nehmen. Es gibt Menschen die gar nichts gegen entsprechende Möglichkeiten für gleichgeschlechtliche Paare haben, für die der Ehebegriff aber eine ganz spezifische Bedeutung hat, wofür es ja auch durchaus saubere Herleitungen geben kann. Ich kann mich nicht dazu durchringen, das unterschiedslos unter Spinner, Fascho, verklemmt usw. abzutun. Ehrlich gesagt glaube ich sogar, dass "wir" teils anfangen, mit einem Absolutheitsbegriff zu hantieren der seinerseits nicht unproblematisch ist. Ich habe sogar schon kluge konservative Positionen gelesen die ich präziser fand als die gegenseitige Verächtlichmachung die beide Seiten sich mitunter leisten. Vielleicht hat das im Grunde mehr mit meiner Vorliebe für kenntnisreiche Zwischentöne zu tun - ich meine aber doch, wenn wir erwarten dass man uns trotz teils schriller Öffentlichkeitswirkung differenziert betrachtet, sollten wir das auch mit der Gegenmeinung tun.
@ Sägefisch:
Liebe Sägefisch,
ich gehe mit, wenn Du sagst, dass nicht alle, die der Gleichberechtigung homosexueller Partnerschaften kritisch oder ablehnend gegenüberstehen, auch auf die Straße gehen und gewiss sind auch nicht alle diese Menschen religiös verblendet, Faschos oder sonstwie gefährlich ideologisch geprägt.
Ich sehe aber abseits von der Vorstellung, "Gott" wolle nur heterosexuelle Verbindungen, absolut keine "saubere Herleitung" dafür, die Möglichkeit der Eheschließung nur verschiedengeschlechtlichen Menschen zuzugestehen.
Womöglich verstehe ich Dein Posting nicht richtig, deshalb lass mich noch mal nachfragen: Bist Du der Ansicht, dass es wirklich vernünftige Gründe gibt, Homosexuellen die Rechte, die Heterosexuelle in Bezug auf Ehe und Adoption haben, zu versagen?
Oder meinst du was ganz Anderes mit
Ich lese immer wieder das die Demonstranten kirchliche Ambitionen haben, um gegen die Liebe (egal in welcher Form) zu agieren.
Ich persönlich kann die kirche nicht mehr ernst nehmen ( mehr die katholische) , da der liebe gott meiner Meinung nach ja nur den Fortpflanzungstrieb in uns reingebaut hätte( wenn er denn tatsächlich dagegen wäre) . und Die Liebe, Gefühle, eigene Meinung etc. weggelassen hätte
Eine ehrliche Liebe ist mehr wert, als eine die den konventionen zwar entspricht... aber nicht aufrichtig ist.
Es ist schade das kleine Gruppen eine so große mediale Plattform bekommen ... Aber das nennt man dann wohl das sogenannte "Sommerloch"
LG lupine
Dagegen mal Deutschland aktuell: http://www.steuertipps.de/steuererklaerung-finanzamt/themen/ehegattensplitting-auch-fuer-homo-ehe-rueckwirkend-ab-1-8-2001
Bin ich froh hier zu leben, gute Bekannte von uns leben in Frankreich und die meinten das wären teilweise kriegsähnliche Zustände gewesen, mit Straßenblockaden usw. Es ist wirklich traurig dass so etwas innerhalb der EU geschieht, die doch immer so auf Menschenrechte achtet ...
"Die EU" ist eben nicht gleich "die Europäer".
Nach dem in Kraft treten des Gesetzes scheinen sich die GegenerInnen ja beruhigt zu haben.
Ich selber bin noch zu keinem schlüssigen Argument gekommen, warum auch gerade so viele junge Menschen auf die Gesetzesinitiative mit soviel Ablehnung reagiert haben.
Jetzt kürzlich stiess ich wieder auf einen Artikel zu den Gegener des Gesetzes:
http://www.stern.de/news2/aktuell/festnahmen-und-tote-huehner-bei-protest-gegen-homo-ehe-2075560.html
Ich glaube aber nicht, dass solche Aktionen geeignet sind, wieder Massenproteste zu organisieren.
Die meisten Menschen haben sich noch nie mit dem Thema Homosexualität wirklich beschäftigt, weil sie damit nichts zu tun haben. Und weil sie sich nicht vorstellen, wie es für die Betroffenen sein kann diskriminiert zu werden. Es ist immer so, dass irgendwelche katholischen Kräfte sich da engagieren, wo Menschen anders leben. Und in Frankreich hat die katholische Kirche einen gewissen Einfluss.
Heute kam auf Radio WDR 5 ein ehemaliger Priesterkandidat, der die katholische Kirche verlassen hat und nun mit seinem Partner zusammen verpartnert lebt, weil er die Verlogenheit der katholischen Sexualmoral für sich nicht annehmbar fand.
Vielleicht kann das jemand verlinken. Es war die "Redezeit" um 11 Uhr.
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