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Beitrag
#1
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Gut durch ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 742 Userin seit: 25.08.2007 Userinnen-Nr.: 4.908 ![]() |
Im Urlaub habe ich ein sehr interessantes Buch gelesen (Daniel Goleman "EQ Emotionale Intelligenz" im dtv-Verlag erschienen), in dem es u.a. 2 Kapitel über die Natur von Vorurteilen und Möglichkeiten zu ihrer Bekämpfung bzw. Beseitigung gibt.
Diese Kapitel haben mir ziemlich zu denken gegeben und ich möchte Euch diese Gedanken nun gerne mitteilen (auch wenn's "etwas" länger wird): zusammenfassend ist zu sagen, daß die Bildung von Vorurteilen eine Form des emotionalen Lernens ist, die sich in früher Kindheit vollzieht. (Die intellektuellen Rechtfertigungen für die Vorurteile kommen erst später dazu.) Daher ist es schwer, vorurteilsbeladene Reaktionen vollständig zu beseitigen, selbst wenn der Erwachsene es für unrichtig hält, Vorurteile zu haben. Und so kommt es, daß man später zwar den Wunsch haben mag, seine Vorurteile abzuschaffen, sich der intellektuelle Überbau aber viel leichter ändern läßt als die tiefen Emotionen. Daraus folgt, daß es utopisch ist, durch kurzfristige Aktionen, etwa durch Wochenendseminare o.ä. Vorurteile abschaffen zu wollen. Sinnvoller ist wenn versucht wird, Diskriminierung und Intoleranz erst einmal zu unterdrücken , es muß ins Bewußtsein des Vorurteilsbeladenen gebracht werden, daß sie nicht hinnehmbar sind. Dadurch entsteht eine "soziale Atmosphäre", in der der Diskriminierung die Kraft genommen wird. (Besonders effektiv ist natürlich, wenn Führungspersönlichkeiten wie Lehrer, Personalleiter etc. energisch gegen Diskriminierung in ihrem Umfeld vorgehen.) Und doch ist es auch möglich, Vorurteile in einem Menschen vollständig zu beseitigen, allerdings nicht durch kurze Aktionen: da Vorurteile eine Form des emotionalen Lernen sind, ist auch ein Umlernen möglich. Dieses braucht allerdings seine Zeit. In dieser Hinsicht etwas bewirken kann längerer näherer Umgang oder das Hinarbeiten auf ein gemeinsames Ziel mit einer diskriminierten Person/Personengruppe. (Z.B. in Sportmannschaften, Bands, Orchestern etc.) Dann lösen sich die Vorurteile nach und nach auf. Soviel in kurzer (!) Zusammenfassung. (Das Buch ist übrigens wärmstens zu empfehlen!) Manch eine von Euch denkt nun vielleicht:"ist doch alles nichts Neues." Mag sein. Für mich neu waren jedoch die Gedanken , die Golemans Ausführungen bei mir ausgelöst haben; und zwar nicht im Hinblick auf den Umgang mit Leuten voller Vorurteile (gegen Homosexuelle), sondern in Bezug auf mich selbst: vor längerer Zeit habe ich hier im Forum eine Umfrage bezüglich der Akzeptanz des eigenen Lesbischseins gestartet. Nicht wenige Frauen bekannten damals, damit (ja alleine schon mit dem Wort lesbisch) ein mehr oder minder großes Problem zu haben - meine Person eingeschlossen. (Auch beim Lesen der Beiträge hier bemerke ich immer wieder, daß eine beachtliche Anzahl von Frauen diese Probleme hat.) Golemans Beschreibungen scheinen mir die Erklärung dafür zu liefern: von früher Kindheit an (im Buch nicht näher definiert) wurden diesen Frauen (und vielleicht auch dem Gros derer, die ihr Lesbischsein akzeptieren, weil sie die Vorurteile bereits überwunden haben, s.o./s.u.) Vorurteile gegenüber Homosexuellen angelernt, sei es im Elternhaus (welch schrecklichen Nährboden liefern da z.B. gewisse religiöse Vorstellungen und Überzeugungen), durch aufgeschnappte beleidigende Äußerungen wie "schwule Sau" o.ä. und andere abwertende Äußerungen, sonstwo gehört. Zum Zeitpunkt des "Coming-Outs" vor sich selbst ist die betroffene Person dann - leider meist auch noch mehr oder weniger alleine und damit haltlos - der vollen Wucht vor allem und erst einmal der eigenen Vorurteile ausgesetzt! (Leider fehlt ja meistens die Stütze durch "Gleichartige", die beispielsweise ein wegen seiner Hautfarbe diskriminiertes Kind in seiner Familie/Community hat.) Golemans Beschreibungen zeigen dann auch auf, warum "der Kopf" (die erkämpfte nachträgliche intellektuelle Überzeugung, daß meine Homosexualität o.k. ist) den Kampf mit "dem Bauch" (das erlernte emotionale Vorurteil) eigentlich nicht gewinnen kann. Daraus folgt für mich, daß dieser Disput (der tragische Kampf gegen die eigenen die eigene Person bzw. Sexualität abwertenden Vorurteile) letztlich fruchtlos bleiben wird - wenn er lediglich im stillen Kämmerlein ausgefochten wird, wenn man nicht aktive Schritte unternimmt um jener Strategie zu folgen, die Goleman zum Löschen von Vorurteilen nennt: man begebe sich längerfristig in die Personengruppe, gegen die man Vorurteile hegt - in unserem Fall also paradoxerweise unter "Gleichartige". Nach vielen Jahren der von außen her gefährdeten Existenz unserer Beziehung und daraus folgender Fixierung aufeinander ist das genau das, was meine Partnerin und ich seit einiger Zeit bewußt tun: wir gehen regelmäßig zu einem "Lesbentreff". Wir empfinden das nicht nur als bereichernd und entspannend, sondern ich bemerke bei mir selbst ein recht flottes Schrumpfen meiner offensichtlich vorhandenen emotionalen Vorurteile gegen (meine) Homosexualität und proportional dazu natürlich ein Wachsen meiner Selbstakzeptanz. In Kurzform sieht die Strategie zur Bekämpfung der emotionalen Vorurteile gegen die eigene Homosexualität für mich demnach so aus: 1) Akzeptiere, daß du in früher Kindheit emotionale Vorurteile (gegen Homosexualität) erlernt hast, wo, warum und wodurch auch immer. 2) Akzeptiere, daß du aufgrund psychologisch-neurologischer Umstände auf intellektuellem Weg kaum Chancen hast, diese emotionalen Vorurteile zu bekämpfen, aber: 3) da die emotionalen Vorurteile erlernt wurden, ist ein Umlernen möglich: 4) Lerne um, indem du den Weg gehst, der tatsächlich mit deinen emotionalen Vorurteilen aufräumen kann: begib dich unter die Personen, gegen die du diese Vorurteile hast (in unserem Fall: unter Homosexuelle/Lesben.) 5) (Um)lernen benötigt Zeit. Also hab' Geduld mit dir selbst. Auch wenn's vielleicht schwierig zu organisieren ist (keine geeignete Gruppe in der Nähe, kein fahrbarer Untersatz usw.) und anfangs möglicherweise Überwindung kostet (wer begibt sich schon unbefangen alleine in eine neue Gruppe): ich weiß aus eigener Erfahrung, daß sich dieser Weg lohnt, daß er (längerfristig) zu Selbstakzeptanz und damit mehr Kraft, Gesundheit, Freude, Zufriedenheit usw. etc. führt - einmal ganz abgesehen von all den Vorzügen, die neue Bekanntschaften oder gar Freundschaften sonst so mit sich bringen. Miriam PS. Danke für's geduldige Lesen. :morgens: edit: der Kampf mit dem Kursiv..... Der Beitrag wurde von miriam bearbeitet: 08.Aug.2008 - 15:00 |
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Beitrag
#2
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Vorspeisenexpertin ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 70 Userin seit: 14.06.2008 Userinnen-Nr.: 5.965 ![]() |
Hallo Miriam,
als Gruppe habe ich eine Gesamtheit von Individuen gemeint, die ein bestimmtes Merkmal gemeinsam haben und die daher in diesem bestimmten Merkmal eine Gruppe bilden – Homosexualität wäre eines dieser denkbaren Merkmale. Andere Gruppen wären beispielsweise geistig behinderte Menschen, Deutsche, Schwarzhaarige, Rocker, Vegetarier usw. So weit dürfte das wohl klar sein, nehme ich an. In Bezug auf mein vorheriges Post meinte ich einfach, dass es Menschengruppen gibt, mit denen ich ganz direkt etwas zu tun habe, weil ich ein Teil von ihnen bin, wie das beispielweise in meinem Fall in Gruppen der Homosexuellen, Deutschen und Vegetarier wäre. Und dass es eben Gruppen gibt, mit deren bestimmtem Merkmal ich nichts direkt zu tun habe, laut obiger Aufzählung die der geistig behinderten Menschen, Schwarzhaarigen und Rocker. Nun kann ich theoretisch Vorurteile allen diesen Gruppen gegenüber haben. Habe ich die Vorurteile gegenüber homosexuellen Menschen, Deutschen und Vegetariern, habe ich, weil ich genau das bin, nicht nur Vorurteile gegen sie, sondern auch Vorurteile gegen mich. Im Falle von Vorurteilen gegenüber geistig behinderten Menschen, Schwarzhaarigen und Rockern hätte ich, weil ich das nicht bin, Vorurteile gegen die jeweiligen Gruppen, ohne dass ich dabei ganz direkt auch Vorurteile gegen mich selbst hätte. Will ich etwas über besipielsweise geistig behinderte Menschen erfahren, werde ich mich mit den entsprechenden Menschen umgeben müssen, andernfalls kenne ich nur Voruteile (sofern ich denn welche erlernt hätte). Diese Vorurteile kann ich unmöglich allein abbauen, nicht einmal bis zu einem gewissen Grad, eben weil mir ein „Gegenstück“ zum Vorurteil, also konkrete Realität fehlt. Will ich aber etwas über homosexuelle Menschen erfahren, bräuchte ich dazu nicht zwingend mit anderen homosexuellen Menschen zu tun haben, eben weil ich selbst einer bin. Die Vorurteile kann ich auch bis zu einem gewissen Grad (!) an und mit mir selbst abbauen (damit sage ich allerdings nicht, dass das ratsam wäre, nur dass es bis zu einem bestimmten Punkt funktioniert, allerdings auch nicht über diesen Punkt hinaus). Und für mich persönlich besteht einfach ein Unterschied zwischen Gruppen (wie geistig behinderten Menschen, Schwarzhaarigen, Rockern), mit denen ich das jeweilige Merkmal nicht teile und Gruppen (wie Homosexuellen, Deutschen, Vegetariern), mit denen ich das Merkmal teile. Im ersten Fall brauche ich nur Offenheit und Lernbereitschaft und Menschen der entsprechenden Gruppe, um Vorurteile und Nicht-Akzeptanz abzubauen. Im zweiten Fall benötige ich zusätzlich auch noch die Bereitschaft, mich mit meinem eigenen Bild von mir selbst auseinander zu setzen und auch das in den Prüfstand zu geben und das ist sehr viel mehr Arbeit, zumindest für mein Empfinden. Das ist das, was ich meinte. Viele Grüße, Geneviève Allgemeine Anmerkung nur zur Sicherheit: Über das Wort „Merkmal“ lässt sich natürlich streiten, ist mir klar, mir passt das hier selbst nicht. Ich verwende es dennoch der Einfachheit halber. Und dass es ein Unterschied ist, ob ich Rocker bin (selbst gewählt) oder homosexuell (ist einfach so), ist mir bewusst, aber das ist ja nicht das Thema, daher übergehe ich diesen Unterschied hier. Und dass Menschen in bestimmen Merkmalsgruppen auch extrem wenig gemeinsam haben können und dass man weder einen anderen noch sich selbst zum Sinnbild einer ganzen Gruppe machen sollte und dass allein das Wort „Gruppe“ doch sehr vage und im Grunde eher unhaltbar ist, ist ebenfalls klar. - Diese Anmerkungen beziehen sich übrigens nicht auf dich, Miriam, oder irgendjemanden sonst hier, sind nur die kritischen Nebenstimmen in mir. |
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Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 10.05.2025 - 07:12 |