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> Was fasziniert an Horror?
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Beitrag 28.Dec.2010 - 11:04
Beitrag #1


Suppenköchin
*******

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Hallo,

ich hab in meiner Mitarbeiterschaft (Sozialer Bereich) einige nette Leute, die ich von ihrem Wesen her sehr angenehm finde.
Das sind jüngere, aber sozial engagierte Menschen, im Geiste nicht einfach gestrickt, sie machen ihren Job gut und verantwortungsbewußt.
Letztens saßen wir in einer Pause am Tisch und unterhielten uns über Kino und diverse Filme.

Nun bin ich so gelagert, dass mir eher unangenehm zumute wird, wenn es in Filmen zu blutig und brutal zugeht. Und mir wird es auch zu dumm, wenn die Story so gut wie nicht vorhanden ist, es um Angstbereiten, Blutvergießen und Abschlachten geht.
Ich hab im Gespräch mitgekriegt, dass diese freundlichen, etwas ruhigeren Leute sich sowas aber gerne, sogar bevorzugt, ansehen. Mich hat das total überrascht, weil sie im realen Leben so hilfsbereit und sozial kompetent sind.
Kann mir jemand sagen, wieso das so konträr ist?
Kompensieren sie damit die Realität, die uns hilflos mit ansehen läßt, wie Ungerechtigkeit oft siegt?
Wie begründet sich daraus denn das Fasziniertsein von Brutalität?
Ich bin davon echt angewidert, obwohl ich auch z.B. Tatort sehe oder mal einen guten Krimi. Das meine ich auch nicht, sondern diese Horrorfilme, in denen es um Grauen und Morden geht, Qual und Dahinmetzeln, in absolut entwürdigender und entmenschlichter Weise.
Es ist geradezu das Gegenteil von Weihnachten.
Um so größer war der Gegensatz: drinnen steht der beleuchtete Baum, draußen ging das Gespräch um den besten Horrorfilm (IMG:style_emoticons/default/patsch.gif)
Was denkt ihr?
Vielleicht ist eine von euch auch von diesen Filmen angetan, wie erklärt sich das für sie?


LG Outlook


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dandelion
Beitrag 28.Dec.2010 - 14:19
Beitrag #2


don't care
************

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Vor ein paar Monaten habe ich mit einer Freundin einen DVD-Abend gemacht. Sie wollte mir anhand dreier Horrorfilme beweisen, daß diese durchaus romantisch sein können.
Und ich bin mit zwei Lehren aus dem Abend heraus gegangen - wobei mir deine Frage eine der beiden erst bewußt gemacht hat.

Erstens: Romantik kann da besonders gut wachsen und kommt dort am besten zur Geltung, wo sie nicht erwartet wird. Ähnlich wie ein Baum, der dort besonders kräftig werden kann, wo nicht andere Bäume mit ihm um Licht, Wasser und das Salz im Boden buhlen. Tod oder die Grausamkeit eines Fluches kann dann tatsächlich als Kontrastmittel für menschliche Verbundenheit am Abgrund dienen.

Genauso kann es weniger belastend sein, sich mit einem fiktiven Ungeheuer auseinanderzusetzen, als mit den realen Monstern unserer Welt - wobei auch Paranoiathriller seit ein paar Jahren groß im Kommen sind. Kunststück - das Ausmaß unser aller wirtschaftlichen Verwurstung und das ungeheuere Rauschen im weltweiten Nachrichtennetz lassen die Kräfte, die uns bewegen, ähnlich abstrakt, bedrohlich und übermächtig erscheinen wie eine riesige verlassene Kathedrale voller Vampire bei Nasenbluten.

Und schließlich tut es manchmal gut, wenn ein Film einen Humor abseits sämtlichen politisch Korrekten hat. Insbesondere ein Mensch, der berufsmäßig mild sein soll, braucht manchmal einen Kanal für Aggressionen. Ein Mensch, von dem den ganzen Tag ausgesuchte Höflichkeit erwartet wird, ist vielleicht sogar anfälliger für einen Heißhunger auf Heavy Metal, als ein Mensch, der im Alltagsleben seinen Emotionen ungefiltert Luft machen kann.
Jede Persönlichkeit wird mehr oder weniger jedes Gefühl auf sich vereinen, und jedes sucht sich seinen Weg. Manchmal tut es wirklich gut, mal nicht optimistisch, nicht zuverlässig, nicht höflich, nicht friedfertig, nicht leise, nicht brav, nicht intelligent oder nicht vernünftig zu sein. So verstehe ich jedenfalls die Leidenschaft zweier Freunde (beide im Alltag extrem hilfsbereit, radikaltolerant, gewaltfrei und kameradschaftlich) für Metzelfilme und Horrorthriller - unter der Bedingung, daß diese mindestens einen feinen, aber makabren Humor oder eine originelle Story haben.
Übrigens auch meine eigene für verfremdende Comics wie "Das große Rennen von Belleville", "Felidae" oder "The Mysterious Geographic Explorations of Jasper Morello". Letzterer ist eigentlich auch ein kleiner Horrorfilm, wenn ich es mir genauer überlege... (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

Zweitens: Oftmals ist die geschnittene Fassung von Horrorfilmen, wie sie im TV gezeigt oder im allgemeinen Handel vertrieben wird, ausgerechnet ihrer Handlung beraubt.
Beispiel Dance of the Dead. Der Film spielt in einer Welt, in der viele an "der Krankheit" gestorben sind, die sie zuvor übel verunstaltete. Untote werden bei einer makabren Turnusparty als Belustigungsobjekte behandelt. Vor diesem Hintergrund entspinnt sich eine Familientragödie, als ein Mädchen mit Freunden zu dieser Party fährt und auf der Bühne ihre eigene tote Schwester tanzen sieht.
Daß "die Krankheit" eine Biowaffe des (mittlerweile ausgefochtenen) WK3 sein soll, was das für ein Mittel ist, das die Toten tanzen läßt - all das wird in einer Radiosendung auf dem Weg zur Party erklärt, der in der Kurzfassung rausgeschnitten wurde.
Meine Freundin kannte bis zu diesem Abend nur die Kurzfassung und machte mich darauf aufmerksam - bis dahin kannte ich beide Versionen nicht.
Aber seit diesem Abend verstehe ich den Instant-Frust, den meine beste Freundin bei dem Wort "Cutter" an den Tag legt, ein bißchen besser (IMG:style_emoticons/default/pfeif.gif)

Will heißen, Horror ist für mich eine Art emotionales Kontrastmittel. Leider eins, das - wie das Medium Comic - durch kommerzielle Ausschlachtung ohne Inhalte schnell in Verruf gerät. Es hat was mit Verfremdung der Realität zu tun. Das verträgt kaum jemand in jeder Richtung unbeschränkt.

Das bedeutet allerdings auch, daß ich mich lieber von besagter Freundin beraten lasse, welche Filme sich lohnen, und diese dann von ihr oder aus der Videothek ausleihen würde, als im Blindflug irgendwas anzuschauen.

Der Beitrag wurde von dandelion bearbeitet: 28.Dec.2010 - 14:20
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