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Beitrag
#1
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Strøse ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 10.010 Userin seit: 27.08.2004 Userinnen-Nr.: 166 ![]() |
Sie spinnt sich an einem scharfen Faden die Finger blutig und tränkt all ihre Verwünschungen ein. Leicht ist ein straffes Netz gewoben, darin vertäut all jene Dinge, die zu schwer sind, um sie dicht am Herzen zu tragen.
Zauberhaft umsponnene Unverletzlichkeit der Scham - kein Stachel, kein Gift schützt sie, nur das in den Fäden fortsurrende Geraune der Spinnerin. Wir alle tragen unser kleines Bündel. Die einen wohl sortiert und weich eingelagert, die anderen noch wirr und pieksend. Hin und wieder ist es uns vergönnt, über den Weg ein wenig Selbstvergessenheit zu erlangen. Auf unserer Reise ziehen wir mit vielen anderen, einigen sind wir dabei so nah, dass wir durch die Maschen ihres kleinen Bündels erahnen können, wie schwer es ihnen wohl fällt, eine leichte Last vorzutäuschen. Wissend nicken wir uns zu, erkennen unsere wortlose Verbundenheit und setzen unseren Weg fort. Andere hingegen suchen unsere Nähe, erschüchtern sich ein wenig Tragehilfe von uns und obwohl es nicht leicht fällt, gestehen wir ihnen die Bedürftigerkeit zu und bieten unsere Hand an. Ab und an blitzt etwas aus den Päckchen - und wir staunen, erschrocken über die plötzliche Offenbarung, über die Mächtigkeit des Verborgenen. Es ist gewiss: das Schreiten war ein leichteres ohne das Gesehene. Hin und wieder schneidet sich ein Geheimnis dennoch einfach durchs mühsam Gewebte und heraus quillt alle Beschwerlichkeit und Scham. Ich bin in ein Tabu gesponnen, es bindet und fesselt, verwünscht und verschlingt mich zugleich. Familiengeheimnis. Was du erfahren, sollst du begraben, was dir bewusst, still in dir tragen. Gewissen, Vergessen, Bewusstsein - wie nah liegen sie. Womöglich entspinnt sich an dieser Stelle ein Gespräch weniger über die einzelnen Pakete an sich, sondern vielmehr über die Schnür- und Tragevarianten der selben. Wie geht ihr mit den unverletzlichen Geheimnissen, dem nie zu Schauenden in Eurem Umfeld um? Wie genau habt Ihr es gesehen, wie kam es dazu, wie alt wart Ihr? |
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Beitrag
#2
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mensch. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 6.514 Userin seit: 29.03.2006 Userinnen-Nr.: 2.777 ![]() |
Ich habe lange drüber nachgedacht, ob ich etwas Sinniges beitragen kann. Ich merke an den verklausulierten, codierten, verschleiernden Formulierungen, wie tabu die Tabus von so mancher hier sind. Und es erinnert mich an die Zeit, in der ich ebenso verschwiegen geredet habe.
Mittlerweile finde ich mich ziemlich tabulos. Vorbei auch die Zeit, da sie aus mir herausbrachen und ich ohne Rücksicht auf (eher: ohne Gefühl für) die jeweilige Situation das Schweigen (und sei es das verschwiegene Reden gewesen) sein ließ. Jetzt ist es so, dass ich die Karten auf den Tisch lege, weil ich nicht mehr auf mein Gegenüber vertrauen muss, dass es "gut geht". Ich vertraue mir selbst genug. Ich hab so viel gesehen in meiner Familie und in meinem eigenen Leben. Alkoholsucht, Missbrauch, Intrigen, verschwiegene und öffentliche Affairen, Depressionen, Klinikaufenthalte, Schnitte, verkrachte und abgetrennte Familienzweige. Und es gibt kaum ein Gegenüber, das nicht auch eines oder mehrere (oder mehr als diese) Tabus davon kennt, erlebt hat, lebt. Manchmal, in kleinen kostbaren Momenten öffnen sich hier und drüben die Türen. Das heißt nicht, dass eine wöchentlich tagende Selbsthilfegruppe daraus würde. Das einzige, was ich bieten kann ist das meist neue Wissen: Du bist nicht allein. Was ich ganz neu entdecke ist die Fähigkeit, Tabubrüche zu begleiten oder anzustoßen. Ganz innerfamiliär. Ich schäme mich nicht für ein einziges Tabu innerhalb meiner Familie (mit meinen eigenen bin ich da hier und da noch nicht ganz so weit, ich bin nicht heilig ;o) ). Ich bin mir selbstverständlich geworden. Und so konnte es meine Familie und so konnten es unsere Tabus werden. Ist das noch irgendwie verständlich? Ich habe ein Gefühl bekommen für die Situation und für die Zeit, die vieles braucht. Ich bin trotzdem ungeduldig. Doch gezügelt. Als ich 20 war merkte ich, dass ich schon die Hälfte meines Lebens ein großes Tabu mit mir herumtrug. Dass mich jeden Tag verfolgte, dass mich nicht in Ruhe ließ. Ich beschloss, dass das aufhören müsse. 50% sind seitdem meine fast magische Grenze des Tabu-Ertragens. Eine halbe Partnerschaftszeit etwas mit mir herumtragen... höchstens. Mittlerweile habe ich mehr als mein halbes Leben ohne dieses Tabu von damals verbracht. Ein gutes Gefühl. Ich habe sehr viel mehr gewonnen, als verloren. Die Verluste waren kurzfristiger Natur oder sogar reversibel. Und seit ein paar Wochen freue ich mich drauf, welche Rolle mir in meiner Familie zugedacht ist. Gerade in Hinblick auf die Tabus. Das ist alles, was ich beitragen kann. McLeod Der Beitrag wurde von McLeod bearbeitet: 30.Oct.2007 - 09:47 |
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Beitrag
#3
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mensch. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 6.514 Userin seit: 29.03.2006 Userinnen-Nr.: 2.777 ![]() |
Ich habe lange drüber nachgedacht, ob ich etwas Sinniges beitragen kann. Ich merke an den verklausulierten, codierten, verschleiernden Formulierungen, wie tabu die Tabus von so mancher hier sind. Und es erinnert mich an die Zeit, in der ich ebenso verschwiegen geredet habe. Mittlerweile finde ich mich ziemlich tabulos. Vorbei auch die Zeit, da sie aus mir herausbrachen und ich ohne Rücksicht auf (eher: ohne Gefühl für) die jeweilige Situation das Schweigen (und sei es das verschwiegene Reden gewesen) sein ließ. Jener Herbst 2007... Aufbruchstimmung, das Gefühl von Freiheit, freier Wahl, freier Entscheidung. Viel gute Bewegung in den Familienzweigen, so schien es mir. Ich war ein lebendiger Netzwerkknoten und wie schon gewohnt ein Katalysator. Im Januar 2015, in einem Trümmerfeld, wache ich auf und sehe plötzlich rote Fäden, die das GroßeTabu meines eigenen Lebens in mir wirkte. Wie gefesselt ich war, in meinem Handeln, auch wenn die Worte längst schon möglich waren. Zum Jahresanfang 2017 wird überdeutlich, in unserem Patchwork-Baum haben sich die Stämme und ich getrennt. Wo ich einst Katalysator war, will ich diese Kraft nicht mehr sein. Sollen die Anderen sich um sich selbst bemühen. Ich schaue seit 2 Jahren und einem bisschen, ob ich mir selbst Katalysator sein kann. Mir bleibt noch ein neu-erblühter kleiner Zweig. Im Herbst 2007 erstmals ins Wasser gestellt und in den Tagen nach der Januar-Erkenntnis 2015 nochmal... Ich lese hier und spüre, wie mein Nacken, meine Schultern und hinab den Rücken entlang sich viele Stellen verspannen an so mancher Stelle Text. Ich war mir selbst tabu. So sehr, dass ich es selbst nicht merkte. Da war kein Raum für besorgte Fragen oder drängende Wünsche meines Gegenübers: "Müsstest Du da nicht mal bei Dir schauen, was ist...?" Der Grat zwischen Invasion und Katalysieren ist fein und scharf. Vielleicht war ich auch für die Meinen eine Invasion... Tabus sind fester gebaut, als mensch denkt. dtam hat es so treffend bemerkt. Nicht jedes, vielleicht. Aber einige erlebte ich so. Erst der Tod machte sie ein bisschen beweglich. Ich schaue zurück und sehe: ein halbes Leben war es wieder. Es war wohl an der Zeit. 10 - 20 - 40... Was ich jetzt löse, heile, erkenne, zulasse... mit 80 werde ich es wohl erneut erleben. Wenn das Leben einen Rhythmus hat, eine verborgene, mystische Vereinbarung mit der Zeit. Wenn nicht --- auch egal. Ich habe immer nur das Jetzt und trage täglich 24 Stunden mehr von dem, was war. Ich frage mich, wie ich all das tragen konnte...? Alles hat seine Zeit. Und hier zu lesen reichert die Erinnerungen an, die verwaschen, verkürzt und/oder verschwunden waren. McL |
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Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 13.05.2025 - 19:42 |