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> Lesben auf dem Land, Wie lebt es sich als Lesbe in ländlicher Gegend
Kara
Beitrag 20.Feb.2012 - 11:11
Beitrag #1


Naschkatze
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Hallo allerseits,

wie lebt es sich als Lesbe auf dem Land? Seit ihr dort geoutet oder ist es schwierig sich zu outen, weil Homosexualität dort weniger toleriert wird? Und wie kommt ihr damit klar, dass dort ohnehin weniger Lesben leben, ihr quasi weniger mit Lesben in Kontakt treten könnt?

Es grüßt K
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shark
Beitrag 20.Feb.2012 - 18:41
Beitrag #2


Strösenschusselhai
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Hallo, Kara.

Ich lebe nun nicht direkt auf dem Land - also nicht in nem 200-Seelen-Dorf zwischen Feld, Wald und Misthaufen - aber in einer kleinen Kurstadt in einer sehr, sehr ländlichen Region des südlichen Schwarzwaldes.

Und ich lebe gern hier. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)
Nicht nur als das Landei, das ich nun mal bin (ich könnte mir ein Leben in einer Großstadt für mich nur äußerst unglücklich vorstellen und hätte vermutlich täglich 24 Stunden Sehnsucht nach meiner Kleinstadt...), sondern auch als Lesbe.

Klar: hier gibt es nicht die Spur einer Szene, keine Gay-Kneipe, keinen Lesbenchor oder auch nur ne feministische Gesprächsgruppe, ja, nicht mal einen homosexuellen FreundInnenkreis. Wir treffen nur hin und wieder auf andere lesbische Frauen und mit den allermeisten von ihnen pflegen wir eher eine lose Bekanntschaft als Freundschaft - aber ich kann hier einfach sein, wer ich bin: Frau shark, die mit Frau krabbe und zwei Töchtern in der Altstadt wohnt. Und sich nicht verstecken muss.

Dass wir beiden Frauen lesbisch und seit etwa 9 Jahren ein Paar sind, weiß hier jeder Mensch, der uns auch nur flüchtig kennt. Und von uns beiden wusste man einzeln auch vorher schon, dass wir frauenliebend sind.

Anfänglich war das natürlich jeweils eine Sensation, aber das hat schnell nachgelassen. Wenn man kein Geheimnis aus der eigenen Lebensweise macht, kommen die meisten Menschen nicht auf die Idee, noch irgendwas rumzutratschen - weiß dann ja eh schon jedeR. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Und die Leute waren erstaunlich locker, nachdem sie den ersten "Schrecken" verdaut hatten.

Weder beruflich noch privat noch als Eltern hatten wir deshalb Schwierigkeiten.
Dumm angemacht werden wir allenfalls , wenn wir auswärts unterwegs sind - selbst in größeren, jüngeren Städten ist uns das schon passiert, daheim aber noch nie.

Trotzdem wird meine Frau ab und an vom Kleinstadtkoller gepackt - ein paar Tage in einer Großstadt kurieren sie aber jedesmal und sie ist heilfroh, wieder nach Hause zu kommen.

Wir mögen es, unsere Nachbarn zu kennen, samstags auf dem Markt mit den Marktfrauen und dem Eiermann zu plaudern, beim Friseur und in der Bank mit Namen begrüßt zu werden und es nicht weit in unsere geliebten Wälder zu haben usw. Alles ist näher beieinander - Andere finden das anstrengend und fast bedrohlich, wir haben das gern.

Und wenn wir Kultur brauchen, shoppen oder ausgehen wollen oder doch mal in die Szene eintauchen, dann fahren wir eben nach Basel oder Zürich.
Das dauert weniger lange als in Berlin von Prenzlauerberg nach Schöneberg. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Landleben ist schön, finden wir. (IMG:http://www.smileygarden.de/smilie/Blumen/58.gif)


shark
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Kara
Beitrag 21.Feb.2012 - 11:20
Beitrag #3


Naschkatze
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Schön,
dass es bei euch so gut klappt! Aber grundsätzlich stelle ich es mir problematisch vor, wenn man keine Freundin hat, eine kennenlernen möchte und überhaupt den Austausch mit Lesben schätzt!
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pfefferkorn
Beitrag 21.Feb.2012 - 11:37
Beitrag #4


Gut durch
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die single-lesbe auf dem land auf suche nach anderen lesben... hat einen internetanschluss...
in der kleinstadt auch..

oder/ und sie fährt einmal die woche in die nächstgrößere stadt zum lesbensport oder zum -chor...

aber die wahrscheinlichkeit, dass lesbe auf kontaktsuche in der großen stadt mehr glück hat... ist die wirklich gegeben?
ich hab, wenn ich bei geschäftsreisen allein in großstädten unterwegs bin, nicht unbedingt den eindruck, dass kontakten "einfach so" in der lesbenkneipe oder im frauenhotel noch erwünscht ist..
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shark
Beitrag 21.Feb.2012 - 11:39
Beitrag #5


Strösenschusselhai
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Naja, wie gesagt: Wir zumindest haben Großstädte in der Nähe (Basel und Zürich sind je etwa 40 oder 50 km entfernt) - und wenn uns nach regelmäßigen Szenebesuchen oder -Treffs wäre, dann könnten wir die dort auch haben.

Die Angst, auf dem Land keine Freundin finden zu können, hatte ich übrigens auch. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)
Aber ob Du es glaubst oder nicht: über heterosexuelle FreundInnen und wirklich ganz spontan und natürlich (ohne Anbahnungsbemühungen Anderer oder Institutionen) hab ich dann Frau krabbe kennengelernt.
Sie lebte auch damals schon im gleichen Kurstädtchen wie ich. Dann kam Verliebtheit, dann Liebe und .. naja, jetzt sind schon knapp 9 Jahre vergangen seither.

Hätte ich nie gedacht, dass ich ohne Kontaktanzeige, Vermittlung durch lesbische Bekanntschaft und völlig unter Auslassung von Szene in welcher Art auch immer eine "Frau für's Leben" finden könnte in diesem "Kaff".

Gibt's aber wohl auch, solche Zufälle. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Willst Du auf's Land ziehen, oder warum fragst Du explizit nach einschlägigen Erfahrungen? (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

shark
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Kara
Beitrag 21.Feb.2012 - 12:20
Beitrag #6


Naschkatze
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nein, mein zweiter wohnsitz ist seit einiger zeit auch auf dem land..

shark, DAS ist natürlich die tollste situation jemanden kennenzulernen! TRAUMHAFT!!!

ja, das stimmt, frau fährt dann in die nächstgrößere stadt und geht zu lesbentreffen, wenn sie es denn möchte..aber, vielleicht möchte sie trotzdem nicht, dass ihre homosexualität auf dem land publik wird! da ist es in der großstadt viel einfacher, finde ich..
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Schlummi
Beitrag 21.Feb.2012 - 16:25
Beitrag #7


Suppenköchin
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Ich lebe seit 1,5 Jahren in einem Dorf und gehe hier mit meiner Homosexualität und Partnerschaft sehr offen um. Ich sehe es nicht ein mich verstecken zu müssen - das wäre mir viel zu anstrengend! Und bisher habe ich auch noch keine wirklich schlechten Erfahrungen damit gemacht. Dumme Blicke sieht man immer mal wieder, aber richtig angefeindet wurden meine Partnerin und ich bisher nie. Nun habe ich zu den Dorfbewohnern nur wenig Kontakt und kann nicht genau sagen ob und wieviel getratscht wird. Das ist mir aber auch egal. Ich schätze hier sehr die Ruhe und Nähe zur Natur. Das würde mir in einer Großstadt fehlen. Gerade bin ich für ein paar Tage in Berlin gewesen. Das ist zwar eine tolle Stadt, aber ich empfinde es auch immer als sehr anstrengend dort zu sein. Eben weil man manchmal eine halbe Ewigkeit unterwegs ist um von A nach B zu kommen.

Und auch mir ist es gelungen trotz Landleben eine Partnerin zu finden. Wie Pfefferkorn schon so schön bemerkt hat, auch auf dem Land gibt es Internet, auch wenn es ein bißchen langsamer ist als in der Stadt (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Inzwischen habe ich mir auch einen lesbischen Freundeskreis aufgebaut. Ich muss zwar für gemeinsame Treffen meist in die nächste Großstadt fahren, aber es gibt wirklich Schlimmeres.
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pfefferkorn
Beitrag 21.Feb.2012 - 16:58
Beitrag #8


Gut durch
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... und ich kenne einige, die gerne aus der stadt aufs land kommen...

die schönen weinkneipen schätzen, das gute essen... das draußen-sitzen-können

am allerbesten ist es, sich die möglichkeit zu schaffen, von allem das beste zu erleben...
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svan
Beitrag 19.May.2012 - 22:12
Beitrag #9


Gut durch
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Mein Eindruck ist, dass das Thema Homosexualität heute wirklich niemanden mehr wirklich schockt. Dank Medien und Fernsehen ist der Unterschied zwischen Stadt und Land auch nicht mehr so, wie es in den Fünfzigern mal war.
Ich kenne homosexuelle Männer und Frauen und eine Ehefrau, die früher Ehemann und Vater war und auch die sind akzeptiert. Also das lässt doch hoffen.
Und wo und wie man die passende Partnerin findet, ist wohl eher Glückssache.
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Pirola
Beitrag 20.May.2012 - 11:09
Beitrag #10


Bekennende Urlesbe
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Wenn das so ist, dass die Homosexualität heute niemanden mehr schockt, warum ist dann aber die
Entwicklung so, dass sich die Lesben auf den diesjährigen Filmtagen der grösseren Stadt ganz in der
Nähe von Sharks Kurstädtchen auf kleinstem Raum drängen müssen und frau froh sein kann,
wenn sie nicht mit bowlenden Männern zusammenstösst , die überall um das Kino rumlungern und
dieses Jahr erstmals sogar mit auf den Bierbänken Platz genommen haben, die seit 22 Jahren auf den
Filmtagen den Frauen vorbehalten waren?
Jetzt sag nicht, das sei die überwundene Berührungs -bzw. Schwellenangst und die Integration der Homosexuellen
in die Gesellschaft.
Was ich u.a. angesichts der immer weniger werdenen Angebote ( keine Standardtanzveranstaltungen mehr für Lesben,
die Lesbenbibliothek hat keine Öffnungszeiten mehr etc.) feststelle, ist , dass wir uns in einer Zeit
befinden, die den Heteros den Vortritt lässt , oder , wie es mal vor vielen Jahren eine Referentin der Berliner
Lesbenwoche formulierte, in der Epoche eines "antifeministischen Rückschlags".
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Deirdre
Beitrag 20.May.2012 - 17:16
Beitrag #11


Satansbraten
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@Pirola:

Vielleicht fallen die Angebote für Lesben weniger üppig aus, weil heute viele Lesben nicht mehr politisch für andere Lesben oder auch für Frauen allgemein engagiert sind? In meiner Stadt ist z.B. die Ortsgruppe des Lesbenrings aufgelöst worden. Es gab zu wenig Interesse - von lesbischer Seite.

Außerdem kenne ich viele Lesben, die sagen, sie wollen mit anderen Lesben zusammen sein - privat. Sie haben also größere lesbische Freundes- und Bekanntenkreise. Aber in der "Szene" - nein, da haben sie nichts verloren.

Ich weiß nicht, ob man das jetzt für einen allgemeinen Rückzug ins Private halten soll, oder für eine Entpolitisierung, evtl. sogar für ein Zeichen der Normalisierung - eben weil es häufig einfacher als vor zwanzig, dreißig Jahren scheint, als Lesbe zu leben - wir in unserem Kulturkreis nicht mehr gar so sehr für unseren Lebensraum kämpfen müssen.
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miriam
Beitrag 20.May.2012 - 18:59
Beitrag #12


Gut durch
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ZITAT(Pirola @ 20.May.2012 - 12:09) *
Was ich u.a. angesichts der immer weniger werdenen Angebote ( keine Standardtanzveranstaltungen mehr für Lesben,
die Lesbenbibliothek hat keine Öffnungszeiten mehr etc.) feststelle, ist , dass wir uns in einer Zeit
befinden, die den Heteros den Vortritt lässt , oder , wie es mal vor vielen Jahren eine Referentin der Berliner
Lesbenwoche formulierte, in der Epoche eines "antifeministischen Rückschlags".


Ich habe eher den Eindruck daß das Schwinden der Angebote zum einen an mangelndem Interesse seitens der 'Zielgruppe' liegt (dieses möglicherweise dank überbordender virtueller Angebote), zum anderen aber auch an der rapide abnehmenden Bereitschaft, sich für die Organisation und den Erhalt einer Lesbenbibliothek, eines Frauenschwoofs einen Stammtisches etc. zu engagieren. Dieses Phänomen beklagen übrigens nicht nur Lesben sondern Organisationen und Vereine mannigfaltigster Art.
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Pirola
Beitrag 20.May.2012 - 20:10
Beitrag #13


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Das habe ich noch nicht gehört , dass das auch in anderen Vereinen so sein soll.
Ich bin z.B. Mitglied der GEDOK,auch ein Verein, der ja auch Frauen und höchstens männliche Kunstförderer
unter ihren Fittichen hat. Dort ist das Engagement sehr gross. Ich fühle mich dort wohler
und solidarischer behandelt als im Rahmen der Lesbenszene.
Der Rückzug ins Private und die Entpolitisierung sind hier in dieser badischen Stadt auch sehr zu spüren. Ich
habe das auch von einem einst politisch sehr aktiven Paar aus der Schweiz gehört, dass es dort
die gleiche Entwicklung gibt. Immerhin ist es dort wohl noch möglich, dass sich die Frauen regelmässig
in einer der kleinen Schweizer Städtchen versammeln, und dafür extra aus diversen Kantonen angereist kommen.
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miriam
Beitrag 21.May.2012 - 10:42
Beitrag #14


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ZITAT(Pirola @ 20.May.2012 - 21:10) *
Das habe ich noch nicht gehört , dass das auch in anderen Vereinen so sein soll.
Ich bin z.B. Mitglied der GEDOK,auch ein Verein, der ja auch Frauen und höchstens männliche Kunstförderer
unter ihren Fittichen hat. Dort ist das Engagement sehr gross. Ich fühle mich dort wohler
und solidarischer behandelt als im Rahmen der Lesbenszene.


Zunächst einmal ist die GEDOK, soweit ich weiß, ein Zusammenschluß professioneller Künstlerinnen/Kunstförderer und kein Hobbyverein, d.h. die Mitgliedschaft kann dem beruflichen Vorwärtskommen, bei KünstlerInnen ja nicht immer ganz einfach, förderlich sein.

Ich bezog meine untenstehende Aussage außerdem keineswegs nur auf Vereine und Organisationen in denen (hauptsächlich) Frauen aktiv sind, sondern ganz allgemein auf Interessengemeinschaften aller Art, beispielsweise Zusammenschlüsse von Menschen mit einem bestimmtem Hobby etc..

Und hier noch eine vielleicht dumme Frage am Rande: was genau versteht Ihr eigentlich unter 'Lesbenszene'? (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

Der Beitrag wurde von miriam bearbeitet: 21.May.2012 - 10:44
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Pirola
Beitrag 21.May.2012 - 17:55
Beitrag #15


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Das freut mich, dass Du weisst, was GEDOK bedeutet. Das wissen nämlich leider nur wenige.
Ich erlebe die GEDOK auch als einen Ort, an dem ich mich mit anderen Künstlerinnen austauschen kann, weniger
als förderlich für meine "Karriere" als Künstlerin , zumal der hiesigen GEDOK ein eigener Raum fehlt , wo
sie unter einigermassen würdigen Bedingungen Ausstellungen organisieren könnte.
Unter Lesbenszene verstehe ich auch sowas wie Stammtischrunden , alles , was regelmässig stattfindet
und wo tendenziell immer die gleichen Frauen hingehen.
Woran liegt wohl dieser Rückzug ins Private, wenn er sich sogar ganz allgemein verbreitet hat?
Liegt es am Internet, weil wir jetzt alles Dringliche im Netz besprechen?
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miriam
Beitrag 22.May.2012 - 10:17
Beitrag #16


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Ja, ich glaube, der 'allgemeine Rückzug ins Private' liegt zu einem großen Teil am Internet mit seinem Überangebot an allem Möglichen und Unmöglichen und der ständigen Vernetzung von jeder/m mit jeder/m, die eine Nähe vorgaukelt, die m. E. eine Illusion ist. (Wie man Menschen als Freunde bezeichnen kann, die man nie gesehen oder gesprochen hat und wohl auch nicht wird und die man überdies sammelt wie andere Leute Fußballbildchen wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben.)

Ich kenne eine Menge engagierter Leute aus den verschiedensten Bereichen, die nicht mehr bereit sind, sich öffentlich für ihre Sache/ihr Hobby einzusetzen (z.B. ein Vereinsfest zu organisieren), weil sie inzwischen die einzigen sind, die das tun und hinterher womöglich auch noch angemeckert werden, wenn etwas nicht ganz so läuft wie die anderen, Passiven, ich will sie mal Konsumenten nennen, es sich vorgestellt haben...

Und damit sind wir bei einem zweiten Punkt der mir den besprochenen Rückzug zu erklären scheint: oftmals genügt es diesen 'Konsumenten' nämlich nicht (mehr?), irgendwo hin zu gehen (z.B. zu einem Stammtisch), mit Gleichgesinnten zu quatschen und selber für Stimmung zu sorgen, nein, sie wollen auch noch etwas geboten bekommen: ein Programm, leckeres Essen... Andernfalls finden sie es oft nicht der Mühe wert, den schwer gewordenen Ar... vom Sofa hochzuhieven. Wie war das damals bei Nina Hagen: 'Ich glotz' von Ost nach West, es ist alles so schön bunt hier!" Inzwischen glotzt man auch von Nord nach Süd und umgekehrt, diagonal und nach oben und unten und das nicht nur bunt sondern auch noch in 3-D. Und das allerorten mittels Fernseher, PC, I-pod und wie die Dinger noch alle heißen mögen. Dann hat man noch die vielen, vielen Freunde bei f...book und die chats hier und dort und da- wozu also noch vor die Tür gehen? (Ich bitte um Eschuldigung für meinen Sarkasmus...)

Doch alles Übel auf Bequemlichkeit zu schieben hieße wohl, die Dinge allzu einseitig zu betrachten. Eine Ursache für den von Dir beklagten Rückzug ist meiner Meinung nach auch die zunehmende berufliche Belastung, nicht selten gekoppelt mit einem Einkommen, das zum Leben nicht wirklich reicht. Ich habe Glück, bei mir sieht es nicht so schlimm aus aber ich kann die Leute verstehen, die abends dermaßen k.o. nach Hause kommen daß sie weder Kraft noch Lust haben, noch irgendwo hin zu gehen, geschweige denn sich aktiv einzubringen.

Hier noch ein kleiner Bogen zurück zum eigentlichen Thema (Landlesben): der Lesbenstammtisch einer relativ kleinen, unbedeutenden Stadt in meiner Nähe ist wesentlich besser besucht als der in der nächsten Großstadt! Ob das wohl daran liegt, daß es in besagter Großstadt mehr Angebote für Lesben gibt?

Der Beitrag wurde von miriam bearbeitet: 22.May.2012 - 10:23
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Pirola
Beitrag 22.May.2012 - 15:56
Beitrag #17


Bekennende Urlesbe
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Ja, das könnte doch sein. Weil es einfach nicht so viel Alternativen gibt und frau sich mit dem angebotenen Stammtisch arrangieren muss.
Das mit dem Freundesammeln wie Fussballbildchen ist ein gutes Bild. Mir geht das auch so, dass ich das nicht ernst nehme. Wenn ich gefragt
werde, ob ich wen als Freundin im Internet haben will , sage ich immer "nein" , eben, weil ich die Frau ja nicht wirklich kenne.
Was ich auch bedenklich finde, ist die grosse Kontrolle, die z.B. auch Stay Friends , das Forum für ehemalige KlassenkameradInnen , hat.
Da wird Dir sogar nahe gelegt :" Welchen Jahrgang möchten Sie beobachten ?" Und wenn ich das angebe, also, ohne mich selbst zu outen, wer
ich denn bin, dann kommen alle möglichen Namen der Jahrgänge der jeweiligen Schule , die ich angeklickt habe.
Deshalb klicke ich in meinem eigenen Profil auch nie an: "Kenne ich", denn sonst würde ich sofort mit der Person vernetzt werden, die würde
eine vorgefertigte PN erhalten etc etc. Es macht ganz unselbstständig und wahrt vor allem die Privatsphäre nicht mehr.
Eine sehr grosse Versuchung und Entschuldigung ist das Internet natürlich auch für alle SozialphobikeInnen und sonstige Kontaktgestörte.
Zwischen dem Nichtmehrrausgehen , sich Nicht mehr Engagieren und immer mehr Konsumieren und dem Internet könnte wirklich ein Zusammenhang bestehen.
Aber das Thema war ja eigentlich das Leben als Lesbe auf dem Land.
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shark
Beitrag 12.Jun.2012 - 10:56
Beitrag #18


Strösenschusselhai
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Und zu diesem mag ich wieder die Brücke schlagen, was gar nicht schwer ist, wie ich finde, weil all das, was hier bisher erwähnt wurde, auf jeden Fall eine Rolle spielt.

Ich glaub, dass die Tatsache, dass es in einer größeren Stadt einfach mehr Lesben gibt (weil eine Stadt nun mal mehr Einwohnerinnen hat als ein Dorf) als auf dem Land und man sich leichter auch außerhalb der Szene treffen und befreunden kann, eine Rolle dabei spielt, dass in den Städten die politischen/kulturellen/sozialen Lesbenkreise kleiner und unscheinbarer werden als sie es einmal waren. Denn immerhin WAREN sie mal größer und wichtiger.
Im Dorf gab und gibt es sie nicht in dieser Selbstverständlichkeit. Da gibts in aller Regel keine "lesbische Kultur".
Und daher kann es doch sein, dass frau auf dem Lande einfach froh ist, überhaupt mal auf eine andere Lesbe zu treffen und sich nicht mehr so ganz allein und exotisch zu fühlen mit der eigenen sexuellen Orientierung (und unter Umständen auch mit den Problemen, die diese macht an Orten, an welchen die Menschen an den Umstand, dass es Lesben nun mal gibt, einfach nicht gewöhnt sind).

Ich fand schon immer, dass das Wort "Gleichgesinnte", das ich ach so oft in Kontaktanzeigen von lesbischen Frauen gelesen habe oder hörte, wenn es darum ging, weshalb Eine eine Lesbendisko besuchte ("Da sind halt Gleichgesinnte!"), überhaupt nicht passt.

Es macht mich doch nicht "gleichgesinnt" mit einer Frau, dass die einfach auch lesbisch ist. Das allein verbindet mich noch lange nicht mit ihr...Meine "Gesinnung" ist doch nicht lesbisch.

Und wenn ich aussuchen kann, ob ich Menschen meiner "Gesinnung" treffen und mit ihnen aktiv sein will und sie zu meinen FreundInnen zählen, dann tu ich das auch. Lesbisch hin oder her, Frau oder nicht - das ist mir einfach nicht wichtig genug.

Deshalb arbeite ich politisch, künstlerisch und in allen anderen Belangen am liebsten mit Menschen zusammen, die dasselbe Ziel haben und sich auch engagieren wollen, denen es um die Sache geht und die mir sympathisch sind.

Glücklicherweise bin ich in meinem Kurstädtchen durch "Gewöhnung" der Leute keine Exotin mehr, die sich mit anderen Lesben verbünden muss, damit sie überleben kann.
Deshalb kann ich vielleicht auch denken und handeln als lebte ich in einer größeren Stadt, wo es nicht groß auffällt, wenn eine Frau lesbisch ist und lebt.
Und darüber bin ich froh.
Ich habe "das Kleine", das Überschaubare der Dörflichkeit UND "das Große", die Selbstverständlichkeit der Stadt in Einem.

Dadurch fühle ich mich frei genug, langweilige, überkommene Lesbenveranstaltungen auszulassen und wirklich nur dann in Lesbenzusammenhängen zu agieren, wenn ich das will und es mir auch wirklich passt.



Beste Landgrüße

shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 12.Jun.2012 - 10:58
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Schräubchen
Beitrag 04.Jul.2012 - 13:13
Beitrag #19


Dreht manchmal durch...
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Ich lebe in einem 1000 Seelen Dorf. Und ich lebe hier gern auch wenn ich mich nicht geoutet habe.
Für mich käme ein Leben in der Stadt nicht in Frage, die Anonymität ist mir dort einfach zu groß.
Ich mag es durch den Ort zu gehen und mit den Leuten auf der Straße ins Gespräch zu kommen.
Ich mag es im kleinen Tante Emma Laden persönlich begrüßt zu werden. Ich mag es innerhalb von
zehn Minuten mitten im Wald zu sein und vom Lärm der sogenannten Zivilisation nichts mehr zu hören.

Sicherlich überkommt es auch mich hin und wieder und es zieht mich in die Stadt, um mehr Kultur zu erleben,
um mehr Einkaufsmöglichkeiten zu haben, und um dieses sonderbare Gefühl zu bekommen, dass ich habe, wenn
ich in einer Großstadt bin und ich nicht weiter beschreiben kann. Aber länger als ein paar Tage halte ich das nicht
aus. Die Stadt ist mir zu groß, zu laut, zu bunt, zu schrill, einfach zu...

Grade habe ich mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt und werde mich demnächst an der Uni einschreiben.
Ehrlich gesagt graut es mir schon jetzt davor, einfach weil ich es gern "klein" mag. Meine Schule hatte keine 150 Schüler und
demnächst werde ich an einer Universität sein, wo mehrere Tausend Studenten sind (IMG:style_emoticons/default/wacko.gif) .
Dort werde ich vermutlich meine Sexualität eher zeigen können, offener leben können. Das ist gut, aber ich glaube dass ich
dennoch froh sein werde Abends mich Abends in meine kleine Wohnung zurückziehen zu können und beim einschlafen das
Plätschern des Baches hören zu können...
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Pirola
Beitrag 06.Jul.2012 - 18:55
Beitrag #20


Bekennende Urlesbe
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Hallo Schräubchen,
das kann ich gut verstehen. Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen und wir sind dann in einen anderen Ort direkt an den
Waldrand gezogen. Dann ging ich nach Berlin , um dort zu studieren. Erst nach 11 Jahren habe ich zusammen mit meiner
Partnerin, die ich immerhin in der riesen Stadt kennenlernen konnte , den Absprung geschafft und bin dann in diese Gegend gezogen.
Hier wohne ich wieder direkt am Waldrand, allerdings in einem ganz anderen Teil Deutschlands. Ich weiss nicht, wie ich
heute wäre,hätte ich diese grosse Freiheit für Lesben in Berlin nicht miterlebt, den CSD und die vielen Veranstaltungsorte
und Treffpunkte. Aber die Natur war mir immer total wichtig, und ich denke ,es ist sicher gut, wenn Du in Deiner Wohnung am Bach wohnen bleibst.
Mir hat das in Berlin damals total gefehlt .
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