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> Bewusstseinsbildung über Sprache, Zwischenmenschliche Politik
Gilgamesch.Miner...
Beitrag 12.Sep.2004 - 19:43
Beitrag #1


Satansbraten
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Bewusstseinsbildung über Sprache
Trennen, Verbinden oder Manipulieren durch Worte, zwischenmenschliche Politik.


Ein immer wieder mich erstaunendes Phänomen- man spricht die gleiche Sprache und versteht sich dennoch nicht- ja entfremdet sich durch Sprache zuweilen sogar. Es wird ja gesagt, dass die eigene Sprachgebung sich während der persönlichen Entwicklung verändert- einfach durch Erfahrungen und Umfeld. Aber kann es nicht durchaus auch rückwirkend sein, dass sich die Persönlichkeit ebenfalls durch die Sprache selbst verändern kann? Inwieweit sind Sprachstile an Umgebungen und Umfeld geknüpft und welche Macht haben sie? Das die Sprache eines Menschen uns manchmal mehr sagen und zeigen kann, als seine Meinungen und vertretenen Ansichten, ist bekannt- aber wie viel verrät uns Sprache wirklich- was sagt sie eigentlich aus? Und kann uns manchmal Sprache mehr trennen als verbinden?
Und wenn dem so sei- was beispielsweise auch meine Ansicht ist- wie könnte man dieses zwischenmenschlichen Probleme glätten- heißt wie kann man durch Sprache denn die Probleme lösen, die eben auch durch die entstehen?
Kann man sprechen und Sprache- und die Prozesse, die ihm zugrunde liegen neu bzw. gemeinsam neu erlernen? Wie?

Die Macht, die mittels Sprache ausgeübt werden kann- allein durch Stil und Vokabeln- zeigt sich gerade jetzt im politischen Umfeld. Da werden semantische Brücken künstlich gebaut, um durch Assoziationen andere Eindrücke als die eigentlichen zu vermitteln. Sprache kann manipuliert werden und kann manipulieren- doch wo setzt man den Maßstab für eine „richtige“ Interpretation An bzw. gibt es diese? Schließlich liegt hinter jedem Gedanken eine Grundlage, die eine Sichtweise beinhaltet. Einen Pfad zwischen Wahrnehmung und Sprache zu schlagen ergibt deshalb auch Schwierigkeiten, weil Sprache einerseits ebenfalls Be4standteil von Sprache ist und andererseits auch anderen Wahrnehmungen immer wieder unser subjektiven Blickwinkel zugrunde liegt. Da wird die skeptische Betrachtungsweise deutlich- nur wie kann man im Gegensatz zum pyrrhonischen Skeptiker weiter handlungs- und meinungsfähig bleiben?
Interessant unter diesem Aspekt ist auch die Arbeit der sogenannten Spindoktoren*.

*Zitat: "Propaganda, Psychological Operations und Information Operations in Krieg wie in Frieden sind sein Spezialgebiet." aus:
spindoctor

Oder alternativ
Zum Begriff des spindoctors
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Laura
Beitrag 13.Sep.2004 - 20:41
Beitrag #2


Suppenköchin
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*schon wieder ein interessantes Thema*

Bin mir nicht sicher, ob Sprache Menschen entfremden kann, aber sie zeigt Grenzen auf, inwieweit wir uns über Reden (Schreiben) und Zuhören (Lesen) verständlich machen können.

Dies fängt bereits beim Bedeutungsinhalt von Worten durch ihren Gebrauch in Sätzen an, da dieser konstruktiv und weitgehenst unbewußt erzeugt wird – beim Reden und beim Zuhören. Manchmal fällt uns dies auf, aber in den meisten Fällen achten wir nicht darauf, dass Bedeutungsinhalte nicht objektivierbar sind, auch nicht in hochgradig formalisierten Sprachen.
So gesehen lebt jeder Mensch in seiner individuell entwickelten Sprachwirklichkeit. Doch dadurch, dass wir von frühester Kindheit an ständig miteinander kommunizieren und dabei viel Redundanzen austauschen, bleibt uns - je nach Situation - der babylonische Dschungel erspart.
'Die Zeit ist relativ', besitzt eine ganz andere Bedeutung, wenn dies jemand nach 'nem Zahnarztbesuch sagt, als wenn dies in 'nem Physikseminar geäußert wird. Man könnte sagen, das Vorwissen, dass bei der kontextabhängigen Konstruktion von Bedeutungsinhalten einfließt, ist das, was verbindet bzw trennt und auch zum Nichtverstehen ('wovon redet die bloß?') oder gar zum Mißverstehen ('so ein Quatsch!') führen kann.

Wichtiger erscheint mir jedoch, gerade in Alltagssituationen, dass neben solchen Sachinformationen noch eine ganze Menge anderer Inhalte mitausgetauscht werden. Wer spricht, sagt etwas über sich aus, auch wie sie (er) zum Zuhörenden steht, und welche Erwartungen mit dem Gesagten verknüpft sind. Worauf der Zuhörende eher achtet und in welcher Weise sie (er) diese Botschaften interpretiert, bestimmt maßgeblich, wie sie einander verstehen. Gerade in dieser metainformellen Ebene findet die lebendige Kommunikation statt und sie bestimmt die Wirksamkeit der Austausches, aber dadurch schlummert in ihr auch ein Konfliktpotential, sei es dass man kläglich 'aneinander vorbei redet' oder Sachinformationen absichtsvoll verdrillt werden.

Gute Spindocters bedienen sich im öffentlichen Raum solcher (und anderer) Elemente und zwar weitgehenst bewußt. Es ist in diesem Zusammenhang immer wieder aufschlußreich zu erleben, wie beispielsweise Medienleute die Arbeiten von Kollegen aus ihrem Fachbereich wahrnehmen. Aber so richtig beunruhigen mich die professionellen Meinungsbildner nicht, da sie nicht von dem überzeugt sein müssen, was sie verbreiten wollen. Da gibt es anderes, was mich nachdenklicher stimmt...
... als ich als Jugendliche die Originalreden von Hitler und Goebbels hörte, war mir völlig unverständlich, dass diese nicht dazu geführt haben, die Machthaber zu desavouieren – es hätte bei den meisten Menschen Mißbilligung und Ablehnung hervorrufen müssen. Sicherlich, mir fehlte ein Draht zur damaligen Zeit, aber alleine schon Wortwahl und die fanatisierend wirkende Stimme, das hätte doch niemanden entgehen können.
Mittlerweile weiß ich, dass ich damals von der Überzeugungskraft politisch agierender Menschen und ihren Einfluß auf Realitätsbilder keinen blassen Schimmer hatte. Bin mir allerdings keineswegs im Klaren darüber, wieviel ich heute davon erfasse. Dazu reicht jedenfalls der distanzierte Blick nach USA nicht aus.

Der Beitrag wurde von Laura bearbeitet: 13.Sep.2004 - 20:43
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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 15.Sep.2004 - 14:19
Beitrag #3


Satansbraten
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QUOTE
So gesehen lebt jeder Mensch in seiner individuell entwickelten Sprachwirklichkeit.

Hm- allerdings sprich er dann doch nicht seine eigene Sprache (Wittgenssteins Überlegungen üer eine Privatsprache bleiben daher Überlegung, wie er selbst auch meinte)- seine Sprachwirklichkeit bleibt doch letztendlich auch an die Umwelt gebunden. Interessant dabei ist eben das Zusammenspiel zwischen Außeneinfluss- sprich wie wird der Mensch von anderen durch seine Sprache wahrgenommen- und der eigenen Wahrnehmungsbeeinflussung mittels Sprache (und Rückkoppeleffekt, heißt, beeinflussung des Urteils durch Wortinhalt und dem Außenverständnis)? In dem der Mensch für gewisse Dinge eine Bezeichnung findet (oder meist zwischen mehreren sich für eine hauptgeläufige entscheidet) bestimmt er nicht nur sein Urteil/ seine Ansicht über das zu Bezeichnende, sondern sein Urteil über das Objekt wird durch das Verständnis und Verhältnis/Bezug der anderen zu diesem Wort nocheinmal beeinflusst. Heißt im Beispiel- ob jemand zu einer Frau "Frau" oder "Weib", "Dame" (oder andere Wörter, die ich hier aber des guten Tons nicht erwähnen möchte) o.ä. sagt hängt von seinem individuellen, erfahrungsmäßigen Blick ab, durch das Wort wird ein Urteil ausgedrückt (über dessen grobe Bedeutung man sich im klaren sein kann, aber über dessen Tragweite es meistens nicht ist)- und durch seine Verwendung stößt man auf gewisse Resonanzen- die widerum zu entweder einem Wortwechsel oder zu einem Beibehalt des Wortes mit Verstärkung- Behauptung des damit verbundenen Urteils. Somit formt der Mensch nichjt nur Sprache, sondern die Sprachgebung formt im Rückschluß auf die Beziehung zur Umwelt auch ihn.
Bei der Wertehaftigkeit mancher Worte hängt natürlich vieles im politischen Bereich- die deutsche Gesellschaft hat es irgendwie geschafft beinahe alle Bereiche zu politisieren oder eine Platform dafür zu bieten. Daher auch die unterschiedlichen Bedeutungstragweiten von Wörtern, die Laura mit dem Beispiel über die Zeit (Zahnarzt vs. Physikvorlesung) gegeben hatte.
Das alles hängt denke ich mit unserem Verbindungs- und Kategoriendenken zusammen. Das ständige Bedürfnis Dinge miteinander zu vergleichen und in eine Wert(e)beziehung zueinander zu setzen. Und für diese menschliche Art ist natürlich Sprache die ideale Plattform- besonders unsere propositionale, mittels derer der Mensch von sich aus auf andere Dinge referieren und somit auch Vergleiche anstellen kann.

Ein sehr interessantes Beispiel wie sehr auch Sprache unser Bewusstsein und Selbst-/Weltverständnis prägt bietet ein älterer afrikanischer Dialekt (ca 18./19.Jh.)- bei dem es keinen Konjunktiv gab. Sozusagen kein "würde, könnte, hätte..." Beim Austausch mit den Westlern kam es zu interessanten Situationen, nicht nur was Übersetzungen anging. Das Verantwortungsbewusstsein für die eigene Tat lag höher- denn es gab nur "ich habe es getan" oder "ich habe es nicht getan", kein "ich hätte oder würde ja gerne..." und somit ein anderes Verständnis von Handlungen- die erklärenden, anschließenden oder vorhergehenden Worte waren nicht so gewichtig wie die eigentliche Tat- weil sie den Menschen erkennbar werden ließ.
Übertragen auf unsere momentane Gesellschaft bemerkt man wie sehr sich an Worten aufgehangen werden kann- Wahlversprechen, Parteiprogramme... all bdas scheint immer noch mehr wert zu sein als der eigentliche Entscheidungsverlauf. Und dann kommt ein empörter Aufschrei auf der einen und eine noterklärende Rede auf der anderen Seite. Inwieweit also auch Verantwoetungsbewusstsein und Handlungsreflektion (hinsichtlich des eigenen Tuns und das Verständnis der Handlungen von anderen) über Sprache abläuft, ist immer wieder erstaunlich.
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