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> Entscheidung und Verantwortung, Ursprünge gewalt(tät)iger Zirkelwellen
Artemis
Beitrag 14.Sep.2004 - 21:58
Beitrag #21


Suppenköchin
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QUOTE (Sägefisch @ 11.Sep.2004 - 11:09)
Und heute wird versucht, Terror als völlig aus dem usprünglichen Kontext gefallenen Wahnsinn abzufertigen. Weil auch das leichter zu handhaben ist als die Frage, ob man da nicht doch die falschen Leute ein Stück zu weit getrieben hat.

Eine Frage, die ebenso in die Sackgasse führt wie die nach den Anschlägen vom 11. September häufig zu hörenden mea-culpa-Seufzer: "Was haben wir bösen Westler den armen Muslims angetan, dass sie so etwas tun (müssen)." Und kaum jemand wollte sehen, dass es schon damals um einen Krieg der Kulturen ging und nicht nur gegen das böse Amerika.

Missverständnisse? Das dualistische Denken ist nicht etwa eine Problematik an sich, sondern eine Reflexion der Realität. Ohne Schwarz ist Weiß nicht zu erkennen. Und über ein "So nicht!" kommen wir leichter zu etwas, was sinnvoll sein könnte.

Gegenüber Menschen aber, für die Entscheidung und Verantwortung und Moral keine relevanten Kategorien sind, versagen alle unsere wohl überlegten Konfliktlösungsmechanismen und Deeskalationsstrategien.

Bei allem Entsetzen über das Gewaltpotenzial von Menschen an sich (auch unser eigenes) muss es erlaubt sein, ein Verbrechen ein Verbrechen und eine Terrorbande eine Terrorbande zu nennen.

Die einzige intelligente Stimme hierzulande, die das tut, ist "Die Zeit".
Die Verständnisfalle
Die unheilige Vermehrung



Der Beitrag wurde von Artemis bearbeitet: 14.Sep.2004 - 22:15
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Laura
Beitrag 14.Sep.2004 - 23:10
Beitrag #22


Suppenköchin
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QUOTE (Artemis)
Bei allem Entsetzen über das Gewaltpotenzial von Menschen an sich (auch unser eigenes) muss es erlaubt sein, ein Verbrechen ein Verbrechen und eine Terrorbande eine Terrorbande zu nennen

Ja, und wir haben hier bislang (wohl mit Ausnahmen) das Glück gehabt, dass wir die blutigen Buchstaben dieser Worte nicht kennen.

Hab' mich manchmal gefragt, wie ich mir den Hass, den Terror und das Leid beispielsweise in Palestina irgendwie näher bringen könnte. Doch so, wie ich herangewachsen bin, ist mir dies nicht möglich, denn all Hintergrundwissen spottet meiner Menschenkenntnis und Phantasie bei weitem.
Ich lebe dort nicht!

Ist Terror relativ? Natürlich ist er das, solange man nicht selber betroffen ist.
Ist Terror nachvollziehbar? Natürlich ist er das, solange man nicht selber betroffen ist.
Ist Terror...? Natürlich ist er das, solange man nicht...

Und wenn ich doch betroffen wäre?
Würde aus meiner Verzweiflung und Ohnmacht etwa Hass und Rache wachsen?
Ich möchte niemals in eine Lebenswirklichkeit geraten, so fern der meinigen, wo diese Fragen einen Nährboden vorfinden könnten, beantwortet zu werden.

Ist Terror irre, wahnwitzig, unmenschlich?
Nein, das ist er nicht!
Doch Terror war, ist und bleibt Terror, denn er verursacht enorm großes Leid.

Vielleicht ist es ein riesiger Vorteil, dass ich wie viele andere die Möglichkeit haben, Terror als Terror bezeichnen zu können.

Dieser Vorteil, der uns bleibt... es liegt an uns, ihn zu nutzen, auch wenn wir seinen Wert kaum ermessen können.
Diejenigen, die mittlerweile betroffen sind, hätten jedenfalls alles versucht ihn zu nutzen, hätten sie ihn nur rechtzeitig erkennen können.

Der Beitrag wurde von Laura bearbeitet: 14.Sep.2004 - 23:26
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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 15.Sep.2004 - 13:19
Beitrag #23


Satansbraten
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QUOTE
Ist Terror irre, wahnwitzig, unmenschlich?
Nein, das ist er nicht!

Warum denn nicht? Ist er denn menschlich, logisch, nachvollziehbar- ja schon fast im Toleranzbereich...?

Mir ist in dem ersten Artikel von Artemis der Wortlaut "genzenlose Selbstgerechtigkeit" aufgefallen.
Ein Metin Kaplan (auch wenn er im ganzen Geschehen sicherlich nur eine Witzfigur ist- so ist er dennoch eine öffentliche) wirft einem demokratischen System Unmenschlichkeit vor, weil es ihn in die Heimatländer schicken will- weil er eben gegen jenes demokratische System agiert u. propagiert. Und Deutschland- immer noch unter dem Joch des Vorwurfes einer Fremdenfeindlichkeit- gibt sich wieder einmal schuldig und lässt ihn hier bleiben und weiter schimpfen. Wann findet sich endlich mal eine Grenze der demokratischen Dummheit?
Nun anscheinend hat dieses Land seine Geschichte immer noch nicht aufgearbeitet und begriffen. Sorry- aber es wirkt mehr als nur seltsam, wenn jemand die Vorteile (Rede- Presse- Versammlungsfreiheit, Studienplätze in sehr vielen Fachbereichen und trotz der Bildungskrise immer noch relativ gute Ausbildung, Sozialsstaat...) in Ansprch nimmt und dann sich gegen dieses Konzept wendet. Wenn man da sagt, dass dies mehr als dreist ist- dann hat das nichts mit Fremdenfeindlichkeit o.ä. zu tun- immerhin sprechen wir auch davon, dass sich Deutsche bei Urlaub und Auswanderung ebenfalls den Sitten des jeweiligen Landes anzupassen haben. Also- wann traut sich dieses Land endlich mal ins Gesicht zu schauen?
Wir scheinen die Motive der mißverstandenen Unterdrückten zu vergessen- es sind durchaus nationalistische- die Faschisten des neuen Jahrtausends, kann man nicht anders sagen. Und wenn ich höre- "die können ja nichts dafür, wir haben sie all die Jahre unterdrückt, das liegt nicht an Ihnen, wir müssen Ihnen helfen"-
heißt das
1.) wir nehmen eine Umerziehung vor? Missionarisch das Gedankengut verbreiten- wie soll denn das gehen- nicht nur das diese Idee ein wenig lächerlich erscheint- sie wird wohl auch nicht funktionieren. Man redet hier nicht über Kinder.
Oder aber auch 2.) wir geben unsere gesamtgeschichtliche Entwicklung mit all den angekreideten westlichen Unartigkeiten auf- mitunter natürlich die Menschenrechte. Frau bitte verschleiert, hinter (geheiratetem- muslimischen) Mann, mit Kindern und bitte ungebildet. Homosexualität- löst man mittels steinigen. Geht auch einfacher. Also keine Religionsfreiheit, keine Meinungsfreiheit, keine Presse- oder sonstiges Freiheit- und noch nichteinmal Sicherheit. Denn selbst wenn Frau "als gute Muslimin lebt", kann sie immer noch wie der letzte A*** behandelt werden. Wir hatten ja vergessen- sie war nur eine Frau.
Oder an welche Lösung wird bei diesem möglichst politisch korrekten Satz "wir sind schuld, dass sie töten" gedacht? Also bitte- das klingt wie
- Frauen sind schuld, wenn sie vergewaltigt werden (sie senden ja die Signale)
- die Juden sind für Antisemitismus verantwortlich
- ... ... ...
Fällt was auf? :ph34r:

Und wenn die demokratischen Parteien dabei weiter in ihrem Falschverständnis von "Toleranz"-weiterreden, dann ist es nachvollziehbar, weshalb rechte und rechtsextreme Parteien Rückenwind erhalten. Und diese Entwicklung bereitet mir abseits davon ebenfalls Bauchschmerzen. Frage also nocheinmal- Wann findet sich endlich mal eine Grenze der demokratischen Dummheit?

[edit- die soll keinesfalls das ebenfalls auftretende Mißverhalten der westlichen Wirtschaftsstaaten entschuldigenoder rechtfertigen- nur legitimieren diese Fehler keine solchen Maßnahmen des Terrors- und um politische Freiheut geht es da doch auch nicht.]
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Bilana
Beitrag 15.Sep.2004 - 14:52
Beitrag #24


Capparis spinosa
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QUOTE
Es bleibt für mich unmenschlich so zu handeln-


Muss ich widersprechen. Könnte aber daran liegen, das ich etwas anderes unter menschlich verstehe. Es ist für mich nur eine dunkle Seite der Menschlichkeit. Eine der man sich bewusst sein muss. Was ist schon ein Ghandi gegen die Millionen von Menschen jeglichen Alters und Geschlechts, die der Gewalt nicht widerstehen konnten?

(BTW: Wie Erfolgreich ist diese Strategie wirklich? Bestes Beispiel Sonja Ghandi, als Mitglied des berühmten indischen Politik-Clans. Friedlich hat sie die Stimmen und Herzen der InderINNEN gewonnen, hat lange gekämpft und schlussendlich die Wahlen gewonnen und ist dann durch subtile Gewalt genötigt von ihrer Kandidatur als Präsidentin zurückgetreten. Weil sie wusste sie wäre nicht die erste ermordete Ghandi.)

QUOTE
Gewalt ist zu widerstehen.


Sicher das ist absolut wünschenswert. Aber realistisch?
Ich sehe das eher pragmatischer. Gewalt kann verhindert oder minimiert werden, wenn Menschen in einem Umfeld leben können, in dem sie etwas zu verlieren haben. Geliebte Menschen, materielle Güter, „Heimat“.

QUOTE
Warum denn nicht? Ist er denn menschlich, logisch, nachvollziehbar- ja schon fast im Toleranzbereich...?


Warum nicht?
Kann wirklich ein Mensch sagen, sein Pazifismus ist grenzenlos? Ich fände es bewundernswert.
Mein Pazifismus hat Grenzen! Dem Himmel sei dank bin ich mit einem Intellekt ausgestattet und so besteht meine Strategie einfach darin mich nicht in Situationen zu bringen, in denen diese Grenzen überschritten werden. Es ist ganz offensichtlich, dass nicht alle menschen diesen Luxus haben.

QUOTE
den bildern aus der schule wollte ich mich nicht aussetzen. und wenn das so weitergeht? hab ich am ende dann auch nichts gewusst? weil ich nichts wissen wollte? *grübelt mal ne runde für sich weiter*


Sich nicht den Bildern aussetzten und nichts Wissen sind mE zwei paar Schuhe.


Die Schuldfrage stellt sich mir auch anders. Sicher die Opfer und Angehörigen von Breslan keine Schuld. Wir nennen es Terror und verurteilen es. Aber haben die Tschetschenen schuld? Ist das , was dort ist kein Terror, nur weil es von einer international anerkannten Regierung verübt wird?

Hinzu kommt, was wenn Menschen sich so sehr in die Enge gedrängt fühlen, dass sie keinen anderen Ausweg sehen. S.o.

In meinen Augen nichts weiter als actio = reactio.

Führt mich wieder zu dem Ansatz Menschen etwas zu geben, aus dem sie Hoffnung schöpfen können und das es wert ist bewahrt zu werden.

Der Beitrag wurde von Bilana bearbeitet: 15.Sep.2004 - 14:54
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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 15.Sep.2004 - 15:23
Beitrag #25


Satansbraten
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@Bilana-
da haben wir wohl in der Tat ein unterschiedliches Menschenbild.
Aber nach deinem Bild kommt mir eine Frage- also gibt es eine "dunkle Seite" im Menschen- dann kann er ja gar nichts dafür! Das heißt er müsste für seine Entscheidungen nicht die Verantwotung übernehmen, wenn es vor allem eins- wie du selbst angedeutet hast- tolerierbar ist...? :blink: Dein Wort im Ohr einer der Mütter, die ihr Kind in einem Holzkasten zurückbekommt.
Das widerstrebt mir zum äußersten- sicherlich ist der Gedanke an Gewalt oder ähnliche Mittel kein fremder Teil vom Menschen- aber der Mensch hat Bewusstsein- d.h. Gefühle, Vernunft und moralische Überlegungen in einem permanenten Zusammenspiel. Und eben durch diese ist er verwantwortungsfähig- er trägt die Konsequenzen für seine Handlungen und es ist ihm bewusst, welche Folgen seine Entscheidungen auch haben können. Und demnach legitimiert sich Gewalt als "menschliche Seite" für mich immer noch nicht- "die dunkle Seite" klingt vielmehr als entschuldigender Ausweich. Denn was sollte man für Maßstäbe bei Verantwortlichkeit anlegen- oder anders- wie reagiert man auf einen verantwortlichen Menschen...
Zur Sonja Gandhi- es spricht nichts gegen den Erfolg der Strategie. Hätte sie mit Gewalt reagiert, wäre sie gescheitert. Manche Dinge wie friedliche Methoden brauchen zwar mehr Zeit, sind dafür aber tiefgründiger und stabiler. Ihr Verhalten baut eine Symoathie auf- mit der später mehr gearbeitet werden kann, als mit einer Tat, die ihren Reden widerspricht- dann hätte keiner was gewonnen und es wären nur enttäuschte Hoffnungen und Demotivation zurückgeblieben.
Und der Mensch kann Gewalt also widerstehen- keine Utopie- sondern es ist möglich. Problem st nur, dass es den meisten Menschen nicht mehr um zu verwirklichende Ziele geht, sondern in der tat nur um Gewalt. Einfach weil er das Bewusstsein über ein Ich- mit all seinen Konsequenzen (Zeifel, Sinn, Glaube, Tod- die elementaren Teile halt) nicht ertragen kann. Der Mensch stumpft sich selbst ab und versucht dann sich seine Lebendigkeit durch Grenzsituationen wiederzuholen.
Ist Gewaltlosigkeit also möglich? - Unter wirklich bewusstdenkenden (heißt Vernunft und Emotion im Zusammenklang) Menschen ja- aber die meisten menschen sind leider zu blind. Die härtere Varinate will ich gar nicht erst aussprechen. Ich würde schon einmal hier auf mein Menschenbild angesprochen- was ich glaube, wozu der Mensch eigentlich fähig sei. Nun- noch einmal- zur (Selbst-)Lüge. Es ist so schön einfach. Und selbstgerecht.

Wenn man den Menschen also als bewusstseinhaftes Wesen sieht- dann ist Gewalt- insbesondere Terror- irrational und vor allem unmenschlich weiterhin. Um also Terror als menschlich bezeichnen zu können, muß man ja dem Menschen jegliches Verantwortungsbewusstsein, jegliches Handlungsdenken absprechen.
Aber was ist er dann noch, was bleibt dann noch menschliches übrig?
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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 15.Sep.2004 - 15:28
Beitrag #26


Satansbraten
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Nachtrag zu
actio und re-actio- bestes Beispiel, inwieweit Gewalt in der Tat vermeidbar und unnötig ist.
Denn entweder der mensch kann für seine Entscheidungen Verantwortung übernehmn- oder er ist nur ein Spielball in Kausalketten (was irrsinnig wäre, wenn man so denken möchte, weil dann auch ein Gandhi eher die Flinte geworfen oder abgefeuert hätte). Der Mensch hat die Willensfreiheit innerhalb von Aktionen seine Reaktion bestimmen zu können.
Gewalt ist also durchaus nicht menschlich und unabdingbar.
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Sägefisch
Beitrag 15.Sep.2004 - 17:07
Beitrag #27


Schlaudegen.
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Ich glaube, was Bilana sagen will (und falls dem so ist stimme ich ihr zu), ist daß es sehr wohl am einzelnen liegt, sich für oder gegen ein bestimmtes Handeln zu entscheiden, und diese Entscheidung auch zu verantworten.

Daß es zum anderen aber durchaus etreme Situationen und Umstände gibt, die es einem Menschen schwer machen, immer die andere Backe hinzuhalten, sich ruhig zu verhalten, gewaltfrei zu bleiben, usw.

Überspitzt könnte man sagen: wir haben leicht reden.

Zum Begriff Terror möchte ich noch anmerken daß ich nicht eine Legitimation will, aber gerne eine Differenzierung. Mir sind in letzter Zeit zu viele verschiedene Leute mit zu vielen verschiedenen Anliegen und Zielen unter diesem ungenauen und für manche Machthaber sehr bequemen Begriff zusammengefasst worden.

Für mich sind z.B. die 9/11-Attentäter etwas völlig anderes als die von Beslan, auch wenn es sich in beiden Fällen sicher um Mörder handelt.

Ich mag diesen Brei aus dümmlicher Angst, hysterischer Aggressivität, Halbwissen, Vereinfachen und gleichzeitigem Weggucken nicht, der seit 3 Jahren überall rumwabert.
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Bilana
Beitrag 15.Sep.2004 - 17:44
Beitrag #28


Capparis spinosa
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Da verstehen wir uns wieder falsch, dabei sprechen wir doch die selbe Muttersprache? ;) Ich hielt mich kurz, dachte aber es wäre verständlich.

Menschlichkeit: Ist für mich ein wertneutraler Begriff. Gute Dinge wie Liebe, Aufopferung, Verständnis sind menschlich. Hass, Rachegelüste, Gewalt auch.
Vieles liegt sicher in einer Grauzone, Gewalt meist auf der dunklen Seite. Ist es deshalb entschuldbar? Diese Worte hast du hinein interpretiert, habe ich nie gesagt. Und natürlich muss jeder irgendwie die Verantwortung für sein Handeln übernehmen. „Die dunkle Seite“ legitimiert nichts, sie ist einfach da.
Verantwortung übernehmen heisst für mich (wie ich schon schrieb) mich Situationen zu entziehen, die meine Grenzen überschreiten würden. Aber das ist eine lächerlich leichte Aufgabe für eine weiße, deutsche Staatsbürgerin.
Hier nur ein Gegenbeispiel: Wie ist es mit einer Frau, die einer ethnischen Minderheit angehört? Über Generationen in bonded labour gefangen, mit der Aussicht auf ein so trostloses Leben für sich und ihre Kinder, wie das ihrer Eltern. Wenn dann jemand kommt und ihr sagt erdulde das oder kämpfe für uns, was hast du zu verlieren?
Wenn sie weiß, das es schon seit Jahrhunderten so ist, hat sie dann noch das Vertrauen, das es sich überhaupt mal friedlich ändert? Und darf sie sich den Egoismus nicht leisten, eine Besserung für sich erstreiten zu wollen?
Oder wenn Menschen psychisch so sehr verändert werden, dass sie außer Banance geraten. Weil sie ständig Gewalt um sich haben, obwohl auch sie „unschuldig“ sind und einfach nur ihr Leben leben wollen.



QUOTE
- sicherlich ist der Gedanke an Gewalt oder ähnliche Mittel kein fremder Teil vom Menschen- aber der Mensch hat Bewusstsein- d.h. Gefühle, Vernunft und moralische Überlegungen in einem permanenten Zusammenspiel


Nichts anderes meine ich. Nur gehe ich einen Schritt weiter und sage für (fast) jeden Menschen gibt es eine Situation, in der das Bewusstsein der Gewalt nicht mehr widerstehen kann. Situationen, in denen Gefühle, der Wille zum Überleben den rationalen Verstand überschreiben. Sei es impulsiv oder wohl überlegt.
Impulsiv, simpel, wenn du entscheiden musst ob du zu erst abdrückst oder erschossen wirst. Ich würde mich nicht freiwillig erschießen lassen. Bin ich deshalb ein schlechter Mensch?
Durchdacht, wenn es keinen anderen Ausweg mehr zu geben scheint. Und davon gibt es leider zu viele auf dieser Welt.

Ich sehe selbst ein, das Schulkinder, Büroangestellte, Opernbesucher, Bahnfahrer „unschuldig“ sind. Und es ist absolut falsch sie zur Zielscheibe zu machen, es ist verachtungswürdig. Aber es gibt auch weniger unschuldige Personengruppen.
Ich gehe nur mit deiner so sehr verurteilenden Meinung nicht mit. Wie gesagt, jeder Mensch hat seine Grenzen. Ich habe Verständnis dafür, was nicht bedeutet, das ich Gewalt gut heiße oder sage die Menschen seien Spielbälle des Schicksals (doch aber vom Schicksal beeinflusst) und bräuchten keine Verantwortung übernehmen.

Grüße bilana



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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 15.Sep.2004 - 18:30
Beitrag #29


Satansbraten
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QUOTE (Sägefisch @ 15.Sep.2004 - 17:07)
Ich mag diesen Brei aus dümmlicher Angst, hysterischer Aggressivität, Halbwissen, Vereinfachen und gleichzeitigem Weggucken nicht, der seit 3 Jahren überall rumwabert.

Ah ja.
Nun, es ist lustig, genauso möchte ich eine Differenzierung. Und zwar von diesem ganzen Einheitsgedümpel- "wir dürfen nicht verurteilen, alles ist relativ und der Terror- naja, da muß man wieder unterscheiden, man steckt ja nicht drin..." (ist dies nicht gerade auch eine Art des Wegschauens, dass allharmonische politisch korrekte Relativieren) zu stichhaltigen Argumenten- wenn wir dabei gerade sind, ich hatte dich gefragt, ob du mir folgenden Aussage
QUOTE
Und heute wird versucht, Terror als völlig aus dem usprünglichen Kontext gefallenen Wahnsinn abzufertigen. Weil auch das leichter zu handhaben ist als die Frage, ob man da nicht doch die falschen Leute ein Stück zu weit getrieben hat
im Kontext meiner Fragen und Anmerkungen dazu (oben) beantworten könntest.
Das du Terror für nicht irrinnnig, zu schnell als eben jenes abgeurteilt siehst und gerne Differenzierung möchtest hast du das ein oder andere mal bereits erwähnt. Warte nun auf das, was folgt.

Vielleicht als erfrischenden Aspekt- ich ging hier zwar von "Terrorbeispielen" aus, allerdings dachte ich an Gewalt allgemein. Und da gibt es auch Formen, über die man "mitreden kann". Mobbing, Straßenprügeleien, etc. So fern von aller Gewalt leben wir hier dann doch nicht- vielleicht als neuer Ansatzpunkt, damit das Argument- "wir sind zu weit entfernt" sich neu bewähren muß. Denn Gewalt fängt doch nicht erst mit solchen extremen Maßen wie die des globalen Terrors an.

p.s. Terror- natürlich sind die 9/11 Leute anders als Breslan- aber Terror/ Terrorristen ist ein Sammelbegriff (und kategorisierende Gemeinsamkeiten sind unübersehbar vorhanden). Genauso wie Frauen ein Sammelbegriff ist unter den viele Facetten PLatz haben. So what?

edit-
@Bilana,Daher meinte ich auch, wir haben ein unterschiedliches Menschenbild- deines ist weitaus realistischer, während meines in den Zeiten von Goethes (nur mit feministischer Reformierung) humanistischem Ideal hängen geblieben ist. Das Grundfazit mag gleich sein, aber ich räume déiner "dunklen SEite" nicht so viel Entscheidungsspielraum und eine so gewichtige Rolle zu. Nun- dein Beispiel mit dem entweder du erscheßt den Menschen vor dir oder du stirbst- zu plakativ gesagt, immerhin agieren hier diese Gruppen mit Feindbildern und vor allem sind es nicht immer die bösen Westler, die die Bevölkerung verarmen und verelenden lassen, sondern meist eben jene selbstgerechte "Krieger". Und ja- mein Urteil ist hart- denn hier wurde bewusst auf Kinder gezielt. BEWUSST.

[edit- mein Großvater stand übrigens einmal im dritten Reich vor einer ähnlichen Entscheidung. Polizei- entweder er hätte den jüdischen Mitbewohner erschossen, oder sein Chef ihn. Er hat nicht geschossen- und daraufhin haben die anderen Kameraden ihn geschützt. Es geht auch anders.]
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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 15.Sep.2004 - 18:33
Beitrag #30


Satansbraten
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QUOTE (Bilana @ 15.Sep.2004 - 17:44)
Da verstehen wir uns wieder falsch, dabei sprechen wir doch die selbe Muttersprache? ;) Ich hielt mich kurz, dachte aber es wäre verständlich.

OT
Hey- na aber dann haben wir genug Beispielmaterial für den anderen Thread, wo es über eben das nicht verstehen bei einer Sprache geht :lol: .
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Sägefisch
Beitrag 16.Sep.2004 - 08:45
Beitrag #31


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Ich glaube kaum daß ich besonders pc bin.

Ich will auch keinen Terror legitimieren. Ich denke allerdings, daß eine Aussage wie "man steckt nicht drin" durchaus ehrlicher sein kann als das große moralische Zähneklappern.

Ich weiß es eben nicht. Ich maße mir nicht in jedem Fall an zu beurteilen, was die Beweggründe gewesen sein mögen.

Was würde ich tun wenn ich zwischen Bombenkratern großgeworden und meine toten Eltern aus einer Hausruine gezogen hätte, und mein großer Bruder wäre rein auf Verdacht verschwunden worden?

Ich kann mir zwar nicht vorstellen Kinder als Geiseln zu nehmen oder einen vollbesetzten Bus hochzujagen...aber woher sollen wir hier denn wissen was so ein Leben mit einem macht? Was da alles zum Vorschein kommt?

Meinetwegen, nenn es Irrsinn. Auch wenn ich finde daß Grausamkeit, Hass, Abstumpfung, Lebensverneinung besser passen, weil diese Begriffe näher an uns selbst sind.

Natürlich bleibt selbst unter schlimmsten Umständen Verantwortung erhalten. Davon spreche ich auch niemanden frei.

Und es ist auch keine Legitimierung, sich genau anzugucken was eigentlich los ist. Ich stehe hier auf seiten keiner Konfliktpartei. Anzuerkennen, daß beide Seiten Beweggründe haben (auch wenn sie noch so schlecht sind) ist keine Parteinahme, sondern hat was damit zu tun, die Lage erst mal zu sortieren.

Da wo die Beweggründe tatsächlich nur auf Hass hinauslaufen, wie bei religiös motivierten Attentätern, halte ich es auch für angebracht, entsprechend zu reagieren. Mir ist schon klar daß man mit denen nicht diskutieren kann.

----

Wolltest Du denn einfach nur auf die Frage hinaus ob der Mensch eine Wahl hat? Ja, sicher hat er die. Sie ist aber nicht immer so einfach zu treffen wie bei uns im Wohnzimmer.
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Bilana
Beitrag 16.Sep.2004 - 09:18
Beitrag #32


Capparis spinosa
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Ich würde dir eine persönliche Frage stellen. Hast nicht auch du deine Grenzen? Was passiert wenn die überschritten werden?

Ich stimme da Sägefisch zu.

Wenn du wirklich relativierst, dann bleibt wohl nichts mehr allharmonisch und schon gar nicht politisch korrekt.
Ich sprach auch nicht von bösen Westlern, das finde ich nun wieder plakativ. Ich sprach von ethnisch/religiös unterdrückten und lokalen Landlords.
Es braucht aber gewisse Bedingungen um in solch verbitternde Formen von Unfreiheit oder Aussichtslosigkeit zu geraten. Und ich finde es beschämend, das es diese Bedingungen noch immer gibt, heute im 21. Jh. Das solche Landlords Menschen in den Krieg treiben können, sie noch immer in Formen der Unfreiheit unterwerfen können, daran ist der Westen und andere Großmächte mit Schuld, das ist Fakt.
9/11 usw sind sicherlich sehr scharf zu verurteilen. Aber wie viele Kinder und Erwachsene haben Amerikanische und Russiche Soldaten umgebracht? Wie viele Frauen und Männer vergewaltigt? Wie viele Menschen mussten sterben weil Amerika sich in der Vergangenheit für Leute wie Pinochet und Saddam entschieden hat, zu eigenen Gunsten?
Und die amerikanische Regierung hat sich bis heute nicht ein Stück von einer derartigen Außenpolitik entfernt, nicht ein Stück! Sie tun es immer noch und wundern sich, dass ihre Bürger an vielen Orten unwillkommen sind oder gar gehasst werden.

Im übrigen denke ich, dass du die Dynamik unterschätzt, die zwischen Menschen entsteht, zwischen denen Waffen sind. Man braucht nicht sonderlich unintelligent sein um sich davon mitreißen zu lassen.

Nicht immer, eher selten sind es selbstgerechte Krieger. Meist sind es Menschen, wie du und ich, mit denen man sich „normal“ unterhalten kann. Ich denke dass ist es, was viele nicht wahr haben wollen. Sie zu gewissenlosen Kampfmaschinen und selbstgerechten Kriegern zu machen, sie als unmenschlich abzustempeln beruhigt wahrscheinlich. Es sind halt die andern.

Nachtrag: Nochmal Zustimmung zu Sägefisch.
und zur Abstumpfung: Es ist eine Überlebensstrategie. Und ich finde es anmaßend das zu verurteilen. Es ist einfach etwas anderes, ob die Bilder des Terrors vom andern ende der Welt kommen, mit dem frau nichts zu tun hat oder ob frau die Zeitung aufschlägt und in den Bildern Dinge wiedererkennt, die ihr vertraut sind.
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Laura
Beitrag 16.Sep.2004 - 12:12
Beitrag #33


Suppenköchin
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Gewalt, Terror, Krieg – diese Begriffe sind hochgradig emotional besetzt, so sehr, dass wir sie in unserem Alltag kaum an uns heranlassen. In Mitten all den Meldungen und der Bilderflut ahnen wir von dem Grauen und dem Schmerz, die dahinter stecken, und wie brüchig doch die Fassade des guten Lebens jenseits von enormem Hass und schrecklicher Grausamkeit geworden ist.
Ich glaube es ist diese Ahnung, die so sehr erschreckt und ängstigt, denn es wird immer schwieriger die Gewalt, den Terror und den Krieg 'Draußen' fern ab vom hier und heute zu halten und zu bannen - sie scheinen näher zu rücken. Die strukturelle Gewalt und die Gewaltbereitschaft von Menschen hierzulande nimmt eher zu als ab, deutsche Soldaten sind an internationalen militärischen Einsätzen beteiligt und der Terror hat selbst ein Urlaubsland wie Spanien erreicht.
Es ist mir unmöglich festzustellen, ob nach 9/11 und dem Krieg im Irak das Leben in der immer kleiner werdenden Welt gewaltätigiger geworden ist, wieviel davon und zu welchem Zweck medienpolitisch beeinflusst ist -das massenhafte Töten in Teilen Afrikas findet ja kaum Beachtung-, aber nach meinem subjektiven Empfinden ist die Gefahr gestiegen, nicht nur beobachtender Zaungast zu bleiben.
QUOTE (sägefisch)
Meinetwegen, nenn es Irrsinn. Auch wenn ich finde daß Grausamkeit, Hass, Abstumpfung, Lebensverneinung besser passen, weil diese Begriffe näher an uns selbst sind.

Terror, also im weitesten Sinne die Anwendung von Gewalt, um durch großes Leid in vermeindlich sichere Lebensfelder einzubrechen und damit Angst und Schrecken zu verbreiten... wie damit bloß umgehen?
Nichts wäre furchtbarer, als bei Gewalt in fatalistischer Apathie oder Gleichgültigkeit zu verfallen, doch ausbreitendem Terror wird nicht der Nährboden entzogen, wenn nur die unmittelbare, schreckliche Spitze des Eisberges wahrgenommen und lediglich TäterInnen dämonisiert, entmenschlicht werden. Dies kann nicht nur u.U. in eine verheerende Gewaltspirale führen, sondern es beraubt jeden von uns durch kollektive Abspaltung und Projektion die Chance, die verschärftende Bedingungen von tiefgreifenden Konflikten überhaupt noch realisieren zu können.

Ich war enorm beeindruckt davon, wie die Menschen auf den Straßen Madrids auf den Terroranschlag reagiert haben. Manchmal kann es eben schon ausreichen, um ein klares Zeichen zu setzen, indem Menschen unmissverständlich deutlich machen: Stop, so nicht!

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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 16.Sep.2004 - 12:22
Beitrag #34


Satansbraten
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QUOTE
Sie zu gewissenlosen Kampfmaschinen und selbstgerechten Kriegern zu machen, sie als unmenschlich abzustempeln beruhigt wahrscheinlich. Es sind halt die andern.

Nein- weder "stempel" ich die Menschen ab, noch sage ich "es sind die anderen" und reölativieren tue ich erst gar nicht- das müsste eigentlich in meinen Beiträgen wohl am deutlichsten geworden sein. Beruhigen würde so eine Vorstellung auch nicht- im Gegenteil- es würde ja eine ausweglose Situation darstellen- das w#äre beunruhigend. Und als gewissenslos aburteilen- nun, ich meinte in einem oberen Beitrag, dass mein Menschenbild dementsprechend aussieht, dass ich jedem Menschen ein Gewisse zuspreche- mich aber dann eben genau frage inwieweit so etwas möglich sein kann. Weder unterstütze ich auch die eine, noch die andere Seite- ich werfe beiden unrechtes Verhalten vor. Und das sehe ich nicht als schlichtes verurteilen- soll ich es ignorieren mit den Worten "man steckt nicht drin." oder nur sagen, es ist so und so, weil...- und was mache ich aus dem weil? Viele Gründe sind doch bekannt, und es wird trotzdem nicht damit gearbeitet, im Gegenteil, die Konflikte verschärfen sich.
In so einer extremen Situation wie die im nahem Osten war ich bisher glücklicherweise auch noch nicht. Aber wie gesagt- Gewalt hat viele Facetten- und andre Formen habe ich durchaus erlebt. Ja, und ich habe vor ein paar Jahren auch einmal zurückgeschlagen- und das tut mir bis heute leid. Aber eben weil sich der Mensch Gedanken machen kann, sollte es ihm möglich sein aus dem Geschehen zu lernen. Wenn Grenzen überschritten werden- nun dann muß die schlußfolgernde Konsequenz nicht immer ein Gegenschlag sein. Und ja- wenn jemand einen mir nahestehenden ohne Reue- oder Anzeichen davon- ermordet, wer weiß, ob ich dann nicht Rache ausüben würde- aber wenn dann möglichst an dem Schuldigen und nicht blindlings auf andere, nur weil sie dieselbe Sprache wie der Möder sprechen (und am besten noczh Opfer denen ich mich gewachsen sehe- wie Kinder...). Das ist der Irrsinn, von dem ich spreche- denn das ist blinder Hass.

edit- sicherlich ist das Argument "man steckt nicht drin." wichtig- nur in den nach den Anschlägen geführten Diskussionen nimmt es auf relativierende Weise einen sich selbst auch besänftigenden Charakter an- das meine ich jetzt nicht auf euch bezogen- nur sind mir eben jene Worte zu oft in einem lapidaren Zusammenhang entgegengebracht worden.

Anderes Beispiel- ein 15-jähriger verprügelt einen Mitschüler, weil dieser bessere Noten hat. Ein anderer vergewaltigt eine Mitschülerin, weil sie ihm einen Korb gegeben hat- was ist damit, kann man da wirklich immer noch sagen- "man steckt nicht drin?" Und das sind eben auch Formen von Gewalt, von denen ich gesprohen hatte.

Der Beitrag wurde von Gilgamesch.Minerva-ath bearbeitet: 16.Sep.2004 - 12:26
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Laura
Beitrag 16.Sep.2004 - 12:42
Beitrag #35


Suppenköchin
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QUOTE (Gilgamesch.Minerva-ath @ 16.Sep.2004 - 13:22)
Anderes Beispiel- ein 15-jähriger verprügelt einen Mitschüler, weil dieser bessere Noten hat. Ein anderer vergewaltigt eine Mitschülerin, weil sie ihm einen Korb gegeben hat- was ist damit, kann man da wirklich immer noch sagen- "man steckt nicht drin?" Und das sind eben auch Formen von Gewalt, von denen ich gesprohen hatte.

Wir arbeiten alle in irgendeiner Form mit Bildern und Vorstellungen, um ein Phänomen wie den Terrorismus erfassen zu können, und dabei bedienen wir uns der Erfahrungen und Erlebnissen, die wir kennengelernt haben. Leider werden sich uns dadurch die weitreichenden Differenzen zwischen und die Varianz von Aggression, Gewalt, Terror und Krieg kaum erschließen lassen.
Die relevanten Fragen, die gemeinsam dahinter stehen könnten, sind für mich: wie erlebe ich Bedrohung und wie gehe ich mit Leid um.

Nachtrag:
Bedenke dabei vielleicht das Einsichtspotential des geprüften Dalai Lamas: 'Wenn ich nur noch die Wahl zwischen Gewalt und Feigheit hätte, ich würde die Gewalt wählen'.
Unsere Chance liegt also vielleicht darin, mit Bedrohung und Leid so umzugehen, dass unser Blick für Alternativen nicht auf Dauer getrübt wird.
Dies verlässt für mich dann endgültig den Boden der Moral...

Der Beitrag wurde von Laura bearbeitet: 16.Sep.2004 - 12:55
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Artemis
Beitrag 16.Sep.2004 - 12:44
Beitrag #36


Suppenköchin
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QUOTE (Gilgamesch.Minerva-ath @ 16.Sep.2004 - 12:22)
Anderes Beispiel- ein 15-jähriger verprügelt einen Mitschüler, weil dieser bessere Noten hat. Ein anderer vergewaltigt eine Mitschülerin, weil sie ihm einen Korb gegeben hat- was ist damit, kann man da wirklich immer noch sagen- "man steckt nicht drin?"

Das ist Gewalt und als solche vom Übel. Aber es hat mit Terror nichts zu tun, denn in deinen Beispielen geht es um Gewalt an Menschen, mit denen die Gewalttäter direkt zu tun hatten (das schreckliche, aber korrekte Wort "Beziehungstat").

Bei den Terroranschlägen werden massenhaft Menschen umgebracht, mit denen die Täter persönlich nicht das geringste zu tun haben - die Leute im World Trade Center, die Kinder in der Schule eines Nachbarlandes, die schwarze Bevölkerung im Sudan. "Unschuldige" also. Al Kaida hatte damals nach dem 11.9. kolportieren lassen, die Menschen im WTC seien aber per se keine Unschuldigen, weil sie Angehörige des verbrecherischen amerikanischen Volkes seien.

So viel zu den perversen "Rechtfertigungen" des Terrors.



Der Beitrag wurde von Artemis bearbeitet: 16.Sep.2004 - 12:45
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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 16.Sep.2004 - 13:27
Beitrag #37


Satansbraten
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Ich hatte ja eben nicht ausschließlich über Terror reden wollen, sondern von Verantwortungs- und Entscheidungsbewusstsein inGewaltsituationen. Der Terros ist dabei wohl die momentan heftigst umstrittene Form.
@Laura-
eben das es nicht nur Schwarz-Weiß-Möglichkeiten gibt, wird durch solche Bildwelten manchmal erschwert- und die Menschen sind sich darüber aber auch bewusst. Du hattest die Rede aus dem Dritten Reich angesprochen- vergleiche diese und die darauffolgenden Reaktionen doch einmal mit den heutigen Hasspredigten einiger hoher islamischer Terrorführer oder eines Herrn Busch- haben wir wirklich immer noch nichts verstanden?
@Artemis-
eben- es geht um anonymen Massenmord- und bei dieser Art funktioniert die Motivlage, man hat diesen Menschen Unrecht getan, nicht mehr. Denn es trifft doch eben nicht die Verantwortlichen. Genauso wie es "Verantwortliche" in diesem Sinne bei den wenigsten Gewalttaten eigentlich gibt.

Und von nachvollziehbarer Rache-Reaktion kann ich ebenfalls nicht sprechen- wäre als würde ich alle türkischen Mitbewohner verdammen, nur weil zwei mir gestern "Schlampe" (so viel zu Gewalt-Facetten) nachgerufen haben. Tritt oft auf, nur spricht man dann speziell in D von Fremdenhaß, der nicht gut und sogar eigentlich irrsinnig sei (vor allem wenn man dann beim türkischen Gemüsehändler um die Ecke wieder einkauft). Wehren heißt nicht blind auszuholen- und nicht-gewalttätig reagieren hat noch lange nichts mit Feigheit zu tun.
@Laura-
an diesem Punkt- Gewalt oder Feigheit- ungünstiges Beispiel- Gewalt kann oftmals Feigheit sein. Und Feigheit oftmals Gewalt.
Und die Dunkelmänner sind sich über die Welle von Schwarz-gegen-Weiß-Reaktionen doch sehr bewusst, wollen sie geradezu provozieren. Sinn? Irrsinn?
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Artemis
Beitrag 16.Sep.2004 - 13:44
Beitrag #38


Suppenköchin
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QUOTE (Gilgamesch.Minerva-ath @ 16.Sep.2004 - 13:27)
Ich hatte ja eben nicht ausschließlich über Terror reden wollen, sondern von Verantwortungs- und Entscheidungsbewusstsein inGewaltsituationen. Der Terros ist dabei wohl die momentan heftigst umstrittene Form.
.....
Und von nachvollziehbarer Rache-Reaktion kann ich ebenfalls nicht sprechen- wäre als würde ich alle türkischen Mitbewohner verdammen, nur weil zwei mir gestern "Schlampe" (so viel zu Gewalt-Facetten) nachgerufen haben.

Ich halte es für sinnvoll, diese Dinge gerade nicht in einen Topf zu werfen. In bestimmten konkreten Situationen habe ich die Möglichkeit zur Entscheidung und habe auch eine Verantwortung. Im Zusammenhang mit dem Terror sieht das anders aus. Gewalt (Körperverletzung, Totschlag, Vergewaltigung, Mord usw.) und Terror sind absolut zweierlei. Es ist ein qualitativer Unterschied, kein quantitativer.

Wenn dir ein Türke auf der Straße "Schlampe" hinterher ruft und du daraufhin überlegst, ihm zwischen die Beine zu treten, wäre das eine Gewaltsituation und du könntest dich in eigener Verantwortung entscheiden, ob du das tust oder nicht. Jedenfalls würdest du aber sicher nicht auf die Idee kommen, zur Vergeltung den Laden des türkischen Gemüsehändlers nebenan in die Luft zu sprengen.

Wenn du in einem Pendlerzug sitzt und dieser wird in die Luft gesprengt und du überlebst und liest anschließend in der Zeitung, dass sich irgendeine Gruppe zu diesem Anschlag "bekennt", ist das eine Terrorsituation und da gibt es keine persönliche Reaktion zu entscheiden oder zu verantworten. Sondern vielleicht nur wie in Madrid gegen solchen Terror demonstrieren zu gehen.



Der Beitrag wurde von Artemis bearbeitet: 16.Sep.2004 - 13:55
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Gilgamesch.Miner...
Beitrag 16.Sep.2004 - 14:06
Beitrag #39


Satansbraten
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Wenn dir ein Türke auf der Straße "Schlampe" hinterher ruft und du ihm daraufhin zwischen die Beine trittst, wäre das eine Gewaltsituation und du könntest dich in eigener Verantwortung entscheiden, ob du das tust oder nicht. Jedenfalls würdest du aber sicher nicht auf die Idee kommen, zur Vergeltung den Laden des türkischen Gemüsehändlers nebenan in die Luft zu sprengen.

Ich nicht, aber weshalb zünden manche glatzköpfige Stiefelträger Asylantenheime an?

Die Reaktion in Spanien war bemerkenswert- aber auf der anderen Seite nicht so sonderlich erstaunlich. Hätten sie militärische Maßnahmen fordern sollen? Gegen wen- die "Terrorgruppen" sind nicht unbedingt mutig und stellen sich den Reaktionen, sondern sitzen weiter feige im Hinterhalt. Zudem sind sie direkter davon betroffen- heißt auf Gegenschlafg folgt garantiert ein noch größerer Gegenschlag. Eigentlich ist diese Reaktion ein Beispiel dafür, dass auf Gewalt nicht neue Gewalt folgen muß.
Nur wie wird sich das änden, wenn immer wieder und immer wieder Anschläge folgen- obwohl man nicht zu Gegenreaktionen (gegen wen wiederum- die Terrorbanden zeigen sich nicht, es würde nur die Zivilbevölerung treffen können insofern wäre es sinnlos) greift...

Die Spirale ist schwer zu durchbrechen, wenn es gewisse Strömungen (auf beiden Seiten) gibt, die manipulativ eben jene zu fördern versuchen. Und vor allem zudem in sehr einflußreichen Positionen sitzen.
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Laura
Beitrag 16.Sep.2004 - 14:44
Beitrag #40


Suppenköchin
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Möchte nicht den Eindruck erwecken, dass die Wahl, die ich angesprochen hab', das Resultat kluger strategischer Vernunftsentscheidung sei. Das würde an dem vorbeigehen, was ich mit Madrid andeuten wollte.
Was war denn dort so bemerkenswert - dass Menschen entrüstet gegen den Terror demonstrieren? Nein, mit Sicherheit nicht.
Meiner Meinung nach wurden die Menschen von tiefempfundenen Emotionen geleitet und haben damit letztendlich eine Regierung voller Heimlichtuerei und Lügen zu Fall gebracht; und dies ohne dass die Situation gewaltsam eskaltierte.
QUOTE
[...] Um zehn Uhr begannen die Leute, in Richtung Plaza del Sol loszuziehen, ohne Anmeldung oder Erlaubnis, auf den Strassen. Wir wollten erst einmal kurz nach Hause, um was zu essen, und etwas warmes zum Anzuziehen zu holen, ich konnte meine Händer vor lauter Kälte kaum noch spüren. Die Strassen in Lavapies waren leer, und als wir in Calle Cabeza ankamen, trafen wir auf ein junges Mädchen, die vor der Tür ihres Hauses stand und mit einem Löffel auf einen Kochtopf schlug. Zögerlich kamen Nachbarn an die Fenster und auf die Balkone, um dasselbe zu tun. Zunächste nur ein leises Klackern, doch plötzlich öffnen sich die Türen und Fenster in allen Strassen und es beginnt ein ohrenbetäubender Lärm, der sich über das ganze Viertel erstreckt. Wir gehen auf die Plaza, die sich mit Menschen füllt, die alle auf ihre Kochtöpfe, Pfannen, und Trommeln schlagen. Ein deutsches Fernsehteam erscheint, während immer Menschen hinzukommen, die ohne Worte, ohne zu rufen protestieren, und für einen wunderbaren Moment erscheint es als schlagen wir alle denselben Rythmus. Ein düsterer, schlüssiger Rythmus, trocken, hart, voller Wut und Verzweiflung. Und alle gehen los Richtung Plaza del Sol, auf dem wir dann nicht einmal annähernd ankommen können, weil ganz Madrid auf der Strasse ist. [...]

Ich kenne leider nur einige Erlebnisberichte, deren Zustandekommen ich nicht überprüfen kann, doch was dort in den Straßen geschah, erinnerte mich weniger an die Inanspruchnahme demokratischer Rechte, sondern an zivilen Ungehorsam, gespeist aus dem Schmerz, den viele Menschen miteinander geteilt und zusammengeführt, nicht jedoch gegeneinander aufgebracht hatten.

Ich sehe darin ein menschliches Potential, das in jedem von uns liegt.

Der Beitrag wurde von Laura bearbeitet: 16.Sep.2004 - 14:59
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