Begehren, Die Frau gegenüber Einstellungen

[blaustrumpf]

Begehren

Ich sitze ihr gegenüber. Ein Kneipentisch trennt uns. Sie ist anders als ich. In vielem wohl gleich, doch selbst da gibt es Unterschiede. Ihre Hände sind größer als meine. Ihre Bewegungen wirken eckiger, als hätte sie nicht ganz gelernt, mit ihrer Kraft umzugehen. Sie ist jünger als ich. Und sie ist größer. Mindestens zehn Zentimeter, doch was mir an Höhe zu ihrem Scheitel fehlt, mache ich in Kilos spielend wett. Mein Körper ist weich, Müßiggang und Lust auf Süße haben ihn gezeichnet.

Schlank, nein, schlank ist sie nicht. Aber ihr Körper wirkt fest, muskulös. Ein klar definiertes Kinn, Wangenknochen, die nicht unter runden Backen verschwunden sind. Ihre Haut ist blass wie die meine, aber wo ich Sommersprossen, große Poren und kleine Narben habe, die von Akne oder unruhig kratzenden Fingern herrühren, leuchtet ihr glatter Teint. Ihre hellen Augen sind klar, in den Winkeln haben Lachfältchen eine freundliche Heimat gefunden. Sie ist anders. Sie ist so anders als ich.

Sie ist mir fremd. Eine Frau, die Industriezucker meidet. Eine, die keinen Wein trinkt. Die kein Fleisch isst. Eine Frau, die seit langem mit Frauen lebt und sie liebt. Eine Frau, die mir ein bisschen unheimlich ist. Die mich beunruhigt. Und die mich durch ihre Gelassenheit zur Ruhe kommen lässt.

Ich würde sie gerne berühren. Meine Fingerspitzen zucken. Sie ahnen, wie es wäre, diese Wangen zu liebkosen, die Schultern zu streicheln und weiterzugleiten. Rastlos schiebe ich den unbenutzten Aschenbecher auf dem Tisch herum, spiele mit der Kerze, streiche mit den Fingerknöcheln mein Weinglas entlang. Ich höre ihr zu, rede, bringe sie zum Lachen. Ich höre ihr zu. Und ich höre mir zu, sehe mich, wie ich unruhig auf diesem Kneipenstuhl herumrutsche, sehe in ihre hellen Augen, die mich anlächeln, die zu wissen scheinen.

Ich frage, und sie antwortet bereitwillig. Ihre Stimme klingt sanft, die Wortwahl ist behutsam. So wie sie spricht, ob sie wohl auch so liebt? Ich höre mich fragen, wie es ihrer Frau geht. Ich bin ihrer Frau noch nie begegnet. Aber bei jedem Treffen frage ich. Ihre Augen beginnen zu strahlen. Sie erzählt, und ihre Stimme wird noch weicher und wärmer. Ein Kneipentisch trennt uns. Ich sitze ihr gegenüber.

[Artemis]

:morgens:

:rolleyes:

:)



Der Beitrag wurde von Artemis bearbeitet: 25.Aug.2004 - 11:50

[Laura]

:)

[blaustrumpf]

-_-

[alba]

wunderschön.. :rolleyes:

[marietta]

Ja.... Wundervoll...schwärm

:rolleyes: :) :wub:

[Kraeuterhexe]

:blumen: Danke Blaustrumpf, das ist einfach wunderschön.