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> Love Parade Duisburg 2010
dandelion
Beitrag 31.Jul.2010 - 12:06
Beitrag #61


don't care
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ella1
Beitrag 31.Jul.2010 - 15:39
Beitrag #62


Naschkatze
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Ich verstehe nicht die mediale Aufmerksamkeit, welche dieses Ereignis begleitet.

Ich bin mir nicht sicher ob sie der Aufmerksamkeit entspricht, welche in Deutschalnd empfunden wird. Es heißt es wären 1500 Menschen bei der Übertragung der Trauerfeier gewesen (erwartet wurden 30.000, deshalb Stadion, gerade Nachrichten auf 91.4). Das wären nicht besonders viele gemessen an den Journalisten welche es "vorbereiteten".

Es ist eine individuelle Katastrophe wenn Menschen im Umfeld sterben. Manche sagen es sei besonders schwer zu ertragen wenn es plötzlich geschieht, unerwartet. Ich persönlich kann sagen, für mich ist der Tod immer unerwartet gewesen, selbst bei schweren Erkrankungen und negativen Prognosen dachte ich immer an folgende Tage und wurde plötzlich "gezwungen mit dem Tod zu leben".

Manche sagen es sei besonders schlimm für nahe stehende Menschen, wenn junge Angehörige sterben. Auch dies kann ich nur bedingt nachvollziehen. Es kommt wohl eher auf empfundene Nähe und den gefühlten Verlust im eigenem Leben an.

Was ist an dem Tod in Duisburg anders?

Es kamen 21 Menschen gleichzeitig um, vermutlich in Minuten um an einem Ort. Normalerweise verteilt sich soetwas. Immer gibt es Angehörige, immer wieder begegnet mit die Frage nach Schuldigen, im Straßenverkehr, bei ärztlichen Behandlungen, selbst bei Suiziden..... .

Immer wieder gibt es bei "der Schuldfrage" lange Diskussionen, normalerweise sehr viel individueller aber nicht mit weniger "Schweigen, Verdächtigungen und gegenseitiger Verletzung/Entrüstung aller Beteiligten".


Ich sehe nicht was Medien gerade "aufklären". Ich sehe auch nicht inwieweit sie "helfen". Ich sehe es eher als ein "Ausschlachten" eines "Schicksalsschlags" der Betroffenen.

Ich frage mich auch inwieweit religiöse Veranstaltungen nach so einem Ereignis eher kulturelle Rituale sind oder tatsächlich etwas damit zu tun haben, das "ein G*tt" angerufen wird. Sollte letzteres stimmen, sollte dieses "Wesen" angerufen werden den Angehörigen zu helfen und "für Tote zu sorgen" inwieweit wird dann daran gedacht, dass auch andere Begebenheiten in "dessen Hand" sind.

Es scheint es gibt ein gesellschaftliches Denken bezüglich des Todes von Menschen. Dieses bezieht sich nicht darauf wieviele Menschen täglich sterben, sondern in der Akzeptanz von Todesursachen. Es scheint mir akzeptiert, dass Menschen auf Straßen im Verkehr sterben. Tausendfach wird dies als individuelles Schicksal gesehen und ist ggf. eine Tagesmeldung wert. Auch in Bezug auf junge Menschen "Discounfälle" haben wir uns daran gewöhnt.

Vermutlich wenn eine über Todesursachen nachdenkt, fallen noch weitere Beispiele auf die eben keine öffentliche Aufmerksamkeit erhalten (was nicht unbedingt schlecht ist, nur anders).

Ich verstehe nicht wieso die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit so "gepuscht" wird auf dieses Ereignis, wieso eine kollektive Betroffenheit in den Medien hochgehalten wird, steigen die Todesfälle in diesem Jahr doch vermutlich durch dieses Ereignis nicht und zudem ist auch die individuelle Betroffenheit durch Tod nicht größer weil die geliebten Menschen nun dort umkamen. Das tragische ist und bleibt dass sie tod sind.

Selbst auf dem Gelände hat die überwiegende Anzahl der Besucher dieses Ereignis nicht mal bemerkt.

Ich verstehe nicht wieso Schuldzuweisungen kreisen, durch diese noch mehr Leid verursacht wird, ohne Aufklärung (die vermutlich auch Zeit braucht um einigermaßen den Tatsachen zu entsprechen). Ich verstehe dies allerdings grundsätzlich nicht (geht es über direkte Betroffenheit Beteiligter hinaus).

Dabei mache ich keinen Unterschied ob jemand den Ravern und Drogen "die Schuld zuweist" oder Personen im Genehmigungsverfahren ohne Klarheit über deren Handeln, oder oder oder..... .
Natürlich gibt es soetwas wie eine politische Verantwortung, natürlich gibt es soetwas wie übergeordnete Verantwortung für das Tun anderer aus einem Amt heraus. Aber diese ist durchaus klar geregelt und bedarf meiner Ansicht nach keiner täglichen Neubewertung.

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kawa
Beitrag 31.Jul.2010 - 21:25
Beitrag #63


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Woher das große Medieninteresse an dieser Sache kommt, kann ich nicht beantworten. Sommerloch? Sensationsgier? Betroffenheit? Prestigeobjekt Loveparade? Ich weiß es nicht.

Genauso wenig weiß ich, warum mir die Todesfälle, das Leid der Verletzten, Traumatisierten und Geschockten dieses Unglücks so unglaublich nahe gingen. Ich gebe zu, dass mich die Ereignisse auf der Loveparade mehr erschütterten als sonstige Unglücke der letzten Zeit, bei denen Menschen zu Tode kamen.

Liegt das an der starken Medienpräsenz? Werden meine Gefühle durch die Medien manipuliert? Ich bin mir nicht sicher. Denn eigentlich empfand ich das Gegenteil. Mir kam die Medienpräsenz zu diesem Ereignis sehr entgegen, weil sie mir dabei half, das, was da geschehen war, überhaupt erst mal zu erfassen und zu begreifen.

Ich vermute, es ist das 'Ungewöhnliche' dieses Unglücks, das 'Unerwartete' und dadurch 'Unfassbare', was meine persönliche Betroffenheit nährt und eben auch das Medieninteresse antreibt. "Akzeptanz der Todesursache" (Zitat ella1) ist wohl ein gutes Stichwort.

Ich habe für mich Vergleichbares beim Tsunami 2004 erlebt. Da wollte ich auch wissen, was geschehen war. Wollte wissen, wie es zu einer solchen Todeswelle kommt, und musste die Erklärungen zu diesem Naturphänomen immer und immer wieder sehen und hören, bevor ich die Ereignisse begreifen konnte. So ähnlich geht es mir hier. Und woher soll ich meine Informationen nehmen, wenn nicht aus den Medien.

Der heutigen Trauerfeier und in aller erster Linie der Rede von Hannelore Kraft, die mir aus der Seele sprach, verdanke ich das Gefühl, mit dem 'Unfassbaren' abschließen und den Blick nach vorn richten zu können.

Die Schuldfrage interessiert mich dabei weniger. Dass sie geklärt werden muss, ist klar, aber das kann ohne Spekulationen und öffentliche Schuldzuweisungen und somit ohne Medienrummel stattfinden. Was aber vermutlich nicht der Fall sein wird.
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dandelion
Beitrag 01.Aug.2010 - 03:48
Beitrag #64


don't care
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Mal eine andere Sicht der Dinge:
ein indischer Kollege erzählte,konfrontiert mit den Geschehnissen und dem Entsetzen seiner Kollegen, daß solche Todesfälle bei Großereignissen in seiner Heimat immer wieder vorkommen. vielleicht hätten wir uns mehr freuen sollen, daß es bisher nicht passiert ist? (nein, natürlich hätte es nichts verändert. aber es hätte die Erwartungshaltung geschmälert, daß solche Unglücke gar nicht vorkommen können.

Vielleicht ist das die Krux der "akzeptierten Todesarten" - wir wissen nicht nur, daß sie geschehen, sie sind für uns auch ins Bewußtsein übergegangen. wir fühlen uns ihnen gegenüber machtlos.
Kann das ein Grund für die Vehemenz des Ganzen sein? Daß wir das Gefühl haben, solche Situationen müsse man doch in allen Eventualitäten unter Kontrolle haben? Und daß wir entsprechend denken, daß jemand einen Fehler gemacht haben muß?
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Lucia Brown
Beitrag 01.Aug.2010 - 08:02
Beitrag #65


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@ Ella, Kawa, Dandelion ... Danke für eure Beiträge. Ich hatte schon etwas Bedenken, dass es nun nach der Trauerfeier weiter um die Schuldfrage hier im Thread diskutiert wird. Darüber sollte an anderen Stellen kommuniziert werden.

Ich glaube, dass wir nicht nur solche Situation glauben unter Kontrolle zu haben, sondern auch unser eigenes Leben. Wir meinen: "Es sterben immer nur die Anderen". Bei einer fröhlichen Tanzveranstaltung kann doch keiner sterben, bei dem Nachhause-Weg von einem Konzert kann doch kein Fan sterben und jemand mit 21 Jahren oder ein Kind könne sowieso nicht sterben, weil sie eben auch noch so jung sind.

Und doch sterben auch junge Menschen, Fans, Gäste eine Party, Stars, Politiker. Durch die neuen Medien hat sich bezüglich der Berichterstattung die Nähe zum Tod anderer Menschen, bzw. berühmter Menschen gewandelt. Auf einmal nehmen wir Teil an der Trauerfeier eines Fußballspielers und nehmen Teil an der Trauerfeier der 21 verstorbenen Menschen der Loveparade 2010.

Auch wir selber schreiben über den Verlust unserer Liebsten hier ins Netz und erfahren Trost von völlig unbekannten Menschen.

Die neuen Medien sind erweiterte Kommunikationsformen, die uns helfen können unserer eigenen Trauer einen weiteren Raum zu geben. Zu sehen und zu erleben, dass anderen Menschen auch trauern und schlussendlich dadurch Trost zu erfahren.

Ich erlebe den Verlust von Menschen als ein zur-Ruhe-kommen. Wenn ich mir unser tägliches Leben einmal in Ruhe anschaue, so entdecke ich, dass dieses Leben von Anfang an voller Abschiede, Trennungen und Verluste ist. Die erste schmerzhafte Trennung ist der Verlust des paradiesischen Aufenthaltes im Bauch der Mutter, und die letzte, vielleicht schwerste, ist die Trennung von der Welt, wenn wer selber stirbt. Merkwürdigerweise sind beides Trauersituationen.

Und die Trauerreaktion ist eine Fähigkeit, die mit uns geboren wird. Sofort nach der Geburt tritt sie in Erscheinung als das bekannte Verhalten des Neugeborenen: weinen, schreihen, protestieren, klagen, jammern...usw.

Diese Fähigkeiten sind lebensnotwendig und bedürfen den Austausch und die Umarmung nahe stehender Menschen. Dies ersetzt das Internet nicht.

Der Beitrag wurde von Lucia Brown bearbeitet: 01.Aug.2010 - 19:38
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kawa
Beitrag 01.Aug.2010 - 08:49
Beitrag #66


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ZITAT(dandelion @ 01.Aug.2010 - 04:48) *
Vielleicht ist das die Krux der "akzeptierten Todesarten" - wir wissen nicht nur, daß sie geschehen, sie sind für uns auch ins Bewußtsein übergegangen. wir fühlen uns ihnen gegenüber machtlos.
Kann das ein Grund für die Vehemenz des Ganzen sein? Daß wir das Gefühl haben, solche Situationen müsse man doch in allen Eventualitäten unter Kontrolle haben? Und daß wir entsprechend denken, daß jemand einen Fehler gemacht haben muß?

Die Vehemenz entsteht sicher aus dem Gefühl, dass das Unglück vermeidbar gewesen wäre. Aber das wären andere Unglücke auch gewesen, wie z.B. der Absturz der Concorde vor zehn Jahren, wenn das Metallteil nicht auf der Landebahn gelegen hätte. Aber ein Flugzeugabsturz gehört zu den "akzeptierten Todesarten", weil wir die Erfahrung (leider) häufig genug gemacht haben: Flugzeuge können abstürzen, Schiffe können untergehen, Züge können entgleisen, wer im Auto zu sehr aufs Gaspedal drückt, riskiert sein Leben. Wer zu einer groß angelegten Tanzparty geht, riskiert sein Leben nicht. Eigentlich.

Dass in Indien bei Großveranstaltungen immer wieder Menschen umkommen, ist offenbar nicht zu uns durchgedrungen. In einer dichtgedrängten Menschenmenge ums Leben zu kommen, ist keine "akzeptierte Todesart". Dass es dennoch passiert ist, nimmt uns ein Stück Sicherheit, die wir nicht gefährdet sahen. Um so tiefer sitzt der Schock, die Lähmung. Und daraus dämmert nur sehr langsam herauf, dass wir den "akzeptierten Todesursachen" eine weitere hinzufügen müssen.
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dandelion
Beitrag 01.Aug.2010 - 10:08
Beitrag #67


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ZITAT(Lucia Brown @ 01.Aug.2010 - 09:02) *
Ich hatte schon etwas Bedenken, dass es nun nach der Trauerfeier weiter im die Schuldfrage hier im Thread diskutiert wird. Darüber sollte an anderen Stellen kommuniziert werden.

Wie man's nimmt - wenn im Forum, dann hier. Schließlich war der Thread für die Diskussion übr das Unglück gedacht.

Ich frage mich nur, ob es überhaupt Sinn macht, denn davon wird niemand wieder lebendig. Und wenn es tatsächlich so ist, daß sowas immer wieder mal passieren kann, wenn so viele an einem Ort zusammenkommen, stellt sich die Frage, ob "Schuld" überhaupt bestehen kann.
Momentan bricht es mir eher das Herz, zu sehen, was diese Schuldzuweisungen mit "meiner" Stadt machen.

@kawa: Wir sind, verglichen mit Indien, ein einziges Dorf. Bei 1,2 Milliarden Menschen kommen wahrscheinlich öfter Gruppen von Millionengröße zusammen. Statistisch gesprochen: der Stichprobenumfang ist größer, sodaß sich eine kleine Wahrscheinlichkeit öfter realisiert.
Andere Gelände, auf denen hierzulande Massenevents stattfinden, wie Rock am Ring oder das Wacken Open Air, befinden sich an Orten, an denen man teils weit laufen muß, um eine Wand zu finden, an die irgend jemand gedrückt werden könnte. Bauzäune, wie sie dort verwendet werden, geben da dankenswerterweise eher nach. Das senkt das Risiko dessen, was hier passiert ist - es wurde ja offenbar niemand "totgetrampelt", sondern zwischen Wand und Menschen erdrückt.
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ella1
Beitrag 01.Aug.2010 - 16:58
Beitrag #68


Naschkatze
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"Immer öfter wird in diesem Land nicht nur im Kreis der Nahestehenden, sondern öffentlich getrauert" (s.a.*). Hierbei erlebe ich wiederholt, dass es nicht eine öffentliche Trauer ist die einfach Respekt vor dem Verstorbenen ausdrückt, noch mal deren Leben öffentlich erwähnt wir, sondern, dass emotionale Ausnahmezustände gepuscht werden. Diese werden in meiner Wahrnehmung gepuscht, wenn Unbeteiligte traumatisierenden Bildern ausgesetzt werden, sie eine Dauerbeschallung des Unglücks bekommen und Emotionen direkt gefördert werden. Z.B. dadurch gefördert, dass die Interviewpartner eben nicht abgeklärt sind sondern die Kamera auf Tränen und erstickte Stimmen schwenkt, auf Emotionen sobald sie irgendwo auftauchen (das kann auch Wut sein, Verzweiflung.....oft wird es im Nachhinein für die Menschen vor der Kamera ein "Erwachen geben" wie sie gefilmt wurden in einem doppelten Ausnahmezustand / eigene Emotion +ungewohnte Kamera).

"Trauer ist etwas höchst persönliches, denn es ist ein Ausdruck des Empfindens um den Verlust eines geliebten Menschen.Zur Trauer gehören Riten"(s.a.*). Diese Riten werden im Kreis der Nahestehenden zelebriert.

Das heißt nicht, dass andere nicht auch Anteil daran zeigen dürfen, Unterstützung zeigen dürfen , diese anbieten können und sollen. Aber Trauer bleibt etwas persönliches, individuelles. Dies bleibt sie auch wenn darüber gesprochen wird. Es ist gut darüber zu sprechen. Auch über die Veränderung die Trauer bei Menschen bewirkt, die verschiedenen Phasen die die Trauer von Trauernden fordert. Trauer hat mit Wut, Verzweiflung und auch immer mit einer Hoffnungslosigkeit zu tun. Ein Bruch im individuellen Leben. Etwas einzigartiges für die betroffenen Menschen, ein Ausnahmezustand mit Ausnahmeverhalten der Betroffenen. Trauer ist etwas was den einen Trauernden betrifft und die nur der Betroffene bestimmen sollte, das wie, wo, mit wem….. .

Weil Trauer eine der heftigsten, verunsichernsten, Emotionen ist, ein inniges Gefühl, widerspricht es im Grunde der "zur Schaustellung" in der weltweiten Öffentlichkeit.
Vielleicht ist dies etwas was Menschen spüren, dass Trauer doch etwas privates ist, was nicht öffentlich zelebrierbar ist. Vielleicht spricht Hannelore Kraft deshalb auch von ihrem eigenen Sohn auf der Trauerfeier, sie beglaubigt den offizielle Trauernden ihre eigene private Betroffenheit. Ebenso sprach Wulf von seiner Tochter und dem Anruf nach dem Unglück wo sie denn sei. ..... sprach der Verteidigungsminister auf der Trauerfeier für gefallene Soldaten von "den Fragen seiner eigenen Tochter".....( zu den genannten Politikern und ihrem Verhalten Quelle u.a. *, youtube und Bild, Haz....) .

Wir wären keine Menschen würden unsere Spiegelneuronen nicht bei dem "echten Leid" anderer Menschen Amok laufen, würde es uns nicht berühren. Und es berührt uns nicht nur am Rande, es bewirkt auch etwas in uns, nämlich ähnliche Emotionen. So wie wir schwer einem schallenden Gelächter zusehen/hören können ohne einzustimmen können wir dies bei anderen Emotionen auch schwerlich. Nur so kommen wir mit unserer Umwelt einigermaßen klar. Wir gehen nicht lachend zu Trauerfeiern, selbst wenn wir im Grunde nicht betroffen sind, wir gehen nicht dauerheulend zu einer Fete. Wir passen uns und unsere Emotionen an und oft unbewußt. Und wenn eine Hannelore Kraft scheinbar eben noch ihre Tränen unterdrückt, eine verzweifelte Mutter vor den Kameras auftaucht, dann schlucken wir heftig und spüren, dass die Welt auch für uns gerade gar nicht witzig ist.
Es hilft den Betroffenen nur wenig diese Massenevents, wenn Hilfe dann im direkten Kontakt, wenn sie sich angenommen fühlen, wenn sie selbst diesen Kontakt suchen. Wenn es von außen aufgedrängt wird, wirkt es für Betroffenen eher weiter verschärfend. Sie sind nicht nur ihren eigenen Emotionen und Bildern ausgesetzt sondern auch denen der Anderen. Zudem nicht selten auch öffentlichen „Pflichten“ und Erwartungen.
Zudem werden andere durch mediale Emotionen in einen Sog gezogen.

Die Medien zelebrieren öffentliche Trauer, auch um Fußballspieler die an Depressionen erkranken und nach einigen Ereignissen ist statistisch klar, es führt dazu, dass manche Menschen sich derart "reindenken" dass sie selber das Ereignis wiederholen. Sie gehen zum gleichen Bahnsteig und werfen sich vor den Zug (natürlich sind diese Menschen vorbelastet). Menschen brauchen Betreuung weil sie mit den "aufgepuschten Emotionen" nicht mehr umgehen können. Emotionen die sie von außen erreichen die aber zumeist, sind sie tief empfunden, das eigene Schicksal, die eigenen Ängste antreiben und beeinflussen, puschen.

Unserem Gehirn ist es egal ob wir etwas wirklich erleben oder uns in Gedanken hineinsteigern. Dazu muß niemand jahrelang per Gedankentrick seinen Blutdruck senken, es reichen kleine Versuche wie z.B. Herr von Hirschhausen sie gern praktiziert. Er schickt die Menschen in die Pause nachdem die eine Publikumsseite ihr "schlimmstes Erlebnis“ aufschrieb und die andere Hälfte "ihr schönstes". Nach der Pause sind die einen fröhlich, die anderen nicht (individuell mit gewissen Unterschieden aber messbar).

Vieles unserer Prominenz erscheint mir nebenbei auch schrecklich aufgesetzt. Eben noch betroffen vor der Kamera und fünf Minuten später bei Lohengrin.

Manche Menschen werden zur Zeit in Duisburg ausgeschlossen, von dem Recht zu trauern, von jeglichem Recht. Das geht so weit, dass es "Todesdrohungen" gibt.
Es herrscht eine unglaubliche Wut vor, eine entmenschlichende Wut gegen Einzelne. Ich denke was nicht wirklich thematisiert wird ist die Frage der Scham. Der Scham der Beteiligten. Denn auch dies gehört zu solchen Ereignissen, der Selbstvorwurf "habe ich etwa gedrängelt weil ich schneller...", "bin ich über die Treppe ohne Not".....“hätte ich etwas anders machen sollen“, „habe ich die richtigen Verletzten versorgt, tat ich alles für andere Menschen“. "inwieweit ist es richtig danach noch feiern zu gehen, weiter Große Events zu wünschen", "wieso feierte ich weiter".......

Ich glaube auch diese Scham, die persönlich erdachte Schuld (die nichts mit Realitäten zu tun haben muß) befördert eine ungute Stimmung der Emotionen, der beeinträchtigenden Emotionen, welche "Heilung verhindert".

Ich weiß nicht wieso in Duisburg von den Verantwortlichen der Trauerfeier, wieder auf Größe geschaut wurde, auf das Megaevent. Heute las ich alle Kirchen der Stadt beteiligten sich und insgesamt hätten 100.000 Leute teilnehmen sollen/können. Es blieben unter 2000 Beteiligte.

Trauer hat auch etwas mit Demut zu tun. Mit „klein sein“ und hilflos fühlen. Das geht nur bedingt im Stadion. In einem Klima in dem Wut/Scham, Trauer/Wut gemeinsam "wabern" ist weder eine Aufarbeitung noch ein emotionale zur Ruhe kommen möglich.

Es ist und bleibt so Event.


Ich bin immer dafür, dass Menschen sich über ihre Emotonen austauschen in einem Kreis den sie bestimmen können und wählen. Ich freue mich auch hier in diesem Forum sprechen Menschen über ihre Gefühle auch wenn sie durchaus privat sind. Auch ich wähle manchmal einen größeren Kreis um mich auszutauschen und Hilfe zu erbitten. Aber wichtig ist, dass niemand dazu "genötigt" wird, dass Behutsamkeit vorherrscht in Veröffentlichungen, dass Adressaten bestimmbar sind.

Ich kann mir vorstellen eines Nachts in einem Forum, in einer Ausnahmesituation etwas preiszugeben was ich am nächsten Tag bereue. Aber ich denke z.B. hier ich hätte die Möglichkeit die Verbreitung zu unterbinden.

In Duisburg suchen Reporter Leid und halten drauf, veröffentlichen medial global. Mit Bild und Ton.

Natürlich sind Menschen von Ereignissen betroffen, natürlich sollen sie immer darüber sprechen können, es ausdrücken können. Natürlich auch wenn sie etwas in den Medien berührte. Aber ich kritisiere erheblichst das Spiel mit den Emotionen anderer indem ich "sie verkaufe", Auflagen steigere, Wähler befriedige und ggf. die Stimmung noch anheize indem über beteiligte Personen öffentlich geredet wird, deren Tun kritisiert wird. In dem Wissen kritisiert den Leuten geht die ganze Sache bestimmt nah und es ist auch kein Spaß nicht mehr auf die Straße zu können und das Hassobjekt einer Stadt zu sein.
Dass es in solchen Situationen zu Fluchten, Rechtfertigungen, kommt empfinde ich mehr als verständlich und menschlich


* Quelle/Zitat Trauerfeier ohne Versöhnung, Stern 31.Juli 2010

Edit, Quelle/Zitat erkennbar gestaltet

Der Beitrag wurde von ella1 bearbeitet: 03.Aug.2010 - 10:05
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Ricky
Beitrag 01.Aug.2010 - 19:40
Beitrag #69


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ZITAT(ella1 @ 31.Jul.2010 - 16:39) *
Ich verstehe nicht die mediale Aufmerksamkeit, welche dieses Ereignis begleitet.

Ich denke die Medien waren sehr stark auf die Berichterstattung der Loveparade eingestellt, nur eben in einer ganz anderen Art und Weise. Daher glaube ich, dass selbst "die Medien" total geschockt waren.
Begünstigend kommt meiner Meinung nach hinzu, dass täglich, sogar stündlich, neues "Material / Informationen" "geliefert" wurden, nämlich bspw. die unzähligen Handyvideos. Hierdurch hatte man Bilder direkt aus der Mitte heraus, direkt vom Geschehen, Stück für Stück hat man sich ein genauere Bild machen können. Und das alles bringt es einem auch wieder so Nahe. Es ist ein Unterschied, ob, wie zu Beginn, ein Text am Bildschirm entlang läuft oder ob man plötzlich das Drame Haut nah vor Gesicht bekommt.
Womit ich recht geben muss ist, dass genau ähnliches wahrscheinlich schon mal passiert ist, bei einem Brand in einer Disco, bei der Fluchtwege versperrt waren etc. und natürlich könnte man jetzt das Verhältnis sehen / berechnen.
Ich habe daher auch den Eindruck, dass man am Ende noch froh sein muss, dass es "nur" 21 Menschen waren. Aber es ändert nichts an meinem Empfinden, dass es mir für die 21 Betroffenen und all ihre Angehörigen unheimlich leid tut. Und nicht nur für diese sondern für all die Verletzten und diejenigen, die mit dem schrecklichen Erlebnis klar kommen müssen, sprich auch all die nicht körperlich verletzten, aber genauso beeinträchtigten...
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McLeod
Beitrag 01.Aug.2010 - 19:41
Beitrag #70


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ZITAT(ella1 @ 01.Aug.2010 - 17:58) *
Diese [(öffentlichen?) emotionalen Ausnahmezustände] werden in meiner Wahrnehmung gepuscht, wenn Unbeteiligte traumatisierenden Bildern ausgesetzt werden, sie eine Dauerbeschallung des Unglücks bekommen und Emotionen direkt gefördert werden.


Das sehe ich ähnlich, ich fühle mich allerdings auch in der Lage zu entscheiden, ob ich einen halben Tag durch Newsseiten klicke oder durch Sender zappe, weil ich das Gefühl habe, meine Geschocktheit dadurch zu verarbeiten oder ob ich mich dem Push entziehe, der mich auch nach dem Verarbeiten am Thema halten will. Mir ist es beim 11. September 2001 das erste Mal aufgefallen und bewusst geworden. Weil ich außerhalb der Mediensintflut im Urlaub war und danach das Drama eines ganzen Tags und Tausender Menschen vor Ort auf wenige "Ikonen", Bilder, Szenen, Platzhalter zusammengeschrumpft war.

Sowohl nach dem Tod von Michael Jackson, als auch nach der Katastrophe bei der Loveparade haben Medien die Menschenmengen, die zu Trauerfeiern erscheinen würden völlig überschätzt. Trauer ist doch öfter privat - Lady Dis Beerdigung komplett ausgenommen - als anscheinend (vor Journalist/inn/en) erwartet.

Und Trauer lässt sich auch nicht in Besucherzahlen messen.

Was ich an Hypes bedenklich finde ist, dass die spätere Berichterstattung, wenn das Leben in seiner alltäglichen, "langsamen" Geschwindigkeit so weit ist, dass etwas zu einem neuen Ergebnis kommt, und sei es ein Zwischenergebnis, dagegen völlig abfällt. Ein Kind wird getötet - tagelange Berichterstattung. Der Mörder wird verurteilt - eine Notiz an 4. bis 6. Stelle der Nachrichten. Vom Freispruch des Moderators Andreas Türk nach Vergewaltigungsanzeige kaum Meldungen, er ist weg von der Bildfläche. Bei Kachelmann wollen's "die Medien" anscheinend etwas besser hinbekommen. Aber auch das der Hype in den ersten 10 Tagen unverhältnismäßig.

Ich sehe es in diesem Punkt ähnlich wie Du. Meine Konsequenz ist entsprechend eigenverantwortlicher Medienkonsum. Soweit es mir möglich ist, ich bin auch nur ein Mensch ;-)

McLeod, völlig im OT - ich hoffe, es ist für alle Mitlesenden noch im Rahmen?
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Sinai78
Beitrag 02.Aug.2010 - 13:21
Beitrag #71


Gut durch
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ZITAT
McLeod
Gestern, 19:41 Beitrag #71


Das sehe ich ähnlich, ich fühle mich allerdings auch in der Lage zu entscheiden, ob ich einen halben Tag durch Newsseiten klicke oder durch Sender zappe, weil ich das Gefühl habe, meine Geschocktheit dadurch zu verarbeiten oder ob ich mich dem Push entziehe, der mich auch nach dem Verarbeiten am Thema halten will.


Eben? Als "Außenstehender", aber Berührter Mensch hat man zu jeder Zeit die Möglichkeit "auszusteigen". (was sicherlich auch nicht auf Knopfdruck geht, weil eben unterbewußt die Ergriffenheit, Schwere dadurch noch lange nicht weg ist). Aber was ist mit den direkt Betroffenen? Wo können diese aussteigen - und vor Allem wohin (ent)fliehen?? Als ob ihr Trauma/der Schock nicht groß genug wären, sind sie gezwungen auf eine Art und Weise Trauerarbeit zu leisten, die Ihnen von außen auferlegt wird. Ohne Rücksicht auf Verluste- ob nun gewolt oder nicht- aber die Betroffenen werde doch nicht gefragt ob sie das so wollen bzw. können sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt verstehen und begreifen was da gerade geschieht und was oder nicht Hilfe für sie sein könnte? Sie kommen nicht zur Ruhe um sich darüber erstmal klar zu werden, sie haben keinerlei Rückzugsmöglichkeiten/keinerlei "Nischen". Und zwar solange bis der "Hipe" vorüber ist. Und dann? Stehen diese Menschen allein im Raum genau dann wo Alles mehr als krass ins Bewusstsein schleicht, in all seiner Deutlichkeit und Härte und sie wirkliche (Ich weiß ja nicht inwieiweit sie das was gerade um Sie herum geschieht für sie überhaupt hilfreich sein kann) + noch mehr Hilfe benötigen werden- Die dann aber auch gewährleistet wird. Oder doch eher nicht? Und wenn sie sich dann auf die Aufmerksamkeit und angebl. "Unterstützung" verlassen dann sind sie im wahrsten Sinne des Wortes verlassen?

Nachdenkliche Grüße
Sinai

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ella1
Beitrag 02.Aug.2010 - 14:09
Beitrag #72


Naschkatze
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Mir ist damals im Fall von Eschede aufgefallen, eine kann sich nicht leicht entziehen. Denn das hieße, kein TV, keine Nachrichten, kein Radion.....keine Bahn mit TV Screens, kein Kaufhaus, ..... keine Zeitungen mehr, auch kein vorbeigehen an Zeitungsständen denn das Titelbaltt irgendeiner wird schon noch etwas zeigen...... .

Je nachdem wie hoch die Triggergefahr ist, findet eine sicherlich Auslöser oder muß sich halt den Medien entziehen. Nur dies ist echt schwer in dieser Welt.

Ich denke in diesem jetzigen Zustand haben einige Menschen zuviel durch die Medien abbekommen, welche niemals in Gefahr waren. Nunmehr phantasieren was gewesen wäre, wären sie ggf. ...... .

Die Betreuung für die Rettungskräfte läuft auch wenn es sicherlich schwer wird mit diesen ständigen Bildern und Erinnerungen von außen präfentiv zu arbeiten.
Diese ganze Sittuation kann traumatisch wirken, sie muß es nicht. Mehr weiß man in sechs Monaten bei Betroffenen bzw. die Betroffenen werden sehen ob sie ihr Leben anders wahrnehmen.





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McLeod
Beitrag 02.Aug.2010 - 15:15
Beitrag #73


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ZITAT(Sinai78 @ 02.Aug.2010 - 14:21) *
ZITAT
McLeod
Gestern, 19:41 Beitrag #71


Das sehe ich ähnlich, ich fühle mich allerdings auch in der Lage zu entscheiden, ob ich einen halben Tag durch Newsseiten klicke oder durch Sender zappe, weil ich das Gefühl habe, meine Geschocktheit dadurch zu verarbeiten oder ob ich mich dem Push entziehe, der mich auch nach dem Verarbeiten am Thema halten will.


Eben? Als "Außenstehender", aber Berührter Mensch hat man zu jeder Zeit die Möglichkeit "auszusteigen". (was sicherlich auch nicht auf Knopfdruck geht, weil eben unterbewußt die Ergriffenheit, Schwere dadurch noch lange nicht weg ist). Aber was ist mit den direkt Betroffenen? Wo können diese aussteigen - und vor Allem wohin (ent)fliehen?? Als ob ihr Trauma/der Schock nicht groß genug wären, sind sie gezwungen auf eine Art und Weise Trauerarbeit zu leisten, die Ihnen von außen auferlegt wird.


Öhm... sorry, ich kann Dir nicht folgen. Ob ich nun direkt betroffen bin oder nicht, ich kann den Fernseher ausschalten. Und ob meine Ergriffen heit und Schwere noch lange woauchimmer ist, war gar nicht das Thema - es geht hier im Medienkonsum und den eigenen Anteil am Medienkonsum, um den Hype und das eigene Enthypen. Im Moment verstehe ich nicht, was Du meinst mit "von außen den Betroffenen auferlegte Trauerarbeit"?

Fragende, ratlose Grüße
McLeod
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Sinai78
Beitrag 02.Aug.2010 - 16:20
Beitrag #74


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ZITAT(ella1 @ 02.Aug.2010 - 15:09) *
Mehr weiß man in sechs Monaten bei Betroffenen bzw. die Betroffenen werden sehen ob sie ihr Leben anders wahrnehmen.

Genau. Aber es ist ja die Frage: Ist genau zu diesem (also in 6 Monaten um da mal bei zu bleiben) Zeitpunkt auch noch wer da, wenn die jeweiligen betroffenen Personen nicht selbständig, also nicht in Eigeninitiative therapheutische Unterstützung suchen/in Anspruch nehmen? Momentan haben diese Menschen Alle (ohne darum gebeten zu haben)Aufmerksamkeit (ob nun hilfreich/aufbauend oder nicht sei dahingestellt-das kann ich als Nichtbetroffene nicht beurteilen) auch sicherlich/hoffendlich psych.Betreuung. Aber auch noch in 6 Monaten? Oder Anderes: wie sieht es mit einer langfristigen psych. Betreutung aus ? (IMG:style_emoticons/default/unsure.gif)

@MC Leod:
ZITAT
ich kann den Fernseher ausschalten
Ja, könnte/kann man. Und dann steht ein Team von Stern TV oder die regionale Presse oder oder vor der Tür, der/die bei Unsereins (also nicht direkt Betroffenen) sicherlich nicht vor der Tür stehen wird. Was nutzt es da den Fernseher auszuschalten? _wir_ haben es da schon leichter uns "auszuklinken" meinst Du nicht?
ZITAT
Im Moment verstehe ich nicht, was Du meinst mit "von außen den Betroffenen auferlegte Trauerarbeit"?

Ich meine damit, dass die Betroffenen mehr oder minder "überannt" werden. Von allen Seiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass kein einzigster Journalist darum bemüht ist, ein "Exlusivinterview" zu bekommen. Und auch die "Menschenansammlungen" die für oder mit (?) den Betroffenen trauern (oder einfach "dabei sein wollen") wie auch bei Robert Enke.. Wer fragt die Betroffenen ob sie ihre Trauerarbeit "teilen" wollten/wollen? Das meinte ich mit der von außen auferlegten- weil ungefragten- Trauerarbeit. Sorry, wenn ich mich da unverständlich ausgedrückt haben sollte. Lag nicht in meiner Absicht.


Viele Grüße
Sinai
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McLeod
Beitrag 02.Aug.2010 - 17:46
Beitrag #75


mensch.
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Danke, sinai, nun verstehe ich besser, was Du meintest.

Ein wenig stereotyp scheint mir dabei Dein Bild von den Medien als menschenhetzende, sensationsgierige Meute zu sein. Das trifft auf einen Teil zu, aber längst nicht auf alle. Und zum Glück wissen und fühlen immer mehr Menschen, dass sie "ich möchte nicht gefilmt oder gefragt werden" sagen können. Das genau diese Antworten nicht auftauchen, liegt in der Natur der Sache.

Ich fand zum Beispiel den medienbegleiteten Tunnelbesuch von Dr. Motte irritierend. Aber ich fand ja auch schon seine ersten Antworten / Statements vom Sonntag so.

Ich fand es bezeichnend, dass sich eben nicht Zenhtausende zum gemeinsamen, öffentlich beobachteten Trauern zusammenfanden. Und die meisten Interviews mit Angehörigen oder Menschen, die irgendwie da raus gekommen sind und traumatisiert sind, empfand ich eher in die Richtung "ich will gehört werden, ich hab was zu sagen", als "komm, erzähl dem lieben Onkel, der lieben Tante von R*L/B*LD/h*ute was"... Liegt sicherlich auch zum Teil an der Wahl der Medien, weil ich wenig blöd und erteel und so schaue/lese. Das möchte ich einschränkend hinzufügen, auch wenn ich bereits zustimmte, dass es solche Medienvertreter/innen gibt.

Ich finde es wichtig, da auch mal über eine Beschwerde beim Presserat nachzudenken, wenn eine einen Bericht oder eine Bildauswahl unangemessen findet. Dafür ist diese Institution ja da. Oder einen Zuschauer/innen- oder Leser/innen-Brief zu schreiben.

McLeod grüßt
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ella1
Beitrag 02.Aug.2010 - 17:55
Beitrag #76


Naschkatze
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ZITAT
Sinai....Genau. Aber es ist ja die Frage: Ist genau zu diesem (also in 6 Monaten um da mal bei zu bleiben) Zeitpunkt auch noch wer da, wenn die jeweiligen betroffenen Personen nicht selbständig, also nicht in Eigeninitiative therapheutische Unterstützung suchen/in Anspruch nehmen? Momentan haben diese Menschen Alle (ohne darum gebeten zu haben)Aufmerksamkeit (ob nun hilfreich/aufbauend oder nicht sei dahingestellt-das kann ich als Nichtbetroffene nicht beurteilen) auch sicherlich/hoffendlich psych.Betreuung. Aber auch noch in 6 Monaten? Oder Anderes: wie sieht es mit einer langfristigen psych. Betreutung aus ?



Ich kann Dir diese Frage nur aus meiner Position beantworten, d.h. meine Überzeugung. Zunächst: es kann eben potentiell traumatiserend wirken. Hier ist Profilaxe gefragt. Dies sieht für Rettungskräfte anders aus als für einzelne Betroffene die nicht in der Gruppe und vor allem nicht mit einer bestimmten Aufgabe in der Situation waren.

Eine Profilaxe einzelner kann nur erfolgen wenn diese sich an die entsprechenden Supervisoren, Therapeuten, Seelsorger, Ärzte vor Ort wenden. Hier kann durchaus auch der Hausarzt gefragt sein.

Selbst für die Rettungskrafte ist es immer nur ein Angebot, welches selbstbestimmt angenommen werden kann.

Natürlich muß jeder Mensch für sich entscheiden ob er überhaupt ein "Problem" hat oder diesem vorbeugen will, ggf. worauf er es zurückführt und wie er sich Hilfestellung wünscht.

"Viel hilft nicht viel". Auch ein Ansprechen (gar ein wiederholtes) von Menschen in Bezug auf Therapie, insbesondere langfristige, finde ich problematisch bezieht es sich einzig auf ein erlebtes Ereignis.

Ich denke jeder Mensch in Duisburg weiß, so ein Ereignis kann möglicherweise Folgen haben. Ich hoffe jeder ist in der Lage sich an Beratungsstellen (Freunde, Gesprächspartner.....Ärzte.....) zu wenden, wenn er selbst die Notwendigkeit sieht.

Ein Beratungsangebot wird es immer geben ob nach Duisburg oder einem anderen Ereignis welches ebenso potentiell traumatisierend sein kann. Und das kann in der Tat so ziehmlich alles sein, was das Individuum an seine Grenzen bringt.
Aber jede Beratung braucht den Wunsch, den Willen desjenigen der sich in sie begibt.

Alles hat seine Zeit und die bestimmt eben der Mensch der für sch bemerkt er wünscht sich Veränderung.
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ella1
Beitrag 02.Aug.2010 - 18:09
Beitrag #77


Naschkatze
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ZITAT
McLeod
Und die meisten Interviews mit Angehörigen oder Menschen, die irgendwie da raus gekommen sind und traumatisiert sind, empfand ich eher in die Richtung "ich will gehört werden, ich hab was zu sagen", als "komm, erzähl dem lieben Onkel, der lieben Tante von R*L/B*LD/h*ute was"... Liegt sicherlich auch zum Teil an der Wahl der Medien, weil ich wenig blöd und erteel und so schaue/lese. Das möchte ich einschränkend hinzufügen, auch wenn ich bereits zustimmte, dass es solche Medienvertreter/innen gibt.


Sollte jemand wirklich traumatisiert sein, sich also in einer psychischen Ausnahmesituation befinden, dürfte dieser Mensch nicht ad hoc aufgenommen werden.

Nach Vereinbarungen ist auf jeden Fall folgendes zu schützen:

.....
Zweierlei sei jedoch in jedem Fall zu schützen und bilde Grenzen: 1. das abgebildete Schicksal (Schutz vor subjektiver Verletzung), 2. das Auge des Betrachters (Schutz vor objektiver Verletzung). Presserat Nr. 2/98

Die Presse hat einzig zu informieren. Sie hat im Grunde keine Emotionen zu schüren. Ggf. muß sie auf Bilder verzichten die Menschen in Ausnahmesituationen zeigen, Schockbilder dürfen niemals um des Schockes willen gebracht werden.

Ob dies immer so funktioniert mag jede selbst für sich beurteilen.

Der Beitrag wurde von ella1 bearbeitet: 02.Aug.2010 - 18:10
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Hortensie
Beitrag 14.Aug.2010 - 23:21
Beitrag #78


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Kreuzverhör mit Adolf Sauerland"
Köln (ots) - WDR Fernsehen, 15.08.2010, 19.40 - 20.00 Uhr

Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) bricht sein
Schweigen. Drei Wochen nach der Loveparade-Katastrophe stellt er sich
am Sonntag um 19.40 Uhr in einem "Kreuzverhör" im WDR Fernsehen den
Fragen von Gabi Ludwig und Jörg Schönenborn.
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kawa
Beitrag 31.Aug.2010 - 14:28
Beitrag #79


Blau, weil Ströse.
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Dokumentation zur Loveparade am 24.7.2010:

www.dokumentation-loveparade.com

Betreiber der Seite ist Lopavent GmbH (Veranstalter der Loveparade).
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McLeod
Beitrag 08.Jun.2017 - 03:51
Beitrag #80


mensch.
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7 Jahre hat es gedauert. Und fast wäre alles in der kleinteiligen Aufteilung von "Verantwortlichkeiten" versandet. Ende des Jahres beginnt nun endlich ein Prozess. Was für eine Erleichterung für Angehörige und Dortgewesene. Ich habe in den Jahren dazwischen eine Sanitäterin kennengelernt, die dort am Tunnel arbeitete. Und ohne ihre Erzählungen ausbreiten zu wollen: Es war ein extremes Erlebnis, das in vielen Schritten und Jahren ein Stück weit verarbeitet ist. Es war ihr wichtig, dass es zu diesem Gerichtsverfahren kommt.

7 Jahre und ich denke immer mal wieder daran. Auch wenn Großveranstaltungen inzwischen mit anderen Befürchtungen besetzt sind. Gerade war Turin mit Panik beim Public Viewing. Ich mag nicht "glimpflich" dazu sagen.

Mal sehen, was der Prozess so bringen wird.
McL
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