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> Schwul-lesbische Aussenwirkung
Sägefisch
Beitrag 03.Jul.2009 - 10:44
Beitrag #1


Schlaudegen.
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Angeregt durch den Thread über protestierende Pius-Brüder fiel mir zum wiederholten male auf, was für ein Bild "wir" eigentlich abgeben.

Zur CSD-Saison fällt das natürlich besonders ins Gewicht, aber auch ganz generell betrachtet kann ich zum Teil verstehen, dass schlichtere Gemüter uns bestenfalls als eher schräge Gestalten wahrnehmen könnten. Vielleicht muss man den Medienanteil herausrechnen, der den Fokus auf besonders prägnante Beispiele einpeilt und somit eine gewisse Verzerrung herbeiführt - vielleicht aber auch wieder gegenhalten dass es ja die Szene-Organisatoren selbst sind, die eine bestimmte Form von Berichterstattung gerne mit ins Boot holen. Primetime is money.

Worauf ich hinaus will: erreicht man durch offensive Zurschaustellung privater Lebensbereiche und aggressiver Politrethorik wirklich mehr Selbstverständlichkeit oder klopft man eher den Deckungswall fest? Was muss man mit in Kauf nehmen, wenn man sich diese Form des Stolzes als Aktionsplattform wählt? Womit werden "wir" öffentlich identifiziert wenn die vornehmliche Repräsentation zungenküssende halbnackte Dragqueens und vorwurfsvolle Forderungen an eine nicht näher benannte, anscheinend semifaschistische "Gesellschaft" sind?

Was ich damit nicht meine ist dass diese Dragqueens per se was ekliges sind, man sich selbst nicht feiern soll, es keinen Grund zum politischen Aktivismus gibt oder Sex hinter dunkle Gardinen gehört (damit jetzt keine Unterstellungen kommen).

Mir stellt sich aber die Frage, ob es uns für die restlichen 51 Wochen des Jahres weiterbringt, mit einer ins radikale überhängenden Selbstbehauptung identifiziert zu werden, die bestimmte Schamgrenzen vieler überschreitet und sich einer Wortwahl bedient die so tut als wäre der Staat nach wie vor unser repressiver Feind.

Mit leisem Stirnrunzeln stelle ich fest, dass heteronormative Vorabendserien offensichtlich viel unspektakuläreren homosexuellen Beziehungsalltag dargestellt bekommen als unsere selbstgebastelten Grossveranstaltungen, Szenefilme und Forderungskataloge. Wieviel von der Normalität die wir einfordern und postulieren, transportieren wir auch nach aussen?

Ich kann nicht umhin zu denken, dass die Einseitigkeit in der Wahrnehmung letztlich auch Wasser auf die Mühlen der kleinen Alltagshomophobie ist, die nicht so postmoderne Zeitgenossen weniger aus Hass denn aus Verunsicherung und dem Eindruck totaler Demontage weiter pflegen. Muss einem diese Aussenwirkung egal sein damit man eine gute Lesbe ist?

Fühlt Ihr Euch in irgendeiner Form repräsentiert? Durch wen/was und auch: wodurch nicht?
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miriam
Beitrag 03.Jul.2009 - 11:23
Beitrag #2


Gut durch
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@Sägefisch

Ich sehe das Thema ähnlich wie Du und fühle mich keineswegs durch die massive Zurschaustellung sexueller Vorlieben repräsentiert.

Und ich bin nicht nur Deiner Meinung, daß ein zurschaustellen der eigenen sexuellen Vorlieben der öffentlichen Akzeptanz eher schadet als nützt (neulich hörte ich gar, daß sich Bordellbesitzer an der CSD-Parade in einer deutschen Stadt beteiligen wollten) sondern finde vor allem, daß gleichgeschlechtliche Liebe dadurch auf die sexuelle Komponente reduziert wird. Auch ich habe nichts gegen das Bunte, Phantasievolle (im Gegenteil, bei Lesben fehlt es mir sogar sehr häufig), empfinde den Exibitionismus dabei aber oft als peinlich und unangenehm. Und da spielt der Anlaß, sei es ein CSD, eine Love Parade - oder der Karneval, keine Rolle.

Ich würde mir den CSD weiterhin bunt und fantasievoll wünschen, mit schönen Männern - und Frauen (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) aber mit mehr Betonung auf vielleicht etwas "konservative" oder auch ernstere Elemente wie das füreinander Einstehen, gemeinsam durch das Leben gehen und auch Familie.

Vielleicht wäre es unserer Sache dienlicher, (wenn man ihr denn wirklich dienen will,) wenn wir "den Heteros"zeigen würden, daß wir gar nicht so anders sind, daß wir die gleichen Wünsche, Sehnsüchte und Träume haben wie sie, nur eben auf das gleiche Geschlecht bezogen, anstatt mit aller Gewalt die Unterschiede hervorzukehren, wie es auch mir manchmal vorkommt. Und das hätte meiner Meinung nach nichts mit Verstecken oder Selbstverleugnung zutun sondern mit dem Versuch einer Annäherung.

In "Homophobie" steckt das gewaltige Wort Angst und es ist wohl klar, wie man mit jemandem umgehen muß wenn einem wirklich daran liegt, ihm seine Angst zu nehmen. Ihn mit der Nase direkt hinein zu stoßen ist sicherlich das letzte, was ihm hilft.
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shark
Beitrag 03.Jul.2009 - 13:41
Beitrag #3


Strösenschusselhai
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Ich persönliche fühle mich durch "zungenküssende Dragqueens" politisch nicht vertreten, aber ich kann ein Stück weit nachvollziehen, weshalb diese Art der Provokation sich so etabliert hat, dass sie für viele Aussenstehende fast das Einzige ist, was sie wahrnehmen von der Parade.

Schon der Grund, weshalb diese inzwischen traditionelle Parade überhaupt stattfindet, weist darauf hin:

Nach Jahren des Verbotes von "homosexueller Betätigung" (womit vor allem die sexuelle Betätigung gemeint war), nach dem Stonewall-Aufstand und seinen Folgen, soll diese Parade nun zeigen, dass niemand, der sich "homosexuell betätigt" mehr deswegen von staatlicher Seite verfolgt werden soll, niemand mehr deshalb gejagt, verprügelt, verhaftet und verachtet werden soll.

Dieses Anliegen durch das Zurschaustellen von Aktivitäten, die mit Sex in weitestem und auch mal in engerem Sinn zu tun haben, darzustellen, liegt recht nahe.

Ob das aber nutzt, ob das wirklich das Bild, das viele Menschen von Homosexuellen noch immer haben, verbessert, wage auch ich zu bezweifeln.
Und es mag sein, dass das auch gar nicht das erklärte Ziel der Gruppen ist, die so auffallen, wie Du es beschrieben hast, sägefisch.
Vielleicht soll ja gerade provoziert werden, vielleicht aber auch nur taumelnd vor Freude und mit grossem Ueberschwang die Tatsache gefeiert werden, dass (in vielen Ländern zumindest) eben kein Polizist mehr das Recht hat, eineN eindeutig homosexuellen Mann/Frau festzusetzen und der Staatsgewalt auszuliefern.
Jetzt stehen die "Grünen" am Strassenrand und beschützen nicht mehr die Mehrheit vor der Minderheit, sondern im Ernstfall auch andersherum....

Ich selbst habe auch oft das Gefühl, dass selbst in "Vorabendserien", die ja durchaus auf das mehrheitlich heterosexuelle Publikum ausgerichtet sind, klarere, unspektulärere Bilder vom homosexuellen Alltagsleben gezeigt werden, solche, die wirklich vermitteln, dass das Leben der meisten Lesben und Schwulen sich nicht nennenswert von dem heterosexueller Menschen unterscheidet, als das durch den CSD, so wie er meist gefeiert wird, stattfindet.

Ich glaube aber auch, dass durch Berichterstattungen um den CSD herum, der den Medien ja oft sozusagen erst Anlass gibt, sich mit "Homosexualität zu überhaupt näher befassen, Forderungen gehört werden können, mit welchen ich mich dann auch identifizieren kann.

Und ich selbst war bisher nur einmal auf einem CSD - und habe dort durchaus auch eine Menge politische und gesellschaftliche Statements, Forderungen und Ziele wahrgenommen - neben blanken Hinterteilen der Copa-Cabana-Dragqueens und den Peitschen der Lederjungs finden sich nämlich auch Gruppen "homosexueller LehrerInnen", "homosexueller Behinderter" usw.

Man muss nur etwas genauer hinschauen.
Und das tun viele eben nicht.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 03.Jul.2009 - 13:46
Bearbeitungsgrund: Grossbuchstabe eingefügt, überzähligen Kleinbuchstaben entfernt
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Deirdre
Beitrag 03.Jul.2009 - 14:18
Beitrag #4


Satansbraten
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Die CSDs auf denen ich war, waren männerdominiert. Das Bunte, Aufsehenerregende kommt vorwiegend von den Schwulen, ausnahmsweise auch von Frauen, die der SM-Szene anzugehören scheinen.

Die "ganz normal" lesbischen Frauen (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) erscheinen wie graue Mäuse unter den schillernden Paradiesvögeln. Wie kommt es?

Und weshalb tun Lesben und Schwule bei den Großveranstaltungen so, als bildeten sie eine gemeinsame Szene? Wenn es doch ganz offensichtlich nicht so ist? Der einzige Grund scheint eine gesellschaftliche Diskriminierung wegen sexueller Präferenzen zu sein, wie es auch für die anderen Teilnehmer des Umzugs der Fall ist, zum Beispiel die SM-Szene mit Hundeleinen, Peitschen und Ganzkörper-Latex.

Werden Lesben und Schwule überhaupt von der Öffentlichkeit in einen Topf geworfen?

Meine Erfahrung: Tja, es gibt eine Person in meinem Leben, die immer wieder kleine Andeutungen in der Richtung von sich gibt, das typisch lesbische Sexleben verliefe genauso ... äh ... abwechslungsreich, wie das von vielen Schwulen. Die anderen Leute scheinen eher anzunehmen, dass man eine ganz normale Beziehung hat, nur eben mit einer Frau. Was meiner Wirklichkeit übrigens näher kommt.

Jedenfalls: Die Wahrscheinlichkeit ist meiner Meinung nach groß, dass die exhibitionistische Sexualität der CSD-Paraden wenig Auswirkung auf die öffentliche Meinung bezüglich Lesben hat.
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McLeod
Beitrag 03.Jul.2009 - 17:57
Beitrag #5


mensch.
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ZITAT(Sägefisch @ 03.Jul.2009 - 11:44) *
Fühlt Ihr Euch in irgendeiner Form repräsentiert? Durch wen/was und auch: wodurch nicht?


Ja, ich repräsentiere mich selbst bei einigen CSDs im Jahr und sehe dabei viele vielfältige Frauen, von denen einige - zumindest äußerlich (und so werde ich von Fremden ja auch bei meinen CSD-Besuchen wahrgenommen - mir ähneln.

Ich gehöre dabei zu einem Teil des großen Ganzen, einer Gruppe in der Gruppe sozusagen. Ich hab es mal auf einem LFT versucht, da fühlte ich mich zugegebenermaßen eher vereinzelt. Bei einem Fußballspiel des Frauen-Nationalteams war ich in besonderer und ungewohnter Stärke munterer Fisch im Schwarm der Ähnlichen...

Nachdem ich in meinen lesbischen Anfangsjahren sehr überlegt habe, was ich zum CSD anziehe, überlege ich heuer sehr viel mehr, was ich nicht anziehe (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Nein, ich gehe nicht spärlich bekleidet, nur im Grunde mit meinem alltäglichen Outfit. Mir attestieren allerdings auch seit Jahren - ohne dass ich das angestrebt hätte - Heten, dass ich ja soooo normal sei in ihren Augen, dass es sie schon verwundere. Mein Selbstausdruck verändert sich nicht mehr, nur weil CSD ist - obwohl ich in diesem Jahr erstmals wieder ernsthaft an ein Motto-T-Shirt denke...

Ich stelle nicht den Anspruch, dass es eine Mehrheit von meinesgleichen gäbe auf einem CSD. Allerdings fühle ich mich auch nicht in der Minderheit. Nackte Körper finde ich bestenfalls knackig, SM - dazu stehe ich - irritiert mein kleines Herzchen immer wieder und mein Köpfchen schafft es trotzdem ziemlich gut, die Sm-ler.innen auch en Teil meines CSDs sein zu lassen. Schließlich bin ich da, weil es mir um Werte wie Respekt, Toleranz und Akzeptanz des (mir) Unbekannten geht. Kopulierende Schwuppen, Lesben und Heteros würde ich an 365 Tagen im Jahr anzeigen oder erschrocken vor ihnen davon laufen - je nach Tagesform (ich bin ja auch nur ein Mensch). heftige Rammelbewegungen finde ich auch in der Hetendisko zwischen Jungs und Mädels daneben (und trotzdem sind sie nicht sanktionierbar).

Was ich ganz ganz schade finde, sind Wortmeldungen, die mir immer wieder mal unterkommen, wie "CSD ist zu wenig, wie ich - also gehe ich nicht hin" oder "In der Szene hält mir niemand die Tür auf, also klopfe ich nicht mal"... Das sind argumentative Teufelkreise, die mich traurig machen, weil sie im Grunde niemand außer denen, die sich da resigniert beschweren, ändern kann.

Ich ertappe mich selbst dabei, die DragQueens anzustarren und die sonnenbebrillte Lesbe am Straßenrand zu übersehen oder sogar bewusst nicht näher anzuschauen. Vielleicht bin ich so oberflächlich (stärker, als in meinem Alltag), weil ich von der schieren Menge Mensch überfordert bin. Ich denk da jetzt mal laut drüber nach... Ich mag mich zwar an CSDs genauso kleiden, wie an anderen Tagen, ich bin aber schon anders unterwegs, fühle mich exponierter. Das ist natürlich kein perfekt tolles Gefühl, es liegt aber in keinem Fall an den bunten, den halbnackten und den lederbemantelten Mit-CSD-ler.inne.n - sondern daran, dass ich an den restlichen 360-364 Tagen im Jahr mehr mehr bin, als auf dem CSD. Da bin ich hauptsächlich Lesbe. Und das ist mir immer etwas zu wenig. Für die gute Sache bin ich's die paar Tage im Jahr jedoch ganz gerne.

Abgeschweifte Grüße
McLeod

ZITAT(Deirdre @ 03.Jul.2009 - 15:18) *
Die "ganz normal" lesbischen Frauen (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) erscheinen wie graue Mäuse unter den schillernden Paradiesvögeln. Wie kommt es?


Einfach Farbenlehre. Gedeckte und leuchtende Farben nebeneinander...

Ich bin... kein Paradiesvogel.

War eine meine ersten IchBinCSD.de-Ideen... aber ich suche noch ;o)
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DerTagAmMeer
Beitrag 03.Jul.2009 - 21:14
Beitrag #6


Adiaphora
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Ich freu mich einfach, dies Jahr wieder mit dabei zu sein und repräsentiere mich auch lieber selbst ... als uniformierte Hupfdohle im Werbeauftrag der Kölner Frauentanzschule.
Da nächtliche Ausflüge in die schwullesbische Szene ausgesprochen selten geworden sind, find ich's prima, dass sich zum CSD das ganze bunte Völkchen unter freiem Himmel, bei frischer Luft und (hoffendlich!) Sonnenschein einfindet, um von mir ((IMG:style_emoticons/default/biggrin.gif) ) beguckt, bestaunt, befremdelt und bewundert zu werden.
Ich mag sie wirklich: Die Vielfalt.
Ich freue mich, dass der CSD für so viele heterosexuelle Bekannte zum gern besuchten Event geworden ist - einfach weil sie irgendwann mal mitgenommen wurden und gern wieder dabei sind.
Und ich freu mich über einige Infostände des Straßenfestes, mit deren Interessen ich an 363 Tagen im Jahr nicht in Berührung komme, meine Sympathie an den verbliebenen zwei aber umso größer ist ... und auf die Pink Pomps, deren überschäumende Lebenfreude mir jedes Jahr wieder die Freudentränen ins Gesicht treibt.
Die Außenwirkungen der CSD's sind mit Sicherheit genauso vielfältig wie schwullesbische Lebensentwürfe ... multipliziert mit sämtlichen nur denkbaren Vorurteilen sprengt es den Rahmen des Lenkbaren. Ich bin keine PR-Frau in eigener Sache und will es auch nicht sein. Wir sind wie wir sind. Und dieses WIR sind eben auch Naturen, die mitunter ganz anders feiern, provozieren, kommunizieren und protestieren als ich.
Und ich hoffe, auch der ein oder andere Lesbenforen-NRW-Lesbe am Wochenende über den Weg zu laufen. Schließlich gehören die ja auch dazu! (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Edit: Bereits Geschriebenes begradigt und @ McLeod: Hiermit geht meine Motto-Shirt-Reservierung bei Dir ein!

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 03.Jul.2009 - 22:38
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Sägefisch
Beitrag 04.Jul.2009 - 09:27
Beitrag #7


Schlaudegen.
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Hm. Im Grunde meinte ich ja weniger den CSD allein, sondern eher, wie symptomatisch seine Präsentation für die Wahrnehmung unserer Belange ist.

Wie und wodurch unser Bild nach aussen hin geformt wird, und welche Rolle es bei eventuellen gesellschaftlichen Widerständen spielen kann (auflösend oder verfestigend).

Ich glaube, ich muss da erst mal selber ein bisschen drüber nachdenken. Mein erster Impuls ist aber, dass wir als Gruppe eher ein exaltiertes, quengeliges Bild abgeben.
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shark
Beitrag 04.Jul.2009 - 11:10
Beitrag #8


Strösenschusselhai
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Ich denke, dass das lange Jahre so war.

Welche deutsche Lesbe "kannten" denn die "Leute" vor 20 Jahren?

Doch wohl ganz sicher Hella von Sinnen - die Frau mit den seltsam modeallergischen Overalls und dem pomadierten Kurzhaarschopf, schräg, schrill, laut und so ein bisschen männerfeindlich.

Sie hat lange das Bild der Lesbe in der Oeffentlichkeit bestimmt, davon bin ich überzeugt. Sie war die Generallesbe schlechthin in Deutschland.
Und so mussten ja wohl auch alle anderen Lesben daherkommen...?!?
Und da nur wenige Frauen diesem Bild entsprachen, konnte es ja nicht besonders viele Lesben geben...

Inzwischen sind ihr aber viele Frauen gefolgt heraus aus den Schränken - mit einer Selbstverständlichkeit und "Normalheit", die ganz sicher einen gewissen Wandel bewirkt hat in der Oeffentlichkeit.

Folkerts, Will, Meckel und Co kommen viel näher heran an ein lesbisches Bild, das repräsentieren kann, dass auch Lesben "echte" Frauen sind, die sich schon äusserlich nicht oder nicht wesentlich von heterosexuellen Frauen unterscheiden.
Sie sind Menschen und keine Kunstfiguren. Und ich denke, so werden sie auch wahrgenommen.

Viel wichtiger für einen Bewusstseinswandel als diese "Promis" sind aber, so denke ich, all die offen lesbisch lebenden Frauen in allen Städten und Dörfern in diesem Land.
Sie sind letztlich diejenigen, die nebenan wohnen, in der gleichen Firma arbeiten, dasselbe Hobby haben etc. - und zu welchen man ganz anderen Kontakt haben kann als zu einer Tatort-Kommissarin oder Talkshow-Gastgeberin.

Schon ich allein habe in dem Ort, in dem ich lebe, viel am "Bild der Lesbe" verändern können, das die Menschen vor meinem CO im Kopf hatten.
Und jetzt als Paar stehen meine Frau und ich für die Tatsache, dass auch homosexuelle Menschen mit Kindern leben können, langlebige Beziehungen führen können, nicht zwingend und grundsätzlich männerfeindlich sind usw.

Der schrillste CSD mit den nacktesten Popos kann an diesem "echten" Bild nichts ändern.

Ich selbst hatte vor meinem eigenen CO ein Bild von Lesben, über das ich heute nur noch schmunzeln kann: Männerhosen, Kurzhaarfrisuren, Flanellhemd und wahrscheinlich sind alle KFZ-Mechanikerinnen und haben einen Hund und keine hat ein Kind..... (IMG:style_emoticons/default/biggrin.gif)
Ich kannte ja auch keine einzige Lesbe "zum Anfassen"...
Und fühlte mich selbst deshalb schon "vorträglich" richtig exotisch mit meinen zwei Kindern, meinen Katzen, meinen langen Haaren, meinen Tunikas mit Dekolletee und meinem überwiegend männlichen Freundeskreis.

Heute kenne ich Lesben - und manche tragen wirklich Flanellhemden und haben Hunde. Andere aber nicht.

Was aber geblieben ist von meinen "Vorurteilen", weil sie sich bestätigt haben, ist, dass sich Lesben allzu häufig sozusagen "im Untergrund zusammenrotten" und nur in einer Parallelwelt wirklich lesbisch sind, nicht aber im Alltag.

Und ich denke, das schadet "unserem Bild" in der Oeffentlichkeit weit mehr als ein offenherziger CSD - weil ihm noch immer zu wenig an alltäglicher Realität gegenübergestellt wird.

Fast jeder Mensch weiss und erkennt an, dass die jungen Leute, die halbnackt auf den "Love-Parade"-Wagen mitfahren oder in schrillen Outfits am Strassenrand mitfeiern, im "normalen Leben" Friseure und Versicherungsfachangestellte, Verkäufer und Arzthelferinnen sind, Kinder haben oder grade Abitur machen.

Das könnte in Bezug auf den CSD genau so sein - wären Lesben auch sonst sichtbar.
So wie sie sind, wenn sie nicht grade übermütig ihre Befreiung feiern.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 04.Jul.2009 - 13:05
Bearbeitungsgrund: kleiner Einschub zweier Adjektive
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LadyGodiva
Beitrag 04.Jul.2009 - 13:45
Beitrag #9


Strøse
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Was ich mir wünsche ist, dass meine Beziehungsform für andere die gleiche Selbstverständlichkeit hat wie... nun ja, nicht unbedingt für mich selbst, wohl eher vergleichbar mit meiner respektvollen Wurtschigkeit in Bezug auf das "ganz normale Frau-Mann"-Modell.

Das, was dem an Öffentlichkeitsarbeit noch am nächsten gleich kommt, ist das vielzitierte "Wir sind ein Paar."

Meinem Wunsch nach politischer Privatheit nicht dienlich sind:
öffentlich exzessive Partyparaden (mit teilweise frappant negativer Außenwirksamkeit), Bunte-Gala-sonstwer-Homestories von "der Glanzlichtlesbe", frenetisches gender-mainstreaming jenseits der "Frauenqoute", der Wunsch nach weit über die Grenzen der binären Geschlechtszugehörigkeit hinausgehende Personenstandsänderungen (ich fände ja schon die Gleichberechtigung der ELP 'ne Wucht), der schwangere Mann, käuflicher S*x.
Und doch genau diese Themen scheinen auch die (werbefinanzierten) Szeneblätter sehr zu bewegen.

Vielleicht sollte ich mich damit trösten, dass Lesben hoffentlich nicht 1:1 mit dem recht verqueeren CSD-"Eyecatchern" assoziiert werden.

Und hoffe darauf, dass meine heterosexuellen Mitmenschen auf Dauer akzeptabel mit dem dann recht schizophrenen Bild zurecht kommen.
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DerTagAmMeer
Beitrag 04.Jul.2009 - 15:03
Beitrag #10


Adiaphora
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ZITAT(LadyGodiva @ 04.Jul.2009 - 14:45) *
Das, was dem an Öffentlichkeitsarbeit noch am nächsten gleich kommt, ist das vielzitierte "Wir sind ein Paar."
Meinem Wunsch nach politischer Privatheit nicht dienlich sind [...]

Es steht Dir doch frei, Deine persönliche "Öffentlichkeitsarbeit" auf "wir sind ein Paar" zu beschränken.
Damit bist Du in guter lesbischer, schwuler, queerer und heterosexueller Gesellschaft und bekommst auch sicher keine Gala-Homestory aufgedrängt.

Was ich wirklich nicht verstehe ist der versteckte Anspruch, alle Individuen diesseits des Ufers mögen doch bitte im Gleichstritt einen "guten Eindruck" machen.
Ansonsten ist übelstes Fremdschämen und offensive bis aggressive Distanzierung angesagt.
Wieso?
Meine Mutter hat doch auch keine Angst, dass sie mit Uschi Glas in einen Topf geworfen wird (beide hetero!), mein Vater sieht sein Image durch Münteferings junge Freundin nicht beschädigt (beide Jg. 40 sowie Vater einer lesbischen Tochter!) und meine Nichte käme nicht im Traum auf die Idee, die Eskapaden Ihres großen Bruders würden negativ auf sie abfärben (beide eine Sippe!).
Und kein halbwegs verstandbegabter Mensch würde mich mit Dirk Bach über einen Kamm scheren (beide kitschverliebte Vegetarier!) ... warum sollte Herr Bach auf Tropenhelme verzichten, nur weil ich die albern finde?

Warum also können wir die lesbischen Tauschmütter auf RTLII, die schrillen Fummeltrinen im Promidinner und alle anderen, die ihr Privatleben gern veröffentlichen möchten, nicht einfach machen lassen?
Wo liegt das Problem?

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 04.Jul.2009 - 18:16
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Sägefisch
Beitrag 04.Jul.2009 - 16:19
Beitrag #11


Schlaudegen.
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Problem ist ein bisschen viel gesagt.

Mir fällt einfach manchmal auf, dass eine Normalität eingefordert wird die nach aussen hin aber konsequent durchbrochen wird, so als ob man sich nicht zwischen Umarmung und Abgrenzung entscheiden kann. Klischees werden entrüstet zurückgewiesen und dann wieder selbst lustvoll bedient. Wie ein echter Dialog kommt mir das nicht vor.

Und ja, manchmal fühle ich mich da mitgehangen. Weniger in Form eines Vorwurfes, sondern als eine gewisse Ratlosigkeit.

Aber vielleicht ist das auch ganz normal wenn man einer Minderheit angehört.
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LadyGodiva
Beitrag 04.Jul.2009 - 17:05
Beitrag #12


Strøse
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Stereotypen haben unter anderem die Funktion, einen Zustand der "kognitiven Ökonomie" zu gewährleisten - da ich jedem Menschen von Natur aus einen genüsslichen Hang zur (intellektuellen) Faulheit unterstelle, habe ich auch Respekt vor der Karikierung bestimmter "Personengruppen", vor allem dann, wenn es sich um gesellschaftlich eher vorbehaltvoll betrachtete Sprengel dreht. Und auch, wenn es sich vermeindlich dabei um eine Form von Ironie (warum?) oder Freude am alter ego handeln mag und von der Gruppe selbst sogar instrumentiert wird, mit welchen Ziel auch immer.

Ja, ich fühle mich nicht nur nicht-repräsentiert, wenn ein CSD plärrt "Unsere Freiheit hat Geschichte", sondern tatsächlich auch ein bißchen betroffen, wie wenig Bezug zu, ja: Einfühlungsvermögen für die tatsächlich von der "Geschichte" Betroffenen diese Feier repräsentiert. Auch, wenn es nicht einmal "meine" lesbische Geschichte betrifft.
Oder wenn Forderungen nach Gleichstellung der ELP in der Bilderflut eines exzessiv-feierndens Tross' untergehen.

Was wird denn in der Nüchternheit benötigt?
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Sägefisch
Beitrag 04.Jul.2009 - 17:11
Beitrag #13


Schlaudegen.
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Ich würde es nicht an "benötigen" fest machen.

Aber es bleibt die Frage, wo andere Eindrücke herkommen können und wie man sie transportiert.
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LadyGodiva
Beitrag 04.Jul.2009 - 17:20
Beitrag #14


Strøse
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Für mich ist der CSD schon der "Ausdruckstanz" einer sehr heterogenen Szene, die sich offensichtlich Jahr für Jahr weitet.
Und ist, so lange Homosexuelle sogar noch hierzulande Benachteiligung erfahren, nach wie vor von konkreter Bedeutung für deren gesellschaftliche Akzeptanz. Für mich haben solche "Gedenktage" gerade dann die Funktion, endlich anzubringen, was konkret zur vollen Akzeptanz fehlt, angefangen bei dem, was am leichtesten zu verändern geht: Gleich-Berechtigung.

Ja, und irgendwie macht mich das ganz spießig-verschnupft, wenn ich sehe, wie sich die Szene tatsächlich selbst präsentieren mag - wenn schon 'mal sichtbar.

Der Beitrag wurde von LadyGodiva bearbeitet: 04.Jul.2009 - 17:23
Bearbeitungsgrund: der-die-das
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shark
Beitrag 04.Jul.2009 - 17:26
Beitrag #15


Strösenschusselhai
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ZITAT(Sägefisch @ 04.Jul.2009 - 18:11) *
Ich würde es nicht an "benötigen" fest machen.

Aber es bleibt die Frage, wo andere Eindrücke herkommen können und wie man sie transportiert.


Genau diese Frage habe ich aus meiner Sicht weiter oben beantwortet.

Jede einzelne Lesbe hinterlässt einen "Eindruck" - je mehr out sind, desto vielfältiger der Eindruck, desto weniger Schublade.


shark


ZITAT(LadyGodiva @ 04.Jul.2009 - 18:20) *
Für mich ist der CSD schon der "Ausdruckstanz" einer sehr heterogenen Szene, die sich offensichtlich Jahr für Jahr weitet.
Und ist, so lange Homosexuelle sogar noch hierzulande Benachteiligung erfahren, nach wie vor von konkreter Bedeutung für deren gesellschaftliche Akzeptanz. Für mich haben solche "Gedenktage" gerade dann die Funktion, endlich anzubringen, was konkret zur vollen Akzeptanz fehlt, angefangen bei dem, was am leichtesten zu verändern geht: Gleich-Berechtigung.

Ja, und irgendwie macht mich das ganz spießig-verschnupft, wenn ich sehe, wie sich die Szene tatsächlich selbst präsentieren mag - wenn schon 'mal sichtbar.


Aber es ist doch nicht so, dass ausschliesslich die CSD-Parade homosexuelles Leben sichtbar machte. Was ist mit den Kundgebungen, was ist mit dem restlichen, teilweise wirklich vielfältigen Rahmenprogramm, was ist mit dem lesbischen Alltagsleben unterm Jahr?

Alles zusammen ist in der Lage, "Eindruck" zu machen. Einen bunten. So wie das Leben ist.
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LadyGodiva
Beitrag 04.Jul.2009 - 17:32
Beitrag #16


Strøse
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Was kommt denn im Gelsenkirchener Barock vom "Rest" an?
Ein: "Aber du bist ja gar nicht so...?

(Abgesehen davon, dass in Berlin seit 10 Jahren beispielsweise eine ganz klare Tendenz weg von der inhaltsträchtigeren Szeneveranstaltung zu erkennen ist.)
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shark
Beitrag 04.Jul.2009 - 17:38
Beitrag #17


Strösenschusselhai
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Naja... von Berlin weiss ich nix.
Aber von meinem "Kaff" - und dort juckt die nackte Pracht des CSD, der im TV zu sehen ist, wohl niemanden gross (ausser vielleicht diejenigen, die sowieso nix an ihren Vorurteilen ädern wollen) - die Leute wissen trotzdem, dass "wir" (auch) anders sind. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)
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DerTagAmMeer
Beitrag 04.Jul.2009 - 18:07
Beitrag #18


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ZITAT(LadyGodiva @ 04.Jul.2009 - 18:05) *
Ja, ich fühle mich nicht nur nicht-repräsentiert, wenn ein CSD plärrt "Unsere Freiheit hat Geschichte", sondern tatsächlich auch ein bißchen betroffen, wie wenig Bezug zu, ja: Einfühlungsvermögen für die tatsächlich von der "Geschichte" Betroffenen diese Feier repräsentiert. Auch, wenn es nicht einmal "meine" lesbische Geschichte betrifft. Oder wenn Forderungen nach Gleichstellung der ELP in der Bilderflut eines exzessiv-feierndens Tross' untergehen.

Ich frage mich gerade, ob du von erlebten CSD's mit all ihren kulturellen, politischen und z. T. hochkonservativen Rahmenveranstaltungen sprichst - oder lediglich den halbminütigen Schnippsel meinst, der plakativ genug ist, um in den 20-Uhr-Nachrichten zu landen.
Du hast aber gewiss recht, dass im Gelsenkirchener Barock darüber hinaus nicht viel mehr ankommt. Doch dies Schicksal teilen wir immerhin mit 98% der Wirklichkeit, der es auch nicht gelingt, bis dorthin vorzudringen. Die komplexe Realität von Asylbewerbern, Hochschuldozenten, Flötistinnen und Surflehrern wird in so manchem deutschen Wohnzimmer ewig auf ein Mini-Klischee-Schnippselchen reduziert bleiben. Und das ist schade - weil dem Wohnzimmer so vieles entgeht. Und weil so viele sinnvolle Projekte die Unterstützung der WohnzimmerbewohnerInnen gebrauchen könnten.

Es wird aber nicht besser, wenn wir uns als Schrankwand tarnen, um den Kulturschock für rustikale Eichen gering zu halten.

Ich will damit nicht sagen, dass ich selbst über "Ogottogott-das-geht-ja-gaaar-nichtse" erhaben wäre - gewiss nicht.
Aber wenn mir andere Menschen peinlich werden, verstehe ich es eher als Symptom meiner eigenen Unsicherheit, denn als Defizit anderer Leute.
Und habe damit eigentlich noch nie falsch gelegen, sondern bin auf kürzestem Weg in der Mitte eines Minderwertigkeitsgefühls gelandet.
Und an dem lässt sich trefflich "arbeiten" ... besser jedenfalls als am Horizont der zum Klischee erstarrten Schrankwand.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 04.Jul.2009 - 18:13
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rheinfee
Beitrag 04.Jul.2009 - 19:54
Beitrag #19


Gut durch
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Ich habe die Erfahrung gemacht, das viele Menschen immer noch gegen Leben und Schwule sind.
Was ich mir wünsche:
Viel mehr Toleranz im Umgang mit Homo***uellen und ein CSD in meiner Heimat.
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sonnenstrahl
Beitrag 04.Jul.2009 - 20:01
Beitrag #20


verboden vrucht
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ZITAT(Sägefisch @ 03.Jul.2009 - 11:44) *
erreicht man durch offensive Zurschaustellung privater Lebensbereiche und aggressiver Politrethorik wirklich mehr Selbstverständlichkeit oder klopft man eher den Deckungswall fest? Was muss man mit in Kauf nehmen, wenn man sich diese Form des Stolzes als Aktionsplattform wählt? Womit werden "wir" öffentlich identifiziert wenn die vornehmliche Repräsentation zungenküssende halbnackte Dragqueens und vorwurfsvolle Forderungen an eine nicht näher benannte, anscheinend semifaschistische "Gesellschaft" sind? ... Mir stellt sich ... die Frage, ob es uns für die restlichen 51 Wochen des Jahres weiterbringt, mit einer ins radikale überhängenden Selbstbehauptung identifiziert zu werden, die bestimmte Schamgrenzen vieler überschreitet und sich einer Wortwahl bedient die so tut als wäre der Staat nach wie vor unser repressiver Feind.

Mit leisem Stirnrunzeln stelle ich fest, dass heteronormative Vorabendserien offensichtlich viel unspektakuläreren homosexuellen Beziehungsalltag dargestellt bekommen als unsere selbstgebastelten Grossveranstaltungen, Szenefilme und Forderungskataloge. Wieviel von der Normalität die wir einfordern und postulieren, transportieren wir auch nach aussen?

Ich kann nicht umhin zu denken, dass die Einseitigkeit in der Wahrnehmung letztlich auch Wasser auf die Mühlen der kleinen Alltagshomophobie ist, die nicht so postmoderne Zeitgenossen weniger aus Hass denn aus Verunsicherung und dem Eindruck totaler Demontage weiter pflegen. Muss einem diese Aussenwirkung egal sein damit man eine gute Lesbe ist?

Fühlt Ihr Euch in irgendeiner Form repräsentiert? Durch wen/was und auch: wodurch nicht?


Ich denke, die Wahrnehmung eines jeden Menschen spiegelt immer nur seinen Horizont und damit sein Erleben der Welt.

Daran wird keine stockkonservativ gekleidete, offen lesbisch lebende Oberstaatsanwältin, kein zungenküssender Dragking, keine stachelbehalsbandete, von ihrer peitschenschwingenden Partnerin vorgeführte Masochistin, keine kurzhaarige, frauenliebende Anzugträgerin, kein nettes, "ganz normales" lesbisches Paar von nebenan, keine rülpsende Punklesbe, keine patente, lesbische, glockenrockige Gluckenmutti, keine hemdsärmelige Kfz-Mechanikerinnen-Butch, kein lesbisches Graumäuschen, "das wahrscheinlich bloß Keinen abgekriegt hat", keine extrascharfe, löwenmähnige, rotlippige Lesbenbraut-Braut, die mann auch gerne mal flachlegen würde, kein Klischee, kein Nicht-Klischee und kein CSD je etwas ändern.

Daher ist die alles entscheidende Frage meiner Meinung nach zunächst immer eine persönliche und grundsätzliche: Bin ich/bist du/ist er, sie, es ... überhaupt bereit, den eigenen Horizont zu erweitern? Oder soll sich lieber nichts bewegen - denn es könnte gefährlich sein? Möchte ich den Jetzt-Zustand zementieren? Festhalten, was sich nach Glück anfühlt? (Was etwas ganz Anderes ist, als es zu pflegen!) Stehenbleiben - selbst wenn der Teppich, auf dem ich stehe, aus Fäden der Angst, des Frusts und des Sich-Versteckens gewoben ist?

Daraus ergibt sich dann - und erst dann, nämlich wenn o.g. Frage mit "Ja!" oder zumindest mit "zum Teil" beantwortet wird - ein wunderbarer Anknüpfungspunkt für Alle, die sich Veränderungen im Außen wünschen (welche selbstverständlich immer vor der eigenen Haustür anfangen und im Wohnstübchen weitergehen möchten, wenn es sich nicht bloß um dumpf-murrende Abwälzung von Verantwortung handeln soll. Ein veränderungsbereiter Horizont sehnt sich nach Ideen, Möglichkeiten, Perspektiven, Verlockung, Verführung. Und nach Vielfalt: Was von all dem lässt meine Seele aufhorchen? Wo zieht es mich - jetzt, heute - im Besonderen hin? Wo mag ich hinhorchen? Wohin möchte ich meinen nächsten Schritt setzen? Wo möchte ich verweilen?):

Je mehr Wirklichkeit sichtbar wird, desto größer ist die Chance, dass festgefahrene Weltbilder ins Wackeln geraten. Das kann schockierend sein und zum panischen Gegensteuern veranlassen. Es kann aber auch einfach Licht in unsere Köpfe bringen: Whow! Sowas gibt´s !?! Na, wenn die da blanke Ärs.he und Brustpierc.ngs zeigen können, dann kann ich doch vielleicht auch mal ein bisschen aus dem altgewohnten Rahmen fallen. Ein bisschen nur. Und mit der neugewonnenen kleinen Freiheit und entspannteren Geistes kann ich dann doch auch endlich mal der lesbischen Briefträgerin zulächeln.

Er: "Eigentlich ist die doch echt sympathisch, unsere lesbische Postfrau ... oder Hildchen?" *streich Hildchen über´n Po* "Ach, du *kiss* ... *stups* dass wir beiden uns auf unsere alten Tage noch getraut haben, unsere Dusche mit Spiegelkacheln zu versehen ... *zwinker*" ...

Sie: *schmieg* "Ja, Bärchen ... *kiss* ... und was ich dir schon lange sagen wollte: Unsere kleine Schnuffelmaus ist auch so eine ... *nach seiner Hand greif* ... Lesbe. Und ihre Freundin ist ganz ´ne nette, du." ....

Er: "Nee. Echt? Du, das hab ich mir schon lange gedacht. *kuschel* ... Na denn, wo die Liebe hinfällt ... Woll´n wir duschen gehen, Hildchen?" (Vorhang).





(IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 04.Jul.2009 - 20:03
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