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> Psychotherapie - das Allheilmittel?, ..wann geht's auch ohne?
Leila
Beitrag 23.Sep.2005 - 12:02
Beitrag #1


Fürstin Pückler
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Hallo an Alle,

mich erschreckt es eigentlich schon fast, wie schnell hier immer wieder (Psycho)-Therapien empfohlen werden.
Ich bin überhaupt nicht dagegen eingestellt, bin sehr wohl davon überzeugt, dass es oft sehr hilfreich sein kann und vielleicht auch oft nicht ohne geht.
Es gibt Eindrücke, Erlebnisse, Momentaufnahmen, deren man sich alleine nicht bewusst wird oder die man alleine nicht verarbeiten kann. Alles Umstände, die Hilfe von aussen nötig machen.

Aber oft hat es für mich auch den Beigeschmack von Verantwortung-abgeben, nicht-selbst-für-meine-Probleme-verantwortlich-sein, Schuldige-suchen.

Es gibt doch auch sowas wie Selbstheilungskräfte, Selbstreflektion, oder auch einfach nur Freunde, Familienmitglieder, die schon hilfreich dabei sein können, sich selber zu spiegeln. Das sind doch Kräfte, die es erstmal zu mobilisieren gilt - meine ich.

Was ist eure Meinung dazu??
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alba
Beitrag 23.Sep.2005 - 12:06
Beitrag #2


Gut durch
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M.E. basieren viel Psychotherapien auf Eigeninitiative, Eigenverantwortung und der eigenen Entscheidung damit zu beginnen. Das hat wenig mit Verantwortung abgeben zu tun, viel mehr mit Verantwortung für sich und sein handeln übernehmen..
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Gattina
Beitrag 23.Sep.2005 - 12:11
Beitrag #3


sensible Wildkatze im Porzellanladen
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Du hast schon recht, das einem bei vielen Dingen Gespräche mit Freunden und/oder Familie weiterhelfen können.
Doch ich denke, es gibt einfach auch Dinge, bei denen man den Anstoß eines fremden, unparteiischen Menschen benötigt, der mit all dem nichts zu tunhat, die Menschen, die vielleicht damit zu tun haben nicht kennt.

edit: *Albas Ausführungen ergänzend zustimmt*

Der Beitrag wurde von Gattina bearbeitet: 23.Sep.2005 - 12:12
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Leila
Beitrag 23.Sep.2005 - 12:29
Beitrag #4


Fürstin Pückler
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Nun - ich hab' ja in meinem Beitrag beschrieben, dass es mir nicht um das grundsätzliche In-Frage-stellen von Therapien geht und ich sehe natürlich auch die damit verbundene Eigenverantwortung.

Es geht mir mehr um die 'Auswüchse', die Situationen oder Umstände, denen ganz schnell der Mantel 'Therapie' übergeworfen wird, ohne erstmal über möglihe Alternativen nachzudenken.

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Leila
Beitrag 23.Sep.2005 - 12:45
Beitrag #5


Fürstin Pückler
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QUOTE (Leila @ 23.Sep.2005 - 13:02)
Aber oft hat es für mich auch den Beigeschmack von Verantwortung-abgeben, nicht-selbst-für-meine-Probleme-verantwortlich-sein, Schuldige-suchen.


Damit meinte ich übrigens nicht nur die Person, der die Therapie empfohlen wird, es können durchaus auch die Empfehlenden sein.
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Diana
Beitrag 23.Sep.2005 - 12:51
Beitrag #6


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Ich glaube, dass Psychotherapie nach wie vor ein schlechtes Image hat. Das sind schwache Menschen, die mit sich und der Welt nicht zurechtkommen, die "sowas" brauchen. Früher sagte man, dass die nicht "ganz richtig im Kopf" sind. Solche Sprüche sind heute natürlich verpönt, aber das Denken dahinter, das ist noch da.

Ein Mensch, der ganz selbstverständlich einen Handwerker ruft, wenn das Wasser aus der Wand läuft und zum Arzt geht, wenn er Schmerzen hat, weist den Gedanken an Psychotherapie weit von sich. Und doch ist der Gang zum Therapeuten nichts anderes, als sich Hilfe und Unterstützung holen von gut ausgebildeten, kompetenten Menschen.
Sicher kann man sich von Fall zu Fall entscheiden, alleine klarzukommen, aber man sollte keine Zeit und Energie verschwenden, indem man zu spät oder gar nicht um Hilfe ersucht. Das ist kein Zeichen von Schwäche oder Inkompetenz, das ist in manchen Lebenssituationen die einzige verantwortungsvolle und kluge Entscheidung.

Eine große Hürde, die es zu überwinden gilt, ist die Suche nach dem richtigen Therapeuten. Das kann zeitaufwändig und mühsam sein. Leider wird viel Hokuspokus betrieben und man muss sehr genau hinschauen, wem man sich anvertrauen will. Das ist aber nicht unähnlich der Suche nach dem richtigen Arzt. Hier gibt es zwar einheitliche Qualitätsstandards, zumindest was die Basis der Behandlung betrifft, aber sobald es differenzierter wird, muss man auch hier manchmal ein Weilchen suchen, bis sich der/die Richtige findet.
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Leila
Beitrag 23.Sep.2005 - 13:29
Beitrag #7


Fürstin Pückler
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Hallo Diana

Du hast ja in allem Recht, was Du schreibst, aber es ist nicht wirklich das, worum es mir geht.

Ich selber komme auch immer mal wieder an den Punkt, wo mir professionelle Hilfe beim 'Weiterkommen' sehr gut tun würde. Es ist bisher immer daran gescheitert, dass Termine erst in weiter Ferne zu Verfügung standen, ich sie aber in der akuten Situation gebraucht hätte, oder es eben auch das falsche Gegenüber war.
In der ganzen Zeit glaube ich aber, eine ganze Menge über mich durch Selbstreflektion, Selbstkritik, Selbstbeobachtung gelernt zu haben, Konsequenzen daraus zu ziehen und es umzusetzen dauert halt etwas länger, aber das wäre auch bei einer Therapie nicht anders.
Das schreibe ich nur, um nochmal aufzuzeigen, dass ich keine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber 'Therapien' habe.
Auch glaube ich, dass unsere 'überzivilisierte' Welt viel mehr Bedarf an psychicher Hilfe produziert als noch zu anderen Zeiten oder in anderen Kulturen.

Mir geht's aber nicht um die grundsätzliche Notwendigkeit und den Umgang damit, sondern um die - für mein Empfinden - übertriebene Flucht in und Empfehlung zu Therapien.

Bin ich die Einzige, die das so emfindet?
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Bilana
Beitrag 23.Sep.2005 - 13:52
Beitrag #8


Capparis spinosa
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QUOTE (Leila @ 23.Sep.2005 - 13:29)


Bin ich die Einzige, die das so emfindet?

Bist du sicher nicht.
Ich empfinde wie du und kann vieles auch nicht nachvollziehen.
Aber ich weiß auch, dass man manchmal "externe Hilfe" braucht und sei es nur ein offenes Ohr, das halt nicht aus der Partnerschaft oder dem Freundeskreis kommt.
Aber da gibt es auch noch andere Möglichkeiten. Gesprächsgruppen, Menschen die ähnliches Erlebt haben.
Manchmal denke ich auch, es ist eine Flucht vor der eigenen Verantwortung mit sich selbst und die Flucht der Umwelt. Schieben wir einen Menschen in eine Therapie ab, haben wir ja unsere Schuldigkeit getan und brauchen uns nicht slebst damit abmühen. Aber ich will das nicht verurteilen, vielleicht geht es heute nicht mehr anders, wo Familie und Freunde eingespannt/überfordert sind in Beruf und Familie.

Ob unsere Welt überzivilisiert ist und mehr therapiebedarf produziert denke ich eher nicht. Es ist doch viel mehr so, das nun endlich Tabus aufbrechen.

Nach 9/11 war die Traumatisierung der Augenzeugen und Helfer in aller Munde und es wurde ihnen Hilfe zur Seite gestellt. Selbst in Deutshcland gehört psychologische Betreuung für Feuerwehr, Polizei und Armee im Auslandseinsatz zur Regel (was nicht heißt, das die Angebote an breiter Front wargenommen werden).
Und wie war es früher? Spricht irgend jemand von den persönlichen Traumatas des 2. Wk.?
Nur weil jetzt darüber gesprochen wird und früher nicht, heißt es ja nicht das die Problem nicht auch schon da waren.
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Diana
Beitrag 23.Sep.2005 - 14:00
Beitrag #9


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@Leila

Vielleicht ist das, was Du beschreibst, einfach die Kehrseite der Medaille.
So wie es nach wie vor viele Menschen gibt, die sich viel zu lange plagen und ihre Scheu, nach Hilfe zu suchen, nicht überwinden können, weil sie nicht gelernt haben, Unterstützung anzunehmen oder weil die öffentliche Meinung nach wie vor einen Makel darin sieht, gibt es sicherlich auch die, die ihre Eigenverantwortung nicht wahrnehmen können oder wollen.
Wahrscheinlich gibt es auch deshalb so viel Hokuspokus auf diesem Gebiet, weil es eben doch zu verführerisch ist, auf allerlei Psychoaktionismus auszuweichen anstatt sich seinen Problemen ernsthaft und wahrhaftig zu stellen, was immer mühsam und unangenehm ist.
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Leila
Beitrag 23.Sep.2005 - 18:42
Beitrag #10


Fürstin Pückler
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Danke ihr Beiden,

nicht weil ihr mir in manchen Punkten zustimmt, sondern weil ich jetzt weiss, dass mein Anliegen verstanden wurde.

Bilana
QUOTE
Aber da gibt es auch noch andere Möglichkeiten. Gesprächsgruppen, Menschen die ähnliches Erlebt haben.


..ja genau - oder eben dieses Forum B) .

Das finde ich zum Beispiel wirklich eine gute Möglichkeit von Meinung einholen, verschiedene Standpunkte zu hören oder zu lesen, das selbst beschriebene von anderen spiegeln zu lassen und daraus versuchen, mich selber zu verstehen. Das erfordert natürlich meinen Willen, mich aktiv mit mir selber auseinanderzusetzen und ja...

Diana
QUOTE
sich seinen Problemen ernsthaft und wahrhaftig zu stellen, was immer mühsam und unangenehm ist.


Umgekehrt verlangt es auch von mir den Willen und die Verantwortung, mich mit der/dem Anderen möglichst objektiv, emotionslos und konstruktiv auseinanderzusetzen.
Wenn ich dazu nicht in der Lage bin, weil ich keine Ahnung vom Thema habe, oder weil ich merke, dass in mir Emotionen hochkommen, für die der/die andere nichts kann, oder warum auch immer, halte ich mich einfach zurück.

Bilana
QUOTE
Schieben wir einen Menschen in eine Therapie ab, haben wir ja unsere Schuldigkeit getan und brauchen uns nicht slebst damit abmühen.


Ja genau das und Was Du - Diana- als 'Kehrseite der Medaille' beschreibst, ist mit Sicherheit zutreffend.

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marietta
Beitrag 23.Sep.2005 - 18:53
Beitrag #11


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QUOTE (Leila @ 23.Sep.2005 - 13:02)

Aber oft hat es für mich auch den Beigeschmack von Verantwortung-abgeben, nicht-selbst-für-meine-Probleme-verantwortlich-sein, Schuldige-suchen.


Psychotherapie ist das genaue Gegenteil von "Verantwortung abgeben" - falls (und davon gehe ich aus) die Therapeutin verantwortungsbewußt und kompetent ist.

Innerhalb einer Therapie lernt Du ja gerade, verantwortungsbewusst mit Dir selbst umzugehen, Du lernst, alte Verhaltensmuster, die Dich fremd bestimmten, zu reflektieren und abzulegen, besser für Dich zu sorgen....

Das Ziel von Psychotherapie ist, den Menschen zu einem selbstbestimmten, zufriedenen Wesen zu machen.
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shark
Beitrag 23.Sep.2005 - 19:11
Beitrag #12


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Eine Psychotherapie ist nichts anderes als ein unterstütztes Lernen; ein Gehalten-Werden, während man sich seinen persönlichen Abgründen nähert...

Würdest Du, Leila, es auch "übel vermerken", wenn die Tendenz bestünde, Menschen den Besuch eines Zahnarztes anzuraten, wenn sie Schmerzen im Mund haben?
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rowan
Beitrag 23.Sep.2005 - 19:22
Beitrag #13


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alba, marietta und shark zustimme.
therapie ist keine abgabe von verantwortung sondern das erkennen, das man hilfe benötigt um verantwortungsvoll mit sich umzugehen.

was die traumatisierten des 2. wk zb. anbelangt, sicher wurde darüber nicht grossartig geredet, die psychologie war auch noch nicht so weit. aber ich bin davon überzeugt, dass es vielen menschen damals besser ergangen wäre nach dem krieg, wenn die möglichkeit einer adäquaten traumatherapie gegeben hätte. physisch erkrankt, da ist es vollkommen okay, sich hilfe zu holen. wenn einer zur krebsvorsorge geht gibt er auch keine verantwortung ab sondern trägt verantwortung für sich selber. wenn ich mir hilfe hole, weil meine seele krank ist um wieder zu gesunden, dann gebe ich keine verantwortung ab sondern gehe verantwortungsvoll mit mir um.

sicher, ich kann beim kleinsten räuspern zum arzt gehen, könnte ja eine erkältung sein. so ist es auch bei psychischen dingen. aber im grossen und ganzen haben die leute, die therapie machen wirklich arge probleme und schwierigkeiten, krankheitsbilder wobei ein laie nicht helfen kann. oder würde einer von euch einen entzündeten blinddarm ausoperieren?
wenn man psychisch erkrankte alleine mit zuhören und für sie da sein helfen könnte ausreichend, dann bräuchten psychologen und psychiater wohl kaum studieren. wofür auch?

und wenn ein mensch schwer suizidal ist, sein leben gefährdet ist. wer trägt mehr verantwortung für sich selber? derjenige, der erkennt, er benötigt fachliche hilfe oder derjenige, der vom hochhaus springt?
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Leila
Beitrag 23.Sep.2005 - 19:28
Beitrag #14


Fürstin Pückler
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QUOTE (marietta @ 23.Sep.2005 - 19:53)
Das Ziel von Psychotherapie ist, den Menschen zu einem selbstbestimmten, zufriedenen Wesen zu machen.

Auch dem widerspreche ich ja gar nicht, Marietta, aber geht sowas denn nur mit Psychotherapie?

Können nur Menschen, die in einer Therapie waren, selbsbestimmt und zufrieden sein?

Es gibt doch auch bei den physichen Gebrechen solche, die nicht direkt operiert werden müssen, sondern einfach nur Bettruhe, Kamillentee und Zeit brauchen.

@shark
Hm... hast Du auch meine weiteren Beiträge gelesen - oder nur den ersten? Dann könnte ich Deinen Einwand evtl noch verstehen
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shark
Beitrag 23.Sep.2005 - 19:38
Beitrag #15


Strösenschusselhai
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Ja, ich habe den ganzen Thread verfolgt. Ich verstehe, dass Du meinst, dass Menschen erst einmal wieder auf sich selbst, die eigenen Fähigkeiten und auch Selbstheilungskräfte vertrauen könnten. Dennoch: der Weg in die Psychotherapie IST ein Weg zur Dir selbst; die Entscheidung dafür IST die Übernahme der Eigenverantwortung...Letztendlich löst ja nicht die Therapeutin/der Therapeut Dein Problem, sondern Du selbst...

Darüberhinaus finde ich es sinnvoll, jemandem zur Therapie zu raten, wenn man zum Beispiel als Angehörige (allein mit dem betreffenden Menschen oder in der Familie) in der Situation überfordert ist. Es nicht zu tun, könnte bedeuten, dass das soziale Gefüge enorm belastet würde und sich weitere Schwierigkeiten (Co-Abhängigkeit auf beinah jedem Gebiet) einstellen könnten.

Wegen jeder schlechten Laune, jedem kleinen Kummer geht niemand, den ich kenne, zur Therapeutin/zum Therapeuten, ebenso wie mir niemand bekannt ist, der das in solchen Fällen anraten würde.

Hingegen empfinde ich die größer werdende Öffnung in Richtung Psychotherapie (in all ihren Formen) als Chance, auch psychische Probleme nicht mehr als großes, verheimlichtes Tabu, sondern als tatsächlich Vorhandenes/Mögliches anzusehen und natürlicher damit umzugehen.
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shark
Beitrag 23.Sep.2005 - 19:45
Beitrag #16


Strösenschusselhai
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QUOTE (Leila @ 23.Sep.2005 - 19:42)

Umgekehrt verlangt es auch von mir den Willen und die Verantwortung, mich mit der/dem Anderen möglichst objektiv, emotionslos und konstruktiv auseinanderzusetzen.
Wenn ich dazu nicht in der Lage bin, weil ich keine Ahnung vom Thema habe, oder weil ich merke, dass in mir Emotionen hochkommen, für die der/die andere nichts kann, oder warum auch immer, halte ich mich einfach zurück.


Ich will mich nicht "emotionslos" mit der Persönlichkeit anderer (oder gar meiner eigenen) auseinandersetzen. Das kommt für mich und mein Lebensgefühl überhaupt nicht infrage und ich finde es überdies unnatürlich, da ich immer in Beziehung zu dem stehe, was ich höre, sehe oder erlebe....Und manchmal ist es - gerade wenn es einem selbst nicht gut geht - auch fast unmöglich, sich "zurückzuhalten"; äußerlich vielleicht schon, innerlich jedoch kaum.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 23.Sep.2005 - 19:47
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Bilana
Beitrag 23.Sep.2005 - 19:54
Beitrag #17


Capparis spinosa
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QUOTE
was die traumatisierten des 2. wk zb. anbelangt, sicher wurde darüber nicht grossartig geredet, die psychologie war auch noch nicht so weit. aber ich bin davon überzeugt, dass es vielen menschen damals besser ergangen wäre nach dem krieg, wenn die möglichkeit einer adäquaten traumatherapie gegeben hätte. physisch erkrankt, da ist es vollkommen okay, sich hilfe zu holen.


Genau das meine ich. Die Probleme sind die gleichen geblieben, nur Tabus wurden, dem Himmel sei dank teilwesie gebrochen.

Aber: Trotzdem kommt es mir hin und wieder so vor als sei die Therapie "überbenutzt", um es mal so zu sagen. Als würden Probleme erst herbeitherapiert. Ich sage das weil, ich mal zu einer neurologischen Fachärztin musste, wegen eines organischen/neurologischen Problems, nichts schlimmes. Die hat mich gleich zum Psychofall erklärt. Weil es modern ist, weil jedes kleine Problem zu einem großen. lebensumspannenden gemacht wird?

@Leila: Ich meine nicht einmal das Forum. Aber es gibt doch informelle Gesprächgruppen, Anlaufstellen zu allem möglichen. Man kann sein Herz ausschütten und weis, fühlt man wird verstanden. Man kann selbst Verständnis und Trost spenden, anderen die gleiches erlebt haben. Das heilt auch selbst. So kann man es schaffen mit sich und dem Problem ins reine zu kommen. Damit normal zu leben.

Ich sehe die Therapie im Trend einer Gesellschaft, die keine Fehler zulässt. Die nur Gewinner kennt. In der man funktionieren muss. und es gibt nur wenige Bereiche, wo diese Denkweise bisher aufgebrochen wurde.
Die Gesellschaft, die Familie, Freundeskreis kann oder will nicht mir den wirklichen Problemen umgehen. Fühlt sich selbst nicht gewachsen.


(Natürlich gibt es Situationen wo ganz professionelle Hilfe her muss, das steht außer Frage. Aber wirklich immer? In all den Fällen?)
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marietta
Beitrag 23.Sep.2005 - 19:56
Beitrag #18


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QUOTE (Leila @ 23.Sep.2005 - 20:28)
QUOTE (marietta @ 23.Sep.2005 - 19:53)
Das Ziel von Psychotherapie ist, den Menschen zu einem selbstbestimmten, zufriedenen Wesen zu machen.

Auch dem widerspreche ich ja gar nicht, Marietta, aber geht sowas denn nur mit Psychotherapie?

Können nur Menschen, die in einer Therapie waren, selbsbestimmt und zufrieden sein?

Habe ich das gesagt? :gruebel:

Natürlich kannst Du auch Dinge bei Dir selbst ändern ohne Psychotherapie. Ich selbst habe 4 Jahre lang an Panikattacken gelitten. Das war teilweise so schlimm, dass ich nur noch unter größter Mühe die Wohnung verlassen mochte.

Fertig geworden mit den Symptomen bin ich selbst, alleine durch Lesen von Selbsthilfe-Büchern und durch Webseiten. Das hat mir so weit geholfen, dass ich mir im Akutfall selbst helfen konnte.

Aber die Ursachen habe ich erst jetzt, so nach und nach, mit Hilfe meiner Therapeutin heraus gefunden.

Und die Traumata meiner Kindheit könnte ich nie und nimmer ohne ihre fachkundige Unterstützung aufarbeiten. :(
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Leila
Beitrag 23.Sep.2005 - 20:11
Beitrag #19


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QUOTE (Bilana @ 23.Sep.2005 - 20:54)
@Leila: Ich meine nicht einmal das Forum. Aber es gibt doch informelle Gesprächgruppen, Anlaufstellen zu allem möglichen.

Ja - das habe ich auch so verstanden, und ich wollte es auch nur als eine Möglichkeit von vielen benennen. Manchmal hat ja auch das anonyme seine Vorteile.

QUOTE
Ich sehe die Therapie im Trend einer Gesellschaft, die keine Fehler zulässt. Die nur Gewinner kennt. In der man funktionieren muss.


Genau das ging mir soeben durch den Kopf - Probleme hat man nicht zu haben, und wenn, dann können sie nur psychicher Natur sei - also: Therapie.

Nein - das Leben ist ständige Auseinandesetzung, mit sich und anderen und manche - wohl bemerkt! - nicht alle! - Dinge brauchen einfach nur Zeit, guten Willen und einen gesunden Menschenverstand um sie zu bewältigen.


P.S. nach soviel Diskussion am heutigen Tage, muss ich jetz mal meine 'Kehle anfeuchten' gehen :P
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rowan
Beitrag 23.Sep.2005 - 20:31
Beitrag #20


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QUOTE (Bilana @ 23.Sep.2005 - 20:54)
Genau das meine ich. Die Probleme sind die gleichen geblieben, nur Tabus wurden, dem Himmel sei dank teilwesie gebrochen.

Aber: Trotzdem kommt es mir hin und wieder so vor als sei die Therapie "überbenutzt", um es mal so zu sagen. Als würden Probleme erst herbeitherapiert. Ich sage das weil, ich mal zu einer neurologischen Fachärztin musste, wegen eines organischen/neurologischen Problems, nichts schlimmes. Die hat mich gleich zum Psychofall erklärt. Weil es modern ist, weil jedes kleine Problem zu einem großen. lebensumspannenden gemacht wird?

@Leila: Ich meine nicht einmal das Forum. Aber es gibt doch informelle Gesprächgruppen, Anlaufstellen zu allem möglichen. Man kann sein Herz ausschütten und weis, fühlt man wird verstanden. Man kann selbst Verständnis und Trost spenden, anderen die gleiches erlebt haben. Das heilt auch selbst. So kann man es schaffen mit sich und dem Problem ins reine zu kommen. Damit normal zu leben.

Ich sehe die Therapie im Trend einer Gesellschaft, die keine Fehler zulässt. Die nur Gewinner kennt. In der man funktionieren muss. und es gibt nur wenige Bereiche, wo diese Denkweise bisher aufgebrochen wurde.
Die Gesellschaft, die Familie, Freundeskreis kann oder will nicht mir den wirklichen Problemen umgehen. Fühlt sich selbst nicht gewachsen.


(Natürlich gibt es Situationen wo ganz professionelle Hilfe her muss, das steht außer Frage. Aber wirklich immer? In all den Fällen?)

sicher, es wird immer menschen geben, die beim kleinsten räuspern zum arzt rennen, weil sie ja so krank sind. so wird es auch menschen geben, die wegen einer für uns kleinigkeit zum psychiater rennen. auch gibt es ärzte die aus einem räuspern ein tamtam machen, als wäre derjenige an einer tödlich endenden krankheit erkrankt und psychologen/psychiater, die aus einem miesen tag (den wohl jeder mal hat) eine schwere depression oder sonst was machen.

aber der grösste teil geht zum arzt (ob nun aus psychischen oder physischen gründen) weil sie wirklich hilfe benötigen. und ein guter mediziner, psychiater oder psychologe wird auch verantwortungsvoll mit der jeweiligen problematik umgehen und nicht aus einer mücke einen elefanten machen. ich denke, das ist nicht das alleinige problem der psychologie, das das seelische überbewertet wird oder so, ich denke, das gibt es in jedem bereich, das halt aus einer mücke ein elefant gemacht wird. aber ich habe nicht den eindruck, dass es auf der psychischen ebene verhäuft auftritt im vergleich zu anderen ebenen.

weiter stelle ich mir die frage, wenn ein mensch der meinung ist, sein problem oder was auch immer ist so gross wie ein elefant, auch wenn ich persönlich denke es ist eine mücke (um bei diesen vergleich zu bleiben), dann frage ich mich, wer verantwortungsloser ist. derjenige, der sich hilfe holt oder ich, die verurteilt, weil das ist ja nur eine kleinigkeit für mich, worunter die person leidet. was sich für mich als grosses problem darstellt kann für jemanden anderes eine kleinigkeit sein und umgekehrt. der eine leidet stark wenn ihm der kopf weh tut, andere leiden eher, wenn ihnen der rücken schmerzt. ist das subjektive empfinden falsch oder übertrieben nur weil man selber diese dinge leichter wegsteckt?

ansonsten frage ich mich echt, wer sich freiwillig auf die anstrengende arbeit einer therapie einlässt. therapie kann verdammt hart sein, kostet unter umständen viele tränen, zeit und geld. ohne grund würde ich mich diesem gewiss nicht aussetzen. therapie ist kein plauderstündchen mit der besten freundin, therapie bedeutet harte arbeit an sich, an seinen problemen.

gruppen finde ich in ordnung, aber ob diese ergänzend genutzt werden zur therapie oder ob man sie alleinig als ausreichend empfindet um seine probleme zu lösen, das sollte jeder für sich selber entscheiden dürfen. ich möchte nicht beurteilen, ob jemand einen anspruch auf therapie hat oder nicht, ich möchte, dass das jeder für sich selber entscheiden kann. im grossen und ganzen denke ich auch, das einigen menschen eine therapie gut tun würde, aber aus falscher scham und angst diese nicht hingehen. irgendwo ist man doch immer verrückt in den augen anderer, wenn sie merken, dass man halt anders ist, dass man psychische probleme hat, wenn man psychopharmaka nimmt und therapie macht. oder gar auf der geschlossenen landet. ich spüre dieses häufig am eigenen leib, ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass sich wirklich viele menschen diesem freiwillig aussetzen. das getuschel der arbeitskollegen, wenn man monatelang nicht auf der arbeit erscheint weil man in der psychiatrie ist zb. oder teilweise die blicke, wenn man aus der therapiepraxis kommt von den leuten, die da gerade zufällig vorbei gehen. oder die irritierten blicke, wenn ich mich von einer sekunde auf die andere völlig anders verhalte.

aber ich mache therapie nicht, um in der gesellschaft zu funktionieren, ich mache therapie um meine lebensqualität zu verbessern. weil es oft einfach nicht auszuhalten ist. ich denke, ich gebe keine verantwortung ab sondern trage verantwortung. ohne professionelle hilfe wäre ich heute nicht mehr hier, da bin ich mir sehr sicher. durch das inanspruchnehmen von hilfe trage ich verantwortung für mich selber. und durch die hilfe lerne ich dieses auch in zukunft ohne professionelle hilfe zu können.

und nun frage ich mich, ob ich zu viel persönliches von mir preis gegeben habe :gruebel:

Der Beitrag wurde von rowan bearbeitet: 23.Sep.2005 - 20:40
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