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Vollansicht: Die Spießigkeit der Lebensmitte
Die gute alte Küche - in neuem Gewand > Allgemeines > Landlesben
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DerTagAmMeer
Ich kann mich noch genau erinnern, wie unglaublich albern ich diese stressigen Putzorgien meiner Mutter fand, wenn Besuch anstand. NIE, niemals nie hätte ich für möglich gehalten, einmal selbst von diesem Virus der perfekten Haushaltsführung infiziert zu werden.
Und eigentlich weiß ich auch gar nicht recht, wie das angefangen hat. Vor 15 Jahren kannte ich mit Ausnahme einer einzigen putzfimmeligen Freundin keine einzige Wohnung und keine WG, in der nicht eine gewisse lebensbedingte Unordnung geherrscht hätte. Mit Büchern auf dem Küchentisch, Klamotten über den Stuhllehnen, Abwasch in der Spüle und Zahnpastasprenkeln auf dem Badspiegel. Mit den Jahren sind die Wohnungen dann ganz unbemerkt aufgeräumter und sauberer geworden, unangemeldete Besuche wurden immer unüblicher, "Gästezimmer", "Gäste-Betten" und "Gäste-Toiletten" wurden angeschafft. Einige Freunde gestanden, dass sie eine Haushaltshilfe beschäftigten, andere entwickelten übermenschliche Fähigkeiten in Sachen Hauswirtschaft, manche fühlten sich ebenso überfordert, machten aber trotzdem weiter mit und zeigten guten Willen.
Seit wir aufs Land gezogen sind, ist diese Entwicklung durch Nachbarschaft und "Laufkundschaft" nicht unwesentlich verstärkt worden.
Mit unverholener Bewunderung sehe ich vis a vie die jahreszeitliche Fensterdeko wechseln, blitzeblanke Bio- Restmüll- und Papiertonnen so pünktlich ein- und ausparken, dass man den Müllkalender nach ihnen stellen könnte, und suche vergeblich nach einem klitzekleinen Löwenzähnchen auf dem lupenreinen Gehwegstück gegenüber.
An das Arbeitspensum derer, die neben Haus und Hof auch noch Kinder, Kühe, Äcker und Hofläden bewirtschaften, mag ich ja gar nicht erst denken.
Und irgendwie gefällt mir diese Entwicklung an mir ganz und gar nicht. Ich habe eigentlich gern Menschen um mich und mag es Freunde zu umsorgen - diese streifenfreie Spülmaschinenperfektion verhagelt mir meine Lust an der Gastfreundschaft allerdings gewaltig. Kennt Ihr das auch oder genießt Ihr es endlich aus dem Chaoten-Alter raus zu sein?
Rettungsengel
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 10:30)
Kennt Ihr das auch oder genießt Ihr es endlich aus dem Chaoten-Alter raus zu sein?

Ich kann dazu nur sagen ich bin mit der Zeit auch immer penibler geworden, aber eine kleine Chaotin bin ich heute immer noch....
Aber ganz ehrlich, ich würde mich auch in keiner Wohnung wohl fühlen die Klinisch rein ist...
Das finde ich dann ungemühtlich und ich hätte Angst irgendetwas dreckig zu machen..

LG
Lucia Brown
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 11:30)
Kennt Ihr das auch oder genießt Ihr es endlich aus dem Chaoten-Alter raus zu sein?

Und wie ich diese Entwicklung kenne. Hier schlängelt sich wohl der Zeitgeist durch alle Haushalte. Ich hatte schon zu WG-Zeiten eine Frau, die für Ordnung und für Sauberkeit sorgte.

Meine jeweiligen Frauen waren es, die meine künstlerische Ordnung zur bürgerlichen Ordnung umwandelten. Seit ich nun meine Wohnung alleine bewohne ist die künstlerische Unordnung wieder eingekehrt und ich fühle mich sehr wohl damit. Es stört nun keine, dass ich eine Woche das Bügelbrett kreativ mitten im Wohnzimmer aufgestellt habe. Nennen wir es die Bügelwoche bei Lucia Brown. Andere haben einen Bügeltag, was soll’s, jede halt in ihrem Rhythmus.

Seit 4 Jahren besitze ich eine Einbauküche und eine Spülmaschine. Zwar genieße ich den Luxus sehr und könnte mir ein Leben ohne Spülmaschine nicht mehr vorstellen. Doch ich vermisse die gemütliche WG-Wohnküche mit selbstgebauten Küchenregal, Omas altem Küchenbüfett, selber abgebeizt und mit Wachs eingelassen und die alte Eckband mit einem riesigem Tisch um dem sich immer viele Freundinnen und Freunde platzierten. Dort wurde gelacht, gestritten, gegessen, gespielt und geschrieben und vieles mehr. Und das alles spontan.

Jetzt wird eingeladen zum: Grillen, Videoabend, Geburtstagen, Weihnachten, Silvester, Kaffeetrinken, Holzschlichten, Spiellabend, Urlaubsbilderanschauen ... usw. Und frau bringt auch selbstverständlich immer was mit: Blümchen oder ne Flasche Wein. Spontane Treffen finden schon noch statt, aber sehr selten.

Ich weiß nicht, warum sich das so geändert hat. Sollte mal eine Umfrage starten.
freedom
hallo dtam,

musste soeben herzlich über deinen beitrag lachen, da ich vor meinem inneren auge die putzaktionen, ja, -orgien meiner mutter sah.
schaute mich in meiner wohnung um und dachte: "hm. wie wirkt das wohl auf jemanden, der zum ersten mal hier reinkommt?"
ich lebe mit meiner fellnase, die sehr sehr haart, da sie den klimawechsel von afrika nach deutschland nicht verpackt hat, alleine.
man könnte mich hundehaar-resistent nennen.
doch jemand, der zum ersten mal die wohnung betritt, wird mit hund und haaren konfrontiert, auch wenn ich jeden tag mindestens einmal sauge.
staub gibt es hier en masse, da ich als raucherin ständig die fenster aufhabe und gerade im sommer der dreck von außen hereinkommt. pollen, staub, feiner sand, alles aufgewirbelt durch den bus, der hier vorbeifährt.
und ich bin - trotz meines mittelalters - nicht gewillt, jeden tag die putzmittelhersteller zu unterstützen und ehrlich gesagt auch zu faul, ständig mit irgendwelchen lappen staubhechelnd durch die wohnung zu wienern.
es liegt hundespielzeug in allen zimmern herum, denn sobald ich es in den dafür vorgesehenen korb getan habe, beginnt meine hündin, es weiträumig - so das denn innerhalb von 50 qm möglich sein sollte - zu verteilen.
so what?
besuch muss also damit leben - zumindest so lange, bis er wieder gen heimat fährt.

streifenfreie spülmaschinenperfektion, wie du es nennst, gibt es bei mir nicht.ich spüle mangels spülmaschine per hand, und das allerdings oft und ausgiebig. allerdings bin ich afrika-kakerlaken-geprägt: etwas ungespült herumstehen zu lassen, verursacht mir unwohlsein, angesichts der tatsache, dass diese netten käferchen dann eine invasion starten könnten. (eigentlich eher nicht, ich weiß)

müll: wird aus eben diesem grunde schnellstens hinausbefördert.

chaoten? mei, ich denke, je mehr man gesehen hat im leben, desto weniger verfrachtet man menschen in die chaoten-schublade. jede so, wie sie mag:-)
wirklichen, tatsächlich gesundheitsschädlichen "dreck" habe ich bisher nur in afrikanischen squattercamps gesehen.
der "deutsche" putzwahn hat schon etwas krankhaftes an sich...

ich lebe nicht im museum, meine wohnung spiegelt "mich". da ich kein ausstellungsstück bin, ist es mal aufgeräumt, mal weniger wink.gif

das wort zum freitag von freedom biggrin.gif




LadyGodiva
Ich beobachte periodische Putzanfälle allenorten:
die einen nehmen Wienern als Mittel gegen PMS, die anderen räumen vor den ersten Zeilen ihrer Diplomarbeit erst viermal ihren Schreibtisch auf.

Es gefällt mir auch an anderen, wenn sie ein gewisses Gespür für Haushaltung offenbaren.

In Prüfungszeiten bin ich ein Superchaot, da ruht der Haushalt nicht nur, da herrscht gepflegtes Laissez-faire, ein äußeres Zeichen meiner inneren Sammlung - oder einfach nur: die Unmöglichkeit der Prioritätenverschiebung. biggrin.gif

Kaum ist die Klausurzeit vorbei, werden die (Altbaudoppel)Fenster geputzt, das Parkett gepflegt, Schränke ausgewischt, Spiegel blitzeblank gemacht, Bücher abgestaubt, die Kaffeemaschine entkalkt, Bettzeug gewaschen,... in diesen zwei Tagen sieht meine Wohnung potenziert schlimmer aus als im Vorfeld, was mir nicht selten den mitleidigen Blick Andersputzender einbringt. Ich putze hinterm Herd (bloß keine Einbauküche!), wische unterm Bett, staube das Geschirr im Schrank ab. Bügeln entspannt.
Wichtig ist der Effekt! Noch wichtiger aber die Katharsis inmitten eines nach Seife duftenden, staubfreien Millieus.
Ich genieße dosierte Ordnung, noch mehr aber Sauberkeit. Das heißt: ich kann mit Bücherstapeln und Papierwust eher leben als mit dem feinflockigen Gefühl unter der Fußsohle, verursacht durch einen fünf Tage nicht geputzten Parkettboden.
Grundsätzlich ist samstags Haushaltstag. Und im normalen Tagesgeschäft ist die Putzerei auch schnell erledigt. Allderdings besitze ich auch eine Spülmaschine, zum Glück.

Irgendwie schaffe ich es auch immer, um mein Chaos herumzuputzen.

Im Lauf der Zeit hat sich eine Vorliebe für Ordnungssysteme (Boxen, Schulbladentrenner, Vorratsdosen,...) eingeschlichen, ein offener Kleiderschrank (girl.gif) tut sein übriges.

Was die Methodik betrifft, bevorzuge ich mein extrem robustes Wischsystem, auf das ich diverse auskochbare (!) Feudelarten spannen kann und das eine umfangreiche Pflegemittelserie im wahrsten Sinne überflüssig macht.

Auch, wenn mir Haushaltsversorgung grundsätzlich Freude macht, werde ich, sobald es mir finanziell irgendwie möglich ist, mir eine Hilfe leisten - für die gröbsten und zeitraubendsten Dinge. Nicht für den "perfekten" Haushalt, der sich ohnehin nie erfolgreich gegen mich verteidigen könnte, sondern um meine später sicher spärlichere Freizeit nicht vorwiegend lappenschwingend zu verbringen und mich dennoch in meinen Wänden wohl zu fühlen.


Gardinen oder Gartenzwerge werde ich vermutlich auch bis auf weiteres nicht haben. cool.gif

MrsM
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 10:30)
Kennt Ihr das auch oder genießt Ihr es endlich aus dem Chaoten-Alter raus zu sein?

Es gibt böse Zungen, die behaupten, ich käme da nie raus tongue.gif ..... und was soll ich sagen??! Das ist auch gut so...

Mittelerweile kann ich gut von mir selbst behaupten... ich bin ein Chaot, ja

Penible Putzaktionen?? Habe ich, glaube ich, das letzte Mal (von Mutern gezwungen) vor nicht ganz 20 Jahren hinter mich gebracht...
Ich lasse gerne etwas rum liegen, Bücher auf dem Tisch, am Bett, Wäsche auf der Stuhllehne, etc.
Bei mir ist es unordentlich, mal mehr, mal weniger.... wenn ich es selbst nicht mehr ertragen kann, räume ich es weg.... aber nicht für irgend jemanden...
Eine geschlossene Arbeitszimmertür tut ihr übriges biggrin.gif ....
zumal die Hundedame in eben diesem Arbeitszimmer ihrem Hobby (Klorollen klauen und zerreissen) nachgeht...

Wenn ich also Besuch bekommen, muss er damit leben, wie ich lebe und da kann es mal passieren, das ich erst ein Stühlchen frei räumen muss. So what?!
Solange es nicht dreckig ist, kann ich mit Unordnung gut leben....

Für das Grobe leiste ich mir snobistischer Weise eine gute Fee, die meine Unordnung ertragen kann und einmal die Woche zu sieht, das es keine 'Überhand' nimmt und geduldig, das Hundespielzeug wieder in eine Ecke legt.... was zur Folge hat, das Tula in Erinnerung gerufen wird, was sie doe Woche über so verteilt hat und damit dann natürlich sofort wieder beginnt.... "oh schau mal Frauchen, mein kleines Seil... das leg' ich dir mal hier hin, ja? Ich geh' mal schauen, was da noch alles so auf dem Haufen liegt" laugh.gif

Also, ich bin wie ich bin und meine Wohnung auch....

Die mütterlich geprägten Putzattacken haben mich wohl in frühen Jahren, dagegen resistent gemacht, auch so zu werden tongue.gif
sonnenstrahl
In meiner kleinen, bunten Wohnung wird gelebt, deswegen herrscht so gut wie immer ein für mich überschaubares Durcheinander. Zumal sie nur 35 qm misst. Ab einer gewissen Chaosgrenze allerdings meldet sich mein Sinn für Ästhetik und Wohlgefühl, und schreit nach einer - meist zeitlich begrenzten - Aufräum-Aktion. So kann z.B. der Wäscheständer im Wohnzimmer mich 3 Tage gar nicht stören. Wenn dann aber noch 4 "an"getragene Jacken, 1 abgeschnittene Jeans vom letzten heissen Tag, 2 T-Shirts und eine Packung Teelichter sich auf der Sofalehne türmen, nebst einem Stapel Fachzeitschriften und einer angefangenen Schnitzerei in ihren Holz-Löckchen auf der Werkbank, dann krieg ich ´nen Rappel. Der Dreh- und Angelpunkt meiner Wohnung ist die Wohnküche. Dort koche, esse, schreibe, klöne, telefoniere ... ich. Entsprechend entstehen Biotope auf meinem Ess- und Wirk-Tisch, die ab und zu gelichtet, sortiert und aufgeräumt werden wollen. An manchen Tagen ist in der Mitte eine Schneise für den oder die Teller, Besteck, und/oder Tassen etc., und rechts und links davon ein Stapel mit Sachen (Papier, Stifte, Kerzen ...) An anderen Tagen wird stilvoll getafelt, und der ganze Plunder wird vorher anderweitig untergebracht.
Edles Geschirr hab ich noch immer nicht. Es ist komplett zusammen gewürfelt, ebenso mein Besteck. Manches vom Trödler, manches vom Flohmarkt, manches neu gekauft. Dazwischen sind einige Lieblingsstücke, z.T. teuer und handgetöpfert oder -geschmiedet.
Viele meiner Möbel sind noch immer die von "damals", als es in Hamburg noch Sperrmüll gab.

Was das Putzen angeht: Ich lasse seit vielen Jahren regelmäßig, über meinen Tauschring, einen Mann bei mir grundreinigen, der das sehr umsichtig und zu meiner Zufriedenheit macht (wenngleich auf seine ganz eigene, komplizierte Art, die mich wahnsinnig machen würde, müsste ich ihm dabei zukucken. Muss ich ja aber nicht biggrin.gif ) Die Fenster müssen bei mir geputzt sein - ich hasse es, wenn die Sonne nicht mehr richtig durch kommt. Die eine oder andere Staubfluse kann ich zeitweilig gut ertragen, ein anderes Mal wisch ich die Ecken und Ränder meines Holz-Fussbodens durch, bevor mein Putzmann das nächste Mal kommt.

Was immer Beachtung findet, sind meine Pflanzen. Sie sind das erste, um was ich mich kümmere, wenn ich morgens aufsteh. "Braucht ihr was zu trinken? Wollt ihr besprüht werden? Soll ich eure Töpfe etwas drehen?"

Auf der allgemeinen Vergleichsskala würde ich mich hausfraulich als angefreakt-unbürgerlich-gemütlich-genussvolles Mittelmaß einstufen.

Besuch ist mir - sofern ich keinen eremitischen (Rest-)Tag habe, was gerne mal vorkommt - , unabhängig vom Aufgeräumtheits-Grad meiner Wohnung willkommen. Wahrscheinlich weil mein Aufräum- und Sauberkeits-Kriterium ist, dass mein Zuhause mir selbst noch behaglich erscheinen muss. Mit diesem Gefühl in mir, kann ich gut jeden darin empfangen, auch Leute, von denen ich weiss, dass sie viel pingeliger sind, als ich.

Es gibt Wohnungen, die ich höchst ungern betrete, und so schnell es geht, fluchtartig wieder verlasse, weil sie mir zu müllig, zu unstrukturiert, zu einfach-nur-funktionell-und-das-hässlich eingerichtet sind. Und bei leeren Tetrapaks, Colaflaschen, Chipstüten und - am allerallerallerschlimmsten - vollen Aschenbechern, die zwischen muffiger Schmutzwäsche überall rumstehen, ist bei mir endgültig Schluss: Da will ich nicht sein.

smile.gif
Polly
Glücklich die Menschen, die es schaffen, in ihrer Wohnung Ordnung zu halten, Übersprungshandlung hin oder her. Ich bin weit entfernt davon und kann mir daher nicht den Luxus gönnen, mich für spießig zu halten. Ich weiß nur, dass das Chaos, das sichtbar Besitz von meinem Leben ergriffen hat, die Vermüllung meiner Wohnung mich langsam zermürben. Wann ich das letzte Mal systematisch aufgeräumt oder auch geputzt habe? Vor vier Jahren etwa.

Seid glücklich mit eurer Putzlust! Es gibt weiß Gott Schlimmeres.

(Im Ernst, ich glaube schon, dass die Lebensräume, in denen man sich bewegt, sehr viel über den inneren Zustand aussagen. Und da ist mir eine dezente, unpenetrante Ordnung und Sauberkeit allemal lieber als überbordender Orientierungsverlust.)
DerTagAmMeer
QUOTE (Lucia Brown @ 18.Jul.2008 - 12:03)
Nennen wir es die Bügelwoche bei Lucia Brown.

So eine Bügelwoche am Meer stell ich mir schön vor. smile.gif

Bisher gehöre ich ja noch zur "Bügel-to-Go-Fraktion" - vielleicht sollte ich mal an einem Zusammenleg-Workshop beim Bund teilnehmen, damit sich so eine Vorratsbügelung auch für mich lohnt.

Darum hängt übrigens auch unsere Fusselbürste direkt neben der Tür. Ich hab keine Ahnung, was für Turboflusensiebe Leute besitzen, die mit Hunden und Katzen zusammen leben und ihren Kleiderschrank dennoch als dauerhaft haarfreie Zone etablieren konnten - bei mir klappt das nicht.

Die Spülerei mag ich ja eigentlich recht gern - sonst hätte ich mich wohl auch nicht jahrelang erfolgreich gegen einen Automaten gewehrt. Und da ich dieses Hobby mit unserem Kater teile (der unverzüglich den Abwasch übernimmt, sobald er einen dreckigen Teller unbeaufsichtigt findet) bleibt zwar nix ungespült stehen, wartet aber zuweilen vergeblich auf fröhliche Abtrockner. Und so kann das wohl einfach nix werden mit der Streifenfreiheit.

QUOTE (Lucia Brown)
Jetzt wird eingeladen zum: Grillen, Videoabend, Geburtstagen, Weihnachten, Silvester, Kaffeetrinken, Holzschlichten, Spiellabend, Urlaubsbilderanschauen ... usw. Und frau bringt auch selbstverständlich immer was mit: Blümchen oder ne Flasche Wein.


Ja!!!!! Und ich habe die dunkle Ahnung, dass da ein Zusammenhang besteht, diese Mottoabende quasi der Wirt waren, der mir dieses Übel eingeschleppt hat. Ein Trojanisches Pferd. Verschwörung!
sonnenstrahl
QUOTE (Polly @ 18.Jul.2008 - 13:36)
Ich weiß nur, dass das Chaos, das sichtbar Besitz von meinem Leben ergriffen hat, die Vermüllung meiner Wohnung mich langsam zermürben.

Schon mal über ein Anti-Messie-Training bzw. eine Messie-Therapie nachgedacht?
freedom
@sonnenstrahl (sorry, habe das zitieren immer noch nicht gelernt, daher auf diesem wege...)
QUOTE
Es gibt Wohnungen, die ich höchst ungern betrete, und so schnell es geht, fluchtartig wieder verlasse, weil sie mir zu müllig, zu unstrukturiert, zu einfach-nur-funktionell-und-das-hässlich eingerichtet sind. Und bei leeren Tetrapaks, Colaflaschen, Chipstüten und - am allerallerallerschlimmsten - vollen Aschenbechern, die zwischen muffiger Schmutzwäsche überall rumstehen, ist bei mir endgültig Schluss: Da will ich nicht sein.


ja, jede entscheidet selbst, wo sie sein möchte und wo sie sich wohl fühlt:-)

stelle mir gerade die frage, wann ich in den letzten jahren fluchtartig den raum, saal, die hütte verlassen habe oder verlassen wollte.
das letzte mal war vor einem jahr, als ich in einem squattercamp mit begleitschutz zu besuch war und ein kleines baby sah. voller fliegen, elendiglich vor sich hinwimmernd, weil die mutter arbeiten war und auch keine kraft mehr hatte, sich um ihr kleines zu kümmern. das baby war schwarz, die fliegen um es herum auch. wolken von fliegen.

will heißen: wir haben es hier wirklich und wahrhaftig richtig gut. volle aschenbecher, schmutzwäsche...kannste knicken. es ist NICHT wichtig.

sicherlich weiß ich, dass wir hier in der ersten welt leben und die standards höher sind.
ich möchte auch kein persönliches "fass" aufmachen @ sonnenstrahl.
diese dinge gehen mir einfach nur durch den kopf.
dieses pingelige typisch deutsche, sauber, sauber, sauber. dieses ekelgefühl, vollen aschenbechern zb gegenüber.
(habe ich auch, bin raucherin und leere diese teile regelmäßigST)
die klischees, denen wir tagtäglich aufsitzen...

somit bin ich beim thema toleranz angelangt: wieviel toleranz habe ich eigentlich meinem gegenüber? was ist schmutzig? dreckig? widerlich?

meine deutschen mitbewohner (4-parteien-haus, also 3 andere parteien, 6 ältere leute) empfinden schon ein paar hundehaare als widerlich, die im hausflur liegen. sie sind rentner, ich bin die einzige "mittelalte" im haus. mein hund ist bisher der einzige hund, der mal ein paar haar läßt. was würden sie tun, wenn ich 2 kinder hätte, die jeden tag mit lehmschuhen durch den flur stapften? und schreien, spielen, kreischen würden?

wie würden SIE sich wohl fühlen, dürften sie mal in die dritte welt schauen?

ups. merke gerade, dass ich DTAMs thread zerkloppe. das möchte ich nicht!!!
es ging ja um sauberkeit und spießertum.
philister findet man überall *lächel*

trotzdem: oberlehrerinnenhaft winke ich mal mit dem staubwedel wink.gif
jaaaa, ich mag es auch sauber und gemütlich.

und bei muttern fühle ich mich besonders wohl - denn sie hat wöchentlich ihre "olga" aus polen, die reinemacht und immer sagt: "hund von freedom sääääähr lieb, aber viel dreckig."

freedom








Lucia Brown
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 13:53)

So eine Bügelwoche am Meer stell ich mir schön vor. smile.gif


Könntest du dies für mich etwas detaillierter ausführen? wink.gif

Ich gehe auch davon aus, dass ein Zusammengang zur "Einbauküchen-Ordnung" und "Themenabenden mit Einladung" besteht. Doch woher kommt das?

Eine These habe ich, die da wäre. So kurz nachdem ich den elterlichen Ordnungswahnsinn entschlüpft war... dort wurde z. B. das Badezimmer mit Sakrotan geputzt... setzte zunächst eine extreme Anti-Haltung auf breiter Ebene ein. Spontanbesuche zu jeder Tages- und Nachtzeit, Bücherregale aus Obstkisten und Secondhand Möbel und Klamotten. Letzteres finde ich heute auch noch schön und erwerbe sie auch noch aus ökologischen Gründen.

Der Freundeskreis wandelte sich: so wurde mit der Frau zusammengezogen, geheiratet, Kinder bekommen, Studium beendet, Ausbildung abgeschlossen, Eltern (weil alt) gepflegt...

... daraus resultieren neue Themenschwerpunkte und Zeiten mit Freunden werden strukturierter. Und nun muß ja auch nicht mehr rebelliert werden.
krewati
Sehr interessantes Thema,
mit Arbeitskollegen habe ich letztens auch darüber gesprochen. Da sagte ich:
Bei mir kannst du ohne Bedenken vom Boden essen, wenn du schneller als mein Hund bist.

Ich denke das sagt alles rolleyes.gif

Saugen bei Bedarf täglich, putzen 1-2mal in der Woche, benutztes Geschirr wird sofort in die Spülmaschine gepackt.
Hundespielsachen/Kuscheltiere,Zettel Stifte stören mich nicht ,auch müssen die Sofa Kissen nicht "perfekt" liegen.

Gardinen habe ich noch nicht, konnte mich nicht für die "Richtigen"entscheiden wacko.gif

So fühle ich mich wohl,ich mag es halt sauber.Solange es im Alter nicht schlimmer wird biggrin.gif

Allerdings artet das ganze etwas aus, sobald Freunde angemeldet sind oder ich eine Party gebe...

Bestes Beispiel meine Einweihungsparty:

Das Essen soll natürlich so sein wie ich es haben will, also macht Frau das kalt -warme Büffet selbst. Möbel müssen gegen Bierzelttische und Bänke getauscht werden, die Helfer verspäten sich,ok schiebe ich es eben passend.

Gegen 19 Uhr kommen meine Geschwister, mittlerweile drehe ich etwas am Rad, weil noch nicht geputzt ist und Geduscht hat Frau auch noch nicht...
Geschwister schimpfen erstmal mit mir und drängen mich ins Bad, mit den Worten:geputzt wird morgen.
Ganz glücklich war ich dann zwar nicht, und der Stress-Herpes kam natürlich pünktlich mit den ersten Gästen sad.gif


DerTagAmMeer
QUOTE (Polly @ 18.Jul.2008 - 13:36)
Glücklich die Menschen, die es schaffen, in ihrer Wohnung Ordnung zu halten, Übersprungshandlung hin oder her. Ich bin weit entfernt davon und kann mir daher nicht den Luxus gönnen, mich für spießig zu halten.

Es gibt einfach Lebensphasen - drinnen wie draußen - da braucht es einen objektiven, unvoreingenommenen Blick von außen, um die Altlasten zu entsorgen und neu anzufangen.

Genauso wie sich Gedanken destruktiv im Kreis drehen können, gibt es nun mal Papierstapel, die man selbst immer nur umgeschichtet und nie abgelegt, geschweige denn weggeworfen bekommt. Und genauso wie verdrängte Gefühle den ruhigen Schlaf verhindern, führt Unrat, der ein Eigenleben bekommt, zu Angst und Ohnmachtsgefühlen.

Das hat für mich so gar nichts mit Spießigkeit oder kreativem Chaos zu tun - es sind einfach Depressionen, aus denen sich niemand am eigenen Schopf herausziehen kann. Da braucht es Unterstützung von außen - die muss gar nicht mal "professionell" sein. Das können und sollten Freunde füreinander tun, die nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch einen offenen Müllsack zu bieten haben und auch mal bereit sind, sich die Finger dreckig zu machen ohne die Nase zu rümpfen.

Erst danach kann man anfangen, sich ein "Funktionsgerüst" anzutrainieren, Regelmäßigkeiten, Routinen und Absprachen, die manischen und depressiven Phasen trotzen können. Und das klappt. Hand drauf.

Und ich glaube gerade WEIL auch meine Psyche einen so ausgeprägten Draht zur Materie um mich herum hat, die sich sich nur schwer von Stimmungen und Befindlichkeiten lösen lässt und mir tatsächlich als Spiegel der Seele dient, ärgert mich der Einzug dieser "Was-sollen-die-Leute-von-mir-denken-Ansprüche".

Mein Problem ist vielleicht einfach, dass Freundschaften zunehmend durch Bekanntschaften ersetzt werden - und denen offenbare ich ungern mein Innerstes.
was.gif
DerTagAmMeer
QUOTE (Lucia Brown @ 18.Jul.2008 - 14:21)
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 13:53)

So eine Bügelwoche am Meer stell ich mir schön vor. smile.gif

Könntest du dies für mich etwas detaillierter ausführen? wink.gif

Klar biggrin.gif
"Bügeln und Wäschemachen" gehörte so zu den wenigen Beschäftigungen, bei denen zwischen meiner Mutter und mir stets absolute Harmonie und Eintracht herrschte, anspruchsfreie Schnulzen in der Glotze liefen und die Gespräche freundlich und zwanglos dahinplätscherten.
LadyGodiva
Ich glaube, die menschliche Chaosbegabung ist per se nicht etwas, das unbedingt therapiert werden muss, oder gar kuriert werden kann. Äußere Zeichen deuten und den Wechelbezug zum eigenen Zustand durch recht einfache Analogien herzustellen, wie dtam es dargestellt hat, scheint mir vielversprechender.
Ich habe von einer Freundin meiner ehemaligen Partnerin den Beinamen "Putzi" erhalten, weil es für mich anfangs in meiner Berliner Zeit eine ungeheuerliche Vorstellung war, dass Wohnungsinhaberinnen ihre Fenster maximal einmal im Jahr putzen - und ich beständig alle vier Wochen mit Eimer, Leiter und Abzieher durch die Wohnung turnte.
Inzwischen hat sich die Frequenz auch deutlich verringert, aber die Grundzüge sind noch vorhanden; also die aufrichtige Freude angesichts streifenfreien Glanzes in der kleinen Hütte.
Für meine Mutter bin und bleibe ich dennoch eine - O-Ton - "Schl*mpe".
Früher hat mich das gekränkt, heute sehe ich einfach die unterschiedlichen Maßstäbe.

Ein recht abschreckendes Beispiel habe ich am eigenen Elternhaus - so miste ich regelmäßig meinen Papierwust aus. Rechnungen, die nach zwei Jahren keine Bedeutung mehr haben, werden so beispielsweise von mir radikal aussortiert. Glücklicherweise habe ich nicht die Veranlagung, meine Erinnerungsvermögen vorrangig auf Gegentständliches stützen zu müssen - oder nichtoffizielle Lebensdokumente (Eintrittskarten, Kinderbilder,...) als etwas Sakrosanktes zu betrachten.

Ich habe gerne Gäste. Und bin auch leidenschaftlich eine Seltsam-Hausfrau, die gerne ihren unschlagbaren rosie.gif Käsekuchen serviert (und dabei geflissentlich unter den Tisch fallen lässt, dass der Zitronenkuchen letzte Woche die Katastrophe war) und bei der Papierservietten ganz selbstverständlich neben zehntausend Dekosteinchen und -lichtern auf dem Esstisch zu finden sind. laugh.gif
Einzig Schürzchen trage ich zu besonderen Anlässen.
Polly
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 13:56)
Es gibt einfach Lebensphasen - drinnen wie draußen - da braucht es einen objektiven, unvoreingenommenen Blick von außen, um die Altlasten zu entsorgen und neu anzufangen.

Genauso wie sich Gedanken destruktiv im Kreis drehen können, gibt es nun mal Papierstapel, die man selbst immer nur umgeschichtet und nie abgelegt, geschweige denn weggeworfen bekommt. Und genauso wie verdrängte Gefühle den ruhigen Schlaf verhindern, führt Unrat, der ein Eigenleben bekommt, zu Angst und Ohnmachtsgefühlen.

Das hat für mich so gar nichts mit Spießigkeit oder kreativem Chaos zu tun - es sind einfach Depressionen, aus denen sich niemand am eigenen Schopf herausziehen kann. Da braucht es Unterstützung von außen - die muss gar nicht mal "professionell" sein. Das können und sollten Freunde füreinander tun, die nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch einen offenen Müllsack zu bieten haben und auch mal bereit sind, sich die Finger dreckig zu machen ohne die Nase zu rümpfen.

Erst danach kann man anfangen, sich ein "Funktionsgerüst" anzutrainieren, Regelmäßigkeiten, Routinen und Absprachen, die manischen und depressiven Phasen trotzen können. Und das klappt. Hand drauf.

Und ich glaube gerade WEIL auch meine Psyche einen so ausgeprägten Draht zur Materie um mich herum hat, die sich sich nur schwer von Stimmungen und Befindlichkeiten lösen lässt und mir tatsächlich als Spiegel der Seele dient, ärgert mich der Einzug dieser "Was-sollen-die-Leute-von-mir-denken-Ansprüche".

Mein Problem ist vielleicht einfach, dass Freundschaften zunehmend durch Bekanntschaften ersetzt werden - und denen offenbare ich ungern mein Innerstes.
was.gif

Ich muss jetzt mal deinen ganzen Beitrag zitieren, weil ich am liebsten auf alles antworten möchte.

Du hast völlig Recht, auch wenn in diesem Fall die Ferndiagnose Depression nicht zutrifft. In Wirklichkeit ist es so, dass ich mich seit vier Jahren so mit Arbeit zuschaufele, dass ich schlichtweg nicht dazu komme, irgendetwas aufzuräumen, oder auch zu anderen lebensnotwendigen Dingen. Warum das so ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Um in die unschönen Details zu gehen: Selbst Essen, Schlafen, Bewegung und Körperhygiene habe ich auf ein ungesundes Minimum reduziert.

Ich träume davon, mal eine Woche Zeit zu haben, um alles Mögliche wegzuwerfen. Aber wenn es sich um die Bank- und Versicherungsunterlagen der letzten Jahre handelt, ist es vielleicht nicht überaus klug, sie in den Müll zu befördern.

Was will ich eigentlich sagen, außer mich selbst zu bemitleiden? Nun, das Äußere ist ein Spiegel des Selbstes, und wenn es verwahrlost, ist das genauso bedenklich, wie wenn es zwanghaft erstarrt. Die rigide Ordnung vieler Wohnverhältnisse und der Sauberkeitswahn, der manche Leute befällt, ist meines Erachtens ein Symptom innerer Leere und Unfreiheit, ja vielleicht sogar existenzieller Ängste.

Der Verlust von echten Bindungen, all die oberflächlichen Bekanntschaften, die sich zumeist aus den Lebensumständen ergeben - man trifft eben nur noch die Leute, die man sowieso trifft (Arbeit, Kindergarten, Wohnviertel, Sport etc.) -, das ist etwas, was ich auch sehr gut kenne und bedauere. Ich denke auch, es ist ein ähnliches Phänomen wie der Konformismus des Wohnens: eine innerliche Erstarrung. Der Kerker, den man sich in 40 Jahren erfolgreich selbst gebaut hat. Und die Angst, ihn wieder verlassen zu müssen, wenn der Sensenmann anklopft.
DerTagAmMeer
QUOTE (Polly @ 18.Jul.2008 - 15:38)
Du hast völlig Recht, auch wenn in diesem Fall die Ferndiagnose Depression nicht zutrifft.

Oh, da hab ich mich ungeschickt ausgedrückt - ich hab nicht diagnostizieren wollen (schon gar nicht aus der Ferne), sondern meinte wirklich Zeiten in meinem eigenen Leben, in denen ich aus dem überdrehten Chaos hyperaktiver Wochen unmittelbar in einem finsteren Ausgleichsloch gelandet bin, ohne zwischendurch Gelegenheit zum Aufräumen und Papierkramerledigen zu haben. Beide Extreme sind der Ordnung um mich herum nicht sehr zuträglich - krank finde ich das nicht, eher logisch und sinnvoll.

QUOTE (Polly)
In Wirklichkeit ist es so, dass ich mich seit vier Jahren so mit Arbeit zuschaufele, dass ich schlichtweg nicht dazu komme, irgendetwas aufzuräumen, oder auch zu anderen lebensnotwendigen Dingen.


Dumme Frage: Gibt es denn einen zwingenden Grund für Deine Überarbeitung? Nach Deiner Beschreibung dürfte doch jeder Feld-Wald-und-Wiesen-Doktor die körperlichen Folgen Deiner Dauerüberlastung erkennen und Dir mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein wenig Luft verschaffen können - oder denke ich da zu einfach?
PikSieben
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 14:56)

Mein Problem ist vielleicht einfach, dass Freundschaften zunehmend durch Bekanntschaften ersetzt werden - und denen offenbare ich ungern mein Innerstes.
was.gif

Das empfinde ich auch so.
Es gibt nur wenige Menschen, die ich zu jeder Tages- und Nachtzeit in meine Wohnung lassen würde, ungeachtet dessen, wie es dort aussieht. Und auch ich betrachte es als Ehre, wenn jemand mich ohne hektisches Rumgeräume in seine/ihre Wohnung lässt. Allerdings bin ich auch dann froh, wenn ich bestimmte Dinge nicht sehen oder riechen muss.

Ich selbst lebe derzeit auch nur in einer kleinen paarunddreißig-Quadratmeter-Klitsche und die sieht schnell vollgemüllt aus. Ich habe viel mit allerhand Zetteln zu tun, die über einen gewissen Zeitraum als "aktuell" einzustufen sind und die ich daher nicht wegräumen mag. Ergebnis: Sämtliche Tischflächen sind mit Büchern, Heften, Papierstapeln und Stiften bedeckt, kurz: mit Arbeit. Und ab und zu verschwindet dazwischen auch mal persönliches Zeugs. Post, ein Buch oder persönliche Gegenstände.
Solange all dieser Papierkram nicht weggeräumt ist, habe ich nie das Gefühl, wirklich "frei" zu haben. Daher genieße ich es sehr, wenn ich mal Zeit habe, alles abzuschließen, einzuheften, WEGzuräumen. Und dann erst wandelt sich mein Arbeitszimmer in ein WOHNzimmer. smile.gif
Und obwohl das alles so irgendwie fast begründbar ist (es liegt ja auch nichts Fettiges, Angeknabbertes, Aufgerauchtes wacko.gif, Lebendiges oder so dazwischen rum, höchstens mal was "An-getragenes" roetel.gif (sonnenstrahl thumbsup.gif gutes Wort), mag ich in dieses Chaos keine Arbeitskolleginnen, Noch-nicht-ganz-so-gute-Freundinnen, Eltern oder andere Bekannte-und-Verwandte einlassen. Das hat schon etwas mit dTaMs Aussage zu tun: Ich möchte denen nicht so viel von mir preisgeben.
Und wenn ich aus lauter Zeitmangel mal nicht zum Bad-Putzen gekommen bin, ist mir das eigentlich vor ALLEN Menschen peinlich. Das wiederum hat aber viel mit Projektion zu tun: Ich selbst halte mich auch gern von anderer Menschen Hinterlassenschaften des Hygienisierungsprozesses fern. Und dann möchte ich das auch anderen nicht umgekehrt zumuten müssen. Das hat für mich weniger mit Spießigkeit als viel mehr mit Respekt zu tun. Und weil ich selbst mit zunehmendem Alter empfindlicher geworden bin, hat sich da in den letzten 13 (?) Jahren auch viel verändert.

Pik7

edit: "an-" nicht "halb"getragen
MrsM
QUOTE (sonnenstrahl @ 18.Jul.2008 - 12:11)

Es gibt Wohnungen, die ich höchst ungern betrete, und so schnell es geht, fluchtartig wieder verlasse, weil sie mir zu müllig, zu unstrukturiert, zu einfach-nur-funktionell-und-das-hässlich eingerichtet sind. Und bei leeren Tetrapaks, Colaflaschen, Chipstüten und - am allerallerallerschlimmsten - vollen Aschenbechern, die zwischen muffiger Schmutzwäsche überall rumstehen, ist bei mir endgültig Schluss: Da will ich nicht sein.

smile.gif

Ich mache einen großen Unterschied, zwischen chaotisch und 'unsauber'....

ok, ich würde, aufgrund meiner 4beinigen Mitwohnerin, nicht vom Boden essen, getragene Socken und sonstige Kleidung findet frau bei mir auch nur, wenn Hund sie irgendwo rausgezogen hat und als neue Beute rum schleppt.... so ist es mit Hund halt...

Ansonsten kann frau sich bei mir (behaupte ich jetzt mal) überall hin setzen und auch sicher durchatmen wenn sie meine Wohnung betritt, auch wenn mal noch eine Kaffeetasse vom Morgen auf dem Tisch steht...

Chaos ist nicht gleich dreckig
Polly
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 15:00)
Dumme Frage: Gibt es denn einen zwingenden Grund für Deine Überarbeitung? Nach Deiner Beschreibung dürfte doch jeder Feld-Wald-und-Wiesen-Doktor die körperlichen Folgen Deiner Dauerüberlastung erkennen und Dir mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein wenig Luft verschaffen können - oder denke ich da zu einfach?

Das wäre so, wenn ich einen Arbeitgeber hätte. Aber wer schreibt eine freiberufliche Hausfrau und Mutter krank? Die noch dazu mit einer ebenfalls freiberuflichen Hausfrau und Mutter verheiratet ist? patsch.gif
sonnenstrahl
@ freedom: Klar, es macht absolut Sinn, die eigenen augenblicklichen Standards und Gewohnheiten immer wieder als relativ zu erkennen.
Lebte ich in einem sehr viel ärmeren Land als diesem (Deutschland), wo, für den Großteil der Bevölkerung, nach der Sicherung des Überlebens erstmal lange gar nichts kommt, geschweige denn so ein Luxus wie Putzhilfen, Geschirrspülmaschinen, Wohnung für sich alleine etc., wäre meine Toleranzschwelle gegenüber Schmutz und liebloser, graufeuchter, wimmelnder Unordnung* für mich wahrscheinlich ein Thema unwesentlicheren Ranges. Wenn ich vorhin von Wohnungen sprach, die ich gerne schnell wieder verlasse, dann meinte ich die Wohnungen von Mitmenschen, denen es, materiell gesehen, ganz und gar nicht am Existenziellsten mangelt, sondern die, in meinen Augen, - warum auch immer - achtlos mit (sich und) ihrem persönlichen Lebensraum umgehen.
Wenn ich es mir - privilegierterweise - gerade aussuchen kann, ob ich mich von solch einer gestauten, klammen Energie umgebe, oder nicht, dann wähle ich vorzugsweise Letzteres, und steh auch dazu. (Mit Ausnahmen. Ich halte mich da schon für einigermaßen flexibel.)
Wahrscheinlich u.a., weil mein Beruf Ersteres schon zur Genüge mit sich bringt, wenn auch nicht in Gestalt von Wohnungen. smile.gif

* @ MrsM: Im Gegensatz zu liebevoller, lebensbunter, lichter Unordnung, die ich - auch bei anderen - sehr zu schätzen weiss.
Lucia Brown
QUOTE (MrsM @ 18.Jul.2008 - 16:24)


Chaos ist nicht gleich dreckig

Chaos würde mich stressen, auch wenn es dabei sauber ist. Ich liebe meine kreative Unordnung, dabei darf allerdings nicht allzu viel auf dem Boden liegen. Sie ist überschaubar, sauber und außerdem lebe ich ja hier in der Wohnung. Eine aalglattaufgeräumte Wohnung langweilt mich. Mein Besuch bzw. meine Freunde fühle sich hier wohl und das ist mir wichtig.

Wenn ich übrigens unterwegs bin und ein Hotelzimmer bewohne oder ähnliches, dann ist dieses in kürzester Zeit auch wohnlich kreativ von mir individuell gestalltet. wink.gif
DerTagAmMeer
QUOTE (Polly @ 18.Jul.2008 - 15:38)
Nun, das Äußere ist ein Spiegel des Selbstes, und wenn es verwahrlost, ist das genauso bedenklich, wie wenn es zwanghaft erstarrt. Die rigide Ordnung vieler Wohnverhältnisse und der Sauberkeitswahn, der manche Leute befällt, ist meines Erachtens ein Symptom innerer Leere und Unfreiheit, ja vielleicht sogar existenzieller Ängste.

Vor einigen Jahren war ich einmal in einer vorbildlich gereinigten, organisierten (und durchaus gemütlich-wohnlichen) Küche zu Gast, in der eine Tafel mit einer To-Do-Liste hing. Neben Einkaufen, Badwischen etc. stand da auch mit dem Hund Gassi gehen und Katze streicheln drauf. Ich weiß nicht, ob es augenzwinkernd oder mit bitterem Ernst geschrieben war - und wenn es ernst gemeint war, wüsste ich nicht, ob ich es erschreckend oder tröstlich finden sollte. Es ist mir mit einem Fragezeichen im Gedächtnis geblieben.

edit: Nachdem ich hier diesen sommervergrippten Nachmittag im Bademantel über "Hausarbeit" philosophierend versumpft bin und den realexistierenden Haushalt stehn und liegen gelassen habe, ist meine Frau übrigens gerade mit einem "Katße-Katße"-quakenden Nachbarskind samt Nachbarin im Schlepptau eingefallen. Ein paar Gedanken muss ich mir jetzt wohl nicht mehr machen und verrat nur soviel: Es lag tatsächlich eine "angetragene" Wollsocke auf dem Stuhl und Kinderschokoladenpapierkügelchen waren kunstvoll über den Schreibtisch verteilt. roetel.gif Pech, muss die Frau Nachbarin jetzt wohl ne gute Freundin werden! tongue.gif
shark
Lange Jahre meines Lebens habe ich um Ordnung (die mir immer schon erstrebenswert, allerdings ebenso unerreichbar schien) geradezu gekämpft... Ich wusste immer, wie sie aussehen sollte (und dass ich mich in ordentlicher Umgebung viel, viel wohler fühlen konnte; insofern ist meine heutige Ordnung nur die endlich erfolgreiche Umsetzung dessen, was ich immer schon gewollt, nicht aber gekonnt habe), nicht aber wie ich sie dauerhaft hätte etablieren können.
Ich putzte und räumte - und ver-unordentlichte den Zustand der hergezwungenen Ordnung ganz nebenbei immer und immer wieder.

An meine allererste "Putzorgie" erinnere ich mich noch gut; ich war schwanger und stand kurz vor der Niederkunft - mein Nestbautrieb hatte mich vollends in den Griff bekommen und wie vergiftet putzte, reinigte und wienerte ich alles, was mir unter den Lappen kam, bis ich am Ende des Tages nicht mehr wusste, ob ich die Bettbezüge nun heute schon gewechselt hatte oder nicht und mich mit Wehen auf den Rand der an diesem Tage mindestens dreimal geschrubbten Badewanne niederlassen musste.

Aber ein schönes Gefühl war das: was immer irgendwer hätte finden wollen: ich hätte gewusst, wo es ist. Alles war geordnet, sauber und vorbereitet - und ich war richtig glücklich in diesem herrlich aufgeräumten Zustand.

Dieses erste Mal war ich irgendwie nicht so verloren wie sonst im Chaos herumgestiefelt, sondern hatte das Gefühl gehabt, der Unordnung mit so etwas wie System beigekommen zu sein.

Aber dieser hormonell bedingte Ordnungssinn verliess mich bald wieder und der Kampf gegen Unordnung begann kräftezehrend von Neuem.

Spät im Leben erst wurde mir dann klar, dass "mein" ADS es mir so schwer gemacht hatte, Strategien, die ich Anderen (Mutter zum Beispiel) abzuschauen versucht hatte, für mich und meine Wohnung anzuwenden.

Es klappte einfach nicht, in einer Ecke anzufangen und den Rest des Zimmers zu ignorieren, bis diese Ecke fertig geputzt und geräumt war...
Es funktionierte auch nicht, nicht in die Boxen und Kästchen und Dosen zu schauen, die ich eigentlich ja nur "mal eben" zur Seite hatte stellen wollen, um darunter zu wischen..
Und hatte ich in die Truhen und Trühlein, die Dosen und Döschen, die Kisten und Kästchen erst einmal hineingesehen, so fand ich darin immer neue Räume, die aufzuräumen waren...

Ich verzettelte mich unabwendbar, verschachtelte das Chaos wie diese Holzpüppchen, in deren Bäuchen immer neue, kleinere, aber sonst identische Püppchen erscheinen, wenn man sie öffnet.

Grosses Chaos, nächstgrösseres Chaos, kleines Chaos, winziges Chaos... und alles im Umkreis von 4 qm...

Ich hielt es selten aus und durch, mich effektiv durchzukämpfen - meist sass ich irgendwann paralysiert und mit Tränen in den Augen auf der Bettkante, einem Esszimmerstuhl oder dem Küchenschemel, um mich herum das Durcheinander, das durch mein Aufräumen erst wirklich entstanden war...

Und es dauerte jeweils sehr, sehr lange, bis ich mich wieder motivieren konnte, weiterzumachen.
Hörspiele, laufender Fernseher oder Telefonate mit Mama oder FreundInnen haben mir geholfen, meine Arbeit wieder aufnehmen zu können, ohne dass der Kreisel in meinem Kopf wieder ansprang. Ich telefonierte und räumte, ohne zu denken...
Oder ich sagte laut vor mich hin, was ich gerade tat und weshalb diese Reihenfolge der Tätigkeiten richtig war ("Die Super-Hausfrau rät...").

Noch heute plane ich für Aufräumen und Putzen wahnsinnig viel Zeit ein, um mich nicht zu überfordern - obwohl ich inzwischen viel effektiver arbeite und diese Zeit gar nicht mehr brauche.. Und ich schreibe auch Listen... (Im Moment hängt eine neben der Tür: "Bank, Post, Bettbezüge waschen, Kater bürsten, Frettchen Medis geben, altes Telefonbuch entsorgen, baden, Wohnzimmerfenster putzen" steht drauf...)

Es half mir sehr, so fand ich irgendwann vor 5 Jahren heraus, mit meiner Frau zu telefonieren, um mit ihr zu besprechen, wo ich beginnen könnte, anstatt das gespräch zur Ablenkung zu benutzen.
Ich habe mich genau an ihre "Anweisungen" gehalten und meist ist es mir dann gelungen, wieder "Land zu sehen" und mein Werk so zu vollenden, dass ich den erreichten Zustand schliesslich als "aufgeräumt" bezeichnen konnte.

Heute kann ich das endlich alleine... aber: ich darf nicht zu viel Unordnung aufkommen lassen. Deshalb putze und räume ich täglich (auch wegen der Haustiere ist das nötig und weil das Haus alt und staubig ist).

So ist heutzutage meine Wohnung endlich so sauber und ordentlich, wie ich das immer gewollt hatte.
(Ausser der Kleiderkasten... dort Ordnung zu halten, ist mir bislang noch nicht gelungen...)

Meine "Chaoszeiten" hatten stets ohne mein Einverständnis stattgefunden; von Genuss am Chaos gar nicht zu reden - "Bedrohung" ist das Wort, das mir zu diesem Gefühl einfällt...




shark
Zinnober
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 10:30)
Mit den Jahren sind die Wohnungen dann ganz unbemerkt aufgeräumter und sauberer geworden, unangemeldete Besuche wurden immer unüblicher, "Gästezimmer", "Gäste-Betten" und "Gäste-Toiletten" wurden angeschafft.


Kennt Ihr das auch oder genießt Ihr es endlich aus dem Chaoten-Alter raus zu sein?


ich hoffe ja immer auf streifenfreie toiletten, es ist doch an so manchen orten erstaunlich was zeitgenossen unter saueberkeit verstehen. gasttoiltten allerdings haben so etwas ausserirdisches wink.gif innerhalb einer wohnung. ein chaot war ich ja in dieser hinsicht noch nie. sleep.gif vielleicht ist es durchaus ein einrichten, welches sich im aussen zeigt. dies wuerde mich in meiner lebensfuehrung dann allerdings befremden und alamieren. unangemeldeten besuche finde ich sehr schade.
LadyGodiva
Also, ich hätte später schon gerne eine Männer-(=Gäste-) und eine Frauen (=Sippschaft)Toilette.

Mich macht gerade ein wenig traurig, dass es in der vereinzel(l)ten Lebenswelt so viel Individuelles zu geben scheint, für dass man sich auf eine ganz banale Art schämt. Vielleicht ist diese Form der Scham, der kultivierten Unzulänglichkeit auch Grund für die Wandlung unserer Kontaktqualitäten.

Oder vielleicht bin ich in einigen Dingen auch einfach nur sehr durchlässig. Und reiße, so wie ich bin, manchmal einfach die Wohnungstür auf, wenn's klingelt. cool.gif
DerTagAmMeer
QUOTE (LadyGodiva @ 18.Jul.2008 - 22:21)
Mich macht gerade ein wenig traurig, dass es in der vereinzel(l)ten Lebenswelt so viel Individuelles zu geben scheint, für dass man sich auf eine ganz banale Art schämt.

"Scham" ist mir irgendwie ein zu großes Wort. Selbst hab ich ja kein Problem über einen Müllberg zu steigen um einen Sitzplatz zu ergattern (solange es nicht mein eigener ist). Und dank einer schrebergartengestählten Zeltlagerjugend bin ich auch im Umgang mit Toiletten nicht sonderlich pingelich.
Aufgrund dieser ganzen dusseligen Frauentausch-, Perfektionsdinner- und Superhaushälterformate hat sich in den letzen Jahren allerdings ein ungutes Misstrauen bei mir eingeschlichen, was die Toleranz in den Köpfen meiner für mich noch etwas exotischen Nachbarn sowie der werten Kollegen und Kolleginnen betrifft. Ich meine, die klopfen ja nicht an mein Fenster und sagen: "Tachchen Sie da am Meer, wollnse nich langsam mal wieder ihre Scheiben putzen? Und wo wir schon mal dabei sind: Wär nett, wennse ihre Blümchenwiese was öfter mähen würden, die zersetzt sonst meinen Rasse-Spiel-und-Spocht-Rasen!"
Ich mein, ich bin total stolz auf meine Blümchenwiese, mähe liebevoll und vorsichtig um Kräuter und Blüten herum und stutze lange Gräser extra mit der Kantenschere ... da gibt's keinerlei Grund mich zu schämen! Ich will trotzdem nicht, dass schlecht über mich und meine Wiese geredet wird. Wieso nur steh ich da nicht drüber?
Es ist tatsächlich diese oberspießige "Was-soll'n-denn-die-Leute-denken-Leier" meiner Kindheit, die mich da eingeholt hat. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich überhaupt nicht, was die Leute so denken. Keine Ahnung, was so "Hygiene-Standard in Deutschland" ist - hab mich auch nie sonderlich dafür interessiert. Ich weiß auch gar nicht, wie lange die Leute so dekorieren, räumen und wienern, bevor ich zu Besuch komme. Was ich aber mit Sicherheit weiß, ist, dass ich das nicht brauche. Ich möchte, dass man sich auf mich freut - nicht, dass extra für mich das Bad mit der elektrischen Zahnbürste poliert wird! Und manchmal, wenn ich (selbstverständlich mit Einladung, originellem Präsent und pünktlich!) geschafft aber glücklich ins präparierte Wohnzimmer buchsiert wurde, lag's mir echt auf der Zunge zu sagen: "Hey, Ihr habt aber toll für uns aufgeräumt!" Und eigentlich hätte ich dann auch gleich wieder gehen können, damit alle die Füße hochlegen und endlich wieder aufs Sofa krümeln dürfen nach der ganzen Plackerei.
Mausi
@shark
*wild applaudier* thumbsup.gif *johl und jubel*- einfach weil dein Beitrag so - äh - treffend war!


Ich finde den Thread hier gut, und superwichtig, auch wenn ich nichts essentielles, derzeit, dazu beitragen möchte, so bringt es mir doch viel, ihn zu lesen.

Doch - kurz was sagen will - ich befinde mich seit vielen Jahren auf dem Weg zur Ordnung, und inzwischen muss ich sagen, bin ich auf dem besten und "normalsten" Stand angekommen - mehr als ich es mir je zu Hoffen gewagt hatte.
Ich denke ich habe alle Stufen durch - die Ursachen kenne ich, und trotzdem muss ich kämpfen darum, und benötige oft meine Frau, dass sie mir Struktur gibt, oder wir uns absprechen. Klare Aufgaben benötige oder eben jeder bestimmte "Ressorts" hat. Ich mache schlicht und ergreifend verschiedene Dinge nicht mehr - weil - ich käme nicht weiter "Kleinkruscht" sortieren z.B., oder in der Küche hantieren, oder nur annähernd versuchen den Kleiderschrank *großer Graus* ordentlich einzuräumen oder aufzuräumen (unabhängig meiner Größe) - das sind Dinge - bei bestem Willen - ich kann es nicht. Aber deswegen Ritalin schlucken, nein, nicht solange ich es vermeiden kann und solange ich es mit Struktur geben und geben lassen "auf die Kette" bekomme.

Mausi, die weiter um den Thread herum schleicht, da das Thema (Un-)Ordnung bei ihr mit der Geburt begann und ein zeitlebender Prozess sein wird
Zinnober
QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jul.2008 - 23:24)
Keine Ahnung, was so "Hygiene-Standard in Deutschland" ist


Ich glaube das der Hygiene-Standard in Deutschland pathologisch ist. Wenn ich mir die Regale in den Supermaerkten ansehe, gibt es einfach fuer jeden Dreck jedes Mittel.
Und spaetestens bei der Werbung fuer Tampons wird sichtbar, das hier eine Koerperfeindlichkeit (auch Scham) gezuechtet wird.
freedom
QUOTE
Es ist tatsächlich diese oberspießige "Was-soll'n-denn-die-Leute-denken-Leier" meiner Kindheit, die mich da eingeholt hat. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich überhaupt nicht, was die Leute so denken. Keine Ahnung, was so "Hygiene-Standard in Deutschland" ist - hab mich auch nie sonderlich dafür interessiert. Ich weiß auch gar nicht, wie lange die Leute so dekorieren, räumen und wienern, bevor ich zu Besuch komme.


ja, was KÖNNTEN sie denn denken? antwort: "bugger off!"
ja, was denken sie denn, wenn deine freundin zu besuch kommt und sie vermuten, dass ihr lesbisch seid? antwort -stereotyp- "bugger off!"
wichtig wird es nur dann, wenn es menschen sind, die dir/ euch nahe stehen.
und auch in diesem fall eher sekundär.

ein beispiel: ich habe zur zeit ein mir äußerst unangenehmes problem. obwohl ich mit persil und lenor und wie die mittelchen alle heißen, meine wäsche, meine bettwäsche etc wasche, stinkt alles nach HUND. dieses problem hatte ich vor 10 jahren schon einmal: wäsche gewaschen, sie roch sauber, im trockenen zustand, kaum kam meine körperwärme richtung jeans, t-shirt etc (will heißen, ich TRUG die klamotten) stank ich wie mein hund. jämmerlich, beinah pumaähnlich verbreitete sich der geruch. jetzt habe ich dasselbe problem wieder, allerdings wegen meiner hündin, nicht wegen meiner rüden.
kaum liege ich im bett, meine ich mittlerweile,im pumastall zu sein.

ok.
nicht gut. problemlösung wie vor 10 jahren funktioniert nicht, ich bin noch auf der suche. trotzdem lade ich besuch ein und verweise auf das problem. entschuldige mich.
doch ganz ehrlich: ich weiss, ich habe die wäsche gewaschen, irgendetwas stimmt nicht, weil sie ja immer noch geruch verströmt, doch: lecko mio. ich KANNS net ändern!

kleine kinder duften halt auch ab und an nicht wie parfum.

und ganz nebenbei: andere leute auch nicht:-)
schulterzuckend hinnehmend.

was sollen denn die leute denken - das ist mir in den letzten jahren -nicht wegen des momentanen hunde-geruchs- vergangen. meinetwegen können sie viel denken, hauptsache, sie tun es! wink.gif

freedom
schokotante
Von mir aus kann ich sagen, dass ich meine Nachbarin jede Woche dabei erwische.
Entweder putzt sie Fenster, macht dies macht das draußen - es braucht nur ein Blatt vor der Haustür liegen hebt sie es auf.
Und immer wenn schönes Wetter ist stellt sie ihr Auto aus der Garage und die Putzorgie dauert mindestens 1 Stunde.

Ich bin ebenfalls ein sauberer Mensch, bin aber nicht ständig mit dem Putzlappen unterwegs. Dreckig ist es bei mir nicht. Wenn ich mich hier im Zimmer umgucke, dann vielleicht ein bißchen unordentlich.

Ich denke, im Supermarkt, in Eisdielen, in der Apotheke und beim Arzt ist Hygiene am wichtigsten. Was mich ebenfalls sehr stört sind die Modegeschäfte. Wie oft suche ich mir einen Pullover aus der mir gefällt und wenn ich mir das Innenleben vorstelle, der Kragen schon mit Lippenstift und Schminke beschmiert, möchte ich am liebsten gar nichts mehr anziehen. Ganz zu schweigen von den Schuhen im Schuhgeschäft. wacko.gif

PikSieben
QUOTE (LadyGodiva @ 18.Jul.2008 - 22:21)
Mich macht gerade ein wenig traurig, dass es in der vereinzel(l)ten Lebenswelt so viel Individuelles zu geben scheint, für dass man sich auf eine ganz banale Art schämt. Vielleicht ist diese Form der Scham, der kultivierten Unzulänglichkeit auch Grund für die Wandlung unserer Kontaktqualitäten.

Danke für diese Sätze! Sie machen mich sehr nachdenklich. bluemele.gif
dandelion
QUOTE (DerTagAmMeer @ 19.Jul.2008 - 00:24)
Ich mein, ich bin total stolz auf meine Blümchenwiese, mähe liebevoll und vorsichtig um Kräuter und Blüten herum und stutze lange Gräser extra mit der Kantenschere ... da gibt's keinerlei Grund mich zu schämen! Ich will trotzdem nicht, dass schlecht über mich und meine Wiese geredet wird. Wieso nur steh ich da nicht drüber?

Gegenfrage: du bist da gerade dabei, das Ökosystem zu retten, das sein Spiel-und-Spocht-Rasen ( biggrin.gif schööönes Wort!) plattwalzt... sich dafür schämen ist das eine - meine Frage geht so weit: warum schafft es dein Stolz nicht bis nach draußen?
also ich wär stolz auf so ne Nachbarin... rolleyes.gif bluemele.gif

bei mir setzt die Entwicklung raus aus der Studentenbudenatmosphäre gerade erst ein - es ist ja auch noch ein paar Monate lang eine Studentenbude biggrin.gif
aber wenn ich ehrlich bin, sind es tatsächlich die "Leichtchaoten", bei denen ich mich am wohlsten fühle.
und solange sich in meiner Wohnung nicht Wäsche, Geschirr oder Müll stapelt bzw. die Wollmäuse rumhopsen, ist auch alles OK, wenn spontan Besuch kommt.

edit: @freedom: du wirst es nicht glauben... aber in unserer Familie war ich die einzige, die sich nie am Hundegeruch gestört hat - im Gegenteil, dank des Hundes ist mir bewußt geworden, daß Körpergeruch stimmungsabhängig ist. dafür bin ich dankbar, eröffnet es doch eine weitere Dimension des Verständnisses füreinander smile.gif
ehrlich - ein Hunde-Zufriedenheits-Muffeln kann durchaus dem Raum ein friedliches Ambiente verleihen... wenn auch unterbewußt wink2.gif
hedonistin
QUOTE (DerTagAmMeer @ 19.Jul.2008 - 00:24)
Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich überhaupt nicht, was die Leute so denken.

Hallo!

Also ich kann jetzt nur sagen was ich aus meiner superspießigen Umgebung hier so mitkriege, und es kommt ganz oft mit einem fast schon erleichterten Strahlen: " Bei denen ist auch nicht immer alles perfekt"

Allerdings wird auch nur bei Familien bzw. Lebensgemeinschaften darüber nachgedacht.
Die richten sich gemeinsam ein und haben ihr "Plätzchen" gefunden und da will man auch sehen wie sie so miteinander zurechtkommen.

Sobald man alleine, oder wieder alleine lebt, kümmert das keinen mehr und man wird sowieso irgendwo anders eingeordnet. "Da kann man ja immer einfach vorbeikommen, denn die kann man ja weder stören, noch hat sie sonderlich viel aufzuräumen und essen wird sie eh meistens außerhalb " ph34r.gif
ohmy.gif rolleyes.gif
DerTagAmMeer
QUOTE (hedonistin @ 19.Jul.2008 - 10:36)
Allerdings wird auch nur bei Familien bzw. Lebensgemeinschaften darüber nachgedacht.
Die richten sich gemeinsam ein und haben ihr "Plätzchen" gefunden und da will man auch sehen wie sie so miteinander zurechtkommen.

Ja, das stimmt genau!
Als Singlelesbe war das total unkompliziert - auch mit befreundeten Paaren hat sich meist so eine Art "Adoptionsverhältnis" eingestellt, ich hab halt einfach "mitgegessen", "mitgespielt", "mitrenoviert" oder bin "mitgefahren". Meine leiblichen Eltern räumen ja auch nicht für mich auf, wenn ich sie besuchen komme - sie kaufen was Leckeres für uns ein, und da freu ich mich dann auch drüber. In meinen eigenen 30 qm bin ich nur von guten Freunden und auf der Durchreise zu irgendeiner Veranstaltung heimgesucht worden oder es war halt "Damenbesuch" ... und da war's die normalste Sache der Welt, mich und meinen Strandkorb herauszuputzen (und das war wohl auch schon mit 16 so und gewissermaßen verliebtheitsbedingt cool.gif ).

Den Stress mach ich mir tatsächlich erst, seit wir aus der "Bloß-nicht-stören-frisch-verliebt-" in die "Päärchen-Spiele-Raclette-Mottoabend-Phase" übergetreten sind und hier in unserem beschaulichen Dorf ja tatschlich weit mehr auf dem Präsentierteller leben als in der Kölner Innenstadt.
Wir zwei können uns ja weder auf einen angeheirateten Kanalarbeiter noch auf einen pubertierenen Sohnemann rausreden (die als Naturkatastrophen voll akzeptiert sind und das Image der reinlichen Hausfrau nicht weiter beschädigen wink.gif)
Statt dessen sind wir beide weiblich, lesbisch, kinder- und hundlos* ... eigentlich müsste frau ja bei uns wirklich vom Boden essen können können.
Muss sie aber nicht: Wir haben einen traumhaft schönen Esstisch, stabile Stühle und sogar (handgespülte) Teller - es gibt also überhaupt keinen Grund, die Brotzeit auf den Dielen zu veranstalten.

Im ersten Jahr standen hier ja eher unsere "Sanier- und Heimwerkerkünste" im Visier des allgemeinen Interesses. Und da bin ich als langjährige Baumarktlesbe gewohnt, belächelt, beklugschei*ert und ggf. bewundert zu werden. Das kenne ich einfach und kann dementsprechend locker damit umgehen. Gleiches gilt für die ganzen "ich-dachte-ja-du-bist-die-Frau-bei-euch-Verdächtigungen": kenn ich, hab ich Routine, macht mit sogar Spaß anzutäuschen und Verblüffung zu erzielen.

Dorf ist total neu für mich und - ja Schande über mein angegrautes Haupt! - "erwachsen tun" auch!

QUOTE (hedonistin)
"Bei denen ist auch nicht immer alles perfekt"

Sowas in der Art wünsche ich mir. smile.gif

*edit: Katzen zählen hier übrigens nicht als Ausrede - denen wird "Reinlichkeit" nachgesagt, da sie nur sporadisch zum Fressen das Haus betreten, nicht auf dem Kopfkissen schlafen, sich nicht im Wäschesack putzen, ihr Sonnenbad keinesfalls auf dem Bügelbrett nehmen und auch beim DVD-Gucken keinen Platz auf dem Sofa beanspruchen. Katzen sind hier anders als unsere Kater - die sich solange durch den die Scheune kugeln, bis sie total verstaubt, ermattet und mit Spinnenweben dekoriert auf der "angetragenen" Jacke niedersinken um dort ihr Nickerchen zu halten.
LadyGodiva
dtam - zur "Scham":

Ich bin in einem Einfamiliensiedlungshaus aufgewachsen, mit einer Profi-Hausfrau als Großmutter und einer Mama, die, vollzeit berufstätig, sehr frustriert ob der Unmöglichkeit dem nacheiferte. Da galt man mit zwei Pullis über'm Stuhl im eigenen Zimmer bereits als Schl*mpe. Meine erste Bluse habe ich noch vor der Einschulung bügeln und zusammenlegen gelernt. Seit ich nicht mehr über den Schrubberstiel stolpere, wurde ich auch in die allsamstäglichen Putzaktionen integriert (diese Gepflogenheit habe ich, wie oben schon erwähnt, selbst für meine Wohnung übernommen).
Geputzt, das Haus und sich selbst heraus, wurde konsequent mit dem Blick nach draußen; obwohl wir keine Freunde hatten, hätte ja unvorangemeldet Besuch kommen können, der sonstwas von uns halten könnte. Oder fast schon testamentaisch vor dem Urlaubsantritt (auch, wenn es bedeutete, völlig erschöpft die Reise anzutreten), man könnte ja aus dem weiten Deutschland nicht mehr zurück kehren - was denken bloß die Nachlassverwalter?
Im Lauf der Zeit ist mir aufgegangen, dass sich dadurch recht aseptische Familienkulissen stilisiert haben, in unserem Haus, im Nachbarhaus und dem Haus daneben. Mit teilweise fatalen Folgen.
Dass Devianz absolut sanktioniert war, die Einbauküche und eine xxl-Wohnlandschaft Garanten für Rechtschaffenheit und Situiertheit sein durften.

Als ich zum ersten Mal eine Berliner Altbauwohnung betreten habe, mit hohen, lichten Räumen, das Unperfekte, Zugige in jeder Dielenritze erkennen durfte habe ich mich in die vielen Makel der Freiheit verliebt. Das Grauen meiner Mutter.

Aus dem umfassenden "Meine Tochter ist..." bin ich längst ausgebrochen - und es wird daher auch keinen Weg zurück ins Requisitendasein geben. Auch, wenn das Bild, das meine Eltern anderen von mir zeigen können, dadurch immer mehr an Konturen verliert.

Ich weiß, dass ich unordentlich bin - und meinen Freundinnen ist das so vertraut wie der Geruch meines Parfums und der frische Schweiß meiner Haut. Ich kann die Distanz, in der ich in meiner Jugend zu anderen und auch mir selbst aufgewachsen bin, nicht mehr mit meinem Leben vereinbaren. Auch meine Chaosfähigkeit und die irgendwie versöhnlich-humorvolle Art, damit umzugehen gehören mir. Wie (fast) alles, was sich in meiner Wohnung drapiert.
Ich lebe in dem Zustand, den ich auch allen anderen zumuten würde.

Es sei denn, meine Mutter kommt. Dann wird vorher geputzt. Denn mich will sie nicht sehen, sondern lediglich ihre Tochter.
sonnenstrahl
QUOTE (LadyGodiva @ 19.Jul.2008 - 12:59)
Es sei denn, meine Mutter kommt. Dann wird vorher geputzt. Denn mich will sie nicht sehen, sondern lediglich ihre Tochter.

Was, wenn´s "nur" dich zu sehen gäbe, die du neben Tochter noch so vieles Anderes bist? Unter anderem Eine, die ihre eigene Vorstellung von Ordnung und Sauberkeit hat, wenn auch durch Muttern mitgeprägt ...
Selbst Müttern kann doch das Weltbild sanft und liebevoll, aber unmissverständlich zurechtgerückt werden wink.gif .
shark
QUOTE (LadyGodiva @ 19.Jul.2008 - 12:59)


Es sei denn, meine Mutter kommt. Dann wird vorher geputzt. Denn mich will sie nicht sehen, sondern lediglich ihre Tochter.

Ich weiss ja nichts über die Beziehungen zwischen Euch... aber ich schätze, ich würde wohl erst recht nicht putzen, wüsste ich, dass Mutter das erwartete und mich als Menschen gar nichr wahrzunehmen gedächte. Entweder änderte sie daraufhin ihren Blickwinkel auf mich oder sie bliebe künftig weg...
dandelion
QUOTE (LadyGodiva @ 19.Jul.2008 - 12:59)
man könnte ja aus dem weiten Deutschland nicht mehr zurück kehren - was denken bloß die Nachlassverwalter?

biggrin.gif in der Hoffnung, über Sarkasmus gestolpert zu sein - so isses thumbsup.gif

QUOTE (LG)
Es sei denn, meine Mutter kommt. Dann wird vorher geputzt. Denn mich will sie nicht sehen, sondern lediglich ihre Tochter.

troest.gif manche Menschen wissen einfach nicht, was sie verpassen. bluemele.gif

mal gucken, was wird... dankenswerterweise habe ich solche Rollen nie vorgelebt bekommen. es gibt noch Hoffnung wink2.gif
LadyGodiva
Abgesehen, dass mich meine Mutter vor zwei Jahren zum letzten Mal besucht hat (also, so dreckig ist meine Bude sicher nicht, dass man sie ganz meiden müsste), bin ich einfach die Diskussionen leid.
Entspricht der Zustand der Wohnung nicht ihrem Geschmack, setzt der große Putzaktionismus ein und es besteht wirklich keine Möglichkeit, sie am Putzen meiner "achsounpraktischenundhättestdudocheineeinbauküchegenommen"-Küche zu hindern. "Ich will dich doch nur entlasten." Keine Diskussion. Es werden sogar neue, bessere Putzmittel und Ordnungssysteme angeschafft. Da hilft für mich nur die Flucht in den Park, die Bibliothek - und das gute Gefühl, meine Mutter in meiner Wohnung putzend zurück zu lassen. Die sich, erst zeternd (Du bist und bleibst eine Sch*ampe", "Gut, dass du mal anständig verdienst, das kannst du keinem anderen zumuten..."), dann nur noch bedrückt den Kopf schüttelnd, ihre Sorgen über meine Unzulänglichkeit als Hausfrau damit vertreibt, selbst reinezumachen.

Dass sie dabei zum Beispiel schon auf den Inhalt meines Silikon&Co-Schatüllchens gestoßen ist, muss ich nicht erwähnen, oder?
shark
Oh je... troest.gif Jedenfalls hat sie sich das Kopfzerbrechen über den Inhalt des Schatüllchens redlich verdient! *grins*

Aber: Ich glaub, ich würd da ausflippen... ph34r.gif
LadyGodiva
Ich saß im Verlauf der letzten Woche Elternbesuch (Doppelpack!) nachts heulend auf einer Parkbank, weil ich dieser Raumnahme nichts entgegen zu setzen hatte. (Sie zahlen meine Miete.)

Und der Inhalt des Kastens regte sie eher an, über meine Bindungsfähigkeit und Lebenszielerfüllung zu philosophieren. Mit Depotwirkung.

Alles sehr unschön.
shark
Oh, sie zahlen deine Miete.... Das ist dann ja ganz, ganz blöd... und schränkt deine Handlungsfreiheit in bezug auf ihre Uebergriffe ziemlich ein... sad.gif

Aber das hast Du bald hinter dir, oder? Ich meine: die finanzielle Abhängigkeit...?
LadyGodiva
Ja, das sicherlich. Und ich freue mich tatsächlich darauf.
Ohne undankbar zu sein - aber in unserer Familie gibt es ganz klare Hierarchien.

Und Geschlechterzuschreibungen. Die Freundin meines Bruders wird in ihrer Putzwirkung auch mit Argusaugen beobachtet, obwohl ihr wöchentlich die Haushaltshilfe meiner Mutter zur Hand geht.


Was ich damit sagen will: ja, für mich ist es Befreiung, mich so zeigen zu können, wie ich bin: chaotisch und doch irgendwie erstaunlich sortiert, spontan und dennoch gut strukturiert, naja... LG halt.

(Wer meine Wohnung kennt, weiß, wovon ich spreche. Und wer mich im Putzfimmel erlebt hat, lächelt jetzt bestimmt.)
freedom
QUOTE (LadyGodiva @ 19.Jul.2008 - 13:28)
Die Freundin meines Bruders wird in ihrer Putzwirkung auch mit Argusaugen beobachtet, obwohl ihr wöchentlich die Haushaltshilfe meiner Mutter zur Hand geht.



ganz ehrlich? wenn mir mutters "olga" aus polen zur hand ginge, wäre ich wirklich froh wink.gif
"hund säääähr lieb, aber vieeeel dreck"
DAS nenne ich privilegiert - die freundin deines bruders darf sich glücklich schätzen, dass ihr die verantwortung, den haushalt so zu führen, wie sie es möchte, abgenommen wird *ironie off*

tja, und wenn die eltern noch dazu an den mietkosten beteiligt sind, haben sie sicherlich auch den anspruch, das recht (?) , bedingungen zu stellen - und sei es auch nur in bezug auf zucht und ordnung wink.gif

wenn ich gaaanz ehrlich bin, empfinde ich die ab und an fallenden bemerkungen meiner mutter eher als - zwar einschränkend - , aber doch kümmernd.
dennoch bin ich wirklich dankbar, dass ihre toleranzgrenze sogar höher liegt als meine - in jeder hinsicht.

da fällt mir gerade ein: so ordentlich meine wohnung sein mag, so vermüllt und verkippt ist mein auto: eine fahrende nikotinverseuchte hundehütte. und ich habe spaß daran, auf diesen 2 qm die sau rauszulassen!!! denn: mein hund und ich lieben diese karre - für uns alleine! da kommt niemand zu besuch *g*
DerTagAmMeer
QUOTE (LadyGodiva @ 19.Jul.2008 - 13:28)
Und Geschlechterzuschreibungen. Die Freundin meines Bruders wird in ihrer Putzwirkung auch mit Argusaugen beobachtet, obwohl ihr wöchentlich die Haushaltshilfe meiner Mutter zur Hand geht.

Schluck*

Ich könnte es ja verstehen, wenn das gegenseitige Begutachten von Superhausfrauen aufrecht erhalten werden würde, die jährlich Medaillen fürs Armaturen polieren einstreichen und wirklich Freude daran haben!

Aber irgendwie sieht's jetzt eher so aus als würden Mütter ihre Töchter lediglich unter Druck setzen, um ihre eigenen Unzulänglichkeiten zu bemänteln.

no.gif

Da mir die erste berufstätige Alphahausfrau erst vor ein paar Jahren in Gestalt meiner Schwiegermutter begegnet ist (die einen ausgesprochen souveränen Eindruck macht, einen extrem ordentlichen und organisierten Gatten an ihrer Seite hat und über Superwomenkräfte verfügt), dachte ich bis jetzt eigentlich immer, dass der verunsicherte Blick nach Nebenan nur in putztechnisch gesehen weniger erfolgreichen Familien üblich ist.

Jetzt tun sich Abgründe auf, die ich gar nicht so recht wahr haben will. huh.gif

troest.gif
LadyGodiva
Ich habe gerade das Gegenteil beobachtet -
dort, wo nach Meinung der 50er-Jahre-Musterhausfrau ohnehin schon Hopfen und Malz verloren ist, weil die Mutter ganz selbstveständlich auf ihre Berufstätigkeit und die tatsächliche Unvereinbarkeit der besonderen Haushaltsführung pocht, wo kein Geld für eine "Olga" vorhanden ist, da habe ich oft einen recht entspannten und selbstironischen Umgang mit den angetrockneten Katzenfutterresten auf dem Fliesenboden rund ums saubere Näpfchen erlebt.
Nicht nur bei Spontanbesuchen.

Ich denke schon, dass der von Zinnober eingestreute Gedanke der Stilisierung des Weiblichen einen entscheidenden Einfluss auf die Selbsterwartungshaltung heutiger (Haus)Frauen genommen hat: Swipher, Wieleder und Master Propper setzen uns diesen Floh der Asepsis ins Ohr. Auch da ist makellose Weiblichkeit käuflich.
Und Leben ist schmutzig. Sauberkeit rein. wink2.gif
hedonistin
QUOTE (DerTagAmMeer @ 19.Jul.2008 - 12:51)
Den Stress mach ich mir tatsächlich erst, seit wir aus der "Bloß-nicht-stören-frisch-verliebt-" in die "Päärchen-Spiele-Raclette-Mottoabend-Phase" übergetreten sind und hier in unserem beschaulichen Dorf ja tatschlich weit mehr auf dem Präsentierteller leben als in der Kölner Innenstadt.

Hm, dann mache dir doch auch mal den Stress und gucke dir die Leutchen um dich herum genauer an?
Vielleicht bemerkst du dann, dass sich viele ( nicht ausschließlich ) aber zum großem Teil über ihren "perfekt" geführten Haushalt definieren?
Suche sie dir die doch mal zusammen, die mit wirklicher Leidenschaft ein Hobby ausüben, oder auch dem nachgehen was sie selbst möchten und ihr Leben nicht komplett nach anderen ausrichten?
Ich habe manchmal den Eindruck, dass dieses "beäugen" von zugezogenen oder überhaupt der Nachbarschaft, erstens vielleicht durchaus Interesse am Neuen ist, aber auch einfach eine Art Selbstflucht?

Meiner Erfahrung nach, wünschen sich die Menschen in diesen Dörfern nichts mehr als eine ordentliche Portion Gelassenheit:D

Übrigens, ist "gut" viel besser als "perfekt" wink.gif
Schräubchen
QUOTE (MrsM @ 18.Jul.2008 - 16:24)
Ich mache einen großen Unterschied, zwischen chaotisch und 'unsauber'....

...

Chaos ist nicht gleich dreckig

Das sehe ich genauso.

Auch ich kenne die Putzorgien meiner Mutter und auch die meiner Oma (die früher mit im Haus lebte) bestens. Da wurde der Frühjahrsputz noch großgeschrieben, der Garten durfte kein Unkraut beherbergen und die Deko musste der Jahreszeit entsprechend sein. (Das ging sogar soweit, dass in der Weihnachtszeit die Sammeltassen aus der Vitrine verschwanden, auf denen Sommerblumen zu sehen waren!!!) no.gif
Vor Feiertagen wurde das Geschirr komplett gespült, die Schränke ausgewischt und wir Kinder durften das Haus nur durch den Keller betreten.
Meine Mutter hat sich mittlerweile etwas geändert. Sie sieht das ganze nicht mehr so eng, so ist z.B. in dieser Woche nicht der Garten gehackt worden und das Pflaster gefegt, obwohl wir dieses Wochenende Schützenfest feiern!!! Die jüngeren Leute in der Nachbarschaft (oder überhaupt hier im Ort) sehen das auch nicht so eng, die Älteren sah man in dieser Woche aber doch das Unkraut auszupfen und die Fenster putzen.

Was mich betrifft kann ich sagen, dass ich immer ein gewissen Chaos um mich herum brauche, sonst fühle ich mich nicht wohl. Eine Wohnung in der nirgendwo etwas rumliegt empfinde ich wie ein Möbelhaus, unpersönlich und steril. Ich brauche einfach Bücher und Zeitungen, die herumliegen, die Topfpflanzen dürfen ruhig mal die Fittiche hängen lassen und wenn die Fenster nicht 100 % sauber sind, ist das auch in Ordnung. Allerdings gibt es eben einen Unterschied, zwischen chaotisch und unsauber. Der Kamm gehört eben nicht neben die Butter und das schmutzige Geschirr sollte auch nicht wochenlang in der Spüle herumstehen.

Ich für meinen Teil brauche einfach "kreatives Chaos" in meiner Wohnung, da ist mir auch egal, was andere dazu sagen. Trotzdem finde ich Sauberkeit wichtig, weshalb ich Gästen jederzeit Kaffee in einer sauberen Tasse servieren kann morgen.gif
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