ZITAT(Sin @ 19.Jul.2010 - 18:35)
@sonnenstrahl: Ja, du hast Recht. Am meisten verabscheue ich dies, weil es stark mit mir zu tun hatte. Weil ich in meinem Elternhaus regelmäßig gegen eine Wand lief. Gegen Menschen lief, die abends zur Prime Time vor der Glotze lagen, kein Interesse an gemeinsamen Unternehmungen zeigten und einfach in den Tag lebten und ein Elternteil sich regelmäßig hinter der eigenen angeblichen Unfähigkeit und Hilflosigkeit versteckte. Natürlich gibt es auch bei uns ruhigere Phasen, in der wir mehr entspannen, aber ehrlich gesagt halte ich nicht mal 3 Tage ohne irgendeinen Ansatz meiner Arbeit durch.
Deine Ausführungen über eine mögliche ehrlichere Antwort kann ich nicht unterschreiben. Ich habe keine Schwierigkeiten mit dem Teil von mir, der gern mal alle Fünfe gerade sein lassen möchte. Ich bin ein sehr aktiver Mensch, der nicht ziellos rumhängen KANN. Ich rede auch nicht davon, andere zu verurteilen, die das können. Ich rede von den verschwendeten Tagen, den versäumten Stunden, weil man sich nicht traute oder zu faul war oder zu bequem. Und davon gibt es genug…
Ich erwarte von mir, dass ich meine Sache gut mache. Nicht perfekt, nicht zu schnell, nicht zu langsam. Sondern gut. Ich habe auch keine MUSS-Latte, die zeitweise am Boden liegt.
O.k. ... mal sehen, ob ich dir folgen kann.
Zur Überprüfung werde ich versuchen das, was ich aus deinen Ausführungen herauslese, in ein glotze- und abhängfernes Bild zu übersetzen*:
Da eröffnet also eine einen Thread, in welchem sie halbwegs neutral anmutend fragt "Wie steht´s denn bei euch so mit dem Skifahren?" Und sogleich hinzufügt: A) "Ich persönlich verbringe meine Zeit lieber anders ...".
Nach einigen Antworten lässt sie durchblicken, dass sie B ) Skifahrer absolut zum Kotzen findet. Was bei manchen Mituserinnen sowohl Unmut auslöst, als auch auch das kommunikationsbereite Spiegeln einer wahrgenommenen Schrägheit.
Gefragt, warum sie eigentlich nicht von sich schreibt, anstatt über andere herzuziehen, antwortet sie: "Nun schaut, ich
steh doch dazu, dass ich weder skifahren kann noch will."
Es stellt sich also schlussendlich raus: C) Die Thread-Eröffnerin KANN nicht Skifahren.
Kann meine Übersetzung deiner Meinung nach so stehenbleiben? Oder steh ich komplett auf´m Schlauch?
Sollte ich dich nicht völlig missverstanden haben, ergeben sich ab hier für mich folgende Feststellungen und Überlegungen:
Dass aus C) sehr leicht A) resultieren kann, ist für mich gut nachvollziehbar. Warum sollte eine ihre Freizeit mit etwas verbringen wollen, das sie nun mal partout nicht kann? Verspricht ja wenig Freude. Es sei denn, ihr Ehrgeiz fühlt sich angenehm gekitzelt ...
Wenn aus C) sich B ) ergibt, kann das viele mögliche Gründe haben.
Vielleicht ist da einfach Neid auf etwas, was die Threaderöffnerin auch gerne könnte.
Vielleicht hatten all die Kinder wohlhabender Eltern aerodynamische, spacige, bunte, teure Skiausrüstungen, mit denen es sich wie von alleine zu fahren schien, während sie sich so unendlich plump fühlte auf Urgroßmutters alten Eichenholz-Brettln, im schweren Janker und in den Leder-Knickerbockern.
Vielleicht war der verhasste Nachbar, damals, als sie noch ein kleines Mädchen war, passionierter Skifahrer.
Vielleicht ist ein geliebter Mensch bei einen Skiunfall schwer verletzt worden oder ums Leben gekommen.
Vielleicht hat auf einer Klassen-Skireise die beste Freundin sich mit der verhasstesten Feindin verbündet.
Vielleicht erinnern sie Skier an die viel zu kross fritierten Pommes, die es in der Kinderkur an der Nordsee immer gab ...
Vielleicht ist sie engagierte Umweltschützerin und sieht nur, wie dort, wo die unzähligen Pisten verlaufen, nichts mehr wächst, und wie die Fauna sich zurückzieht.
Vielleicht dies, vielleicht das.
Da kann aus einem Defizitgefühl heraus nun ein Bedürfnis entstanden sein, sich selbst aufzuwerten. Ganz spontan indem andere abwertet werden.
Oder aus einem Schmerz heraus ein Groll, für welchen Skifahrer nun als Projektionsfläche dienen.
Oder es wird an etwas erinnert, was nicht erinnert werden will.
Oder oder oder.
Alles sehr menschlich und daher nachvollziehbar für mich.
Aber dennoch höchst reflexionsbedürftig, wie ich finde.
An dieser Stelle möchte ich die folgende Frage aufgreifen:
ZITAT(Sinai78 @ 19.Jul.2010 - 19:58)
Abscheu, tiefste Abscheu. Also wann ist dieses Gefühl berechtigt und wann nicht?
Gefühle haben keine Berechtigung. Sie sind einfach.
Die Frage, die sich nach meinem Dafürhalten stellt, kann also nicht sein: Darf mensch so fühlen? Und wenn ja: Wann? Sondern: Wie geht mensch mit heftigen Affekten um?
Bleibt mensch - warum auch immer - im bloßen Affekt stecken, so liegt das impuls-/reflexhafte Ausagieren häufig nicht allzu fern (siehe den Thread "Jugendliche männliche Täter ...").
Bzw. mag er allzuleicht dem Drang nachgeben, nach Gleichgesinnten zu suchen, nur um z.B. das noch immer recht wackelige Selbstwertgefühl durch gruppenimmanente Bestätigung abzusichern. Und um aus der Abneigung ein Dogma zu kreieren. ...
So werden - und das ist noch der harmloseste Fall - gewiss keine Brücken gebaut. Es wird nicht integriert, sondern es wird ab- und ausgegrenzt.
Anstatt die Kluft zwischen immer wieder auftretenden heftigen Gefühlsregungen und mitmenschlichem Anspruch als problematisierungswürdig zu erkennen, und mit der Benennung ebendieses Konfliktes so nach außen zu treten, dass ein Dialog möglich ist.
Und hier beißt sich (in meinen Augen) nun die Katze auf etwas absurde Weise in den zuckenden Schwanz:
Ging es nicht irgendwie auch um geistige Wachheit?
Und um entsprechend waches, verantwortungsbewusstes Handeln?
Also um das zu erstrebende Gegenteil von "mit leerem Blick aufschauen und verstumpfen ... "?
Ging es nicht auch darum, etwas dazu beizutragen, dass diese Welt besser, sprich lebensfreundlicher wird?
Ich denke, Abwertung ist keine günstige Voraussetzung dafür.
* Und nun, wo mein Beitrag fast fertiggeschrieben ist, fällt mir gerade ein, wieviele Menschen Skifahren nur als Wettkampfevent, das in der Glotze läuft, kennen ... naja, no example is perfect