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ella1
Ich verfolge seit einiger Zeit die Berichterstattung über exessive Gewalt von Jugendlichen/Heranwachsenden.

Die allgemeinen Straftaten aus dieser Gruppe nehmen seit zwei Jahren leicht ab, die Brutalität und Hemmungslosigkeit bei Gewalttaten ist jedoch gestiegen. Immer häufiger gehen Heranwachsende scheinbar grundlos auf wehrlose Menschen los.
Die Abnahme von Straftaten kann auch darin begründet sein, dass es von Jahr zu Jahr weniger Menschen in der betreffenden Altersklasse gibt.

In dem "Fall Brunner" gibt es drei Täter:

Markus ist wegen Körperverletzung und Diebstahl vorbestraft und saß bereits wegen schwerer räuberischer Erpressung im Jugendarrest. Er hatte einer Rentnerin eine Pistole an den Kopf gehalten und Geld erpresst. Um die Familie kümmern sich seit Jahren die Behörden.

Sebastian schnupfte mit 12 Jahren Heroin. Danach schluckt er LSD und Ecstasy-Pillen, kokst und kifft jahrelang, schmiß die Schule. Seine Mutter ist psychisch krank und mit der Erziehung ihres Sohnes überfordert, der Vater stirbt früh. Im November 2008 nimmt ihn das Jugendamt in Obhut. Vorbestraft ist er wegen schwerer Körperverletzung, räuberischer Erpressung und Drogendelikten.

Christoph ein Jungen aus gutem Haus. Der säuft und kifft und wurde wegen Körperverletzung und Diebstahl zu Sozialstunden verurteilt wurde.

Sebastian und Christoph leben zur Tatzeit im easyContact House, einer Hilfeeinrichtung, sie erhalten Betreuung durch Sozialarbeiter und Therapeuten.

Christoph, der die anderen zwei zu weiteren Taten aufforderte, sie hinterherschickte und gemeinsam mit ihnen 15 Euro von den Kindern (die Brunner hiervor schützte)rauben wollte, wurde bereit verurteilt. Er war bei der Tötung selbst nicht anwesend.
Allerdings schrieb er nach der Tat hierzu im Internet und musste sich auch hierfür wegen einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten verantworten (da kann sich jede selbst vorstellen was er zur Tat schrieb). Da bei ihm auch Betäubungsmittel sichergestellt worden waren, wurde auch deren unerlaubter Besitz angeklagt. Das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht München verurteilte ihn unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter räuberischer Erpressung zu 19 Monaten Jugendstrafe zur Bewährung. Der sich in einer Suchttherapie befindende Verurteilte erhielt als Bewährungsauflage, diese für weitere fünf Monate fortzusetzen.

Da Taten von Jugendlichen zumeist ohne Vorstrafen enden, es zu Wiederholungen und einer Schwere der Tat kommen muß, braucht es einiges um vorbestraft zu sein. Vorrang hat im Jugendstrafrecht, solange es irgendwie vertretbar scheint, der Auftrag zu Erziehung bzw. Hilfsangebote.

Christoph hat die Tat nicht bereut, nicht die räuberische Erpressung, nicht seine Schläge gegen die Opfer an dem Bahnhof, bevor Brunner eingriff. Dies schließe ich daraus, dass er nach der Tat öffentlich zu Gewalt aufrief im Zusammenhang mit dem Fall. Vor Gericht und somit auch später in der Presse wurde er "Wortführer" der Tat genannt.
Auf seine Herkunft aus einem schlechten Miieu kann er sich nicht berufen, stattdessen auf Drogenkonsum. Dies ergab für ihn eine Bewärungsstrafe. Ob die Teilnahme an einer Therapie als Strafe angesehen werden kann bezweifele ich persönlich auch wenn es juristisch so gesehen werden kann.

Markus und Sebastian geben als Milderungsgrund Alkoholkonsum an, zudem wird öffentlich über ihre Herkunft und Perspektivlosigkeit berichtet als mögliche Ursache der Tat. Zudem geben sie an von Brunner angegriffen worden zu sein und sprechen von Impulsverlusten und Erinnerungslücken.
Nach ähnlichen Taten in München in denen Angeklagte Alkoholenthemmung angaben wurde dies bei Urteilsverkündung in Bayern nicht als Milderungsgrund anerkannt. Grund damals war, dass das Gericht nicht davon ausgeht, dass ein betrunkener Mensch dermaßen zielgerichtet und schnell Schlagen und Treten kann. Wie es in diesem Fall gesehen wird ist unklar. In Bezug auf Betreuung vor der Tat wurde gesellschaftlich intensiv Hilfe in der Familie und individuell für die Täter geleistet.

Ich bin ratlos und wütend wenn ich daran denke wie wenig Maßnahmen, ob Strafe oder Hilfe, bei den drei Tätern halfen.
Ich bemerke an mir, ich habe wenig Lust mit Gründe zu überlegen wieso sie diese Tat begehen "mussten".
Wenn ich mir überlege, dass es Menschen gibt die von sich sagen, sie rasten einfach aus und sind nicht mehr zu bremsen, dann bekomme ich persönlich Angst. Ich hätte ihnen nichts entgegenzuhalten. Ich könnte auch nicht darauf vertrauen am Boden liegend, ohnmächtig, verschont zu werden von weiteren Verletzungen. In solchen Momenten denke ich bezogen auf diese Täter ist es einfach Glück ihnen nicht zu begegnen.

ella1
.....Diese Täter sagen von sich selbst, sie sind eine Gefahr für andere (und sicherlich auch sich selbst). Vielleicht braucht es dazu eine kritische Situation, mag sein, vor Gericht wird vielleicht geklärt werden ob Brunner in der Situation auch Gewalt anwandte. Im Grunde ist das aber auch egal. Ein bewußtes Eintreten auf Menschen am Boden, auf den Kopf, kann dadurch nicht erklärt werden oder milder gesehen werden. Es kann immer wieder dazu kommen dass diese Menschen in eine kritische Situation kommen (aus ihrer Sicht provoziert werden) solange sie ihre Reaktion nicht unter Kontrolle haben kann ich nicht verstehen wieso es riskiert werden sollte.

Ich sehe dies ggf. als einen temporären Zustand dieser Menschen und ich erwarte vom Staat mich davor zu schützen. Wer von sich selbst behauptet sich nicht kontrollieren zu können, bis zur Tötung eines anderen Menschen sollte als psychisch krank gelten (im Sinne von fremdgefährdend) und behandelt werden, mit oder ohne Strafe, das mögen Gutachter entscheiden. Ich bin nicht für lebenslange Strafhaft, ich bin dafür konkrete Gefaren abzuwehren von anderen Menschen und mir. Ich verstehe nicht wieso es nicht öfters in diesen Fällen zu Einweisungen in psychatrische Einrichtungen kommt und zu einer Betreuung dieser Menschen bis (wenigstens annährend) geklärt ist, dass diese Menschen ihre Impulse soweit kontrollieren, dass sie niemanden mehr lebensgefährlich verletzen.

Mich beeindruckt die gesellschaftliche Hilflosigkeit in diesen Fällen. Für mich äußert sie sich auf der Straße darin wegzuschauen. An eine Strafe die gesellschaftlich als gerecht gesehen wird glauben auch einige nicht mehr, lese ich in den Foren. Ich kann es verstehen nach der ersten Bewährungsstrafe. Immerhin sind Raubstaftaten Verbrechenstatbestände mit einer Mindeststrafe von einem Jahr. Das nun in einem Gesamtpaket mit anderen Taten 19 Monate auf Bewährung dabei herauskamen ist manchmal auch für mich, die in diesem Bereich arbeitet, nicht immer nachvollziehbar.

Christoph und Sebastian hätten in der Nacht vor der Tat beide in der Einrichtung sein sollen. Stattdessen verbrachten sie die Nacht bei Markus. Nach eigenen Aussagen tranken sie Alkohol.

Alle Hilfsangebote für diese Jugendlichen sind freiwillig. D.h. es gibt in solchen Fällen nicht die Möglichkeit die Jugendlichen geschlossen in Hilfeeinrichtungen unterzubringen. Sie sollen so vernünftig sein und Hilfe annehmen. Gleichzeitig sagt die Gesellschaft sie sind nicht vernünftig genug um ihr Handeln vollständig zu verantworten, bzw. dass sie hilfebedürftig sind.

Ich empfinde das als nicht verantwortungsvoll von der Gesellschaft. Auch hier müssen Menschen vor sich selbst bewahrt werden. Insbesondere für eine gewisse Zeit, wenn denn "schwere Vorgeschichten in Form von schweren Straftaten" auftraten. Für eine gewisse Zeit, weil belegt ist, dass sie das Verhalten oft nach dem 21 Lebensjahr ändert, einsichtiger wird (hirnorganisch begründet in diesen Fällen).

In Frankreich gibt es geschlossene Einrichtungen. Dies heißt nicht, dass die Jugendlichen ständig eingesperrt werden, auch sie haben Ausgang, aber beschränkter. Wenn ich weiß, dass ein 17 Jahriger seit seinem 12 Lebensjahr harte Drogen nimmt, nebenbei ein Alkoholproblem hat, wieso ist dieser dann nach eigenem Gutdünken nachts dort wo er sich Drogen besorgt und konsumiert? Ganz ab von der Gefährdung anderer ist doch auch dieser unreife Mensch stark (lebensgefährlich) gefährdet?

Ich empfinde die Fachleute, Juristen, Pädagogen, die Gesellschaft insgesamt als ähnlich hilflos wie mich selbst. Geschockt und ohne Plan um alle Betroffenen, Täter und Opfer zu schützen.
Ich empfinde das Vorgehen juristsch oder in der Jugendhilfe als inkonsequent und zahnlos.
Es erscheint mir als würden für das gute Gewissen ein paar Maßnahmen durchgeführt und im Grunde bleibt die Verantwortung bei den betroffenen Kindern/Jugendlichen. Nehmen sie es an oder eben nicht.

Die drei Jungs sammelten nun Bewährungsstrafen und irgendwann sitzen sie sie ab. Bis dahin haben sie sich ihre schulische Laufbahn verbaut, beruflich ist nichts möglich und körperlich/psychisch kommen weitere Schäden hinzu.

Ich weiß nicht ob der Versuch solchen Jugendlichen Freiheit zu lassen nicht auch unverantwortlich ihnen gegenüber ist, gehe ich davon aus, dass sie die geistige Reife nicht haben die Erwachsene haben sollten.

McLeod
Hm. Ich erlebe die derzeitig heranwachsende Jugend in einigen Bereichen (Schichten? Miliös?) als recht grenzenlos aufwachsend. Und damit meine ich nicht verwahrloste Kinder desinteressierter, vielleicht sogar alkoholkranker oder bereits abgereister Eltern. Dazu fehlt mir im Großen und Ganzen der direkte Kontakt - um es zu erläutern. Ich erlebe unselbstständige Teenager am Ende ihrer Ausbildung, die fast jede Herausforderung im Leben bei den Eltern abgeben und die diese freudestrahlend für ihre "coolen Kids" lösen. Ich erlebe eine teilzeit-berufstätige Mutter, die ihren Kindenr gegenüber zwischen schmeichelnder Schokolade-Schenkerin und unberechenbarer Bestraferin für noch nicht perfekte Tischmanieren pendelt. Ich erlebe Eltern, die ihren 14-jährigen Kindern Bier kaufen, "damit die sich nicht heimlich Wodka kaufen" und Kassierer, die nur mit der Schulter zucken, wenn ein Teenager beim Alkoholkauf keinen Ausweis dabeihaben will.

Insofern: ja, wir scheitern als Gesamtgesellschaft gerade daran, Kindern und Jugendlichen Alternativen zu ermöglichen.

Ich erlebe aber auch Erwachsene, die sich auf der Straßen einmischen oder Hilfe anbieten, wenn jemand so aussieht, als bräuchte sie oder er vielleicht welche. Ich erlebe sehr gesittete, nachdenkliche Jugendliche, die Gendertrouble in schwul-lesbischen Kreisen doof finden, maskuline Frauen und qiekende Männer abwerten und das sind, was bei uns früher unter "spießeig" lief und wir in der Generation von vor 1950 vermuteten...

Ich erlebe einen Gesetzesdschungel, in dem immer weniger entschiedbar ist, was sich gerecht(fertigt) anfühlt. Von Steuer über Strafen bis Bußgelder.

Ich erlebe gleicheztig einen Sicherheits- und Komfortstandard, der erst durch die meisten dieser Gesetze und dazu nochmal einige zigtausend DIN-Normen ermöglicht wurde.

Ich schwanke täglich zwischen Jammern auf hohem Niveau und Optimismus in tiefster Krise.

Und ich hab keine Ahnung, ob das alles was zu Deinem Beitrag beiträgt.

McLeod
kröpi
Tja, ich finde, dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen... Es gibt so unendlich viele Entfaltungsmöglichkeiten für Menschen in dieser Gesellschaft, abhängig von ihren Genen/Persönlichkeit, Erfahrungen, Erziehung, Begegnungen, d. man vermutlich bis in alle Extreme immer für alles Besipiele finden kann.

Philosophischer schreibt es Gerald Hüther in seinem Buch "Die Evolution der Liebe - Was Darwin bereits ahnte und die Darwinisten nicht wahrhaben wollen".

Ein kleines Taschenbüchlein, was mich nachhaltig beeindruckt hat. Eigentlich wollte ich aus dem Epilog in Teilen hier zitieren, dann lese ich aber auf der ersten Seite was über die Urheberrechte und bin etwas verunsichert, ob ich denn nun hier zitieren darf oder nicht.... unsure.gif

Im Prinzip jedenfalls nicht verwunderlich, daß diese Phänomene der Gewalt immer mehr zu Tage treten, in einer Gesellschaft, die vom Darwinismus geprägt ist: Der stärkste/beste gewinnt und auf Egoismus kommt es an. Nicht die (Für-)Sorge um unsere Mitmenschen und um unsere Gemeinschaft bestimmt unser tägliches Tun, sondern unser einzelner Kampf um unser bestmögliches Überleben. So werden wir groß.

Es gab auch mal ein GEO-Spezial zum Thema "Gute Mütter" und die Unterschiede zwischen Müttern in unterschiedlichen Kulturen. Hier ist es üblich, den Säugling möglichst schnell an sein einsames Bettchen im Einzelkinderzimmer zu gewöhnen (Siehe: Jedes Kind kann schlafen lernen z.B.). Das Kind lernt: Ich. Ich bin allein, getrennt von meiner Mutter. Ich kann/muß mich allein durch die Welt schlagen (im wahrsten Sinne des Wortes?). Die Mütter, die die Säuglinge im Tuch an sich gebunden schlafen lassen und in einer großen Gemeinschaft aufwachsen lassen, entwickeln Kinder, die lernen: ich bin Teil eines Systems/ einer Gemeinschaft. GEO schlußfolgerte daraus, daß beide Mütter "gute" Mütter sind, denn sie bereiten das Kind darauf vor, was es in seiner entsprechenden Gesellschaft am ehesten zum bestmöglichen Überleben brauche. Fand ich damals, als junge Mutter, ganz spannend, denn ich hielt mich plötzlich für eine ziemlich schlechte Mutter, weil mein Säugling bei mir im Bett schlief und tagsüber im Tuch vor meinem Bauch baumelte. Fragte mich, ob mein Sohn jetzt versagen wird in dieser Welt aus Egoisten unsure.gif

Mir machen solche Berichte wie diese Geschichte mit Brunner auch immer Angst, weil ich auch jemand bin, der sich gerne mal einmischt. Dachte immer, spätestens, wenn jemand am Boden liegt, sollte die "Beißhemmung" einsetzen. Aber das ist wohl so nicht richtig und das ist ziemlich traurig. Schrecklich. Was auch immer.
Gewalt wird es immer geben und gemeine Menschen auch. Die Frage bleibt nur, wie man selber damit umgeht...
dandelion
ZITAT(kröpi @ 17.Jul.2010 - 00:07) *
Ein kleines Taschenbüchlein, was mich nachhaltig beeindruckt hat. Eigentlich wollte ich aus dem Epilog in Teilen hier zitieren, dann lese ich aber auf der ersten Seite was über die Urheberrechte und bin etwas verunsichert, ob ich denn nun hier zitieren darf oder nicht.... unsure.gif

ein bis zwei Sätze oder Verlinkung zu einer online-Version sind OK, mehr bitte nicht wink.gif
kröpi
ZITAT(dandelion @ 17.Jul.2010 - 10:15) *
ein bis zwei Sätze oder Verlinkung zu einer online-Version sind OK, mehr bitte nicht wink.gif


Tja. Habe leider irgendwie nix daraus zum Verlinken gefunden :-(

außerdem weiß ich gar nicht, wie man verlinkt. Kann also der interessierten Leserschar nur das Buch als solches empfehlen... unsure.gif
ella1
Die meisten Kinder und Jugendlichen überstehen die Erziehungsversuche ihrer Eltern und die gesellschaftlichen Anforderungen ganz gut.

Selbst wenn es zu Straftaten kommt, Diebstähle, Raufereien und Schulhofmobbing ist dies kein Grund mit drakonischen Strafen oder vermehrten Maßnahmen gegen die Täter vorzugehen, wenn denn ein Opferschutz trotzdem gewährleistet ist.

Als Beispiel: Ich erwarte nicht, dass eine "Täterclique" die den Schulhof aufmischt, "körperverletzt und abzieht" strafrechtlich in Zaum gehalten wird. Meist sind es Phasen in denen Jugendliche ausscheren, den "Macker" miemen und irgendwann beruhigt es sich auch wieder.
Ich erwarte aber Opferschutz. Das heißt es muß etwas geschehen, damit dieses Verhalten auf dem Schulhof beendet wird und andere nicht beeinträchtigt. Statistisch würde weitere Gewalt auch dazu führen mehr Täter für die Zukunft zu schaffen. Denn Jugendliche Täter waren zuvor überwiegend Opfer und suchen sich später selbst Schwächere als Opfer.

Was ich in diesem Sinne sehr gut empfinde sind Täter-Opfer-Ausgleiche, Auflagen für pädagogische Maßnahmen pp..

Unser Jugendrecht, welches auch Wiederholungstäter nicht nach dem Erwachsenrecht bestraft hat sich sicherlich bewährt. Kein Einsperren, Arreststrafen erst nach langen Karrieren und dann für's Wochenende.

Aber es gibt einen kleinen Prozentsatz von Jugendlichen und Heranwachsenden, welche dies nicht erreicht. Grundsätzlich wäre dies auch kein Problem, Straftäter gibt es immer und Deutschland steht gut in allen Statistiken da.
Ich spreche hier von extremen Gewalttätern, süchtigen vom Kindesalter an. Dies sind keine Jugendlichen aus überwiegend "schlechten Verhätnissen", so wie oben geschilderte Täter einmal aus der Oberschicht, einmal aus der Mittelschicht und einmal aus der Unterschicht kommen. Der Haupttäter Markus entstammt der Mittelschicht. Wer will findet seine Familie im Netz und kann sich selbst ein Bild machen.

In diesen Fällen sehe ich ein gesellschaftliches Scheitern in Bezug auf Opfer und Täterschutz.
Um zu meinem Beispiel oben zu kommen. Es ist kein Geheimnis, dass es kleine Gruppen an Schulen gibt, welche andere tyrannisieren und hiervon nicht abzubringen sind mit den üblichen Maßnahmen. Das bedeutet dann Hilferufe von Schulleiterinnen und private Wachdienste auf Schulhöfen die zumindestens das Schulgebiet befrieden. Der Schulweg ist dann wieder eine andere Sache.

Ich spreche hier nur von den Extremfällen. Ich meine keine kleinen Schägereien sonderen eine heftige "feindliche Übernahme" des Umfeldes durch männliche Jugendliche, welche andere dauerhaft und schmerzhaft am eigenen Leben behindern.
In diesen Fällen werden die Opfer nicht selten für eine lange Zeit geschädigt, ggf. hat es auch Auswirkungen auf deren Möglichkeiten überhaupt selbst zur Schule zu gehen. Gleichzeitig lässt man die Täter in ihrer Welt und hilft ihnen damit kein bischen. Sie haben keine Chance auf ein ausgebildetes Leben in der Gesellschaft und zudem wird ihnen trotz aller Gesetze nicht versagt sich selbst mit Drogen umzubringen.

In Videos im Internet sieht man die Sozialarbeiter von Christoph und Sebastian. Sie haben sich nicht gewundert, dass es zu Toten kam in diesem Fall. Allerdings waren sie verwundert, dass es hierbei nicht um Christoph und Sebastian gehandelt hatten. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese an ihrem Leben versterben war für die Betreuer größer.

In diesem Fall waren da zwei extrem gewalttätige, abhängige Jugendliche. Der Verlauf wie es zur Tat kam wurde von diesen selbst vor Gericht geschildert und von Sozialarbeitern bestätigt:

Die beiden waren untergebracht. Jeder wußte von der extremen Eigen-und Fremdgefährdung. Christoph hatte in der Nacht vor der Tat Hausverbot. Es kam dazu, weil er einen Beschäftigten des Hauses massiv anging und tyrannisierte. Die Pädagogen hatten keine andere Möglichkeit als ihn auszuweisen. Das heißt nicht, dass er wonanders untergebracht wurde. Er war halt draußen. Sicherlich um auch andere Hausbewohner zu schützen.

Sebastian hatten ebenfalls Mist gebaut im Haus. Aber weniger dramatisch. Er hatten den Bäderbereich umgestaltet. Er hatte die Auflage es wieder zu beseitigen was er anrichtete. Dennoch blieb er in der Nacht mit Christopher weg. Er meldete sich per SMS ab und gab an bei Markus zu sein. Man beließ es dabei.

Nun haben die Jungs gebechert und gekifft. Sicherlich hat dies niemanden verwundert. Sicherlich glaubte niemand des Nahbereiches die gehen brav um 22 Uhr ins Bett.

Am Folgetag bekam Sebastian eine SMS der Einrichtung die ihn an seine Aufräumarbeiten erinnerte. Ansonsten geschah nichts in Bezug auf Christoph und Sebastian.

Beide gingen nun zusammen mit Markus los. Vor Gericht gaben sie an, sie brauchten Geld, denn sie wollten in der Nacht wieder Party machen. Sie brauchten neuen Alk und Drogen. Ergo wollten sie dieses Geld von den nächsten Opfern die sie ausmachten. Sie fanden sie am Bahnhof und begannen ihren "Job".

So sehr ich begrüße Jugendliche nicht zu kriminalsieren und Hilfe anzubieten, so sehr empfinde ich es als Scheitern, wenn es nicht zusätzlich Maßnahmen gibt die den kleinen Prozentsatz von Jugendlichen wie Sebastian und Christoph erreichen. In diesen Fällen mit Zwang zum Eigen-und Fremdschutz.

Jeder Erziehungsberechtigte versucht zu wissen wo seine Kinder/Schützlinge sind. Dies geschieht täglich auch mit Zwang in Familien. Jede Mutter kennt Endlosdiskussionen ,dass wieder die Schule nicht sein soll, oder was auch immer. Jede Mutter kennt es auch, dass das Kind ausbrechen will, ggf. angeblich wo übernachtet und im worse case bertunken mit der Polizei nach Hause kommt.
Keine Beinbrüche, es wird diskutiert, es werden pädagogische Maßnamen ausprobiert, es wird gehofft, gebeten und geschimpft. Teilweise befinden sich Familien in der Pubertät der "Kleinen" am Rande des Nervenzsammenbruchs. Aber und das unterschiedet von diesem Fall: Sie geben nicht auf, sie bleiben dran und versuchen die Schützlingen nicht unbeaufsichtigt an "gefährdenden Orten" zu lassen. Schon gar nicht wenn diese im Vorfeld gezeigt haben, dass ihnen auch die eigene Gesundheit nicht besonders viel wert ist oder sie wie bei Markus mit Waffengewalt ältere Frauen überfielen.

Wir haben in dieser Gesellschaft weniger Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Die 68iger hatten Recht, wir sollten wenig Gewalt ausüben. Als ich jung war, kind und später jugendlich, war es nicht ungewöhnlich von Erwachsenen geschlagen zu werden. Von Pädagogen und Co.. Erwachsene hatten Recht, verdienten Respekt und untermauerten dies mit Gewalt. Gewalt die ihnen zustand auch vom Gesetz. Eltern durften ihre Kinder bis vor wenigen Jahren schlagen.

Es ist auch richtig nicht mit Justiz jugendliches Fehlverhalten zu bestrafen.

Aber für einen kleinen Rest an Kindern und Jugendlichen haben wir keine Möglichkeiten. Kurz wenn sie nicht wollen lassen wir sie sehr lange machen. Über Jahre lassen wir sie. Wir lassen sie damit auch alleine bis wir sie irgendwann einsperren. Immer wieder einsperren in Gefängnisse wenn sie endlich alt genug sind um dies zu tun oder wenn sie jemand umbrachten.

Hier wird die Idee der Hilfe ausgehebelt. Wir (die Gesamtgesellschaft, Justiz, Jugendhilfe....Staat als Vertreter aller) helfen niemanden damit. Wir schauen weg und grenzen aus. Wir geben diese Menschen auf und opfern andere die diesen Menschen begegnen.
Wir können Kinder und Jugendliche auch in diesem Fall nicht behandeln wie selbstständige Erwachsene (so wie wir es auch nicht vor Gericht tun). Es kann nicht sein, dass ein 15 jähriger entscheidet wo er seinen Nächte verbringt, dass er trinkt und niemand weiß was er gerade macht wenn er nicht in der Schule auftaucht (in der er vermutlich seit Monaten nicht war).

Alle Zahlen sprechen dagegen, dass Jugendliche in der heutigen Gesellschaft ein schwereres Leben haben als früher.

Im Grunde läuft es auch in der Jugendkriminalität gut. Heute wissen wir es ist meist eine Phase die auch wieder endet.

Aber wir brauche nach meiner Ansicht auch Möglichkeiten für Extremfälle mehr "da zu sein" zum Schutz für alle.

In Medien/Diskussionen sehr ich, dass die Meinungen zwischen zwei Extremen pendeln: Für immer wegsperren oder anderen die Schuld geben und die Jugendlichen in beiden Fällen nicht weiter zu beachten.
Entweder sie sind "Bestien" oder "Opfer" eines großen und Ganzen politischen Umfeldes was sowieso niemals geändert wird (jedenfalls nicht in der Jugend der Betroffenen).

Solche Fälle, wie mit D. Brunner, sind für mich Anlass zu sagen, wir brauchen weiterführende Gedanken, Maßnahmen um auch solche Jugendlich zu erreichen, auch mit mehr Zwang. Alles andere erscheint mir ignorant und menschenverachtend gegenüber Tätern und Opfern.
shark
Aus der Entwicklungspsychologie wissen wir, dass Kinder erstens Teil eines "größeren Ganzen", Teil ihrer Gesellschaft sein wollen, dass sie "nach Gruppe suchen".
Dass sie zweitens gleichzeitig aber auch nach Selbstständigkeit trachten, Selbstwirksamkeit spüren wollen.

Und ich denke, an beidem (von "Fall" zu "Fall" unterschiedlich in der Gewichtung) mangelt es vielen Jugendlichen heute.
Genau wie an der Möglichkeit, miteinander selbstgewählte, selbsterdachte "Abenteuer" zu erleben.

Wir "vereinzeln" immer mehr - oft auch schon innerhalb der Familie.
Soziale Gefüge zerfallen bzw. können erst gar nicht "selbstverständlich" entstehen.

Und viele Eltern kümmert es in der Tat wenig, was ihre Kinder so treiben - Hauptsache, allfällig eingehandelter Ärger dringt nicht zu ihnen vor, hat für sie keine Konsequenzen.
Ich habe oft erlebt, dass Eltern zum Beispiel dauerhaftes Schulschwänzen ihrer Kinder erst dann als Problem anerkannten, wenn die Polizei diese morgens zuhause abholte oder bereits Bußgelder verhängt wurden.
Genau dasselbe bei Delikten, die zu Sozialstunden führten. Erst wenn der erste Arrest anstand, haben sich diese Eltern mit dem Problem der Straffälligkeit (und damit noch lange nicht mit ihrem Kind) auseinandergesetzt.

Diese Kinder entbehren oft schon früh schlicht und einfach des "Schutzes" ihrer Eltern - auch des "Schutzes" vor sich selbst, vor noch unausgereiften Entscheidungen, vor Haltlosigkeit.
Sie vermissen (meist ohne das wirklich benennen zu können) das oben unter "erstens" Erwähnte: Teil zu sein der Familie, Teil zu sein auch der Gesellschaft, in der sie leben, der sie sich aber mangels Erfahrung mit ihr nicht zugehörig fühlen können.

Was bleibt ihnen also?

Der unter "zweitens" erwähnte innere Trieb: Sie machen sich früh frei von allem, streben hinaus aus der ohnehin nicht "funktionierenden" Familie und finden dort "draußen" Andere, denen es genauso geht.
Ohne aber "Übung" in dem Balanceakt zu haben für das, was uns Menschen gleichzeitig Geborgenheit und Eigenständigkeit schenkt; sie bleiben "schwach" als Menschen.
Und führen "schwache" Beziehungen zu Anderen.

Da sie aber intuitiv wissen, dass nur starke Verbindungen sie in irgendeiner Form schützen können, tun sie gemeinsam Dinge, die ihnen "stark" vorkommen - und die ihnen Andere (die, die nicht zu ihrer Gruppe gehören) "schwach" vorkommen lassen.

Das funktioniert in diesem unreifen Denksystem vor allem und am besten durch Gewalt, durch Wegnehmen, durch Raumgreifen.
Und da diesen Kids die Beziehung zu "den Anderen" fehlt und sie sich nicht mit ihnen, mit ihrer Angst, ihrem Schmerz identifizieren können und dürfen (weil sonst ihr System zusammenbricht), mangelt es ihnen auch an Mit- und Schuldgefühl.
Dieser Mangel wiederum öffnet Tür und Tor für extreme Gewalttätigkeit, verstärkt noch durch unkontrollierbare Wut darauf, sich selbst aus "draußen stehend" zu erleben..
Und ihr "Abenteuer" wird das "Ungestraft-Davonkommen-Können" und das "Siegen" über alle Anderen - innerhalb und besonders außerhalb ihrer Gruppe.

Immer wieder sind solche Jugendliche (zum Beispiel im Rahmen von Gesprächen, die einem "Täter-Opfer-Ausgleich" vorausgehen) selbst erstaunt, wie sympathisch ihnen die "Opfer" plötzlich sind und wie wenig sie eigentlich trennt, wie nah im Gegenteil sie einander hätten sein können.
Und ich habe nie erlebt, dass nach einem solchen Gespräch eineR der vormalig, teilweise mehrfach "Opfer" gewordenen, Jugendlichen nochmals angegriffen worden wäre.
"Ich kenn die/den jetzt ja. Und der/die ist OK."

Diese Kids müssen weit häufiger die Erfahrung machen können, dass die "Anderen ganz OK sind" und dass sie selbst auch "dazugehören" zu dem großen Ding "Gesellschaft".
Verantwortung ergibt sich daraus nämlich fast von selbst - und damit sozial verträgliches Verhalten.

Wirklich blöd ist, dass (wenn überhaupt) solche Maßnahmen viel zu spät ergriffen werden (da geb ich ella absolut Recht) - viel zu lange wird ignoriert und dann irgendwann hart abgestraft.
Das aber fördert bei diesen Jugendlichen nur das Gefühl, nicht dazuzugehören, nicht wichtig zu sein und jede Bestrafung wird irgendwann mit einer Mischung aus Stolz (weil sie wahrgenommen wurden; wenn auch noch so negativ) und Bestätigung ihres Denksystems ("Ich gehöre nicht in diese Gesellschaft; ich werde für das, was ich bin, bestraft.") ge- bzw. ertragen.

Dass die erwünschte Wirkung einer Resozialisierung auf diese Weise nicht erreicht werden kann, versteht sich von selbst.

Aus der Resilienzforschung weiß man, dass auch Kinder, die in denkbar ungünstigen Verhältnissen groß werden, rechtschaffene und "gesunde" Erwachsene werden können - sie brauchen dazu aber mindestens eine Person in ihrem Umfeld (Tante, Lehrer, Trainerin, Nachbar... wer auch immer; Hauptsache, zu dieser Person besteht eine vertrauensgeprägte, gegenseitig wertschätzende Beziehung), die ihnen vermittelt, "dass sie wer sind" und ihnen Werte vorlebt, die ihnen Eingang in die Gesellschaft verschaffen.

Wir alle werden immer mehr zu "EinzelkämpferInnen" in einer Gesellschaft, die Teamgeist predigt und Egoismus lebt.
Und genau auf diese Welt bereiten sich diese Jugendlichen vor.
Auf eine nicht akzeptable Art, gewiss, aber innerhalb ihres Systems durchaus folgerichtig.

Deshalb ist Jugendkriminalität in der Form, um die es in diesem Thread geht, ein deutliches Indiz dafür, dass nicht (nur) in den Familien etwas ganz gewaltig schiefläuft, sondern gesamtgesellschaftlich.



shark
ella1
Es gibt viele Theorien zur Kriminalität und alle haben ihren Sinn und alle erklären nur bedingt, gibt es doch immer wieder Menschen die scheinbar unbeeindruckt gegenüber Einflüssen sind und andere bei kleinsten "möchtegern Umständen" eskalieren.

Es gibt jene die an "geborenen Verbrecher" glauben und Gene ausfindig machen.

Wichtig für unser heutiges Umgehen mit Jugendkriminaliät ist die "Entwicklungstheorie", daß im kindlichen und jugendlichen Alter Straftaten leichter bis mittlerer Art begangen werden, da Normen, wie vieles andere auch, erst erlernt werden müssen. Diese Häufigkeit kann nicht primär mit Besonderheiten erklärt werden, sie ist vielmehr gerade durch die Entwicklungsphase des Menschen bedingt. "Learning by doing" gilt auch hier. Diese Auffassung hat sich auch in der offiziellen Gesetzesbegründung zum Ersten Änderungsgesetz zum Jugendgerichtsgesetz (1989) niedergeschlagen: "Für einen nicht unerheblichen Teil der leichteren Jugendkriminalität stellt das abweichende Verhalten junger Menschen eine eher normale Erscheinung dar, die nicht als Symptom einer beginnenden oder möglichen kriminellen Verwahrlosung beurteilt werden und die keinerlei über die Entdeckung der Tat und über den Kontakt mit Polizei, Jugendgerichtshilfe und Staatsanwaltschaft hinausgehende Folgen nach sich ziehen muß. Der Interventionsbedarf erscheint in solchen Fällen wesentlich geringer als angenommen wird." Danach "urteilen" wir justiziell.

Sozialisationstheorien besagen Kriminalität ist Ausdruck einer mißlungener Sozialisation, von fehlerhafter Erziehung in den ersten Kindheitsjahren und darüber hinaus. Insbesondere dann, wenn in der Kindheit eine dauerhafte Bezugsperson fehlt und kein Urvertrauen hergestellt worden ist. Die Gewissensbildung, also die Verinnerlichung von Recht und Unrecht, kann aber auch bei Inkonsequenz, bei falschen Erziehungsmethoden, bei Hartherzigkeit der Erziehungspersonen, aber auch bei überzogener Verwöhnung ver- beziehungsweise behindert werden.

Daß Kriminalität auch gelernt wird, ergibt die "Lerntheorie".Wir erlernen nicht nur unser Wissen, sondern auch unsere Handlungskompetenzen. U.a. Kindheitserfahrungen mit selbst erlittener und miterlebter Gewalt sind nach empirischen Untersuchungen ein bedeutsamer Faktor für spätere Gewalttätigkeiten. Gelernt wird aber auch aus dem Verhalten der Gesellschaft. Kinder und Jugendliche lernen vor allem auch in ihren Spiel- und Jugendgruppen.

Für den Anstieg der Gewaltkriminalität wird neben der Lerntheorie auch die Frustration-Aggressions-Theorie herangezogen: Gewaltkriminalität ist hiernach eine Folge von Ohnmacht und Frustrationen.

Nur zur Eigentumskriminalität gilt, Jugendliche und Heranwachsende, die noch nicht über die aus ihrer Sicht nötigen finanziellen Mittel verfügen, die aber gerade den gesellschaftlichen Zielen von Reichtum und Wohlstand nachlaufen, wird mit dieser Theorie aus der amerikanischen Soziologie erklärt, Anomie-Theorie. Der Name ist aus dem Griechischen entlehnt: "a nomos" bedeutet "ohne Gesetz". Aber, einen unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Kriminalität herzustellen. Zwar steigen die Gesamtarbeitslosigkeit und die Quote arbeitsloser Straftäter im Bereich der Eigentums- und Vermögenskriminalität in der Regel gleichmäßig an, aber schon vorübergehende Rückgänge in der Arbeitslosigkeit wirken sich nicht auf die Kriminalitätsrate aus.

Der Etikettierungsansatz zur Erklärung von Kriminalität geht nicht von der Täterpersönlichkeit und ihrem Umfeld aus, sondern versucht, Kriminalität aus der Definitionsmacht des Staates und seiner strafverfolgenden Kontrollorgane zu erklären: Wenn neue Straftatbestände geschaffen werden, werden neue Straftäter verfolgt; werden Straftatbestände gestrichen, so nimmt zwangsläufig auch die offizielle Kriminalität ab.



Die heutige Gesellschaft agiert nach der Entwicklungstheorie. Sie bewährt sich insofern als dass die Kriminalität nicht steigt auch wenn nicht "geahndet" wird und sich die Kriminalität mit steigendem Alter nachweisbar "verwächst".

An der Sozialisationstheorie scheitern wir praktisch. Das heißt gesellschaftlich ist klar, dass Eltern manchmal nicht geeignet sind zur Erziehung. Aber Erziehung ist grundrechtlich den Eltern überlassen. Inobhutnahmen sind letztes Mittel. Ggf. werden Helfer über Jahre in die Familien geschickt. Diese sind natürlich nur stunden-/tageweise in den Familien und fangen nachweislich nicht die Masse an Eindrücken die durch 24/7 Personen aus dem Nahbereich einwirken.

Aufgrund der Lerntheorie gibt es mittlerweile Bürgeraufstände. Siehe zur Zeit Hamburg. Immer mehr Eltern aus "gefühlten besseren Kreisen" versuchen Kontakte ihrer Kinder zu "Schichten" die ggf. "Dummeiten" beibringen können zu vermeiden.
Ich habe den Eindruck Fachleute und Politik erhoffen sich ein positives Einwirken von "sozialisierten Kinder" auf jene mit Defiziten, während die Erziehungsverantwortlichen alle Kontakte zu defizitären Kindern und Jugendlichen vermeiden wollen und eher nicht daran glauben ihre Kinder können "miterziehen" sondern würden "verdorben".

Die Agressions-Frustrationstheorie sehe ich selbst nur als Erweiterung des o.g.. Denn Frustrationen erlebt jeder Jugendliche, die Frage ist nur wie diese bewältigt werden.

.....

Ich rede hier nicht von der üblichen Jugenkriminalität, ich rede von extremer Gewalt mit Lebensgefahr für die Opfer (und Täter) in wiederholten Fällen.

Es gibt dabei drei Tätergruppen:

Die Ersten rastet aus, sie sind bei der Tat ohne Impulskontrolle nach gefühlten narzistischen Störungen durch das Opfer. Nach der Tat sind sie von sich selbst geschockt. Diese Jugendlichen Täter sind gut durch Trainingskurse zu erreichen. Sie brauchen Hilfe zur Kontrolle aber sie zeichnen sich durch Empathiefähigkeit ( wenn auch nach der Tat aus) aus. Auch Täter-Opfer-Ausgleiche haben sich bewährt als begleitende Maßnahme.

Die zweite Gruppe sucht Konflikte und rastet aus, aber sie empfinden keine Emphatie. Sie filmen das Ganze, prahlen danach pp.. Sie übernehmen keine Verantwortung. Sie geben den Opfer die Schuld "der Assi" " der hat mich Blickgefi*t".....

Die Dritte Gruppe zeichnet sich durch keinerlei benannte Gründe aus, keine Emphatie, sie gehen wahllos brutal vor.

Alle drei Gruppen begehen Taten wahrscheinlicher unter dem Einfluß von Suchtmitteln.

Mein Anliegen ist:

-Dieses Land sollte trockengelegt werden was Suchtmittelmöglichkeiten für Jugendliche betrifft. Mehr Scheinkäufe und drakonische Strafen für Verkäufer, mehr Jugendkontrollen in öffentlichen Räumen.

- Möglichkeiten der Kinder/Jugendgerechten Unterbringung der Betroffenen aus der ersten und zweiten Gruppe in geschlossenen pädagogischen Einrichtungen. Wie auch immer die aussehen sollten, akzeptiere ich nicht die Bereuung wie sie im genannten Fall vorherrschte.Diese Personen mit ihren "Gefahren" für sich und andere, wahllos laufen zu lassen, wenn sie eben gehen wollen.

.....

Erziehung als Aufgabe der Familien zu sehen birgt Risiken. Insbesondere wenn bekannt ist, dass Erziehungsfähigkeiten nicht allgemein vorherrschen. Trotzdem finde ich es wichtig, dass der Staat hier sich nur bedingt einmischt.
Es ist eine schwierige Situation, da Kinder und Jugendliche nicht unbedingt ihre prekäre Lage erkennen und sich "Hilfe" holen. Ebenso nicht die Familien. Die Alternative wäre eine Überwachung aller um Defizite zu erkennen und auch Zwang innerhalb der Familien bei "vermuteten Scheitern".

Manchmal habe ich "Kunden" mit vielen Kindern. Diese werden nach und nach im Schulalter aus den Familien genommen. Andere kinder werden geboren und bleiben wieder die ersten Jahre (zwar mit Hilfe) in den Familien. Wenn die Kinder herausgenommen werden, wollen sie wieder Nachhause. Egal ob dort geschlagen und vernachlässigt wird. Manchmal bin ich wegen dem Vorgehen der staatlichen Stellen frustriert. Gerade hatte ich so einen schmalen Sechsjährigen der nach Hause will weil ihm die regelmäßigen Maßnahmen im "Heim" nicht passen, Zuhause kann er immer Schokolade esssen. Seine Geschwister sind älter, drogensüchtig und wurden bereits aus der Familie genommen. Das er Inobhut kam war auf ihr Drängen, da er regelmäßig mit Gegenständen von der Mutter geschlagen wird. Sie räumt es ein, sagt aber es sei zu seinem Besten. Er sagt "Schlagen ist doof", aber im Grunde nur weil sie immer auf die selben Stellen haut.

Ich schwanke zwischen Frust auf Jugendämter und der Faszination was sie versuchen um die Kinder in den Familien zu halten mit enormen personellen Aufwand.

Ich habe nachts Kleinkinder aus ihren Familien geholt in denen niemand mehr aufrecht stehen konnte und habe sie am nächten Tag wieder dort vorgefunden. Ja, es ist frustrierend. Ich kann auch verstehen wenn diese Kinder später Defizite haben. Aber ich kann es nicht hinnehmen, dass sie es ausleben können.

Gesellschaftlich wird es nicht möglich sein Eltern zu 100 % zu verantwortungsvollen Menschen zu machen. Sie haben ihre Psychos und sie leben sie aus. Die Frage ist, will die Gesellschaft ein Entzug der Kinder. Gehe ich davon aus, dass Kinder in den ersten sechs Jahren geprägt werden, besonders in denm ersten Lebensjahr, hirnorganisch, bedeutet das heftige Einriffe an Kindesentzug in vielen Familien. Es lässt nach Alternativen fragen zum Verbleib der Kinder.

Gehe ich davon aus, dass der Tag 24 Stunden hat und Hilfen eben nur temporär (wenn sie überhaupt akzeptiert werden) in den Familien sind, wird es eng für die Kinder. Zudem die "Tante vom Amt" eine ist die auch wechselt allein weil sie ggf. selbst mal den Job wechselt.

Wie auch immer, Interventionsmaßnahmen in Familien sind begrenzt. Ein Kindesentzug auf Dauer ist in diesem Land nicht gewollt. Hilfen gehen vor auch wenn sie scheitern, sie werden bis zur absoluten Grenze ausgelebt. Kinder wollen ihre eigenen Eltern auch wenn diese grausam und unfähig sind.

Bleibt mein Begehren bestimmte Entwicklungsergebnisse, woher sie auch stammen, nicht weiter laufen zu lassen.

Täter welche sich ohne Emphatiemöglichkeit in einer bestimmten Lebensphase (denn wissenschaftlich ist bekannt es ändert sich mit den Lebensjahren) lebensgefährdend gegen Andere und sich selbst verhalten brauchen eine Betreuung, welche verhindert, dass es zur Eskalation kommt.

Keine offenen Häuser in denen egal ist wenn sie wegbleiben, keine Akzeptanz einer dauerhaften Schulverweigerung, keine Drogen.
shark
Ja, es ist das ureigene Recht von Eltern, ihre Kinder selbst nach ihrem eigenen Gutdünken zu "erziehen" - oder auch nicht.
Solange sie damit nicht geltendes Recht verletzen, können sie über ihre Kinder verfügen, wie sie wollen.
Im Prinzip begrüße ich das sehr. Denn nach wie vor hat in Sachen "Erziehung" noch niemand den "Stein der Weisen" gefunden.

Das Problem ist aber, dass "allein verantwortlich" in unserer Gesellschaft auch fast immer "allein gelassen" heißt.
Und dass das Anfordern von Hilfe zur Erziehung ebenso wie das Annehmen derselben immer noch als elterliche Bankrotterklärung betrachtet wird. Auch von den betroffenen Eltern selbst.
Sie haben Angst vor dem Jugendamt, vor Einmischung, vor der Maßnahme der inobhutnahme - das Jugendamt als nahezu unkontrollierte "Macht" hat keinen guten Ruf unter den Eltern Deutschlands.
Das Jugendamt hat man nicht gern im Haus, so sieht es doch aus.
Und deshalb wenden sich die meisten Eltern erst gar nicht freiwillig an dieses Amt - weil sie keine Hilfe erwarten, sondern Bevormundung, Ausspähung, Kindeswegnahme. Und wer will das schon? Selbst vollkommen überforderte Eltern wollen (ebenso wie deren Kinder) meist nicht, dass die Kinder in Obhut genommen werden - nicht einmal für eine festgelegte, kurze Zeit.

Früh greifende Hilfe wird auf diese Weise schwierig bis unmöglich.
Denn bis Dritten etwas auffällt und bis diese zur Überzeugung gekommen sind, in diesem Einzelfall das Wohl des Kindes über die elterlichen Rechte zu stellen, dauert es bekanntermaßen häufig lange.

Und ja: oft ist es dann fast "zu spät" - die Kinder fühlen sich bestraft durch die Herausnahme aus dem Elternhaus. Sie wollen bei ihren Eltern sein, wie ungeeignet diese auch sein mögen, wie sehr die Kinder auch gelitten haben.
Und sie sind längst geprägt durch ihre Erfahrungen. Diese in den Hintergrund treten zu lassen, ist nahezu unmöglich.

Ich bin der Ansicht, dass dringend etwas an dem Bild geändert werden muss, das die Menschen von Erziehungshilfe haben, dass mehr niedrigschwellige Angebote vorgehalten werden müssen, dass ganz klar wird, dass auch Erziehung eine Arbeit ist, die man erlernen muss und dass daran nichts Schlimmes ist, dass man sich mit der Annahme von Hilfe nicht für alle Zeiten selbst disqualifiziert.

Allmählich wird es "normal", wenn sich ein Mensch in psychotherapeutische Behandlung begibt, wenn es seiner Seele nicht gut geht.
Genauso normal muss es werden, über Dinge sprechen zu können, die zuhause nicht gut laufen und die es notwendig machen, sich Hilfe von außen zu holen - ohne Scham.

Natürlich wird man auf diese Weise auch immer noch nicht alle Eltern erreichen - aber viel mehr als gegenwärtig.

Die Menschen, die aus solchen Familien hervorgehen, die keine Hilfe suchen/annehmen und die auffallen, müssen allerdings (und da gebe ich Dir Recht) davon abgehalten werden, immer mehr zu verwahrlosen und zu entgleiten.

Dauerhafte Schulverweigerer zum Beispiel sollten eben nicht erst ein Dutzend Mal angemahnt werden, dann ein weiteres Dutzend mal polizeilich abgeholt werden, bis es zu finanziellen Konsequenzen für die Eltern kommt.
Sie sollten recht bald vor die Wahl gestellt werden, entweder ihre Schule wieder zu besuchen oder aber ein Internat für Schulverweigerer zu besuchen.
Ich weiß, das ist drakonisch, aber auch ich bin der Meinung, man dürfe hier nicht so lange zusehen.

Kein Alkohol, keine Zigaretten und schon gar keine anderen Drogen für Menschen unter 18 - das ließe sich weit besser lösen als bisher.
Läden, die dabei erwischt werden, dass sie an Jugendliche Alkohol abgeben, sollten zur Strafe einen Tag schließen müssen, jedesmal.
Ich bin sicher, das würde dafür sorgen, dass kein Teenie im Supermarkt mehr so einfach an Schnaps käme.

Kein Schützenverein sollte mehr Menschen unter 18 aufnehmen.
Und alle Schützen sollten ihre Waffen im Verein lagern müssen - keine Zivilperson braucht eine Knarre zuhause.

Es gäbe reichlich Möglichkeiten, die Jugendlichen, die dafür "anfällig" sind, daran zu hindern, Andere zu schädigen. Vor allem, indem man sie nicht sich selbst überlässt.

Ich plädiere zum Beispiel für Kinder-/Jugendbauernhöfe allerorts. Gerade für auffällige Kinder.
Wer einmal erlebt hat, wie stark der Umgang mit und die Zuständigkeit und Verantwortung für Tiere Kinder und Jugendliche positiv verändern kann, schätzt solche Einrichtungen ungeheuer.

Und Theater als Pflichtfach an allen Schulen - von der ersten Klasse an. Sich selbst entdecken, sich ausdrücken, einem Charakter Profil geben, ihn verstehen; das alles sind wichtige Erfahrungen, die jungen Menschen helfen können, mehr in sich zu finden als das, was auf den ersten Blick erkennbar ist.



shark
ella1
Ich weiß, dass Eltern die "Macht des Jugenamtes" und überholte Vorstellungen vorschieben um keine Hilfe anzunehmen.

( Was jetzt folgt ist auch etwas eigene Erfahrung in dem Bereich und von "der Leber weggeschrieben", shark bezieh es nicht zu sehr auf das von Dir geschriebene, das was Du schriebst ist vollkommen richtig, die Ansichten die geäußert werden z.B. zum Jugendamt von Betroffenen...ich habe nur hierzu meine eigenen Frusrationen)


Ich sage bewußt vorschieben, denn sie machen sich hiermit dümmer als sie sind. Erkennt man dies an, nimmt man ihnen Verantwortung. Eine Verantwortung die man ihnen ansonsten für die Erziehung vor allem das Kindeswohl voll zuspricht.

Ich will dies gern erklären. Wenn jemand in Schwierigkeiten ist, dies erkennt, so erkennt, dass das Wohl von Menschen in Gefahr ist, kann dieser Mensch sich informieren. Ich traue Menschen zu dies zu bewerkstelligen wenn es ihnen wichtig ist.

Freie Träger der Jugendhilfe gehen den öffentlichen Trägern vor. "Gemäß dem Prinzip der Subsidiarität wird bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Jugendhilfe, freien Trägern generell Priorität vor Trägern der öffentlichen Jugendhilfe eingeräumt. Demnach sollen freie Träger Aufgaben übernehmen, wo sie in gleicher Weise die fachlichen Voraussetzungen für die jeweiligen Leistungen erbringen. Gewollt ist eine vielfältige Trägerlandschaft, in der unterschiedliche Wertorientierungen sowie vielfältige Inhalte, Methoden und Arbeitsformen angeboten werden"

Die großen freien Träger haben als Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege einen besonderen, gesetzlich anerkannten Status und nehmen entsprechenden Einfluss auf die Sozialpolitik des Bundes. Zu ihnen gehören:

das Diakonische Werk (DW) der evangelischen Kirche,
der Deutsche Caritas-Verband der katholischen Kirche,
das Deutsche Rote Kreuz (DRK),
die Arbeiterwohlfahrt (AWO),
der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) und
die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST)
Andere bekannte freie Träger (oft dem Paritätischen Wohlfahrtsverband angeschlossen) sind z. B. der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), die SOS-Kinderdörfer, die katholischen Bistümer, die DGB-Jugend und der Internationale Bund (IB). Die aus der früheren DDR hervorgegangene Volkssolidarität ist inzwischen Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Nebenbei kann sich jede Frau an vielfältige Beratungsstellen für Frauen wenden. Im Grunde an jede Kindergärtnerin, den Pastor oder den Sozialarbeiter bei psychischen Diensten, den Hausarzt... . Viele Stellen arbeiten anonym (bzw. mit Schweigepflicht/-recht).Ggf. reicht auch ein Anruf bei der Telefonfürsorge oder ein Blick in die Tageszeitung mit Beratungsstellen am We um Hilfestellen zu erfahren und Auskunft über sie zu bekommen.

Ich muß Menschen die Kinder erziehen zubilligen, dass sie diese Möglichkeiten erkennen. Sie sind so vielfältig, ständig in den Medien mit Angeboten, sie sind niederschwellig wie nichts anderes, da kostenlos, wie erwähnt im Erstkontakt oft anonym...... .

Vor Jahren hatte ich Stress mit einer Frau vom Jugendamt wegen einer Kundin. Ich hörte von der Kundin schreckiche Geschichten und war noch am Anfang meiner Berufserfahrung. Die Jugendamtsfrau sagte: Diese Familie sei wie viele sie meinten: "wasch mich aber mach mich nicht naß".

Damals war ich sauer, aber als sie mir die Akte gab wurde mir klar es ist etwas dran.

Z.B. erste Maßnahme in solchen Familien ist, es kommt jemand und redet, bzw. hilft die Wohnung zu putzen und Notwendiges zu beschaffen. Diese Leute sollen anleiten aber meist machen sie es selbt. Das heißt sie helfen nicht bei der Bewältigung des Haushaltes indem sie Tipps geben und motivieren, sie schwingen den Putzlappen selbst. Lassen sie es gibt es Stress in den Familien. Denn die kostenlose Putzfrau wird akzeptiert, selber machen nicht.
Dann kommt es natürlich irgendwann dazu, dass die Sozialarbeiterin den Putzlappen weglegt und das Ende der Maßnahme androht. Bleibt die Gefährdung des Kindeswohls. Dann werden die Eltern wieder einbestellt um in gemeinsamer Abstimmung Maßnahmen anzubieten.

Wobei, wenn wir von Familien sprechen mit extremen Schwierigkeiten, mit Kindern mit Auffälligkeiten, gab es immer schon Kontakte mit den Jugendamt. Das geschieht automatisch über die Polizei u.a.. Dann gab es auch schon Träger der freien Jugendhilfe. Natürlich ist es nervig wenn da jemand in meine Wohnung kommt und sagt es muß sich was ändern. Selbst die RTL Nanni kämpft gegen Widerstände.

"Wasch mich aber mach mich nicht naß"...Hilfe muß man wollen, dann bekommt man Ansprechpartner an allen Ecken. Aber auch der Wille zur Veränderung muß da sein.

Wenn Menschen mit ihrem eigenem Leben nicht zurechtkommen und vor sich hin leiden ist dies ihre Sache, betrifft es Dritte, Kinder, bin ich strenger. Es kann nicht eine diffuse Angst als Grund gelten dies zuzulassen, nicht in diesem System was in seiner ganzen Gesetzgebung darauf eingerichtet ist staatliche Stellen zur Zurückhaltung aufzufordern.

Es kann nicht "der Nerv" über Fremde im häuslichen Chaos über die Pflicht gehen Kinder gut durchzubringen (mit Hilfe wenn man selbst Hilfe braucht).

Das Ego das ein "Scheitern" nicht eingestehen will darf nicht über das Kindeswohl siegen und entschuldigt nicht notwendige Hilfe nicht anzunehmen.

Gebe ich Menschen Verantwortung kann ich ggf. menschliche Schwächen verstehen aber ich kann sie nicht akzeptieren und als Grund annehmen auf Verbesserungen zu verzichten (wenn diese Dritte/Hilflose betreffen).


Ich glaube ich als Teil der Gesellschaft muß mich in meinen gewünschten Maßnahmen und dem Ansehen von Hilfsbedürtigen entscheiden. Beides gehört zusammen.

Gehe ich davon aus Menschen können nicht für sich selbst das notwendige erreichen, sprich sie schaffen es nicht ihre Kinder zu erziehen, zu versorgen, dann habe habe ich zwei Möglichkeiten im Blick auf die Betroffenen.

1. Ich gehe davon aus sie sind nicht in der Lage selbst Hilfe annehmen zu können, aus Scham, Egoismus, Angst.... sie können nicht mehr rational entscheiden.

2. Ich gehe davon aus es sind trotz aller Schwierigkeiten verantwortungsvolle, selbstständige Menschen die einfach Unterstützung brauchen.

In unserem System, insbesondere der Jugendhilfe (aber auch an anderen Stellen) geht man vom mündigen Bürger aus. Der Staat versucht seit Jahren niederschwellige Angebote zu schaffen. Jeder kann heute die Trägerschaft der freien Jugendhilfe beantragen. Ich selbst hatte so was mit Freundinnen, wir betreuten Migrantenkinder.
Der Staat beabsichtigt hierbei eine Angebot was unglaublich weit gefächert ist. O.g. Organisationen der freien Trägerschaft sind nur ein kleiner Teil davon.

Der Gesetzgeber tut dies auch, weil er die Menschen nicht entmündigen will. Hilfe, nicht ein "Bestimmen von oben", steht im Vordergrund. Selbst bei einer Inhobhutnahme ist die Rückführung in die Familien oberstes Ziel.
Dies geht soweit dass schwer süchtige Familien mit ihren Kindern leben mit der "Tante vom Amt", die den Kühlschrank füllt und darauf achtet, dass die Kinder in Tagesstätten gehen.

Was ich dem System nicht vorwerfen kann sind seine Angebote und den Glauben daran, Menschen die Kinder zeugen und gebären können, haben ein Recht auf ein Leben mit diesen Kindern ohne staatliche Bevormundung.
Würde ich dies vorwerfen müsste ich als Alternative eine engmaschige Überprüfung aller Kinder und frühzeitigen Zwang fordern.

Dies bedeutet aber, wenn ich für Freiheit und Hilfen bin, muß ich betroffenen ein klitzekleines Maß an Fähigkeiten zubilligen und diese auch einfordern.

Fragt sich halt wann Zwang einsetzen sollte. In dieser jetzigen Gesetzeslage wird nicht mit Zwang gearbeitet, es sei denn das Leben der Kinder ist in Gefahr. Schläge sind kein Grund für einen Kindesentzug. Schulverweigerung ist kein Grund für einen Entzug, Schüchte sind kein Grund für einen Entzug.

Dieser Staat, diese Gesellschaft will keinen Zwang auf Eltern ausüben, diese Gesellschaft traut ihnen. Manchmal wird diese Ansicht entäuscht. Dann werden Kinder aus dem Fenster geschmissen oder im Kühlschrank gefunden. Es bleiben Einzelfälle und nach einem "Aufschrei der Entrüstung" fällt auf, millionenfach geht es eben gut und Alternativen sind nicht da.

Wenn jemand sagt, er habe Angst vor dem Jugendamt, vor Kindesentzug, dann hat dieser Mensch sich nicht informiert. Es entspricht nicht den Tatsachen, nicht den Gesetzen. Dann hat dieser Mensch nicht begriffen, dass der Kinderladen, der Stadtteilladen, der Arzt, und die Beratungsstelle der Diakonie oder Awo Teil des Systems sind die eben vor dem Jugendamt gelten.

Ich weiß nicht wie Vorurteile abbauen, wenn Menschen die es betrifft nicht nachfrage, mal ganz unverbindlich, irgendwo bei all diesen Stellen. Mal Jugendhilfe bei wiki eingeben, mal mit den Nachbarn sprechen denen es ggf. "besser" geht.

Ich weiß nicht wie noch so niederschwellige Hilfe anbieten wenn die Betroffenen nicht auch kritikfähig sind. Wenn sie z.B. ihr alltägliches Leben nicht hinbekommen ist doch klar dies wird ihnen mit "Anleitung/Vorschlägen" zur Verbesserung auch entgegengehalten. Eben von Fremden, weil sie im Nahbereich keine Hilfe bekommen (sonst wäre ja auch keine Hilfe von außen notwendig)

Auch, gerade in diesem Fall der KJH ist es notwendig sich zu entscheiden. Wie schaue ich auf Betroffene. Halte ich sie für eigenverantwortlich oder entmündige ich sie weil ich ihnen nicht mal rudimentäre Fäigkeiten zuspreche.

Diese Gesellschat hat sich entschieden Zwang zu vermeiden, sich staatlich zurückzuhalten. Dies funktioniert nur solage wie ich annehme Menschen sehen auch ein wenn sie Hilfe brauchen.

Ich für mich habe mich entschieden Menschen Eigenverantwortlichkeit zuzubilligen. Gleichzeitig empfinde ich es als wichtig Angebote bereitzuhalten. Dies wird an wenigen Stellen so betrieben wie der KJH.
Gleichzeitig bedeutet dies, wenn Menschen nicht die Bereitschaft zeigen irgendwie auch nur mal nach Hilfsangeboten zu fragen, wenn sie gar nichts annehmen können, bin ich für staatlichen Zwang wenn Leib und Leben Dritter betroffen sind.

Sowohl der Staat als auch ich billigen Menschen zu sich selbst zu ruinieren. Wir hätten nicht die Drogenabhängigen an den Bahnhöfen würden wir nicht zugestehen und teilweise staatlich unterstützen (z.B. Heroinabgabe), dass Menschen (Erwachsenen) das Recht darauf haben sich selbst umzubringen.

Meine Forderungen beziehen sich nur auf die Stellen in denen Jugendliche/ Heranwachsende nicht eigenverantwortlich handeln können und andere oder sich selbst in Lebensgefahr bringen.
Bezogen auf die Allgemeineit will ich Einschränkungen im verbotenen Alkholverkauf an Minderjährige und eine engmaschige Überprüfung der Einhaltung.

Nebenbei akzeptiere ich nicht eine Schuldzuweisung an die Gesellschaft, solange es allgemeiner Anspruch ist, dass der Staat sich aus Privatem heraushält und nicht vorsorglich per Zwang unter die Betten schaut. Der Staat gleichzeitig Hilfemaßnahmen fördert und niederschwellig bereithält.

Ich entschulde nicht Leute die aus diffusen Vorstellungen, welche ich oft auch für Bequemlichkeit halte, keinen "ersten Schritt" machen.

Ich habe nur die Wahl Zwang zu vermeiden, wenn ich Menschen nicht entmündige.......
shark
Natürlich sollten Menschen, die Kinder haben, in der Lage sein, sich zu informieren, sich zu orientieren über Hilfsmöglichkeiten, und auch tatsächlich nach Hilfe ansuchen und diese dann auch annehmen.

Sie tun es aber vielfach nicht. Gewiss, manchmal schieben sicher Eltern auch "Angst vor den Ämtern" vor - vielfach aber sitzt diese Angst tief. Oft durch eigene Erfahrungen während der Kindheit.
Nicht selten ja setzen sich Mechanismen, die Erziehungshilfe erforderlich machen, von Generation zu Generation fort.
Da passiert es einfach nicht, dass diese Eltern sich neutral "informieren" - sie haben schon eine Meinung - und die stützt sich auf eigene Erfahrung und berichte Anderer, denen es genauso erging wie ihnen selbst.

Und gar nicht ganz zu Unrecht fühlen viele Eltern sich vom Staat "observiert" und gegängelt.
Als wir (habe damals in einem Kindergarten gearbeitet) 2008 den Auftrag erhielten, im Kindergarten ärztliche Untersuchungen an allen Kindern vornehmen zu lassen, die im übernächsten Jahr schulpflichtig sein würden, bekamen wir auch die Anweisung, alle Eltern, die diese Untersuchungen nicht wahrnehmen würden, namentlich dem Jugendamt zu melden.
Ich war darüber zutiefst empört, denn ich selbst habe meine Kinder auch ausschließlich von ihren Kinderärzten untersuchen lassen - einfach, weil ich weiß, dass diese ihren Entwicklungsstand viel besser beurteilen konnten als das ein Arzt vom Gesundheitsamt, der die Kinder gar nicht kennt, überhaupt tun kann. Diese Massenuntersuchungen habe ich immer abgelehnt.
Deswegen das Jugendamt "am Hals" zu haben, wäre auch mir, die ich "nichts zu verbergen" hatte, bitter aufgestoßen.

Zuvor habe ich in einer Brennpunkt-Jugendhilfeeinrichtung gearbeitet. Fast jedes zweite Kind kam auf Betreiben des Jugendamtes zu uns. Und viele hatten das auch bitter nötig. Weil sie Eltern hatten, die die Verantwortung für ihr Kind nicht allein tragen konnten (oft konnten sie das nicht einmal für sich selbst) und den Kindern ermöglicht werden sollte, wenigstens bis 17 Uhr Förderung und ein angemessenes soziales Umfeld zu erhalten.
Sehr häufig waren diese Eltern das, was man "bildungsfern" nennt - viele von ihnen (und nicht nur die, die schlecht deutsch konnten) wären nicht einmal in der Lage gewesen, auch nur ansatzweise zu verstehen, was wikipedia über "Jugendhilfe" schreibt.
Wir haben vermittelt zwischen Eltern und Jugendamt; oft war das Verhältnis zu der Zeit, als die Kinder bei uns ankamen, schon so von Verletzung und Enttäuschung auf beiden Seiten bestimmt, dass kaum noch konstruktive Kommunikation möglich war.
Durch unsere Vermittlung und "Übersetzung" wurde das verhältnis meist wieder besser und allmählich konnten die meisten Eltern dieses Gefühl der "Bedrohung" durch das Jugendamt ablegen, konnten auch Hilfen anderer Träger annehmen und sich besser selbst organisieren.

Ich stimme Dir zu: es gibt durchaus Angebote der Jugendhilfe, die unbürokratisch, sogar anonym funktionieren, aber es existiert ganz offensichtlich noch immer nicht ausreichend das Bewusstsein dafür, dass es OK und normal ist, sich Hilfe zu besorgen.
Diese Haltung zu vermitteln ist eben auch eine Aufgabe der Gesellschaft.
Die Menschen müssen verinnerlichen, dass "Erziehung" nicht etwas ist, das "alle anderen Leute nebenher machen" und etwas, in dem man Probleme nicht zugeben darf, weil man sich sonst komplett disqualifiziert.

Ich habe lange eine Elterngruppe unserer Einrichtung geleitet. Ganz oft haben Eltern da geäußert, wie sehr es sie erleichtere, jetzt endlich zu wissen, dass es Anderen auch so gehe wie ihnen, dass sie sich nun weniger schämten und besser darüber reden könnten, was bei ihnen schief läuft. Dass es sich gut anfühle, allein deshalb schon für verantwortungsvoll gehalten zu werden, weil man sich Hilfe nehme. Ganz egal, wieviele Fehler man sonst mache.
Das stärkt solche Eltern - und rückt das Bild gerade, was viele Menschen von der Erziehung und Begleitung von Kindern haben.

"Wasch mich, aber ertränke mich nicht" - das ist eher die Haltung, die ich erlebt habe bei den Eltern. und zwar dann, wenn man ihnen auf Augenhöhe als Mensch begegnen kann.
Natürlich klappt auch das nicht immer, aber eben oft.

Gruß

shark
ella1
shark,

was Du beschreibst mit der Crux, dass Bedürftige, heftig bedürftige Eltern, sich nicht an Hilfeeinrichtungen wenden, gleichzeitig der Staat aber nicht nachschauen soll, um nicht zu observieren, ist im Grunde nicht lösbar.

Ich verstehe Deinen Widerwillen, Kinder die nicht zur Voruntersuchung gelassen werden, an das Jugendamt zu melden.
Gleichzeitig beschreibst Du (an anderer Stelle) Du konntest Eltern und deren Kindern helfen, die durch das Jugenamt vermittelt wurden.

- Sie haben das Jugendamt nur bedingt am "Hals". Wenn Du mit dem Amt gearbeitet hast, weißt Du, dass auch in solchen Fällen niemand mit Polizei die Kinder einem Arzt vorführt. Es ist die Hilflosigkeit der Gesellschaft die weiß, dass eben viele Eltern Hilfe meiden, auch wenn's arg schlimm ist. Das Hausärzte aus vielen Gründen beachtenswertes nicht weitermelden.

- Wenn dann sind alle zu überprüfen, nicht nur die Arbeitslosen,Bildungsfernen, sondern eben Reihenuntersuchungen durchzuführen. Gerade war es wieder Thema in den Medien. Was wäre es für ein Rassismus z.B. nur Familien mit Migrationsintergrund einzubestellen, oder nur Kinder von Eltern aus bestimmten Wohngegenden. Wobei auch das Arztkind versteckte Spuren von Mißhandlungen oder Defizite aufweisen kann die der Hausarzt oder Papa/Mama nicht weitermelden.
Wenn dann alle...gleich behandeln (melden) um es einermaßen vorurteilsfrei über die Bühne zu ziehen.

Ich kann gut damit leben niemanden zum Amtsarzt zu schicken und damit sehend auch mit Hilfebedürftigen leben, die übersehen werden wenn sie sich selbst nicht melden. Eigenverantwortung, ich kann nicht gesellschaftlich immer danebenstehen wenn diese Menschen mit ihren Kindern umgehen. Grundsätzlich muß ich vertrauen, dass sie es irgendwie hinbekommen. Alternativ spreche ich ihnen die Erziehungsfähigkeit ab und überprüfe mit Generalverdacht alle Familien wie es denn läuft.

Gleichzeitig reagiert der Staat auf jeden Hinweis auf Kindeswohlgefährdung. Jeder Nachbar kann anrufen und Hinweise geben, gerechtfertigt oder nicht, die zuständien Stellen reagieren und schauen. Dies ist keine Observation, selbst wenn es unangenehm oder observierend erscheint, was soll man tun? Ignorieren?

Aber wir wissen auch durch die Medien, es wird wenig gemeldet, selbst in extremen Fällen. .... so kommt man wieder zu solchen Reihenuntersuchungen. Sind die Kinder verletzt, können sie sprechen, sind sie auffällig.... ? Hilflose Versuche die eingestehen, wir leben mit einem großem Risiko was die Fähigkeit von Menschen betrifft eigene Kinder zu hegen und zu pflegen. Wir wollen keinen Staat der hinterherspioniert aber wir wollen auch keine verhungerten Kinder. Wir sitzen mit diesen Wünschen in einer Misere, total!

Natürlich gibt es Menschen die nicht das deutsche Wiki lesen können, die vielleicht nicht mal lesen und schreiben können. Aber ich habe so viele Möglichkeiten genannt, es gibt soviele, ist es wirklich so, dass diesem Menschen alle Möglichkeiten genommen sind? Sind sie so unfähig, dass ihnen abgesprochen wird irgend jemanden zu fragen? Was dann wenn das Kind Bauchschmerzen bekommt, oder das Haushaltsgeld geklaut wird, oder der Kühlschrank aufgibt...oder, oder, oder...?

Es ist großartig wenn Du in Einrichtungen gearbeitet hast die vermitteln konnten. Genau dies will der Gesetzgeber, genau dazu gibt es freie Träger. Genau deshalb schickt das Jugendamt die Kinder zu diesen Trägern.

Trotzdem hat "Eingreifen" ( und es ist ein "Eingreifen") immer etwas unangenehmes. Auch deshalb ist das Jugendamt getrennt von anderen Einrichtungen. Manchmal braucht man die "Guten" und die "Bösen" um Hilfe und Konsequenzen zu trennen. Und wenn Du sagst, da waren Eltern die nicht mal für sich selbst sorgen konnten, dann braucht es vielleicht in so einem Fall auch "den Bösen" der mit Druck zu den "Guten" vermittelt.

Ich glaube an vielen Stellen wird vermittelt, dass es helfen kann sich Hilfe zu suchen. Selbst bei den Nachmittagssendungen von RTL. Dafür gibt es auch so viele extrem niederschwelligen Angebote.
Das immer ein Makel bleibt in einer Leistungswelt, das ein Makel bleibt andere in seinem Leben bestimmen zu lassen, auf sie angewiesen zu sein, ist schwer auflösbar.

Sicherlich helfen Kreise, Elternkreise, unter Betroffenen, gut dass es sie gibt. Aber die Menschen die dort hingehen haben auch eine ersten Schritt getan. Sie haben sich Hilfe gesucht oder sie angenommen.
Diese Menschen sind erreichbar und sie stellen (zum Glück) die Mehrheit in dieser Gesellschaft. Sie haben ein Problembewußtsein. Sie haben Lösungswünsche.

Problematisch sind die Fälle in denen dieses Bewußtsein nicht da ist. Die Frage ist, überziehen wir alle mit Kontrollen um diese Menschen "aufzuspüren" oder leben wir mit dem Risiko? Das Risiko ist groß, denn diese Eltern müssen ihre Kinder nicht zum Arzt bringen und wenn meldet er ggf. nicht weiter. Diese Kinder sagen nicht dass sie geschlagen werden, die sind gut gebrieft von Zuhause. Die haben auch keine Verletzungen die auffallen müssen.

Ich denke wir haben beide Fälle im Kopf, Eltern die nicht mal Hilfe für sich in Anspruch nehmen wenn sie untergehen. Dies ist nicht der Gesellschaft geschuldet. Natürlich gibt es hier in diesem Land auch den Anspruch in den Köpfen alles "schaffen zu müssen" gleichzeitig wird überall veröffentlicht wie gut Hilfe auch sein kann und wie stark es ist Hilfe anzunehmen.

Klar gibt es alte Vorurteile in den Köpfen oder keine Lust auf Veränderung, ggf. von den Eltern übernommen. Aber es ist wie mit allen Vorurteilen, sie bauen sich nur langsam ab und sind selten rational aufzulösen.

Nebenbei kenne ich auch Leute die das fürchterlichste selbst über gelungene Maßnahmen erzählen. Vermutlich hattet ihr auch Eltern im Brennpunkt die sich als Opfer sahen noch so vernünftiger, sachter Maßnahmen.
Diese Leute beeinflussen natürlich andere, ggf. jene von Hilfen abbringen die kurz davor waren es zu wagen.

Auch eine gewisse Uneinsichtigkeit und grundsätzliche Verneinung gehört in diese Diskussion ( geht es um defizitäre Familien). Natürlich haben sie ihre Vorgeschichte und nicht immer sind sie völlig unverschuldet in schwierigen Situationen.
Manchmal sind sie einfach antisozial und Amokläufer in ihrer eigenen Geschichte (heißt sie schaffen es immer das Schlechteste anzunehmen und auch zu bekommen und "Schuld sind halt immer die Anderen").

Wie bringe ich Menschen bei, dass etwas nicht "bewältigen" ( was andere scheinbar hinbekommen) kein Mangel ist und die Person nicht "klein werden lässt" in der Eigenen-/Fremdbewertung?
Im Grunde ist das eine tägliche Frage, selbst in Foren. Über manche "Defizite" wird leicht geschrieben, wenn eine verlassen wurde z.B., Angst vor dem coming out.....aber andereThemen....: Dies hier ist ein Frauenforum...Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen: Sie treten mit einer Häufigkeit von 16 bis 20 Prozent auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer...schreibt hier eine über Depressionen wo es doch vermutlich jede Fünfte betrifft?
Vermittelt dieses Forum eine Abneigung gegen solche Themen? Ich denke nicht, eher dass hier sehr viel Verständnis auch gegenüber vermeindlicher "Schwäche" herrscht. Trotzdem ....... .
shark
Nur ganz kurz, weil ich zu mehr heute nicht mehr komme:

Die Tatsache, dass wir aufgefordert wurden, untersuchungsunwillige Eltern namentlich zu melden - und zwar ganz gleich, welche Gründe diese Eltern angaben; zum Beispiel den, dass sie, wie ich ja auch, ihr Kind nur von ihrem jeweiligen Kinderarzt untersuchen lassen wollten - fand ich vor allem deshalb schlimm, weil wir als Erzieherinnen offenbar nur dazu taugten, dem Jugendamt aus dem Zusammenhang heraus diese "Unterlassungen" zu melden, nicht aber dazu, selbst einzuschätzen, ob diese Kinder entwicklungsverzögert, verwahrlost oder sonstwie auffällig waren. Und das, obwohl WIR diese Kinder jeden Tag sahen! Und genau das hat auch viele der Eltern gestört. Bei den Einen meldete sich Widerspruch, weil sie ihre Kinder bei uns und ihrem Kinderarzt in so guten Händen empfanden, dass es ihnen nicht nötig erschien, dass wir ihnen sozusagen zusätzlich eine medizinische Untersuchung aufnötigten, bei einer/m Fachfrau/-mann, der Sie und das Kind gar nicht kannte (und wenn sie nicht "mitspielten", Meldung machen würden), bei den Anderen kam die Frage auf, ob wir wohl überhaupt in der Lage dazu seien, Einschätzungen in Bezug auf die Entwicklung der Kinder vorzunehmen. Das hat unsere Position und das Vertrauensverhältnis der Eltern in die Einrichtung geschwächt. Und das ist gerade in solchen Fällen, in welchen es darum geht, Familien sensibel zu betreuen/weiterzuhelfen (was eben leichter ist, wenn man sich untereinander kennt), kontraproduktiv.

Gruß

shark
Sägefisch
Das ist ja alles gut und richtig mit Hilfen und Unterstützung und Förderungen. All das sagt aber auch wieder aus, dass die Leute es nicht hinkriegen.

Vielleicht hat der Schritt vom undiskutierbaren, unerklärten und undifferenzierten "das macht man eben so" hin zum "jeder wie er möchte, solange...[setzen Sie bis zu 120 Sätze Diskussionsgrundlage ein]" viele abgehängt, die die hohe Kunst der Selbsterziehung nicht beherrschen.

Ich habe jedenfalls keinen blassen Schimmer was man tun kann wenn einer erst mal auf die Idee gekommen ist, dass Einschüchterung und Gewalt legitime Hobbies sind.
ella1
shark,

....jetzt driften wir etwas ab, kann auch bereichernd sein... wink.gif


....ich verstehe Deine Entrüstung bezüglich des gefühlten Absprechens von Kompetenzen. Aber eine Erzieherin hat, bei allem Wissen um die Kinder die sie betreut, bestimmte Kompetenzen nicht. Kompetenzen die eine Datenerhebung nach unabhängigen Standards (weil unvoreingenommen und zentral) ermöglicht.

Es werden Erzieherinnen damit keine Kernkompetenzen ihres Berufes abgesprochen. Natürlich können diese viel erkennen und sollen hierfür auch Verantwortung tragen. Aber eine Erzieherin ist kein Arzt. Und Erzieherinnen von Einrichtung zu Einrichtung urteilen anders, nicht so zentrale Stellen beauftragt durch das Gesundheitsamt. Personen welche speziell für eine generalisierte ärztliche Untersuchung ausgebildet sind.

Ich weiß nicht welche Untersuchung dies war. Ich kann hier z.B. für Untersuchungen sprechen, welche u.a. in Niedersachsen Pflicht sind und als Schuleingangsuntersuchung gelten.

Das Niedersächsische Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst
(NGöGD vom 24. März 2006) schreibt für alle schulpflichtigen Kinder in Niedersachsen ärztliche Schuleingangsuntersuchungen vor.

Die Landkreise und kreisfreien Städte untersuchen die Kinder rechtzeitig vor der Einschulung ärztlich (!) auf gesundheitliche Beeinträchtigungen, die geeignet sind, die Schulfähigkeit zu beeinflussen (Schuleingangsuntersuchungen). […] Die Landkreise und kreisfreien Städte teilen den Erziehungsberechtigten (§ 55 des Niedersächsischen Schulgesetzes) die Untersuchungsergebnisse für ihr Kind mit

(nicht die Erzieherinnen, was schlau sein kann. Denn je nach Entscheidung wird die Beziehung der Erzieherinnen zu den Eltern/Kind eben nicht durch „Auflagen“ oder Kritik am Entwicklungsstand der Kinder beeinträchtigt).

Der aufnehmenden Schule werden nur die für die Schulfähigkeit bedeutsamen Untersuchungsergebnisse mitgeteilt. Das Landesgesundheitsamt kann einheitliche fachliche Anforderungen für die Durchführung der Schuleingangsuntersuchungen empfehlen [§5(2)NGöGD] (sie wird immer versuchen einheitliche Standards umzusetzen, denn die Datenerhebung dient weiteren Zwecken und ist nur sinnvoll wenn sie nach bestimmten vergleichbaren Standards abläuft)

(1) Die Gesundheitsberichterstattung dient der Planung und Durchführung von Maßnahmen,die die Gesundheit fördern und Krankheiten verhüten. In den Berichten werden Daten und Informationen zielgruppenbezogen und geschlechterspezifisch dargestellt und bewertet.
(2) Die Landkreise und kreisfreien Städte beobachten, beschreiben und bewerten die gesundheitlichen Verhältnisse ihrer Bevölkerung, (! eben nicht des Einzelnen oder der Kinder aus einer Einrichtung, sondern alle, miteinander verglichen) insbesondere die Gesundheitsrisiken, den Gesundheitszustand und das Gesundheitsverhalten. Dazu sammeln sie nicht personenbezogene und anonymisierte Daten, werten diese nach epidemiologischen Gesichtspunkten (das sollte Erzieherinnen nicht aufgenötigt werden) aus und führen sie in Fachberichten zusammen (kommunale Gesundheitsberichterstattung). In die Berichterstattung sollen auch anonymisierte Ergebnisse von Schuleingangsuntersuchungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 und Untersuchungen im Rahmen der Zahngesundheitspflege (eben eine ärztliche, fachärztliche Untersuchung) nach § 5 Abs. 3 einbezogen werden
[§8(1, 2) NGöGD]
Die Erhebung der Impfdaten ist im Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgeschrieben: Bei Erstaufnahme in die erste Klasse einer allgemein bildenden Schule hat das Gesundheitsamt oder der von ihm beauftragte Arzt den Impfstatus zu erheben und die hierbei gewonnenen aggregierten und anonymisierten Daten über die oberste LanLandesgesundheitsbehörde dem Robert Koch-Institut zu übermitteln. [§4 (11) IfSG] (ich denke Erzieherinnen haben andere Aufgaben als medizinische Daten an dieses Institut zu melden und ohne ihnen Fachkompetenz abzusprechen, denke ich doch dies sollten Ärzte tun, Ärzte die hierfür besonders ausgebildet, berufen wurden, eben nicht der Hausarzt von nebenan)

Erzieherinnen sollten keine Verantwortung haben Gesundheitsrisiken, Impfstatus und Zahngesundheit ärztlich zu beurteilen, es ist nicht ihre Aufgabe. Die Untersuchungen sind global, eben auf den Gesundheitsstand der Gesamtbevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt bezogen. Dazu braucht es Vergleichsdaten die eine Erzieherin in einer Einrichtung nicht hat. Sie sieht nur ihre Kinder.

Die Untersuchung ist Pflicht, daraus ergibt sich die Mithilfe der Erzieherinnen. Im Grunde hätten die Zuständigen es auch anders abgleichen können, eben nach dem Geburtenregister. Ggf. haben sie gehofft, Erzieherinnen klären hierzu auf, diese aber nicht genug informiert?

Nicht ihr Erzieherinnen habt eine medizinische Untersuchung aufgenötigt sondern die entscheidende Stelle (Behörde, Stadt, Gesundheitsamt pp.) wer auch immer da bei euch verantwortlich ist. Dies sollte auch in der Darstellung klar werden.

Dieses Aufnötigen muß per Gesetz vollzogen worden sein, sonst auch keine Datenerhebung und das Ganze war illegal, was ich nicht vermute.

Ich denke, dass es nicht unbedingt schlecht ist in Bezug auf z.B. Gesundheitsvorsorge und deren Vergleichbarkeit in Jahrgängen zentral unabhängige ärztliche Gutachter zu bestellen.

Gleichzeitig ist die individuelle Betreuung von Erzieherinnen und deren Kontakt zu Eltern und Kindern wichtig. Es sind zwei verschiedene Beziehungen, nicht gegeneinander vergleichbar sondern miteinander ergänzend.

Nichts was sich gegenseitig in Frage stellt.

shark
@ella:
Stimmt, wir sind vom Thema abgekommen. Und das sollten wir wohl besser nicht. wink.gif
Nur noch ganz schnell: in diesen Untersuchungen zwei Jahre vor Schuleintritt geht es weder um Zahngesundheit noch Impfstatus, sondern um Entwicklungsverzögerungen/-auffälligkeiten.
Und die kann einfach jemand, der täglich mit dem entsprechenden Kind arbeitet, weit besser feststellen und einordnen (und ja: dafür sind Erzieherinnen geschult; auch, was die Dokumentation angeht - da hat sich viel geändert in den letzten Jahren) als ein Arzt, der nur einmal ins Haus kommt.
Mir ging es aber eh mehr um die Untergrabung des Vertrauensverhältnisses zwischen Einrichtung und Elternhaus.
Zudem fällt es - entgegen Deiner Vermutung - vielen Eltern wesentlich leichter, "Kritik" am Entwicklungsstand ihres Kindes oder bestimmte Empfehlungen von Menschen anzunehmen, die ihr Kind und ihre Familie besser kennen als der Doc vom Amt.
Und es ist auch tatsächlich so, dass immer wieder Kinder erst auf unseren Hinweis hin zum Beispiel dem SPZ vorgestellt wurden, damit sie Diagnose und ggf. Hilfe bekämen, was so manchen Kinderarzt zunächst verwundert hat und wobei er nur widerwillig mitgearbeitet hat (hatte das Kind vielleicht zuletzt auch nur bei Schnupfen und Impfung gesehen) und schließlich stellte sich heraus, dass wir mit unserer Vermutung durchaus Recht hatten.
Und selbst in Bezug auf die regulären Schuleingangsuntersuchungen haben sich die Einschätzungen der Erzieherinnen oft mit dem Ergebnis der Untersuchungen gedeckt.



@sägefisch:
Es ist auch schwierig, "etwas zu tun". Zumal nicht alle Jugendlichen, die Gewalt und Einschüchterung für "legitim" halten, zu dieser Überzeugung aus demselben Grund, aus derselben Ursprungssituation gekommen sind.
Manche brauchen mehr wertschätzende Aufmerksamkeit, Andere ein anderes (familiäres oder gruppenmäßiges) Umfeld, wieder andere Kids Familientherapie, manche auch Medikamente oder eine Aufgabe, Nachhilfe in Empathiefähigkeit, Sport oder Traumatherapie usw.

Ganz grundsätzlich denke ich, dass Kinder und Jugendliche heute mehr denn je (und auch viele von jenen, die nicht auffällig werden) in einem kinder- und jugendunfreundlicheren Klima aufwachsen als früher - auch weil sie schlicht und einfach weniger werden in Relation zu Erwachsenen/Alten und auch ihre Zukunftschancen oft miserabel sind.
Erziehungsunsicherheit in Elternhäusern tut ihr Übriges und so wachsen viele Kinder zu Jugendlichen heran, denen es einfach an gesunder Beziehung fehlt. Zu Anderen und auch zu sich selbst.

Es gibt bestimmt kein Patentrezept, den "Elternführerschein" wird man wohl kaum durchsetzen können (grade weil die Eltern ja die Erziehungshoheit für ihre Kinder behalten sollen), aber zum Beispiel schon in der Schule beigebracht zu bekommen, welche Aufgabe es ist, Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen, ja ganz grundsätzlich: zu vermitteln, dass Kinder bestimmte Bedürfnisse haben, dass sie Rechte haben (auch auf Hilfe, wenn Eltern überfordert sind), könnte schon helfen.
Das zusammen mit ein wenig gesellschaftlicher Abkehr von rücksichtslosem Individualismus könnte dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche sich "aufgehobener" und "zugehöriger" fühlen können.

Gegenwärtig sieht es aber nicht so aus, als würden derartig prophylaktische Maßnahmen wirklich ernst- und gesamthaft vorangetrieben. Es kostet ja. Und für Kinder wird immer weniger gern Geld ausgegeben in mageren Zeiten, in welchen Wahlerfolge vor allem von Versprechen an die Alten abhängen.


shark
MrsM
.... ich habe jetzt nicht alles gelesen...sorry.... und falls ich jetzt so gar nicht an den thread anschliesse, tuts mir leid...


Aber heute morgen ist mir echt die Hutschnur gerissen..... da wird berichtet, das heute der Zugführer verhört wird, um nochmal ein wenig Licht ins Dunkel zu bekommen, weil er es ja 'aus nächster Nähe' beobachtet hat......
Prima....... Hut ab Herr Zugführer!! Für dein doch so aktives Beobachten mecker.gif

Da kann ich ja mal so richtig wütend werden.... oder bin ich zu kleinlich?
ella1
Shark,


„Vier Augen sehen mehr als zwei“ . Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) ist eine Abteilung oder ein Sachgebiet der (kommunalen) unteren Gesundheitsbehörden bzw. des Gesundheitsamtes im Bereich Öffentlicher Gesundheitsdienst. Der KJGD untersucht und berät subsidiär, (sozial)kompensatorisch und nicht therapeutisch meist in Teams vor Ort z. B. in den Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder (Kindergarten). Hier versteht er seine Funktion auch als Betriebsarzt der Einrichtung. Die Teams bestehen im Idealfall aus einem Kinderarzt (explizit bestimmt) und einer sozialmedizinischen Assistentin bzw. Arzthelferin.

Hauptaufgabe ist die Schulgesundheitspflege (das schließt Schuleingangsuntersuchungen (SEU) bzw. Vorschuluntersuchung (VSU), letztere meinst du wohl, ein). Zudem sind sie für Gutachterliche Tätigkeit im Auftrag anderer Dienststellen, Ämter und Behörden und Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung zuständig.

[/u]. In Zeiten, in denen soziale Schichten zunehmend auseinanderdriften...und gesundheitliche Vorsorge bzw. medizinische Regelversorgung ggf. nicht mehr ausreichend garantiert ist bzw. nicht ausreichend wahrgenommen wird, gilt es, wesentliche gemeinwesenorientierte sozialpädiatrische Aufgaben zu sichern.

Diese Regelung widersprich nicht, dass Erzieherinnen Hinweise zur Gesundheit und Entwicklung geben.

Sicherlich sehen diese Ärzte nicht alles, Erzieherinnen vermutlich auch nicht immer. Aber ich verstehe auch nicht wieso das eine das andere in Frage stellt?
Selbst wenn einige Eltern mit Unverständnis reagieren, kann es doch durchaus transportiert werden, dass es eine Maßnahme ist die alle Kinder eines Alter „gleich mitnehmen soll“, unabhängig ob sie in einer Einrichtung sind, mit engagierten Erzieherinnen oder eben nicht. Alle gleichermaßen. Alle vergleichbar, alle durch staatliche Stellen unabhängig von Status und Geld, das Ganze kostenlos für die Betroffenen.

Es sind immer Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge, denn das ist der gesetzliche Aufrag und Sinn.
Du magst schlechte Erfahrungen mit Kinderärtzen gemacht zu haben, ok. Es gibt vermutlich schlechte Kinderärzte. Dann ist es gut wenn andere mitschauen. Ggf. außer der Erzieherin auch noch zweimal im Kindergartenalter der Dienst des Gesundheitsamtes.

Ich weiß bei aller Kritik von Eltern nicht was so schlimm ist an einer Reihenuntersuchung von Kindern.

Dabei bleibt jedem unbenommen andere Ergebnisse an das Jugendamt zu melden, Fördermaßnahmen sind (wenn es nicht ganz arg schlecht aussieht um das Kindeswohl) freiwillig.


Scheinbar ist dies genau wieder der Punkt um den es geht. Will man bestimmte Defizite aufdecken oder auch beseitigen, sind alle dran, ob sie es nötig haben oder nicht. Und es wird immer Menschen geben die dies im Einzelnen auch ablehnen (ggf. weil sie es nicht nötig haben oder nicht als nötig erachten).

Oder besser gesagt, es heißt gesellschaftlich entscheiden, mischt sich der Staat ein oder nicht? Soll er sich einmischen weil es heißt: das ist notwendig. Notwendig weil es beachtenswert viele Fälle gibt, die es nötig haben? Weil wir zudem Daten brauchen für weitere Planungen in dem Bereich um die Kindererziehung zu verbessern.
Oder soll er sich eben nicht einmischen, weil Eltern entscheiden ob ihre Kinder untersucht werden und von wem.

Will ich auch die mitnehmen die es "selbst nicht können oder wollen" werden alle mit "Maßnahmen" einem "Hinschauen" überzogen.

Die Gesellschaft und jeder Einzelne muß in solchen Momenten entscheiden was wichtiger ist und ggf. weniger "Schaden" bringt.

Fallen Kinder aus dem System heraus, hat das System ggf. ein Problem solange diese Menschen leben.

Laufen Jugendliche Amok hat die Gesellschaft ein Problem.

Wer mehr Freiheit für sich will muß es allen anderen auch zugestehen mit allen Konsequenzen.



ella1
ZITAT
Shark, ....Ganz grundsätzlich denke ich, dass Kinder und Jugendliche heute mehr denn je (und auch viele von jenen, die nicht auffällig werden) in einem kinder- und jugendunfreundlicheren Klima aufwachsen als früher - auch weil sie schlicht und einfach weniger werden in Relation zu Erwachsenen/Alten und auch ihre Zukunftschancen oft miserabel sind. Erziehungsunsicherheit in Elternhäusern tut ihr Übriges und so wachsen viele Kinder zu Jugendlichen heran, denen es einfach an gesunder Beziehung fehlt. Zu Anderen und auch zu sich selbst.


Ich frage mich bei solchen Aussagen, was "Früher" bedeutet. Es gibt weniger Jugendliche als "früher", von mir aus. Ist es damit automatisch schwerer? Auch früher gab es Arbeitslose, auch Jugendarbeitslose, mitte der 70iger stieg die Arbeitslosigkeit in zwei Jahren auf das vierfache (bei einer Inflation von 7,915 %). Das Ganze ohne Bildungsangebote und offene Stellen die nicht zu besetzen sind, Ausbildungsbetriebe die schulisch nachsteuern. Das heißt nicht, dass es auch heute schwer ist, aber wann war es leicht?


Es gab Zeiten, noch nicht lange her, das wendeten sich die 68iger gegen Autoritäten und das waren heftige gewalttätige Autoritäten. Ich erinnere das ein oder andere Kriegstrauma im Nahbereich... Das Ergebnis des sogenannten Wirtschaftswunders kam erst in den 60er Jahren bei den "Normalbürgern" an. Kinderbespaßung war für diese Generation ein nicht zu erfüllender Luxus. Da wurde gebaut und Essen kam nicht selten aus dem eigenem Garten, ohne Romantik.

Erst in den 70iger jahren kam es zu Reformdiskssionen in der "Jugendpflege" und zu ersten Ansätzen pädagogischen Prävention ....

Bedürfnisse von Kinder waren nicht besonders angesagt. Das fing an mit der Schulausbildung, Mädchen waren lange nicht so quantitativ an hören Schulen vertreten und Papa entschied nicht nur über Mama und ob die arbeiten geht sondern über die ganze Familie, per Gesetz bis weit in die 70iger Jahre hinein. In dieser war er dafür auch abwesender als heute, einfach wegen höherer Arbeitsstundenzahlen.

Das Jugendamt gibt es seit 70 Jahren. Damals galten Kinder und Jugendliche als Objekte der Erziehung eher im Sinne von Zucht, der Bewahrung oder der Maßregelung, und weniger der Förderung. Die Erörterung eigener Rechte des Kindes in unserem heutigen Sinne wird man in den ersten Berichten nicht finden.... .dass die materielle Not, die hygienischen Missstände derart gravierend waren, dass Kinder- und Jugendfürsorge, Familienfürsorge tatsächlich mit der Sorge ums Überleben zu tun hatte. Im Gegensatz zu heutigen "Überlebensängsten" waren die damaligen Überlebensprobleme ganz konkret und hautnah.

Noch in den 50er Jahren wurden Verfehlungen gegen Jugendschutzbestimmungen bei den Jugendlichen selbst bzw. bei den Eltern geahndet....mit Zwang und Pflichten.

Erst 1991 kam es in diesem Land zu einem Wandel mit dem Inkrafttreten des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes .... davor steht vieles unter dem Begriff "Entmündigung".


Vielleicht habe ich ein anderes "früher" in Gedanken, aber rosig erscheint es mir nicht zur "heutigen Zeit". Es erscheint mir auch nicht freundlicher gegenüber Jugendlichen gewesen zu sein.

Ich bezweifele das wirklich mehr Bedürfnisse von Jugendlichen in der Vergangenheit erfüllt wurden. Gerade Bedürfnisse in Bezug auf eigene Verwirklichung und deren Möglichkeiten.

Sinai78
ZITAT
@Ella1Fallen Kinder aus dem System heraus, hat das System ggf. ein Problem solange diese Menschen leben.

Laufen Jugendliche Amok hat die Gesellschaft ein Problem.

Wer mehr Freiheit für sich will muß es allen anderen auch zugestehen mit allen Konsequenzen.


Das ist der springende Punkt. Das System neigt allerdings- vor Jahrhunderten und auch heute noch- dazu, sich "unbequemen Dingen" nicht stellen zu wollen, sie schlicht zu übersehen oder zu "entfernen" mittels psychatrischer Einrichtungen z.b. (welche überquellen da man nicht auf den Wurzeln und Ursachen einwirkt). Überall werden Einrichtungen die "gesund" damit umgehen, versuchen eine problematische Konstellation aufzulösen bzw. zu "kultivieren" geschlossen, dicht gemacht. Die Alternative, Endlösung nennt sich dann wohl Schadensbegrenzung - die sich auf wenige engagierte Schultern niederlässt und die Auswirkungen mangels Handhabungsmöglichkeiten nur geringfügig eindämmen kann.

Hortensie
Was mich ein wenig wurmt, ist das jetzt der vormalige Held Brunner genüsslich in den Medien demontiert wird und fast schon als Provokateur hingestellt wird.

Diese Tendenz die Täter großflächig in Schutz zu nehmen und ihre Schwierigkeiten als Begründung zu nehmen kann sich auch mal als Bumerang erweisen.

Ich meine, wir alle kennen Menschen, die eine schwierige bis hochproblematische Kindheit und Jugend hatten und die trotzdem (oder gerade deswegen) nicht gewalttätigt geworden sind, sonder eher versuchen, in U-Bahnen oder in Parkanlagen deeskalierend zu wirken, wenn sie auf solche Situationen treffen.
McLeod
Also mein Rechtsempfinden ist da schlichten Gemüts: wenn ich andere Menschen berauben oder drangsalieren will und jemand versucht das mit Worten und in der nächsten Stufe mit einem Schlag zu unterbinden, berechtigt mich das nicht, den Einschreitenden seinerseits anzugreifen und schwere Verletzungen oder den Tod in Kauf zu nehmen. Das fällt nicht unter Notwehr - nach meinem Empfinden. Es kann auch nicht notwendig sein, dass Eingreifende eine Streetworker-Ausbildung haben müssen, ehe sie gesetzlichen Schutz für Leib und Leben erfahren. Und die "mildernde Umstände" Alkohol- und Drogenkonsum sollten so bald als möglich abgeschafft werden, denn die Erlaubnis, Alkohol zu konsumieren sollte im Gegenteil höchste Eigenverantwortung für das eigene Handeln unter Alkoholeinfluss beinhalten. Und nicht umgekehrt: die Gesellschaft erlaubt Menschen, sich in weniger verantwortungsvolle Zustände zu trinken, rauchen, spritzen...

McVorLeod
ella1
Das Gerichtsurteil:

Der 19-jährige Sch. wurde wegen Mordes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung zu einer Jugendhaftstrafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt, gegen den Mitangeklagten Sebastian L., 18, verhängte das Landgericht München I am Montag sieben Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge.
McLeod
...und Dominik Brunner ist in den Augen des Gerichts weiterhin Opfer und nicht Täter. Außerdem spielte es keine Rolle, dass die Herzschwäche zu Tod führte. Irgendwo las ich ein treffendes Zitat der Anwältin (Staats- oder der Nebenklage?): "Es gibt keinen Anspruch auf ein Opfer im Top-Zustand."

Mein Gerechtigkeitssinn findet sich im Urteil und dem, was rund um Begründung / Herleitung zu lesen ist wieder. Wie geht es Euch?

Liebe Grüße
McLeod
Grübler
Ich freue mich sehr über das Urteil. Mir grauste es bei der Vorstellung, dass B. der Täter ist und sich gefälligst rauszuhalten habe. Ich bin ziemlich altmodisch. Niemand hat irgendwen in der Öffentlichkeit anzugreifen, es sei denn er verteidigt sich oder andere Personen.
Hortensie
Mir geht es gut mit dem Urteil und meinem Gerechtigkeitsempfinden ist Rechnung getragen worden.
ella1
Ich fand die Argumente der Verteidigung schwachsinnig und auch die Argumentation des "Spiegels" der immer wieder fand die jugendlichen Täter seien die eigentlichen Opfer. Zur Zeit heißt es dort der jüngere Täter wäre vor einem anderen Gericht "billiger weggekommen" (mag sein, dass das sogar stimmt, aber wäre es dann "gerechter" gewesen, ein besseres Urteil?). Das grausame ist, wenn die Verteidigung nicht völlig verblödet ist haben sie sich eine Chance ausgerechnet damit durchzukommen (!).

Ein Tritt gegen den Kopf ist potentiell tödlich, ein Tritt in den Bauch ebenso. Ich finde das reicht an Vorsatz wenn das Opfer verstirbt.
Nothilfe ist immer etwas was den "Erstschlag rechtfertigt" wenn der Angriff unmittelbar bevorsteht, auch wenn dies ein weites "subjetiv" zu sehendes Feld ist.


Bleibt die Frage, wäre es bei diesen Tätern nicht schon vorher angebracht gewesen Vortaten anders zu bestrafen, härtere soziale Auflagen zu erteilen (aufgrund ihrer Taten)?

Und natürlich, wie lange bleiben sie mit solchen Urteilen im geschlossenen Strafvollzug. Was geschieht danach?

Immerhin können die zwei Täter in nächster Zeit vermutlich nicht mehr Bahn fahren und andere Menschen "draußen" abziehen, was nicht heißt, dass sie nicht Menschen hinter Gittern schädigen, aber immerhin.
Sie haben jetzt wenig Ablenkung und können Schulabschluß und Ausbildung durchziehen, ein Vorteil für sie selbst.


Ich bin durchaus zufrieden mit den langen Haftstrafen aber auch frustriert, dass es überhaupt dazu kommen mußte mit der ganzen Vorgeschichte dieser zwei Menschen. Dass nicht vorher was geschah, dass irgendwie alles laufen gelassen wurde, ob sie Verbrechenstatbestände verübten, süchtig auf der Straße herumliefen oder Schulverpflichtungen nicht erfüllten.

Ich denke hin und her und gehe davon aus, es wird zu spät gesellschaftlich gehandelt. Ungerecht gegenüber Opfer (tod) und Tätern (einige Jahre weggesperrt).
Die Hoffnung, dass männliche Gewalttäter ( heftige Gewalttäter, wie hier Raub mit Waffe pp.) sich irgendwie einkriegen bevor sie jemanden schwer schädigen und sie somit "machen zu lassen" erscheint mir fahrlässig. Dieses: "es wird schon gutgehen" mit der nächsten Bewährungsstrafe oder der Unterbringung in freiwillige Heime ohne besondere Auflagen, dieses Wissen um deren Suchterkrankungen ohne Eingreifen, kann doch nicht sozial (für alle Beteiligten) sein?

Wenn Wiki schreibt, nur 3-5 % der Jugendlichen fallen durch Mehrfachtaten auf (und davon vermutlich viele keine Verbrechen verüben sondern kleinere Straftaten, einfache Körperverletzungen und Klauereien) dann kann es doch nicht so schwer sein für einen kleinen Rest an Intensivtätern Maßnahmen zu erarbeiten in denen diese engmaschig betreut und überwacht werden, mit Zwang. Nicht weggeschlossen aber durchaus mit der Option einzufahren wenn sie andere schädigen, oder Auflagen wie Schule pp. nicht erfüllen. Wieso nicht mehr solche Auflagen in einer "Bewährungsstrafe". Frei nach dem Motto: Du hast es geschafft jemanden krankenhausreif zu schlagen, wenn Du es nicht schaffst dieses Jahr in die Schule zu gehen, wirst Du Deine Haft absitzen (nebenbei wirst Du auch sitzen wenn Du die Klasse aufgrund innerer Verweigerung wiederholen mußt). Rechtlich ist dies nicht unmöglich, es sollte nur Standard in der Umsetzung werden.

Wenn es heute heißt Ursache bei Intensivtätern seien häufig innerfamiliäre Gewalterfahrungen, Bildungsprobleme und fehlende Schulabschlüsse, dann muß doch gesellschaftlich bei Anhaltspunkten, dass jemand Intensivtäter ist auf eben diese Punkte eingewirkt werden (schon schlimm genug wenn es nicht schon früher geschieht). Dann helfen doch keine Sozialstunden im Altersheim oder folgenlose Bewährungsstrafen sondern nur Methoden die dazu führen, dass Gewalt nicht (mehr) erfahren wird und der Mensch gefälligst täglich Bildung bis zum Schulabschluß bekommt (und wenn so ein jugendlicher Täter von einer Überzahl von Pädagogen und mit Strafandrohung dazu gezwungen wird ist das in meinen Augen immer noch fairer als ihn und sein Umfeld in tiefere Gewaltspiralen laufen zu lassen).


Hätte man sich vor der Tat mit dem Verhalten der Täter ebenso kritisch auseinandergesetzt wie im Prozeß mit dem Verhalten des Opfers, wäre vermutlich manches anders gelaufen. Man hätte die Täter auch im Vorfeld als Opfer der Umstände ansehen können, nur dann wäre es folgerichtig gewesen, diese aus diesen Umständen herauszuholen.

Hortensie
...der eine Täter spekuliert wohl damit seine "story" exklusiv vermarkten zu können...
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