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Vollansicht: Steuerhinterziehung Alice Schwarzer
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Pirola
Alice Schwarzer hat nach einer geheimen Selbstanzeige im Nachhinein 200.000,-Euro Steuern gezahlt , nachdem sie
eine dementsprechend gigantische Summe auf Schweizer Konten angelegt und die Zinsen nicht versteuert hatte .
Das geschah in den Achtzigern , als sie sich gemäss ihrer eigenen Angaben wegen der allgemeinen Hatz auf sie
in Deutschland so unsicher gefühlt hatte , dass sie fürchtete , ins Ausland fliehen zu müssen . Und nun protestiert sie, weil
die Presse dahintergekommen ist und das veröffentlicht hat .

Diese Infos passen für mich in das Bild der Jahrzehnte lang versteckt lebenden Lesbe , die uns allen solch ein grosses Vorbild hätte sein können . Doch bin ich unter diesen Umständen vielleicht doch noch froh, dass sie sich nicht offen zu Meinesgleichen gesellt hatte .

Emanzipation schön und gut , aber nicht in Sachen Betrug und Kommerz .
Rafaella
Das ist ein weites Feld, Luise...und seit Tagen in den Medien und sozialen Netzwerken rauf und runter bereits diskutiert worden. Schön, dass es nun auch hier angekommen ist. wink.gif Damit ich hier nun auch diskutiere, bräuchte es für mich einen neuen Aspekt, der vielleicht lesbenforenspezifisch ist, wie könnte der aussehen?
kawa
Dies ist meines Erachtens ein lesbenforenspezifischer Aspekt:

ZITAT(Pirola @ 15.Feb.2014 - 13:24) *
Diese Infos passen für mich in das Bild der Jahrzehnte lang versteckt lebenden Lesbe , die uns allen solch ein grosses Vorbild hätte sein können . Doch bin ich unter diesen Umständen vielleicht doch noch froh, dass sie sich nicht offen zu Meinesgleichen gesellt hatte .

"Meinesgleichen", wer sind die denn? Ist die gesamte Lesbenschaft ein Club der Ehrenhaften, der Sauberen, der über allem Stehenden, der moralisch Unangreifbaren? Ein Club, in den Alice Schwarzer nicht reinpasst, weil sie sich zu spät geoutet hat und jetzt auch noch Steuern hinterzogen hat?

Ein Vorbild war Schwarzer für mich immer, weil sie unermüdlich für Gleichberechtigung und Frauenrechte gekämpft hat. Ihre Steuerhinterziehung stürzt sie jetzt vom Sockel der moralischen Integrität, was menschlich sehr enttäuschend ist. Aber was hat das mit ihrem späten Coming-out zu tun?
Rafaella
Die Steueraffäre schmälert zudem nicht ihre Verdienste um die Gleichberechtigung und Thematisierung der Würde der Frau!
Pirola
Ich bin einfach schon vorher enttäuscht gewesen , dass sie sich so lange nicht geoutet hat .
Es wäre eine tolle Rückendeckung für viele "Meinesgleichen" gewesen , eine Ermutigung im
eigenen CO .
LaPia
ZITAT(Pirola @ 16.Feb.2014 - 01:22) *
Ich bin einfach schon vorher enttäuscht gewesen , dass sie sich so lange nicht geoutet hat .
Es wäre eine tolle Rückendeckung für viele "Meinesgleichen" gewesen , eine Ermutigung im
eigenen CO .


Liebe Pirola,

Klar ist sie ein politischer Mensch, aber möchtest du ihr deswegen das Recht auf eine persönliche Entscheidung absprechen? Sie ist AUCH Privatmensch.
Ich finde es gewagt, so über eine persönliche Entscheidung zu urteilen, die m. E. jede nur für sich alleine fällen kann. Es gibt kein Gesetz, das besagt, wer prominent ist muss sich outen (sonst wäre ja keine im Schrank).
Du kennst ihre Motive gar nicht!
Außerdem (siehe Steuerhinterziehung) ist auch sie ein fehlbarer Mensch - so wie wir alle. Und die größten Fehler auf der einen Seite machen nicht große Verdienste auf der anderen Seite null und nichtig! Würden wir so über alle Menschen urteilen - wer bliebe da noch übrig - als guter Mensch oder als jemand der/die auch nur "einfach ok" ist? Es heißt nicht, die Steuerhinterziehung billigen, wenn man das noch schätzt, was man auch geschätzt hat, als die Steuerhinterziehung noch nicht bekannt war.
Ich denke, sie hat viel für "uns" getan.
kawa
ZITAT(Rafaella @ 15.Feb.2014 - 22:54) *
Die Steueraffäre schmälert zudem nicht ihre Verdienste um die Gleichberechtigung und Thematisierung der Würde der Frau!

thumbsup.gif

ZITAT(LaPia @ 16.Feb.2014 - 11:24) *
Klar ist sie ein politischer Mensch, aber möchtest du ihr deswegen das Recht auf eine persönliche Entscheidung absprechen? Sie ist AUCH Privatmensch.
Ich finde es gewagt, so über eine persönliche Entscheidung zu urteilen, die m. E. jede nur für sich alleine fällen kann. Es gibt kein Gesetz, das besagt, wer prominent ist muss sich outen

thumbsup.gif

ZITAT(LaPia @ 16.Feb.2014 - 11:24) *
Ich denke, sie hat viel für "uns" getan.

thumbsup.gif

ZITAT(Pirola @ 16.Feb.2014 - 01:22) *
Ich bin einfach schon vorher enttäuscht gewesen , dass sie sich so lange nicht geoutet hat .

Und da kommt das mit der Steuerhinterziehung gerade recht, um ihr für das zu lang ausgebliebene CO endlich mal ans Bein zu pissen, oder wie.

ZITAT(Pirola @ 16.Feb.2014 - 01:22) *
Es wäre eine tolle Rückendeckung für viele "Meinesgleichen" gewesen , eine Ermutigung im
eigenen CO .

Da sind sie wieder, die "Meinesgleichen". Es hört sich furchtbar elitär an, wenn du das so schreibst. Magst du mal erklären, wen du damit meinst?
Hortensie
"Meinesgleichen" Super, das ich nicht zu "Deinesgleichen" @Pirola gehöre.

Ich selber bzw. "meinesgleichen" fand es nie wirklich schlimm, dass A.S. sich nicht geoutet hat (wegen meiner hätte sie es nie tun müssen, aber jederzeit tun dürfen).

Ich oute mich schon lange bei neuen Kollegiinnen/kollegen nicht mehr selber. Warum? Weil alle schon immer irgendwie und von irgendwem Bescheid wissen.

Aber ich bin ich und A.S. ist A.S.

Ich hinterziehe keine Steuern und habe kein Schweizer Konto. Weil ich politisch korrekt und moralisch absolut integer bin? Nein, weil mir schlicht die finanziellen Möglichkeiten nicht habe und eine diesbezügliche persönliche Bekundung (ich würde, ich hätte, ich finde) von daher eine theoretische und nicht in der Praxis sich bewährende oder überprüfbare bleibt.

Ich finde Schubladendenken übrigens bei Lesben und/oder Femministinnen genauso borniert, wie bei allen anderen Menschen auch.

Pirola
Ich habe doch "Meinesgleichen" extra schon in Anführungsstriche gesetzt . Muss hier immer alles
so zensiert werden ? Und ich war einfach enttäuscht , bin da sicher nicht die einzige .
Gerade , weil Alice sonst so eine starke Persönlichkeit ist und eine grosse Bedeutung für die Frauenbewegung hat ,
wir alle von ihren Errungenschaften profitieren .
Eh es hier eskaliert , zieh ich mich raus .
kawa
ZITAT(Pirola @ 16.Feb.2014 - 12:38) *
Ich habe doch "Meinesgleichen" extra schon in Anführungsstriche gesetzt .

Eben deswegen hätte ich mir gewünscht, dass du erklärst, wen du damit meinst.

ZITAT(Pirola @ 16.Feb.2014 - 12:38) *
Muss hier immer alles so zensiert werden ?

Es wurde nicht zensiert, sondern in Frage gestellt. Das ist ein himmelweiter Unterschied.

ZITAT(Pirola @ 16.Feb.2014 - 12:38) *
Eh es hier eskaliert , zieh ich mich raus .

Ich sehe hier nichts eskalieren, aber wenn du das so empfindest, bedaure ich es und respektiere deine Entscheidung.
pfefferkorn
ich habe alice schwarzer ihr bild-werbung übelgenommen -

ihre steuerhinterziehung... das ist eine moralische frage, wie ich zu diesem staat stehe, und außerdem sehe ich, dass sie ja nachgezahlt hat - also hat sie ihren fehler ausgeglichen - das ist sie für mich in ordnung -

ich erwarte von einer journalistin kein "feherfreies " verhalten - und ich kann mit outing wünschen, sehe aber auch, dass sie einer anderen generation angehört, die private beziehungen nicht unbedingt so auslebt, wie ich mir das vielleicht wünsche

für mich bleibt sie eine wichige person der zeitgeschichte, streitbar, manchmal mir unsympathisch, manchmal auch nach anerkennung suchend, wo ich es bei ihr nicht vermutet hätte -

einfach nicht perfekt :-)
Hortensie
Grundsätzlich finde ich es verwerflich, dass hierbei die Schweigepflicht nicht eingehalten wurde.
A.S. hat Steuern hinterzogen, sie hat nach einer geheimen Selbstanzeige eine entsprechende Strafe und die Steuern nachgezahlt.
Sie hat eine Straftat begangen, sie hat es eingesehen, sie hat ihre Strafe akzeptiert und quasi verbüsst.

Sie war nicht Mitglied der Waffen SS und hatte dies vergessen und sich trotz dieser Mitgliedschaft zu einer Art moralischen instanz aufgeschwungen.

Nur um die Relationen mal aufzuzeigen, was bei anderen moralischen Instanzen so abgelaufen ist.

Alice Schwarzer stammt aus Wuppertal. Ihre Großeltern hatten dort einen Tabakladen, sie wurde von diesen aufgezogen, weil ihre Mutter nicht verheiratet war( Frau Schwarzer ist Jahrgang 1942) . Was würde mensch also denken? Kleine Welt, in der um jede Mark Einkommen hart gerungen wurde.
Alice Schwarzer hat persönlich (so kommt es für mich immer rüber) schwieriges und kompliziertes Verhältniss zu ihrer Mutter. Mütter/Töchter

Ich selber habe mehrfach geschrieben, dass ich nicht alles gut fuinde, was Alice Schwarzer politisch oder menschlich von sich gibt.

Aber:
Ich habe durchaus Respekt vor der Lebensleistung einer Frau, die - wie mensch so sagt, aus kleinsten Verhältnissen kommend, immer anders seiend als die anderen - eine gesellschaftliche Position erlangt, die ein wirtschaftlich gut auskömmliches Leben ermöglicht.
Sie hat eine kaufmännische Ausbildung gemacht, ein Sprachenstudium abgeschlossen und den Journalismus von der berühmten Pike aufgelernt.
Sie ist immer angefeindet worden und hat trotzdem immer ihre Möglichkeiten genutzt und sich immer auch politisch geäußert.

...und es kann sein, dass ich falsch informiert bin, aber ich glaube zu wissen, dass sie niemanden "zwangsgeoutet" hat.

Rafaella
Danke, hortensie, das ist ganz toll und sehr berührend!
Hortensie
Ich möchte zu dem vielfach angesprochenem CO- Verhalten von Frau Schwarzer noch anmerken, dass ich mich erinnern kann, dass es in den 1980er Jahren in vielen Frauenzentren in NRW so war, dass dort gerahmte Fotografien von Erika Schilling hingen. Ich weiss im Moment nicht, ob es noch so ist, aber dass Wuppertaler Frauenzenrum Urania hatte die Todesanzeige von Erka Schilling lange auf seiner Homepage und statt Blumen- und Kranzspenden wurde zu Spenden für das Frauenzentrum Urania aufgerufen.

Ich bin keine Psychologin, jegliche Art von Küchenpsychologie ist mir fremd, aber ich kann mir vorstellen, dass die Kontakte und die Art der Beziehung zu der biologischen Mutter und der intellektuellen Mutter im weitesten Sinn, ein CO für Frau Schwarzer auch nicht gerade leichter gemacht haben könnten.
Rafaella
Liebe Hortensie,

das (mit dem gerahmten Foto von Erika Schilling in den Zentren) finde und fand ich sehr bemerkenswert und auch ein bisschen merkwürdig, strange. Ich kann mich erinnern, wie noch Anfang der 90-er Alice mit ihrer Entourage bei der regelmäßigen Frauenfete im Glora auftauchte und Erika mit der ihrigen - getrennt, selbstverständlich.

Aber ich verstehe den letzten Passus nicht. Nicht, dass ich damit meine, ich bin anderer Meinung. Ich weiß nicht, was du damit sagen möchtest. Was haben die Kontakte von Erika oder der Kontakt zu Erika mit dem CO zu tun? a11.gif
Hortensie
ZITAT(Rafaella @ 20.Feb.2014 - 11:50) *
Aber ich verstehe den letzten Passus nicht. Nicht, dass ich damit meine, ich bin anderer Meinung. Ich weiß nicht, was du damit sagen möchtest. Was haben die Kontakte von Erika oder der Kontakt zu Erika mit dem CO zu tun? a11.gif


Liebe Rafaella,
wahrscheinlich habe ich es ein wenig schräg ausgedrückt. Danke, dass Du mich darauf aufmerksam machst und ich Gelegenheit habe es etwas zu "entwirren".

Mir ist bei dieversen schriftlichen Aussagen von AS oder mit befreundeten Autoren (z.B. aus dem KiWi-Verlag) aufgefallen, dass AS ihre Mutter immer ein wenig aus ihrem Leben ausklammert und sich an Stellen, wo andere Menschen (ich zum Beispiel) auf ihre Eltern Bezug nehmen, immer auf ihre Grosseltern (und hier besonders auf den "mütterlichen" Großvater) Bezug nimmt.

Als ihre "Mutter im Geiste" habe ich immer Simone de Bevoir wahrgenommen. Daher in dem Absatz meines Postings der etwas gestelzte Ausdruck "Intellektuelle Mutter".

Bei den beiden Frauen fällt (Erika Schilling "ES" und Simone de Bevoir "SdB") mir halt im direkten Vergleich auf, dass die eine (ES) versucht hat als emanzipierte Frau zu leben und die andere (SdB) immer versucht hat den theoretischen Rahmen für ein emanzipiertes Frauenleben mit ihren Schriften etc. herzustellen.

Die eine (ES) lebte ja zeitweise goutet, die andere (SdB) hat sich nicht geoutet.

AS stand ja im Spannungsfeld dazwischen. Sie hat den Konflikt aus meiner Sicht so gelöst, dass sie zu einen (ES) geschwiegen hat und die andere (SdB) auf ein Podest gestellt hat.

Vielleicht ist es so ja verständlicher...

Oder ganz einfach ausgedrückt:

Möchten wir nicht alle anders sein, als unsere Mütter? Haben wir in unserem Leben nicht die schärfsten Konflikte mit unseren Müttern? Wie grenzen wir uns denn ab?

...ich weiss, nicht ob es nachvollziehbar ist, was ich ausdrücken möchte. Vielleicht ja doch, wenn nicht, fragt einfach...



Rafaella
Ah, jetzt hab ichs verstanden patsch.gif . Interessante Hypothese! Ob ich sie in allen Punkten teile, weiß ich noch nicht. Ich werde morgen darüber nachdenken, lieber Rhett. wink.gif
Hortensie
ZITAT(Rafaella @ 20.Feb.2014 - 11:50) *
das (mit dem gerahmten Foto von Erika Schilling in den Zentren) finde und fand ich sehr bemerkenswert und auch ein bisschen merkwürdig, strange. Ich kann mich erinnern, wie noch Anfang der 90-er Alice mit ihrer Entourage bei der regelmäßigen Frauenfete im Glora auftauchte und Erika mit der ihrigen - getrennt, selbstverständlich.


Ja, das waren echte Inszenierungen...aber irgendwie waren nicht nur die beiden so. Ich glaube im Nachhinein hatten fast alles Frauen, die sich miteinander im Dissenz befanden, solche Auftritte...und spannenderweise alle mit Etourage.

gruebel.gif Gibt es das heute eigentlich noch?
Rafaella
Da, wo ich mich bewege - eigentlich nicht mehr so. Waren aber schöne Zeiten. rolleyes.gif
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