Hallo, Amber,
als ich Deinen ersten Beitrag in Deinem Thread gelesen hab, hat spontan was in mir mitgeschwungen. Das fand ich erst echt merkwürdig, weil es mir persönlich nicht schwer fällt, kongruent mit meiner Persönlichkeit derartige "Absagen" zu erteilen. Wenn ich merk, dass sich jemand für mich mehr interessiert als mir das recht ist (egal, ob das "Mehr" nun eine engere platonische Freundschaft werden soll oder eine Romanze oder was auch immer), dann gelingt es mir eigentlich ganz leicht, sozusagen en passant bemerkbar zu machen, was genau
ich will. Und wonach mir gar nicht ist. Da hab ich eher das Problem, dass ich lang brauch bis ich speziell merk, dass da wer irgendwie erotisch oder
-mäßig an mir interessiert ist. In dieser Hinsicht bin ich ein bisschen begriffsstutzig. Und da ich auch eher ein wenig
"flirty und
touchy" bin (niedliche Ausdrücke, ich weiß, man sagt das heut eh so, aber ich find, die zwei Wörtle drücken auch sehr gut aus, was gemeint ist), kann es natürlich auch sein, dass sich erst mal jemand ermutigt fühlt.
Aber eben: wenn ich es merke, fahr ich nen Gang zurück und schaffe es auch, Grenzen klarer zu machen als sie vielleicht bisher angekommen sind.
Ich find den Ausdruck "Zurückweisung" übrigens genau richtig: Ich weise ja sozusagen den Weg zurück bis hinter die Grenze, die ich um mich gezogen habe. Wie ein Hinweisschild etwa. Ich find, da schwingt nichts Aggressives oder Unfreundliches mit.
Nichtsdestotrotz und wie gesagt: Irgendwie hab ich mich arg angesprochen gefühlt von dem, was Du geschrieben hast. Gestern Nacht beim nochmaligen Lesen ist mir dann aufgegangen, warum das so ist....
Es ist nicht das
Thema, das in mir so nachgehallt hat, sondern die Beschreibung davon, wie stark Du Dich in solchen Situationen innerlich selbst an die Stelle derer/dessen setzt, die/der Deine Zurückweisung erfahren muss.
Du schriebst:
ZITAT
Insbesondere bei anderen Frauen habe ich damit Probleme. Ich fühle mich menschlich dann richtig schlecht, zum Teil gar schuldig, wenn ich eine zurückweisen muss - obwohl das ja nur fair und ehrlich ist und ich umgekehrt auch gerne so offen behandelt werden möchte. Ich vermute, dass ich damit Probleme habe, weil ich Zurückweisung (nicht in Bezug auf Beziehungen, sondern ganz allgemein bzgl. meiner Geschichte) schon stark gespürt habe. Rein rational ist mir schon bewusst, dass ich nicht schuldig bin, dass ich nicht schlecht bin, wenn ich zurückweise. Aber mein Gefühl hinkt da stark hinterher.
Das ist etwas, das ich von mir nur zu gut kenne - aber eben in anderen Bereichen.
Nämlich in denen, die Leute (mit)-betreffen, die ich sehr mag, schätze oder gar liebe.
Für mich ist es beispielsweise ganz schön schwer, wenn ich aus irgendeinem Grund (und sogar dann, wenn ich selbst durch diesen Grund mehr benachteiligt bin als die andereN PersonEn) einer guten Freundin, einem nahen Freund, meiner Liebsten, einer meiner Töchter, meiner Schwester oder sonst einer/einem, der/die mir nahesteht, auf eine Bitte oder Anfrage absagen muss.
Grad, wenn es was ist, das für die Person ganz wichtig ist oder zu sein scheint.
Oder wenn ich spür, dass jemand Kummer hat und nicht darüber redet.
Das quält mich und ich spüre sogar unmittelbar körperlich eine Pein, die - und es hat ganz schön lang gedauert bis ich verstanden hatte, dass das eben nicht die übertragenen Empfindungen des/der Anderen sind, sondern meine eigenen - ich nur ganz schwer aushalten kann, wenn ich mir nicht rechtzeitig bewusst mache, was da wirklich grad los ist.
Das ist mir nicht deswegen alles so arg, weil ich etwa die Einzige wär, die irgendwas tun könnte und die Anderen ohne mich/ohne mein Eingreifen total aufgeschmissen wären, sondern weil das Nein-Sagen-Müssen bzw. dieses unangemessene Verantwortungsgefühl für das Befinden meiner Lieben an sich mich ganz schnell zurückkatapultiert in eine recht frühe Zeit in meinem Leben, zu der wirklich Wohl & Wehe mehrerer Menschen und Tiere ausschließlich davon abhing, ob ich Erforderliches tat ohne dabei auf mich selbst zu achten oder nicht.
Ich hatte sehr jung und über Jahre hinweg so viel Verantwortung zu tragen und war derart unberechenbaren Situationen ausgesetzt, dass allein meine ständige Wachsamkeit und ununterbrochene Einsatzbereitschaft das Allerfurchtbarste verhindert hat.
Dadurch bin ich heute hypersensibel für Stimmungen im Raum, für Gemütsbewegungen Anderer usw.
Dagegen kann ich nichts tun. Ich verschwende keine Zeit und Kraft mehr darauf, es zu versuchen. Ich respektiere, dass das damals notwendig war und weiß, dass es das heute nicht mehr ist.
Und dadurch kann ich inzwischen zum Glück meistens verhindern, dass es mir selber total schlecht geht deswegen.
Das geht, weil ich weiß, warum ich
überhaupt diese Gefühle habe und weil ich mir immer wieder in der konkreten Situation bewusst mache, dass dieser Mechanismus (Ich fühle ganz stark mit der anderen Person mit -> ich bin verantwortlich dafür, dass es ihr gut geht -> ich handle so wie ich denke, dass es diese Person braucht) nicht mehr erforderlich ist bzw. sogar (und nicht nur für mich) ausgesprochen kontraproduktiv sein kann.
Ich bin ich und darf bei
mir bleiben, ich kann auf
mich achten und ich bin
nicht "schuld", wenn der andere Mensch sich weniger gut fühlt als er könnte.
Vielleicht, ganz vielleicht ist es ein bisschen auch bei Dir so?
Und vielleicht hilft es auf Dauer auch Dir, Dir in der konkreten Situation klar bewusst zu machen, dass es
Dein Gefühl ist, das dir da "Beschwerden" macht und dass das
gar nichts mit dem zu tun hat, wie die andere Person sich fühlt und wie sie schließlich mit Deiner Zurückweisung umgehen wird.
Mir nutzt es was, mir innerlich zu sagen:
"Es ist unmöglich und nicht meine Aufgabe, Menschen vor Schmerz, der aus ihnen heraus kommt, zu bewahren. Ich kann und darf nach meinem Empfinden handeln. Es ist nicht herzlos, Nein zu sagen. Es ist richtig für mich, bei mir zu bleiben und für mich zu sorgen."Dadurch gehts mir nicht sofort super, aber je länger ich das nun so mache, desto leichter fällt es mir, mich da abzugrenzen.
Keine Ahnung ob Du mit diesem Beitrag nun was anfangen kannst, aber mir wars ein Bedürfnis, aufzuschreiben, warum mir Dein Thema so nahegekommen ist.
Alles Liebe
shark