ZITAT(McLeod @ 07.Oct.2015 - 13:14)
Die letzten 50 Jahre haben in der westlichen Welt zu echten Nachwuchsproblemen geführt.
Hätte der Herr heimlich eine Frauenbekanntschaft gehabt, hätte das freilich mehr gegen ein Nachwuchsproblem wirken können... Mir ist das Ganze deutlich weniger sympathisch. Hätte er einfach seinen Dienst quittiert und ein Journalist es herausgefunden, würde ich die hier herrschende Haltung vermutlich teilen.
Aber er hat äußerst medienwirksam einen Schlag gegen seinen Ex-Arbeitgeber gesetzt, den er einige Jahre zuvor vermutlich aus Überzeugung gewählt hat. Das Setting war gut geplant, das Timing ebenfalls, die Worte sicherlich ebenso. Charamsa versteht mit Sicherheit viel von seinem Handwerk und hat höchstwahrscheinlich zu Amtszeiten wundervolle Predigten geschrieben.
Und er ist, nach 12 Jahren in der Glaubenskongregation, sicherlich nicht so naiv zu glauben, dass er etwas bewegen kann. Das ist mit dem Unfehlbarkeitsdogma des Papstes und bisherigen päpstlichen Aussagen nicht vereinbar. Er rührt mit seinen Worten natürlich, ein buchstäblicher Auf-ruhr. Eventuell gibt es dadurch Widerstand unter den jüngeren Gläubigen (nicht den ganz jungen, aber so 25-35 Jahre). Aber davon bewegt sich nichts an der "Rechts"lage. Die allerdings ist krasser, als mir bewusst war:
Im italienischen Artikel (bzw. dem englischen Transkript wird die
Doktrin zum Umgang mit Priesteramtsanwärtern von 2005 erwähnt, von der ich seinerzeit nicht viel mitbekommen habe. Entsprechend ist der Vorwurf der Homosexualität hier tatsächlich schwerwiegender als der des nicht-zölibatären Lebens.
Die verhaltene Reaktion soll keine Solidarisierung mit den Priesterhierarchien im Katholizismus darstellen. Aber ich sehe in der Presseerklärung eher eine Vermarktung, die den Austritt aus dem Kirchendienst und den damit verbundenen Dozentenämtern versilbern und einen Neuanfang ebnen sollte, als einen Meilenstein gegen die Diskriminierung Homosexueller. Eine eigene Wikipedia-Seite hat er jedenfalls durch seine Kündigung, nicht durch seinen Beruf erreicht...
Und jetzt ist er auf Tour, gestern zum Beispiel beim
stern.
Ich hoffe, dass seine Worte (und nicht nur sein Affront gegen den Vatikan) viele Menschen erreicht haben, die die Ereignisse letzten Monat verfolgt haben. Und dass er auf seiner Tour noch viele weitere findet, die ihm letztendlich zuhören. Aber als großen Helden sehe ich Charamsa eher nicht.