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Vollansicht: Lebens- und Liebeskrisen
Die gute alte Küche - in neuem Gewand > Allgemeines > Coming-out und andere LesbenLebenslagen
Yggdrasil
Hallo alle smile.gif

Habe einen Vorstellungsthread gesucht, aber keinen gefunden, daher an dieser Stelle erstmal eine Kurzvorstellung.
Ich bin 49 Jahre alt und bin seit 3 Jahren mit meiner Liebsten (mitte 50) zusammen. Sie ist die erste Frau in meinem Leben und ich die ihre. Kinder und männliche Kegel haben wir vorher erlebt - mehr fällt mir gerade nicht ein. Wer Fragen hat, der möge bitte fragen!

Nachdem ich mich quer durchs Internet gesuchmaschient habe, bin ich auf dieses Forum gestossen, habe ein wenig quergelesen und dachte ich melde mich einfach mal an.

Momentan stecken wir und ich in einer ziemlich verfahrenen Situation. Ich suche hier keine ultimative Lösung, manchmal liest man andere Sichtweisen, die einem auf die Sprünge helfen, weil man selber viel zu tief drinsteckt und nicht mehr den nötigen Abstand hat.

Bin mir nicht sicher, ob dies die richtige Rubrik ist.

Soweit erstmal,
netten Gruss, Yggdra
june
Hallo und herzlich willkommen in unserem Forum!

Magst du ein bisschen erzählen, warum eure Situation so verfahren ist?

Viele Grüße
June
Yggdrasil
.. ja mag ich – ist ne längere Geschichte

Vor 6 Jahren lernte ich meine Liebe in einem andereren Forum kennen. Damals war sie noch nicht (bewusst) lesbisch, und ich erst recht nicht (mit Frauen hab ich nix am Hut) Es gefiel mir, was sie schrieb, es gefiel mir, wie sie schrieb. Wir trafen uns dann auf einem Forentreffen, ich mochte sie auf Anhieb sehr gerne und fühlte mich sehr zu ihr hingezogen. Sie sich auch zu mir. Am Abend des Treffens hatte ich auf einmal die Erleuchtung: Die steht auf Frauen – aber sie weiss es noch nicht! Hätte ich es ihr gesagt, sie hätte es mir nicht geglaubt.

Etwa ein Jahr später – wir blieben weiterhin in Kontakt, besuchten uns ab und an (sie wohnte damals einige 100 Kilometer weit weg) rief sie mich an und sagte: ich muss Dir was mitteilen – ich bin lesbisch. Meine Antwort war: erzähl mir mal was neues. Sie fiel aus allen Wolken (wie, Du hast das gewusst? Und bist mit mir in Kontakt geblieben?) Ja, wieso denn nicht. Sie hörte sich an, als hätte sie bei sich eine ansteckende Krankheit entdeckt – zumal ihre damals beste Freundin sich wohl eher pikiert von ihr abwendete (und mit Dir hab ich in einem Bett geschlafen etc)

Zum Glück gabs auch noch andersdenkende Menschen in ihrem Umfeld. Erstmal war das ganze für sie rein platonisch – also körperlich mit einer Frau – ne, sowas will ich doch gar nicht. Ich dachte: Noch nicht – und schmunzelte.

Wir besuchten uns weiterhin ab und an und eines schönen Tages stellte ich an mir deutliche Symptome der Verliebtheit fest – zu ihr. Was mich erstmal heftig irritiert hat. Hey das ist ne Frau, aufwachen! Geht so gar nicht.

Dieser diffuse Zustand dauerte noch ein Jahr in dem ich mich schwer hinterfragte, was da gerade eigentlich passiert. Ging aber nicht wirklich weg, trotz mehrfacher Verdrängungsversuche. Mit anderen Frauen hatte ich auch weiterhin nichts am Hut – das war nur mit ihr so. In dem Jahr lernte ich einen Mann kenne, den ich ganz gerne hatte. Er wäre wohl nicht abgeneigt gewesen, aber ich wusste nicht so recht. Also bin ich zu ihr gefahren, ratsuchend. Sie hatte gerade von einem Freund ein neues Doppelbett bekommen. Falls sie doch mal mit ner Frau... (soweit war sie mittlerweise gedanklich gekommen)

An dem Abend tranken wir einiges an Rotwein und lachten uns schlapp. Sie wollte dann auf dem Sofa übernachten, ich sollte in ihr neues Bett. Ich sagte: geht gar nicht, ist dein neues Bett, ich geh aufs Sofa. Letztendlich landeten wir dann zusammen in ihrem Bett und das paradoxe war – keine von uns hatte sich bis in letzter Sekunde etwas dabei gedacht. Das Bett war ja gross genug, ich hab nix mit Frauen und wir kennen uns ja schon lange genug.

Am nächsten morgen kannten wir uns dann um einiges besser.

Es war total schön und da es für uns beide völliges Neuland war, erkundeten wir nach und nach die Liebe zwischen zwei Frauen. Zärtlich, liebevoll und manchmal auch wild. Sie konnte die Finger nicht mehr von mir lassen, ich nicht von ihr.

Uns beiden lag auf Dauer keine Fernbeziehung – nach einem weiteren Jahr zog sie in meine Stadt. Ich freute mich wie doof drauf, wollte ein gemeinsames Leben mit ihr beginnen – tya... am Anfang war es weiterhin schön, wir richteten ihre Wohnung ein, ein guter Job war schnell gefunden (sie ist Krankenschwester) und ich dachte: nun geht’s los. Ich liebte sie total. Dann wurde ihr Job zwischenzeitlich sehr kräftezehrend. Sie hatte keine Lust, irgendwo hinzugehen, gemeinsames zu erleben. Wollte nur noch ihre Ruhe und hing nach Feierabend oft am PC, um den Frust des Tages wegzuspielen. Sie freute sich nach wie vor, wenn wir zusammen waren, jedoch merkte ich: an Liebe machen steht ihr immer weniger der Sinn. Wir sprachen viel über ihre Arbeit und ihren Stress und keine Lust. Sie versuchte es tapfer weiterhin, jedoch kam es mir vor, als würde ich sie mit meinen Wünschen nur noch quälen. Also ließ ich das sein, wir kuschelten viel und waren uns nach wie vor sehr vertraut.

Irgendwann wurde es beruflich wieder leichter für sie. Trotzdem blieb sie weiterhin unberührbar. Ich trauerte alten Zeiten nach, sehnte mich nach ihr, einfach weil es so erfüllend ist, mit ihr zusammen zu sein. Sie sagte: gib mir Zeit, es liegt nicht an Dir.

Besser wurde es kaum, gemeinsames Erleben stand auch nicht mehr auf ihrem Plan. Ihr Beruf ist ihre Berufung, der steht bei ihr über allem. Sie erzählte mir viel davon und irgendwann immer mehr von jungen, hübschen Arbeitskolleginnen. Was für tolle Haare. So schöne Augen. Fand ich irgendwann nicht mehr so doll, ich spürte erste Anflüge von Eifersucht. Nach ein paar Monaten bat ich sie darum, ob sie derartige Äußerungen nicht etwas einschränken könnte. Das ich selbst nicht mehr ganz so jung, hübsch und knackig bin, weiß ich selbst. (Was mir bis dato völlig egal war – ich bin ich) Es wäre nur beruflich und nicht „so“ gemeint, sie mag es nicht, wenn ich eifersüchtig bin. Sie ist völlig frei davon. Und sie wolle mir ja nichts verschweigen. Ich wollte nicht unbedingt alles wissen. Es sei denn, wir sprachen darüber, sie möchte es mit einem der Mädchen versuchen. Das steht ihr frei, nur möchte ich bitte nicht die letzte sein, die davon erfährt und ehrlich gesagt: meins ist das so nicht. Da bin ich wohl altmodisch: ich mag nicht teilen. Sie sagt von sich, sie sei eine treue Tomate und kann sich nicht vorstellen, mit jemand anderem im Bett zu liegen als mit mir (in dem wir dummerweise meist nur noch nebeneinander liegen)

Sie liebte mich weiterhin und ich sie. Sie bekam einen verantwortungsvolleren Posten, ich war jederzeit willkommen – nur ging irgendwie alles nur noch nach ihrem Dienstplan. Eine Woche an der Nordsee hat uns beiden und unserer Verbindung zwischendurch sehr gut getan.

Das ging ein weiteres Jahr so, sie arbeitete viel und wurde krank. Zwei Gallenoperation, 4 Wochen krankgeschrieben. Ich versorgte sie mit allem Nötigen (Kleidung, Kochen, Kaffe und Kippen, und sehr viel Liebe) Es war eine sehr ruhige und intensive Zeit, unsere Vertrautheit wurde uns wieder bewusst.

Danach dachte ich, sie würde nun mal etwas kürzer treten. Weihnachten fällt flach, das war mir klar, wir hatten vereinbart Weihnachten macht sie Dienst, Silvester ist für uns. An Neujahr hat sie sich dann einfach so einen Hintergrunddienst angetan. Das bedeutet erstmal Telefondienst und wenns heftig kommt, muss sie los. Damit ist ein entspanntes Silvester dann auch hinüber . Ich war sauer.

Nun ist die Lage völlig verfahren. Wir haben uns heftig gestritten, seither Funkstille. Luftleerer Raum. Gefüllt mit Trennungsgedanken. Sie sagt, ich bin zu besitzergreifend. Enge sie ein. Sie wäre nicht meine Sklavin und entscheidet selbst, wann sie was macht. Sie will ihren Freiraum. Ich sage, ich hab keine Lust mehr, Dein Haustier zu sein, das je nach Deinem Bedarf gestreichelt oder beachtet wird. Dein Beruf ist nicht mein Leben.

Das ganze ohne Hass. Beide völlig gefrustet. Genervt voneinander ( da wird jeder Kleinkram zum Monster) und gleichzeitig völlig nah miteinander verbunden.

Nun merke ich, wie ich mich verändert habe. Ich bin unwirsch, mürrisch, oft mieser Laune. Manchmal fast depressiv. Eifersüchtig wegen jedem Scheiss (ich behalts für mich) und nicht mehr ich selbst. Sie fehlt mir. Ihre Nähe und Zuneigung, ihre Zärtlichkeit. Umarmungen mit ihr. Dummerweise fehle ich ihr ebenso. Trennen will sie sich auch nicht. Momentan suche ich gerade den Abstand, will kein böses Blut mit ihr, möchte diese blöde Eifersucht weg haben (ein bisschen ist ja oke, aber so nicht) Sie wollte eigentlich mal mit mir zusammen ziehen und mich erschreckte bei dem Gedanken, dass ich dann noch mehr nur noch ihr Leben lebe und nicht mehr ich selbst bin.

Ich sollte Vertrauen zu ihr haben. Sitze gerade an ihrem geliehenen Laptop und könnte jederzeit alle ihre Mails lesen. Ihr Handy ist nie verschlüsselt (meins auch nicht), Einmal hatte ich ihr Handy in der Hand und dachte: so. Du könntest jetzt nachlesen was sie so treibt. Der nächste Gedanke war: wenn du das machst, bist Du selbst Schuld. Der übernächste: wo stehst Du eigentlich, das Dir so ein Mist in den Sinn kommt.

Das paradoxe ist: ich misstraue ihr überhaupt nicht. Es geht auch nicht nur um Eifersüchteleien. Nur zieht sie ihr Ding durch und lebt ihr Leben und ich komm mir mittlerweile größtenteils völlig überflüssig dabei vor.

Steh da wie pik doof und weiß nicht mehr weiter. Entweder lebe ich ihr Leben oder gehe weg. Friss oder stirb. Beides kagge.

Glücklich sind wir so beide nicht. Sackgasse.

Vom Verstand her sollten wir sagen: wir passen nicht mehr zueinander. Vom Gefühl her sind wir bei dem Gedanken beide voller Verlust.

Mit anderen Frauen habe ich weiter nix am Hut. Steht nicht Liebste drauf, ist nicht Liebste drin. Und auf Männer hab ich irgendwie keine Lust mehr. Treue Tomate bin ich da wohl ebenso.

Viel Text, sorry
Yggdra

McLeod
Kennst Du dieses Gefühl, Hund auf Bestellung zu sein, schon aus anderen Kontexten, früher in Deinem Leben?
Yggdrasil
Hallo McLeod,

nein, so kenne ich das nicht. Ich kannte einige Männer in meinem Leben, mal wars schön, mal nicht so sehr, mal kurz, mal länger, mal ernsthaft und langfristig. Sah mich irgendwer auf Dauer als seinen Besitz und fing an mit : "für eine Frau gehört sich das aber so nicht" war ich relativ zeitnah weg. Manchmal mit Bedauern aber ich bin ich und nicht zu besitzen. Der letzte, der in die Richtung tendierte, war der Vater unserers Kindes. Als unser Sohn 5 Jahre alt war und wir mehr oder weniger Dauerkrieg hatten, zog ich (und das war kein einfacher Entschluss) samt Kind aus. Es dauerte geraume Zeit, doch wir haben es hinbekommen, weiterhin eine Familie zu sein. Und wir haben es geschafft, gute Freunde zu werden, unser Sohn ist nun 19, wohnt seit einem halben Jahr inoffiziell bei seiner Freundin und keiner aus meiner oder der Familie meiner Liebsten hat Probleme damit, dass es nun eine Frau in meinem/ihrem Leben gibt - im Gegenteil, sie empfinden es als Bereicherung. Mein Exmann hat sich gerade unglücklich verliebt und wem schüttet er sein Herz aus - mir. Das hätten wir vor Jahren auch nicht geglaubt, hätte es uns jemand prophezeit :-]

Als ich meine Liebe traf, war ich völlig frei und ungebunden und wollte mich in diesem Leben an keinen Mann mehr binden. Ohne Groll auf Männer, dachte: es reicht nun. Das ausgerechnet eine Frau da reinspaziert - hätte mir das jemand vorher erzählt ich hätte gesagt: ja nee. is klar. und sonst bist du gesund?

Es ist, als wäre ich ein Notfallhelfer und habe mich selbst dabei nach und nach vergessen. Nicht, das sie das jemals so gewollt hätte, im Gegenteil. Sie hat nie erwartet, das ich ihr Anhängsel bin. Als alles begann, zweifelte ich an mir selbst - nicht das Frau/Frau nicht geht (qwark) sondern "das mir?". Eine Freundin sagte damals zu mir: da gabs mal was in der Mythologie, da zerteilte irgendein Gott zwei Hälften eines Ganzen und die konnten sich dann mit viel Glück irgendwann wiederfinden und vereinen. Meine Frage: aber das ist doch ne Frau... beantwortete sie sehr ernst mit: Niemand hat gesagt, das die beiden Hälften Mann oder Frau oder sonstwas sind.

Tya. Und da steh ich nun mit meinem Talent.

Danke fürs zulesen - Yggdra

edit/ ich sinniere gerade ob ich hier zuviel über Männer schreibe in einem Frauenforum. Falls ja, schrei[b]t bitte stop
McLeod
Also mich berührt, was Du schreibst. Und ich erforsche gern weiter, wenn ich darf...

Sie erlebt Dich als Besitz ergreifend, schreibst Du. Gleichzeitig beschreibst Du, dass ihr Job nicht Dein Leben sei, was ja eher eine klare Abgrenzung, statt grenzüberschreitend ist. Und wiederum gleichzeitig bist Du eifersüchtig, zeigst es aber nicht mehr. Was ist es, was diese Konkurrenz um ihre Aufmerksamkeit / Prioritäten auslösen könnte, hast Du eine Idee?

Liebe Grüße
McLeod
Lena_O.
Hey,

mich berührt dein Thema auch. Ein paar Gedanken fallen mir spontan ein.
Deine Frau hat mit Mitte 50 ja noch mal Vollgas im Beruf gegeben. Das kommt nicht so oft vor, oder? Die Kollegen in meinem Arbeitsumfeld in dieser Altersspanne lassen es eher ruhig angehen, manche sind geistig sogar schon fast im Ruhestand (finde ich schlimm).

Wenn Frau das Gefühl hat, sie kommt bei ihrer Frau erst nach dem Job, kann das langfristig für eine Beziehung der Killer sein.
Wie sieht es denn bei dir berufsmäßig aus? Spürst du da auch eine gewissen Erfüllung oder ist das eher notwendiges Übel? Bist du auch erst mal k.o. und erlegit, wenn du nach Hause kommst? Oder stürzt du dich gleich auf sie?
Dann stelle ich mir vor, du würdest genau wie sie im Beruf aufgehen? Dann wäre die Beziehung gegen null, oder?

Du musst die Fragen natürlich nicht beanworten.
Yggdrasil
Hallo alle,

... ja, sie gibt Vollgas, und das eigentlich ständig. Ihr Beruf ist ihre Berufung, da geht sie völlig drin auf. Sie ist auch wirklich gut darin und dementsprechend sehr gefragt. Bis sie dann zuhause (nachdem sie noch etliche Telefonate und Büroarbeiten erledigt hat) endlich mal wieder auf ein ruhigeres Tempo runterkommt, dauerts ne Weile. Natürlich ist sie dann ko und hat zu nichts mehr grosse Lust. Die Quittung kam dann ja auch - sie wurde krank. Erst sehr dünnhäutig/Burnout, dadurch gabs ne kurze Zwangspause, dann legte sie wieder los. Hatte ab und an Schmerzen, meinte das wäre nichts dramatisches, ich nehm ne Tablette, das wird schon wieder.

Wurde aber nicht. Stattdessen hatte sie eines Tages sehr heftige Schmerzen, eine oranggelbe Gesichts und Augenfarbe und ich hab sie eiligst zum Notarzt gefahren. Von dort dann direkt mit dem Rettungswagen in die Klinik. Sie braucht ihren Beruf als Lebensinhalt, und nun macht sie wieder weiter wie zuvor. Gemeinsame Wochenenden gibts fast nie, oder mal zusammenhängend freie Tage. Deswegen bin ich ja auch so gefrustet, dass Silvester durch ihren Neujahrsdienst nun auch ins Wasser fällt. Als unsere Gesprächsthemen sich nur noch um ihren Job drehten, fragte ich sie irgendwann, ob wir nicht auch noch mal über etwas anderes reden könnten. Weil meine Aufnahmekapazität ist nicht unendlich... Wochen später sagte sie dann, ich wolle von ihrem Beruf ja nichts wissen und sie wüsste schon garnicht mehr, ob und was sie mir erzählen darf. Dabei wars so nie gemeint von mir, im Gegenteil, es war auch viel interessantes dazwischen, oder Probleme die sie hatte wurden gemeinsam reflektiert. Hätte ich eine Gefährtin, die mit Computern arbeit und ständig davon erzählt, würde ich auch irgendwann sagen: es langt mir nun, sorry. Was ich ihr auch genau so gesagt habe. Sie hat es dann zwar verstanden, aber so richtig gefallen hat es ihr nicht.

Momentan bin ich nicht berufstätig - wäre ich es, würden wir uns vermutlich überhaupt nicht mehr sehen können. Einerseits sagt sie, ich nehme ihr den Freiraum und enge sie ein, andererseits freut sie sich, wenn ich da bin und ist gefrustet, wenn ich wieder wegfahre. Es ist so leer hier ohne Dich. Wir umarmen uns viel und gehen auch sonst recht liebevoll miteinander um - das fehlt uns dann nach kurzer Zeit deutlich. Ich bin jederzeit bei ihr willkommen, (egal ob sie zuhause ist oder nicht) mag aber nicht alles nach ihrem Dienstplan ausrichten. Bin ich dann mal ein paar Tage bei ihr, merke ich wie es mir irgendwann alles zuviel wird. Bin genervt von der Hektik oder vor dem (mit ihr) nur noch vor dem Fernseher oder PC rumhängen. Dann ziehts mich in meine eigenen vier Wände, raus aus der Hektik, rein in die Entspannung. Wenn in der Stadt mal was interessantes los ist, frage ich sie mittlerweile gar nicht mehr, ob wir da mal hingehen wollen. Ein Blick in den Dienstplan reicht (keine Zeit) oder auf sie selbst (will nur noch in Ruhe auf dem Sofa liegen). Ich kann also alleine losziehen oder es ganz lassen. Alleine habe ich meist keine Lust.

Sie meint, das hätte ich doch vorher gewusst, dass sie Krankenschwester ist. Klar wusste ich das - nur wars am Anfang eben eine Fernbeziehung. Wir haben uns nur alle paar Wochen sehen können, dann meist führ 4 oder 5 Tage. Damals hat sie sich die Zeit genommen, beruflich grösstenteils frei gehalten und sich auf unsere gemeinsame Zeit gefreut. Wir sind essen gegangen, haben Leute besucht, auch mal ein Fest mitgefeiert. Heute fahren wir bestenfalls noch gemeinsam einkaufen. Mir fehlt dieses gemeinsame (er)leben mit ihr, von schönen wie auch vielleicht mal nicht so schönen Dingen. Es hat uns verbunden und wir hatten völlig andere Gesprächsthemen.

Nun hat sie ihre Arbeitskolleginnen, mit denen sie auch mal nen Kaffee trinken geht oder sie nach Hause fährt. Da entwickeln sich Freundschaften und wenn ich Pech habe, noch mehr an Nähe. Ich habe sie gefragt, ob sie nicht besser dran wäre mit einer Partnerin, die in ihrem Beruf arbeitet und mit der sie auch Zuhause als Fachfrau sprechen könnte. Das war mein ernst, sie ist nicht mein Besitz und vielleicht wäre sie dann ja glücklicher. Davon wollte sie nichts wissen. Sie sagt: ist doch egal was ich mache, ich kanns Dir eh nicht recht machen. Als wollte ich sowas wie "recht" überhaupt haben.

Nun ja, ich kanns drehen und wenden wie ich will, ich kanns nicht ändern und sie wird nichts ändern. Meine gemeinsamen Lebensträume mit ihr habe ich erst reduziert und nun ganz beerdigt. Hab gegrübelt, geheult, geflucht - letztendlich kann nur ich in meinem Leben etwas ändern. Deswegen bin ich nun auf Abstand gegangen. Habe sinniert: was habe ich eigentlich vorher gemacht, bevor ich sie kannte? Da war ich auch arbeitslos, hab meinen Sohn täglich aus dem Bett zur Schule gejagt und war dann auch alleine. Nur war das ein anderes alleinsein. Bin ich mit niemandem zusammen, komme ich alleine gut mit mir klar. Bin ich zu zweit dauerhaft alleine werde ich einsam. Kein gutes Gefühl. Ich werde zur Dauernörglerin. War ich früher nie.

Sohn ist also aus dem Haus, arbeiten muss ich grade auch nicht, habe ein Auto und kann hinfahren, wohin ich will. Nur die Katze müsste versorgt werden, aber das lässt sich regeln. Hab viel gearbeitet in meinem Leben, ein Kind grossgezogen - jetzt hab ich mal Zeit für mich. Hurra, auf gehts.

Nur - wohin? Freunde habe ich wenige, mir ist jetzt erst aufgefallen, wie sehr ich mich in den letzten Jahren nur noch auf das Wohlergehen meiner Liebsten fixiert habe. Also Zeitung her: ü30 Party (zu jung) Wandern ab 50 (och nee) Hausfrauentreff (ne.) Sportgruppe für alleinstehende Frauen (bloss nicht) Workshops: meditativer Abend für ältere Semester, gemeinsame Gespräche über Gott und die Welt (nein...) Single-Stammtisch (bin kein Single) Hilfe zur Selbsthilfe bei Depressionen (argh!) usw....

Egal was ich lese, ich denke nur: och neee... haut mich alles nicht vom Hocker.

Irgendwie ist mir gerade die Lebensfreude abhanden gekommen. Entrümple nebenbei meine Wohnung und grüble vor mich hin. Hab manches mal gedacht: Wenn man Liebe so einfach abschalten könnte - kann ich aber nicht.

also... koche ich mir jetzt erst mal nen Kaffee :]

Yggdra



Lena_O.
Da besteht arbeitsmäßig zwischen euch ein unwahrscheinliches Ungleichgewicht. Ganz ehrlich: das kann m.M. nach auf Dauer nicht gut gehen.
Aber das sind nur meine 5 Cent. Auch, weil ich einen ähnliche Geschichte in meinem Freundeskreis erlebt habe. Die Trennung der beiden wurde lange, sehr lange rausgezögert und dann wurde es ziemlich hässlich. Deshalb bin ich wahrscheinlich voreingenommen. Sorry, will dir ncht weh tun.

Wenn eine der Damen hier noch Ideen oder Lösungen hat?

Mir fällt nur noch ein, dass man deiner Frau bewusst machen könnte, dass das Arbeitsleben auch schnell vorbei sein kann. Ich meine z.B. Krankheit.
Was macht sie dann? Steht alleine da und fällt in ein Loch.
Zeit sich um ihre sozialen Kontakte zu kümmern, hat und will sie nicht. Ergo wäre sie allein. Naja....schwacher Hinweis meinerseits.
Françoise
ZITAT(Yggdrasil @ 25.Nov.2016 - 20:09) *
Sie wollte eigentlich mal mit mir zusammen ziehen und mich erschreckte bei dem Gedanken, dass ich dann noch mehr nur noch ihr Leben lebe und nicht mehr ich selbst bin.



Liebe Yggdrasil,

ich bin ein bisschen an dem zitierten Satz hängen geblieben.
Woher kommt dieser Gedanke?

Und gibt es ein Bild zu "selbst auch wieder arbeiten und Beziehung"?
Meine Erfahrung aus Beziehungen ist, dass es manchnal schwerig werden kann, wenn die Lebenssituationen sich so sehr unterscheiden.
Ich arbeite auch viel und gerne und bin dann einfach auch oft "um" am Abend.
Ich kann umgekehrt gut nachempfinden, dass es doof ist, selbst voller Energie und Unternehmungsgeist dann auf jemanden zu treffen, der am liebsten nur noch auf dem Sofa sitzen und den Tatort angucken will...

Liebe Grüße
Yggdrasil
Hallo Lena, Hallo Françoise,

so voller Energie und Unternehmensgeist bin ich schon länger nicht mehr. Das bedeutet, ich muss nicht jeden Tag Party machen oder weggehen - nur eben ab und an mal etwas gemeinsames unternehmen wäre schön.

Das ich zögerte, mit ihr zusammen zu ziehen, lag nicht an meiner momentanen Arbeitslosigkeit. Auch wenn ich berufstätig wäre, würde sich ja nichts ändern - ausser das die Chance, das wir uns überhaupt nochmal über den Weg laufen äußerst gering wäre. Eher an dem Gefühl, dann völlig aufgesogen zu werden von ihrem Beruf. Anfangs war das sowieso nicht machbar, mein Sohn wohnte ja noch bei mir. Seit einem halben Jahr wäre es möglich - aber zu welchem Preis? Wo bleiben wir dabei? Ein Freund meinte dazu: nicht du arbeitest zu wenig, sie arbeitet zu viel - und hat keine Zeit, Ruhe und Muße mehr für die schönen Dinge des Lebens.

Was sie selber auch oft beklagt. Als sie nun 4 Wochen krank geschrieben war, hat sie diese Ruhepause sehr genossen. Sie fing wieder an, Bücher zu lesen. Wir redeten miteinander, teils tiefsinnige Gespräche über ganz andere Dinge. Da wollte ich überhaupt nicht losziehen, raus in die Welt - wir hatten ein sehr schönes Mit-Einander in dieser Zeit.

Als wir uns kennenlernten gabs ein paar, eigentlich nette Situationen. Beim Einkaufen - alles zack zack. Das muss ja gemacht werden. Dann haben wir das vom Hals und es ist erledigt. Ich bin da nun wirklich keine Trantüte aber irgendwie fand ichs seltsam. Dachte: oke, als Krankenschwester ist sie das so natürlich gewohnt, muss alles tip-top vorbereiten und vorausschauend planen. Aber warum zum Geier rast sie so durch die Gänge? Und wieso "darf" ich nicht den Einkaufswagen schieben (ich mach das schon) warum packt sie sich mit den schwersten Einkäufen vom Auto zur Wohnung voll (ich trag das schon)... erschien mir wunderlich. Hab ich ein Schild an der Stirn: kann keinen Einkaufswagen schieben und darf keine schweren Taschen tragen?

Zumal ich es überhaupt nicht gewohnt war - seit 14 Jahren hab ich alles alleine geschleppt etc. Das hab ich mir ne Weile angeguckt und sie dann gefragt: sag mal... bist Du hier der Packesel? Tya - sie wars seit vielen Jahren eben genau so gewohnt. Weder Ehemann 1 noch 2 waren da wohl sehr hilfreich. Ich hab ihr vorgeschlagen: wir üben das. Gleichberechtigt, mal schiebst Du, mal ich und wir tragen den ganzen Krempel gemeinsam ausgeglichen in die Wohnung.

War dann ganz lustig - wer darf denn nun schieben? Wer packt was wie ein? Welcher Depp hat denn schon wieder die Flasche Rotwein auf die Tomaten geknallt? (im Chor: ich war das nicht) Sie nimmt den Sixpack Cola, ich den Sack Kartoffeln (aber der ist doch viel zu schwer für Dich! - nicht schwerer als die Cola, meine Liebe - hm. stimmt) Das musste sie wahrhaftig erst "lernen", das sie nicht immer alles alleine machen muss. Heute läuft sie völlig entspannt mit mir durch den Supermarkt, wir amüsieren uns über beknackte Werbeslogans (bitte bevorraten Sie sich) und ganz wichtig: der Rolltreppenkuss. Egal, auf welcher Rolltreppe und wo wir gerade stehen, sie guckt mich an: krieg ich nen Kuss?

Da wo sie vorher gewohnt hat, war eher Kleinkleckersdorf, und ich dachte: na, ob da nicht doch mal wer doof guckt. Kann mir ja eigentlich egal sein, ich wohne ja nicht hier, aber sie wird hier ja noch öfter einkaufen. Sie hat keine Sekunde drüber nachgedacht, meine Hand selbstverständlich genommen und ist mit mir durch die Läden gelaufen. Und da wir das alles so natürlich gezeigt haben, hat auch keiner doof geguckt - hat überhaupt niemand wahrgenommen. Jetzt, in dieser Stadt, ist es sowieso egal. Ist ne Studentenstadt, hier laufen über 100 Nationen und behinderte Menschen aller Art herum - da fallen wir überhaupt nicht auf, im Gegenteil, wir gehören dazu. Als wir im Urlaub waren, zögerte sie auf der Rolltreppe: meinst Du, wir können uns hier küssen? Die sind ja schon alle sehr traditionell hier... ich sagte: ne, geht gar nicht, was solln die Leute denken - und küsste sie :-]

Was ich damit zum Ausdruck bringen will - wenn wir mal fernab von ihrem Beruf sind, harmonisieren wir sehr stark. Da ist viel Liebe, Zärtlichkeit, Zuneigung, Verständnis. So, als würden wir uns schon ewig kennen. Ich lehne ihren Beruf nicht ab, nur auch da hat sie irgendwie das "Packeselsyndrom" (so nenne ich es mittlerweile) Sie ist unglaublich gut in ihrem Job und ich hab manchesmal gedacht. boah die Frau ist echt fit. Es ihr auch gesagt - sie wiegelt dann ab. Ach, das ist doch nichts Besonderes. Das ist doch nur mein Job. Dabei ist es, so wie sie es macht, durchaus etwas Besonderes. Das meine nicht nur ich in meiner evtl. partnerschaftlichen Verblendung, das höre ich auch immer wieder von den Menschen, mit denen sie arbeitet. Nur meint sie wohl irgendwie, ohne sie geht die Welt unter, läuft alles ins Chaos. Übernimmt oft Dienste von Kolleginnen (wenn ich mal nicht kann muß da ja auch wer einspringen. Eine Hand wäscht die andere). Wenn Du mal nicht kannst, meine Liebe, liegst Du im Krankenhaus. Weil Du vorher mal eben die Welt retten musstest und nicht auf Dich selbst geachtet hast.

"ja, Du hast recht Schatz" Kleinlaut, gebeutelt und krank in der Klinik am Tropf hängend kam diese Antwort. Ich hättte mir verdammt noch mal (sorry) gewünscht, ich hätte kein "recht" gehabt in diesem Moment. Es ist alles andere als gut, mehrer Stunden in der Notaufnahme zu sitzen und darauf zu warten, bis endlich mal ein Arzt kommt, der mir berichtet was sie eigentlich hat und wie die OP verlaufen ist. Sind Sie die Angehörige? fragte mich der Doc. Sie hat mehrfach nach Ihnen gefragt. Hab kurz überlegt, was ich antworten soll (sie ist - meine Liebste, mein Schatz, meine Schwester, die Frau, der Mensch, die ich Liebe) und letztendlich einfach nur ja gesagt.

Ich möchte sie nicht verändern, das sie so ist wie ich sie "haben will". Sowas war noch nie mein Ding. Zudem sie dann ja gar nicht mehr sie wäre. Ich möchte einfach nur mehr Freiraum für uns. Und ebenso für sie. Es spielt dabei keine Rolle, ob ich gerade mal arbeite oder nicht, für sie ebenso wenig. Ich fühl mich auch nicht "kleiner oder wertloser" als sie, weil ich gerade mal nicht losackere. Bereits mit 40 habe ich sinniert - ich hab so viel in meinem Leben gemacht, ich könnte heute sterben und es würde für die nächsten zwei Leben locker reichen. Und es ist noch lange nicht vorbei!

... vermutlich bin ich grade völlig vom Thema gekommen, habs einfach so runtergeschrieben.

Yggdra

McLeod
Liebe Yggdrasil,

ich schreibe Dir als Workaholikerin, Tochter einer Workaholikerin und ich bin nun eine Weile schon "trocken". Das war ein langer Weg. Viele innere Glaubenssätze mussten erspürt, aufgelöst und neues, anderes Handeln gelernt werden. Vom großen Knockout bis zu den ersten, bewussten, substanziellen Veränderungen brauchte ich gut ein Dutzend Jahre. Und ich meine: Brauchte ich. Jeder Mensch hat sein Tempo, Rückfälle, Konstellationen, die nochmal in eine Schleife schicken, weil die neuen Werkzeuge dafür nicht passen. Ich brauchte viel, um da rauszukommen. Ich hoffe, ich bin da raus.

Meine Angehörigen hatten schwere Zeiten mit mir. Kollegen- und Freundeskreis auch. Es steckt ganz viel in dem Phänomen "ich arbeite über meine Grenzen und Energiereserven hinweg". Für jede sicherlich etwas anderes. Für meine Mutter ihr eigenes Leben, für mich meines. Vor ein paar Jahren kam dann alles zusammen bei mir: Arbeit in einer schlimmen Konstellation, die mich nicht mehr auflud, sondern aushöhlte. Und Schieflage in der Beziehung. Beides bedingte sich. In beiden Sphären wollte ich gut sein, es richtig machen, wurden mir ganz viele Wünsche und Forderungen auf den Tisch gelegt. Der Akku war irgendwann total leer und binnen weniger Wochen endete beides. Lebensbeziehung und Herzensjob. Du siehst, ich habe keine Lösung anzubieten, kein gutes Beispiel zu geben. Ich erlebe Dich in Deinen Worten als traurig, einsam, sehnsüchtig nach den ruhigen, tiefgründigen Zeiten miteinander. Besorgt um sie (manchmal auf der Schwelle parentifizierender Fürsorge, bei der ein Mensch auf Augenhöhe switcht in eine Verantwortungsübernahme, weil "sie es ja nicht selbst kann". Subjektives Feedback.) Hast Du ideen hierzu, Bilder, einen ersten, spontanen Gedanken, wie verrückt oder unrealistisch er erscheint:

1. Was ist Dein Anteil gewesen an den Begegnungen mit Raum und Zeit und Nähe?
2. Wenn Du ausgelaugt bist, was tust Du Dir dann Gutes oder wünschst Dir von guten Freunden?
3. Was tust Du allein mit Dir mit Freude, wonach bist Du zufrieden?

Liebe Grüße
McLeod
dandelion
Deine Geschichten vom Alleine-Hinkriegen kommen mir sehr bekannt vor. pfeif.gif Wenn ich nicht zur Hand gehen darf, bringt mich das auch wahnsinnig schnell aus dem Gleichgewicht.

Auch das Thema "unterschiedliche Belastungen"/"unterschiedliches Energieniveau" hatte ich schon mehrfach (auf beiden Seiten), bisher leider ohne Erfolg. sad.gif Als ich diejenige war, die weniger zu tun hatte, hätte sich meine Freundin vermutlich gewünscht, dass ich raus gehe und meine Erfüllung mit anderen Dingen suche als mit unserer Zeit. Sie wollte mir nicht so wichtig sein, dass ich Dinge ihr zuliebe ändere (und Erlebnisse allzu oft mit ihr suche, obwohl es nicht geht), wollte aber auch zusätzlich zum Stress im Job nicht auch noch eine erwartungsfrohe Freundin zuhause haben. Trennungsgrund war aber ein anderer.

Davor war es umgekehrt, sie hatte weniger zu tun als ich. Infolgedessen hatte sie mehr Gelegenheit, sich einen Kopf um Dinge zu machen, und erwartete dann, dass von mir ein ähnliches Maß an Energie dazukommt. Ging nicht, das war schon anderweitig raus. Damals war meine Workaholic-Phase (die mittlerweile beendet ist) noch Zukunftsmusik, aber was neben dem Alltag übrig war, war einfach wesentlich weniger als bei ihr. Es kamen schlimme Vorwürfe in Richtung Gleichgültigkeit. Wir waren beide relativ jung, sie versuchte, meine volle Aufmerksamkeit durch Streitereien zu gewinnen, ich habe mich zusehends verweigert, um mein Leben nicht als Topfschlagen im Minenfeld zu verbringen - irgendwann zerriss das Ganze dann an Machtkämpfchen.

Zwei Beispiele, wie's nicht geht. wink.gif Ein funktionierendes steht noch aus. Wenn ich eins finde, reich ich's nach.

ZITAT(Yggdrasil @ 26.Nov.2016 - 15:42) *
Sie meint, das hätte ich doch vorher gewusst, dass sie Krankenschwester ist. Klar wusste ich das - nur wars am Anfang eben eine Fernbeziehung. Wir haben uns nur alle paar Wochen sehen können, dann meist führ 4 oder 5 Tage. Damals hat sie sich die Zeit genommen, beruflich grösstenteils frei gehalten und sich auf unsere gemeinsame Zeit gefreut. Wir sind essen gegangen, haben Leute besucht, auch mal ein Fest mitgefeiert.

Spricht etwas dagegen, dass sie das wieder macht? Ihre Dienste ein bisschen mehr blockt, damit ihr "eure" Zeit habt?

Zum Thema Workaholism, Gebrauchtwerdenmüssen etc. gibt es eine Geschichte aus der Verwandtschaft, die diese Unvernunft ganz schön zusammenfasst:

ZITAT
In einem Wohnhaus lebt ein alter Mann. Jeden Morgen fegt er den Hof. Man sieht, dass er Schmerzen hat, er kommt nie recht vom Fleck.
Zwei Jungs aus der Nachbarschaft wollen ihm helfen, sie bieten an, für ihn zu fegen.
Er schaut sie finster an: "Wer nicht mehr arbeiten kann, isst unnütz!" und fegt unbeirrt weiter.


Vielleicht lohnt es sich, zu schauen, ob das Monster, das diesen älteren Herrn gequält hat, sich deine Freundin als neuen Wirt ausgesucht hat... Aber wie damit umgehen?
Françoise
Es kann natürlich sein, dass Yggdrasils Liebste ein Woroholic ist.

Ich lese aber vor allem, dass ihr Beruf ihr viel Freude macht und nirgends so richtig, dass sie mit der Tatsache, dass sie viel arbeitet an sich unzufrieden ist. Auch "Galle" kriegt man nicht von zu viel Stress und Arbeit.
Mancher, aber lange jeder, der viel und gerne arbeitet ist Workoholic.


Hat sie denn selbst auch ein Problem mit dem vielen Arbeiten? Ist sie deshalb unzufrieden? Oder eher sekundär, weil durch das viele Arbeiten die Beziehung belastet ist?
Vielleicht ist sie mit dem viel Arbeiten an sich auch glücklich?

Ich bin noch an einem weiteren Satz hängen geblieben:
ZITAT(Yggdrasil @ 25.Nov.2016 - 20:09) *
Ihr Beruf ist ihre Berufung, der steht bei ihr über allem.

geht es vielleicht auch darum, dass Du das Gefühl hast, dass der Job mehr Bedeutung als eure Beziehung hat?
Und wenn ja: ist das denn wirklich so?
Ich lese zwischen den Zeilen so viele Dinge, mit denen sie Dir zeigt, wie wichtig Du ihr bist.
Vielleicht ist das Thema ja auch komplexer als nur "sie arbeitet zu viel und alles richtet sich nach ihrem Dienstplan"

Ist dieses "da ist etwas anderes genauso wichtig oder sogar wichtiger als ich und das stört mich" etwas, was Du aus anderen Zusammenhängen auch kennst? Oder ist das jetzt neu in der Beziehung zu ihr aufgetreten?
Yggdrasil
Hallo alle,

erstmal Danke für euer Feedback!

Ich suchte hier keine ultimative Lösung, nur andere Sichtweisen weil ich selbst zu nah vor der Wand stehe und andere Türen gerade mal nicht sehen kann. Nicht alles, was ihr schreibt gefällt mir und gerade das, was mir nicht gefällt ist wichtig, betrachtet zu werden.

Also schreibt bitte weiter, es hilft mir.

Ich versuche nun, eure Fragen nach und nach zu beantworten. Eigentlich eher ein Sinnieren.
Workaholic... (schreibt man das so) passt nicht bei ihr. Sie liebt ihren Beruf, er erfüllt sie mit sehr viel Freude. Nur eben auch mit sehr viel Anstrengungen, gesünder wird sie damit so nicht und jünger sowieso nicht. Ja ich sorge mich streckenweise sehr um sie und muss immer wieder lernen, loszulassen. Als sie hierherzog (und das ja nicht ohne Grund) wusste ich das so nicht. Ein Beruf war für mich Mittel zum Zweck - Geld für den Lebensunterhalt verdienen. Manchmal ist es oke, manchmal doof, mein Lebensinhalt war das nie. Das bedeutet, ich habe mich (mein selbst) nie über das berufliche Leben identifiziert. Ich war und bin ich, egal was ich gerade arbeite. Klar hab ich mich auch reingekniet, Überstunden geschoben etc. Weil es mir wichtig war in dem Moment und damit das Endergebnis gut wird. Jedoch hatte ich immer eine art eingebaute Bremse: es reicht - achte jetzt mal auf Dich. Diese Bremse fehlt ihr irgendwie.

Wir sind beide sehr selbständige Menschen und es nicht gewohnt, dass sich jemand ernsthaft um uns kümmert. Das uns Aufgaben abgenommen oder erleichtert werden. Zu realisieren, das es auch anders geht, fällt ihr weitaus schwerer als mir. Sie erzählte mir von einem Mann, den sie einst kennenlernte, der setzte sich bei ihr wie ins gemachte Nest. Wäre ihr anfangs gar nicht so aufgefallen. Ich sagte: ja Du präsentierst dieses Nest ja auch förmlich - jeder, der sich in sowas reinlegen will, legt sich händeklatschend da rein.

Nein ich habe kein Helfersyndrom, doch irgendwie hatte ich wohl zuviel des sie davor Beschützens in mir als es uns beiden gut tat. Das lerne ich gerade. Es ist anscheinend unser Lebens- und Lernprogramm. Nun ist es aber so, das wir eine Partnerschaft eingegangen sind, da guckt man nicht blind über alles hinweg. Sonst bräuchte man ja nicht zusammen zu sein. Ein gesundes Maß ist uns abhanden gekommen, ebenso der Blick darauf, dass wir nicht ein Mensch sind sondern zwei. Mir vielleicht mehr als ihr.

ZITAT
Vielleicht ist das Thema ja auch komplexer als nur "sie arbeitet zu viel und alles richtet sich nach ihrem Dienstplan"
Ist dieses "da ist etwas anderes genauso wichtig oder sogar wichtiger als ich und das stört mich" etwas, was Du aus anderen Zusammenhängen auch kennst? Oder ist das jetzt neu in der Beziehung zu ihr aufgetreten?


Natürlich ist das Thema weitaus komplexer. Und nein, aus anderen Zusammenhängen kenne ich es so nicht. Arbeit war immer Arbeit und Zuhause war Zuhause. Ein Ruhepol. Ein gemeinsames den Tag reflektieren und damit gehen lassen. Durchaus sehr wichtig, ebenso wie das Miteinander in anderen Bereichen. Als sie dünnhäutig und ausgebrannt war, habe ich irgendwann gefühlsmässig gehandelt und stop gesagt - nicht das 100ste Mal den gleichen Ärger verbalisieren, es langt nun. Nicht weil es mich genervt hat, sondern weil es nichts brachte und ungesund war. Sage ich dieses stop, kommt es sogar bei ihr an. Vielleicht weil ich es nicht oft sage - die Lage ist dann ernst.

Ihre Galle ist schon seit einigen Jahren weg, die (sehr grossen) Steine lagen in den Gallenwegen. Sie hat die Schmerzen viel zu lange mit Tabletten weggegessen. Laut Befund war es haarscharf am platzen der Gallenwege und andere Organe waren mit betroffen, beispielsweise die Leber, deswegen war sie so gelborange. Ich rede und rede, das sie mehr auf sich selbst achtet (der Prophet in der eigenen Küche gildet nichts) und auf einmal steht der Herr mit der Sense im Raum. Nicht drohend, doch deutlich warnend.

Das ist eine Seite des Ganzen.

Ich selbst stehe gerade vor diversen Wegen, nur sehe ich sie noch nicht. Ab und an nehme ich mir eine Auszeit vom Beruflichen. Erst für meinen Sohn (Pubertät, kennt Frau ja, jedoch ernsthafte Schwierigkeiten, die schiefe Bahn kam herbei) Letztendlich hat er die Kurve dann selbst gekriegt, doch es war wichtig, das Mutters in der Zeit da war.

Nun meine Liebste (die gerade weg ist) und ich alleine. Welchen Weg gehe ich nun? Ich erlebe seit einem halben Jahr seit über 20 Jahren, dass ich völlig alleine und nur für mich selbst verantwortlich bin.

Das geht nicht so von heute auf morgen. Es ist eine Zeit des reflektierens. Was hast Du bisher getan, wohin gehst Du nun.

ZITAT
1. Was ist Dein Anteil gewesen an den Begegnungen mit Raum und Zeit und Nähe?
2. Wenn Du ausgelaugt bist, was tust Du Dir dann Gutes oder wünschst Dir von guten Freunden?
3. Was tust Du allein mit Dir mit Freude, wonach bist Du zufrieden


1: mein Anteil war, mein Kind auf seinen Weg zu begleiten. Dem Herren mit der Sense zu antworten: ja ich achte drauf, jedoch nicht gegen ihren Willen. Nicht zu vergessen, wer ich selbst bin.

2: Menschenfrei. Badewanne. Eine Umarmung würde gut tun oder das mir mal jemand wertfrei einfach nur zuhört.

3: ich gehe in die Stille

Yggdra

edit/ @dandelion danke!
McLeod
Hach... Ich hab diverse wub.gif-Momente hier, Yggdrasil...

Zunächst einmal noch abschweifend: Verstehen andere unter Workaholic was anderes als ich? Einen Job, der sehr wichtig ist, hohes Verantwortungsgefühl, Freude am eigenen Können, ein bisschen zuviel arbeiten... Je nun... Nur für die nächste Zeit, dann ist ja das Projekt zu Ende, die Umstellung fertig usw. usf. ... Das Gefühl, sass es gerade echt schlecht wäre, nicht hinzugehen, ist nur n Schnupfen, ein Husten, bisschen Bronchie. Es geht doch, ich war doch schon immer stark und es war ja schon ein paar Mal so. Diese Zufriedenheit, wenn X oder Y passiert...

...aholic impliziert ein Suchtverhalten. Und Sucht kennzeichnet sich durch (mindestens) zwei Indikatoren: Die Dosis muss erhöht werden, für dieselbe Wirkung, mit der Zeit. Und es geht auf Kosten der eigenen Gesundheit. Vielleicht auch: Mensch denkt "ich kann jederzeit anders/aufhören, ich will nur gerade nicht"...

Ich hab nach diesem kleinen Exkurs ne Frage, die sich langsam formuliert, vielleicht nicht auf die geschliffenste Art... Du hast Deinen Sohn durch eine schwierige Pubertät begleitet. Das war ja auch Dein "Job" als Mutter. Ihm gut zu helfen, sich selbst zu verantworten. Lebst Du Deine Beziehung nach einem ähnlichen Konstruktionsprinzip? "...sonst bräuchte man ja nicht zusammensein"

McLeod
Yggdrasil
Hallo McLeoad,

das Wort, das mir gerade dazu einfällt, ist Achtsamkeit. Nicht nur sich selbst gegenüber, sondern auch anderen.
In einer ausgeglichenen Partnerschaft achte ich nicht nur auf mein Wohl, sondern auch auf das des anderen, bzw. auf das gemeinsame. Es geht dabei nicht darum, dem anderen alles abzunehmen, jedoch auch nicht darum dabei zuzusehen, wie sich die andere immer und immer wieder in das gleiche Muster hineinkatapultiert, um dann letztendlich krank zu sein. Es ist jedoch auch nicht meine Lebensaufgabe, mich selbst dabei zu vergessen, um die Partnerin davor zu bewahren.

In ihrem Beruf gibt es nicht nur eine Aufgabe, in der sich gerade mal mehr bemüht werden muss. Da gibt es immer Notsituationen und immer Stress. Das wird auch nicht aufhören. Also lasse ich nun los: Entschliesst sie sich, so weiter zu machen (für sich selbst) wird sie vermutlich wieder krank werden. Das ist jedoch ihr Lernprogramm. Dann "braucht" sie diese Krankheit, als Stop- und Warnsignal ihres Körpers. Achtet sie dann auch nicht darauf, wird sie evtl. nicht sehr alt werden. Was ich ihr wahrlich nicht wünsche.

Momentan beginne ich wieder vermehrt, auf mich zu achten. Ich versuche nicht mehr, Frust und Unmut, Ärger und Sehnsucht zu verdrängen und herunterzuschlucken, ich erlaube ihm, da zu sein und betrachte ihn.

Das braucht seine Zeit, doch ich merke für mich, es wird gerade etwas leichter.

KaffeeGruss, Yggdra
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