ZITAT(Hortensie @ 24.Aug.2021 - 16:15)
Vielleicht um einer möglichen Stigmatisierung zu entgehen.
Findest Du, lesbisch ist noch sonderlich stigmatisiert? Ich finde, queer und lesbisch geben sich da nix, das sind gesellschaftliche Positionen, für die wenig Platz in der Gesellschaft ist und um die herum sich verschiedene Gemeinschaften bilden, die sich manchmal überlappen und manchmal sehr fremd zu sein scheinen. Wenn ich jetzt beides als Identität betrachte.
Wenn ich beides politisch betrachte, sind es beides nicht vorgesehene, widerständige Positionen. Die eine in einem binären Selbstverständnis ankernd - und dann auch wieder nicht, wenn ich die Abgrenzung FrauenLesben sehe, die aber eben auch eine solidarische Gemeinschaft beschreibt. Und queer ist intersektional solidarisch und dort "werfen" sie regelrecht mit Positionen und Labeln um sich, verstehen "lesbisch" allein als sexuelle Orientierung und nicht als autonome Position im Kampf gegen das Patriarchat. Weil mehr Positionen und Orientierungen, Selbstausdrücke usw angeboten werden, ist "lesbisch" dann auch nur eins unter vielen. Aber Politisch geht es um das Recht auf ein gewaltfreies, sepbstbestimmtes Leben und das Ende unterdrückerischer Strukturen und theoretisch ist es ja auch das, was eine feministische Bewegung von sich sagt. Oder eine Politlesbe.
Warum das nicht als konsekutive Generationen innerhalb einer Bewegungsfamilie gesehen wird, sondern als "komplizierte, fremde Kultur" ankommt - naja, passt vielleicht genau zum Thema "Generation". Die Lücke ist manchmal sehr groß und das einander nicht-Verstehen auch.
Mir persönlich ist der Umgang mit Kategorien und Labeln in jüngeren Gemeinschaften zu vereinfacht hier und da. Gleichzeitig neide ich ihnen durchaus die Bandbreite ihrer Möglichkeiten, sich selbst auszudrücken. In meiner Pubertät gab es nur Mann, Frau, homo und hetero. Und noch irgendwas Nebulöses jeweils "dazwischen" (bi und inter). Es gab trans, aber auch nur als bemitleidenswerte psychische Besonderheit. Und das war es. Obwohl es nicht diese rosa-hellblau-Vermarktung gab, war alles auf eine gewisse Weise simpel und geordnet und Butch/Femme eine komplexe Hochkultur in alledem.
Ich finde, da stecken sehr viele Ebenen drin. Vom Selbstausdruck über die Identität auch im Sinne von Zugehörigkeit. Junge Queers sind sehr offen für vielfältige Gruppen und Gemeinschaften und sie schaffen sich anders Schutzräume, indem sie auf Mehrfachmarginalisierung achten und Rücksicht zu nehmen versuchen. Oder indem sie viel mehr zu Konsens und Kommunikation miteinander verhandeln, als ich es gewohnt war und bin. Während ich dort kein Unverständnis über lesbische Mitstreiter*innen erlebe (weil sie ja mittenmang sind), erlebe ich Fragen und Threads wie diesen hier in bestehenden lesbischen Sphären durchaus häufiger. Wobei ich am meisten zu Queerness von älteren Lesben gelernt habe. Also die Hintergründe und Abstraktionen, nicht die Nutzung des Labels oder der Selbstbezeichnung. Aus queerer Sicht sind Lesben und lesbisch zu leben eine valide queere Lebensform. Nicht vorgesehen. Strukturell unterdrückt. Von Gewalt bedroht und betroffen. Auch von sozialen Ungleichheit qua System. (Soweit ich es verstehe, ich bin ja nun auch nicht mehr jung, Ber ich hab den Kram auch nie studiert und eher aus dem Leben.und dem Miteinander, als aus.Büchern gelernt.)
McL