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> Bluttest auf Downsyndrom
meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 20:40
Beitrag #81


Gut durch
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ZITAT(shark @ 17.Jul.2012 - 19:36) *
Das Gesetz. Das Gesetz vertritt, wenn Du so willst, die "Rechte" des Föten.
Da dieser jedoch noch längst kein "Kind" ist und also auch kein "Mensch", hat er aber natürlich keine "Menschenrechte". Er hat in dem Schwangerschaftsalter, zu dem diese Tests stattfinden können, keine Wünsche, er denkt nix, er hat kein Bewusstsein.
Die schwangere Frau aber schon. Und deshalb muss ihr Wille entscheidend sein.
So sieht das ja auch der Gesetzgeber.



Ohoh, das ist ja nun weit weg von der Realität! Schwangerschaftsabbruch ist nach wie vor in Deutschland grundsätzlich nicht erlaubt. (Paragraf 218) der "Wille" der Frau spielt offiziell keine Rolle. Nach einer verpflichtenden Beratung kann eine Abtreibung straffrei für Mutter und Arzt bei Indikation durchgeführt werden. Dass ein Fötus keine Rechte hat halte ich für ein Gerücht. Nicht umsonst finden heiße Diskussionen um die Stammzellenforschung an Embryonen statt.

Jetzt verstehe ich auch die grundsätzliche Differenz hier in der Diskussion. Die einen halten das Ungeborene für schützenswert, andere finden, ich sag jetzt mal die Leibesfrucht, keinerlei Rechte hat. Na wenn das so einfach wäre, dem Wurm alle Rechte abzusprechen, warum dann die ganze Aufregung? (IMG:style_emoticons/default/patsch.gif)
Dann könnte man, wie von der Forschung lange herbeigesehnt, Ersatzteillager züchten. Grausige Vorstellung!
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 20:57
Beitrag #82


Strösenschusselhai
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Du missverstehst offenbar völlig, was ich geschrieben habe. Und die haarsträubenden Schlüsse, die Du daraus ziehst, gehen ebenfalls in die vollkommen falsche Richtung.

Du sprichst von den Gesetzen, die den Schwangerschaftsabbruch regeln (und der bleibt übrigens mitnichten in jedem Fall einfach nur straffrei, sondern ist in bestimmten Fällen tatsächlich gar nicht erst rechtswidrig; siehe: kriminologische und medizinische Indikation*) und ich davon, dass sich die Rechte eines Fötus von denen einer Frau unterscheiden.

Ich fänds gut, wenn wir hier weiter einigermaßen sachlich und sachbezogen diskutieren könnten.


*und um die geht es hier ja grade

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 17.Jul.2012 - 21:01
Bearbeitungsgrund: * nachgetragen
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meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:08
Beitrag #83


Gut durch
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Nö, ich verstehe schon richtig.
Eine Abtreibung unter den Vorwand einer medizinischen Indikation würde ja auch gelten wenn die Eltern einfach keinen Bock auf ein behindertes Kind haben.

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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:14
Beitrag #84


Strösenschusselhai
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Ja. Wenn die Schwangere damit Gehör findet und ihr geglaubt wird, dann ist das so. Habe ich übrigens bereits in einem meiner ersten Beiträge in diesem Thread selbst geschrieben und als Problem bezeichnet.

Und ich wiederhole mich nur ungern, dennoch:

Ich möchte nicht darüber urteilen, ob eine Frau/ein Paar nun einfach "keinen Bock" auf ein (behindertes) Kind hat/haben oder ob sie in schwerer Not ist/sind.
Das ist nicht meine Aufgabe und nicht mein Wunsch. Ich brauche es nicht, mit dem Finger auf Andere zu zeigen oder sie schlecht zu reden, nur um mich zu positionieren.

Mich würde interessieren, wie Dein Konzept in Bezug auf "Rechte des Ungeborenen" und auch auf die Möglichkeit von Schwangerschaftsabbruch ist. Wie würdest Du das gesetzlich regeln?

P.S. Und was immer Du über die Möglichkeit einer vorgeschobenen Belastung zum Zweck eines Abbruchs aufgrund der medizinischen Indikation denken magst: Du hast mich eben doch nicht richtig verstanden. Denn ich habe nirgends auch nur mit einem Wort geschrieben, dass in meinen Augen ein Fötus "keinerlei Rechte" habe.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 17.Jul.2012 - 21:18
Bearbeitungsgrund: P.S. und Wort ausgetauscht
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PikSieben
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:25
Beitrag #85


ausgewilderte Großstadtpflanze
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ZITAT(regenbogen @ 16.Jul.2012 - 07:54) *
ZITAT(PikSieben @ 16.Jul.2012 - 00:05) *
Aber ich empöre mich über unsere Gesellschaft. Und die Pessimistin in mir, sagt, dass das "noch" in deinem Satz ("Dazu ist unsere Gesellschaft noch nicht bereit.") übertrieben optimistisch ist. Ich habe eher den Eindruck, dass die Entwicklung "gesamtgesellschaftlich" dahin gehen wird, in Kauf zu nehmen, dass aus vielen individuellen Schwangerschaftsabbruch-Entscheidungen faktisch eine "gesamtgesellschaftliche" Selektion entsteht, als in kostspielige "Behinderungs-"/Nachteilsausgleichsmaßnahmen zu investieren.


Das ist es, was ich schon seit Tagen hier beitragen wollte, aber nicht in Worte gefasst bekam. Danke, PikSieben. Es wird ja gesamtgesellschaftlich eine Wahl getroffen. Grob gesprochen: Wird das endliche Geld, das zur Verfügung steht, zur Förderung der Entwicklung solcher Tests verwendet, oder wird es dazu verwendet, es Behinderten und ihren Angehörigen im Leben leichter zu machen? Ersteres ist - zynisch gesagt - vermutlich ökonomisch gewinnbringender. Eine Frau, die ein behindertes Kind nicht austrägt, kann voll zur Produktivität der Gesamtwirtschaft beitragen, während die Mutter eines behinderten Kindes eher Ressourcen bindet.

Darum habe ich Verständnis für jede einzelne Frau, die das in Anspruch nimmt, was möglich ist. Ich weiß nicht, wie ich entscheiden würde, wäre ich selbst betroffen. Aber das Gesamtbild verursacht mir eher eine unangenehme Gänsehaut.


Danke für's Verstehen. Deine Formulierung ist deutlicher als ich es zu sagen gewagt habe. Ich teile deine Sorge.
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:50
Beitrag #86


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Hier gehts zwar thematisch um das Klonen von Embryonen, aber die Frage, inwiefern ein Embryo/Fötus so etwas wie ein tatsächliches Lebensrecht haben könnte oder auch nicht, wird in diesem Artikel ausgesprochen schlüssig herausgearbeitet: Haben Embryonen Rechte?
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meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:57
Beitrag #87


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Urteilen, im Sinne von : ich stelle mich mit nem Anti- Abtreibungsplakat vor die Frau und wünschte sie würde eingesperrt? Das ist Quatsch! Für sowas habe ich weder die Zeit noch die Lust dazu. Außerdem finde ich, steht es niemanden zu, jemanden persönlich anzugehen. ...... Aber theoretisch, und das mache ich hier. Ich sage was ich denke. Wir besprechen hier ja fiktive Sachverhalte, beziehungsweise anonyme.

Mein Konzept bei Schwangerschaftsabbruch?
Eine mir sehr gut bekannte Frau hat abgetrieben. Ich habe Verständnis für ihre Lage gezeigt. Mir liegt es fern sie für ihre Entscheidung zu verurteilen.
Jeder muss seine Entscheidung selbst rechtfertigen können, aber nicht vor mir, sondern vor sich selbst, evtl vor Gott. In der Bibel steht zum Beispiel, dass mit der Atmung das Menschsein anfängt (wenn ich das so richtig wider gebe. Da fällt mir auf, Shark, mit Deiner Aussage hättest Du demnach Recht, ein Fötus hat keine Menschenrechte.....)
Auf der anderen Seite steht auch in der Bibel, Gott kennt den Menschen noch bevor er geboren wird. Was wiederum nichts über seine Rechte aussagt.......

Tja ich bin hin und her gerissen. Wahrscheinlich gibt es hier auf Erden kein eindeutiges richtig und kein eindeutiges falsch, und ein "Konzept" habe ich schon garnicht, weil ich bisher keines gebraucht habe.

Politiker, Ethiker, Forscher....... alle sehen die Richtigkeit ihres Standpunktes.
Mein Standpunkt ist: die Wahrheit über die richtige Entscheidung was den Embryo oder den Fötus betrifft werden wir hier in einem Forum kaum beantworten können und ich glaube das will auch niemand.
(IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)
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Marie18
Beitrag 17.Jul.2012 - 22:54
Beitrag #88


Satansbraten
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Hm, ja, es gibt wohl auf der Welt oft wirklich kein richtig oder falsch, kein eindeutig und uneindeutig, es gibt noch nicht mal immer logisch oder unlogisch....manche Sachen sind schwer einzuordnen, ganz allgemein.
Aber trotzdem gibt eine scheinbar vorhandene Norm. Und warum?
Weil der Mensch sonst durchdrehen würde, er würde nicht wissen wohin und deswegen bauen wir uns ein System oder Systeme auf in denen wir leben können und in denen sich irgendwann Regeln und Gesetze durchsetzen.
Im Grunde ist das hochinteressant.
Wir als Menschen versuchen uns selber zu definieren. Das war schon immer so.
Und wenn wir an Grenzen dieser Defintion stoßen, kann das schwierig werden.
Ob ein Embryo ein Mensch ist, weiß ich grade nicht zu beurteilen.
Aber er ist Leben, so viel steht fest.
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 23:12
Beitrag #89


Strösenschusselhai
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ZITAT(meandmrsjohns @ 17.Jul.2012 - 22:57) *
Mein Konzept bei Schwangerschaftsabbruch?
Eine mir sehr gut bekannte Frau hat abgetrieben. Ich habe Verständnis für ihre Lage gezeigt. Mir liegt es fern sie für ihre Entscheidung zu verurteilen.
Jeder muss seine Entscheidung selbst rechtfertigen können, aber nicht vor mir, sondern vor sich selbst, evtl vor Gott. In der Bibel steht zum Beispiel, dass mit der Atmung das Menschsein anfängt (wenn ich das so richtig wider gebe. Da fällt mir auf, Shark, mit Deiner Aussage hättest Du demnach Recht, ein Fötus hat keine Menschenrechte.....)
Auf der anderen Seite steht auch in der Bibel, Gott kennt den Menschen noch bevor er geboren wird. Was wiederum nichts über seine Rechte aussagt.......

Tja ich bin hin und her gerissen. Wahrscheinlich gibt es hier auf Erden kein eindeutiges richtig und kein eindeutiges falsch, und ein "Konzept" habe ich schon garnicht, weil ich bisher keines gebraucht habe.


Naja, ich dachte halt, dass jemand, der so stark wie Du kritisiert, was ist, so etwas wie ein Konzept davon im Kopf haben würde, was (besser) sein könnte.

Klar, Du persönlich hast bisher keins "gebraucht" (und ich persönlich im Grunde ja auch nicht), aber unsere Gesellschaft braucht eins. Genau deshalb gibt es ja die Gesetze, die das alles regeln.
Und die billigen eben tatsächlich nur Menschen im Sinne von Personen Menschenrechte zu. Und ein Embryo ist nun mal keine Person.
Diese Bewertung als richtig zu erachten, muss nicht zwangsläufig bedeuten, auch jede Folge daraus toll zu finden.
Das ist aber auch gar nicht nötig. Mit dem Prinzip, das dahinter steht, muss ich einig sein können - dass dennoch immer wieder auch Dinge geschehen, die mir nicht passen, bleibt davon unberührt.

Ich find es zum Beispiel auch nicht Klasse, wenn Menschen Kinder bekommen, die ganz offensichtlich so überhaupt nicht und in keiner Hinsicht zum Elternsein taugen und schon klar ist, ehe die Kinder das Licht der Welt erblicken, dass sie nicht dieselben Chancen auf ein zufriedenes Leben haben werden wie Kinder von Menschen, die für die Elternrolle geeignet sind.
Aber ich muss das hinnehmen.
Weil das Prinzip, dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, sich fortzupflanzen, wenn er das will und kann, einfach richtig ist.
Auch wenn ein Haufen (in meinen Augen) "Falsche" sich deshalb rechtmäßig auch Kinder zulegen kann - ich würde niemals wollen, dass diese wichtige Entscheidung irgendwer anderes fällt als diejenigen, die sie betrifft.

Bezogen auf die Frage hier (die ohne ein Konzept im Kopf ja wirklich gar nicht beantwortbar ist) bedeutet das für mich:

Ein schonender, risikofreier, früher und zuverlässiger Bluttest auf Trisomie21, der ja bereits existiert und der funktioniert, muss Schwangeren auch zugänglich gemacht werden.
Denn erstens haben sie ohnehin das Recht darauf, ihr Ungeborenes vorgeburtlich mit allen zugelassenen Methoden untersuchen zu lassen und zweitens ist der einzige andere zuverlässige Test auf ein überzähliges Chromosom 21 bei ihrem Fötus, den sie aktuell wählen können, erst deutlich später möglich, invasiv und damit risikobehaftet und belastend.
Und nebenbei: Gerade diejenigen, denen vor allem der Schutz der Existenz des Fötus' am Herzen liegt, müssten eigentlich froh über diesen Test sein, denn er gefährdet nicht wie die Amniozentese allein schon nur durch die Durchführung das Ungeborene.

In Bezug auf die Frage, was eine Schwangere mit dem Wissen macht, das sie durch den Test gewinnen konnte, sieht es gleich aus.

Ich bejahe grundsätzlich, dass Frauen selbst entscheiden, ob sie schwanger werden oder es bleiben wollen.
Ich finde es gut, dass unsere Gesetze so sind wie sie sind.
Die Tatsache, dass die Abbrüche, die wirklich bestraft werden, die sind, die gegen den Willen der Schwangeren passiert sind, zeigt schon, dass auch der Gesetzgeber hauptsächlich von der Frau her denkt und nicht vom Embryo aus.
Dieses Prinzip, die bestehende Gesetzeslage und den Ethos, der dahintersteht, erachte ich als richtig. Und dieser ist ja auch mit dem Menschenbegriff, auf dem unser Grundgesetz fußt, vereinbar, was mir auch wichtig ist.
Deshalb muss ich nun aber auch akzeptieren, dass manche (selbst aus Gründen, die für mich niemals welche wären) eben nicht schwanger bleiben wollen und einen Abbruch wählen.


ZITAT
Mein Standpunkt ist: die Wahrheit über die richtige Entscheidung was den Embryo oder den Fötus betrifft werden wir hier in einem Forum kaum beantworten können und ich glaube das will auch niemand.


Ich will auch nicht "die Wahrheit" finden. Denn ich bin sicher, dass diese nicht existiert.
Genau deshalb bestehe ich ja so nachdrücklich darauf, dass es unsinnig ist und auch unfair, über Frauen/Paare zu urteilen, die diesbezüglich zu einer Entscheidung gekommen sind, die man selbst nicht verstehen kann oder die man selbst ganz anders getroffen hätte.

Ich weiß kein besseres Konzept als das beschriebene. Und deshalb vertrete ich es auch weiter. Auch wenn es Konflikte zeugt und Probleme birgt. Jedes andere denkbare Konzept täte das meiner Ansicht nach noch deutlich mehr bzw. wäre sogar verfassungswidrig und menschenfeindlich.

Es wird immer ein Problem bleiben, dem Embryo so etwas wie eine eigene Würde zuzugestehen, ohne die verbrieften Rechte der Frau zu verletzen. Aber mir ist dieser Konflikt deutlich lieber als ein Zustand, der Frauen ihre Entscheidungsfreiheit entzieht und der dafür Andere bestimmen lässt (denn irgendwer muss ja bestimmen) , was für sie richtig ist und was nicht.

Das Ziel darf aber immer noch bleiben, dass Abbrüche seltener werden (was sie übrigens auf die Gesamtheit aller Schwangerschaftsunterbrechungen hierzuzlande auch tun).

Wenn wir das wollen, wenn wir wollen, dass mehr Frauen sich entschließen, ihre Schwangerschaften fortzusetzen, dann müssen wir dafür sorgen, dass sie das freiwillig und aus eigenem Entschluss tun - denn zwingen können und dürfen wir sie nicht.

Das werden viele aber nur dann überhaupt in Erwägung ziehen, wenn sie erlebt hätten und erlebten, dass viele der Probleme, die sich durch Mutterschaft und speziell durch Mutterschaft mit einem Kind, das nicht der Norm entspricht, bisher ergeben haben, endlich aus dem Weg geräumt wären. Dann würde es leichter, Ja zu sagen und dann würde es vielleicht eines Tages (wenn das Menschenbild sich wirklich insgesamt gewandelt haben würde) gar keine Rolle mehr spielen, ob ein Mensch Trisomie21-betroffen wäre oder nicht.

Ob das so kommt oder nicht, dafür sind wir alle zusammen verantwortlich.
Aber ich fürchte, dass viele Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht bereit sind, das Bild vom Menschsein aufzugeben, das sie heute pflegen. Und dass es deshalb vermutlich niemals zu einer kritischen Masse von Menschen, die diesen Wandel wünschen und betreiben, kommen wird.

Weil ich das ganz realistisch sehe, halte ich mich auch nicht mit Utopien auf und verlange vor allem nicht von Frauen, dass sie "trotzdem" schwanger bleiben und "gerade deshalb" ein Down-Kind bekommen, "damit sich was ändert".

Diese Aufgabe, die eine ganze Gesellschaft gemeinsam bewältigen müsste, damit sie gelingen kann, kann ich einfach nicht guten Gewissens einzelnen Frauen aufhalsen.
Und schon gar nicht ausgerechnet jenen, die unter den gegenwärtigen Zuständen am meisten zu kämpfen haben werden.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Jul.2012 - 00:32
Bearbeitungsgrund: Einschub und später Nachtrag
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meandmrsjohns
Beitrag 18.Jul.2012 - 07:10
Beitrag #90


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Ich habe es so wahrgenommen, dass nicht eine einzige von uns hier an dem bestehenden Paragraph 218 rütteln wollen würde, mich eingeschlossen. Das war ja auch nicht die Ursprungsfrage. (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)
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Marie18
Beitrag 18.Jul.2012 - 08:38
Beitrag #91


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Tja. Also sollten Kinder mit Beeinträchtigung abgetrieben werden, bis es ausreichend Mittel und Plätze zur Förderung und Unterbrinung im System gibt?
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shark
Beitrag 18.Jul.2012 - 08:44
Beitrag #92


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Es ist doch gar nicht die Frage, ob sie es "sollten", sondern es ist für einige von uns schlicht nachvollziehbar, dass es unter diesen Umständen einfach eher passiert als wenn die Gegebenheiten anders wären.

Hast Du denn eine Vorstellung davon, wie Du Dir eine Regelung wünschen würdest?
Würdest Du die Inanspruchnahme dieses Tests verbieten?
Oder grundsätzlich Abbrüche von Schwangerschaften mit Föten, die von Trisomie21 betroffen sind?
Oder Abbrüche überhaupt?

Ich frage deshalb so plakativ, weil Du immer wieder zum Ausdruck bringst, dass Du es gar nicht verstehen kannst, wie eine Frau einen Abbruch haben (wollen) kann, nachdem sie erfahren hat, dass ihr Kind das Down-Syndrom haben würde. Und weil Du immer wieder auch formulierst, dass Du denkst, dass eine einmalig getroffene Entscheidung, schwanger werden zu wollen, keinesfalls mehr "widerrufen" werden dürfe.

Was wäre also Deine Idee, wie die ganze Sache zu handhaben sei?


Freundliche Morgengrüße von shark (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Jul.2012 - 08:46
Bearbeitungsgrund: zwei Wörtlein haben gefehlt
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Marie18
Beitrag 18.Jul.2012 - 08:47
Beitrag #93


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Ich mach jetzt erstmal Kaffee, sonst funktioniere ich um die Uhrzeit nicht, und dann bekommst du eine Antwort (IMG:style_emoticons/default/morgen.gif)
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shark
Beitrag 18.Jul.2012 - 08:50
Beitrag #94


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ZITAT(meandmrsjohns @ 18.Jul.2012 - 08:10) *
Ich habe es so wahrgenommen, dass nicht eine einzige von uns hier an dem bestehenden Paragraph 218 rütteln wollen würde, mich eingeschlossen. Das war ja auch nicht die Ursprungsfrage. (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)


JedeR, die/der die prinzipielle Möglichkeit der Inanspruchnahme dieses Diagnoseverfahrens grundsätzlich ablehnt und daraus resultierende Folgen ausschließlich den betroffenen Frauen anlastet, "rüttelt" an den bestehenden Gesetzen zum Schwangerschaftsabbruch. Das habe ich versucht, darzustellen.
Und die Frage im ersten Beitrag Maries in diesem Thread war ja schließlich, ob es wohl zu "Selektion" und "Diskriminierung" führen würde, wenn dieser Test zuglassen würde und Frauen auf den Ergebnissen, die sie daraus gewinnen könnten, zur Entscheidung kämen, ob sie die Schwangerschaft fortsetzen oder nicht.



ZITAT(Marie18 @ 18.Jul.2012 - 09:47) *
Ich mach jetzt erstmal Kaffee, sonst funktioniere ich um die Uhrzeit nicht, und dann bekommst du eine Antwort (IMG:style_emoticons/default/morgen.gif)


Ich habe eine Menge Zeit, Marie. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif) Nur keine Eile! (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Lass Dir den Kaffee schmecken.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Jul.2012 - 09:00
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Marie18
Beitrag 18.Jul.2012 - 10:12
Beitrag #95


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Okay. Kaffe steht da, eine göttliche Erfindung des Universums! (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)

Also. Ich muss meinen Kopf hier ganz schön anstrengen, aber das soll ja gesund sein...

Wenn ich den entsprechenden Gesetzestext richtig verstanden habe, dann ist zunächst einmal Abtreibung rechtswidrig,
außer 1. die Mutter möchte einen Abbruch ausdrücklich und hat an einer Konfliktberatung teilgenommen. Dann geht das innerhalb der ersten 12 Wochen.
oder 2. eben diese krimonogene Indikation, wenn die Frau vergewaltigt worden wäre und einen Abbruch wünscht, auch hier innerhalb der ersten 12 Wochen machbar.
Und 3. Es besteht Gefahr für das Leben oder die psychische Gesundheit der Schwangeren. Hier keine zeitliche Frist für die Abtreibung.

In Fall 2 und 3 gilt der Schwangerschaftsabbruch nicht als rechtswidrig.
Ist das dann nicht so, dass man im Grunde immer unter diesem 3. Punkt argumentieren kann? Von wegen psychische Gesundheit der Mutter? Dass sie damit nicht zurecht kommen würde usw.? Nur aus Verständnisgründen....

Ob ich für einen gesetzlich vorgeschriebenen Verbot von Abtreibung wäre?
Nein.
Einfach deshalb, weil ich finde, dass man auf so privater und persönlicher Ebene keinen Gesetzestext zur Einengung der Rechte einer Mutter verfassen dürfte.
Es liest sich eh schon komisch genug, so ein Gesetzestext über Regelungen zur Abtreibung, wie ich finde.

Aber:
Meiner Meinung nach hat das ungeborene Leben auch Rechte, egal ob wir uns in der 9., 12. oder 24. Schwangerschaftswoche befinden.
Und nun muss man es aber schaffen, die Umwelt so zu gestalten, dass der Gedanke daran, ein beeinträchtigtes Kind zu erziehen, nicht abschreckend wirkt.

Wenn eine Frau und ihr Mann oder Frau und Frau einen Kinderwunsch haben und dann so eine Untersuchung durchführen lassen und das Ergebnis positiv ist, dann soll das Umfeld so gestaltet sein, dass es diese Frau zunächst auffängt, dass sie sich nicht unter Druck gestellt sieht eine voreilige Entscheidung zu treffen.
Und wie macht man das?

Eine Familie die vor der Entscheidung steht pro oder contra Abtreibung sollte sich Zeit nehmen. Man kan niemanden dazu zwingen, sich beraten zu lassen, aber das wäre so wichtig. Deswegen muss das Angebot dazu auch wirklich vorhanden sein. So, dass eine Mutter sich denkt "Okay. Ich bin gerade ehrlich gesagt überfordert mit der Situation, ich möchte mich aber gerne an eine gute Beratung wenden."
Was aber natürlich nicht der Zweck von Beratung sein soll, das soll nicht so rüberkommen: dass die Leute dort gezielt auf die Mutter einwirken wollen.
Eine Familie soll nur ausreichend, wirklich ausreichend informiert werden.
Was bedeutet das, wenn mein Kind Trisomie21 hat?
Welche Möglichkeiten gibt es dann in Bezug auf Förderung, Ausbildung usw.?

So eine Beratung kann gut und sehr gerne über 2 oder drei oder mehr Wochen gehen, die Frau muss die Möglichkeit haben, alle Blickwinkel zu sehen und sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Sie soll sich mit anderen Frauen, die vor der gleichen Entscheidung stehen/standen Einblicke geben lassen usw.
Und wenn sie dann zu dem Schluss kommt, dass sie das Kind nicht in ihrem Leben haben will, dann soll sie sich weiter überlegen, ob sie es nicht doch zur Welt bringen möchte. Dann wären wir halt bei dem Thema Adoption.

und damit so ein Auffangen solcher Familien, die vor solchen Entscheidungen stehen, möglich ist, braucht es natürlich in der Gesellschaft oder im System Änderungen. Und da müssen wie gesagt immer noch und immer wieder neue Impulse gesetzt werden, sonst kommt es zu nichts.


Und zum Thema Spätabtreibung:

(Weil wir hier auch vorher drüber geredet haben, was denn ein Embryo ist usw.)
Wenn ein Kind schon so groß ist, dass es überlebensfähig ist, also ein Mensch , dann darf nicht abgetrieben werden.
Ich muss da gerade an das Oldenburger Baby denken, darüber hatte ich mal gelesen.
Das Kind wurde in der 26. Schwangerschaftswoche abgetrieben, die Ärzte hatten einen genetischen Defekt festgestellt - Trisomie21.
Das Kind kam lebend zur Welt.
Und was ich dann gelesen habe, kann ich selber nicht verifizieren, aber der Presse zufolge wurde das Baby dann mehrere Stunden einfach liegen gelassen, in der Hoffnung es würde sterben.

Spätabtreibung ist für mich nicht akzeptabel. Vor allem finde ich zB diese Kalium-Chlorid-Methode einfach nur schlimm.
Da wird dem Baby Gift ins Herz gespritzt, so dass es im Bauch der Mutter an Herzversagen stirbt. Das ist Mord.
Das Kind kann dann entbunden werden, "ohne dass die sog. Komplikation des Überlebens befürchet werden muss."
Bei so einem Satz weiß ich nicht wohin mit meiner Empörung. Das kann es doch nicht sein.

Der Beitrag wurde von Marie18 bearbeitet: 18.Jul.2012 - 10:52
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shark
Beitrag 18.Jul.2012 - 11:09
Beitrag #96


Strösenschusselhai
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Danke schön für die ausführliche Antwort. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif) Da hat der Kaffee Dich aber schnell "hochgefahren" (so einen will ich bitte auch) (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) .

Großen Teilen Deiner Ausführungen kann ich nur zustimmen.
Ich fänd es auch extrem wichtig, dass sich Frauen in solchen Krisensituationen an kompetente AnsprechpartnerInnen wenden können. Und zwar an solche, deren Haltung wirklich die ist, der Frau zu ermöglichen, selbst zu einer Entscheidung zu kommen, zu der sie dann auch wirklich nachhaltig stehen wird können. Ohne Manipulation in irgendeine Richtung.

Was wohl schwierig würde, und zwar aus mehreren Gründen, ist die Dauer, die Du (in bester Absicht und aus gutem Grunde) veranschlagst für diese Beratungsphase.

Obwohl diese übrigens deutlich für den neuen Test sprechen würde, weil der früher stattfinden kann und sich so der Abbruch, wenn er denn beschlossen wird, nicht noch weiter herauszögern muss.

Denn nicht allen Frauen, die diese Entscheidung zu treffen haben, ist es egal, ob der Abbruch früher oder später stattfindet. Im Gegenteil: alle Frauen, die ich kenne, und die einen Abbruch hatten oder sich vorstellen können, unter bestimmten Umständen einen zu haben, sind dafür, diesen dann auch wirklich so früh als irgend möglich durchführen zu lassen. Die meisten Frauen belastet die Idee schwer, einen Abbruch erst spät vornehmen zu lassen.

Die "Gesellschaft" sieht das im Übrigen ja auch so:
Wenn schon Abbruch, dann aber bitte ganz früh.
Da geraten ja schon die Schwangeren in subjektive Zeitnot, die schon in der 7. Woche zum Entschluss kommen, die Schwangerschaft nicht fortsetzen zu wollen, ohne dass sie noch irgendwelche Untersuchungen durchführen und abwarten müssten. Obwohl sie ja durchaus bis zur 12. Woche Zeit haben, wird schon erwartet (und die Frauen erwarten das deshalb von sich selbst oft auch) , dass sie keinen Tag länger warten als unbedingt nötig.

Da ist auch viel Scheinheiligkeit dabei: Vielen wird gesagt "Nehmen Sie sich Zeit", in der Hoffnung, die Frauen würden sich eben innerhalb dieser Zeit für das ungeborene entscheiden. Tun sie das aber schließlich nicht, wird ihnen dann doch oft deutlich oder auch subtil angekreidet, dass sie den Embryo nun auch noch hätten sich weiter ("zum Kind") entwickeln lassen, um ihn dann am Ende doch zu töten.

Es würde also schwierig, Frauen eine so lange Bedenkzeit einzuräumen, denk ich. Viele hätten wohl dennoch das Gefühl, schnell entscheiden zu müssen. Und es müsste mehr Beratungsstellen geben, die nicht kirchlich getragen bzw. sonstwie tendenziös sind.

Übrigens hast Du Recht: Theoretisch könnten Frauen jeden denkbaren Grund für den Wunsch nach einem Abbruch mit dem Argument zu verschleiern versuchen, ihre psychische Gesundheit sei in Gefahr. Und diese Gefahr sei allein durch den Abbruch abwendbar.
Aber die medizinische Indikation ist im Vergleich zur Fristenlösung eine ganz andere Hausnummer.
Denn festzustellen, ob wirklich eine wie auch immer geartete Gesundheitsgefährdung bei der Schwangeren vorliegt, ist Aufgabe entsprechender Fachleute.
Eine Frau kann ja nicht einfach so in der 20. Woche zum Arzt spazieren und verlangen, dass er jetzt einen Abbruch durchführt, weil es ihr grad so schlecht geht mit der Idee, das Kind zu bekommen.
Eine Frau, die möchte, dass die medizinische Indikation Grundlage des Abbruchs ist, muss sich ärztlich bescheinigen lassen, dass auch wirklich ein gesundheitliches Problem vorliegt. Und dass der Frau deshalb nicht zuzumuten ist, die Schwangerschaft fortbestehen zu lassen.
Da reicht es nicht, sich bei einer Beratungsstelle einen "Schein" zu holen - da ist mehr dran. und wenn die Schwangerschaft so weit fortgeschritten ist, dass der Abbruch als Spätabtreibung gelten würde, dann tritt eine Ethikkommission zusammen, die darüber entscheidet, ob dem Anliegen der Frau auch wirklich entsprochen werden kann. Und nicht immer und überall wird dann so entschieden, wie es für die Frau not-wendig wäre.

Ich habe dazu mal einen Bericht in der EMMA gelesen, den ich wahnsinnig traurig fand. Vielleicht magst Du den ja auch mal lesen (find ihn bei EMMAonline grad nicht, aber der Spiegel hat den Artikel auch gedruckt): Der Ludwig lacht

Und ja, auch Tims Geschichte (also die des "Oldenburger Babys") ist traurig. So darf ein Abbruch nicht laufen. Und da hat auch das Klinikpersonal ungesetzlich gehandelt und sich strafbar gemacht. Auch für Spätabbrüche gibt es ganz klare Regeln. Und die sind hier nicht eingehalten worden.

Ich finde Spätabbrüche auch schrecklich - für alle Beteiligten. (Wobei es gar keine allgemeine Definition dieses Begriffes gibt, aber das nur am Rande.)
Und das sehen die meisten Menschen wohl so. Denn nicht umsonst sind es nur ein paar Hundert Abbrüche im Jahr, die hierzulande zu einem Zeitpunkt stattfinden, zu dem der Fötus nach einer erzwungenen Frühgeburt, sollte er den Geburtsvorgang überhaupt "irrtümlich" überleben, bereits auch nur minimale Überlebenschancen hätte. Gemessen auf die Gesamtzahl der Schwangerschaftsunterbrechungen wird der tatsächlich so späte Abbruch ganz, ganz, ganz selten vorgenommen. Aber er wird ganz besonders oft angeführt von denen, die ganz grundsätzlich Schwangerschaftsabbrüche ablehnen und die damit schocken wollen (weil ein Abbruch innerhalb der 12-Wochen-Frist eben nicht so spektakulär darstellbar ist).

Ich habe vor vielen Jahren ein viel zu früh geborenes und auch schwer geschädigtes Kind gleich nach seiner Geburt verloren. Mir vorzustellen, dass eine andere Frau nicht alles versucht, um ihr Ungeborenes solange im Bauch zu behalten wie es nur geht, ist auch für mich schrecklich.
Aber ich weiß nun mal, dass ich nur für mich sprechen kann und die Geschichte einer anderen Frau eine andere Haltung und ein anderes Verhalten und andere Entscheidungen bringen kann. Und das anerkenne ich. Auch wenn es manchmal schwer ist.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Jul.2012 - 15:29
Bearbeitungsgrund: ein "an" angefügt und einen Satz so beendet, wie er auch beendet sein sollte.Und dann noch ein "n" eingefügt
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Leonie
Beitrag 18.Jul.2012 - 12:56
Beitrag #97


Naschkatze
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QUOTE(shark @ 15.Jul.2012 - 13:35) *
QUOTE(Hortensie @ 11.Jul.2012 - 18:04) *
Ich selber sehe mich außerstande, beurteilen zu können, was ein anderer Mensch im eigenen Leben bewältigen kann und was nicht.


Das, genau das, ist der zentrale Punkt für mich, an dem man bei aller moralischen Entrüstung einfach nicht vorbeidenken kann, ohne anmaßend zu werden.

Wer bin ich denn, bestimmen zu wollen, was für eine andere Frau gut ertragbar oder grade noch aushaltbar oder in naher, mittlerer oder ferner Zukunft mit Chancen, Glück, Zufriedenheit, Weiterentwicklung verbunden ist, wie soll ich denn wissen, wo für diese Frau Unaushaltbarkeiten anfangen, wo persönliches Schicksal ins Unerträgliche kippt und schlimme Folgen haben wird?

Wie soll Eine das für eine andere Frau je sagen können -?
Viele von uns wissen das doch bisweilen nicht mal für sich selbst und ihre eigenen Perspektiven sicher zu sagen!

Und weil das so ist, hat meiner Ansicht nach nur eine Person das Recht, eine solche (persönliche) Entscheidung zu treffen: die Frau nämlich, in deren Bauch dieser Lebenskeim (und nein, in der 12. Woche ist das noch lange kein "Kind"; allenfalls in der Vorstellung der Frau, die sich das Kind, das mal sein kann, schon vorab vorstellt; faktisch ist es ein, sich in einer vom "Wirt" abhängigen Entwicklung befindlicher, Embryo, der mal ein Mensch werden kann, wenn die Schwangerschaft nicht vorzeitig abbricht oder abgebrochen wird) sich befindet.
Sie ist die, deren Leben diese Schwangerschaft und die Aussicht auf das Geborenwerden und Da-Sein eines Kindes beeinflussen wird.

Dass die Gesellschaft und die Strukturen, die sie schafft, deren Maßgaben an Menschen, deren Bereitschaft oder Verweigerung, mit hineinzunehmen, anzuerkennen, zu unterstützen, zu verstehen, viel, viel mehr "Schuld" an den meisten abgebrochenen Schwangerschaften trägt (fast egal, aus welchem Grund sie entstanden sind und abgebrochen wurden) als die einzelne Frau, die in ihrer Not keinen anderen Weg sieht, ist ja wohl eine Tatsache.

Ich werde den Teufel tun und Frauen, die sich in einer verzweifelten Lage in Bezug auf ihr jetziges bzw. künftiges Leben wiederfinden (ganz egal, ob die jeweilige Situation oder das erwartete Szenario nun auch für mich als katastrophal erkennbar ist oder nicht), zurufen: "Los, nun krieg das Kind! Sei tapfer! Bad das mal schön aus - hättest ja schließlich nicht schwanger zu werden brauchen! Das wird schon alles nicht so schlimm! Andere schaffen das auch!"

Und das ist ja schließlich die Haltung, die dahinter steht, wenn jemand sagt: "Wenn man sich einmal dafür entschieden hat, Mutter sein zu wollen und dann schwanger geworden ist, dann darf man sich - egal, was kommt - auch nicht mehr gegen diese Schwangerschaft entscheiden!"

Ich find das so anmaßend, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie jemand (der oder die nicht ehrlich und vollumfänglich bereit ist, im Falle vom Nichteintreffen der positiv an die Wand gemalten Zukunft, selbst und höchstpersönlich die Verantwortung für das Leben von Mutter und Kind zu übernehmen - was eh niemand kann) eine derartige Setzung vornehmen kann.

Ich bin sehr, sehr froh darüber, dass vor etlichen Jahren nun bereits erkämpft wurde, dass in diesem Lande Frauen selbst über ihren Körper bestimmen können und ich will bestimmt nicht dahin zurückkehren, dass Frauen sich von Anderen sagen lassen müssen, welche Art Leben für sie erträglich/gut/richtig/womöglich sogar bestimmt ist. Das sollen Frauen doch nun wirklich allein für sich entscheiden dürfen. Alles Andere wäre in meinen Augen ein Rückschritt in Bezug auf die Freiheit der Frau, über ihr Leben bestimmen zu können.

Und obwohl ich selber keine PID, keine Amniozentese oder andere Tests und keinen Abbruch hatte, möchte ich, dass Frauen all das bekommen können, wenn es für sie not-wendig ist.
Und ein zuverlässiger Bluttest auf eine mögliche Behinderung des Fötus gehört für mich ebenso dazu.
Wenn es ihn gibt, müssen Frauen ihn auch durchführen lassen können.
Klar geregelt und auf dem Boden der Gesetze natürlich, aber vor allem eben als persönliche Entscheidung darüber, potentiell Wissbares auch wissen zu wollen.
Kommt es wirklich in der Folge der Entscheidung, den Test machen zu lassen, zum Entschluss, die Schwangerschaft vorzeitig zu beenden, dann ist das so früh jedenfalls deutlich schonender für Frau (und auch den Fötus) als nach einer Amniozentese, die erst deutlich später möglich ist.

Und mal davon abgesehen und in Bezug auf den Aufschrei "Das ist Selektion!":
Was ist denn weniger "schützenswert" an einem Embryo, den es gibt, weil eine Frau vergew*ltigt wurde oder an einem, der entstanden ist, weil ein noch unmündiges Paar beim "ersten Mal" nicht "aufgepasst" hat? Oder an einem, der in dem Uterus einer Frau sitzt, die aus anderer Schusseligkeit unfreiwillig schwanger geworden ist?

Am Ende sind sie alle gleich - sie sind winzige Lebenskeime, die nur durch das Ja der Schwangeren eine Chance auf die Entwicklung zum Kind haben - und bei einem Nein und darauf folgendem Abbruch der Schwangerschaft sind auch alle "gleich tot".

Ich hoffe, ich werde hier nicht falsch verstanden:
Ich bin nicht dafür, dass Frauen grundsätzlich (oder aufgrund von festgelegten Risikoparametern) solche Tests machen sollten oder gar Föten, die nicht der Norm entsprechen, prinzipiell getötet werden sollten. Ganz und gar nicht. Ich habe wie gesagt damals auch keine Tests machen lassen und ich hätte, auch wenn sich zufällig ein deutliches Indiz auf eine spätere Behinderung eines meiner Ungeborenen ergeben hätte, die Schwangerschaften nicht abgebrochen.

Aber ich bin dagegen, Frauen Vorschriften in Bezug auf ihr Leben machen zu wollen und ihnen auch noch die Verantwortung dafür zuzuschieben, dass sie Angst davor haben, behindertes Leben in diese Welt zu setzen, die nachher dann kaum Platz für ebendiese Menschen hat.
Ich verstehe diese Frauen. Und gleichzeitig bedaure ich tief, dass es so ist, wie es ist.

An dem Tag, an dem es für die Zukunft einer Mutter, eines Kindes, einer Familie wirklich keine Rolle mehr spielt, ob das erwartete Kind der Norm entspricht oder nicht, an diesem Tag kann man meinetwegen anfangen, zu erwarten, dass Frauen, die ein Kind haben wollten, auch einen behinderten Fötus weiterleben lassen. Aber keine Sekunde früher.
Denn damit würde man Frauen dazu nötigen, das Versagen der Gesellschaft auf ihre eigenen Rücken zu laden und voller Demut und in Unfreiheit zu tragen.

Unsere Gesetze verbieten übrigens Selektion aufgrund von genetischen Auffälligkeiten des Fötus. Es gibt keine embryopathologische Indikation mehr in Deutschland.

Es ist polemisch, find ich, von "Auslese" und "unwertem Leben" zu sprechen, wenn es um das Recht der Frau auf die freie Verfügung über ihr Leben und das Abwenden von persönlicher Not geht.

Natürlich wird es immer Frauen geben, die im Grunde nie ein Kind wollten, dummerweise doch schwanger geworden sind, und nur aufgrund von Druck oder Angst trotz ihrer Vorbehalte schwanger geblieben sind und am Ende doch überglücklich mit ihrem Baby sind, ebenso wie es durchaus solche gibt, die ihr Kind in der Folge für immer ablehnen oder auch solche, die sich wegen moralischer Bedenken für die Schwangerschaftsfortsetzung entschieden haben und das heute - trotz der Liebe zu ihrem Kind - nicht mehr so machen würden (die sagen das oft allerdings nur hinter ganz, ganz dicken Vorhängen, weil das ein wahnsinnig großes Tabu ist; noch größer als das eines Abbruchs).

Ich will, dass die Gruppe derer, die die für sich selbst genau richtige Entscheidung getroffen haben und die deshalb auch später im Leben noch dazu stehen können, so groß wie möglich ist.
Und das geht eben nur, wenn Frauen wirklich frei entscheiden dürfen; also ohne zusätzlich zur persönlichen Gewissens- und Ermessensentscheidung auch noch den Druck zu spüren, den einen, für die Gesellschaft (die scheinheiliger nicht sein könnte) akzeptablen Weg gehen zu müssen um nicht als herzlose Monster abgestempelt zu werden.

shark


Super Zusammenfassung. Respekt vor soviel Sensibilität und sachlicher Darlegung.
Ehrlich.

Leonie
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Marie18
Beitrag 19.Jul.2012 - 11:40
Beitrag #98


Satansbraten
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@ shark

Ja, mein Kaffee wirkt Wunder und ist mir heilig (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Was du angesprochen hast, mit der Zeitspanne so einer Beratung, ist mir während dem Schreiben des vorigen Beitrags auch schon aufgefallen.
So eine Beratung sollte natürlich sehr ausführlich und gründlich sein, aber wenn es sich zB über 4 Wochen hinzieht, ist das ja schon wieder ein Monat. Und das Kind ist dann einen Monat älter und, ja, ein kleines Kind eben.

Also für mich kommt so eine Untersuchung später mal oder gar eine Abtreibung nicht in Frage. Aber Frauen, mit diesen Gedanken daran, sollten es wohl wirklich frühst möglich machen. Auch wenn ich es nur sehr sehr begrenzt nachvollziehen kann, oder zulassen möchte. Aber, wie schon so oft erwähnt jetzt, ist das die Angelegenheit der jeweiligen Frau und nicht meine.

Hm ja, und Spätabtreibungen ist eben ein Thema, ein Gedanke, mit dem ich mich nicht anfreunden kann, in keinster Weise. Ich werde froh sein, wenn mein Kind mal gesund zur Welt kommt, und wenn das nicht der Fall ist, dann steht man das halt gemeinsam durch. Dann mag ich dem Kind trotzdem ein möglichst schönes Leben bereiten.

Der Beitrag wurde von Marie18 bearbeitet: 19.Jul.2012 - 20:28
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Marie18
Beitrag 19.Jul.2012 - 20:32
Beitrag #99


Satansbraten
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Hm (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

Was man schlecht machen könnte, ist Spätabtreibungen zu verbieten, oder? Auch wenn das ehrlich gesagt mein Wunsch wäre, wenn ich so direkt auf meinen Bauch höre (kein Wortspiel in diesem Zusammenhang beabsichtigt...)

Weil die Definition von "Spätabtreibung" ist ja ziemlich wage so wie ich das verstanden habe. Es gibt weder eine medizinische noch eine juristische.
Manchmal wird nach der 12. Schwangerschaftswoche davon gesprochen, manchmal erst viel später...
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Sägefisch
Beitrag 20.Jul.2012 - 06:25
Beitrag #100


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Ja Marie, dass DU das alles auf Dich nehmen würdest wissen wir ja nun. Das ist ehrenwert. Aber weisst Du was? Guck Dir doch mal eine der Einrichtungen an, wo schwerstbehinderte Kinder bettlägerig ihre fünf bis neun Lebensjahre verbringen. Ich glaube nämlich, dass Du hier ständig an Fernsehdownies denkst die die lachen, tanzen und ponyreiten.

Spätabtreibungen sind bitter, noch bitterer als frühe, aber sollten in bestimmten Fällen zur Verfügung stehen, und im Sinne der Einzelfallentscheidung ist auch die "vage Definition" sinnvoll. Es gibt schwere und unlösbare Dilemmata im menschlichen Leben, die sich der Idee von der "besten Lösung" einfach entziehen, da möchte ich nicht richten. Eher habe ich eine Art stillen Respekt für Menschen die solchen Dienst (das nenne ich bewusst so) auf sich nehmen, ohne zynisch zu werden (WENN sie nicht zynisch werden) - darunter auch Abtreibungsärzte. Im besseren, menschlicheren Falle hat sowas für mich schon fast religiöse Qualitäten, denn diese Menschen können sich nie wieder darauf zurückziehen, immer das ganz doll richtige erkannt, propagiert und getan zu haben, und sie leben jeden Tag damit. Dagegen ist unser Geschreibe und Gemeine hier ein Fliegenklecks. (Gegen die Aufopferung für ein behindertes Kind natürlich ebenfalls.)

Auch glaube ich nicht (mehr) daran, die Verantwortung voll auf den Gesetzgeber zu delegieren der alles heile zu machen hat; dieser kann nur den Rahmen abstecken, uns aber nicht befreien oder immer die richtige Gewichtung vorschreiben. Es liegt am einzelnen Menschen, ob leichtfertig oder hartherzig gehandelt wird. Wo letzteres der Fall ist, würde ein (Spät-)Abtreibungsverbot wohl eher die frühe Abgabe ins Heim nach sich ziehen als Läuterung. Ich sehe wenig Richtig oder Falsch in solchen Dingen, es ist einfach nacktes Leben und nicht schuldlos zu haben.

Ich las neulich einen Artikel einer betroffenen Mutter, leider auf ausländisch und zu lang um ihn mal eben zu übersetzen. Es ging dort um ein Stammgästezimmer im Krankenhaus, Duzfreundschaften mit den örtlichen Rettungssanitätern, um vernachlässigte Geschwisterkinder, um eine fast zerbrochene Ehe, um teure Zusatzhilfen, um Freundinnen aus der Selbsthilfegruppe deren Männer nach 5 Jahren dann doch "nicht mehr konnten", um völlig eingestelltes eigenes Leben. Und um die ehrliche Frage, ob die wenigen wirklich fröhlichen Tage ihrer Jüngsten das echt aufwiegen, oder die Familie nicht vielmehr bewusst auf jegliche Balance und "Angemessenheit" verzichten muss, statt sich einzureden es wäre jede Mühe wert. Der Titel lautete sinngemäss: Ich hab die Schnauze voll von nicht betroffenen Leuten und ihren ethischen Zuckungen.

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 20.Jul.2012 - 06:33
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