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Beitrag
#1
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Naschkatze ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 464 Userin seit: 06.05.2008 Userinnen-Nr.: 5.896 ![]() |
Nun ist es vier Tage her, dass der 17 jährige Tim K. in seiner damaligen Schule
und später auf der Flucht in dem Ort Wendlingen 15 Menschen und später sich selbst erschoss. Sein Motiv ist bis heute noch unklar. Viele Medien berichten über Depressionen die er hatte. Er wurde behandelt, so heißt es von einigen. Doch andere behauptet genau das Gegenteil. Nun kommt auch wieder die Kontroverse der sogenannten Schießspiele auf. Sind sie Schuld daran, dass aus virtueller Brutalität Wirklichkeit wurde? Oder kann man sein Vorgehen auf die Erziehung zurückführen? Was kann man tun, um ein nächstes Mal zu verhindern? Was meint ihr? Amoklauf von Winnenden und Wendlingen Liebe Grüße Phoenix |
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Beitrag
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Hallo, Phoenix,
ich denke, eine der grundsätzlich sinnvollen Massnahmen, um künftig zu verhindern, dass Jugendliche überhaupt an Schusswaffen gelangen können, wäre ein generelles Verbot, in Privathäusern Waffen und Munition aufzubewahren. Statt dessen sollten die Schützenvereine gezwungen sein, sichere Waffentresore und Munitionslager bereitzustellen, in welchen die Waffen der Mitglieder verwahrt werden. Eine Schusswaffenbesitzkarte zu bekommen, ist in den zurückliegenden Jahren für Privatpersonen immer schwieriger geworden - und das ist mE auch richtig so. Dass Waffen jedoch in Privathäusern unkontrolliert aufbewahrt werden dürfen, ist ein Unding. Kein Mensch braucht zuhause eine Pistole, einen Revolver oder ein Gewehr! Und das sage ich, obwohl ich selbst lange Jahre meines Lebens Grosskaliber geschossen habe und sich durchaus auch in unserem Haushalt zu dieser Zeit stets mehrere Schusswaffen befanden. Auch mein Vater hatte diese nicht ordnungsgemäss aufbewahrt (Munition und Schusswaffen sind getrennt voneinander sicher einzuschliessen); ein Revolver lag zum Beispiel immer geladen und ungesichert in seiner Nachttischschublade. Und ich weiss auch, dass viele unserer Kollegen und Kolleginnen im Verein ebenso fahrlässig mit ihren Handfeuerwaffen umgegangen sind. Das fand ich schon damals unglaublich. Herausgenommen wurden meine Waffen von mir immer nur zum Zweck der Reinigung. Und das hätte ich durchaus auch im Verein machen können. Also: Schusswaffen und Munition raus aus Privathaushalten - das zuallererst. Und wenn sich die Waffenlobby noch so sträubt. Da gehört ein Gesetz her und zwar schnell! Genauso wie ich der Ansicht bin, dass es grundsätzlich für die Aufnahme in einen Schützenverein eine Art "Wesenstest" geben müsste. Dieser bietet zwar - wie beim "Wesenstest" für Hunde - keine 100%ige Sicherheit, aber ich denke, ein paar gefährliche Feuerwaffenfreaks könnten so schon ausgesiebt werden. Und: Es sollte verboten sein, dass überhaupt ein minderjähriger Mensch eine Waffe in die Hand nimmt. Keine jugendlichen Mitglieder in Schützenvereinen also! Dass aber überhaupt ein junger Mensch (und meist sind das ja junge Männer) auf den Gedanken kommt, mit einer Schusswaffe loszuziehen und herumzuballern, liegt nicht an den Waffengesetzen dieses Landes. Ich habe die Idee, es könnte - gerade weil es so viele junge Männer sind, die zum Täter werden - mit daran liegen, dass diese Jungen nicht in der Lage sind, ihre Empfindungen zu äussern. Ein trauriges, einsames oder verzweifeltes Mädchen darf sich um Hilfe an einen anderen Menschen wenden - es wird geradezu gesellschaftlich erwartet, dass es das tut. Und es hat in weit mehr Fällen als das bei Jungen der Fall ist, auch eine Sprache dafür. Jungen hingegen sollen in vielen Familien, aber auch noch immer in Bezug auf ihre Funktion in der Gesellschaft, eher hart und stark sein - oder zumindest so tun. Und: sie haben oft keine Sprache für Gefühle, sind sprachlich viel häufiger insgesamt unterentwickelter als Mädchen. So ein "Indianer" sucht sich dann oft "starke" Vorbilder; und wenn er das nur tut, um seine eigene Schwäche mal ein bisschen zu vergessen. Alles das, was er nicht ist, von dem er aber denkt, dass er es sein sollte, findet er bei diesen mächtigen, männlichen Vorbildern. Er eifert ihnen vielleicht nach und will es ihnen gleichtun. Nun haben aber viele Kinder heute sowieso kaum "lebende" Vorbilder. Sie streben solchen Idolen nach, die entweder so weit von ihrer - zum Teil ja wirklich miesen - Lebenswirklichkeit entfernt sind, dass sämtliche Objektivität verloren geht (sogenannte "Stars") oder sie nehmen sich gleich völlig realitätsferne, ganz und gar künstliche Figuren zum Vorbild (Figuren aus Kampfspielen, Figuren aus Filmen etc.). Oft erlebe ich das schon bei kleinen Jungs. "Ich bin Elanus!", brüllt ein kleiner Bursche und schwingt einen riesigen Ast über dem Kopf - und ein Blick in seine Augen sagt deutlich, dass er wirklich Elanus "ist" in diesem Moment. Und Elanus zögert eben nicht, dem "Feind" eins überzuziehen. Auch wenn dieser "Feind" eigentlich ein Schulfreund ist, der gerade zufällig vorbeikommt. Oder auch schon bei diesen Pokemon-Sammelkarten... Da identifiziert sich ein 6-jähriger, kleiner Bursche so sehr mit seiner Lieblingsfigur, dass er seinen Kameraden mit der Faust ins Gesicht schlägt, weil der die Karte vorher absichtlich (und zum Zeichen seiner Geringschätzung für diese Figur) auf den Boden geworfen hat. Diese Kinder flüchten in Parallelwelten, in welchen sie nur ein Ziel haben: sich gross und mächtig, stark und unverwundbar zu fühlen. Die kleinen Buben, die mit solchen Dingen nicht so viel anfangen können, für die ein Computerspiel (auch ein "Kampfspiel") nur EINE unter vielen Spielmöglichkeiten ist, sind meist diejenigen, deren Eltern von Anfang an keine "Indianer" aus ihnen machen wollten, sondern sich auf die Persönlichkeit ihres Kindes eingelassen und seiner Entwicklung Raum gegeben haben. Diese Kinder können auch viel besser artikulieren, was sie stört, ihnen wehtut oder was sie unglücklich macht. Sie haben die "Vokabeln" dafür gelernt, sind durch sie verstanden worden und haben den Nutzen der Sprache in der Kommunikation erkannt. Nur: die gelten unter den anderen Buben oft nicht als "richtige Jungs"... "Kampfspiele" an sich sind mE nicht gefährlich - gefährlich sind die Umstände, die Kinder und Jugendliche dazu treiben, sich vollkommen in deren Universum einzurichten, anstatt im realen Leben ihren Platz zu finden. Kinder, die nur oder fast ausschliesslich Eigenwahrnehmungen in einer virtuellen Welt machen können, erlangen ein völlig falsches Selbstbild und bleiben dauerhaft der Realität unterlegen. Es wird Zeit, dass unsere Gesellschaft einen klassisch feministischen Gedanken wirklich aufgreift und in der Erziehung und Begleitung von Kindern umsetzt - nämlich den, dass wir alle Menschen - und nicht zuerst mal Mädchen und Jungs, Frauen und Männer - sind. Und dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, Gefühle zu zeigen und darin bestärkt und dafür anerkannt zu werden. Auch Jungs. Und zwar bevor sie zur Waffe greifen. shark edit: Interessant ist, was die Neurowissenschaften zum Thema "Kinder und virtuelle Welten" herausgefunden haben. Es gibt Hirnareale (z.B. der dorsale Frontalkortex), die recht spät im Leben eines Menschen reifen (erst ab ca. 17 Jahren) und damit auch erst spät als Kontrollinstanz funktionieren. Da erklärt es sich von selbst, dass dauerhafter "aufenthalt" in "virtuellen Realitäten" am Computer Kindern Situationen aussetzt, welchen sie entwicklungsbedingt noch längst nicht gewachsen sind und die sie von der Realität nicht unterscheiden können. Und dass es schwerwiegende Folgen für deren Selbstwahrnehmung haben wird, wenn sie kein Gegengewicht in der realen Welt finden können. Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 15.Mar.2009 - 16:37 |
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Beitrag
#3
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Fürstin Pückler ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 226 Userin seit: 26.09.2004 Userinnen-Nr.: 447 ![]() |
QUOTE Es wird Zeit, dass unsere Gesellschaft einen klassisch feministischen Gedanken wirklich aufgreift und in der Erziehung und Begleitung von Kindern umsetzt - nämlich den, dass wir alle Menschen - und nicht zuerst mal Mädchen und Jungs, Frauen und Männer - sind. Und dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, Gefühle zu zeigen und darin bestärkt und dafür anerkannt zu werden. Auch Jungs. (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif) da kann ich nur zustimmen! ich denke auch, dass dies das eigentliche problem ist... und ich finde es ziemlich bedenklich, dass dies in der öffentlichkeit/den medien niemals angesprochen wird. im gegenteil: es wird meistens behauptet die amokläufer der letzten jahre hätten keinerlei gemeinsamkeiten (was offensichtlich falsch ist, denn sie sind alle männlich). unglaublich finde ich auch, dass niemals thematisiert wird, dass in winnenden fast nur frauen zu den opfern zählen! hätte der täter fast ausschließlich kinder mit migrationshintergrund ermordet, dann wäre hundertprozentig ein fremdenfeindliches motiv in den medien diskutiert worden. ich habe jedoch nur einmal die frage an einen psychologen gehört: könnte das motiv frauenhass gewesen sein? und dieser (wohlgemerkt) mann antwortete allen ernstes: "es wäre falsch solche schlüsse zu ziehen. der grund dafür, dass größtenteils frauen erschossen wurden läge vermutlich daran, dass die jungen, als der bursche mit der waffe reinkam, geistesgegenwärtig unter den tisch gesprungen wären und die mädchen vor schreck erstarrt sind... " (IMG:style_emoticons/default/wacko.gif) |
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#4
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Geschirrspülerin ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9 Userin seit: 13.03.2009 Userinnen-Nr.: 6.622 ![]() |
Es wird Zeit, dass unsere Gesellschaft einen klassisch feministischen Gedanken wirklich aufgreift und in der Erziehung und Begleitung von Kindern umsetzt - nämlich den, dass wir alle Menschen - und nicht zuerst mal Mädchen und Jungs, Frauen und Männer - sind. Und dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, Gefühle zu zeigen und darin bestärkt und dafür anerkannt zu werden. Auch Jungs. Ich will da auch zustimmen - unter der Voraussetzung das beim "Gefühle zeigen" alle Gefühle gemeint sind. In meiner Schulzeit habe ich die Erfahrung gemacht das gerade ein von feministischem Gedankengut durchdrungener Lehrkörper Gefühle wie Wut oder Agression scharf sanktioniert. "Wir haben und alle ganz doll lieb" und dem ausschließlichen Zulassen von positiven Gefühlen führt nur dazu das aufgestaute Wut im inneren schlummert und dann vielleicht irgendwann massiv ausbricht. |
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#5
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Das ist ein ganz wichtiger Punkt! Und selbstverständlich waren mit "Gefühle" auch jene mitgemeint, die nicht angenehm sind. (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)
Gruss shark |
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Beitrag
#6
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Naschkatze ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 464 Userin seit: 06.05.2008 Userinnen-Nr.: 5.896 ![]() |
Hallo shark,
ZITAT ein generelles Verbot, in Privathäusern Waffen und Munition aufzubewahren. Statt dessen sollten die Schützenvereine gezwungen sein, sichere Waffentresore und Munitionslager bereitzustellen, in welchen die Waffen der Mitglieder verwahrt werden. Da stimme ich dir voll und ganz zu!(Fast) Überflüssig finde das derzeitige Gesetz, Waffe und Munition getrennt voneinander aufzubewahren. Schusswaffen und Munition haben gar nichts im Haushalt zu tun! Besonders nicht, wenn es Kinder im Haus gibt! ZITAT Und ich weiss auch, dass viele unserer Kollegen und Kolleginnen im Verein ebenso fahrlässig mit ihren Handfeuerwaffen umgegangen sind. Gerade Leute, die sich in dem Bereich auskennen, sollten doch die Fähigkeit besitzen, klar zu denken und ordnungsgemäß handeln! ZITAT Genauso wie ich der Ansicht bin, dass es grundsätzlich für die Aufnahme in einen Schützenverein eine Art "Wesenstest" geben müsste. Dieser bietet zwar - wie beim "Wesenstest" für Hunde - keine 100%ige Sicherheit, aber ich denke, ein paar gefährliche Feuerwaffenfreaks könnten so schon ausgesiebt werden. Das finde ich eine klasse Idee! So kann man schon mal ein paar der "Gefährlichen" aussieben. ZITAT Keine jugendlichen Mitglieder in Schützenvereinen also! Man sollte es erst ab 21 Jahren dürfen! ZITAT Jungen hingegen sollen in vielen Familien, aber auch noch immer in Bezug auf ihre Funktion in der Gesellschaft, eher hart und stark sein - oder zumindest so tun. Und: sie haben oft keine Sprache für Gefühle, sind sprachlich viel häufiger insgesamt unterentwickelter als Mädchen .Aber ich beobachte immer häufiger, wie sich männliche Jugendliche vom äußeren Erscheinungsbild her, auf die feminine Seite schlagen. Meint ihr das ist ein Anfang? Denn irgendwoher muss es ja kommen, oder? Das Äußere zeigt doch meist auch das Innere, oder irre ich? ZITAT Nun haben aber viele Kinder heute sowieso kaum "lebende" Vorbilder. Dann sollte man sich aber mal fregen warum. Warum haben sie keine realen Vorbilder mehr? ZITAT Es wird Zeit, dass unsere Gesellschaft einen klassisch feministischen Gedanken wirklich aufgreift und in der Erziehung und Begleitung von Kindern umsetzt - nämlich den, dass wir alle Menschen - und nicht zuerst mal Mädchen und Jungs, Frauen und Männer - sind. Und dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, Gefühle zu zeigen und darin bestärkt und dafür anerkannt zu werden. Auch Jungs. Und zwar bevor sie zur Waffe greifen. Super! (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif) |
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Einen wichtigen Aspekt habe ich noch zu erwähnen vergessen:
ich bin dafür, dass Repliken von Schusswaffen verboten werden. Viele Handfeuerwaffenmodelle werden als Replika hergestellt und als "Soft-Air"-Waffen verkauft. Einige davon dürfen aktuell schon von 3-Jährigen verwendet werden. Erstens sind "Soft-Air" unter bestimmten Umständen auch schon gefährlich und zweitens - und das ist noch viel gefährlicher - gewöhnen sich die Kids an diese Nachbildungen, die perfekt und originalgetreu gestaltet sind, auf eine Weise, die es einigen unmöglich macht, noch selbst einen Unterschied zu empfinden zwischen der Replik und der scharfen Originalwaffe. Sie haben dann keine Scheu mehr, auch mit dem Original zu schiessen, verlieren die Gefährlichkeit der Waffe aus den Augen. Deshalb: Schusswaffen-Repliken sollten verboten werden! shark |
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Geschirrspülerin ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9 Userin seit: 13.03.2009 Userinnen-Nr.: 6.622 ![]() |
Meiner Ansicht nach ist ein Verbot Waffen und Munition in Privathäusern zu lagern nur ein erster Schritt. Ich sehe überhaupt gar keinen Grund warum es erlaubt bleiben sollte mit großkalibrigen Waffen herumzuballern. Da sollte sich die Politik ein Beispiel an Großbritannien nehmen wo Kurzwaffen in Privathand generell verboten sind. Mir ist auch kein einziger Fall eines Amoklaufs gegenwärtig der mit einer illegal erworbenen Waffe verübt wurde.
Wer glaubt das es außer dem nicht zugänglich machen von Waffen noch andere Patentrezepte gibt soche Taten zu verhindern irrt meiner Ansicht nach. Da die Motivationslage von Tim K. völlig im Dunklen liegt und sicher auch nie aufgeklärt wird, ist der Aktionismus vieler Politiker einfach grotesk. Beispiel "Killerspiele": Mit dem gleichen Recht wie manche Leute behaupten Computerspiele seien Auslöser für Amokläufe kann auch behauptet werden die Täter hätten einfach zu wenig gespielt. Eine Stunde pro Tag länger am PC balleren und alle aufgestauten Aggressionen wären abgebaut. Was es tatsächlich für Tatmotive gibt läßt sich im übrigen an diesem Beispiel nachlesen. Wer weiß in welch krankhaftem Wahn sich Tim K. befunden hat. |
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#9
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mensch. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 6.514 Userin seit: 29.03.2006 Userinnen-Nr.: 2.777 ![]() |
Ich frage mich gerade, ob der Aufwand für die sicherere Verwahrung von Waffen nicht besser (oder zuerst einmal) in die Unterstützung ("Ausbildung") von Eltern, die Entlastung von Pädagogen, die Verkleinerung von Klassengrößen und ein besseres Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche investiert werden könnte. Und sollte.
Das Pferd von hinten aufzuzäumen und sich nicht (genug) darum zu kümmern, dass einige Jugendliche nicht unbemerkt "hinten runter fallen" sondern stattdessen jenen Jugendlichen den Zugang zu Waffen nur zu erschweren scheint mir - das verdeutlicht auch meine Wortwahl - am falschen Ende angefangen. Prävention verstehe ich anders. Wie bei der Diskussion um alkoholisierte 13-Jährige finde ich, das die Gesetze derzeit ganz gut sind, nur die Durchführung ist grottig. Unsere Durchführung. Das Gesetz "Waffen nur noch in Schützenvereinen und Jägerhütten lagern" löst nicht die verzweifelte Lage einiger Jugendlicher. Wäre uns (als Gesellschaft, als Nicht-direkt-in-Winnenden-Betroffenen) geholfen, wenn sie sich einfach "nur noch" selbst umbrächten? Die besseren oder behüteteren Waffenschränke mögen eine kurzzeitige Entlastung schaffen, um der wirklich prekären Lage mancher, vielleicht sogar vieler Jugendlicher in ihrem eigenen Leben Veränderungen angedeihen lassen zu können. Das muss dann aber auch passieren. Es darf nicht dabei bleiben. Und schon gar nicht darf es eine Ausweichdiskussion werden, wie sie mir derzeit in den Medien und in politischen Kreisen allerdings zu herrschen scheint. Findet, mit viel Abstand: McLeod |
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Beitrag
#10
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Na, das ist ja, was ich sage.
Natürlich brauchen Kinder vor allem wesentlich kompetentere Eltern, als sie die vielfach haben. Und sie brauchen Perspektiven, Freiräume und Angebote zur Freizeitgestaltung. LehrerInnen, die nicht nur Wissen in Köpfe stopfen wollen. Kleinere Schulklassen. Haustiere. Gesundes Essen. Musikinstrumente. Bäume. Das alles ist keine Frage. Und auch ist es nicht neu, dass noch lange nicht genug (bzw. "das Richtige") für Kinder und Jugendliche getan wird. Und dass das nicht so bleiben kann. Und zwar nicht nur wegen Amoklauf-Gefahr. Trotzdem bin ich der Ansicht, dass (und so ein Riesenaufwand wäre das gar nicht) Waffen aus privaten Haushalten heraus müssen, Minderjährige in Schützenvereinen nix verloren haben und überhaupt jeder Mensch, der Sportschütze werden will, einen Eignungstest machen müssen sollte. Da es utopisch ist, zu denken, dass auch bei allerbester Betreuung und Erziehung unserer Kinder (von der wir wissen, dass allzu viele sie nicht haben), niemals mehr jemand sich veranlasst fühlen könnte, durchzudrehen, ist es einfach sinnvoll, solche Menschen nicht an Waffen herankommen zu lassen. Nein, uns wäre als Gesellschaft nicht wirklich geholfen, brächten solche Jugendliche "nur" noch sich selbst ums Leben - aber es ist durchaus von Bedeutung, ob zusätzlich noch 5 oder 20 oder 30 - oder wieviele auch immer - Menschen sterben müssen, weil einer - warum auch immer - durchgedreht ist und an Schusswaffen gelangen konnte. shark Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 17.Mar.2009 - 13:50
Bearbeitungsgrund: Satz verlängert.
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Beitrag
#11
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Freies Vögelchen ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9.416 Userin seit: 24.08.2004 Userinnen-Nr.: 14 ![]() |
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Freies Vögelchen ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9.416 Userin seit: 24.08.2004 Userinnen-Nr.: 14 ![]() |
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Beitrag
#13
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Blau, weil Ströse. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 19.970 Userin seit: 06.08.2006 Userinnen-Nr.: 3.348 ![]() |
Danke für die beiden Links, Rafaella! (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)
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Beitrag
#14
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Bei beiden Artikeln habe ich (ebenso wie bei den kommentierten Erklärungmustern, die Herr Lenzen anbietet) ein Problem.
Es besteht in dem Gefühl, dass sie einen singulären Unglücksfall paradigmatisch vereinnahmen. Die allgemeine Aufmerksamkeit, die hilflose Empörung und der unbedingte Wunsch, etwas zu tun, werden mit rhetorischen Mitteln in das persönlich favorisierte Denkmuster gelenkt, ohne die behaupteten Zusammenhänge zu belegen und den eigenen Blickwinkel zu hinterfragen. Ist es - wenn es der eigenen guten Sache dient - plötzlich erlaubt, sich argumentativ auf den ausufernden Bildzeitungs-Journalismus zu stützen? Fetzen aus manipulierten und aufgeblähten Interwievs wie unumstößliche Wahrheiten zu zitieren und soger die stimmungsaufheizenden Schlagworte zu übernehmen? Finde ich nicht. Ich kann nachvollziehen, dass und wie sich für Frau Schwarzer die Ereignisse in Winnenden in die feministische Dialektik von Männergewalt und Frauenunterdrückung einfügen. Doch sie überzeugt mich nicht. Ich halte noch immer den (in diesem Fall sicher zynisch banalen) Zufall für ausschlaggebend, dass die Tür in dieser Klasse hinten war, in der letzten Reihe Mädchen saßen und der Amokläufer zielte, wie es in Ballerspielen angelegt ist. Natürlich weiß ich genausowenig wie Frau Schwarzer (oder sonst irgendwer), was T. K. gedacht, gefühlt und motiviert hat. Und ich komme auch zu denselben Forderungen: Mehr Aufmerksamkeit für Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft, mehr Unterstützung für Schulen und Lehrende, mehr "echte" Freizeitangebote, weniger virtuelle Parallelwelten und ein grundsätzliches Verbot von "Sport"-Waffen*. Trotzdem sieht meine "Weltsicht" anders aus. Mir erscheint die überwiegende Mehrheit männlicher 17-jähriger verunsichert - vor allem und gerade auch im Umgang mit Frauen und Mädchen (und das war vor 20 Jahren nicht anders). Ich glaube auch, dass das, was wir heute mit "Depressionen" beschreiben, die meisten Menschen in irgendeiner Phase ihres Lebens (einige leider auch chronisch oder beständig wiederkehrend) durchleiden; es sich demnach um ein ausgesprochen verbreitetes Merkmal handelt. Desweiteren kenne ich persönlich keinen einzigen Menschen, die/der ohne Versagensängste, unterdrückte Aggressionen, aufgestaute Wut und Frustration erwachsen geworden ist. Das ist schrecklich traurig und auch ich hege ein großes Bedürfnis dies zu ändern. Trotzdem laufen wir alle nicht Amok. Die überragende Mehrheit verunsicherter, überforderter, verkannter, vernachlässigter, irgendwo ausgegrenzter und irgendwie gestörter Menschen rennt NICHT in Schulen schießt dort mit scharfer Munition um sich. Mir erscheint es allerdings plausibel, Amokläufe an Schulen als eine bestimmte Form von Selbstmordattentat zu verstehen. Daraus folgt die Einsicht, dass wir als Gemeinschaft nicht in der Lage sind, zuverlässig zu verhindern, dass ein subjektiv empfundenes Unrecht als Rechtfertigung für einen derartigen Gewaltakt missbraucht wird. Ebenso können wir nicht verhindern, dass Menschen Frustrationen, Niederlagen und negative Gefühle mit Omnipotenzphantasien kompensieren. Wir könnten aber sehr wohl verhindern, dass Kinder mit Waffen aufwachsen. Und wir könnten verhindern, dass Attentate und Attentäter durch die Medien mythologisiert werden und so Nachahmer insprieren. Wir könnten uns dem Wunsch der Attentäter nach Aufmerksamkeit und Ruhm verweigern, indem wir ihre Namen, ihre Gesichter, ihre Geschichten von unseren Titelseiten verbannen und statt den Tätern den Opfern ein Gesicht geben. Ihre Geschichte erzählen. An ihrem Schicksal Anteil nehmen. Ich bin fest davon überzeugt (und darin sicher ebenso ideologisch wie Schwarzer und Buurmann), dass Selbstmordattentäter nicht die Personen, die Menschen, die Persönlichkeiten und Namen derer vor Augen haben, deren Leben sie auslöschen. In Deutschland wurde viel darüber nachgedacht, wie es dazu kommen konnte, dass unser Volk einen Genozid zuließ, woran es lag, dass Einzelne widerstanden während sich Andere beteiligten, miteiferten oder die Augen verschlossen. Ich glaube, dass sich ein Schlüssel zum Verständnis in der "Entpersonalisierung" der Opfer findet. In der systematischen Verhinderung und Vermeidung von Empathie. Darum würde ich mir wünschen, dass sich die Öffentlichkeit mit den getöteten Mädchen in der letzten Reihe beschäftigt, den Lehrerinnen, den Passanten, ihren Familien, den Menschen, die unmittelbar daneben standen, nicht getroffen wurden und nun damit leben müssen, den Eltern, die nun Angst haben, ihre Kinder in die Schule zu schicken und den Lehrenden, die weiterhin vor großen Klassen stehen, in denen Einzelne vielfach untergehen. * Zum Thema "Waffen" möchte ich Shark Punkt für Punkt zustimmen und hätte auch nichts gegen die allgemeine Abschaffung von professionellen, mechanischen Tötungsinstrumenten einzuwenden - beim Militär, der Polizei, der Land- und Forstwirtschaft etc. Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 18.Mar.2009 - 11:18 |
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Beitrag
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Geschirrspülerin ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9 Userin seit: 13.03.2009 Userinnen-Nr.: 6.622 ![]() |
Zu den den Artikeln von Schwarzer und Pusch: Das der Täter gezielt Frauen und Mädchen erschoßen hat ist ja eindeutig, doch was fangen wir mit der Erkenntis an? Selbst wenn ein "Ich hasse alle Frauen" Abschiedsbrief vorliegen würde, was würde es ändern? Könnten sich dann alle mit einem "AH!" Ausruf zurücklehnen?
Da aber alles was zur möglichen Motivation geäußerd wird pure Spekulation ist erscheint mir die ganze öffentliche Motiv-Diskussion darauf ausgelegt das eigene Feindbild zu pflegen und zu untermauern. Die Männer sind Schuld, die Computerspielindustrie, die Waffenbesitzer, die Politik, die unaufmerksamen Lehrer, etc.pp. Wirklich Substanzielles habe ich zu der ganzen Tat bisher weder gehört noch gelesen. Nachtrag: Den Beitrag von DerTagAmMeer habe ich erst gelesen als ich meinen Beitrag schon abgeschickt hatte. Deshalb muß ich mich korregieren: Mein Schlußsatz stimmt nun nicht mehr, denn was DerTagAmMeer hier geschrieben hat ist SEHR Substanziell (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif) Der Beitrag wurde von mosetsana bearbeitet: 18.Mar.2009 - 11:41 |
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Beitrag
#16
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Dreht manchmal durch... ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 3.965 Userin seit: 30.10.2004 Userinnen-Nr.: 685 ![]() |
Wenn eine solch unbegreifliche Tat geschieht, ist es nur menschlich, Antworten auf das Warum, zu suchen. Und wer suchet der findet. Rassismus, Fremden- oder Frauenhass, Computerspiele, P*rnographie, Waffenliebhaberei etc. Eine Antwort fällt relativ leicht.
Aber genau das stört irgendwie an der ganzen Sache. Denn Tim wird nicht der einzige Jugendliche in Deutschland sein, dem es so oder ähnlich geht. Doch nicht alle laufen Amok. Meiner Ansicht nach ist es auch der Familie gegenüber nicht fair, derartige Spekulationen zu veröffentlichen. Denn dadurch wird ihnen doch eine Mitschuld zugeschoben. *Ironieschalter an* Sie haben all das so offensichtliche nicht gesehen! Was sind das nur für Eltern? *Ironieschalter aus* Wenn ich aber an meine Familie denke, dann muss ich sagen, dass ich nicht immer weiß, was in deren Köpfen vor sich geht. Auch ich werde immer wieder mit Dingen überrascht, die ich nicht für möglich gehalten habe. Und ich bin froh und dankbar, dass diese Dinge meist positiv sind, oder aber keine negativen Konsequenzen für sie oder andere nach sich ziehen. Und ich bin sicher, das es den meisten Menschen ähnlich geht. Natürlich stellt sich den Familien der Opfer, den Opfern die überlebt haben (und damit meine ich alle die anwesend waren), der Familie von Tim und sicher auch den Helfern vor Ort, die Frage nach dem Warum. Doch es ist nicht Aufgabe der Medien oder diverser Feministinnen, diese Frage zu beantworten. Dafür gibt es Speziallisten, die erst mal in Ruhe ihre Arbeit machen sollten. Für die Medien ist es ein dankbares Thema. Sie haben tagelang Titelseiten und Sendezeiten füllen können. Dass sie dabei Nachahmungstäter auf den Plan rufen, ist nebensächlich. Soweit ich weiß (und ich lasse mich hier gerne korrigieren) berichten die Medien z. B. nicht, oder nur am Rande, über Suizide, weil befürchtet wird, dass andere Menschen dem folgen könnten. Hier gibt es wohl einen gewissen Kodex, an den sich die Medien halten. Warum aber nicht nach einer solchen Tat? Warum ist es so wahnsinnig wichtig, schon ein paar Stunden nach einer solchen Tat, die ganze Menschheit wissen zu lassen, wie viele Mädchen und Jungen unter den Opfern waren? Warum ist es so wahnsinnig wichtig, schon kurze Zeit später alle Welt wissen zu lassen, dass der Vater in einem Schützenverein war? Warum muss die ganze Welt innerhalb kürzester Zeit über alles informiert werden? ... Dem Täter wird vorgeworfen unmenschlich gehandelt zu haben, keine Emotionale Intelligenz bessesen zu haben und von Empathie noch nie etwas gehört zu haben. Sollten sich in der Beziehung unsere Journalisten nicht mal an die eigene Nase fassen? Ein nachdenkliches Schräubchen |
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Beitrag
#17
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Bei beiden Artikeln habe ich (ebenso wie bei den kommentierten Erklärungmustern, die Herr Lenzen anbietet) ein Problem. Es besteht in dem Gefühl, dass sie einen singulären Unglücksfall paradigmatisch vereinnahmen. Die allgemeine Aufmerksamkeit, die hilflose Empörung und der unbedingte Wunsch, etwas zu tun, werden mit rhetorischen Mitteln in das persönlich favorisierte Denkmuster gelenkt, ohne die behaupteten Zusammenhänge zu belegen und den eigenen Blickwinkel zu hinterfragen. Ist es - wenn es der eigenen guten Sache dient - plötzlich erlaubt, sich argumentativ auf den ausufernden Bildzeitungs-Journalismus zu stützen? Fetzen aus manipulierten und aufgeblähten Interwievs wie unumstößliche Wahrheiten zu zitieren und soger die stimmungsaufheizenden Schlagworte zu übernehmen? Finde ich nicht. Finde ich auch nicht. Und genau deshalb kommen für mich auch vorausgreifende und hypothetische Gedankenansätze in Bezug auf den angeblichen Frauenhass Kretschmers nicht in Betracht bei meinen Ueberlegugen zum Thema. Ich weiss nicht, ob Kretschmer absichtlich vor allem Mädchen hingerichtet hat oder ob er seinen Schiesskünsten doch nicht recht traute und deshalb auf jene SchülerInnen schoss, die ihm räumlich am nächsten waren. Das Einzige, was ich, und das ist auch ein eher "objektiv" beurteilbarer Faktor, mit hineinnehmen kann in meine Ueberlegungen, ist, dass alle "Amokläufer" der letzten Jahre (und - das weiss ich aber nicht, kann es mir jedoch durchaus vorstellen - vermutlich auch vieler Jahre zuvor) männlichen Geschlechts waren - weltweit. Und da finde ich es auch legitim, zu fragen, ob das reiner Zufall ist. Addiere ich zu diesen katastrophalen Geschehnissen auch noch das Verhalten vieler junger Männer und männlicher Kinder, die ich beruflich und im Alltag erlebe, so entsteht ein Bild von einer Entwicklung, die offenbar Jungen auf besondere Weise herausfallen lässt aus dem, was wir "gelungene Sozialisation" nennen - und der bis dahin mögliche Zufall wird sehr unwahrscheinlich. So stelle ich mir die Frage, weshalb das so ist oder sein könnte. Weiter oben habe ich ja bereits Stellung genommen zu Ursachen, die mir dazu ins Auge fallen. Die Frage ist nun, wo genau das "Versagen" in Bezug auf Jungen beginnt und an welcher Stelle dem entgegengesteuert werden könnte. Ich erlebe in meiner Arbeit ja nicht nur die Kinder und Jugendlichen, sondern auch die Eltern. Und gerade bei diesen fällt mir auf, dass sie, haben sie Söhne, viel häufiger als "Mädchen-Eltern", extrem unsicher sind in Bezug auf Erziehungsziele, die Förderung bestimmter Eigenschaft und eigener Anforderungen sind. Natürlich gibt es eine Menge Eltern von Jungen, die ganz klar an der Entwicklung empathischer Fähigkeiten bei ihren Kindern interessiert sind, ihre Buben zum Beispiel darin unterstützen, Schwierigkeiten nicht "mit der Faust" aus dem Weg zu räumen, die viel sprechen mit ihren Kindern und sie wahrnehmen in ihren ganz individuellen Bedürfnissen und Befähigungen. Ebenso wie es Mütter und Väter von Mädchen gibt, die mit ihren Kindern wenig sprechen, deren Entwicklung nicht aufmerksam begleiten und deren Bedarf an Förderung und Erziehung nicht wahrnehmen. Aber: Ueberdurchschnittlich häufig lassen Jungs-Eltern ihren Kindern freien Lauf beim rein körperlichen "Lösen" von Konflikten, halten das einfach für "jungenhaft", sprechen nicht mit ihren Kindern über andere Möglichkeiten, sind selbst kein gutes Vorbild, lassen Emotionen ausser acht ("Mensch, Du bist doch ein grosser Bub! Wehr Dich halt mal! Dazu hast Du doch Fäuste! Du bist doch stark!" oder "Komm, stell Dich nicht so an - grosse Jungs heulen doch nicht wegen jedem Mist!"). Viele, weil sie einfach überfordert sind und nicht wissen, wie sie es anders handhaben sollten. Andere, weil sie es genau richtig finden, wenn Jungs sich so verhalten. Und es ist auch nicht nur die tolerierte bis geradezu geförderte körperliche Gewalt - auch bei Dingen wie "Teller und Tasse wegräumen", "Boden fegen" etc. sind viele Eltern von Jungs noch immer der Meinung, das sei rein "genetisch", dass diese das nicht machen wollen und sprechen mal mit stolzgeschwellter Brust, mal achselzuckend und zwinkernd von ihrem kleinen "Macho". Und andere Eltern sind ganz unsicher und wissen nicht recht, was sie mit ihrem Söhnchen anfangen sollen - ein Macho soll er ja nicht werden, aber ein Softie halt auch nicht - sonst gilt er ja nix in der Gesellschaft... Immer mehr Mädchen-Eltern finden es toll, wenn die Tochter den ganzen Morgen an der Werkbank an ihrem Bilderrahmen gesägt hat, am liebsten durch Pfützen hopst und Regenwürmer isst. Aber anstatt das alles als urpersönliche Vorlieben und für dieses Kind mit seiner Persönlichkeit "passende" Verhaltensweisen anzunehmen, höre ich noch immer oft ein stolzes: "Naja, an Luna ist halt ein kleiner Bub verloren gegangen..." oder andersrum auch so was wie: "Die Anna war noch nie ein richtiges Mädchen... Und ich würd ihr doch so gerne mal ein rosa Röckchen anziehen, aber die macht ja alles kaputt..." Auch hier also klassifizieren Eltern ihre Kinder nach Junge/Mädchen, anstatt sie als Menschen mit eigenen Persönlichkeiten wahrzunehmen. Und später, wenn diese Kinder dann im Schulalter sind und allmählich Jugendliche werden, bricht der Kontakt zwischen Eltern und Kindern oft geradezu ab. Mehr noch als Mädchen, die ja meist doch gelernt haben, zu diskutieren, was ihnen nicht passt oder die wenigstens enge Beziehungen zu Freundinnen haben, mit welchen sie dann gemeinsam weinen oder klagen können, bleiben Jungen ganz allein mit ihren widerstreitenden Gefühlen. Die waren nie erwünscht und sind es auch jetzt nicht. Den Eltern werden ihre Kinder immer fremder, die Kinder behalten immer mehr für sich - und sind gänzlich überfordert damit, eine Brücke zu finden, über die sie als Menschen Zugang zum Leben, zu Anderen, zur Zukunft finden könnten. In der Schule finden sie entweder Lehrerinnen (viel mehr als Lehrer), die ihnen als Bezugspersonen aufgrund ihres "Frau-Seins" nicht taugen oder Lehrer, die uninteressiert sind am Seelenleben ihrer SchülerInnen (die haben es ja auch so gelernt...) - also auch keine Ansprechpartner. Vielen Eltern ist es nachgerade angenehm, wenn der Herr Sohn dann zuhause in seinem Zimmer vor dem Rechner sitzt und wasauchimmer spielt. Immerhin geht er nicht saufen oder kiffen oder klauen... Und sie lassen ihn - wie sie denken - gewähren, in Wahrheit lassen sie ihn aber einfach allein. Nun ist es von "aussen" oft mehr als schwierig, Menschen, die Kinder haben, zu "Eltern" zu machen. Denn Erziehung ist ja Privatsache... Und einen "Elternführerschein" gibt es nicht. Also müssten die anderen Menschen, die täglich Kontakt mit Jugendlichen haben, sich ihrer annehmen. Und wer sind diese Menschen? Die Lehrerinnen und Lehrer. Aber können (und wollen) die das leisten? ich sage: Nein, das wollen längst nicht alle. Und die, die es wollen, können oft nicht. Denn ihre vordringliche Aufgabe ist es, Wissen in die Köpfe der Kids zu stopfen, sie durch das nächste Schuljahr zu bringen, den Lehrplan einzuhalten - und oft auch das schon unter ausgesprochen schwierigen Umständen. Die Pseudo-KlassenleiterInnen-Stunde pro Woche würde für diesen zusätzlichen Anspruch nämlich nie und nimmer ausreichen. So bleibt - auch für die Lehrkräfte - nur unbefriedigendes Stückwerk, was eigentlich Aufgabe der gesamten Gesellschaft sein müsste. Und deshalb sehe ich nur einen Weg hinaus aus diesem Dilemma: Eine komplette Umstrukturierung unseres Schulsystems, gekoppelt an Anstrengungen, Eltern bei ihrer Aufgabe als Erziehende wirklich zur Seite zu stehen (anstatt sie allein zulassen oder zu bevormunden). Jedoch: WIE genau das aussehen sollte, kann ich mir - jedenfalls realistisch - auch nicht wirklich vorstellen. Dürfte ich "wünschen", so wünschte ich mir eine gemeinsame Beschulung aller Kinder und Jugendlichen bis Ende Klasse 10. Von der ersten Klasse an Ethikunterricht für alle - zur Entwicklung und Förderung eines sozialen Menschenbildes anstatt eines Frauen- und eines Männerbildes). Theaterunterricht als Pflichtfach. Wesentlich mehr eingeplante (und auch nicht wegstreichbare) Zeit für zwischenmenschlichen Kontakt zwischen Lehrkörper und SchülerInnen. Viel mehr männliche Lehrkräfte (nicht nur in Mathe und Sport) auch und besonders schon an Grundschulen (wie auch schon vorher im Kindergarten viel mehr Erzieher zu finden sein müssten). Besondere, auch pädagogische, Unterstützung alleinerziehender Mütter (und Väter, aber die sind ja immer noch die Ausnahme). Kostenfreie Freizeitangebote. Verpflichtend Beteiligung an sozialen Projekten. Wertschätzung und Zensuren (denn ich fürchte, die lassen sich nicht abschaffen) auch für Befähigungen im zwischenmenschlichen Bereich. Ja, wenn all das sich machen liesse... ... auf der Basis eines Menschenbildes, das möglich macht, dass weder Mädchen noch Jungen auf ihr Geschlecht reduziert werden, dann wäre das ein mE guter Weg. Geseufzte Grüsse shark Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Mar.2009 - 15:36 |
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Geschirrspülerin ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9 Userin seit: 13.03.2009 Userinnen-Nr.: 6.622 ![]() |
Meiner Ansicht nach ist es auch der Familie gegenüber nicht fair, derartige Spekulationen zu veröffentlichen. Denn dadurch wird ihnen doch eine Mitschuld zugeschoben. *Ironieschalter an* Sie haben all das so offensichtliche nicht gesehen! Was sind das nur für Eltern? *Ironieschalter aus* Wenn ich aber an meine Familie denke, dann muss ich sagen, dass ich nicht immer weiß, was in deren Köpfen vor sich geht. Auch ich werde immer wieder mit Dingen überrascht, die ich nicht für möglich gehalten habe. Und ich bin froh und dankbar, dass diese Dinge meist positiv sind, oder aber keine negativen Konsequenzen für sie oder andere nach sich ziehen. Und ich bin sicher, das es den meisten Menschen ähnlich geht. Läßt sich denn überhaupt so etwas sehen? Läßt sich wirklich erkennen in welch fataler Weise sich jemand entwickelt? Ich behaupte einfach mal nein, nicht von den Eltern, den Lehreren, ja nicht einmal von Fachleuten. Würde ich bei mir sich steigernde Gewaltphantsien entdecken, ich denke nicht das ich mich offenbaren und in Behandlung begeben würde. Zu Abschreckend wäre die Furcht auf unabsehbare Zeit in der geschlossenen Psychatrie zu verschwinden. Ergo würde ich alles dafür tun meine Phantasien zu verbergen und selber unter Kontrolle zu halten - mit ungewissem Ausgang. Merkwürdig finde ich im übrigen das die Schuld - und Motivsuche in allen möglichen Breichen stattfindet, die Schule aber ausgeklammert bleibt. Alle mir bekannten Amoktaten von Heranwachsenden fanden an Schulen statt. Das ist doch auffällig! Und ganz sicher weiß jede Forumsteilnehmerin aus ihrer eigenen Schulzeit von Jungen und Mädchen zu berichten für die die Schule die pure Hölle war, sei es wegen Mobbings, zu hohe Erwartungen der Eltern, ungerechte Lehrer, usw. Sicher, im Fall von Winnenden haben alle ausgesagt Tims Schulzeit wäre problemlos verlaufen, aber erstens stellt sich nach solch einer Tat sicher niemand hin und gibt zu Tim das (Schul)Leben schwer gemacht zu haben, und zweitens ist die Schmerzgrenze einfach unterschiedlich hoch. Und das an Schulen nicht alles so läuft wie es laufen sollte wird niemand ernsthaft bestreiten. Es gibt ja auch genug Studien darüber das ein viel zu hoher Prozentsatz der SchülerInnen mit Angst zur Schule geht, hauptsächlich wegen Mobbings. Da hat shark vöiilg recht. Es müßte weitaus mehr hinsichtlich Ethik, Empathie, solzialer Intelligenz/Kompetenz an Schulen geschehen. Allein auf den nächsten Pisa Test zu schielen kann nicht der Weisheit letzter Schluß sein. |
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#19
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Strøse ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 10.010 Userin seit: 27.08.2004 Userinnen-Nr.: 166 ![]() |
Sieben Leben hat die Katz, das wusste jedes Kind und doch war Samtmieze eines Tages kalt.
Ich halte das Unfassbare traurigerweise nur für Vorboten einer schleichend-schmerzhafteren Rückführung unserer Lebens-Synthetizität auf ein (endlich!) fulminantes Fühlen. Die einen zerhungern sich, die anderen zerreißen ihre Alltagswelt, schön stereotyp. Mit der Konsequenz, dass mir alle leid tun, die jünger und im Finden sind - nicht, weil sie potentielle TäterInnen sind, sondern weil sich offenbar die Dimensionen einfach zu ihren Ungunsten verschoben haben, wie auch wir fassungslos davor stehen und allen Ernstes darüber meditieren, welche Maßnahmen eine solche Explosion verhindern können. Ob unser mechanisches Weltbild (actio-reactio) nicht auch ein wenig zu dieser gefühlten Unwirklichkeit führen könnte, indem wir die Schuld mal bei einem, mal bei allen sehen, uns über die Rollenverteilungen von Täter und Opfer streiten und unsere Waffen schon für das nächste Level sammeln? |
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Ich glaube eher, es wird Zeit, sich erstens dessen wirklich bewusst zu werden, dass unsere Kinder- ganz gleich, wie wir sie erziehen - auf eine völlig andere Welt treffen als wir das taten, als wir jung waren
und zweitens zu schauen, was wir aus dieser Welt machen wollen, damit wir uns eine Vorstellung davon machen können, was unsere Kinder brauchen, um in ihr bestehen zu können. Wir stehen mE längst - leider mit geschlossenen Augen - an der Pforte zu einer vollkommen veränderten Zukunft und unsere Kinder spüren das weit mehr als wir meinen, etwas über diese Zukunft zu wissen. shark Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 19.Mar.2009 - 16:42
Bearbeitungsgrund: Einschub
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Freies Vögelchen ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9.416 Userin seit: 24.08.2004 Userinnen-Nr.: 14 ![]() |
Ich finde es einigermaßen erstaunlich, dass der Aspekt, dass hier ein junger Mann vorwiegend Frauen ermodet hat, hier noch nicht einmal mit-gedacht werden kann...
Dazu noch einen Link: Femizid |
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#22
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Ich schrieb schon, weshalb ich diesen Gedanken aussen vor gelassen habe bei meinen Ueberlegungen:
"Ich weiss nicht, ob Kretschmer absichtlich vor allem Mädchen hingerichtet hat oder ob er seinen Schiesskünsten doch nicht recht traute und deshalb auf jene SchülerInnen schoss, die ihm räumlich am nächsten waren." Oder ist das inzwischen insofern geklärt, dass man sicher weiss, dass er gezielt Mädchen erschossen hat? shark |
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#23
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Freies Vögelchen ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9.416 Userin seit: 24.08.2004 Userinnen-Nr.: 14 ![]() |
So ganz geklärt werden kann die Absicht posthum wohl nie. Fakt ist aber, dass es, nicht nur bei diesem Massaker, so war.
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#24
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Strøse ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 10.010 Userin seit: 27.08.2004 Userinnen-Nr.: 166 ![]() |
Ich finde es einigermaßen erstaunlich, dass der Aspekt, dass hier ein junger Mann vorwiegend Frauen ermodet hat, hier noch nicht einmal mit-gedacht werden kann... Dazu noch einen Link: Femizid (IMG:style_emoticons/default/wink2.gif) Das ist wohl bedacht worden - aber wieder weniger aus der Täter-Opfer-Perspektive, sondern eher im Entsetzen über die allgemeinere Wahrnehmung und all die daraus resultierenden kurzen Schlüsse (z.B. Waffenrechtsreform). |
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#25
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I lof tarof! ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 15.384 Userin seit: 30.08.2004 Userinnen-Nr.: 198 ![]() |
Es ist schon sehr vieles gesagt worden - vielen beiträgen kann ich nur voll zustimmen.
Ich möchte nur 2 kleinen anmerkungen am rande machen, die vll. etwas off-topic wirken könnten... 1. In italien wird gerade ein neues gesetzt verabschiedet, das 16jährigen die jagd mit scharfer waffe erlaubt (und überhaupt das erschießen von streunenden hunden, katzen und weiterem getier) gesetz 2. Zufällig gestern im netz gefunden - schaut euch nur die posen an!!! was fürn vorbild.... mek Beides strotzen m.e. von ignoranz und gewalt, und ich muss schon sagen, von kaputter männlichkeit! edit: link korrigiert Der Beitrag wurde von robin bearbeitet: 19.Mar.2009 - 20:44 |
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verboden vrucht ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 2.903 Userin seit: 16.07.2005 Userinnen-Nr.: 1.862 ![]() |
Vielen Dank an shark und dtam, für die Mühe, eure Gedanken so ausführlich niederzuschreiben. Ich kann dem kaum noch etwas hinzufügen. Ausser vielleicht Dieses: Es geschieht auf dieser Welt Schreckliches in weit größerem Ausmaß - nicht für die betroffenen Nahestehenden der Ermordeten, sondern was die Anzahl der Toten, das Kalkül, die Strategien, die wirtschaftlichen Interessen, die Doppelmoral angeht. Tagtäglich. Gestern wie heute. Von Erwachsenen geplant, von anderen Erwachsenen ausgeführt. Oder unterlassen. Und im großen Stile unterstützt und mitgetragen von sogenannten zivilisierten Nationen, in denen währenddessen die Verlockungen des Hochgefühls vermarktet werden. Schöner wohnen. Mehr verdienen. Hubschrauberrundreisen. Ayurvedakuren. Sonnenstudio. Beste Bohne. Die perfekte Welle. Der ultimative Kick.
Ein europäischen Minister fordert vor nicht allzu langer Zeit, auf die Flüchtlinge vor der Küste schießen zu lassen. Ungestraft. An den europäischen Außengrenzen läßt man wissend Menschen ertrinken. Seit Obamas Amtseinführung gab es bis heute 6 "verdeckte" US-amerikanische Angriffe in Pakistan. In Gaza wird mit deutscher und us-amerikanischer Waffenunterstützung gemordet. Das sind nur ein paar wenige von vielen möglichen Beispielen. Forever young - natürlich ohne die Pickel. Mediale Dauerberieselung. Es wird von einem Ersatzleben zum nächsten, von einer Gefühlsschablone zur nächsten gezappt. Virtual reality. Dazwischen Bilder von echten Menschen, denen das Leben genommen wurde. Real grusel. Kommunikation per SMS ist allgegenwärtig. Bildung soll vornehmlich der Karriere dessen dienen, dem sie zugänglich ist, nicht den Menschen und der (Mit-)Menschlichkeit. Abgebrühtheit und Coolness wird mit wirklicher, verständiger, tragender Frustrationstoleranz verwechselt. Viel Schein, wenig Sein. Wer angesichts dessen versucht, Menschenachtung zu vermitteln, hat es alles Andere als leicht. Es gibt längst nicht nur die Generationenhürde zu nehmen, um aus Impulsbündeln sozialverträgliche Wesen werden zu lassen. Kinder sollen lernen, etwas nicht zu tun, was ihnen von Erwachsenen permanent vorgelebt wird. Und verkauft. Wenn ich mir all das vor Augen halte (was ich wohlweislich nicht ständig tu), staune ich darüber, dass schon wieder ein im Stich gelassener Jugendlicher auf genau diese Weise durchgeknallt ist, beim Drübernachdenken recht wenig - auch wenn es mich entsetzt. Und über meinen meist freundlichen Alltag staune ich dann umso mehr, und frage mich zuweilen beklommen, ob ich vielleicht bloß zu den letzten Berufs-Optimisten gehöre, die dann am Ende das Licht ausmachen sollen ... Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 19.Mar.2009 - 23:06 |
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#27
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Das Einzige, was ich, und das ist auch ein eher "objektiv" beurteilbarer Faktor, mit hineinnehmen kann in meine Ueberlegungen, ist, dass alle "Amokläufer" der letzten Jahre (und - das weiss ich aber nicht, kann es mir jedoch durchaus vorstellen - vermutlich auch vieler Jahre zuvor) männlichen Geschlechts waren - weltweit. Und da finde ich es auch legitim, zu fragen, ob das reiner Zufall ist. Über diese Frage habe ich heute immer wieder nachdenken müssen. Und über eine Beobachtung, die Du (Shark) irgendwann einmal zu einem anderen Thema geäußerst hast: Dass Menschen in der Pubertät ein extrem ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und ein sehr feines Gesprühr für Ehrlichkeit haben. Die von Sonnenstrahl angesprochene Doppelmoral unserer "Erwachsenenwelt" macht es schwer, Jugendlichen überzeugend die ALLGEMEINGÜLTIGKEIT sozialer Werte zu vermitteln. In den letzten Tagen ist so viel über das Versagen männlicher Teens geschrieben worden, über fehlende Anerkennung, fehlende Perspektiven, Ohnmachtsgefühle, Frustrationen, die Flucht in virtuelle Gewalt und Größenwahn. Mädchen und jungen Frauen bleibt diese Erfahrung ja nicht erspart. Bei längerem Nachdenken über geplatzte Träume und schmerzhafte Bruchlandungen nach besonders schillernden Höhenfügen scheinen mir Frauen vielmehr Expertinnen darin zu sein, Enttäuschungen zu verkraften. Die gläserne Decke ... in der Uni noch vorne weg, bei der Lehrstuhlvergabe schon wieder Schlusslicht ... mit Idealismus in soziale Berufe und ausgebrannt in der bitteren Realität erwacht ... voller Kreativität und Selbstvertrauen ins selbstbestimmte Künstlerinnenleben und dort verarmt gestrandet ... das Ende verliebter Gleichberechtigung mit dem ersten Kind ... Treueschwur und Ehebruch ... grandiose Auftritte und Jojo-Effekte ... auch die Literatur quillt über von diesen schönen, tapferen Heldinnen, die an der erbarmungslosen Realität scheitern, würdevoll leiden, alt und weise werden oder sich still und leise das Leben nehmen. Als Papas einziges Töchterchen hab auch ich mir gern viel vorgenommen, viel von mir erwartet, mir viel zugetraut. Der Vater ließ sich gern anstecken von meiner Begeisterung, der Vorfreude, meinem Selbstvertrauen. Auch der Großvater hielt große Stücke auf mein vorlautes Mundwerk, das sich wohl schon durchsetzen würde. Manches ging sogar gut, in Vielem bin ich aber auch gescheitert und habe meine Vorstellungen recht schmerzhaft "gesundschrumpfen" müssen. Dazu fiel dem männlichen Teil meiner Familie nichts ein - sie sahen höflich weg. Meine Mama war da. Meine Tanten auch. Und meine Freundinnen. Sogar die, die mir die Bruchlandung vorher gewünscht hatten. Es gibt diese typisch weibliche Solidarität, die Mädchen und Frauen auffängt, wenn sie sich die Knie blutig gehauen und das Angebersonntagskleid ruiniert haben. Wenn sie vor den Trümmern ihrer Träume, ihrer Karriere, ihrer Ehe und ihrer Jugend stehen. "Natürlich hab ich immer gesagt, dass alles toll ist. War's aber nicht. War scheiße!!!!!" Für mich ist das "typisch weiblich". Trümmerfrauenhumor, Selbstironie und Bruchpilotinnenstolz. Die Wunderwaffen schlechthin bei narzistischen Kränkungen und Statusverlust. Nun bin ich kein Mann und kann demnach schwer beurteilen, wie Männer einander stützen, wenn sie verletzt und unter sich sind. Bei oberflächlicher Betrachtung meines Umfeldes stelle ich allerdings fest, dass das männliche Selbstwertgefühl eher wie ein rohes Ei behandelt wird, das um alles in der Welt vor Enttäuschung bewahrt werden muss. Von Männern wie Frauen. Erst recht, wenn Anlass zur Vermutung besteht, dass es sich um ein Windei handelt. Das Windei daselbst schützt die eigene Zerbrechlichkeit durch Vorsicht und Stammtischparolen im geschützen Raum, übt abfällige Arroganz gegenüber jeden, die er unterlegen wähnt (Frauen, Schwule, Ausländer) und präsentiert seinen "Kleiner-Mann-Stolz" gegenüber "denen da oben" (Finanzverbrechern, Politikidioten, Vereinsmanager). Mir fällt absolut NICHTS ein, wenn ich versuche mir eine "männliche Kultur des Scheiterns" vorzustellen, die über puren Zynismus hinausgeht. Natürlich gibt es Männer, die anders sind. Ich kenne sogar einige. Aber wenn ich ehrlich bin, dann sind das solche, die meist gewonnen haben, die erfolgreich und attraktiv sind. Die es sich leisten können, Schwäche zu zeigen. Und Männer, die um die Stärke ihrer Mütter wissen und von uns Frauen etwas gelernt haben, das Alphatierchen allem Anschein nach fehlt. Denn nicht jeder kann Bohlen, Kahn oder Raab sein - und wenn alles "darunter" als Kränkung erlebt wird, sieht's eben schlecht aus. [Metamodus]: Ich hoffe sehr, dass sich meine Überlegungen angesichts der Ereignisse nicht zu leichtfertig oder flapsig lesen. In einem eigenen Thema wäre mir wohler gewesen. Andererseits beziehen sie sich direkt auf den "Genderaspekt" dieser Tragödie und den hier stattgefundenen Austausch. Wenn irgendeine Formulierung unpassend ist, würde ich mich über eine PM freuen und an dieser Stelle versuchen, mich anders auszudrücken.[/Metamodus] Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 20.Mar.2009 - 01:30 |
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Gut durch ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.368 Userin seit: 06.01.2008 Userinnen-Nr.: 5.475 ![]() |
ich trauer mit allen Angehörigen mit.
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Beitrag
#29
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
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Beitrag
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Freies Vögelchen ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9.416 Userin seit: 24.08.2004 Userinnen-Nr.: 14 ![]() |
Marc Lepin, Montreal, 1989.
Ich habe überhaupt kein Interesse daran, dass wir uns jetzt Daten und Fakten um die Ohren hauen. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass wir, vielleicht unseren unterscheidlichen Generationskohorten geschuldet, gesellschaftliche Phänomene unterschiedlich interpretieren? Dann wird eben die nächste Generation das feministische Rad mal wieder neu erfinden (müssen), das Procedere kennen wir ja bereits- s. "1." und "2." Frauenbewegung. |
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Strøse ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 10.010 Userin seit: 27.08.2004 Userinnen-Nr.: 166 ![]() |
Sicher bleibt der Gewaltakt ein Akt der Gewalt, auch wenn der Täter vielleicht wirklich nicht begreifen konnte, was er mit seiner Tat bewegt.
Todsicher aber ist, dass wir gewaltig manipulierbar in unserer Bewertung sind - und viele von uns in einer solchen Eruption nicht die erwartete Katharsis sehen, vom vielbeklagten Übel der Gesellschaft, an dem wir so unverdrossen partizipieren. Manchmal bin ich selbst schon meiner larmoyanten Verlogenheit leid, wenn ich es aus Müdigkeit und Konfliktscheue nicht schaffe, mir in Situationen Respekt zu verschaffen, in denen eine klare Ansage oder ein verbindliches Angebot gegenüber Jugendlichen oder offensichtlich überforderten Eltern intuitiv Not getan hätte - meiner eigenen Sprachlosigkeit geschuldet, schon im offensichtlichen Bereich. Wie erst dort, wo angeblich keiner ahnen konnte, dass...? Wie kann ich verteidigen, was mir schützenswert erscheint und gleichzeitig nicht am eigenen Instrument straucheln? Manchmal fürchte ich sogar, dass die Konsequenz aus all dem Bewusstseinswandel hin zum Exzess tatsächlich der Rückzug in traute Privatheit ist, allen Katastrophen, auf die man offensichtlich weder als "ich", noch in irgendeiner Weise effizient als "wir" Einfluss nehmen kann, zu Trotz. Oder eine wirksame Form der Rückbesinnung, wir werden es sehen... vielleicht. Sich nicht irre machen lassen, das eigene Herz behüten - ein möglicher Weg und sicher nicht der leichteste angesichts der Bilder, die vorüberziehen. Vor allem dann nicht, wenn man sich um die eigene Definitionsmacht ringen sieht: mir war vergleichsweise lange nicht bekannt, dass die Opfer zunächst vorwiegend weiblich waren. Etwas, das ich erst in Zusammenhang mit einer eher hilflosen, aber nicht ungefährlichen Zuschreibung erfahren habe: Liebeskummer als mögliches Tatmotiv. Erst das machte die besondere Erwähnung offenbar wert. Der Beitrag wurde von LadyGodiva bearbeitet: 20.Mar.2009 - 11:09 |
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Beitrag
#32
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Marc Lepin, Montreal, 1989. Ich habe überhaupt kein Interesse daran, dass wir uns jetzt Daten und Fakten um die Ohren hauen. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass wir, vielleicht unseren unterscheidlichen Generationskohorten geschuldet, gesellschaftliche Phänomene unterschiedlich interpretieren? Dann wird eben die nächste Generation das feministische Rad mal wieder neu erfinden (müssen), das Procedere kennen wir ja bereits- s. "1." und "2." Frauenbewegung. Ich halte es durchaus für sinnvoll, darüber nachzudenken, wie ein Täter einen solchen "Frauenhass" entwickeln konnte, dass er gezielt Mädchen hinrichtet. Ob das in diesem Fall so war oder nicht: dieses Phänomen ist nicht unbekannt (wenn auch zu wenig darüber gesprochen wird in der Oeffentlichkeit, dass allein das Geschlecht vielerorts und bei vielen Gelegenheiten darüber entscheidet, ob ein Mensch mit dem Leben davon kommt oder nicht), und es darf auch nicht wegdiskutiert werden. Mir ging es bisher in diesem Thread darum, die offenbaren Tatsachen im Zusammenhang mit diesem Verbrechen anzusehen und ein wenig zu analysieren. Da der Frauenhass Kretschmers (jedenfalls bei all dem, was ich bisher erfahren habe - und das mag sehr lückenhaft oder sogar absichtlich unvollständig sein) nicht als Tatsache für mich feststand, habe ich mich auf das beschränkt, was ich durch die Medien als Feststellung erfahren habe. Vielleicht naiv, aber eben mein Versuch, objektiv zu bleiben. So objektiv wie es bei einem solchen Thema und unter der Vorbedingung der Informationen aus zweiter Hand möglich scheint. Frauen sind nach wie vor die grösste unterdrückte Gruppe der Menschheit. Und die einzige unterdrückte "Nicht-Minderheit". Mädchen und Frauen sind auch weltweit diejenigen, die am stärksten körperlich bedroht sind - durch Männer. Global gesehen wird jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer sexueller Gewalt. Und von den Frauen, die jährlich auf der ganzen Welt ermordet werden, fallen etwa 70% ihren eigenen Partnern zum Opfer (ai). Das sind Fakten. Schreckliche Fakten. Und es ist unglaublich, wie wenig Beachtung diesen Fakten geschenkt wird. Ich denke, das liegt daran, dass weltweit Frauen noch immer als Menschen zweiter Klasse gelten und deren Diskriminierung, Verletzung, Tötung, Ausbeutung und der Handel mit ihnen - in jedem Stadium ihres Seins und unter welchen Bedingungen auch immer - nach wie vor fast als "natürlich" akzeptiert wird. Von Männern. Leider auch von Frauen. Wer hinweist auf diese brutalen Mistände, wird als MännerhasserIn angefeindet, als Mensch, der selbst diskriminiert. Und zwar Kulturen, Religionen, Traditionen - und männliches Selbstverständnis. Männer haben Macht über Frauen - sie brauchen sie sich nur zu nehmen. Und sie werden gelehrt, sie sich selbstverständlich zu nehmen. Von ihren Vätern, ihrer Religion, ihrer Kultur, den Medien und letztlich von den verschiedenen Gesellschaften überhaupt. Das findet aber nicht nur im fernen Afrika statt oder in Indien, sondern auch in Europa. Und damit auch in Deutschland. Und möglicherweise auch im Falle des Amoklaufes Tim Kretschmers... Er soll mengenweise Pornographie besessen haben, habe ich heute gelesen. Schon das allein mag in ihm das Bild, das er sich von Frauen gemacht hat, stark beeinflusst haben. Vielleicht galten auch in seiner Familie bestimmte Regeln für die Frauen, die bei der erziehung und im Leben der männlichen Familienmitglieder keine Geltung hatten. Und womöglich kam auch unerwiderte Lust auf ein bestimmtes Mädchen dazu. Wie konnte dieses wagen, ihn nicht zu erhören?? Alle gleich, die Weiber... Denen muss man(n) mal zeigen, wer hier die Hosen anhat...!! Vielleicht war das so. Dann ist es (und das ist es sowieso!) neben dem Schaudern über die Tragweite der Tat und dem Bedauern und Entsetzen in Bezug auf Kretschmers Opfer allerdings wirklich mehr als angezeigt, den Finger in die Wunden zu legen, die Männer Frauen überall auf der Welt eigen-mächtig schlagen. Und es erscheint wirklich naiv und kurzsichtig (und da packe ich mich an der eigenen Nase...), zu denken, dass Jungs heute anders erzogen werden könnten, damit sie morgen erstens mit sich selbst und zweitens mit Frauen besser klarkämen, dass man sie Hopplahopp zu "Menschen" machen könnte... Ich vermute, dass das unter den gegenwärtigen, weithin noch immer akzeptierten, Bedingungen gar nicht gelingen kann. Und so werden wohl noch einige als Wolf abgerichtete Hündchen zu Angstbeissern werden.... Deshalb schrieb ich weiter oben von der Notwendigkeit, ein ganz neues Menschenbild zu generieren. Aber auch das ist wohl derzeit ein "Luftschloss"... shark Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 20.Mar.2009 - 15:39 |
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#33
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I lof tarof! ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 15.384 Userin seit: 30.08.2004 Userinnen-Nr.: 198 ![]() |
Marc Lepin, Montreal, 1989. Ich habe überhaupt kein Interesse daran, dass wir uns jetzt Daten und Fakten um die Ohren hauen. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass wir, vielleicht unseren unterscheidlichen Generationskohorten geschuldet, gesellschaftliche Phänomene unterschiedlich interpretieren? Dann wird eben die nächste Generation das feministische Rad mal wieder neu erfinden (müssen), das Procedere kennen wir ja bereits- s. "1." und "2." Frauenbewegung. .... Und es erscheint wirklich naiv und kurzsichtig (und da packe ich mich an der eigenen Nase...), zu denken, dass Jungs heute anders erzogen werden könnten, damit sie morgen erstens mit sich selbst und zweitens mit Frauen besser klarkämen, dass man sie Hopplahopp zu "Menschen" machen könnte... Ich vermute, dass das unter den gegenwärtigen, weithin noch immer akzeptierten, Bedingungen gar nicht gelingen kann. Und so werden wohl noch einige als Wolf abgerichtete Hündchen zu Angstbeissern werden.... Deshalb schrieb ich weiter oben von der Notwendigkeit, ein ganz neues Menschenbild zu generieren. Aber auch das ist wohl derzeit ein "Luftschloss"... shark (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif) (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif) (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif) Mir war es übrigens sofort aufgefallen, dass fast alle ermordeten in der schule frauen gewesen sind. Mir war außerdem sofort aufgefallen, dass der einzige junge einen ausländischen namen trug und auch noch auf krücken ging. Aber ehrlich, wen wundert's??? Mich nicht, kein bisschen. Meiner meinung nach ist das kein zufall - na und? Wie shark schon ausführlich im vorigen beitrag geschrieben hat, geschieht dieser zufall ständig - überall! Mies finde ich die presse, wenn sie diesen "zufall" verschweigt und/oder relativiert (wie lady godiva angemerkt hat) mit "liebeskummer". Wieviele männer auf diesem planeten, jung und weniger jung, prügeln und töten frauen, weil sie abgewiesen werden? Unmengen. Und was soll ich jetzt mit meiner ...kristallklaren erkenntnis tun??? Den erstbesten kerl auf der straße kaltmachen, um all die weiblichen opfer dieser welt zu rächen? Darum fand ich und finde diese diskussion hier interessant und wichtig, weil, ich zitiere shark: "Mir ging es bisher in diesem Thread darum, die offenbaren Tatsachen im Zusammenhang mit diesem Verbrechen anzusehen und ein wenig zu analysieren". Es ist keine frage der generation, es ist eine frage der herangehensweise. |
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#34
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Geschirrspülerin ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9 Userin seit: 13.03.2009 Userinnen-Nr.: 6.622 ![]() |
Sorry, aber einen Zusammenhang zwischen der Tat von Winnenden und Frauenunterdrückung irgendwo auf der Welt zu konstruieren erscheint mir grotesk.
Allein die Wahl des Tatorts Schule weißt doch darauf hin das dort auch das Motiv zu suchen ist. Um möglichst viele Frauen zu töten würden sich andere Örtlichkeiten weitaus besser eignen. Und selbst wenn er von Frauenhass getrieben war, eine Tat wo er seinen eigenen Tod einplant ist einfach krankhaft und hat nichts mit prügelnden Ehemännern oder sonstigen Frauenunterdrückern zu tun. |
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#35
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Ich habe genau gewusst, dass, thematisierten wir den angenommenen Frauenhass Kretschmers hier, es zu solchen Reaktionen kommen würde...
Leider kann ich jetzt nicht ausführlicher schreiben, da ich gleich weg muss. shark Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 21.Mar.2009 - 12:14 |
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#36
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Sorry, aber einen Zusammenhang zwischen der Tat von Winnenden und Frauenunterdrückung irgendwo auf der Welt zu konstruieren erscheint mir grotesk. Allein die Wahl des Tatorts Schule weißt doch darauf hin das dort auch das Motiv zu suchen ist. Um möglichst viele Frauen zu töten würden sich andere Örtlichkeiten weitaus besser eignen. Und selbst wenn er von Frauenhass getrieben war, eine Tat wo er seinen eigenen Tod einplant ist einfach krankhaft und hat nichts mit prügelnden Ehemännern oder sonstigen Frauenunterdrückern zu tun. Nun, das ist genau die Sicht auf die Dinge, die dafür sorgt, dass "Frauenunterdrückung" nicht ernst genug genommen wird - sie findet nämlich nicht "irgendwo auf der Welt" statt, was schon durch die Formulierung eine angenehme Ferne signalisiert, sondern immerzu und überall - auch vor Deiner Haustür. Und zweitens halte ich es für nicht zwingend notwendig - ja noch nicht einmal überdurchschnittlich wahrscheinlich - dass die Motive Kretschmers für sein Verbrechen ausschliesslich dort zu suchen sein müssen, wo es schliesslich (hauptsächlich) verübt wurde. Ebenso wahrscheinlich ist es, dass er diesen Ort gewählt hat, weil er ihn kennt oder weil er dort relativ unbehelligt durch - während der Schulstunden - recht leere Gänge streichen und einfach eine Tür nach der anderen öffnen kann, um seine Opfer zu überraschen, oder weil dort das Mädchen zur Schule geht oder ging, auf das er ein Auge geworfen oder er dort eine grosse Auswahl für viele weibliche, leicht erreichbare Opfer hatte.. Ich will keine dieser Theorien favorisieren, aber möglich ist viel. Dazu kommt, dass es nicht notwendigerweise so sein muss, dass er von Anfang an zwingend vorgehabt haben muss, sich selbst zu töten. Man könnte sich sonst auch fragen, weshalb er überhaupt versucht haben sollte zu flüchten. Hätte er seinen eigenen Tod als Finale vorgeplant, und wäre die Schule als Motiv so wichtig, wie Du schreibst, wäre es da nicht wahrscheinlicher, dass er sich dort sein Ende gesetzt hätte? Auch hier wieder: nur Theorien. Aber so wie die Deine, so befinden sich auch diese im Bereich des Möglichen. Und ebenso ist es mit dem Motiv "Frauenhass". shark Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 21.Mar.2009 - 15:16 |
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#37
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Freies Vögelchen ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9.416 Userin seit: 24.08.2004 Userinnen-Nr.: 14 ![]() |
Das meinte ich, als ich schrieb, "es muss zumindest gedacht werden dürfen". Dass Misogynie das primäre Motiv war, ist nicht nachzuweisen.
Frage ist, warum bereits die Hypothese a priori abgewehrt wird. Analytikerinnen vermuten hinter Abwehr tiefe Ängste, vielleicht Angste , dass an dem tasächlich was "dran sein könnte", Ängste hinsichtlich der Unmöglichkeit, sich dann in einer Welt, in der der unterschwellig schwärender Frauenhass erneut manifest geworden ist, weitehin kommod einzurichen. Der Beitrag wurde von Rafaella bearbeitet: 21.Mar.2009 - 18:53 |
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Gut durch ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 4.846 Userin seit: 09.12.2005 Userinnen-Nr.: 2.367 ![]() |
Das meinte ich, als ich schrieb, "es muss zumindest gedacht werden dürfen". Dass Misogynie das primäre Motiv war, ist nicht nachzuweisen. Frage ist, warum bereits die Hypothese a priori abgwehrt wird. @mosetsana: Ich habe mich selbst nicht ausführlich mit dem Thema befasst, aber ein wenig hier im Thread mitgelesen und auch die hier verlinkten Artikel von Schwarzer und Pusch. Nur ein Gedanke dazu: Wäre es eine Täterin gewesen, die Opfer hingegen hauptsächlich männlich, wie stellst du dir dann die Interpretation in den Medien vor? Glaubst du, das Geschlecht spielte dann auch keine Rolle? Schlimm eigentlich, dass die Konstellation Täter=männlich, Opfer=weiblich als so "normal" wahrgenommen wird, dass sie für viele offenbar keiner Thematisierung bedarf. |
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#39
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I lof tarof! ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 15.384 Userin seit: 30.08.2004 Userinnen-Nr.: 198 ![]() |
Das meinte ich, als ich schrieb, "es muss zumindest gedacht werden dürfen". Dass Misogynie das primäre Motiv war, ist nicht nachzuweisen. Frage ist, warum bereits die Hypothese a priori abgewehrt wird. Analytikerinnen vermuten hinter Abwehr tiefe Ängste, vielleicht Angste , dass an dem tasächlich was "dran sein könnte", Ängste hinsichtlich der Unmöglichkeit, sich dann in einer Welt, in der der unterschwellig schwärender Frauenhass erneut manifest geworden ist, weitehin kommod einzurichen. mmh, wer hat hier diese hypothese a priori abgewehrt? ich zb. nicht Der Beitrag wurde von robin bearbeitet: 21.Mar.2009 - 19:09 |
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Freies Vögelchen ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9.416 Userin seit: 24.08.2004 Userinnen-Nr.: 14 ![]() |
Stimmt hast du auch nicht.
Ich war hier wahrscheinlich auch zu knapp, stellenweise auch wolkig. Ich habe ehrlich gesagt, den Thread heute noch einmal aufmerksamer und anders gelesen. Differenzierter. so weit sind wir gar nicht "auseinander". (Manchmal bin auch ich in einer Vorurteilsschleife, bzw. einem depressiven Resignations-Drama mit dem Titel "Ich, die letzte Feministin hier" oder so ähnlich verhaftet.) (IMG:style_emoticons/default/roetel.gif) Der Beitrag wurde von Rafaella bearbeitet: 21.Mar.2009 - 19:44 |
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@rafaella: "Ich, die letzte Feministin hier"
*LOL* mir geht es genauso!!! |
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#42
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Geschirrspülerin ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 9 Userin seit: 13.03.2009 Userinnen-Nr.: 6.622 ![]() |
Ich werde noch ausführlich antworten, bin zur Zeit dank durchgemachter Nacht nicht in der Lage (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)
Also jetzt nur mal kurz. Der Täter hat keineswegs nur auf den einen Jungen mit den Krücken geschossen. Es gab ja neben den Toten auch Verletzte, 5 Mädchen und 4 Jungs, teilweise schwer verletzt (Bauchschuss). Interessant auch das was er während der Flucht von sich gegeben hat, siehe hier Spricht meines Erachtens alles nicht dafür das er es tatsächlich primär auf Frauen abgesehen hat. Alles weitere nach der wohlverdienten Bettruhe... |
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#44
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Für die, die es noch interessiert:
Ein Artikel meiner "Lieblings"-Journalistin in der Zeit zu der Frage, welchen Stellenwert die Geschlechterfrage in den Ermittlungen hat. |
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#45
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Offenbar nicht den geringsten...
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die ermittelnden Behörden NICHT mitteilten, ermittelten sie in diese Richtung. Deshalb bleibt auch mir nur ein Schluss übrig: sie denken nicht einmal daran, dass Misogynie mindestens EINES der Motive Kretschmers gewesen sein könnte. Und das IST ein Skandal, da gebe ich Schwarzer absolut Recht - wären 11 der 12 Opfer Angehörige einer bestimmten ethnischen Gruppe gewesen, so hätte sich jedeR ErmittlerIn, jedeR JournalistIn sofort auf diese Tatsache gestürzt und Hass gegen diese Gruppe als Motiv deklariert und verurteilt. shark |
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#46
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Neeeeee!!!
es liegt mir echt nix daran, die "spielverderberin" zu sein, aber (!) ich muss es einfach loswerden: boah! geht mir schwarzer auf den geist!!! Ist sie wirklich so blöde wie sie tut?! Warum beharrt sie so stur drauf, immer wieder äpfel mit bananen zu vergleichen? Was hat unsere gesellschaft davon, menschengruppen gegeneinander aufzuspielen, die in ihrer struktur so grundverschieden sind?! Was soll diese populistische immer wiederkehrende attacke? "Türken" sind fast überall auf der welt "türken" - frauen sind überall auf der welt frauen (oder gibt es inzwischen irgendwo eine frauennation, von der ich noch nichts weiß?) Und die mechanismen, die "ausländer" überall auf der welt unterdrücken sind dementsprechend anders strukturiert. Dass das frauenspezifische an den ermittlungen über den amokauf ausgeblendet wird hat ganz andere ursachen - mit einem allgemeinen, internationalen, kosmischen!!, geschlechterunterdrückende verständnis und konsens. Die erste unterscheidung unter menschen (und sogar bei tieren) ist frau/mann. Erst dann kommt die hautfarbe-nationalität-homo/hetero/wieauchimmer-klasse-alter-usw-unf. Frauen sind keine gesellschaftliche minderheit - nirgends. Und frauen sind überall die einzige unterdrückte menschengruppe, die - wohl oder übel, gewollt oder nicht - mit hren unterdrückern ins bett geht, sich in die unterdrücker verliebt, mit denen kinder und .... die immer einen unterdrücker als eigenen zeuger hat. "Frauen" mit "türken" gleichzusetzen ist nicht nur dumm und manipulativ, sondern verschleiert es die realität und bremst eine wirklich intelligente analyse der opfer/täter-rollen und der strukturen, die diese rollen (massiv) unterstützen!!! UND die auch in den frauen festsitzen! P.S. Immerhin war schwarzer diesmal so "schlau" zu schreiben, dass frauen die meisten opfer der männergewalt zwischen männern und frauen sind, und nicht so wie früher, dass frauen die meisten opfer von männergewalt sind. Das sind nämlich männer! |
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#47
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Liebe Robin.
Ich versteh das nicht so ganz, was Du schreibst. Oder vielleicht verstehe ich es auch und kann Dir trotzdem nicht folgen... Allein die Tatsache, dass Frauen eine Nicht-Minderheit bilden, heisst ja nicht, dass sie zwangsläufig "anders" gehasst werden können als eine nationale oder ethnische Minderheit. Ich denke da auch an Gebiete, in welchen zum Beispiel zu Beginn des 3. Reichs noch mehr Juden als Christen lebten - und diese dennoch verfolgt, diskriminiert oder bedroht wurden.... Oder geht es Dir tatsächlich um den "globalen" Aspekt dabei? Und auch Dein anderes Argument erschliesst sich mir nicht wirklich... Du schreibst, "Und frauen sind überall die einzige unterdrückte menschengruppe, die - wohl oder übel, gewollt oder nicht - mit hren unterdrückern ins bett geht, sich in die unterdrücker verliebt, mit denen kinder (hat; Anm. shark)". Dasselbe gilt doch für Angehörige vieler unterdrückter, diskriminierter ethnischen Gruppen, die sich ebenfalls mit "Angehörigen der Unterdrücker-Gruppe" (kann es nicht besser ausdrücken) mischen und verbinden. Ich verstehe den Unterschied nicht, den Du machst. Magst Du das noch mal genauer erklären? Liebe Grüsse shark |
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#48
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Gut durch ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.063 Userin seit: 15.03.2006 Userinnen-Nr.: 2.732 ![]() |
Und die mechanismen, die "ausländer" überall auf der welt unterdrücken sind dementsprechend anders strukturiert. Die erste unterscheidung unter menschen (und sogar bei tieren) ist frau/mann. Erst dann kommt die hautfarbe-nationalität-homo/hetero/wieauchimmer-klasse-alter-usw-unf. Hm, gerade neuere Ansätze in der Soziologie (vgl. Konstruktivismus) untersuchen, ob Klasse, Ethnizität und Geschlecht nach den gleichen Mechanismen erzeugt und aufrechterhalten werden. Spannend ist jedenfalls die Überlegung des verstorbenen französischen Soziologen Bourdieus, männliche Herrschaft nur als einen Sonderfall von sozialer Ungleichheit zu sehen. Verwoben ist diese immer ganz stark mit dem Klassenverhältnissen. Es ist eben doch anders als du schreibst - eine Frau aus der oberen Klasseschicht hat andere Machtzugänge als eine Frau aus einer niederen Klasse. Ich persönlich halte auch die mikrosoziale Benennungspraxis für relevant (Sprache!). Dementsprechend werden Geschlecht und Ethnizität nach der gleichen Struktur erzeugt (konstruiert). |
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Soziologie ... Konstruktivismus ... Klasse ... Ethnizität ... Geschlecht ... Bourdieus ... mikrosoziale Benennungspraxis --> Dementsprechend werden Geschlecht und Ethnizität nach der gleichen Struktur erzeugt (konstruiert). Aha, soso. Dann scheint ja endlich erfolgreich geklärt worden zu sein, was eine "Struktur" überhaupt ist. Wie schön. Ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass Robin das Bedürfnis hatte eine historische oder soziologische Debatte loszutreten. Wenn ich den beanstandeten Vergleich von Frau Schwarzer noch einmal zitieren darf ... ZITAT(Schwarzer) Was eigentlich wäre los, wenn Tim K. in einer gemischten deutsch-türkischen Klasse zu über 90 Prozent Türken erschossen hätte? Die Hölle wäre los! Im ganzen Land gäbe es Proteste und Demonstrationen gegen die Ausländerfeindlichkeit. Doch in diesem Fall hat es sich ja nur um Frauenfeindlichkeit gehandelt. ... dann verstehe ich Robins Ärger und teile ihn. Ich ärgere mich auch, wenn "Islamphobie" und "Antisemitismus" in polemischen Statements verglichen oder gleichgesetzt werden. Und das hat zwei Gründe. Den einen hat Robin bereits genannt: hier werden Menschengruppen gegeneinander ausgespielt. Der zweite liegt in der Brandgefahr von Vergleichen mit schmerzhaften Inhalten. Äpfel und Birnen sind es vielleicht gewohnt miteinander verglichen zu werden und sehen das (so mutmaße ich als externe Obstbeobachterin) verhältnismäßig locker. Die vielfach traumatischen und leidvollen Erfahrungen von Diskriminierung, sozialer Ungerechtigkeit, Misogynie, Rassismus und Fremdenhass eignen sich aber einfach nicht für Vergleiche. Denn persönlicher Schmerz kann nur selten weit genug entpersonalisiert und abstrahiert werden, um ihn in eine (logisch vielleicht sinnvolle) Gleichung einzusetzen und zu verallgemeinern. Innerhalb soziologischer Forschung mag ein Erkenntnisgewinn durch die Zusammenschau unterschiedlicher Phänomene herauskommen - und zur Verarbeitung der eigenen Wunden ist so ein Blick über den eigenen Tellerrand sicher auch sehr hilfreich. Für das Zusammenleben der Geschlechter und Kulturen sind solche Vergleiche allerdings Gift und erzeugen Kampf statt Verständnis. Für Personen, die sich ohnehin in einem permanenten Geschlechter-/Klassen-/Existenzkampf mit ihren Mitmenschen wähnen, der nur durch eine Art "Sieg" beendet werden kann, mag das sinnvoll sein. Von meiner Warte aus ist es eher ärgerlich. Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 22.Apr.2009 - 21:20 |
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Entweder verstehe ich immer noch nicht, was Ihr (Robin und DTaM) meint, oder aber ich habe eine andere Auffassung, was "Analyse eines Kriminalfalls" angeht...
Ich finde es nämlich nach wie vor legitim, augenscheinliche Auffälligkeiten wahrzunehmen und auszusprechen - selbst wenn sich dadurch Lager bilden könnten. Nicht hilfreich finde ich dagegen das Verschweigen möglicher Zusammenhänge aus einer diesbezüglichen Vorsicht heraus. shark |
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Ich befürchte, wir drehen uns im Kreis und reden aneinander vorbei. Nach wie vor kann und will ich keine Aussagen über die Motivation dieses Amokläufers im Hinblick auf die Wahl seiner Opfer machen - aus schlichter Unwissenheit heraus und weil es für mich nichts ändert, ob er nun in erster Linie Menschen, Frauen, "das System Schule" oder sich selbst hasste.
Die Augenscheinlichkeit, dass Amokläufer in fast allen Fällen männlich sind, wurde weder von mir noch von sonst jemandem verschwiegen, sondern hier wie in unzähligen Artikeln und Diskussionsrunden thematisiert. Wie nun allerdings eine Prävention aussehen könnte - darin teilen sich wohl weiterhin die Geister. Was die Argumentationsweise Schwarzers betrifft, empfinde ich sie zunehmend* als realitätsfern, einseitig und effektheischend. Das liegt nicht daran, dass ich das Thema "Ungerechtigkeiten der Geschlechterdifferenz" als erledigt betrachte. Ich halte lediglich eine andere Tonart und Herangehensweise für sinnvoller. Absurder Weise empfinde ich Schwarzer hierin genauso "männlich" wie die von ihr bekämpften Altherrenvereine und wünsche mir einfach mehr "weibliche" Differenziertheit und Augenmaß. *edit: dabei kann ich nicht beurteilen, ob sie sich verändert hat oder mich meine eigene Veränderung von einer begeisterten Emma-Anhängerin zur Schwarzer-Kritikerin gemacht hat. Jedenfalls ist meine Sympathie, die mit dem unsäglichen Schwarzer-Feldbusch-Ringkampf erste Risse bekam, das Werben für CDU und Bildzeitung zunächst für einen schlechten Witz hielt und später nicht fassen konnte, spätestens am Umgang mit "der Personalie" Lisa Ortgies gescheitert. Ich kann sie tatsächlich nicht mehr "hören". Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 23.Apr.2009 - 07:00 |
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Beitrag
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I lof tarof! ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 15.384 Userin seit: 30.08.2004 Userinnen-Nr.: 198 ![]() |
Entweder verstehe ich immer noch nicht, was Ihr (Robin und DTaM) meint, oder aber ich habe eine andere Auffassung, was "Analyse eines Kriminalfalls" angeht... Ich finde es nämlich nach wie vor legitim, augenscheinliche Auffälligkeiten wahrzunehmen und auszusprechen - selbst wenn sich dadurch Lager bilden könnten. Nicht hilfreich finde ich dagegen das Verschweigen möglicher Zusammenhänge aus einer diesbezüglichen Vorsicht heraus. shark Ui! Das ist aber ein riesenmissverständnis! Ich bin 100% der meinung, dass die tatsache, dass von 12 opfern 11 weiblich sind (und die zusammensetzung der schulklasse ausgeglichen ist) selbstverständlich wichtig ist!!! Und völlig absurd ist, (wie schon so oft) so zu tun als würde das geschlecht keine rolle spielen.... ("sexismus, igitt! was für ein veraltetes ding!") Was mich maßlos genervt hat, ist die gleichung frauen/türken!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! |
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Beitrag
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I lof tarof! ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 15.384 Userin seit: 30.08.2004 Userinnen-Nr.: 198 ![]() |
Und die mechanismen, die "ausländer" überall auf der welt unterdrücken sind dementsprechend anders strukturiert. Die erste unterscheidung unter menschen (und sogar bei tieren) ist frau/mann. Erst dann kommt die hautfarbe-nationalität-homo/hetero/wieauchimmer-klasse-alter-usw-unf. Hm, gerade neuere Ansätze in der Soziologie (vgl. Konstruktivismus) untersuchen, ob Klasse, Ethnizität und Geschlecht nach den gleichen Mechanismen erzeugt und aufrechterhalten werden. Spannend ist jedenfalls die Überlegung des verstorbenen französischen Soziologen Bourdieus, männliche Herrschaft nur als einen Sonderfall von sozialer Ungleichheit zu sehen. Verwoben ist diese immer ganz stark mit dem Klassenverhältnissen. Es ist eben doch anders als du schreibst - eine Frau aus der oberen Klasseschicht hat andere Machtzugänge als eine Frau aus einer niederen Klasse. Ich persönlich halte auch die mikrosoziale Benennungspraxis für relevant (Sprache!). Dementsprechend werden Geschlecht und Ethnizität nach der gleichen Struktur erzeugt (konstruiert). Denkste!! (IMG:style_emoticons/default/laugh.gif) da hat der herr bourdieu aber ein beschränktes horizont! Egal welche frau, egal aus welcher klasse sie auch stammt, wird überall auf dieser welt als FRAU wahrgenommen und dementsprechend behandelt - die unterscheidung nach klasse leugne ich gar nicht, aber die kommt m.e. danach, denn: auch die reichste frau muss sich im jemen verhüllen und riskiert wg. hier in europa lappalien hingerichtet zu werden... die einzige ausnahme, die mir einfällt sind politikerinnen auf gehobenen niveau, siehe merkel darf in saudi arabien mit männern an einem tisch sitzen, was auch die reichste saudi nicht darf ... Ich kann hier in hamburg massig kohle scheffeln und trotzdem darf ich nicht in bestimmten ländern autofahren... also? edit: P.S. Übrigens finde ich ganz vieles von den modernen soz. und phil und genderdiskussionen schlicht konservativ... als wären viele wichtigen männlichen köpfe darüber empört, was unterdrückung betrifft, hinter den frauen rangieren zu müssen - backlash auch da! edit2: Ich sollte echt strukturierter lesen lernen! (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) @shark: es war unglücklich formuliert von mir: Damit wollte ich sagen, dass frau/mann die "basis"-unterscheidung unter menschen ist, man hat nur (sigh!) 2 geschlechter zum verlieben, dafür ne menge nationalitäten! @dtam: deinen 2. punkt ("Die vielfach traumatischen und leidvollen Erfahrungen von Diskriminierung, sozialer Ungerechtigkeit, Misogynie, Rassismus und Fremdenhass eignen sich aber einfach nicht für Vergleiche. Denn persönlicher Schmerz kann nur selten weit genug entpersonalisiert und abstrahiert werden, um ihn in eine (logisch vielleicht sinnvolle) Gleichung einzusetzen und zu verallgemeinern.") hatte ich ausgelassen, weil er mir zu selbstverständlich vorkam... aber vllt. habe ich mich getäuscht... Der Beitrag wurde von robin bearbeitet: 23.Apr.2009 - 10:38 |
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Strösenschusselhai ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 21.898 Userin seit: 10.11.2004 Userinnen-Nr.: 741 ![]() |
Entweder verstehe ich immer noch nicht, was Ihr (Robin und DTaM) meint, oder aber ich habe eine andere Auffassung, was "Analyse eines Kriminalfalls" angeht... Ich finde es nämlich nach wie vor legitim, augenscheinliche Auffälligkeiten wahrzunehmen und auszusprechen - selbst wenn sich dadurch Lager bilden könnten. Nicht hilfreich finde ich dagegen das Verschweigen möglicher Zusammenhänge aus einer diesbezüglichen Vorsicht heraus. shark Ui! Das ist aber ein riesenmissverständnis! Ich bin 100% der meinung, dass die tatsache, dass von 12 opfern 11 weiblich sind (und die zusammensetzung der schulklasse ausgeglichen ist) selbstverständlich wichtig ist!!! Und völlig absurd ist, (wie schon so oft) so zu tun als würde das geschlecht keine rolle spielen.... ("sexismus, igitt! was für ein veraltetes ding!") Was mich maßlos genervt hat, ist die gleichung frauen/türken!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ich beginne zu verstehen; Danke fürs Erklären, robin. Liebe Grüsse shark |
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Schlaudegen. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 4.102 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 71 ![]() |
Gleichung?
Wurde nicht einfach bemängelt, daß die umgebende Gesellschaft es sich leistet, bestimmte Formen von Hass zu übersehen? Ich denke schon daß es zutrifft - wenn die Opfer einer anderen Gruppe angehört hätten hätte man eher eine Struktur darin gesehen. Bei 11 weiblichen Opfern liest man "Amokläufer erschießt 12 Schüler und Lehrer". Die Polemik einer Frau Schwarzer mag natürlich dahin gestellt sein; ich habe selbst auch nicht viel dafür übrig, eine gute Sache mit dem Mähdrescher zu frisieren. |
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@sägefisch: du hast recht, eine gleichung war es nicht, falsches wort! Wie wäre es mit gegenüberstellung? besser? (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)
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Was heißt besser? Meinst Du man darf Rassismus (sofern es sich um solchen handelt) nicht erwähnen um Sexismus aufzuzeigen?
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#58
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Sorry, aber ich verstehe dich jetzt nicht... (IMG:style_emoticons/default/unsure.gif)
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Schlaudegen. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 4.102 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 71 ![]() |
Naja, es liest sich als wenn Du die Benennung des Umstandes "ich sehe das eine, beim anderen gucke ich weg" als Aufrechnen und somit als illegitim empfindest.
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Nein, überhaupt nicht! Aber in dem fall (zitat schwarzer) bedeutet es für mich ein gegeneinander ausspielen.
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Ich schrieb ja schon: ich verstehe allmählich, worum es Dir geht - aber ich empfinde es dennoch nicht als "Ausspielen", sondern als legitimen Vergleich in Bezug auf die Möglichkeit, dass jemand Hassgefühle für eine, wie auch immer von ihm verschiedene, Menschengruppe empfindet.
shark Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 23.Apr.2009 - 22:01
Bearbeitungsgrund: "ie" statt "ei"
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Soziologie ... Konstruktivismus ... Klasse ... Ethnizität ... Geschlecht ... Bourdieus ... mikrosoziale Benennungspraxis --> Dementsprechend werden Geschlecht und Ethnizität nach der gleichen Struktur erzeugt (konstruiert). Aha, soso. Dann scheint ja endlich erfolgreich geklärt worden zu sein, was eine "Struktur" überhaupt ist. Wie schön. Ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass Robin das Bedürfnis hatte eine historische oder soziologische Debatte loszutreten. Wenn ich den beanstandeten Vergleich von Frau Schwarzer noch einmal zitieren darf ... ZITAT(Schwarzer) Was eigentlich wäre los, wenn Tim K. in einer gemischten deutsch-türkischen Klasse zu über 90 Prozent Türken erschossen hätte? Die Hölle wäre los! Im ganzen Land gäbe es Proteste und Demonstrationen gegen die Ausländerfeindlichkeit. Doch in diesem Fall hat es sich ja nur um Frauenfeindlichkeit gehandelt. ... dann verstehe ich Robins Ärger und teile ihn. Ich ärgere mich auch, wenn "Islamphobie" und "Antisemitismus" in polemischen Statements verglichen oder gleichgesetzt werden. Und das hat zwei Gründe. Den einen hat Robin bereits genannt: hier werden Menschengruppen gegeneinander ausgespielt. Der zweite liegt in der Brandgefahr von Vergleichen mit schmerzhaften Inhalten. Äpfel und Birnen sind es vielleicht gewohnt miteinander verglichen zu werden und sehen das (so mutmaße ich als externe Obstbeobachterin) verhältnismäßig locker. Die vielfach traumatischen und leidvollen Erfahrungen von Diskriminierung, sozialer Ungerechtigkeit, Misogynie, Rassismus und Fremdenhass eignen sich aber einfach nicht für Vergleiche. Denn persönlicher Schmerz kann nur selten weit genug entpersonalisiert und abstrahiert werden, um ihn in eine (logisch vielleicht sinnvolle) Gleichung einzusetzen und zu verallgemeinern. Innerhalb soziologischer Forschung mag ein Erkenntnisgewinn durch die Zusammenschau unterschiedlicher Phänomene herauskommen - und zur Verarbeitung der eigenen Wunden ist so ein Blick über den eigenen Tellerrand sicher auch sehr hilfreich. Für das Zusammenleben der Geschlechter und Kulturen sind solche Vergleiche allerdings Gift und erzeugen Kampf statt Verständnis. Für Personen, die sich ohnehin in einem permanenten Geschlechter-/Klassen-/Existenzkampf mit ihren Mitmenschen wähnen, der nur durch eine Art "Sieg" beendet werden kann, mag das sinnvoll sein. Von meiner Warte aus ist es eher ärgerlich. Oh, ich wußte nicht, daß das "Lostreten" soziokultureller Debatten hier weniger erwünscht ist ... - Schade auch, daß der Begriff Struktur in diesem Zusammenhang nicht klar scheint ... - ich verstehe darunter die oberflächlichen und unterbewußten Interaktionen innerhalb eines (vorsicht! Fremdwort) Systems, welche zueinander wirken. Aber das soll nicht Thema sein. Ich kann den Ärger nicht teilen. Auch wenn A. Schwarzer, so wie ich sie liebe, mal wieder leicht populistisch daher kam und sie sich den Vorwurf, des Auspielens schon gefallen lassen muss. Vergleiche birgen nunmal immer unterschiedliche Gefahren. Es muss dennoch erlaubt sein, scheinbar unterschiedliche Phänomene (Sexismus/Rassismus) daraufhin zu überprüfen, inwiefern sie gleichen, bzw. ähnlichen Erzeugungsmechanismen mithin Bestimmungsmechanismen erliegen. Es geht dabei um eines, um die Frage, wie soziale Ungleichheiten erzeugt und vor allem (sic!) aufrechterhalten werden. |
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Und die mechanismen, die "ausländer" überall auf der welt unterdrücken sind dementsprechend anders strukturiert. Die erste unterscheidung unter menschen (und sogar bei tieren) ist frau/mann. Erst dann kommt die hautfarbe-nationalität-homo/hetero/wieauchimmer-klasse-alter-usw-unf. Hm, gerade neuere Ansätze in der Soziologie (vgl. Konstruktivismus) untersuchen, ob Klasse, Ethnizität und Geschlecht nach den gleichen Mechanismen erzeugt und aufrechterhalten werden. Spannend ist jedenfalls die Überlegung des verstorbenen französischen Soziologen Bourdieus, männliche Herrschaft nur als einen Sonderfall von sozialer Ungleichheit zu sehen. Verwoben ist diese immer ganz stark mit dem Klassenverhältnissen. Es ist eben doch anders als du schreibst - eine Frau aus der oberen Klasseschicht hat andere Machtzugänge als eine Frau aus einer niederen Klasse. Ich persönlich halte auch die mikrosoziale Benennungspraxis für relevant (Sprache!). Dementsprechend werden Geschlecht und Ethnizität nach der gleichen Struktur erzeugt (konstruiert). Denkste!! (IMG:style_emoticons/default/laugh.gif) da hat der herr bourdieu aber ein beschränktes horizont! Egal welche frau, egal aus welcher klasse sie auch stammt, wird überall auf dieser welt als FRAU wahrgenommen und dementsprechend behandelt - die unterscheidung nach klasse leugne ich gar nicht, aber die kommt m.e. danach, denn: auch die reichste frau muss sich im jemen verhüllen und riskiert wg. hier in europa lappalien hingerichtet zu werden... die einzige ausnahme, die mir einfällt sind politikerinnen auf gehobenen niveau, siehe merkel darf in saudi arabien mit männern an einem tisch sitzen, was auch die reichste saudi nicht darf ... Ich kann hier in hamburg massig kohle scheffeln und trotzdem darf ich nicht in bestimmten ländern autofahren... also? edit: P.S. Übrigens finde ich ganz vieles von den modernen soz. und phil und genderdiskussionen schlicht konservativ... als wären viele wichtigen männlichen köpfe darüber empört, was unterdrückung betrifft, hinter den frauen rangieren zu müssen - backlash auch da! Hui, jetzt wird aufgetischt und ausgeteilt - nein, im Ernst: Gerade Bourdieu war die Frage, inwiefern Frauen in sozialen Unterdrückungssystemen agieren (können) nicht unwichtig; ihn beschäftigte als führender Soziologe Europas überhaupt die Konstituierung und Struktur sozialer Ungleichheit als solches. Das er auch linkspolitisch tätig war, ist nicht selbstverständlich für einen Wissenschaftler. Frau hört's, ich kann Bourdieu viel abgewinnen ... genug denn dessen. Es bleibt tatsächlich die Frage, ob wir das Geschlecht zuerst wahrnehmen oder beispielsweise doch die Hautfarbe. Der Vergleich zur Tierwelt humpelt, denn dort nehmen wir nicht das Geschlecht zuerst wahr sondern bestimmen die Art. |
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"Jeck op Sticker" ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 14.613 Userin seit: 18.10.2008 Userinnen-Nr.: 6.317 ![]() |
Es bleibt tatsächlich die Frage, ob wir das Geschlecht zuerst wahrnehmen oder beispielsweise doch die Hautfarbe. Der Vergleich zur Tierwelt humpelt, denn dort nehmen wir nicht das Geschlecht zuerst wahr sondern bestimmen die Art. [/quote] Ich vermute, dass wir zuerst das Geschlecht wahrnehmen, denn umgekehrt kann ja auch kein Mann sozial soweit "unten" stehen, dass er nicht frauen als noch unter ihm stehend wahrnehmen würde. Die Ziele der politisch aktiven Frauen haben sich ja auch aus ihrem sozialen Umfeld heraus entwickelt. Clara Zetkin beispielsweise hat ja andere Forderungen vertreten, als Anja Meulenbeult. |
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Gut durch ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.063 Userin seit: 15.03.2006 Userinnen-Nr.: 2.732 ![]() |
Ich vermute, dass wir zuerst das Geschlecht wahrnehmen, denn umgekehrt kann ja auch kein Mann sozial soweit "unten" stehen, dass er nicht frauen als noch unter ihm stehend wahrnehmen würde. Hm, Schwule im Patriachat stehen schon ganz schön weit unten und nehmen Frauen dennoch als unter ihnen platziert war, auch Schwule können sexistisch sein. |
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Ich kann den Ärger nicht teilen. Auch wenn A. Schwarzer, so wie ich sie liebe, mal wieder leicht populistisch daher kam und sie sich den Vorwurf, des Auspielens schon gefallen lassen muss. Vergleiche birgen nunmal immer unterschiedliche Gefahren. Gegen Liebe ist ja bekanntlich kein Kraut gewachsen - und ich bin von Herzen froh über jede, die meinen Ärger nicht teilt. Was ich mir wünsche - und wozu ich hoffe ein Stückchen beizutragen - ist ein Bewusstsein für die zwischenmenschlichen Gefahren von Verallgemeinerungen. Vergleiche sind wichtig und sinnvoll, wenn ihr Ziel die Erkenntnis ist. Wenn ein Vergleich sucht, neugierig hinterfragt und vorerst Unbestimmtes "zu Wort" kommen lässt. Vergleiche können sogar verbindend sein, wenn ich bereit bin Eigenes im Fremden zu entdecken und so etwas altmodisches wie "Einfühlung" entsteht. Eine solche Haltung erkenne ich in dem verlinkten Artikel noch nicht einmal ansatzweise. Vielmehr werde ich als kritische Leserin angesprochen wie ein vom Patriarchat völlig verblendeter Mensch, der in Kumpanei mit Polizei, Medien und Staatsanwaltschaft das Offensichtliche nicht wahrhaben will und die Wahrheit stur und stumpf leugnet. Andere Erklärungen oder gar Meinungen schließt Frau Schwarzer bereits im ersten Absatz kategorisch aus. Anschließend werden die bekannten Erklärungsmuster fast schon gelangweilt-resigniert im Schnelldurchgang doziert: Pornobilder, Männergewalt und Männergewaltfantasien. Die geneigte Leserin ist schließlich ohnehin längst überzeugt und reagiert zuverlässig mit Empörung auf die mit viel Emma-Schweiß und Druckerschwärze aufgeladenen Begriffe: Türken, Mädchenmörder, männliche Gewalt und weibliche Opfer. Abschließend wird uns Wahrnehmungsgestörten noch schnell erklärt warum wir so blind sind: die männlichen aus Angst vor sich selbst, die weiblichen aus Angst vor den Männern. Amen - jeder Widerspruch ist zwecklos, aber das wussten wir ja bereits im ersten Absatz. Mir ist bewusst, dass viele Feministinnen (unter ihnen anscheinend auch Frau Schwarzer) die aufgesetzte und naive Dialogbereitschaft von uns "Feigheitstoleranten" für das Fortbestehen sozialer Ungleichheit verantwortlich machen. Aus meiner Perspektive verhält es sich aber genau umgekehrt. Im Rückblick auf den Wirbel um die bösen Texte des kürzlich verstorbenen Musik-Labels Aggro Berlin lässt sich (glaub ich) recht gut nachvollziehen wie effektiv hier Bild, Emma und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien einen riesigen PR-Rummel und damit dieses ungeheure medien-, generations- und schichtenübergreifende Interesse erzeugt haben, welches die Kassen der superintelligenten Drogenopfer hat klingeln lassen, die einen solchen Erfolg mit dem Gehalt ihrer Platten, Konzerte und Bücher nie zustande gebracht hätten. War es von Nutzen? "Porno-Rap" ist trotz aller Mühe nicht verboten und verbannt worden, sondern hat sich (wie jeder andere wenig gehaltvolle Hype vorher auch) durch einen neuen Trend ablösen lassen, der bedient, was Bushido und Co. vermissen ließen: In diesem speziellen Fall vielleicht Bescheidenheit, handwerkliches Können, intelligente Metaphern, Originalität und ein ironisch-liebevolles Verhältnis zur Geschlechterdifferenz. Die Zeit war wohl einfach reif für einen P. Fox ... und selbst meinen guten alten "Tag am Meer" höre ich jetzt wieder häufiger im Radio (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Dann ist ja wieder alles gut? Leider nicht. Denn das, was für mich nur ein kurzer Sommer mit scheußlicher Mucke aus plärrenden Handys war, hat die Vorstellungswelt sehr vieler Jugendllicher entscheidend geprägt. Wahrscheinlich ebenso nachhaltig wie mich die Hits meiner eigenen Pubertät. Und dass im letzten Jahr so unglaublich viele Kids ihre Köpfe ausgerechnet mit Bushidomüll gefüllt haben - dafür mache ich auch Schwarzer, Bild und die Bundesprüfstelle mitverantwortlich - auch wenn sie genau das Gegenteil bezweckt haben. Und dieser Hut ist bekanntlich sehr sehr alt und abgetragen, selbst bei Goethe war er schon gebraucht. Auch der feministische Diskurs schreibt sie fest, die Geschlechterdifferenz. Wir leben, reden, schreiben schließlich mittendrin in der von Dir ins Gespräch gebrachten "mikrosoziale Benennungspraxis". Was wir hier treiben ist "Konstruktion von Geschlecht und Ethnizität" durch Sprache. Ich habe nichts gegen Metadiskussionen. Ganz im Gegenteil. Doch wenn mich Bourdieu interssiert, nutze ich das Forum lieber um bei Amazon zu bestellen, wenn ich lediglich einen Überblick suche, konsultiere ich Lexika und wenn mir der Sinn nach einer Debatte steht, begebe ich mich in ein Fachforum. Hier begeistert mich die Breite und die Vielfalt der Userinnen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie unterschiedlich wir hier sind. Dass wir eben nicht nur Lesben, sondern auch Ethnologinnen, Erzieherinnen, Politikerinnen, Mütter, Biologinnen, Spanierinnen, Motorradfahrerinnen, Feministinnen, Pfarrerinnen, Cineastinnen, Poetinnen, Werberinnen, Asiatinnen, Philosophinnen, Rollstuhlfahrerinnen, Schwestern, Idole und Dumpfbacken sind. Deshalb habe ich Interesse an einem gemeinsamen Austausch darüber, was jede von uns unter den Begriffen "Struktur" oder "System" versteht. Es liegt mir einiges daran für einen "Diskurs" zu begeistern, der viele, die eine ganz eigene Sichtweise beizutragen hätten, durch verklausulierte Fachtermini abschreckt und ausschließt. Deshalb empfinde ich komplexe Definitionen + "(vorsicht! Fremdwort!)" und angerissene Theorien + "aber das soll nicht Thema sein" oder "genug denn dessen" einfach kontraproduktiv. Erst recht wenn so viel intellektueller Anspruch dann doch wieder in eine Generalisierung mündet: "auch Schwule können sexistisch sein". Nun ja. Da frag ich mich eben auch welche "oberflächlichen und unterbewußten Interaktionen" zu dieser messerscharfen Erkenntnis geführt haben, die ganz sicher nicht dazu beiträgt, mehr schwules Verständnis und Unterstützung für lesbische Interessen und Positionen zu schaffen. Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 30.Apr.2009 - 06:21 |
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Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 07.05.2025 - 21:59 |