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> Geist und Mammon
Sägefisch
Beitrag 27.Sep.2009 - 17:42
Beitrag #1


Schlaudegen.
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Wer sich regelmäßig nicht nur Tagesschau und -blätter gönnt, sondern auch mal das arte-Spätprogramm oder Kultursendungen auf Nischensendern, und das eine oder andere Subskribentenmagazin zumindest schon mal in den Händen hatte, dem wird auffallen daß es schon sehr lange sowas wie einen alternativen Chic gibt, der sich mehr oder minder subtil vom Massengeschmack abhebt, aber wiederum selbst oft nicht ganz billig ist.

Streng genommen sind Fabriketagen und Klamotten vom kleinen Szeneladen sogar die deutlich teurere Wahl, und keineswegs mehr der Fluchtpunkt für Menschen die sich Neubau und Markenjeans nicht leisten können. So wird der tragende Gedanke mit der Notwendigkeit verknüpft, ein recht aufwändiges materielles Gerüst zu etablieren.

Nicht daß es mir ganz neu an mir wäre, aber heute fiel mir dazu besonders deutlich auf welchen Unwillen ich mobilisiere, wenn intellektuelle oder alternative Beiträge, Konzepte oder Einwürfe mich aus einer Richtung anwehen, in der gleichzeitig privates Wohlleben herrscht. Wieso eigentlich?

Ein Stück weit ist es sicherlich antrainierter Mechanismus; jedenfalls merke ich daß es mich aus irgendwelchen Gründen irritiert wenn die mögliche bessere Welt in besonders idyllischen, teuer restaurierten Privatrefugien exploriert wird, der klare Blick auf die Verhältnisse sich aus dem Oberklassewagen heraus meldet oder hinter vollmundig dekonstruierenden Nachwuchskünstlern ein 2000€ schweres Macbook Pro hervorblitzt. Gewichtiger Inhalt in machtvoller Ästethik.

Neid? Wäre die leichte Erklärung. Interessanter finde ich die Frage, was genau mich da am Gesamtbild stört. Bestimmt die Diskrepanz zwischen selbstformuliertem Durchblick und anders-sein, und gleichzeitiger Realitätsuntauglichkeit der Analyse wegen zu exclusivem Blickwinkel, oft auch offensichtlich doch reichlich vorhandener Konzentration auf die fein austarierte Konsumentscheidung wider den Plebs(?). Womöglich auch der Verdacht, daß die Einkommen in solchen Berufssparten an sich nicht so üppen, als daß man ein so verfeinertes Niveau ohne Finanzspritzen oder profitable Systempöstchen durchziehen könnte.

Wobei das je nach Kultur ja völlig unterschiedlich ist, so scheint es in den USA eine durchaus wohlhabende Sparte von Intellektuellen alter amerikanischer Schule zu geben, deren Personalunion als Gesellschaftskritiker und Mietshausbesitzer an der Upper East Side keinen Widerspruch zu bergen scheint.

Schon mal drüber räsoniert? Wie neutral sind Konsumstatements neben (manchmal anderslautenden) Botschaften?

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 27.Sep.2009 - 17:46
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Hortensie
Beitrag 28.Sep.2009 - 04:51
Beitrag #2


"Jeck op Sticker"
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Vielleicht ist an dem alten Scherz (Geld macht nicht glücklich, aber es entspannt) ja mehr dran, als frau so denkt?

Ich weiss noch, als sich in dem kleinen Ort (aus dem ich mich einst in die grosse, weite Welt aufmachte) anfing eine kleine Partei zu gründen, die einst antrat, um das politische Establishment zu revolutionieren, waren die HauptträgerInnen des politischen Gechehens (neben versprengte, die entsttäuscht aus der ältesten Partei Deutschlands ausgetreten waren) Menschen, denen es materiell gut ging (eigenes Häuchen, Neuwagen aus Schweden etc.).

Verschiedenen ging es sogar so gut, dass 1 Einkommen ausreichte, um der Gattin genügend Freiraum zu verschaffen, damit diese sich um die kleine Lebensmittelkooperative kümmern konnte, aus der dann so nach und nach ein Trend entstand.

Vielleicht ist nicht nur materiell gesicherte Entspanntheit, die es ermöglicht, andere Blickwinkel zu entwickeln, sondern tatsächlich eine von existentiellen Sorgen entlastete Lebenswirklichkeit, die eine geistige Freiheit entstehen lässt?

Klar gibt Menschen, die ihre Sachen aus Edellabels beziehen, die anderen Kriterien unterliegen als alles was gerade so im Hochglanzmagazin zu sehen ist.

...aber es ist gibt auch Menschen, die in vielen Dingen einen Konsumverzicht üben, um sich diese Dinge auch bei geringen materiellen Einkünften leisten zu können.

Die dafür dann weniger konsumieren, aber dafür ihrem eigenen Anspruch genügen.
1 Pfund Kaffee pro Monat statt 2 ... aber dafür fair gehandelt.

1 Rechner in 10 Jahren, aber dafür die Marke mit dem Apfel oder so.

Vielleicht gibt es einfach mehr Sinn, manchmal nicht zu überlegen, wie jemand an Geld gekommen ist, sondern welches Verhältniss er dazu demonstriert?

Obwohl dieser Markenfetischismus, jetzt egal aus welcher Ecke, nervt mich manchmal schon ziemlich ab.
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sonnenstrahl
Beitrag 28.Sep.2009 - 19:01
Beitrag #3


verboden vrucht
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Ich kann dein Unbehagen ein Stück weit nachvollziehen, sägefisch. Die von dir benannte Diskrepanz lässt sich nicht von der Hand weisen.
Trotzdem bin ich - systemimmanent gedacht - froh, dass es diese gourmettempel-, weinseminar- und wellnessoasenbesuchenden Individualklamottenträger-, Manufakturwaren- und Kunsthandwerkkäufer- und AvantgardetheaterbesucherInnen gibt, denn sie sind es vor allem, die kleine Gewerbebetriebe, jenseits der Worldwide-Ketten mit ihren Massenproduktionen, überleben lassen.
Sie sind es, die maßgeblich mit dazu beitragen, dass alte, regionale Apfelsorten nicht aussterben - indem sie sie anstelle von 2,5 kg-weise industriell abgepackter Flugware aus Neuseeland und Argentinien am Biomarktstand zu kaufen bereit sind. Für mehr Geld.
Sie sorgen mit dafür, dass Obst und Gemüse ungespritzt bleiben darf. U.a. die Reben vom kleinen Biowinzer für das Getränk zum Slow-Food-Diner.
In einer Welt der sich wie Pilze vermehrenden Einheitsfußgängerzonen allerorten, der Hightech-Operettenproduktionen, zu denen halb Deutschland in Reisebussen angekarrt wird, der TK-Fertigpizza für TK-Fertigpizza mehr verkümmernden Esskultur, sind sie es in nicht unerheblichem Maße mit, die noch berufliche Nischen ermöglichen (und z.T. - mit Recht, wie ich finde - florieren lassen), in denen die Sinne, das Besondere, wirkliche Kreativität, Kunst und Begeisterung (statt Hype) sich entfalten dürfen.
Wenn sie die handgegerbten und -genähten, natürlich gefärbten Kinderlederhosen in der Szene-Lederwerkstatt, und die Oberetagendeko bei der Hutmacherin um die Ecke kaufen (zum Glück, für die betreffenden HandwerkerInnen), dann wird es natürlich auch getragen, ebenso wie Maßhemden und -Kostüme. Es würde den Dingen und der Arbeit, die darin steckt, ja auch nicht gerecht, wenn sie ihre Bestimmung nicht erfüllen dürften, sondern nur aus Barmherzigkeit gekauft würden.
Und die 5 verschiedenen Trüffelsorten (ich rede von sauteuren Pilzen, nicht von Konfekt!), die es in "Gianluigi´s Bottega del Tartufo", dem Trüffelspeziallädchen (gibt´s tatsächlich - unter anderem Namen), zu kaufen gibt ... ja, sicher, der pure Überfluss. Dekadent vielleicht. Aber die Trüffel werden nicht industriell angebaut. Soweit ist es (noch) nicht. Und irgendjemand lebt davon, dass er sie (evtl. in Begleitung eines Trüffelschweines) sucht und findet.

Meine persönliche Lieblingsklientel ist (Ausnahmen bestätigen die Regel) eine andere. Doch diese, um die es hier geht, trägt gutverdienend und -zahlend dazu bei, dass ich es mir erlauben kann, in meiner Praxis auch ermäßigte Tarife anzubieten.

Und ich selbst? Bin einem gewissen Luxus ganz und gar nicht abgeneigt. Kann ihn mir allerdings nur sehr partiell leisten. Wie Hortensie schon schrieb:
ZITAT
...aber es ist gibt auch Menschen, die in vielen Dingen einen Konsumverzicht üben, um sich diese Dinge auch bei geringen materiellen Einkünften leisten zu können.

So wird halt Vieles Second Hand/auf dem Flohmarkt - oder gar nicht - gekauft, und gelegentlich dann so etwas wie das umfangreiche Set handgeschmiedeter, individuell zusammengestellter Luxusschnitzmesser aus einem kleinen Traditionsbetrieb an irgendeinem Fjord (in diesem speziellen Fall haben allerdings meine FreundInnen zusammengelegt, und es mir zum Geburtstag geschenkt (IMG:style_emoticons/default/wub.gif) ).
Und sehr regelmäßig, d.h. täglich, qualitativ gutes hochwertiges Essen. Das ist mir wichtig.
Ist alles sicherlich auch eine Frage der Prioritäten. Und meines Ehrgeizes, dorthin zu kommen, wo ich, wenn ich will, am reichgedeckten Büffet mitschlemmen darf. Wenigstens ab und zu. Wenn mir gerade verschärft danach ist.

Kann mensch überhaupt IdealistIn sein, und ausgeprägt sinnesfreudig zugleich - ohne jemals mit Madame Doppelmoral auf Tuchfühlung zu gehen?
Ich kenne da niemanden.

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 28.Sep.2009 - 19:11
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rubia
Beitrag 29.Sep.2009 - 11:47
Beitrag #4


Satansbraten
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ZITAT(sonnenstrahl @ 28.Sep.2009 - 20:01) *
Ich kann dein Unbehagen ein Stück weit nachvollziehen, sägefisch. Die von dir benannte Diskrepanz lässt sich nicht von der Hand weisen.
Kann mensch überhaupt IdealistIn sein, und ausgeprägt sinnesfreudig zugleich - ohne jemals mit Madame Doppelmoral auf Tuchfühlung zu gehen?
Ich kenne da niemanden.


Warum wird in D. Individualismus an Klamotten festgemacht? An Restaurants oder Kneipen die *hype* sind?
Individualismus ist doch mehr... ist individuelle geistige Haltung - nicht Geld für teure Klamotten ausgeben!

Warum geht frau nur in angesagte Restaurants? Das ist alles *Nachäffen* mit im Sandkasten spielen wollen -
hat doch nichts mit Individualismus zu tun - eher mit Angeberei (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

(IMG:style_emoticons/default/morgen.gif)
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sonnenstrahl
Beitrag 29.Sep.2009 - 14:47
Beitrag #5


verboden vrucht
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Möglicherweise hast du mich missverstanden, rubia.
Ich mache Individualismus nicht an teuren Klamotten und dem Besuch von bestimmten Restaurants fest. Er kann so viele Facetten haben, wie es Menschen gibt.
Mir ist an der Möglichkeit gelegen, in diesem Land auch weiterhin mit (kunst-)handwerklicher und kulturschaffender Individual-Arbeit im weitesten Sinne (also, neben bildender wie darstellender Kunst, Literatur und Musik, auch: Ess-, Körper-, Freizeit-, Wohnkultur u.a.) Geld verdienen zu können. Dafür braucht es Käufer. Und ob die nun damit angeben wollen, oder genießen, wofür sie bezahlt haben, oder sonstwas - das möchte ich mir zu beurteilen nicht anmaßen.
edit: Und mir ist daran gelegen, dass meine Sinne nicht zum sofortigen Protest-Degenerieren getrieben werden, sondern zumindest die Wahl haben zwischen irgendwo billig fließbandgefertigten Farb-, Konservierungs- und Aromastoffbomben und qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln aus überschaubaren Betrieben, wenn möglich aus der Region. Oder zwischen "Ha&Emm" oder "Känveloh" und Handgestricktem bzw. unter selbstbestimmten Bedingungen Gewebtem, Gewalktem, Genähtem etc., zu fairem Preis Gehandeltem. Oder zwischen "Cäts" oder "Nu York, Nu York" und mittleren/kleinen Theatern mit gerne auch mal widerborstigen Produktionen. Oder zwischen individueller, selbstbezahlter gesundheitsfördernder Betreuung und Zweiminuten-Talk auf Chipkarte. All die genannten Berufszweige könnten einpacken ohne Menschen, die bereit sind, ein gewisses Mehr an Kohle dafür auszugeben als sie es für das Allernötigste tun müssten. Was ich sehr schade fände. Sowohl als Kleingewerbetreibende als auch als genussfreudige, sinnlichkeitsliebende Konsumentin, die sich in aller Regel ein Ei backt auf den Statussymbolgehalt dessen, was ihr gefällt. Und die gegenüber den Schattenseiten des Lebens/Ungerechtigkeiten/Nöten auf der Welt gewiss weder die Augen, noch ihre helfende Hand, noch das Portemonnaie verschließt. Alles zu seiner Zeit.

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 29.Sep.2009 - 16:12
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sonnenstrahl
Beitrag 30.Sep.2009 - 08:49
Beitrag #6


verboden vrucht
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ZITAT(Sägefisch @ 27.Sep.2009 - 18:42) *
Wie neutral sind Konsumstatements neben (manchmal anderslautenden) Botschaften?


Um nun doch auch noch deine eigentliche Frage aus meiner Sicht zu beantworten, sägefisch:
Neutral ist meiner Ansicht nach letzten Endes nichts, was Menschen tun.
Ich lerne Menschen beruflich oft sehr gut, in all ihrer Besonderheit und Widersprüchlichkeit kennen, inklusive ihres oft recht ausladenden Schattens.
Die Motivationen von Edelkonsumenten unterscheiden sich nach meiner Erfahrung z.T. enorm voneinander. Das Menschsein hat so unendlich viele Facetten, und die Hülle, in die wir uns gewanden, oder das Restaurant, das wir aufsuchen, kann diese Facetten direkt nach außen bringen, wie auch sie verschleiern, überhöhen, leugnen, vortäuschen. Konsumstatements können das Gegenüber auf falsche Fährten zu locken trachten, eine soziale und/oder politische Aussage sein oder sein wollen, mit unserer persönlichen oder familiären Geschichte zu tun haben, das Ausmaß des Bedürfnisses nach Attraktivität, Rebellion, Macht, Arroganz, Bescheidenheit, Lockerheit, Verspieltheit, Nicht-da-sein, das Ausfüllen, sich Auferlegen oder Negieren bestimmter Rollenerwartungen ... zeigen oder verstecken, nicht wirklich vorhandene hohe Einkommen vorspiegeln, einen bestimmten Geschmack und Freude an Farben, Formen und Materialien ausdrücken ...
Usw.
Nicht selten wahrscheinlich mehreres zugleich.

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 30.Sep.2009 - 08:53
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LadyGodiva
Beitrag 30.Sep.2009 - 12:59
Beitrag #7


Strøse
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Es fällt vielen vermutlich einfach schwer, eine quasi bildungssystemimmanente Statusinkonsistenz zu akzeptieren.
Viele Akademikerkinder haben Eltern, die noch recht traditionell studiert und dadurch zu einem gewissen beschaulichen Wohlstand erlangt haben. Mit einer zunehmenden Akademisierung der Berufsbildungslandschaft erfolgt der Berufseinstieg immer später, umso länger gestaltet sich die Phase, in der Teils aus dem Portemonnaie der Eltern, teils aus eigenem Geldkätzchen improvisiert werden muss. (Da nehme ich mich nicht aus.)
Gleichzeitig, und auch das beobachte ich an mir - nimmt mit Ende zwanzig die Lust am Experimentellen in der Regel einfach ab, die schillernde Mittzwanziger-Urbanität hat ausgezwitschert, jetzt geht's ab in die Nisthöhle. Es erfolgt in einer gewissen Weise ein Gratifikationsstreben - der eigenen Lebensleistung, dem eigenen Selbst geschuldet. Und immer im Abgleich mit einem Milieu, das stramme Insiderkonventionen (und die sind, wie schon eh und je, am Elternhaus bemessen) recht unkonventionell-selbstständig transportiert. Bildung für alle, der Lebensstandard bleibt traditioneller als noch vor 30 Jahren der Herkunft geschuldet. Intellektualität wird also nicht an der Freiheit großer Gesten gemessen, sondern an ihrem Bezug zur Lebenswirklichkeit. Und da sehen nicht wenige dann doch ganz arm aus, Finanzpolster hin oder her.
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DerTagAmMeer
Beitrag 30.Sep.2009 - 16:40
Beitrag #8


Adiaphora
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Na da bin ich doch mal froh, ein diesbezüglich komplexbefreites Proletenkind zu sein und wenig persönliches Abgrenzungsbedürfnis nach "oben" oder "unten" zu verspüren (IMG:style_emoticons/default/biggrin.gif)

Wenn ein selbstständiger Künstler Geld in die Hand nimmt und es in seinen Job investiert (und dazu zähle ich sowohl einen potenten Rechner als auch die mäzengerechte Imagepflege), kann ich daran eigentlich nichts Verwerfliches finden.

Und ich habe ehrlich gesagt auch nicht das Gefühl, dass ein Markenfahrrad oder hochwertiges Olivenöl (weiße Apfelgeräte besitze ich leider nicht) meine Gesinnung irgendwie in Frage stellen. Ebensowenig schäme ich mich für unsere alte energieverschleudernde Heizung. Das Geld für eine neue ist aber definitiv nicht vorhanden - also wird es vorerst so gehen müssen.

Mich befremdet es eher, wenn sich Menschen zieren, zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zu stehen und aufwändige Eiertänze veranstalten, um etwas darzustellen, was sie nicht sind. Egal in welche Richtung.
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LadyGodiva
Beitrag 30.Sep.2009 - 18:48
Beitrag #9


Strøse
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Der Dreher ist ja, dass betonte Unkonventionalität (vorrangig als Abgrenzung zum Werdegang der Elterngeneration betrachtet) eine Art Eintrittspreis verlangt - gerade so viel, dass es auffällt, wenn aus Alternativensuche eine stillschweigende Konvention wird - weil die zu beobachtende Häufung da nämlich mehr als der Zufall hergibt.
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sonnenstrahl
Beitrag 30.Sep.2009 - 20:50
Beitrag #10


verboden vrucht
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ZITAT(LadyGodiva @ 30.Sep.2009 - 19:48) *
... betonte Unkonventionalität (vorrangig als Abgrenzung zum Werdegang der Elterngeneration betrachtet)


Das war vielleicht mal, LG. Wenn ich mich beim Bahnfahren so unter (sehr) jungen Leuten umkucke, scheint mir die Ansage derzeit eher zu sein, sich betont konventionell, gleichfrisiert und -gestylt, den mitgelauschten Gesprächen nach heirats(in Weiss)wütig, politisch desinteressiert und dumpfbackig zu geben, in Abgrenzung zu ihren (ehemals) um neue Wege bemühten, friedensbewegten, emanzipationsgeübten Eltern. Wenn Eltern durch nichts mehr zu schocken sind, außer durch kultivierte Brägheit ... dann muss eben das für eine Weile herhalten. Denn Abgrenzung ist und war zu allen Zeiten einfach ein wichtiger Schritt zum Erwachsenwerden. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 30.Sep.2009 - 20:51
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DerTagAmMeer
Beitrag 30.Sep.2009 - 21:00
Beitrag #11


Adiaphora
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Ich befürchte, den Dreher verstehe ich einfach nicht. Vielleicht habe ich auch einfach andere Menschen im Blick. Wer beispielsweise hier in unserem Dorf Kunst studiert, ist sich der eigenen privilegierten Stellung (scheint mir) recht bewusst und wirkt auf mich auch nicht "betont unkonventionell", sondern eher bemüht den eigenen Ansprüchen und sicher auch den Erwartungen von Eltern und Gesellschaft an Persönlichkeit, Individualität und Genialität zu genügen.

@ Sonnenstrahl: hab Deinen Betrag erst nach dem Posten gelesen und erlebe es ähnlich. In der Campus stand neulich ein ganz bemerkenswerter Artikel über einen Ritalin-Selbstversuch "Ich bin ein Zombie, und ich lerne wie eine Maschine":
ZITAT
Ein letzter Satz von Hüther geht mir noch Tage später im Kopf herum: »Ritalin ist die Droge für die Pflichterfüller-Generation.« Es ist etwas Wahres daran: In den Siebzigern nahm man LSD, um dem Muff der Nachkriegszeit zu entkommen. In den Achtzigern nahm man Kokain, um sich trotz Pershing-II-Raketen gut zu fühlen. In den Neunzigern nahm man freitags Ecstasy-Pillen, um bis montags zu tanzen. Es waren Spaßdrogen, mit denen die Jugend gegen die Erwartungen der Gesellschaft rebellierte. Heute nehmen Studenten Ritalin, weil es ihnen hilft, sich den Erwartungen der Gesellschaft anzupassen. Sie sind die erste Generation, die eine Vernunftdroge konsumiert. Eine traurige Droge, ein Armutszeugnis.


Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 30.Sep.2009 - 21:07
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robin
Beitrag 01.Oct.2009 - 06:01
Beitrag #12


I lof tarof!
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Eine vernunftdroge! Wirklich verrückt. Ich habe auch längere artikel zu ritalin gelesen, wo abhängigkeiten beschrieben wurden, die heroin in nichts nachstehen... unglaublich! (sagt eine, die mit einer noch "bewusstseinserweiternden" droge großgeworden ist)
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Sägefisch
Beitrag 01.Oct.2009 - 07:11
Beitrag #13


Schlaudegen.
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Damit hätten wir dann ja den Bogen geschlagen zum vermeintlichen Gegenteil - der jugendlichen Arbeits- und Leistungswut.

Die natürlich so ausschliesslich auch nicht gilt, immerhin gibt es genauso Totalverweigerer die einfach keinen gangbaren Weg für sich sehen.

Wobei das durchaus zum Thema gehört, denn was treibt die einen ins Privatdoping und die anderen in die Lethargie? Zu einem nicht unerheblichen Teil Wünsche die mit einem gesunden Mass an Anstrengung unerreichbar, aber gleichzeitig für die Persönlichkeit unverzichtbar scheinen. Ichformung durch Konsum.

Genau daran dürften die von mir angesprochenen Bilder einen gewissen Anteil haben, weil sie eine Welt suggerieren in der man nicht nur gut, sondern gleichzeitig auch exakt distinguiert lebt und das alles auch noch mit einer gewissen Coolness vonstatten geht, während man zusätzlich noch alles durchschaut und dekonstruiert zu haben meint.

Wenn das Ende vom Lied ist, dass junge Menschen entweder von Angstanfällen geplagt merken dass ihr schniekes Kunst-/Karriere-/Medienfach sich (gar trotz Uppers) keinesfalls in solcherlei Einkommensklasse niederschlägt, sondern Kiffer-Thorsten von nebenan mit seiner Dachdeckerlehre das Doppelte einfährt, wenn Leute sich als Un-Persönlichkeit erleben weil eine so perfekte Welt vorgegeben wird, dann kann sich das was man in Skandinavien als "die kreative Klasse" bezeichnet nicht zurücklehnen und sagen sie könne nichts dafür.

Sie produziert Bilderwelten für die Masse und für die etwas interessierteren auch gedankliche Konstrukte, die ganz überwiegend eine extrem konsumschwere Kulisse haben. In bewusster Abgrenzung, und unter Ausblenden des Widerspruchs zum Postulat. Es handelt sich ja nicht um Idioten, sondern um Leute die sich den Anspruch verliehen haben, alles ganz bewusst zu tun und zu arrangieren.

Damit wurde im öffentlichen Raum gewissermasse das gekapert was vielleicht mal ein Fluchtpunkt für diejenigen war die menschlicher, langsamer, konsumärmer leben wollten oder mussten - Kunst, Gelehrtentum, Rückzug.
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sonnenstrahl
Beitrag 01.Oct.2009 - 07:54
Beitrag #14


verboden vrucht
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@ sägefisch: Aber wer zwingt die Leute denn, ihr Leben aus der Hand zu gehen, und sich in den Rachen der Manipulation zu schmeißen? Wer zwingt sie denn, sich ausgerechnet diese unerreichbaren Vorbilder auszusuchen? Das vermeintliche Diktat ist - hier - eine Entscheidung, egal ob zur ritalingedopten Anpasserei in Pink, zur immernoch-punkigen Auflehnung dagegen, oder zum Experimentieren mit den realen eigenen Möglichkeiten und Grenzen.

Es sind übrigens längst nicht nur Jugendliche/junge Menschen, die von Angstanfällen geplagt werden. Die Angst wabert durch alle Schichten und Altersklassen, überall dort, wo zwischen Anspruch und Wirklichkeit der gähnende Abgrund klafft, und im Besonderen auch durch die Riege der bewusstseinsbeanspruchenden, überall mitreden könnenden Edelkonsumenten unter Kreativdruck, die mir gerne mal als überfordertes Häuflein Elend weit jenseits von sich selbst begegnen.
edit: Und Hand in Hand mit der Angst die Depression.

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 01.Oct.2009 - 08:22
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LadyGodiva
Beitrag 01.Oct.2009 - 08:18
Beitrag #15


Strøse
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Ich habe längere Zeit in einem sogenannten "Szenebezirk" gelebt und bin bereits beim Schritt über die Türschwelle mit der jungen Intellektualität und ihren mehr oder weniger diskreten Insignien konfrontiert worden. Als Beispiel aus meinem persönlichen Umfeld eine Bekannte, eine sprachwissenschaftliche Magistra, die sich in ihrem in Relation zur Ausbildung schlecht entlohnten Verlagsjob um die Möglichkeit betrogen sieht, selbst schreibend tätig zu werden. Eine Vernunftentscheidung, die zu respektieren ist... oder mehr noch wäre, müsste es nicht ausgerechnet eine Wohnung im Szeneviertel, das Manufactumbücherboard oder handgenähte Stiefel sein. Andererseits weiß sie, dass sie bei Geschäftsessen gut bedient ist, Visitenkärtchen mit der entsprechenden Wohnadresse vorrätig zu halten oder einen hochwertigen Füllfederhalter aus der Jackentasche ziehen kann - aus Imagegründen. In ihrer Position, die ursprünglich eher eine akzeptierte Gegebenheit darstellte, wird dergleichen in einer Art stillem Konsens vorausgesetzt. Letztenendes hat sie ihr eigentliches Ziel (den Roman) gegen eine akademisch untermauerte, mehr oder weniger behagliche Beschäftigung "mit" (Literatur) ausgetauscht, die von ihr indirekt zu fordern scheint, hinter einer ambitionierten Fassade die Moneten für deren Kitt zusammenzusammeln. Sie hat das Spiel angenommen, weil die Schreiberei nicht den Lebensstil liefert, den die Schreiberei für sie bereit halten sollte.
Es ist sicherlich nur ein Beispiel, aber ich sah eben zu viele davon, um von Einzelphänomenen sprechen zu wollen.
Natürlich ist niemand gezwungen, so zu leben, aber es tun viele.
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sonnenstrahl
Beitrag 01.Oct.2009 - 08:40
Beitrag #16


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ZITAT(LadyGodiva @ 01.Oct.2009 - 09:18) *
Natürlich ist niemand gezwungen, so zu leben, aber es tun viele.


Bis der Leidensdruck so groß geworden ist, dass sie entweder (gerade noch) rechtzeitig aussteigen, und den Standard deutlich runterschrauben, bevor die Alarmsignale zu manifesten Erkrankungen werden, oder dass sie sich selbst gegenüber endgültig resignieren, Tabletten futtern, die teuren Teller und LeCröset-Töpfe volljammern, sich in steter Verzweiflung allabendlich mit preisgekröntem Wein besaufen, und blass das frühe Grab ansteuern.
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dandelion
Beitrag 01.Oct.2009 - 08:42
Beitrag #17


don't care
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@sonnenstrahl: wir sehen uns durch die Virtualisierung, gepaart mit Data Mining und dessen Verwendung im Marketing (hach, Anglizismen sind toll) einer Armada wohlsortierter und bestens informierter Vertriebler gegenüber, die auf Grund unserer eigenen Unvorsicht ziemlich genau wissen, wo sie uns zu packen kriegen - durch Informationen, die wir selbst an anderer Stelle rausposaunt haben, in der verzweifelten Hoffnung, endlich gesehen zu werden.
Jeder Mensch hat Ziele. Und die wenigsten nehmen sich die Zeit für eine umfassende Nabelschau, um der Gesamtheit ihres Wesens nachzuspüren. Viele verspüren dann allerdings das Defizit, das dadurch entsteht. Und tun das natürlichste, was man tun kann, wenn man lernen will - sie ahmen nach, von der Form zum Kern. Da dann wiederum ist es wie in der Kunst: Viele bleiben auf dem Weg nach innen irgendwo hängen. So entstehen dann Hobby-Hippies, bornierte Intellektuelle und nicht zuletzt die heiß geliebten Stammtischphilosophen jeglicher Couleur.

Manche entscheiden bewußt, so wie du, sonnenstrahl. Manche tun es nicht. Auch das ist Gegenstand der Freiheit, die du zu Beginn des Threads einfordertest. Ich kann wählen, ob ich lieber schicke/"industriellunikate" Kleidung, die neueste Technik oder tägliches Biogemüse haben will. Ich kann auch entscheiden, ob ich mich mit depressiver, aggressiver, nonchalanter, sarkastischer oder sonst einer Philosophie auseinandersetzen möchte, ob ich meinen Körper perfektioniere, meinen Geist oder mein Maultrommelspiel.
Es ist möglich, einem Menschen Anreize zu geben, Einladungen zu geben. Und ich lebe mit der Auffassung, daß mensch in erster Linie Neugier und Offenheit benötigt, um ein erfülltes Leben zu haben. Aber beides kann und sollte man nicht voraussetzen; für manche ist das liebevolle Hegen der kleinen Welt diesseits des Tellerrandes nun mal alles, was es braucht zum Glück.
Das sage ich - heute mal - überhaupt nicht aus Bitterkeit, sondern aus Respekt vor der Entscheidung anderer Leute. Auch hinter dieser Entscheidung warten Kämpfe, Ängste, Sorgen, Frust und viel, viel Arbeit.

Das Prinzip des Statussymbols ist durch alle Zeiten und Kulturen gegangen. Jetzt, in der Zeit der Ritalinkinder, ist Arbeit und Zeit für viele seltener als Gold. Was heißt das? Wenn mensch zeigen will, daß mensch was ist, hat mensch entspannt zu wirken. Aber beschäftigt. Kreativmenschtum scheint beides zu versprechen. Hinzu kommt der Touch von Dencklerblock - das ärmlich anmutende als Erkennungszeichen des Studenten, das Provisorium als Emblem dessen, der Kapazitäten in Gehirn und Zeitplan hat, um zu reparieren.
Dabei würden sie nicht reparieren, und alles darf nur so aussehen, als ob. Gewissermaßen der Wonderbra des Geistes.
Ich wurde schon angesprochen: "Tolle Hose, wie hast du denn den used look hingekriegt?" - "Äh... zehn Jahre getragen?" - "Ach so." weg war sie. schmunzeln und winken (IMG:style_emoticons/default/cool.gif)
Das an sich schreckt mich wenig. Ich finde es in erster Linie menschlich.

Was mich erschreckt ist die Industrialisierung, der wir gegenüberstehen. Vor dem Bild, das ich gerade gezeichnet habe, stehe ich wie ein Hamster, der gerade feststellt, daß er vielerseits beobachtet in einem Rad in einem Labor läuft, statt frei und auf der Flucht vor Raubkatzen durch Erdlöcher in Sibirien (oder wie in dem traurigen Mittelteil eines Miyazaki-Films vor einer riesigen, schmutzigen Maschine). Die Maschine hat verstanden, daß wir in der Mehrheit zu soziale Wesen sind (oder sein wollen), um uns seiner Beobachtung durch "Ausstieg" zu entziehen. (IMG:style_emoticons/default/ph34r.gif)


ich hoffe, ich bin nicht am Thema vorbei, völlig konfus oder in Plattitüden ersoffen. tschuldigung, müde.
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sonnenstrahl
Beitrag 01.Oct.2009 - 09:03
Beitrag #18


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ZITAT(dandelion @ 01.Oct.2009 - 09:42) *
Es ist möglich, einem Menschen Anreize zu geben, Einladungen zu geben. Und ich lebe mit der Auffassung, daß mensch in erster Linie Neugier und Offenheit benötigt, um ein erfülltes Leben zu haben. Aber beides kann und sollte man nicht voraussetzen; für manche ist das liebevolle Hegen der kleinen Welt diesseits des Tellerrandes nun mal alles, was es braucht zum Glück.
... Respekt vor der Entscheidung anderer Leute. Auch hinter dieser Entscheidung warten Kämpfe, Ängste, Sorgen, Frust und viel, viel Arbeit.


Ja. Ich halte das liebevolle Hegen der kleinen Welt diesseits des Tellerrandes für elementar. Ohne diese Basis wäre der darüberhinaus neugierige und offene Mensch wie ein Zugvogel ohne Ziel und Heimat. Und wer dort stehenbleibt, und wirklich glücklich ist - sprich: Anderen ihr Andersleben aus vollem, offenem Herzen zu gönnen vermag - , dem würde ich bestimmt keine Tretminen in sein Gärtchen legen wollen. Wir müssen nicht unbedingt leben, was in unserem Herzen möglich ist. Kritisch wird es, wie ich finde, wenn dieser innere Ort mit Stacheldraht umzäunt ist.
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sonnenstrahl
Beitrag 01.Oct.2009 - 09:27
Beitrag #19


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ZITAT(dandelion @ 01.Oct.2009 - 09:42) *
Was mich erschreckt ist die Industrialisierung, der wir gegenüberstehen. Vor dem Bild, das ich gerade gezeichnet habe, stehe ich wie ein Hamster, der gerade feststellt, daß er vielerseits beobachtet in einem Rad in einem Labor läuft, statt frei und auf der Flucht vor Raubkatzen durch Erdlöcher in Sibirien (oder wie in dem traurigen Mittelteil eines Miyazaki-Films vor einer riesigen, schmutzigen Maschine). Die Maschine hat verstanden, daß wir in der Mehrheit zu soziale Wesen sind (oder sein wollen), um uns seiner Beobachtung durch "Ausstieg" zu entziehen. (IMG:style_emoticons/default/ph34r.gif)
ich hoffe, ich bin nicht am Thema vorbei, völlig konfus oder in Plattitüden ersoffen. tschuldigung, müde.


Ein triftiger Grund mehr, uns mit uns selbst auseinanderzusetzen (was weit entfernt von Nabelschau ist!), und - jeder für sich als auch im offenen Austausch - wir selbst sein zu wollen, mit all unseren Entwicklungsmöglichkeiten und Unzulänglichkeiten, anstelle eines markentragenden Cyborgs mit echten Tränen, dem unsere Seele einen leckeren Nährboden liefert.
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Sägefisch
Beitrag 01.Oct.2009 - 11:45
Beitrag #20


Schlaudegen.
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Gut und schön, man ist also hoffentlich frei genug, sich zu entziehen.

Damit ist dann aber noch nicht derjenige benannt, der aktiv solche Wunschwelten gestaltet. Und erst recht ist ihm damit noch nicht offen widersprochen, zumal man sich nicht einbilden sollte dass die Verfügbarkeit privater Kleinstblogs schon eine reelle Gegenstimme zu Menschen ist, die die grosse Leinwand zur Hand haben.

Wie überhaupt viel Fluchtstrategie ausbaldowert ist, es unserer Zeit aber (so scheint´s) an Wirkmitteln gegen menschenfeindliche Prozesse fehlt. Seien es nun parasitäre Finanzwelt, verzerrende Kulturbilder oder destruktive Politik - es gibt kaum öffentlichen Konflikt und erst recht keine Straftatbestände für manches was vielen sehr grossen Schaden zufügt.

Also scheint ja doch eine ziemliche Hegemonie zu herrschen, die man höchstens Umgehen kann - unter der Prämisse, sich dann aus bestimmten Bereichen aber auch heraushalten zu müssen.

Irgendwas sträubt sich in mir, wenn Dinge aus konkretem Handeln entstehen, aber offensichtlich in so abgeschirmte Bereiche eingebettet sind dass die konkreten Personen nicht benannt und als verantwortlich angesprochen werden.

Macht man dann nicht mit bei der Behauptung, alles sei easy, fast ein Spiel? Macht wird auf diesem Gebiet jedenfalls kaum als solche benannt, ja inszeniert sich geradezu als Gegenpol zu selbiger, weshalb man auch nicht zur Debatte oder gar Rechenschaft stehen muss. (Vielleicht ist genau das der Dreher der mir sauer aufstösst, merke ich gerade).

Für viele die es nicht schaffen, sich zu entziehen ist es jedenfalls kein Spiel, sei es nun der Jugendliche der sich unzulänglich und abgehängt fühlt, der Student der sich an geistigen Produkten orientiert die seine Realität gar nicht erst erfassen, oder die Putzfrau die eine Milliardärskrise zu begleichen hat.

Diese Bereiche haben sich angenähert, und sind als neues Machtgefüge noch nicht voll kartiert, scheint mir.

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 01.Oct.2009 - 11:46
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dandelion
Beitrag 01.Oct.2009 - 12:20
Beitrag #21


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ZITAT(Sägefisch @ 01.Oct.2009 - 12:45) *
Damit ist dann aber noch nicht derjenige benannt, der aktiv solche Wunschwelten gestaltet. Und erst recht ist ihm damit noch nicht offen widersprochen, zumal man sich nicht einbilden sollte dass die Verfügbarkeit privater Kleinstblogs schon eine reelle Gegenstimme zu Menschen ist, die die grosse Leinwand zur Hand haben.

[...]

Irgendwas sträubt sich in mir, wenn Dinge aus konkretem Handeln entstehen, aber offensichtlich in so abgeschirmte Bereiche eingebettet sind dass die konkreten Personen nicht benannt und als verantwortlich angesprochen werden.

Ich denke, daß die Kommerzialisierung genau so wenig von Einzelnen gemacht ist wie die Gegenbewegung. Es hat für mich ein bißchen was von der Frage, wo ein Fluß anfängt (gesetzt den Fall, sein Ursprung ist nicht ein viel beregneter See ganz ganz weit oben): viele kleine Tropfen machen schließlich ein Meer. Die Maschinerie macht das folgende: sie sucht die Tropfen und beginnt, Werbung für ein neues Meer zu machen, sobald sie sieht, daß die Tropfen für einen größeren Bach genügen würden, wenn sie sich denn fänden (und teilweise schon gefunden haben).

Wer macht das? Vielevieleviele kleine Optimierungsmaschinchen, die sich ihre Daten auf vielenvielenvielen Datenspeichern anschauen - und dabei infolge ähnlicher Algorithmen zum gleichen Ergebnis kommen. Wie das Foto in einer guten alten Tageszeitung. Vieleviele Punkte ergeben ein Foto.

Warum sieht diese Wunschwelt so aus, wie sie ist... Dazu wurde hier schon viel gesagt, das mir einleuchtet. Ich versuche mal, das von mir verstandene zusammenzufassen und meine eigenen Konsequenzen mit einzubauen:
Wenn das Ideal der "Alten" lautet, adrett zu wirken, und der Vorwurf lautet, faul zu sein, wird ein junger Mensch, der "dagegen" sein will, in der Konsequenz (grob gefaßt, überspitzt, aber als Tendenz) zum legeren Workaholic. Wenn jeder Lebensbereich erfaßt wird von Perfektionierungswünschen, landen wir bei der Perversion, das Provisorium möglichst perfektionieren zu wollen. Auch das vielleicht eine Übersprungshandlung? Die perfekte Kontrolle in einer Welt, die infolge ihrer Fülle an Information aus den Händen gleitet?

Den Punkt mit Inszenierung von Macht als ihrem Gegenteil kann ich nicht nachvollziehen, bzw. in keinen Kontext stellen. Worauf willst du damit hinaus?
Kann es sein, daß ich das nicht verstehe, weil du darauf beharrst, daß die Entwicklung der Gesellschaft das Werk weniger sein soll, und ich das schlicht nicht glaube?
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sonnenstrahl
Beitrag 01.Oct.2009 - 12:33
Beitrag #22


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ZITAT(Sägefisch @ 01.Oct.2009 - 12:45) *
Gut und schön, man ist also hoffentlich frei genug, sich zu entziehen.

... noch nicht derjenige benannt, der aktiv solche Wunschwelten gestaltet. Und erst recht ist ihm damit noch nicht offen widersprochen ..
Wie überhaupt viel Fluchtstrategie ausbaldowert ist, es unserer Zeit aber (so scheint´s) an Wirkmitteln gegen menschenfeindliche Prozesse fehlt. Seien es nun parasitäre Finanzwelt, verzerrende Kulturbilder oder destruktive Politik - es gibt kaum öffentlichen Konflikt und erst recht keine Straftatbestände für manches was vielen sehr grossen Schaden zufügt.


Fluchtstrategie würde ich das Bemühen um ein frei(er)es, selbstbestimmte(re)s Leben nun nicht unbedingt nennen. Und wer soll ernstzunehmend gegen menschenfeindliche Prozesse aufstehen, wenn nicht Menschen, die mit sich im Reinen und in ihrer Kraft sind, und sich (mit) dem, was sie umgibt, verbunden fühlen? Umgekehrt: Woher soll ein Interesse an mir selbst, und eine Auseinandersetzung mit meinen Psychodynamiken* kommen, wenn nicht aus einer Haltung der Menschenliebe heraus, die nicht im eigenen Vorgarten Halt macht. Ich schlage vor, das Eine nicht gegen das Andere auszuspielen, sondern als einander bedingend anzusehen.

Wer bereit ist, eine etwas weniger pessimistische Brille aufzusetzen, wird durchaus Menschen und NGOs finden, deren Einsatz für eine lebensfreundliche Welt Einiges bewegt, sei es attac, sei es Greenpeace, seien es Medica mondiale, Amnesty International, Amnesty for Women, Plan, Ärzte (Homöopathen, Akupunktur etc.) ohne Grenzen, Medico international, action medeor usw. Im Zweifelsfalle spenden oder mitmachen ... (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

*edit: Ich rede hier nicht von den Endlosschleifen Klassischer Psychoanalyse, die evtl. nach 10 Jahren immer noch nicht "abgeschlossen" sind. Das wäre für mich in der Tat Nabelschau.

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 01.Oct.2009 - 12:41
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LadyGodiva
Beitrag 01.Oct.2009 - 12:59
Beitrag #23


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Hinter dieser maskierten Arriviertheit steckt letztenendes das oligarchische Wunderland derer, die es trotz formeller Demokratisierung der Teilhabemöglichkeiten geschafft haben, ihre Position zu behalten und potentiell gewitzte Aufsässigkeit mit quasi immer knapp erreichbarer Statussymbolik zu befrieden, oder besser gesagt: zu beschäftigen - also, eine neue Form des Mäzenatentums, das aber ganz lässig ebenso biedere Vorgaben in puncto Pflichtsoll vorlegt. Vermutlich lähmt jeder Bissen mehr vom silbernen Tellerchen Zunge und Reaktionsvermögen, als eine Form "sozialer Evolution".

Der Beitrag wurde von LadyGodiva bearbeitet: 01.Oct.2009 - 12:59
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sonnenstrahl
Beitrag 01.Oct.2009 - 13:23
Beitrag #24


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(IMG:style_emoticons/default/huh.gif) Komisch, irgendwie erinnert mich das jetzt gerade an den Thread "Chat" - in elaboriert gekleidet ...
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Sägefisch
Beitrag 01.Oct.2009 - 14:36
Beitrag #25


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Wie man´s liest.

Wir jammern also?
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DerTagAmMeer
Beitrag 01.Oct.2009 - 14:59
Beitrag #26


Adiaphora
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ZITAT(LadyGodiva @ 01.Oct.2009 - 09:18) *
Als Beispiel aus meinem persönlichen Umfeld eine Bekannte, eine sprachwissenschaftliche Magistra, die sich in ihrem in Relation zur Ausbildung schlecht entlohnten Verlagsjob um die Möglichkeit betrogen sieht, selbst schreibend tätig zu werden. Eine Vernunftentscheidung, die zu respektieren ist... oder mehr noch wäre, müsste es nicht ausgerechnet eine Wohnung im Szeneviertel, das Manufactumbücherboard oder handgenähte Stiefel sein.[...]Letztenendes hat sie ihr eigentliches Ziel (den Roman) gegen eine akademisch untermauerte, mehr oder weniger behagliche Beschäftigung "mit" (Literatur) ausgetauscht, die von ihr indirekt zu fordern scheint, hinter einer ambitionierten Fassade die Moneten für deren Kitt zusammenzusammeln.


Mal ganz platt gefragt: Bewertet sie ihr Leben selbst so oder gibt diese Skizze Deine Einschätzung ihres Werdegangs wieder?

Ich lebe zwar nicht in einem Szeneviertel und werde auch nicht auf die angesagten Parties der Reichen und Schönen eingeladen, aber die Geschichte vom "ungeschriebenen Roman" kenne ich sehr gut. Von mir selbst. Den hab ich sozusagen von meiner Mutter geerbt, die auch in einem Verlag arbeitete und immer mal wieder davon träumte eines Tages einen Roman zu schreiben. Die Oma nicht, die Großtante aber schon. Der Roman unserer Sippe wird also über die weibliche Linie vererbt und er vermag viele Mittelmäßigkeiten und Frustrationen zu kompensieren. Er versöhnt mit der eigenen Durchschnittlichkeit und verzaubert den Alltag. Er ist so ein bisschen wie die wunderschöne, temperamentvolle und kluge Geliebte am Fuße des Zuckerhutes (oder ein stattlicher Jungbauer mit eigenem Gestüt und seelenvollem Blick): weit weit weg aber eine wundervoller Grund, den schöden Alltag zu vergessen. Ohne so einen Roman lässt sich ein schöngeistiges Studium über mehr als 10 Semester ohnehin nur schwer rechtfertigen. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

In den meisten meiner FreundINNeN schlummert übrigens auch so ein heimlicher/angekündigter/gescheiterter/verschobener/fastfertiger Roman. Was weniger schlimm ist als Vollblut-Karrieristinnen glauben mögen. Er hindert uns nämlich nicht daran durchaus zufrieden mit unseren semikreativen Agenturjobs und Lehrtätigkeiten zu sein - Freude an flüssigen Gebrauchstexten, solide geklemptnerten Präsentationen und bodenständiger Finanzplanung zu empfinden. Natürlich gibt es zwischendurch ganz besonders banale Tage, an denen man lieber von Rio träumt und eine überteuerte Glitzerkette kauft ... die man nie tragen aber wie einen Schatz hüten wird. Aber das ist die Ausnahme.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 01.Oct.2009 - 17:23
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sonnenstrahl
Beitrag 01.Oct.2009 - 18:37
Beitrag #27


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ZITAT(Sägefisch @ 01.Oct.2009 - 15:36) *
Wir jammern also?


Ich bezog mich nicht auf "euch" sondern auf LG, die den Einsatz vieler Menschen für eine lebensfreundliche(re) Welt in u.a. den von mir aufgezählten NGOs meint, mit

ZITAT(LadyGodiva @ 01.Oct.2009 - 13:59) *
maskierten Arriviertheit ... oligarchische Wunderland ... trotz formeller Demokratisierung der Teilhabemöglichkeiten geschafft haben, ihre Position zu behalten und potentiell gewitzte Aufsässigkeit mit quasi immer knapp erreichbarer Statussymbolik zu befrieden, oder besser gesagt: zu beschäftigen - also, eine neue Form des Mäzenatentums, das aber ganz lässig ebenso biedere Vorgaben in puncto Pflichtsoll vorlegt. Vermutlich lähmt jeder Bissen mehr vom silbernen Tellerchen Zunge und Reaktionsvermögen, als eine Form "sozialer Evolution".


mal eben abwatschen zu müssen. Das hat für mich zunächst etwas von "Es IST scheiße, und davon bin ich nicht abzubringen."
Gleichzeitig spricht daraus eine für mich unglaubliche und nicht nachvollztiehbare Pauschal-Abwertung jeglicher Hauptamtlichkeit innerhalb solcher Organisationen . Kennst du, LG, einige solcher Menschen persönlich? Was spricht deiner Meinung nach dagegen, dass z.B. attac bei derzeit rund 20.000 Mitgliedern in Deutschland sage und schreibe 12 (!) hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt? Ob die wohl von silbernen Tellern essen? Und ihre Arbeit nur deswegen tun? Was spricht dagegen, dass eine Organisation wie Amnesty International, mit weltweit über 2 Mio. Mitgliedern und Unterstützern in mehr als 150 Staaten eine Verwaltung und lokale Sekretariate hat, deren hauptberufliche MitarbeiterInnen angemessen bezahlt werden? Ob die sich alle eine goldene Nase verdienen? Und es ihnen nur darum geht, Macht zu haben? Schmälert die Tatsache, dass Menschen in diesen Organisationen gut bezahlte Jobs und Posten haben, die Resultate, die durch ihre und die Arbeit unzähliger ehrenamtlicher Mitarbeiter erzielt wurden und werden? Dürften deiner Meinung nach sowieso nur Heilige solche Ämter bekleiden?
Zahlreiche kleine Hilfs- und Umweltschutzorganisationen, z.B. Homöopathen ohne Grenzen oder Igelschutz e.V. Hamburg arbeiten übrigens ausschließlich ehrenamtlich.


So, Schluss für heute, ich muss weg. Ins Restaurant. Worauf ich mich sehr freue.


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LadyGodiva
Beitrag 01.Oct.2009 - 19:34
Beitrag #28


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Attac ist ein gutes Beispiel für die neu strukturierte Alternativelite:
Sven Giegold, Neon nannte ihn einmal den "wichtigsten jungen Deutschen", sitzt jetzt für die Grünen in Brüssel, nachdem er Gründungsmitglied des so betont extraparteilich-organisierten Widerstands war.
*nachlesbar*:
ZITAT
Attac will als Teil der außerparlamentarischen
Bewegung einen Beitrag für eine umfassende
Demokratisierung der Gesellschaft leisten.

Ein paar Jahre zurück und er hat weitaus prominentere Vorbilder.

Das sind Karrieregestaltungen, die mir ein wenig suspekt sind.
Da ist die original Attac-Tasse noch der kleinste Schönheitsfehler.

@dtam: Es war rezidivierend ihre eigene Einschätzung, nach einem Glas Wein jedoch nicht so zynisch wie die übrige Nüchternheit. In den Momenten habe ich einiges im Prenzlauer Berg betrachten dürfen, das auf der Straße sonst nur hastig-vergnüglich vorbeizieht.

Der Beitrag wurde von LadyGodiva bearbeitet: 01.Oct.2009 - 19:59
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DerTagAmMeer
Beitrag 01.Oct.2009 - 23:12
Beitrag #29


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ZITAT(LadyGodiva @ 01.Oct.2009 - 20:34) *
Attac ist ein gutes Beispiel für die neu strukturierte Alternativelite:
Sven Giegold, Neon nannte ihn einmal den "wichtigsten jungen Deutschen", sitzt jetzt für die Grünen in Brüssel, nachdem er Gründungsmitglied des so betont extraparteilich-organisierten Widerstands war. [...]
Das sind Karrieregestaltungen, die mir ein wenig suspekt sind.


Wieso?
Ist das Europaparlament nicht ein ausgesprochen sinnvoller Ort, um globalisierungskristische Interessen zu vertreten? Ich denke schon. Sein Weg in die "Real-Politik" entwertet aus meiner Sicht weder attac als NGO noch sein persönliches politisches Engagement. Natürlich macht dieser Weg Kompromisse nötig ... aber er schafft eben auch Gestaltungsspielräume. So funktioniert doch parlamentarische Demokratie im besten Sinne, oder nicht?

Das Problem liegt (glaub ich) vielmehr darin, dass hier ein primäres Bedürfnis nach "Selbstdarstellung" (als besonders "anders"/"alternativ"/"avantgardistisch") unterstellt wird, mit dem Du überzogene moralische Ansprüchen verknüpfst.

Wieso sollte ein Sven Gielgold denn weniger bequem, genussfreudig und fehlbar sein als Du oder ich?

Ich hab jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass Engagement nicht lange anhält, wenn lediglich Eitelkeit dahintersteht. Wer sich über lange Zeit "nonprofit" für eine "bessere Welt" oder "die Kunst" einsetzt, dem liegt die Sache am Herzen und nicht der Applaus. Den gibts nämlich höchstselten. Und Gelegenheit zur Freude an der "eigenen moralischen Überlegenheit" auch nicht. Weil sich sowieso immer genug Leute finden, die ein Haar in der Suppe finden, um den eigenen Non-Plus-Ultra-Egoismus zu rechtfertigen. "Ist ja auch nicht besser, der arrogante Gutmensch, produziert schließlich auch mindestens einen gelben Sack pro Woche und schüttet Fondor in die Wurzelsuppe!"
Ja mein Gott, warum auch nicht? TROTZDEM hilft das, was er tut! Es ist besser als nichts ... es ist das beste, wozu er fähig ist ... und das ist ohnehin nie perfekt. Bei niemandem. Wer mit der eigenen Fehlbarkeit Frieden geschlossen hat, kann sich darüber freuen, dass andere die Hürden spielend nehmen, über die sie selbst immer wieder stolpert. Das ist das SCHÖNE und VERBINDENDE an einer gemeinsamen Vision und gemeinsamer Arbeit.

Ich bin nicht attac-Mitglied weil ich dort moralische Vorbilder erwarte oder ein besserer Mensch werden möchte, sondern weil ich die Organisation für unterstützenswert halte und der Kontakt eine ganz persönliche Bereicherung für mein spießiges Ökenflötenleben ist. Und ich finde es total normal, dass die Leute ebenso viele schlechte Angewohnheiten haben wie ich. Alles andere wäre mir suspekt.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 02.Oct.2009 - 05:55
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sonnenstrahl
Beitrag 02.Oct.2009 - 07:26
Beitrag #30


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Ich vergaß übrigens, bei meiner Auflistung die Verbraucher- und Jugendschutzorganisationen und -vereine zu erwähnen: Food Watch, Stiftung Warentest, Antispam e.V., Interessenverband Deutsches Internet, Mieter helfen Mietern, International Society of Drug Bulletins, Jugendschutz.net, Inhope, Childnet u.a.
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LadyGodiva
Beitrag 02.Oct.2009 - 07:42
Beitrag #31


Strøse
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Sonnenstrahl, es geht nicht um die primäre Selbstdarstellung der Organisation, sondern um die Menschen, die sie lenken.
Giegold habe ich deshalb erwähnt, weil ich es eben sehr spannend finde, dass einer mit einem MA in Wirtschaftswissenschaften (und mit einem Diss-Stipendium einer Pariser Uni, das weiß ich erst seit Wikipedia) - also jemand mit einer klassischen "Politikerausbildung" - eine erklärt außerparlamentarische Vereinigung mitbegründet, die ihn aber letztenendes unmittelbar in ein politisches und parteigebundenes Mandat gleiten lässt. Es geht also um die rätselhafte Persönlichkeit hinter der bunten Außenwirkung.
Ich gönne Herrn Giegold Büro und Sekretariat - es lässt nur vermuten, dass selbst bei attac hinter dem betont alternativen Engagement ganz traditionelles Arriviertheitsgebahren (obszönerweise incl. 180°-Kehre ab vom dezidiert Außerparlamentarischen, ganz nach Bedarfsfall) steckt, was den meisten, die für attac auf die Straße gehen, so sicher nicht bewusst ist.
Es ist ein, sicherlich ökonomisch nicht skandalöses, aber bei näherer Betrachtung doch pikantes Detail.
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robin
Beitrag 02.Oct.2009 - 10:45
Beitrag #32


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ZITAT(DerTagAmMeer @ 02.Oct.2009 - 00:12) *
Ja mein Gott, warum auch nicht? TROTZDEM hilft das, was er tut! Es ist besser als nichts ... es ist das beste, wozu er fähig ist ... und das ist ohnehin nie perfekt. Bei niemandem. Wer mit der eigenen Fehlbarkeit Frieden geschlossen hat, kann sich darüber freuen, dass andere die Hürden spielend nehmen, über die sie selbst immer wieder stolpert. Das ist das SCHÖNE und VERBINDENDE an einer gemeinsamen Vision und gemeinsamer Arbeit.



(IMG:style_emoticons/default/flowers.gif)
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sonnenstrahl
Beitrag 02.Oct.2009 - 12:21
Beitrag #33


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@ Lady Godiva:

1. Ich bin verdammt froh, dass jemand wie Sven Giegold (u.a.) für mich bei den Grünen im EU-Parlament sitzt, und sich dort für eine ökolgische Wende stark macht. Seine "klassische Politikerausbildung" und seine engagierten Erfahrungen bei attac können der Sache dabei meiner Meinung nach mehr nützen als schaden: Er hat sozusagen das Terrain zu über- und Politikertaktiken zu durchschauen gelernt, und kann in Brüssel durchaus im Sinne der Bewegung wirken, in der er seine Wurzeln hat. Säße er dort nun für die FDP, fände ich das auch befremdlich. Tut er aber nicht. Denn: "Wer den Liberalismus zum Wirtschaftsliberalismus degradiert, hat nichts verstanden und handelt zynischen gegenüber den Schwächsten und zukünftigen Generationen." (Sven Giegold auf die Frage, warum er nie in die FDP eintreten würde)

2. Interessiert es mich wirklich, was dich dazu treibt, LG, bei der Nennung von Organisationen, die sich fundiert und tatkräftig für eine Verbesserung der herrschenden, kapitalistischen Zustände und gegen großindustrielle Übermacht einsetzen, sofort nach den möglichen Würmern im Apfel zu suchen, um naserümpfend alles, was dort geleistet wird, ein kleines Zynismusbonbon lutschend, zu ... belächeln. Von einer sehr hohen, elfenbeinernen Warte herab, und fast schon triumphierend: "Ha! Da ist was pikant bei den Pseudo-Gutmenschen!". Was hast du davon?

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 02.Oct.2009 - 12:26
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LadyGodiva
Beitrag 02.Oct.2009 - 14:52
Beitrag #34


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An individuellen Schwächen habe ich wohl ähnlich großes Interesse wie du, Sonnenstrahl.

Es bleibt für mich jedoch nach wie vor die Frage, in wie weit - unabhängig vom von mir eingebrachten Beispiel - Alternativtum wirklich etwas Alternatives, Unkonventionelles darstellt, wie es denjenigen, die sich basisnäher organisieren, vermittelt wird.

Ist es in meinen Augen nicht und bleibt damit ein Apparat, der nach ganz ähnlichen Prinzipien läuft wie das, was mitunter gerade aus dem Grund kritisiert wird. Nur, dass der Macher durch vorgegebene Unkonventionalität ein wenig sympathischer zu wirken scheint, letztenendes aber an die gleichen Strippen drängt wie alle anderen.
Das ist sicherlich eine sehr probate Art, eine politische Karriere zu absolvieren - und etwas, das mich ein wenig stutzig macht.
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sonnenstrahl
Beitrag 02.Oct.2009 - 18:18
Beitrag #35


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@LG:

Was schlägst du also vor?
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Sägefisch
Beitrag 02.Oct.2009 - 19:21
Beitrag #36


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Ich habe hier nirgends eine Generalabwatschung gelesen und auch selbst keine beabsichtigt.

Vielmehr ging es ja um ganz bestimmte Segmente (mittlerweile auch Personen, wie ich sehe), nicht um alles und alle, und ursprünglich auch weniger um diejenigen die herkömmliche, leicht identifizierbare Macht qua Mandat innehaben - sondern um sich entwickelnde Schnittstellen zwischen der Produktion vorteilhafter Images, die Unangepasstheit unterstreichen sollen während genau diese Bilder sich machtvoller Requisiten und Abgrenzungen bedienen. Unter Vermeidung der Diskussion, welche Verantwortung mit der nicht ganz eingestandenen Macht einher gehen sollte und wie diese eingefordert werden kann.

Also eher um eine Grauzone und um die Frage, inwieweit diese gewollt (nicht bewußt) in der Schwebe gehalten wird.

Der Verweis auf Igelfreunde e.V. empfinde ich wiederum als ein rauszoomen aufs Ganze. An sich nicht schlimm, aber wenn ich merke daß die Wasserleitung undicht ist gehe ich ja auch nicht die Hecke schneiden damit das Haus im Gesamtbild wieder stimmt. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Also ruhig Blut, vermutlich sind sich mal wieder alle einiger als vermutet, bloss reden Lupe und Weitwinkel schnell aneinander vorbei.


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DerTagAmMeer
Beitrag 02.Oct.2009 - 19:47
Beitrag #37


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ZITAT(LadyGodiva @ 02.Oct.2009 - 15:52) *
Es bleibt für mich jedoch nach wie vor die Frage, in wie weit - unabhängig vom von mir eingebrachten Beispiel - Alternativtum wirklich etwas Alternatives, Unkonventionelles darstellt, wie es denjenigen, die sich basisnäher organisieren, vermittelt wird.


Zur Klärung dieser Frage fände ich eine Auflösung der Passivkonstruktion sehr hilfreich. WER vermittelt Dir das?
Mir vermittelt das nämlich niemand. Ich hab vielmehr das Gefühl, dass der unbändige Wunsch nach Alternativen zu einer als Selbstverleugung empfundenen Anpassung* von den "Betroffenen" als "allgemeinmenschlich" erlebt wird.
Der Wunsch nach persönlichem Ausdruck, nach Selbstbestimmung, Freiheit und Gerechtigkeit ... das sind doch keine postmodernen Innovationen, sondern ganz uralte Hüte.

Und dass engagierte Menschen "sympathischer" wären, halte ich ja nun für den Humbug schlechthin.

Mario Barth ist "sympathisch" ... oder "Kurt Krömer" (ums ein bisschen schicker zu personifizieren).
Sympathisch ist, wer mir ein gutes Gefühl gibt. Mir hilft, mich selbst sympathisch zu finden.

Dazu tragen Menschen, denen es wirklich ernst ist mit ihrer Passion, in aller Regel nicht bei.
Sie verbreiten miese Stimmung, Bitterkeit, Ratlosigkeit und gern auch mal ein schlechtes Gewissen.
Und stoßen mich zusätzlich mit der Nase auf die Leere meines eigenen Tuns.

Für die aber kann ich nur eine zur Verantwortung ziehen: Mich. Ich muss etwas an MEINEM Leben ändern, damit ich mich wohler mit mir fühle.

Edit: Und IHR ALLE AUCH, um mal klar zu stellen, dass ich absolut kein Interesse daran habe, hier "ein wenig sympathischer zu wirken"! So.

* Anpassung nicht an "normales" menschliches Leben, sondern an eine entseelte Funktionalität, die krank und bösartig macht.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 02.Oct.2009 - 20:04
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Sägefisch
Beitrag 02.Oct.2009 - 20:13
Beitrag #38


Schlaudegen.
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Worum geht´s hier gerade? Ferndiagnosen?
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sonnenstrahl
Beitrag 02.Oct.2009 - 20:20
Beitrag #39


verboden vrucht
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ZITAT(DerTagAmMeer @ 02.Oct.2009 - 20:47) *
Mario Barth ... oder "Kurt Krömer"


Kennichnich ... *zu Jutub umschalt* ... (IMG:style_emoticons/default/ohmy.gif) oh! Ach du liebes Lieschen ... nee, da will ich gleich überhaupt nicht mehr sympathisch sein *sich ins Wochenende trollt*
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DerTagAmMeer
Beitrag 02.Oct.2009 - 22:42
Beitrag #40


Adiaphora
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ZITAT(Sägefisch @ 02.Oct.2009 - 21:13) *
Worum geht´s hier gerade? Ferndiagnosen?


Genau - als Unmutsbekundung basierend auf einer Ferndiagnose mit bewusst reflektierter Neidnote und krittelndem Unterton habe ich Deinen Auftakt verstanden und für die Kehrwoche vor der heimischen Haustüre geworben statt in gemeinschaftsstiftender Gemütlichkeit über Andere die Nase zu rümpfen.

Ich weiß, dass emotionaler Seelenstriptease nicht erwünscht war, sondern lieber schön distanziert, pointiert und eloquent Gesellschaftskritik geübt werden sollte. Doch da mobilisiere ich halt ebenso reflexartig massiven Unwillen wie Du beim Anblick eines Statussymbols im Atelier.


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LadyGodiva
Beitrag 02.Oct.2009 - 23:03
Beitrag #41


Strøse
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Wenn, dann geht's doch maximal um den Handel einer bunten Kuh -
für die Alternativensuche von uns Würdsogernaussteigern gibt es inzwischen auch schon konfektionierte Angebote, die von geschulten Schneidern in gewohnter Qualität geliefert werden.
Es ist nicht verwerflicher als ein Besuch bei Starb*cks, wo ich mir hin und wieder auch einen Kaffee mitnehme.

Ich mag mir nur nicht vor lauter Begeisterung über das, was wir alle zusammen könn(t)en, einen kritischeren Blick auf jene verbieten lassen, die sich aufgrund bestimmter Verhaltensweisen oder Persönlichkeitsmerkmale innerhalb von mir sicherlich nie erfassbaren Elite offenbar sehr verlässlich zeigen, Führungsqualitäten unter Beweis stellen und sich dabei immer noch im Namen vieler engagiert zeigen, sich beispielsweise dabei aber von der Funktion - immerhin gewählter - Mandatsträger zu distanzieren.
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Sägefisch
Beitrag 03.Oct.2009 - 04:01
Beitrag #42


Schlaudegen.
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QUOTE(DerTagAmMeer @ 02.Oct.2009 - 23:42) *
QUOTE(Sägefisch @ 02.Oct.2009 - 21:13) *
Worum geht´s hier gerade? Ferndiagnosen?


Genau - als Unmutsbekundung basierend auf einer Ferndiagnose mit bewusst reflektierter Neidnote und krittelndem Unterton habe ich Deinen Auftakt verstanden und für die Kehrwoche vor der heimischen Haustüre geworben statt in gemeinschaftsstiftender Gemütlichkeit über Andere die Nase zu rümpfen.

Ich weiß, dass emotionaler Seelenstriptease nicht erwünscht war, sondern lieber schön distanziert, pointiert und eloquent Gesellschaftskritik geübt werden sollte. Doch da mobilisiere ich halt ebenso reflexartig massiven Unwillen wie Du beim Anblick eines Statussymbols im Atelier.


Dann bin ich wohl gerade Bovi, hm?

Nicht eines Statussymboles in irgendeinem Atelier. Ob Du das Deinerseits bewußt reflektierend mißverstanden hast, vermag ich nicht zu sagen, vielleicht stehe ich hier ja gerade für irgendwas. Ich habe jedenfalls versucht, mich einer Sache anzunähern und auf sie scharfzustellen so gut es für mich ging und bin dabei mal wieder auf die Metaebene namens "sollte man das überhaupt so ansprechen" geraten worden. Die Verallgemeinerung des Themas auf alle Künstler, Kreative, Alternative, Romanhüterinnen et.al. habe nicht ich vorgenommen.

Bestimmte Blickwinkel nicht zu erwünschen scheinst indes eher Du - Dein "Seelenstriptease" (wiederum nicht mein Begriff) scheint Dir jedenfalls mindestens das mutigere und legitimere(?) Mittel als Betrachterdistanz. Wenn es hier also um persönliche Themenauswahl und Betrachtungsweisen geht, ist aber fraglich ob die Art dieses Forum zu nutzen und sich hier zu äußern gleich Rückschlüsse auf rl-Generalfrust und daran gekoppelte Bequemlichkeiten zuläßt.

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Hortensie
Beitrag 03.Oct.2009 - 05:03
Beitrag #43


"Jeck op Sticker"
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Ich finde es jetzt nicht zu kritisieren, wenn man auf Menschen, die sich offensiv für eine Sache einsetzen, andere Kriterieren anlegt, als auf "Menschen von nebenan".

Sie sind ja aus der Masse herausgetreten, um aufzuzeigen, wie es besser gehen könnte.
Ich stelle dabei nicht in Abrede, dass ein solches Engagement auch ungeregelte Arbeitszeiten und massive Beschneidungen bzw. Auswirkungen auf das Privatleben slcher Menschen hat.

Andererseits kann man sie wohl kaum mit dem Bemühen von normalen Menschen vergleichen.

Ich finde z.B. Menschen, die ein größeres Erbe besitzen und sich engagieren und bei anderen ähnliches Engagement erwarten, ohne auf deren finanzielle Situation zu schauen oder nachzuvollziehen, warum jemand eben mal nicht zig Euro für die "wichtige" Sache geben kann.
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sonnenstrahl
Beitrag 03.Oct.2009 - 09:08
Beitrag #44


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ZITAT(Hortensie @ 03.Oct.2009 - 06:03) *
Ich finde es jetzt nicht zu kritisieren, wenn man auf Menschen, die sich offensiv für eine Sache einsetzen, andere Kriterieren anlegt, als auf "Menschen von nebenan".


Ja, natürlich.

Es ist fraglos ein Unterschied, ob der Pfarrer von der Kanzel runtertönt, es gehören eben Mann und Frau zusammen (implizierend, dass alles andere vor dem Gott, für den er zu sprechen meint, falsch sei) oder ob es Herr Motzmüller mit der Flasch Bier auf´m Bauch vor seiner Glotze tut, als in GZSZ eine schwule Szene gezeigt wird. Ersterer verbreitet öffentlich eine verquaste Ideologie, mit der er sich persönlich identifiziert, und das auch noch im Namen des für Viele Höchsten. In Puncto Meinungsmache hat er entschieden mehr Macht als Herr Motzmüller. Trotzdem gehört beiden der Rost runtergeholt: Dem Pfarrer von aufgebrachten Gemeindemitgliedern und ortsfernen Gästen der mit solchen Worten versalzenen Hochzeit, Herrn Motzmüller vielleicht von seiner etwas freigeistigeren Tochter, die gerade zugegen ist. Im Duett mit Mama.

Würde Sven Giegold morgens im 456 PS-Luxus-Geländewagen CK55 RS Rascasse von Karlsson Äigner zum Dienst protzen, hätte das mit Sicherheit eine andere Wirkung, als wenn das der Besitzer einer auf Großtiere spezielisierten Tierklinik tut. Ersterem wird man das mit Recht, und vermutlich bereits gleichentags, öffentlich vorhalten. Vermutlich wäre er bei Fortsetzung der Fahrten mit der Spritschleuder (trotz Bemühens um Verbrauchssenkung) auch nicht mehr lange auf seinem Posten. Letzterer schon.

Ähnlich ginge es Herrn Giegold, würde er auch nur einmal, von der Öffentlichkeit bemerkt, Finnwalfleisch oder Braunbärentatzen essen. Dabei dürfte sich der hochkarätige Tierarzt allerdings auch nicht erwischen lassen. Und es bleibt zu hoffen, dass weder der Eine, noch der Andere überhaupt Interesse daran hat.

So weit, so gut.

ZITAT(LadyGodiva @ 03.Oct.2009 - 00:03) *
Ich mag mir nur nicht vor lauter Begeisterung über das, was wir alle zusammen könn(t)en, einen kritischeren Blick auf jene verbieten lassen, die sich aufgrund bestimmter Verhaltensweisen oder Persönlichkeitsmerkmale innerhalb von mir sicherlich nie erfassbaren Elite offenbar sehr verlässlich zeigen, Führungsqualitäten unter Beweis stellen und sich dabei immer noch im Namen vieler engagiert zeigen, sich beispielsweise dabei aber von der Funktion - immerhin gewählter - Mandatsträger zu distanzieren.


Ich bin die Letzte, die irgendjemandem auf irgendetwas den kritischen Blick verbieten möchte.

Ist allerdings der kritische, um nicht zu sagen geringschätzende und basisferne Blick das Einzige, was einer zu Organisationen wie Greenpeace, attac, Food Watch, Amnesty International etc. einfällt, dann scheint es mir allmählich eher um die schlangenlinienfahrende Rechtfertigung einer Erste-Klasse-Mentalität zu gehen, in die hineinzuwachsen innerhalb mancher Berufsbilder sicherlich allzu verlockend ist. Wen interessieren da noch Wegwerfbecher und beschi**ene Arbeitsbedingungen? Hau rein, Agathe, wir ham´s uns verdient!

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 03.Oct.2009 - 09:12
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robin
Beitrag 03.Oct.2009 - 10:23
Beitrag #45


I lof tarof!
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(IMG:style_emoticons/default/unsure.gif)
Langsam verstehe ich das ganze hier nicht mehr... was geht mich denn herr giegold (nie vorher gehört) und andere typen "eigentlich" an?
Es geht auch (!!!) um ideen, die zu taten gemacht werden. Oder nicht?
Und persönlich richte ich mich viel mehr nach den taten als nach den automarken, swimming pools, etc.
Ich kanns selbstverständlich falsch und dumm finden, wenn spitzenleute inkonsequent handeln, aber es tut keinen bruch bei der sache, die sie vertreten. Egal um welche sache es geht, egal ob ich sie unterstütze oder nicht.

Diese dame oder diese hier zum beispiel haben bei mir einen erheblichen vertrauensvorschuss, und falls ich jemals herausfinde, dass sie 1xwoche zum teuersten nagelstudio der stadt latschen oder private restaurantbesuche von der steuer absetzen, dann ists mir piepegal!

Oder hocke ich auf dem schlauch und habe den plot der diskussion hier völlig missinterpretiert?!?
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DerTagAmMeer
Beitrag 03.Oct.2009 - 10:28
Beitrag #46


Adiaphora
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ZITAT(Sägefisch @ 03.Oct.2009 - 05:01) *
Dann bin ich wohl gerade Bovi, hm?
[...] vielleicht stehe ich hier ja gerade für irgendwas.


Nein, bist Du nicht (IMG:style_emoticons/default/smile.gif) Und in der Tat steht Du zwar nicht "für irgendwas", kriegst aber schon stellvertretend für einen ganzen Haufen beiläufig geäußerte Gedankenlosigkeiten die Diskussion verpasst, die ich mir gegenüber Fremden, die sich ja gar nicht mit mir unterhalten wollen und auch nicht darum gebeten haben belauscht zu werden, meist mühsam verkneife.

Da wär z. B. das fast schon rituelle "also DAS könnte ich auch" in Museen und Galerien. Gern pariert mit der Geschichte über die von Schimpansen gemalten Bilder und all die depperten Kommentare der an der Nase herumgeführten Kunstkritiker.

Gern auch die fassungslose Empörung, wenn all jene, die doch schließlich "was mit Menschen machen wollten" nicht bereit sind, ihrer "Berufung" zu jeder Tages- und Nachtzeit zuschlagsfrei bis unentgeltlich nachzukommen.

Die Selbstverständlichkeit, mit der von Kindergärtnerinnen erwartet wird, dass sie die Verspätungen von Eltern mit "echten" Berufen hinnehmen.

Die Logik nach der alle, die für einen gemeinnützigen Verein (wie z. B. den Tierschutz) arbeiten, dies gefällig selbstlos, ohne wirtschaftliche Interessen und mit konsequentem Verzicht auf ein Privatleben tun sollen.

Die ungezügelte Profitgier und Gewissenlosigkeit von Menschen, die nach Internatsabschluss und Jurastudium mittels Parteizugehörigkeit und Verbindungswesen machtvolle Seilschaften nutzen, um sich über die Rücken Anderer an die Spitze zu kämpfen, wird hingegen als "Naturgesetz" hingenommen. "Die sind halt so".

An das Gewissen von Managern und Spekulanten appelieren? Naiv und lächerlich.

Da ist es naheliegender die Sozialarbeiterin an ihre "soziale Verantwortung" zu erinnern, die Pastorin an ihre "Vorbildfunktion", die Bildhauerin an ihre "leidenschaftliche Hingabe an die Kunst, selbst wenn sie nicht zum Broterwerb reicht" und die Philosophin an ihre "gesellschaftskritischen Pflichten".

Schließlich werden sie ja dafür bezahlt, allgemeinmenschliche Lebensbereiche abzudecken, für die in vielen Lebensläufen einfach kein Platz ist.

Nächstenliebe, Wahrheitsliebe, Spiritualität, Authentizität, persönliches Scheitern, Verzicht, Aggression, Sexualität und Phantasie werden "geoutsourct", um beruflich und privat wettbewerbfähig zu bleiben.
Damit wird das LEBEN eines "Berufsalternativen" ganz heimlich still und leise zur gewährleistungspflichtigen Dienstleistung. Und die geneigte "Wochenmarktbesucherin" fühlt sich persönlich betrogen, wenn sie die "alternative Korbmacherin" eine Woche später bei bei Aldi Tütenbrot kaufen sieht. Schließlich hat sie 50 Euro für den ideelen Mehrwert eines handgearbeiten Landfraueneinkaufskorbs hingelegt.

Und wieso wird von Heilpraktikerinnen eigentlich erwartet, dass sie bis ins Greisenalter pupsgesund, beschwerdefrei und weise durchs Leben schweben, während besonders erfolgreich spezialisierten Schulmedizinern menschliche Schwächen und die Vernachlässigung der eigenen Gesundheit ganz selbstverständlich zugestanden werden, mittlerweile schon regelrecht zum Dr.-House-Mythos dazu gehören?

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 03.Oct.2009 - 11:36
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sonnenstrahl
Beitrag 03.Oct.2009 - 10:51
Beitrag #47


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Klar, robin. Mir wär´s auch egal, wenn sie DAS täten.

Aber wenn du erführest, dass Monika Hauser ein mit Zwangsprostituierten aus Kriegsgebieten bestücktes Frauenbordell frequentieren würde, dann könntest du deinen Vertrauensvorschuss vermutlich nicht aufrecht erhalten. (Zum Glück ist das nicht zu erwarten ...)

Und genau da hakt wahrscheinlich dieser Thread:
Es geht hier nicht um unglaubliche, alles, für was bestimmte Menschen stehen, infrage stellende Inkonsequenzen weit jenseits des ethisch Vertretbaren, sondern engagierten Menschen wird vorgeworfen, dass sie sich nicht in Sack und Asche oder Kaufhauspassagen-Chic kleiden mögen, dass sie im Restaurant der mit dem "Bocuse d´or" ausgezeichneten Starköchin Cornelia Poletto gesehen wurden, oder dass sie zum Starfigaro gehen.
Als würde das ihre Leistungen zunichte machen.

Hallo?
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Rafaella
Beitrag 03.Oct.2009 - 11:31
Beitrag #48


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ZITAT(robin @ 03.Oct.2009 - 11:23) *
(IMG:style_emoticons/default/unsure.gif)
Langsam verstehe ich das ganze hier nicht mehr...


robin, ich auch nicht, ich kann aber mich btw über den ersten interessanten Thread seit Monaten freuen. das ist doch schon mal was.

Dtam ist ja nicht gerade 45+ - ansonsten würde ich spekulieren, dass es hier auch um ein Thema zwischen verschiedenen Generationen geht bzw. der Threaderöffnerin um die Aufarbeitung ihrer alternativen "Zwangssozialisation".

Wenn ich das Thema "Wer hat die Moral und wer nicht" 1:1 übersetze, kann ich daran auch etwas verstehen in der Erinnerung daran, wie wir (Generation 45+) "damals" meinten, die Moral, das Recht und auch die Dialektik auf unserer Seite zu haben...

Der Beitrag wurde von Rafaella bearbeitet: 03.Oct.2009 - 11:34
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Lucia Brown
Beitrag 03.Oct.2009 - 11:34
Beitrag #49


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@ Sägefische - Ich habe da eine Frage: "Was wünscht du dir?"

lg

Lucia Brown
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Sägefisch
Beitrag 03.Oct.2009 - 11:51
Beitrag #50


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QUOTE(DerTagAmMeer @ 03.Oct.2009 - 11:28) *
einen ganzen Haufen beiläufig geäußerte Gedankenlosigkeiten


Einen Haufen oder meinen? Nur daß ich noch mitkomme, ich beziehe mich nämlich nach wie vor auf eine umrissene Fraktion, und bekomme hier gleich ganze Großstadtviertel und westdeutschen Mainstream entgegen gehalten. Wie ich an die übrigen Ehren von Banausentum bis Heilpraktikerelend geraten bin - kommt es daher daß ich mir Detailbetrachtungen leiste? Besonders gehaltvoll finde ich den Vorwurf, man habe tausenderlei anderes nicht gleich mit bemängelt/beachtet/, jedenfalls nicht.

Man wird immer ein Gesamtbild finden können das sich vermissen läßt, und damit letztlich jedes Thema unterbinden.

QUOTE(sonnenstrahl @ 03.Oct.2009 - 11:51) *
engagierten Menschen wird vorgeworfen, dass sie sich nicht in Sack und Asche oder Kaufhauspassagen-Chic kleiden mögen, dass sie im Restaurant der mit dem "Bocuse d´or" ausgezeichneten Starköchin Cornelia Poletto gesehen wurden, oder dass sie zum Starfigaro gehen.


Keine Ahnung ob das an mich ging, aber hilft solche Polemik? Eine so ungenaue Anti-Konsum-Dampfwalze wie Du sie unterstellst habe ich hier bislang nicht gesehen.

Edit: präzisiert.

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 03.Oct.2009 - 11:59
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Sägefisch
Beitrag 03.Oct.2009 - 11:58
Beitrag #51


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QUOTE(Lucia Brown @ 03.Oct.2009 - 12:34) *
@ Sägefische - Ich habe da eine Frage: "Was wünscht du dir?"

lg

Lucia Brown


Gegenfrage: Muß man sich in Verbindung mit Diskussion etwas wünschen, um nicht technokratisch zu sein?

Und falls Dein Posting nicht "so" gemeint war: ich beschäftige mich ab und zu gerne damit, laienhaft nachzugraben, wo welche Leute an langen Hebeln sitzen und welcher Mittel sie sich offen oder versteckt bedienen. Weil mir zuviel anonym geschoben und gerückt wird.
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Lucia Brown
Beitrag 03.Oct.2009 - 12:21
Beitrag #52


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@Sägefisch - Ich verstehe deine Gegenfrage nicht. Würdest du sie mir bitte erklären, damit ich antworten kann?


lg

Lucia Brown


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DerTagAmMeer
Beitrag 03.Oct.2009 - 12:42
Beitrag #53


Adiaphora
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ZITAT(Sägefisch @ 03.Oct.2009 - 12:51) *
Nur daß ich noch mitkomme, ich beziehe mich nämlich nach wie vor auf eine umrissene Fraktion, und bekomme hier gleich ganze Großstadtviertel und westdeutschen Mainstream entgegen gehalten.


Zur Mitkommen zitiere ich mich jetzt mal selbst:
ZITAT
Ich befürchte, den Dreher verstehe ich einfach nicht. Vielleicht habe ich auch einfach andere Menschen im Blick.

ZITAT
Ich lebe zwar nicht in einem Szeneviertel und werde auch nicht auf die angesagten Parties der Reichen und Schönen eingeladen, aber die Geschichte vom "ungeschriebenen Roman" kenne ich sehr gut. Von mir selbst.


Es ist sogar höchst wahrscheinlich, dass ich weder das von Dir gemeinte Arte-Magazin gesehen habe, noch dem macbegeisterten Nachwuchskünstler je begegnet bin. Mit Szene-Klamotten kenne ich mich auch nicht aus - und lasse mir aus diesem Grunde jedes Jahr von einer Freundin ein "cooles T-Shirt" zum Geburtstag schenken, um für besondere Gelegenheiten gerüstet zu sein. Auch, dass die von LG erwähnte Germanistin zu meinem engeren Freundeskreis zählt, kann ich definitiv ausschließen.

Wenn Deine Detailbetrachtung also mit all dem nichts zu tun hat, was hier angesprochen wurde, und wir alle total am Thema vorbei diskutiert haben, dann wäre es vielleicht doch gar keine so schlechte Idee, Deinen Standpunkt ein wenig persönlicher zu formulieren und selbst ein klein bisschen sichtbarer zu werden. Persönliche Antworten zu geben statt mit Gegenfragen zu parieren.

Und wenn Dir das unangenehm, unangebracht oder einfach blöde ist, dann ist es eben einfach eine Diskussion, die mit Deiner Intention zwar nix gemein hatte aber allem Anschein nach die ein oder andere Userin bewegt.

Welche Mechanismen auch immer Du im Blick hattest - Du hast zu ihrer Beschreibung Bilder und Begriffe gewählt, die für mich so verknüpft sind, wie ich es hier geschrieben habe. Meine eigene "Midlifekrisis" ist unter einem anderem Thema dokumentiert. Und Du hast recht: ich zog es vor, von mir selbst zu sprechen. Butter bei die Fische zu geben. Nicht weil ich das für die legitimere Betrachtungsweise halten würde, sondern weil ich mir wirklich Rat und Hilfestellung erhofft habe. Und dazu ist es nunmal notwendig verstanden zu werden.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 03.Oct.2009 - 13:08
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Sägefisch
Beitrag 03.Oct.2009 - 13:19
Beitrag #54


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Mein Eindruck war, mir würde vorgehalten daß ich Bioladenkunden, Galeriebesucher und Attacsympathisanten nebst Verwandtschaft als Masse und Individuum komplett zur Askese einreihen will. Jedenfalls schienen sich hier recht bald Leute persönlich gemeint zu fühlen.

Mir ging es aber darum, einzukreisen wie sich bestimmte Hoheitsansprüche auf öffentlichem, kulturell-intellektuellem Gebiet äußern, und inwiefern ein gewisser Habitus dazugehört. Und welche Widersprüche sich dort eventuell andeuten oder gar manifestieren.

Es tut mir ja schrecklich leid daß ich offensichtlich so wenig Talent zu dem alten Ideal von sich-geben mitbringe - es handelte sich jedenfalls tatsächlich um eine Betrachtung, sicher mit meinem eigenen Blick der gerne wissen will wer da meint, mir etwas gewichtiges zu sagen zu haben. Meinetwegen bin ich einfach sehr defensiv, aber wieso sollte dieser Umstand gleich das Thema ersetzen?

Meine Gegenfrage kam letztlich auch daher. Wenn ich nach Wünschen gefragt werde, wird damit in den Raum geworfen daß solche einfach dazu gehören, und ich mich nur aus irgendeiner unbedingt konstruktiven Utopie heraus zu äußern habe. Damit wird schon mal was vordefiniert was ich gar nicht als Begrifflichkeit teile, und heute war mir da mal nach abstecken.


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Lucia Brown
Beitrag 03.Oct.2009 - 13:26
Beitrag #55


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Noch habe ich mich "nur" mitlesend am Thema hier beteiligt. Die Diskussion kann tagelang so weiter geführt werden, wenn nicht auch über das "Thema" Neid geschrieben wird. Im Eröffnungsbeitrag von Sägefisch wurde Neid als leichte Erklärung erwähnt.

Ich bin der Meinung, dass Neid nicht leicht erklärbar ist.



lg

Lucia Brown

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Sägefisch
Beitrag 03.Oct.2009 - 13:30
Beitrag #56


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Zu komplex um leicht erklärbar zu sein, aber in vielen Lebenslagen angesichts von Eliten dennoch eine leichte Erklärung. Gegen eine wie mich zum Beispiel.
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DerTagAmMeer
Beitrag 03.Oct.2009 - 13:47
Beitrag #57


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Und wieso nicht für "eine wie Dich"?
Neid weist ja nun in erster Linie auf ein Bedürfnis, ist ein sehr ehrliches Gefühl und eröffnet durchaus die Konstruktion einer (bescheidenen) Utopie.

Es ist ja nicht die erste "Meinungsverschiedenheit" zwischen uns, die für mich persönlich eigentlich immer von dem Gefühl begleitet werden, zwischen den Zeilen einen recht ähnlich eingestellten Fokus auf die Welt zu haben.
Das kann natürlich auch pure Einbildung sein.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 03.Oct.2009 - 13:49
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Sägefisch
Beitrag 03.Oct.2009 - 13:53
Beitrag #58


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Dieser Thread wurde nicht aus einem Neidgefühl heraus eröffnet. Dann ginge es um ganz andere Dinge.

Und ja, ich reagiere etwas empfindlich auf den Begriff (nicht den Umstand), weil ich ihn aus meinen Politikforen-Tagen nur zu genau kenne. Da war ganz schnell sozialneidisch, wer Kaisers Kleider zu vermissen wagte. Ist in Tagen der Umverteilung Marke Saugtrichter ein Totschlagargument.

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 03.Oct.2009 - 13:53
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dandelion
Beitrag 03.Oct.2009 - 14:10
Beitrag #59


don't care
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ZITAT(DerTagAmMeer @ 03.Oct.2009 - 13:42) *
Wenn Deine Detailbetrachtung also mit all dem nichts zu tun hat, was hier angesprochen wurde, und wir alle total am Thema vorbei diskutiert haben, dann wäre es vielleicht doch gar keine so schlechte Idee, Deinen Standpunkt ein wenig persönlicher zu formulieren und selbst ein klein bisschen sichtbarer zu werden.

Danke - ich glaube, das ist mein Problem mit dem Beharren auf der Gesellschaftskritik - wenn ich richtig verstanden habe, suchst du, Sägefisch, nach Einzelnen, die den von dir kritisierten Trend initialisiert, "inszeniert" haben. Meiner Überzeugung nach gibt es diese Individuen nicht, und ich wüßte gerne, wie du zu dem Standpunkt kommst, daß es sie gibt. Ich nehme die "Kreativen" eher als eine aus Geschäftssinn kommerzialisierte Stampede wahr - geboren aus dem Wunsch, einerseits Wohlstand zu zeigen, andererseits aber durch das stilisierte Understatement Neidern zu entkommen.
Ich frage mich, warum sich unter deutschen Dächern so viele Menschen aufhalten, die der Meinung sind, daß Armut einen moralischen Vorteil bietet. Die hämisch auf Vielverdiener blicken, ihnen unendlich ankreiden und vor Schadenfreude nur so beben, wenn sie beim Mist bauen erwischt werden - selbst aber für sich in Anspruch nehmen, die selben Gaunereien begehen zu dürfen. Hat es die Propaganda der Sat1-Nachrichten wirklich schon so weit gebracht? (für alle, die sich mal eingedenk des Wunsches, Nachrichten mögen neutral sein, so richtig gruseln wollen, empfehle ich wärmstens ein tête-à-tête mit Peter Limbourgs Informationen über das Tagesgeschehen)
Übrigens wird auch aus der Mißgunst und Schadenfreude der Menschen mehr Kapital geschlagen denn je. Doku-Soaps ersetzen das eigene Leben durch das schadenfrohe Beobachten der anderen. Dokus übers Auswandern vermitteln die Botschaft "zuhause ist es doch am schönsten".
Marx behauptete "Religion ist Opium für das Volk." Wir brauchen keine Religion. Wir haben Privatfernsehen.


Kannst du mir erklären, wie du zu der Annahme kommst, daß die Richtung der Kreativen inszeniert und nicht gewachsen ist?
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Lucia Brown
Beitrag 03.Oct.2009 - 14:16
Beitrag #60


- keep it up you go girl -
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Die eine Suppe kann nicht mit der anderen Suppe totgeschlagen werden. Das geht für mich nicht. Totgeschlagen wird gerade die Suppe, die über den Tellerrand läuft. Da, am Rand, wird es für mich interessant, zuschauen, zu schreiben, zu überlegen... was hat die eine Suppe mit der anderen zu tun?

lg

Lucia Brown
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Sägefisch
Beitrag 03.Oct.2009 - 14:50
Beitrag #61


Schlaudegen.
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QUOTE(dandelion @ 03.Oct.2009 - 15:10) *
Kannst du mir erklären, wie du zu der Annahme kommst, daß die Richtung der Kreativen inszeniert und nicht gewachsen ist?


Inszeniert ist nicht das Entstehen dieser Berufsfelder bzw. der Eliten derselben (Medien, Konzepte, Berufsdurchblicker, auch bestimmtes akademisches Personal) aber man gibt sich ein Gesicht, eine Anziehungskraft, einen Habitus, Lifestyle.

Es scheinen neuere Formen von Einfluss und Etabliertheit zu existieren, deren Akteure den Nimbus des Stachels behaupten - aufgeklärter, unabhängiger, schneller. Und die dabei schon längst Plätze einnehmen deren Strahlkraft und (mittlerweile machtaffine) Natur sie entweder nicht kapieren oder leugnen.

Ich glaube daß es etwas ausmacht, wie sich beispielsweise bild- und ideengebende Tätigkeiten besetzen und rekrutieren. Oder daß in EU-internen Assessmentcentern die Verwaltungsschulen einiger Nationen offensichtlich besonders gut durchkommen. Wer wo sitzt und wovon angetrieben wird.

Sowas interessiert mich, weil Macht sich derzeit sehr stark ummorpht und früher von ihr abgegrenzte Bereiche vereinnahmt, und einige ihrer Formen im herkömmlichen Rahmen kaum unterzubringen und zu sortieren sind. Intransparenz.

Wie oft habe ich das jetzt eigentlich umformuliert?
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sonnenstrahl
Beitrag 04.Oct.2009 - 00:07
Beitrag #62


verboden vrucht
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Du hast wohl Recht, sägefisch:

Es gibt Menschen, deren zuvorderstes Interesse an Macht und Berechnung erschreckend ist. Getragen von etwas, das mit "narzisstisch gestört" wohl recht treffend benannt ist (Womit ich keinesfalls behaupten möchte, dass mir von mir selbst solche Regungen gänzlich unbekannt wären): "Ich" muss mich abheben von "denen dort". Weit über ihnen glänzen. Begeistert von mir sein - weil ich mich besser fühle als "die". Das Schlimmste, der blanke Horror wäre, darin zu versagen ...

Ich begegne solchen Menschen, die überdurchschnittlich häufig Posten im Medienbereich/Grafiksektor/Marketing innehaben, direkt, d.h. vis a vis, in der Regel erst dann, wenn ihr ausgefeiltes Selbst-Konstrukt am Zusammenbrechen ist. (Und natürlich sind es längst nicht alle, denen das irgendwann geschieht.) Menschen die sich oft lange Zeit panisch an die Hoffnung klammern, an den zielstrebig geschaffenen Ort ihres identitätsstiftenden Wirkens und Schaltens zurückkehren zu konnen - repariert und gut abgeschirmt gegen erneute innersystemische "Störungen".
Was da stört, diese ungeliebten, abgespaltenen Anteile, werden als "die da" empfunden. "Damit will ich nichts zu tun haben." "Machen Sie doch einfach, dass es mir wieder gut geht. Ich will wieder die/der Alte sein."
Ohne ihre Jobs fühlen sie sich sehr häufig wie NICHTS. Oder zumindest klein, völlig unbedeutend. "Keiner braucht mich mehr." "Ich halte die Stille hier nicht aus." Manche sitzen in jeder Zeitlücke am Laptop.
Berührbarkeit, Verletzlichkeit und Mitgefühl sind für viele zunächst nur neue Erlebnisausflugsziele während einer vom eigenen Körper aufgezwungenen Auszeit, zu denen sie höchst ungern zurückkehren möchten. Etwas, über das man bestenfalls reden kann: "Ich habe eigentlich auch einen ganz weichen Kern." Macht sympathisch. Lässt sich einsetzen. Man doziert in illustrer Runde über das seltsame Tier Psyche. Man hat sich vorübergehend wieder im Griff. Dumm nur, dass die Bauchschmerzen/das Herzrasen/die massiven Schlafstörungen etc. immer wiederkommen ...

Ich muss gestehen: Mitzukriegen, in welchem Ausmaß nicht wenige Menschen zum Schaffen eines monströsen, unglaublich eitlen Bildes von sich getrieben sind, wie weit sie von sich selbst - von ihren für die Macht nicht verwertbaren Anteilen - entfernt sind, wie sehr ihr Ego über jeden Schmerz letztenendes triumphieren will, ungeachtet der Tatsache, dass es ein Triumph über die eigene Seele sein muss, deren Botschaften einfach nur nerven, das gruselt mich schon regelmäßig. Auch weil ich weiss, was für andere daraus erwachsen kann.

Dennoch weigere ich mich, in ihnen ein Feindbild zu sehen. Nicht dass ich nicht wüsste, wie (leicht) das geht. Nicht, dass ich solche Anteile in mir nicht bestens kennen würde. Es erfordert eine Menge Menschenliebe, Erfahrung, und immer wieder auf´s Neue Selbstreflektion und Präsenz, eigene Feindbildgedanken wahr- und für unwichtig zu nehmen. Ich sehe einfach keinen Sinn darin, im Feindmodus zu denken. (Ehrlich gesagt: Mein gesamtes Feindbildpotential konzentriert sich auf die jährliche Steuererklärung. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) )
Stattdessen versuche ich, wie bei allen anderen auch, als berührbarer Mit-Mensch an ihrer Menschlichkeit, Fehlbarkeit, Fähigkeit zur Liebe anzuknüpfen. Versuche, wirklich in Resonanz zu gehen. Was immer ein Stück weit möglich ist. An meinen "guten" (präsenten, klaren, offenen)Tagen gelingt es mir mehr, an "schlechteren" (etwas abwesenden, verschlosseneren) Tagen weniger. Wenn auch nie gesagt ist, wie nachhaltig dieses Berühren und Berührtwerden nachwirkt. Nachwirken darf. Es sind halt momentane Begegnungen, keine technischen Anwendungen. Ich bin, in all meiner Menschlichkeit, Teil davon. Und ich sehe Tag für Tag, dass sich, wenn, dann nur so in der Tiefe, wirklich in der Tiefe der Seele, etwas bewegt ... und manchmal zur Öffnung (für sich selbst und das, was dieses Selbst umgibt) kommt. Sogar bei Machtmenschen.

Von hier aus möchte ich einen Bogen spannen zu etwas, was ich (u.a.) in diesem Thread beobachte (und mitgestalte):

Es gibt Userinnen, bei denen höre ich fast grundsätzlich ein "Wir" heraus, wenn sie sich über Missstände aufregen. Es sind für sie - so, wie es bei mir ankommt - immer letztenendes Missstände in den eigenen, nämlich menschlichen Reihen.

Andere höre bzw. lese ich viel bis sehr viel von "die" reden, während sie sich selbst völlig außen vor lassen: "Die" glauben, dass sie die besseren Menschen sind. "Die" haben Dreck am Stecken. Da steckt doch noch was Anderes dahinter bei "denen". "Die" nutzen ihren Posten aus. "Die" sind machtgeil. "Die" rotten sich zusammen. "Die" haben uns in der Hand. Usw.
Diese Art von Distanznahme mag zeitweilig hilfreich sein, um die eigene Position überhaupt erstmal zu verorten. Als Dauerbasis empfinde ich sie als ausgesprochen unfruchtbar.

Manches, was in den Beiträgen steht, liegt irgendwo dazwischen. Oder pendelt (wie ich das bei z:B. dir, sägefisch, oft empfinde) von hier nach da.

Im "wir" schwingt für mein Empfinden ein Sich-Einlassen auf das große Miteinander mit, ein Preisgeben, ein persönliches Nachfragen, ein Interesse an der Anderen, selbst wenn sie (scheinbar) komplett anderer Meinung ist, wie auch durchaus Empörung, sich verraten fühlen vom "Du", gesunder, mitunter recht direkt ausgerichteter Groll oder Zorn, Auflehnung, Streitlust ...

"Die" hingegen sind "die" Doofen dort, irgendwo, wo "ich" nicht bin, und "die" glauben doch tatsächlich, sie könnten es besser machen. Und während "die" das glauben, fallen sie entweder, blöd wie sie sind, auf "die" Mächtigen rein - oder sie sind selber an der Macht. "Die" beleidigen "uns". "Die" greifen uns an. Gegen "die" muss ein Bollwerk aufgefahren werden.

Beim "Die" möchte ich das ansiedeln, was ich an anderer Stelle an dich, LG, gerichtet, "Erste-Klasse-Mentalität" genannt habe. Ich sehe darin eine Form des Sich-Ausklinkens (von vielen). Wahrscheinlich nur Vorübergehend. Vielleicht beim Schreiben viel mehr als im persönlichen RL-Zusammensein. Es ist eine Haltung, die eingenommen und verlassen werden kann. Von jedem, der es will. Ich schließe nicht aus, dass auch ich mich dann und wann in die "Die da"-Denke verirre. Klar ist für mich: Niemand IST so. Davon bin ich überzeugt. Und es ist mir wichtig, dass ihr das wisst.

Und nun: Gute Nacht allerseits.

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 04.Oct.2009 - 00:38
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DerTagAmMeer
Beitrag 04.Oct.2009 - 12:54
Beitrag #63


Adiaphora
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Vielleicht macht es ja Sinn, sich zunächst auf einen Bezugsrahmen zu einigen, um einzelne Beobachtungen zu verorten.

Rafaella hat bereits den Begriff "Dialektik" ins Spiel gebracht und die Schwierigkeit angesprochen, wenn Menschen unterschiedlicher Generationen mit unterschiedlichen Theoriegerüsten im Kopf gemeinsam versuchen "Zeitgeschehen" zu interpretieren.

Da mir bei der Auseinandersetzung mit der hegelschen Idee (und ihren "kritischen" Niederschlägen bei Marx, Engels und innerhalb der Frankfurter Schule) der Kopf eher schwirrt als dass "Geist und Mammon" für mich verständlicher werden würden, schlage ich ein zyklisches Weltbild als "Schablone" vor.
Etwa in der Form, in der es einerseits Machiavelli vertreten hat (und es den Vertreterinnen neoliberaler Positionen deshalb bekannt sein dürfte) ... es andererseits aber auch den meisten esoterischen Weltanschauungen zugrunde liegt (also den Hexen und Ökenflöten unter uns aus diversen Quellen vertraut ist).

Da auf Wikipedia bereits eine griffige Definition erarbeitet wurde, erlaube ich mir mal zu zitieren:

ZITAT(Niccolo Machiavelli @ Wikipedia)
Zunächst befindet sich eine Gesellschaft in Anarchie oder einer tiefen Krise. Diese wird durch die Herrschaftserrichtung eines Anführers (uomo virtuoso) überwunden, welcher dann feste Institutionen schafft. In einem weiteren Schritt konsolidiert er dieses politische Gebilde, doch um ihm Festigkeit zu verleihen, muss es in eine republikanische Form gebracht werden. Sobald sich die Bürger auch mit diesem Gemeinwesen identifizieren, ist der Zenit der Entwicklung erreicht: der Abstieg muss früher oder später beginnen. Dieser setzt durch den Verfall der Sitten ein (beginnend bei den herrschenden Schichten) und setzt sich mit dem Verfall der Institutionen fort. Diese Entwicklung endet wiederum in einer tiefen Krise oder in Anarchie.


Wir können uns auf diesem Hintergrund wohl recht schnell einigen, an welchem Punkt "der Geschichte" sich unsere westliche Zivilisation gerade befindet.
Insofern stünde es an, konkrete Ausprägungen des sittlichen und konstitutionellen Verfalls zu benennen. Auch das dürfte uns nicht schwer fallen.
Wir könnten uns auch den Kopf darüber zerbrechen, ob und wie der Fall aufgehalten, der Aufprall, das Chaos verhindert werden kann.
Dazu fehlt es mir persönlich an Blauäugigkeit und Optimismus.

Was also tun, wenn man erkennt, dass der Patient unheilbar erkrankt, das System unrettbar korrumpiert ist?

Welche innere Haltung kann ein Mensch dieser Generation einnehmen?

Für mich persönlich ist sie mit einem Begriff belegt: Palliation, zu deutsch Linderung.
Ziel ist die bestmögliche Anpassung an die gegebenen Verhältnisse, ohne gegen den zugrundeliegenden Defekt oder die zugrundeliegende Erkrankung selbst zu wirken.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 04.Oct.2009 - 13:25
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Mausi
Beitrag 04.Oct.2009 - 15:35
Beitrag #64


Mama Maus
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Auf die Gefahr hin, dass ich mich nun lächerlich mache (Anmerkung: Ich habe nun 2 1/2 oder 3 Seiten des Threads gelesen - mehr ist mir nicht möglich und da habe ich - aufgrund nachfolgender Erklärung/Frage - keinen Bock mehr, platt gesagt).

Kann mir mal bitte jmd. in 3 Sätzen (dürfen auch gerne 5-6 sein (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) ) erklären, worum es als allererstes ging? (ich verstand es nämlich als "Gegenstrom gg. Kapitalismus bedient sich selbst sehr teurer Güter"
Gerne auch weniger kompliziert & mit mglst. wenig Fremdwörtern, die rauben mir derzeit die Kraft zum Denken.

Kann mir dann nochmal jmd. (oder die Selbe) erklären, worum es in der Zwischenzeit ging & was bitte konkrete Personen damit zu tun hatten?

Und bitte - weil die letzten 1 1/2 Seiten schaff ich nun nicht - in nochmal wenigen Sätzen erklären, wo die Diskussion nun angelangt ist?

Ich verstehe komplizierte Beiträge ja meist - aber 30 oder mehr dieser Sorte verschaff ich nicht.

Es grüsst freundlich, interessiert & sich manchmal äußerst Dumm fühlend & nun selbst in Schachtelsätze verpackte
Mausi

(mit der Frage im Hinterkopf, ob es manchmal Absicht ist, dass Beiträge so verpackt werden, dass erst 3 Mal gelesen werden muss - außer man ist tgl. ins Vokabluar eingeführt - oder ob es eine natürliche Sondierung ist, dass nur mit einer Handvoll diskutiert werden kann, die dann nicht die Lust verlieren.
Somit hat man dann ja auch weniger Meinungen)

Der Beitrag wurde von Mausi bearbeitet: 04.Oct.2009 - 15:37
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sonnenstrahl
Beitrag 04.Oct.2009 - 16:19
Beitrag #65


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Grüß dich, Mausi,

ich finde überhaupt nicht, dass du dich lächerlich machst - und ich kann deinen Unmut bzgl. der hochgeschraubten Sprache verstehen.

So wie ich es verstanden habe, diente das, was du im folgenden Satz
ZITAT(Mausi @ 04.Oct.2009 - 16:35) *
"Gegenstrom gg. Kapitalismus bedient sich selbst sehr teurer Güter"

gut auf den Punkt bringst, als Indiz dafür, dass es Menschen geben soll, die die Alternativbewegung unterwandern, und sie sich für ihre eigene Bereicherung und ihren persönlichen Machtzuwachs gefügig machen.

Zwischenzeitlich ging es dann in meinen Augen, kurz gesagt, darum, welches Menschenbild die Einzelne hier hat, oder in dem, was Andere schreiben, zu erkennen meint. Und darum, ob es mehr Sinn macht, das Ganze aus der Distanz, oder aus der persönlichen Erfahrung heraus anzugehen.

Momentan versuchen wir gerade (nach meinem Verständnis) einen Zugang zueinander zu finden, der es uns ermöglicht, weniger aufeinander rumzuhacken, und uns mehr zum Thema zu äußern. Wenn wir uns denn darüber einigen können, welches das Thema ist. Oder uns zugestehen, dass jede sowieso ihren eigenen Kuchen bäckt, mit den Zutaten, die ihr entgegenspringen. Was ja trotzdem Spaß machen kann, und die eine oder andere neue Erkenntnis bietet. (Ich jedenfalls hab meine Freude an diesem Potpourri.)

Kannst du damit was anfangen?
Andere würden dir vermutlich ganz was Anderes "erklären".

Herzliche Grüße,

sonnenstrahl

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 04.Oct.2009 - 16:21
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DerTagAmMeer
Beitrag 04.Oct.2009 - 16:40
Beitrag #66


Adiaphora
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ZITAT(Mausi @ 04.Oct.2009 - 16:35) *
Kann mir mal bitte jmd. in 3 Sätzen (dürfen auch gerne 5-6 sein (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) ) erklären, worum es als allererstes ging? (ich verstand es nämlich als "Gegenstrom gg. Kapitalismus bedient sich selbst sehr teurer Güter"
Gerne auch weniger kompliziert & mit mglst. wenig Fremdwörtern, die rauben mir derzeit die Kraft zum Denken.


Hallo Mausi,
leider kann ich das nicht. Das liegt auch an Missverständnissen, die sich für erst jetzt langsam und stückchenweise klären.

Mittlerweile hab ich sämliche Beiträge mehrmals gelesen weiß immernoch nicht, wo der "Dreher" liegt.

Ich meine verstanden zu haben, dass Sägefisch ein soziales Phänomen genauer betrachten wollte, dass Du mit "Gegenstrom gg. Kapitalismus bedient sich selbst sehr teurer Güter" treffend aber bei näherem Hinsehen auch nicht unmissverständlich beschrieben hast.

Denn bis zum Schluss ließ sich nicht eindeutig klären, um welchen Personenkreis es nun wirklich ging.

Darum sind wohl auch konkrete Namen und Organisationen ins Spiel gebracht worden.
Wir haben auch darüber geschrieben, wie die eigene Position zur Welt Einfluss darauf hat, was wir wahrnehmen und wie wir es bewerten:
Nähe und Distanz zum "Objekt der Betrachtung" wurden thematisiert.

Vor allem in ihrem vorletzten Beitrag hat Sonnenstrahl diesen Gedanken noch um die emotionale Haltung beim Betrachten erweitert.
Also nicht nur "von wo aus" blicke ich auf dieses oder jenes, sondern "mit welchem Gefühl" tue ich es.
Wie sehr identifiziere ich mich, wie stark lasse ich mich ein?
Blicke ich neidisch, begehrlich, ablehnend oder befremdet auf die Welt und ihre Menschen?
Ich meine verstanden zu haben, dass auch Lucia Browns Interesse dahin ging.

Als Alternative dazu hab ich zum Schluss versucht, ein paar Nebel zu lichten, die dadurch entstehen, dass wir mit sehr unterschiedlichen Weltbildern und Theorien im Hinterkopf interpretieren. Darauf hat mich Rafaellas Betrag gestoßen.

Deshalb hab ich mit möglichst unmissverständlichen Worten beschrieben, wie mein Geschichtsverständnis so aussieht.
Weil ich hoffe, dass das meine Position verständlicher macht und ermöglicht, dass Du (und jede andere eben auch) den eigenen Standpunkt in Bezug dazu verorten kannst.
Beispielsweise so: "Ich glaube, dass Gott die Geschicke der Welt lenkt, dessen Wege unergründlich sind. Korrupte Revoluzzer sind für mich lediglich ein Ausdruck von Gottlosigkeit - deshalb bete ich, dass diese Menschen auf den rechten Weg finden".
Oder so: "Gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderungen kommen ohne individuelle Akteure aus. Darum ist auch die Kritik an Einzelnen unsinnig - wir agieren alle gleichsam blind innerhalb eines Systems, das sich selbst ohne Sinn, Verstand und Ziel reproduziert." (Dahingehend hab ich z. B. Dandelion gelesen)
Oder
Oder
Oder ...

Edit: (IMG:style_emoticons/default/wavey.gif) Frau Sonnenstrahl, da haben wir jetzt gleichzeitig die Erklärbärin gegeben (IMG:style_emoticons/default/biggrin.gif)

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 04.Oct.2009 - 17:05
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Sägefisch
Beitrag 04.Oct.2009 - 17:32
Beitrag #67


Schlaudegen.
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Auf Machiavelli können wir uns gerne einigen, was diesen (gelinde gesagt dynamischen) Thread angeht.

Auf online-Coaching hingegen nicht so, sonnenstrahl. Ich könnte zu Deinen sehr häufig vorkommenden Zuschreibungen auch eine Menge mutmaßen, lasse das aber stecken weil es für mein Empfinden thematischen Fluß total abwürgt, wenn man sich parallel mit persönlicher - ja, Kritik oder meinetwegen auch Befindlichkeitsfragen in größerem Ausmaß beschäftigen soll. Abschließend und um zur Diskussion zurück zu kehren: ich finde es in bestimmten Zusammenhängen nicht pfui, "wir" und "die" zu sagen und zu denken. Nicht im Sinne von "die da oben", aber wie Du selbst schreibst sind in manchen Phasen Verortungen nötig, die man nicht rein individualistisch austariert bekommt (u.U. krankt der Laden ja auch genau daran). Dazu muß man nicht gleich Carl Schmitt aus dem Hut zaubern und es auch nicht bedingungslos ins Handeln ummünzen, aber etwas mehr "Front" würde vielleicht auch mal die Sauce trennen. Mir (so ganz persönlich emotional gesprochen) fehlt es jedenfalls gewaltig an Benennungen in dieser Zeit.

Leider muß ich gleich wieder für eine Woche ausrücken, bin aber nach Kräften täglich online.


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Ilymo
Beitrag 04.Oct.2009 - 17:53
Beitrag #68


Bør opbevares under vandet
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Dieses von Mausi so schön zusammen gefasste "Gegenstrom gg. Kapitalismus bedient sich selbst sehr teurer Güter" Phänomen stößt auch mir immer wieder mal sauer auf. Es war schon zu meinen Studienzeiten so, dass sich selbst als linksorientiert definierende Politologie bzw. Medizin Studenten kein Problem damit hatten, andere StudentInnen für sich putzen zu lassen, da sie dafür die "Zeit nicht hatten", schließlich befassten sie sich mit wesentlich höheren Dingen. Die Daddies waren in beiden Fällen Rechtsanwälte und verfügten wohl über genügend Kohle, den gehobenen Lebensstil ihrer Sprößlinge zu finanzieren. Der eine bezog auch noch unglaublicher Weise (damals noch nicht rückzahlungspflichtige) BAFög Vollförderung. Erst ,als auf Darlehen umgestellt wurde, erklärte er mit ernstem Gesicht, dass er nun keinen Folgeantrag mehr stellen würde, sein Gewissen lasse das nicht mehr zu. Dass ich bei Aldi einkaufte und Klamotten von Woolworth und C&A trug, wurde etwas herablassend belächelt, allerdings musste ich mein Leben auch bereits zu Studentenzeiten selbst finanzieren.

Heute ist es so, dass es mich stört, dass als Gegenbewegung gegen den Kapitalismus angetretene Menschen bzw. Gruppierungen eben den Bezug zur Basis verloren haben, da sie alle längst in den besser verdienenden Kreisen angelangt sind. Da wird lautstark verlangt, dass Lebensmittel endlich teurer werden müssen (natürlich steckt dahinter der Wunsch nach artgerechterer Tierhaltung, nach weniger Ausbeutung von Böden und Menschen, das ist mir schon klar, aber seien wir ehrlich: Kein Erzeuger würde mehr Einkommen sofort altruistisch weiter geben), ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es eben sehr viele Menschen in unserem insgesamt recht reichen Land gibt, die sehr wenig Geld zur Verfügung haben und jeden Monat aufs Neue zittern müssen, über denselben zu kommen. Da wird die Aufrüstung aller vorhandenen Wohnbauten zu Energiesparhäusern verlangt, und die Kosten dafür sollen via Miete auf die Mieter umgelegt werden. Die (in meinen Ohren höhnisch klingende) Aussage hierzu war: "Die Leute müssen endlich begreifen, dass Umweltschutz nicht zum Nulltarif zu haben ist und auch weh tut." Ein Schuft, der dabei Arges denkt, wie beispielsweise: Diese Forderungen werden wohl von Menschen gestellt, die Hausbesitzer und nicht Mieter, schon gar nicht Menschen, die mit Sozialtransferleistungen leben müssen, sind. Folge des geforderten Procedere wäre eine riesige Umzugswelle von Hartz IV bzw. Grundsicherungsempfängern.
Mich ergreift dabei auch ganz persönliche Angst. Damit meine Schwester (chronisch krank und körperbehindert) in ihrer Wohnung und damit in ihrem gewohnten Umfeld mit gewachsenen Strukturen und Beziehungen (Krankenhaus in unmittelbarer Nähe, behandelnde Ärzte eine Straße entfernt) bleiben kann, zahle ich die Differenz der tatsächlichen Miete zur amtlich genehmigten Höchstmiete. Eine Mieterhöhung könnte ich nicht mehr tragen. Meine Schwester müsste umziehen, vermutlich, wie amtlicherseits bereits empfohlen, nach Hellersdorf-Marzahn, wo bereits jetzt ein sozialer Brennpunkt ist, was durch Zuzug weiterer Transferempfänger gewiss nicht besser wird. Meine Schwester würde einen solchen Umzug, ohne jetzt polemisch klingen zu wollen, voraussichtlich nicht überleben. Hellersdorf-Marzahn ist aber sehr weit weg von den Bezirken, in denen die Macht- und Entscheidungsträger wohnen. Wilmersdorf, Charlottenburg, Dahlem oder auch Prenzlauer Berg. Daher resultiert meine Einschätzung der Grünen als eine Art "Öko-FDP", daher sind sie für mich nicht wählbar. Meine frühere Chefin, eine in einer linken Familie aufgewachsene Frau, sozial durchaus engagiert und eben auch Mitglied der Grünen, hat Probleme zu verstehen, warum man dieses oder jenes eben doch nicht von Manufactum kauft, obwohl es einem viel besser gefällt als Karstadt oder MäcGeiz und sicher auch qualitativ höher wertig ist. Dass erst nach Abzug der unvermeidlichen Kosten des Lebens eben nur ein bestimmter Betrag verfügbar bleibt, ist für sie mit einem eigenen, nicht niedrigen Einkommen und einem sehr gut verdienenden Ehemann im Rücken keine praktische Erfahrung.
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Mausi
Beitrag 04.Oct.2009 - 19:01
Beitrag #69


Mama Maus
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(IMG:style_emoticons/default/flowers.gif)

Einen herzlichen Dank an Sonnenstrahl & DerTagAmMeer!

Ihr habt es mir auf jeden Fall klarer (und auch kürzer!) gemacht, herzlichen dank!

(IMG:style_emoticons/default/flowers.gif) (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif)

Mausi
die darüber erst nachdenken muss, bevor sie sich äußert!
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sonnenstrahl
Beitrag 04.Oct.2009 - 21:12
Beitrag #70


verboden vrucht
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ZITAT(Sägefisch @ 04.Oct.2009 - 18:32) *
... für mein Empfinden thematischen Fluß total abwürgt, wenn man sich parallel mit persönlicher - ja, Kritik oder meinetwegen auch Befindlichkeitsfragen in größerem Ausmaß beschäftigen soll.


Das das so sein, und total nerven kann, ist mir nicht unbekannt. Allerdings eher aus praktischen Zusammenhängen, wo es nicht voran ging, weil irgendwas Persönliches zum hundertsten Mal ausdiskutiert werden "musste".

Was diesen Thread angeht, wärst du mit deinem Anliegen und Anspruch, meinen Vermutungen nach, in einem akademischen Zirkel besser aufgehoben als in unserem, aus allen Richtungen kommenden, bunten Haufen, dessen Stärke viel mehr im Zusammenfügen unterschiedlichster Blickwinkel, Erlebensebenen und Erfahrungshorizonte liegt, als im emotionssterilisierten, ausschließlich hochschul-wissenschaftsbeeinflussten Filettieren und Aufbereiten von postulierten Sachverhalten.

Ich z.B. habe, was Letzteres angeht, weder wirkliche Kenntnisse, noch Lust darauf, weswegen ich meinem Romanistikstudium vor rund 25 Jahren auch, zugunsten von für mich greifbareren Künsten, nach 4 fremd gefühlten Semestern aufjauchzend den Rücken gekehrt habe. Und das nicht, weil ich keinen Zugang zu den (gesprochenen) Sprachen gefunden hätte. Sondern weil mich rein abstrakte Thesenaufstellungen und Analysen allzu schnell tödlich langweilen.


ZITAT
... mehr "Front" ... Mir (so ganz persönlich emotional gesprochen) fehlt es jedenfalls gewaltig an Benennungen in dieser Zeit.


Was meinst du mit "Front"?

Und wen würdest du denn gerne benennen? (Möglicherweise kenn ich ihn/sie ja persönlich (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) )
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Hortensie
Beitrag 05.Oct.2009 - 04:59
Beitrag #71


"Jeck op Sticker"
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Irgendwie stösst frau immer auf widersprüchliches.
Das kann dann auch mal die Kollegin sein, die sich im "Eine-Welt-Laden" engagiert und trotz besserem Wissen Möbel kauft, die u.a. durch Kinderarbeit billig hergestellt wurden.

Es kann manchmal aber zu folgendem Paradoxum kommen:
Frau kauft sich einen teuren, edlen Pullover aus einer bestimmten französischen Edelweberei.
Das mag snobistisch wirken.

Aber: dieser Pullover kann im unvergänglichen >Schick< ohne abgetragen auszusehen über Jahrzehnte getragen werden.

Rechnet frau jetzt mal die Alternativen zu diesem Pullover und die Anschaffungen derselben dagegen, dann kommt sie vielleicht zu dem Ergebnis, dass der >Edelstrick< in der Bilanz billiger und ressourcenschonender war, als die vorher vermeintlich billigere Variante.

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DerTagAmMeer
Beitrag 05.Oct.2009 - 07:11
Beitrag #72


Adiaphora
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ZITAT(Ilymo @ 04.Oct.2009 - 18:53) *
Meine frühere Chefin, eine in einer linken Familie aufgewachsene Frau, sozial durchaus engagiert und eben auch Mitglied der Grünen, hat Probleme zu verstehen, warum man dieses oder jenes eben doch nicht von Manufactum kauft, obwohl es einem viel besser gefällt als Karstadt oder MäcGeiz und sicher auch qualitativ höher wertig ist. Dass erst nach Abzug der unvermeidlichen Kosten des Lebens eben nur ein bestimmter Betrag verfügbar bleibt, ist für sie mit einem eigenen, nicht niedrigen Einkommen und einem sehr gut verdienenden Ehemann im Rücken keine praktische Erfahrung.


Genau das halte ich für einen sehr wichtigen Punkt. Jeder von uns fehlen die praktischen Lebenserfahrungen der Anderen. Das beschränkt zwangsläufig den Blick und führt zu gegenseitigem Unverständnis. Daran wird sich wohl kaum etwas ändern lassen.
Es macht meiner Erfahrung nach auch wenig Sinn, sich "vorzustellen" wie es ist, arm zu sein. Konsumversichts-Mottowochen, Fasten-Events oder die sieben mageren Studienjahre zwischen 14 fetten haben einfach nichts mit wirklicher Existenzangst und der Erfahrung gesellschaftlicher Stigmatisierung zu tun.

Mir FEHLEN einfach die praktischen Erfahrung von Hörgeschädigten, von Männern, Ordensschwestern und Konzernchefinnen. Es ist einem einzelnen Menschen nicht möglich, der ganzen Welt gerecht zu werden.
Aus diesem Grund ist es ja auch so wichtig, dass alle Bevölkerungsschichten in einer Demokratie vertreten sind. Deshalb halte ich "die Linke" auch für unverzichtbar und bereichernd im poltischen Geschäft. Weil sie den Konsens der "Bessergestellten" auf den Prüfstand stellt, ihre theoretischen Ideale und Vorstellungen an der Lebensrealität der Menschen bemisst. Auch und gerade weil sie verlangt, dass sich eine Politik für alle einer Sprache bedienen muss, die alle verstehen. Dass ausgerechnet Lafontaine und Gysi diese Unzulänglichkeit der politischen und intellektuellen Elite bloßstellen (können) hat aber sicher auch damit zu tun dass die ihr selbst angehören.

Und hier krankt unsere Gesellschaft in der Tat. Wirklicher Kontakt mit echten Gesprächen (beispielsweise durch ehrenamtliche Tätigkeiten, in schichtenübergreifenden Organisationen wie Kirchen, Parteien, Fraueninitiativen) wird immer häufiger durch mediale Vermittlung ersetzt. Massenmedien werden zwar von allen konsumiert ... aber immer schön mundgerecht auf die Bedürfnisse der jeweiligen Ziegruppe zugeschnitten. Und das macht die Gräben (nach meinem Empfinden) immer tiefer und schürt das gegenseitige Misstrauen.

Allerdings glaube ich daran, dass echte Solidarität nicht nur möglich ist, sondern ganz von selbst "passiert", wenn Menschen zusammen arbeiten, gemeinsam feiern, miteinander essen und leben. Daher rührt meine "Begeisterung über das, was wir alle zusammen könn(t)en".

*(Auch wenn viele ihrer Köpfe auch nicht gerade in Blechhütten leben und aus armen Verhältnissen stammen.)

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 05.Oct.2009 - 07:35
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sonnenstrahl
Beitrag 05.Oct.2009 - 07:29
Beitrag #73


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@dtam: (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif)

ZITAT(DerTagAmMeer @ 05.Oct.2009 - 08:11) *
Allerdings glaube ich daran, dass echte Solidarität nicht nur möglich ist, sondern ganz von selbst "passiert", wenn Menschen zusammen arbeiten, gemeinsam feiern, miteinander essen und leben. Daher rührt meine "Begeisterung über das, was wir alle zusammen könn(t)en".


Das nenne ich Selbstheilungskräfte - und sehe daher durchaus noch Spontanremissionschancen für den Patienten. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

*zur Arbeit losflitzt*

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Sägefisch
Beitrag 05.Oct.2009 - 18:11
Beitrag #74


Schlaudegen.
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QUOTE(sonnenstrahl @ 04.Oct.2009 - 22:12) *
emotionssterilisierten, ausschließlich hochschul-wissenschaftsbeeinflussten Filettieren und Aufbereiten von postulierten Sachverhalten.


Irgendwann gewöhne ich mich noch an Deine subtilen Abwertungen. (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)

Und meine Unisemester kannst Du an 0 Fingern abzählen.

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svan
Beitrag 05.Oct.2009 - 19:07
Beitrag #75


Gut durch
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Hallo Sägefisch-
ich denke die Zeit der Unschuld ist vorbei und es gab sie auch nie wirklich- oder?
Ich verstehe dein Ungemach- auch ich finde es unglaubwürdig, wenn Leute in schicken Autos eine Stunde aufs Land fahren und dann dort Bioeier kaufen oder wenn es BioAnanas aus Afrika oder Costa Rica gibt- sind das nicht Widersprüche in sich?
aber wünschen wir uns das nicht alle? die Freiheit und das Finanzielle Abgesichertsein? doch das gibt es in der Realität selten und so bleiben Kompromisse und Ambivalenzen und Widersprüche- so ist das Leben- im TV gabs eine Doku
über Studenten, die Kinder haben und sich aus dem Abfall- Container vom Supermarkt ernähren- denn wenn sie Sozialhilfe haben wollten, könnten sie nicht studieren- oder sie müssten arbeiten und könnten dann auch nicht studieren-
und die Zeiten in denen ein Studium einen besser bezahlten Job garantierte sind leider auch vorbei-
aber war es früher besser- auch nicht wirklich-
und statisch gesehen verdienen die GrünwählerInnen durchschnittlich mehr als andere WählerInnen- und ich denke, frau kann auch mit wenig Geld einigermaßen gut und fair leben- doch das bedeutet auch eine Menge Verzichte-
und wirklich faires Leben gibt es nicht und gab es nicht- nur wird uns das heute bewusster, weil die Welt kleiner geworden ist und die sogennannte Dritte Welt ist in wenigen Stunden per Flug erreichbar-
und wenn du krank bist und arm bist und dir keine Sonderbehandlungen und Medikamente leisten kannst, dann hast du schon lange verloren-
denn wir haben eine Mehrklassengesellschaft-in vielfältiger Hinsicht- und nicht jede hat die Freiheit und kann sich da einfach ausklinken und schon Spitzweg hat der den armen Poeten gemalt. Es ist keineswegs so, dass Armut die besser Kunst schafft- viele "große" Künstler haben sehr viel Unterstützung gehabt, um Kunst zu machen wie zB Goethe oder Picasso und andere haben nie von ihrer Kunst gelebt, sondern wurden von der Familie unterstützt wie Modersohn-Becker und Van Gogh, während andere schon vorher geerbt hatten wie Monet-
also das war immer so- dass die Kunst und ihre Qualität nicht unmittelbar mit dem Kunstmarktwert zu tun hat-
und bei SchriftstellerInnen ist das nicht anders......


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sonnenstrahl
Beitrag 05.Oct.2009 - 20:21
Beitrag #76


verboden vrucht
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@ sägefisch: Das wäre schön, wenn du dich an meine Direktheiten gewöhnen könntest, ohne dich jedesmal persönlich angegriffen zu fühlen. (Das ist überhaupt nicht ironisch gemeint!)

Wenn ich so etwas, wie das von dir oben Zitierte schreibe, dann drückt sich darin nichts weiter als mein spontanes oder auch erinnertes/wiederkehrendes Unwohlgefühl in Zusammenhängen aus, in denen ich weite Teile von mir als absolut nicht gefragt empfinde. Ob es nun eine schwule Lederbar ist, in die ich mich verirre, oder eben ein akademischer Zirkel. Wobei ich weder gegen Schwule, noch gegen Lederfetischsten und mir fremde Se*praktiken, noch gegen AkademikerInnen menschlich etwas habe.
Im Interessen-Konzentrat passt es einfach nicht.
Was zur Folge hat, dass ich mich von solchen Akkumulationen normalerweise ganz selbstverständlich, und ohne weiteres Aufhebens fernhalte. Würden wahrscheinlich die meisten Menschen tun, die nicht gerade undercover ermitteln oder so.

Hier im Forum ist die Situation für mich eine andere:
Ich geh hier mehr oder weniger so aus und ein, wie in der Gemeinschaftswohnküche einer riesigen Hausgemeinschaft. Ich verirre mich hier nicht in fremde Bars oder Zirkel, sondern ich gehöre (auch) hierher. Hier hab ich keine Straßenschuhe an, auch keine Arbeitslatschen, sondern Pantoffeln. Hier sitzen meine Befindlichkeitsbekundungen lockerer als "draußen" oder beruflich (wo ich zwar für meine relativen Direktheiten bekannt, aber im Gegensatz zu hier in einer festgelegten Rolle bin). Hier mag ich sagen können, was ich denke und wie mich etwas berührt. Anstatt das, was ich empfinde so lange glattzulutschen, bis es sich hübsch neutral formulieren lässt, und ich beinahe zahnlos bin.
Damit sage ich etwas über MICH aus, nicht über mein Gegenüber, dessen Interessen evtl. ganz andere sind als meine.
Ich will nur selten wirklich jemandem was beipulen. Viel eher mag mich zeigen, wie ich ticke. Und ich bin gern halbwegs spontan, sofern es sozialverträgliche Grenzen nicht überschreitet.
Das das bei der Anderen gerne mal als Angriff oder Maßregelung oder Entwertung ankommt, ist mir natürlich nicht neu.
Ändert aber nichts an der Tatsache, dass es i.d. R. nicht als Angriff auf die Person gemeint ist.
(Klar gibt es Ausnahmen. Das hier war keine.)

Müsste ich deiner Meinung nach prinzipiell abneigungsfreier sein? Oder zumindest äußerlich unberührt bleiben, wo ich mich (ebenfalls subtil) in meinem So-Sein beschnitten fühle (was nicht heissen muss, dass man mich beschneiden will)? Mich mehr beherrschen? Allem mit gleicher Distanziertheit begegnen?Und mich auf gar keinen Fall über die (bei mir als solche ankommenden) Erwartungen anderer hinwegsetzen, die sich für mich wenig anschmiegsam anfühlen?

Ich kann mich für Menschen in ihrer Dynamik nahezu grenzenlos interessieren - und dennoch vieles nicht praktisch teilen mögen, was sie bewegt.
Deswegen muss ich keine lauten K*tzgeräusche von mir geben, wenn jemand etwas isst, was ich weniger lecker oder indiskutabel finde - aber ich kann doch deutlich sagen, dass etwas nicht meinem Geschmack entspricht, wenn´s mir unter die Nase gehalten wird. Die Austernschlürferin entwertet das m.E. keineswegs.

Ich denke, bei uns beiden prallen Wege des Umganges mit sich selbst (hier im Forum) und des Ausdruckes aufeinander - das ist alles. Ich könnte mir vorstellen, wir würden auf einer Forums-Gesamt-Party dennoch eher in sich deutlich überschneidenden Grüppchen rumhängen.

Jedenfalls kann und will ich nicht behaupten, dass ich dich nicht mag.

P.S. Dass du keine Akademikerin bist, wusste ich aus (ganz) früheren Beiträgen von dir.




edit - Noch 2 Anfügungen am nächsten Morgen:

1. Würde ich jemanden tatsächlich, und erbetenermaßen, coachen wollen, käme dabei sicherlich deutlich mehr rum, als nur mal eben, in einem Nebensatz, mein subjektiver Eindruck von der Haltung des Gegenübers, im Lichte meiner eigenen Philosophie. Und "Online-Coaching" (steckt da nicht deinerseits evtl. der Versuch einer klitzekleinen Abwertung drin?) ist mir erst recht zu 99% kein Anliegen - es sei denn, eine, mit der ich irgendwie zu tun bekommen habe, wirkt auf mich akut suizidgefährdet. Dann unter Umständen.


2. waren

ZITAT
Was meinst du mit "Front"?

Und wen würdest du denn gerne benennen?


diese beiden Fragen durchaus ernst gemeint. Trotz des kleinen Scherzes in Grau. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 06.Oct.2009 - 08:08
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Hortensie
Beitrag 06.Oct.2009 - 04:36
Beitrag #77


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Wobei ich persönlich ja immer fand, dass unser EX-Kanzler (der jetzt in Russland Gas verwaltet) ein negatives Beispiel dafür war, wie sehr jemand aus sog. kleinen Verhälznissen zum "Markenfetischisten" werden kann.

Obwohl die sog. Riege der "Alt 68er" ja auch nicht frei von Beispielen ist, wie eine bestimmte Freiheit eben auch durch das Familienvermögen erleichtert wurde (Otto Schily).

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robin
Beitrag 06.Oct.2009 - 06:47
Beitrag #78


I lof tarof!
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ZITAT(Hortensie @ 05.Oct.2009 - 05:59) *
...
Es kann manchmal aber zu folgendem Paradoxum kommen:
Frau kauft sich einen teuren, edlen Pullover aus einer bestimmten französischen Edelweberei.
Das mag snobistisch wirken.

Aber: dieser Pullover kann im unvergänglichen >Schick< ohne abgetragen auszusehen über Jahrzehnte getragen werden.

Rechnet frau jetzt mal die Alternativen zu diesem Pullover und die Anschaffungen derselben dagegen, dann kommt sie vielleicht zu dem Ergebnis, dass der >Edelstrick< in der Bilanz billiger und ressourcenschonender war, als die vorher vermeintlich billigere Variante.


(IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)

Das finde ich allerdings kein paradoxum! (IMG:style_emoticons/default/biggrin.gif)
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Sägefisch
Beitrag 09.Oct.2009 - 18:27
Beitrag #79


Schlaudegen.
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Mit "Front" und Benennung meine ich eine klarere Sichtbarkeit (bzw. -machung) von Macht- und Einflußformen. Gerade denen die an Positionen stattfinden die vor Legitimierungsfragen geschützt sind.


(Meine Mutter hatte mal einen Lebensgefährten der andere Menschen gerne mit einer sehr harten Wortwahl umschrieb. Das fand der ebenfalls völlig in Ordnung, er war ja bloß direkt.)

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 09.Oct.2009 - 18:28
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Hortensie
Beitrag 06.Nov.2009 - 21:43
Beitrag #80


"Jeck op Sticker"
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Heute las ich von einem Buch, dass in die angesprochene Thematik passen könnte:

Kathrin Hartmann: "Ende der Märchenstunde. Wie die Industrie die Lohas und Lifestyle-Ökos vereinnahmt"

Mit >Lohas< meint die Autorin Menschen, die einen "Lifestyle of Health and Substainability" (Lebensstil auf Basis von Gesundheit und Nachhaltigkeit pflegen)
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