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> Mamma Mia -' Chiquita ' und das Coming out
ella1
Beitrag 07.May.2010 - 22:40
Beitrag #1


Naschkatze
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Ich hatte einen harten, berührenden Arbeitstag mit Menschen. Manchmal verfolgt mich nach Jahrzehnten des handelnden Umgehens die Tragik solcher Begegnungen und erinnert mich an alte Zeiten.
In meinem Büro geht es oft um Armut, unerfüllte Bedürftigkeiten und vor allem Einsamkeit.
Heute dachte lange über einen Menschen nach und das was er mir erzählte und meine Gedanken schweiften schließlich in meine Vergangenheit ab. Ich dachte an Mamma Mia, nebenbei ein Film den ich immer wieder gern mit Freundinnen sehe.
Vermutlich wegen Freundinnen, Gefährtinnen suchte ich mir schließlich das Video "Chiquita" aus ihm. Freunde, eigen und merkwürdig und unendlich vertraut. Wichtiges Vertrauen das erlaubt sich sehen zu lassen auch wenn eine sich gehen lässt.

Als ich klein war an Jahren, sehr winzig, fühlte ich mich allein vermutete ich doch ich sei anders als die Menschen in meiner Welt. Auch diese Welt war winzig. Ausgerechnet als ich meinte ich müsste mich in Frauen verlieben befand ich mich in einer Kleinstadt in Nordhessen. Es gab keine Lesben, es gab mich und meine Verliebtheit in meine beste Freundin D. Jeden Tag schrieben wir uns kleine Briefe und sie gestand mir in diesen welchen Kerl sie gerade bevorzugte. Ich gestand ihr nichts.

Dann war da noch diese Frau zwei Klassen über uns. Sie wurde auf dem Schulhof "Lesbe" genannt. Es war dramatisch als wir uns auf dem Klo der Schule trafen. Sie rauchend und drohend ich solle mich "verpissen", zwei Köpfe größer als ich und imposant im Körperbau. Ich war verloren und verflixt schnell in meiner Flucht vor diesem Wesen.

D. war gut für meine Phantasien und gleichzeitig unerreichbar. Ich erlebte mit ihr Beziehung um Beziehung. Sie "ging" mit Männern und selbst ich mit meinen Träumen konnte nicht glauben, dass dieses "Mädchen" das ich aus dem Sandkasten kannte irgendwann etwas anderes anstreben würde als Ehe und Kinder. Ich was vielleicht eine "Frauenverliebte" aber ich war nicht völlig verstrahlt.

Nicht genug dass ich Frauen hinterherschaute und meinen heimlichen Phantasien fröhnte, es waren Frauen die älter waren.
Ich pubertierte und meine Auserwählten hatten ihre Schulzeit bereits hinter sich gelassen. Nicht dass eine von ihnen gewußt hätte was sie in meinen Vorstellen für mich hätte sein können.

Ich hasste mein Leben und mein Schicksal neben all den " willst-Du-mit-mir gehen" Dramen die sich um mich abspielten und die nichts mit mir zu tun hatten.

Die Oberstufe stand an als ich "Sie" sah. Sie im Abiturjahrgang wandelte unerreichbar an mir vorbei. Blond, abgehoben und fern, unendlich schön und begehrenswert. Wieso ich das Glück hatten dass "Sie" lesbisch war weiß ich nicht. Wieso ich das Pech hatte, dass "Sie" liiert war ebensowenig.
Wieso wir auf vielen verschlungenen Wegen nach Jahren eine Affaire beschlossen, ich kann es nicht erklären.

Was ich weiß, sie begeisterte mich unbeschreibbar und ich wollte ihre Nähe aber ich hatten auch unüberwindliche Angst ihr nah zusein und mich zu verlieren. Vielleicht weil sie die erste Frau war der ich sagte: "ich glaube ich liebe Frauen". Ich sagte nicht "ich liebe Frauen" denn das war zu unbekannt, zu groß für mich damals. Zu endgültig.
Ich hatte keine Ahnung wie ich etwas leben konnte was für mich fremd war. Ich hatte von nichts einer Ahnung, ich hatte meine Probleme und sie waren zu groß für mich, Tag für Tag. Und doch dachte ich an sie und lebte für Treffen, ich die "Kleene", sie mein Idol, nunmehr Studentin.

Vermutlich brachte sie mich zum Abitur und in ein Jurastudium mit Zugangsbeschränkung in der Stadt in der sie studierte und in der wir unser Affaire begangen. Sie war die Frau mit der ich Sexualität erlebte. Nicht dass es für mich die Erfüllung war. Ich war überfordert und sie zu routiniert und dann war da noch ihre Beziehung. Wir lebten das was wir hatten Jahre mit uns und mit anderen Geliebten. Ich habe mich nie wirklich gefragt wieso wir nicht zusammen lebten, wieso wir uns nicht auf uns bezogen. In meinen Gedanken blieb ich die "Kleene" und sie unerreichbar.

Was sie erreichte für mich war Möglichkeiten zu eröffnen. Überhaupt daran zu denken mit Frauen zu leben. Mich zu verlieben und daran zu glaube es könnte auch diesen Frauen so gehen dass sie sich verlieben in mich.

Studierend aus der Kleinstadt entkommen ergaben sich Möglichkeiten. Eine Lesben-WG auf dem Campus mit all der Bestätigung die ein Leben mit gleichgesinnten Frauen bieten. Ich fuhr von 0 auf 100. Ich war lesbisch, ich outete mich wo ich ging und stand. Ich sah es politisch. Ich schloss die Lesbenkneipe auf und auch ab. Alles was mich bewegte war lesbisch zu sein. Ich definierte mich dadurch. Ich schottete mich ab gegen die heterosexuelle Welt. Was ich sah war frauenbewegt und lesbisch.

Wir waren drei WG-Frauen, wir schrieben, wir demonstrierten, wir fühlten uns wichtig, wir veränderten die Welt. Zumindestens waren wir neu, neu erfunden aus dem aus dem wir kamen.

Ich outete mich wo ich konnte auch in der Familie. Ich revoltierte, ich wollte kämpfen gegen überholte Vorstellungen meiner Herkunft und meiner Umgebung. Ich revoltierte auch gegen die Lesbenbewegung der 80 iger auch wenn sie meine Heimat war. Gleichzeitig erschien sie mir begrenzt und ich suchte Grenzen.
Ich wollte grenzenlose Freiheit und suchte gleichzeit Widerstand vielleicht weil ich jung war und Kampf wollte. Mein Ideal war " alles ist möglich und anerkannt". Ich fand meine Grenzen auf jedem "Auschluß" der Lesben-Frühlinstage und auch darüber hinaus.

Viel ist geschehen seitdem. Viele Frauen blieben. Manche sehe ich in Foren und ich verfolge sie wie sie mich. Mache ist in meinem Leben.

Ich weiß nicht wieso ich mich in Frauen verliebte. Oft denke ich ich hatte Glück,dass ich es früh tat. Mehr noch ich traf Frauen die oft weiter waren als ich und ich verließ mich auf sie. Ich verließ mich darauf, dass es immer irgendwie geht, weil sie es "irgendwie auch auf die Reihe bekamen".

D. meine Sandkastenfreundin verstieß mich als ich ihr sagte ich sei lesbisch. Lange Zeit nachdem ich es lebte und endlich den Mut fand mit ihr zu sprechen.

.......


edit: Realname entfernt

Der Beitrag wurde von kawa bearbeitet: 08.May.2010 - 00:57
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Lucia Brown
Beitrag 08.May.2010 - 09:52
Beitrag #2


- keep it up you go girl -
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Schöne Geschichte.

Da wird mir doch ganz wehmütig ums Herz herum, weil ich gerade an die guten alten Zeiten denke. Da saßen im geschützten Raum eines Frauenzentrums oder eines Frauenferienhauses Lesben im Kreis, um einen Tisch oder ums Lagerfeuer und erzählten sich ihre Coming Out Geschichten.

Ich finde es immer noch sehr mutig, in einem öffentlichen Raum, wie dem Internet, solche persönliche Geschichte zu erzählen. Danke für deinen Mut.

Für mich merke ich jedoch, dass ich die geschützte Lagerfeuer-Lesben-Romantik bevorzuge und mich immer mehr vor all zu persönlichem Cyber-Talk zurückziehe.

Liebe Grüße

Lucia B.
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dandelion
Beitrag 08.May.2010 - 10:04
Beitrag #3


don't care
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Mir zeigen die Geschichten etwas anderes:

Vieles von dem, was war, war für mich wichtig. Und ist es nun nicht mehr - oder mir ist wichtig, es weiterzugeben (eine Kultur des Vernetzens und Austauschens, die meine Oma sehr in die Familie gebracht hat). Das sind Dinge, die ich hier gern teile.

Aber es gibt auch Dinge, die ich derzeit hüte wie kleine Juwelen. Und obwohl ich sie am liebsten in die Welt werfen würde vor Freude darüber, daß es sie gibt, tue ich es nicht - aus den Gründen, die du, Lucia B., hier beschreibst.

Was war, ist wichtig. Aber was jetzt ist, ist mir kostbar. Ein Unterschied, der mir ohne den Cyperspace und Geschichten wie diese nicht klar wäre.

Trotzdem oder gerade deshalb - dankeschön ella (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Der Beitrag wurde von dandelion bearbeitet: 08.May.2010 - 10:04
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Deirdre
Beitrag 08.May.2010 - 10:41
Beitrag #4


Satansbraten
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Für mich ist das ein Alternativszenario zu dem, was in meinem Leben wirklich geschah.

Der Anfang war sehr ähnlich, dann lebte ich hetero. Jetzt nicht mehr, seit einigen Jahren - aber zwischendurch: eine komplett andere Sozialisation.

Der Beitrag wurde von Deirdre bearbeitet: 08.May.2010 - 10:41
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Adelheid
Beitrag 08.May.2010 - 10:44
Beitrag #5


Herbstmensch
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Danke fürs Lesendürfen
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ella1
Beitrag 08.May.2010 - 20:52
Beitrag #6


Naschkatze
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Ich danke euch für den Zuspruch und ich verstehe Unsicherheiten im www. auch im Bezug auf Lebensräume die "in geschützten Räumen" stattfinden und sich (scheinbar) unterscheiden.

Ich kann nur für mich sprechen und wie ich das sehe was ich "preisgebe". Sicherlich tue ich dies zunächst aus einer sicheren Position heraus. Mein Outing umfasst seit langen Jahren alle Lebensbereiche. Mein Leben ist in der Realität sehr öffentlich durch meine beruflichen Tätigkeiten. Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass auch mein Privatleben entweder bekannt wurde oder ich es nicht hätte leben können.

Es gab in der Vergangenheit (als ich noch am Anfang meines "Findens" war) Zwangsoutings im "größeren Rahmen" weil es damals "in" in den 80igern war wenn eine etwas machte was gefiel oder eben weil es nicht gefiel. Es war Teil der politischen Auseinadersetzung. Ich würde so was nie unterstützen wollen aber es war wie es war mit all seinen Belastungen die mich zwangen Position zu beziehen.

Nebenbei war (und vielleicht ist es auch noch so) die "Szene" überall vernetzt. Nirgends kam eine hin wo nicht eine war die eine kannte, die eine kannte und ggf. schon eine Meinung hatte über einen selbst. Schlimmstenfalls kannte sie die Ex oder die Ex der Ex.

Als ich nur erahnte ich könnte "ggf. anders leben wollen" setzte sich dieses Land damit auseinander, dass Menschen die homosexuell leben keine Posten in beruflich (öffentlich) gehobener Stellung haben könnten. Man ging davon aus sie seinen damit erpressbar. Gewisse Gerüchte führten bei Freunden dazu, dass sie als potentiell pädophil oder aidserkrankt angesehen wurden.

Ich errinnere damals in Berlin gewesen zu sein als die Hysterie um "die Krankheit der Perversen" hochkam. In meiner Kleinstadt gab es Ausstellungen hierzu und ich ging hin, allein und unsicher in meiner Neugierde. Allein meine naiven Fragen dort führten zu dem Verdacht ich könnte betroffen sein und in der Talkshow am Abend gab es einen Skandal als über das Thema Homosexualität gesprochen wurde und ein Glas von einem "perversen" Gast vertauscht wurde.

Vermutlich brachte mich diese Szenario dazu später dazu zu stehen, dass aus meinem Umfeld Bücher/Schriften aus dem Leben von meinem Lesbenumfeld veröffentlich wurden. Heute lese ich dies und denke dass dies noch jemand kauft ist durchaus peinlich, ich bin heute anders drauf. :-) Trotzdem stimmte es in der Zeit von damals mehr oder weniger auch wenn manches literarisch und auf arroganter Weise unendlich überzogen und auch böse war.
Damals kam es mir vor als gäbe es nichts zum Leben von Lesben zu lesen.

Nun das erste Buch was ich las war: "Die Brünne" von Marlene Stenten. Ich war damals krank und meine Mutter brachte es mir auf meinen Wunsch mit ins Krankenhaus. Ich habe nie wieder so einen langweiligen Stuß gelesen und dies war also ein Buch über "eine schonungslose Studie über lesbisches Bewußtsein". Vielleicht tue ich der Autorin auch heute unrecht. Aber ich war klein und genervt. Ich wollte das Leben erfahren, ich wollte Vorbilder (auch um sie ggf. abzulehnen) aber nichts was anspruchsvoll einschläferte. Was für eine Enttäuschung für eine kleene Ella welche mit zitternder Stimme ihre Mutter um Lektüre bat. Die versprochene Leidenschaft fand ich jedenfalls nicht in der Worten der Schreiberin.

Im Grunde will ich nicht über die Gefährlichkeit der "Netzes" und der Veröffentlichungen hier schreiben. Sie sind da und etwas geerdeter kann ich verstehen dass Moderatorinnen wie Kawa einen Vornahmen änderten in meinem Text aus Angst Daten Dritter würden veröffentlicht. Auch wenn ich denke ein Vorname ( in diesem Falle sogar fiktiv) lässt wenig Rückschlüsse zu nach Jahrzehnten.

Was ich will ist mich im Netz nahezu autentisch zu bewegen, wie im Leben. Ich denke jede hat ihre eigenen Grenzen und ich würde mich freuen wenn der Austausch im Netz an der einen oder anderen Stelle dazu führt, dass eine Anregungen erhält. Sich vielleicht wiedererkennt und durch Glück und Verlust anderer lernt.

Natürlich bin ich zu alt um zu glauben, dass irgendein Leben ein anderes vor eigenen Fehlern bewahren kann. Was ich aber weiß, ich hatte Zeiten in denen ich glücklich war zu lesen was andere erlebten weil es das war was ich erleben wollte oder was ich an mir wiedererkannte. Es gab Momente in denen fühlte ich mich weniger als "Alien" weil es scheinbar andere gab.

Aus meiner Lebensperspektive leben wir in einer Zeit die "offen und tollerant" ist und ich nehme an nachfolgende Generationen werden sich wundern wie verklemmt eine wie ich ist/war.

Wenn ich hier schreibe habe ich manchmal den Eindruck manchen Frauen ging es "damals" ähnlich wie mir. Vielleicht auch nur weil wir in den (gleichen) vergangenen Jahren sozialisiert wurden als Frau Scwarzer mit Megabrille im Tv dauergemobbt wurde. Vielleicht weil wir damals die gleichen Bücher lasen und wenig hatten außer den Ariadne Krimis mit den ungeraden Nummern? Die ewig gleiche Musik auf den Lesbenfeten?

Und doch denke ich auch die Fragen die ich mir damals stellte waren vielleicht gar nicht so anders als die Fragen heute? Sicher bin ich mir, dass die Unsicherheit zu dem "was wird" damals wie heute gar nicht so unterschiedlich ist.

Vor kurzen musste ich lächeln als ich einen Bericht aus der Zeit von damals sah und die Damen im "Heute" dazu Stellung nahmen. Es ging um die Kampagne "ich habe abgetrieben". Ein Thema meiner Jugend die rechtliche Stellung der Frauen damals. Es hieß sich outen und vermutlich bin ich nicht die einzige die damals das Buch "ich bin ich" las nur weil es frauenbewegt war und geschockt dachte wie oft kann eine Frau denn in immer die gleiche Situation kommen. Ich musste lachen weil einige Damen zugaben sie hätten sich gefakt geoutet um Öffentlichkeit zu erzeugen und Solidarität zu zeigen, Gemeinsamkeiten, Unterstützung.

Nein ich fake mein lesbisches Leben nicht und Inge Meisel ist für mich auch keine Lesbe, aber ich freue mich über jede die für sich entscheidet Themen die mich beschäftigen aus ihren Sichten darzustellen. Das heißt nicht, dass ich es allgemein von jedem Menschen erwarte, dass heißt nur neugierig zu sein und manchmal eine Freude zu empfinden wenn da jemand in der Welt ist der scheinbar versteht weil er in der gleichen "Lebenschleife saß".

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malene
Beitrag 09.May.2010 - 00:35
Beitrag #7


Gut durch
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ZITAT(ella1 @ 08.May.2010 - 21:52) *
Vielleicht weil wir damals die gleichen Bücher lasen und wenig hatten außer den Ariadne Krimis mit den ungeraden Nummern? Die ewig gleiche Musik auf den Lesbenfeten?


Ach ja, diese (meist) schlecht geschriebenen Krimis und die Musik der "Flying lesbians" (IMG:style_emoticons/default/laugh.gif)

Heute lächele ich über diese Zeit, aber so richtig romantisch verklärt kann ich sie nicht sehen.
Der Minutenzeiger der Wanduhr in der Schule wollte einfach nicht voranrücken, während ich vor Ungeduld zitternd die Tage und Monate zählte, die mich von der Lesbenwelt "dort draussen" trennten.
Und dann die Enttäuschung bei der ersten Begegnung mit der "community"...

Nicht, dass ich ungern zurück blicke. Aber die Gegenwart finde ich viel schöner. Und auf die Zukunft bin ich freudig gespannt. ;-)
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Gemino
Beitrag 09.May.2010 - 06:20
Beitrag #8


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Oh! Ich möchte auch! (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)

Es war Mitte der 70er. Ich war 16. Ich befand mich in der blöden Situation, ein Schuljahr wiederholen zu müssen - in flammenden Lettern prangten auf meinem Jahreszeugnis hinter dem verhassten Latein ganz schlicht und eigentlich nahezu unschuldig wirkende 0 Punkte, die mein Leben dramatisch verändern sollten.

Es hieß also, eine neue Klasse aufzusuchen und so machte ich mich nach den Ferien mit einem reichlich mulmigen Gefühl auf den Weg zu einem Raum, dessen Nummer mir bekannt war, dessen unbekannte Bewohner ich jedoch mit Bangen erwartete. Ich schraubte mir ein möglichst souveränes Lächeln ins Gesicht und setzte mich wartend auf die Treppenstufen, als Sie in mein Leben trat.

Die schönste, strahlendste und umwerfendste Erscheinung meines noch jungen Lebens! Und die Königin meiner neuen Klasse. Sie beschloss sogleich, dass ich neben ihr zu sitzen hätte, was in ihrem Anhang für leichtes Murren sorgte, meinen Start in das unbekannte Neue jedoch extrem vereinfachte. Über ein Jahr verbrachten wir jede Pausenminute miteinander, weit ab von allen anderen. Wir waren uns genug und ich verliebte mich zum ersten Mal in meinem Leben. Zuerst kam dieses Gefühl nahezu unmerklich, dann immer drängender, bis ich eines Nachmittags an meinem Schreibtisch saß und auf ein liniertes Blatt krakelte 'E***, ich liebe dich'. Ich klappte sofort mein Ringbuch zu. Diese Aussage war monströs. Ich war monströs. Und entsetzt. Aber die Dinge waren, wie sie waren, es gab daran nichts zu beschönigen, ich war verliebt.

Ein paar Monate später - ich hatte ihr meine Liebe natürlich nicht gestanden - erschien sie mit einem pickelgesichtigen Jüngling, den sie als 'ihren Freund' vorstellte und unsere Zweisamkeit war schlagartig Vergangenheit. Ich habe gelitten wie ein Hund, aber ich konnte auch nicht mehr zurück. Ich war lesbisch - so sah es jedenfalls aus. Die einzige Frau der Neuzeit, die lesbisch war. Allein auf dieser Erde, verdammt zu einem Leben in Unglück und Einsamkeit. Welch eine Tragik!

Dann fiel mir ein Artikel der Emma in die Hände, der sich um Lesben drehte. Ein bebilderter Artikel. Ich war ganz aufgeregt. Es gab außer mir noch andere! Ich erinnere mich nicht mehr an den Inhalt, aber lebhaft an die Bilder der dort interviewten amerikanischen Lesben. Es war ein vollendeter Albtraum. Diese - neben mir einzigen lesbischen - Frauen waren uralt (vermutlich um die 30), fett und hässlich. Ich saß tagelang auf meinem Bett und überlegte, wie ich aus der Nummer wieder herauskommen könnte. Verzweiflung pur. Wie sollte ich mit so hässlichen, alten Frauen leben? Dann kam der Tag, an dem ich das Heft zuklappte und dachte 'Nun denn, dann sei es so. Dann werde ich mit solchen Frauen leben müssen. Ich bin wie ich bin...'.

In der Folge versuchte ich, mein Englisch ein wenig aufzumöbeln, da ja nun feststand, dass ich nach der Schule in die USA auswandern müsste. Reichlich dumm, wie sich dann ein halbes Jahr vor meinem Abitur herausstellt, als ich mich nahezu unerwartet in den Armen einer vollkommen umwerfenden französischen Austauschschülerin wiederfand, erneut flammend verliebte und so zwei Tage nach dem Abitur nicht gen USA sondern zu Ihr aufbrach und mich gänzlich ungeplant in Frankreich wiederfand, wo mein erstes, sehr turbulentes lesbisches (Uni-)Leben begann.

(IMG:style_emoticons/default/cool.gif)
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Gemino
Beitrag 09.May.2010 - 06:32
Beitrag #9


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@ Preisgabe persönlicher Geschichten im Internet:
Ich bin sehr zurückhaltend, wenn es um mein Privatleben geht. Ich glaube auch nicht, dass ich in meinem Leben jemals irgendetwas über mich preisgegeben habe - weder im virtuellen Raum noch im RL -, das ich nicht in kontrollierten Dosen abgesondert hätte. Meine Grenzen sind mir so fühlbar klar, dass ich jenseits davon keine Scheu habe, Privates zu erzählen. Ich fühle mich dabei innerlich auch nicht in einem geschützten Raum sondern vielmehr wie auf einer Bühne mit durchaus gemischtem Publikum. Ich zeige dabei allerdings nicht mehr als das, was von mir sichtbar ist, wenn ich mich durch die Straßen bewege.

(IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

@ E***
Sie hieß natürlich nicht ESternchenSternchenSternchen. Sie besitzt einen richtigen Namen! Ich wollte sie nur nicht 34 Jahre später als Objekt meines Jugendlichen Begehrens outen!

(IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)

@ Lebensläufe
Ich bin häufig nicht nur verwirrt, sondern geradezu entsetzt, wenn ich lese wie wenig sich seit damals geändert hat, wie sehr die Probleme und inneren Nöte junger Menschen heute denen von damals noch immer ähneln. Entwickelt sich diese Gesellschaft wirklich weiter? Manchmal zweifele ich und frage mich, ob vieles nicht einfach nur Fassade ist - derselbe Mief in neuem Anstrich...

(IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)
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ella1
Beitrag 09.May.2010 - 16:39
Beitrag #10


Naschkatze
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'Gemino' ,

als ich die Zeilen las dachte ich geschockt was wäre wohl geworden wenn diese 0 Punkte in Latein nicht Dein Leben veränderten hätten. (IMG:style_emoticons/default/roetel.gif)

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lady AgCN
Beitrag 19.May.2010 - 17:54
Beitrag #11


Filterkaffeetrinkerin
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hallo liebe damen...wow...is das cool...riesengrosses danke...ihr seit die die mir ein so normales leben ermöglicht habt...ihr habt demonstriert-gekämpft-lesbisch sein populär gemacht...
ich selbst bin 27 jahre alt...meine freundin ist 26 und unsere tochter 7...wir leben in einer kleinstadt...
nie hab ich negatives feedback bekommen...nie hat uns jemand beschimpft...es ist echt alles gut...
vielleicht denken irgendwelche negativ über uns,aber niemand sagt es uns auf den kopf zu...
ich und meine freundin sind jetzt 6 jahre zusammen...am anfang war es schon komisch für mich uns öffentlich zu zeigen...aber nicht weil andere ein problem mit mir bzw. uns hatten...das war ganz alleine mein ding...
danke das ich mich durch eurer und vieler anderer aufklärungsarbeit normal fühlen darf...das ich heiraten darf...
ist echt toll...klar in meiner pupertät war das thema homosexuell sein schon schwierig manchmal...aber in dieser selbstfindungsphase haben auch heteros probleme...
ich hab echt grossen respekt vor eurer erfahrung und bin froh auf dieses forum gestossen zu sein... (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)
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Sägefisch
Beitrag 24.May.2010 - 15:28
Beitrag #12


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Beklagenswertes Timing, aber heisst die Gute nicht Chiqitita?
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ella1
Beitrag 28.May.2010 - 19:22
Beitrag #13


Naschkatze
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ZITAT(Sägefisch @ 24.May.2010 - 16:28) *
Beklagenswertes Timing, aber heisst die Gute nicht Chiqitita?


Vielleicht, aber würde das etwas ändern?

(IMG:style_emoticons/default/cool.gif)
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Sägefisch
Beitrag 28.May.2010 - 19:56
Beitrag #14


Schlaudegen.
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Ich hätte bei der Erstrezeption weniger an Bananen gedacht, aber sonst sicher nicht, nein.
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ella1
Beitrag 29.May.2010 - 20:28
Beitrag #15


Naschkatze
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ZITAT(Sägefisch @ 28.May.2010 - 20:56) *
Ich hätte bei der Erstrezeption weniger an Bananen gedacht, aber sonst sicher nicht, nein.


Nicht auszuschließen, dass manche bei ihrem "coming out" ins "rutschen" gerät, somit finde ich ein Bild einer Banane, besser deren Schale, nicht abwägig..... (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)
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