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> Philosophinnenstammtisch, fragen, bis der Arzt kommt ...
DerTagAmMeer
Beitrag 05.Feb.2006 - 23:06
Beitrag #1


Adiaphora
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Für alle, die sich nur noch dunkel erinnern oder damals noch nicht dabei waren: Der Link ins Wohnzimmer.

Für alle, die einen Kaltstart bevorzugen: Wie passt die Kenntnisnahme eines drohenden Selbstwertbankrotts durch Arbeitslosigkeit (1), einer beobachtbaren Boykotthaltung wider Wellnessbegeisterung und bessere Vernunft (2) sowie einer Zunahme religiöser Fanatiker (3) in einen Kopf?

Oder mit Goethe: Warum ist der Mensch noch immer nicht edel, hilfreich und gut? (4)

Durch Zufall sind mir heute Dostojewskis "Aufzeichnungen aus einem Kellerloch" in die Hände gefallen, die eine Antwort vorschlagen, die ich ausgesprochen fruchtbar fand, um diskutiert zu werden:

QUOTE (abgetippt weil keine Online-Edition zum Verlinken zu finden war)
Nun frage ich Sie: was kann man denn von dem Menschen erwarten, als von einem Geschöpf, das mit so sonderbaren Eigenschaften begabt ist?

Überschütten Sie ihn mit irdischen Gütern, tauchen Sie ihn ins Glück bis über den Kopf, so daß nur noch Bläschen an die Oberfläche des Glücks aufsteigen, wie die im Wasser; geben Sie ihm einen solchen wirtschaftlichen Wohlstand, daß ihm nichts anderes zu tun bleibt, als zu schlafen, Pfefferkuchen zu essen und sich um die Fortdauer der Weltgeschichte zu bemühen, - so wird dieser Mensch Ihnen auch hier, auch hier, aus bloßer Undankbarkeit, aus bloßer Schadenfreude eine Gemeinheit machen.

Er wird sogar die Pfefferkuchen dran wagen und absichtlich den verderblichen Unsinn wünschen, die unwirtschaftliche Sinnlosigkeit, einzig und allein, um sein verderbliches, phantastisches Element mit dieser positiven Vernunft zu vermischen.

Gerade seine phantastischen Träume, seine gemeinste Dummheit wird er für sich behalten wünschen, einzig deshalb, um sich selbst zu bestätigen (als ob das so unbedingt nötig wäre), daß die Menschen noch immer Menschen sind, und keine Klaviertasten, auf denen die Naturgesetze zwar selbst spielen, eigenhändig, aber so lange zu spielen drohen, bis man sich ohne den Kalender nichts mehr wünschen wird.

Und nicht genug: sogar in dem Falle, daß er sich tatsächlich als Klaviertaste erweist und man ihm das sogar durch die Naturwissenschaften und mathematisch beweist, so wird er auch dabei nicht zur Vernunft kommen, sondern im Gegenteil absichtlich irgend etwas tun, aus purer Undankbarkeit; eigentlich nur, um auf seinem Stück zu bestehen.

Falls er keine Mittel dazu findet, wird er Zerstörung und Chaos hervorrufen, sich verschiedenartige Leiden ersinnen, aber doch sein Stück durchsetzen! Er wird den Fluch in die Welt schicken [...], so wird er womöglich allein durch einen Fluch seinen Zweck erreichen, das heißt, sich tatsächlich überzeugen, daß er ein Mensch und keine Klaviertaste ist!

Wenn sie sagen, daß man auch das alles nach einer Tabelle ausrechnen könne, das Chaos, und die Finsternis, und den Fluch, so daß allein die Möglichkeit der vorherigen Berechnung alles zum Stillstand bringen und der Verstand die Oberhand gewinnen müsse, - so wird der Mensch in diesem Fall absichtlich wahnsinnig werden, um keinen Verstand zu haben und seinen Willen durchzusetzen!

Ich glaube daran, ich sehe dafür ein, weil das ganze menschliche Tun und Treiben wirklich nur darin zu bestehen scheint, daß der Mensch sich jeden Augenblick selbst beweist, daß er ein Mensch und kein Stiftchen ist!


Was denkt ihr?
Ist der eigene Wille Ausdruck der Würde?
Und wenn - warum ist es uns so wichtiger, unsere Mitmenschen einer allgemein verbindlichen Willenserklärung zu unterwerfen, statt ihre Würde zu respektieren?
______________________

(1) = Meinung zum Thema Arbeitslosigkeit: "arbeitslosigkeit ist auch immer der versuch, dem menschen seine individualität zu nehmen"
(2) = Aussage zum Thema Nichtraucherinnenfreundliche Länder: "Und für den Ausdruck persönlicher Freiheit habe ich das Rauchen auch noch gehalten"
(3) = Thema Angst vor Muslimen?
(4) = Beitrag zum Thema Das Y-Chromosom im Kopf:"Egal was man tut, wer als Mann geboren ist bleibt genetisch immer ein Mann. Und das die Genetik große Auswirkungen auf unser Erleben und Verhalten hat, ist ja bekannt."
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Virginia's W...
Beitrag 06.Feb.2006 - 20:26
Beitrag #2


Geschirrspülerin
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Die Karrikadurenproblematik oder Die muslimische Walze rollt

Mir drängte sich ein Gedanke auf, und der gefällt mir gar nicht. Da kritzelt ein dänischer Karrikaturist in seiner "vollen Unschuld" etwas daher, ohne sich zu überlegen, dass die westliche Welt in ihrer unendlichen Toleranz (oder in ihrer Überheblichkeit) nicht mit den arabischen Staaten zu vergleichen ist. Aber noch nicht genug! Nach dem Aufschrei, der durch die muslimischen Reihen in Dänemark ging, wurde es wieder ruhiger. Bis ein paar, und jetzt wirds interessant, iranische + saudi-arabische Herren auftauchten, um der Zeichnungen und noch einiger anderer (durch provozierender) mehr habhaft zu werden. Sie brachen auf in den Orient.

Dort wurde die ganze Story entsprechend ausgeschmückt, der Zorn geschürt und genährt, bis ein Flächenbrand entstand. Die Drahtzieher reiben sich die Hände und blasen gelassen, damit das Feuer weiter brennt. Und das ist kreuz gefährlich. Das erinnert mich, sorry für den Vergleich, an ein Land in Mitteleuropa, genannt Deutschland, so um 1933. Nun spricht für ein friedliche Lösung der Fortschritt bzw. die Erfahrung. Was allerdings dagegen spricht, sind fanatische und manipulierte Menschen, die an etwas glauben, sich festhalten, in denen es seit Jahren gärt. Ein Walze, die es dringend aufzuhalten gilt.

Der philosophische Gedanke dabei ist die Frage nach der Unbelehrbarkeit des Menschen. Oder ist es doch die Manipulierbarkeit, die Entstehung neuer Prozesse, die neue Erfahrungen notwendig machen. Obwohl, es bleibt sich doch egal, ob die Herplatte, an der man sich verbrennt rot oder blau ist. Oder etwa doch nicht?

V's W.

Edit - einen großen Dank für deine Mühen, TagamMeer - es war ein Genuss Dostojewski hier zu lesen. Eine ganz wunderbare Idee für einen Ausflug in die Bibliothek

Der Beitrag wurde von Virginia's Wo(o)lf bearbeitet: 06.Feb.2006 - 20:28
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DerTagAmMeer
Beitrag 06.Feb.2006 - 23:40
Beitrag #3


Adiaphora
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QUOTE (Mab @ 06.Feb.2006 - 10:03)
"Wir haben starke Hinweise darauf gefunden, dass Frauen Normverletzungen lieber mit Geldstrafen ahnden. Männer dagegen verspüren eher den Impuls, dem anderen ,eine in die Fresse zu hauen', wenn er unfair war." (Herv. Mab)

Ich glaub, mir reicht die Erklärung des Mannes nicht. :gruebel:

Mir auch nicht und auch den "Versuchsaufbau" finde ich ziemlich fragwürdig.

Sind nicht Erklärungsmuster, die Rivalität und Identifikation, Agression und Unterwerfung in den Blick nehmen, naheliegender als körperliche Gewalt von Geldbußen zu unterscheiden und daran auch noch einen Geschlechtsunterschied festmachen zu wollen?

Außerdem sympatisieren wahrscheinlich auch Männer, die sich selbst als "ausgekochte Schlitzohren" betrachten, eher mit "Queerschlägern" und reagieren auf das Leid der "Gutmenschen" mit Schadenfreude als anders herum (sonst ließe sich der Erfolg unzähliger Aktionstreifen oder die Idolwirkung eines Harald Schmidt wohl kaum noch erklären).

Ebenso gibt es (so hoffe ich zumindest) auch Frauen, die auf "bösen Jungs" nicht mit mütterlichem Verständnis oder Paarungsbereitschaft reagieren, sondern sehr eigenständig und körperlich messbar Konfliktpotential entwickeln... ;)

QUOTE (Virginia's Wo(o)lf @ 06.Feb.2006 - 20:26)
Nun spricht für ein friedliche Lösung der Fortschritt bzw. die Erfahrung. Was allerdings dagegen spricht, sind fanatische und manipulierte Menschen, die an etwas glauben, sich festhalten, in denen es seit Jahren gärt. Ein Walze, die es dringend aufzuhalten gilt.


Das ist genau der Punkt an dem ich mich verbissen habe. Was macht einen Menschen überhaupt fanatisch und manipulierbar?
Aus dem Kellerloch betrachtet wäre Gewalt und Fanatismus möglicherweise der einzige Weg, sich mit einer gewaltigen Destruktion zur Existenz zu bringen. Der fanatischen Tat steht ja kein erfülltes, selbstbestimmtes und gesegnetes Leben gegenüber, das geopfert wird - sondern ein über Jahre gelebtes "Nichtvorhandensein".

Wie konnte es eigentlich soweit kommen, dass wir ohne mit der Wimper zu zucken ganze Völker medial zum "Verschwinden bringen", um sie erst in unser Blickfeld zu lassen, wenn sie gewaltsam explodieren?
Ich will hier nicht den Versuch machen, Gewalt und Fanatismus zu entschuldigen. Dennoch gibt es wohl kaum einen sichereren Weg, Menschen zur Weißglut zu bringen, als sich über ihre innersten Werte lustig zu machen und sie aus dem Gespräch der "Vernünftigen" auszuschließen. Trotzdem scheint mir gerade das die liebste Taktik im sogenannten "Kampf gegen den Terror" zu sein. Warum also tut man das?
Und was befähigt ausgerechnet die USA sich als Weltpolizei aufzuspielen und "Werte" verteidigen zu wollen?
Welche "Werte" sollen das eigentlich sein, die dadurch bedroht werden, dass einige Muslime ein ebenso konservatives Weltbild vertreten wie die Mehrheit Bush's Baptistenprediger?
Das Recht auf eine individuelle und freiheitliche Wahl zwischen Pepsi und Cola? Puma und Nike? Apple und Microsoft? Was bringt uns wohl eine solche "(Marken)-Kultur", die in Gänze an finanzielle Mittel geknüpft ist und ausschließlich einer reichen Minderheit zur Verfügung steht? Werden die Menschen ohne Label demnächst wieder genauso gesichts- und würdelos wie das legasthenische "Proletariat" des Industriezeitalters? Dann ist die "muslimische Walze" womöglich nicht die einzige, die ins Rollen geraten könnte.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 06.Feb.2006 - 23:42
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DerTagAmMeer
Beitrag 07.Feb.2006 - 08:17
Beitrag #4


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QUOTE (Mab @ 07.Feb.2006 - 07:48)
Ich glaube nicht daran, dass eine kleine Karikatur ausreicht, um eine Walze loszutreten. Sondern sie war da, als sie für die 20 % gebraucht wurde.

Da stimme ich dir uneingeschränkt zu.
Nur mag ich mich eben nicht damit abfinden, dass die Mehrheit der Menschen als beliebig lenkbare Masse abgehakt wird, als wären keine Alternativen denkbar.

Vielleicht bin ich ja wirklich nur heillos naiv, aber ich halte es noch immer für wahrscheinlich, dass ausnahmslos jeder ein Bedürfnis hat, als Mensch mit einem eigenem Willen und eigener Urteilskraft anerkannt und geachtet zu werden. Zumindest ist mir niemand bekannt, der von sich selbst sagen würde - "Hey ich finds so schön bequem, andere für mich entscheiden zu lassen und mache ganz easy immer das, was mir eingeredet wird."

Auf mich wirkt die Bedingtheit also eher umgekehrt - erst, wenn der Mensch keine Chance mehr sieht, aus eigenen Kraft relevant zu werden, beugt es sich einem kollektiven Willen, um wenigstens im Kollektiv auf der Seite der Agitatoren zu stehen.

Insofern ging es mir nicht um tolerierte oder unterdrückte Minderheiten - sondern um die überwältigende Mehrheit, die sich zunehmend in einer Welt wiederfindet, in der sie keine Rolle mehr spielt.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 07.Feb.2006 - 08:20
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Virginia's W...
Beitrag 07.Feb.2006 - 20:18
Beitrag #5


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Hallo Mab, es würde mich echt freuen, wenn in dieser Runde ein Dialog entstünde. Das heißt, dass auch du und ich miteinander reden. Es sei denn, du möchtest lieber meine Thesen, auf die DTAM geantwortet hat, weiter mit ihr diskutieren. Das fände ich schade, gesehen unter dem Titel diese Threads.

@ Mab
QUOTE
Ich glaube nicht daran, dass eine kleine Karikatur ausreicht, um eine Walze loszutreten. Sondern sie war da, als sie für die 20 % gebraucht wurde.


Du, was ich schrieb war dies:
QUOTE
Was allerdings dagegen spricht, sind fanatische und manipulierte Menschen, die an etwas glauben, sich festhalten, in denen es seit Jahren gärt. Ein Walze, die es dringend aufzuhalten gilt.


Ich denke, da liegt ein Missverständnis vor. Ich schrieb ja, dass die Walze schon seit langem unterwegs ist. Mal langsamer (während des Krieges) mal schneller, im schwehlenden Konflikt mit dem Iran. Nur, so wie es jetzt ist, war es nie. Als Grund hierfür sehe ich die tiefe Verletzung des Glaubens. Nicht umsonst gibt es diesen netten phrase "Im Glauben erschüttert".

@ Tag am Meer
QUOTE
Was macht einen Menschen überhaupt fanatisch und manipulierbar?


Ich arbeite gerne mit Bildern. Macht wohl der Job - Wie auch immer - Nähmen wir einen Hund und würden im ein "Herrin" geben. Diese Herrin ist dem Hund natürlich überlegen, zuerst ist sie mal die Rudel"königin" und zum zweiten ist sie diejenige, die Fresschen, Schlüssel zum Gassi usw. besitzt.
Ich will jetzt keine weiteren Ausführungen zu negativen Hundeschule geben. Könnte ja ein Kind mitlesen :-) aber du verstehst den Hintergrund der Geschichte? Wie kann man einen Menschen gefügig machen? Gib ihm ab und zu ein Leckerchen, lass ich sonst immer mal am Limit und gebe ihm etwas zum glauben. Er tanzt früher oder später wie du pfeifst. Und wenn ich das so schreibe, möchte ichs gar ausweiten auf so manche Beziehung.

Ich denke, die Kellerloch-Gedanken decken sich ziemlich mit den meinen.

QUOTE
Wie konnte es eigentlich soweit kommen, dass wir ohne mit der Wimper zu zucken ganze Völker medial zum "Verschwinden bringen", um sie erst in unser Blickfeld zu lassen, wenn sie gewaltsam explodieren?


Damit Fox / Vox , ABC und CSI, RTL und NBC, DLIB und wie sie alle heißen, was zu schreiben, zu diskutieren, vorzuführen und letztlich zu verdienen haben.
Meine Meinung. Denn bekannt war der Kongo-Konflik Jahre bevor der Genozid tatsächlich "begann". Nur ein Beispiel, bevor ich mich warm schreibe.

QUOTE
Ich will hier nicht den Versuch machen, Gewalt und Fanatismus zu entschuldigen. Dennoch gibt es wohl kaum einen sichereren Weg, Menschen zur Weißglut zu bringen, als sich über ihre innersten Werte lustig zu machen und sie aus dem Gespräch der "Vernünftigen" auszuschließen. Trotzdem scheint mir gerade das die liebste Taktik im sogenannten "Kampf gegen den Terror" zu sein. Warum also tut man das?

Du, die Frage verstehe ich nicht ganz. Meinst du die Provokationen in Guantanamo z. B., die Foltermethoden bzw. die Erniedrigung dort auf Kosten einzelner Menschen?

Mich beschäftigt noch ein ganz anderes Thema. Warum sind die 2 entführten Deutschen fast komplett aus der Tagespresse verschwunden. Ich muss ja zugeben, dass mich sofort der Gedanke an den Tod ereilte, bestätigt durch diverse Aussagen erfahrener Irakreisender (einschl. Frau Osthof), die bestätigten, selbst schon seit Jahren nciht mehr dahin zu reisen. Naja,das wisst ihr sicher alle schon selbst.Aber was ist das jetzt? Aus die Maus? Der Affe tot und zurück zum Tagegeschäft? Ein Interview mit Frau Klum zu den Maßen 90-60-90?


zu V.'s
Füßen
W.
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DerTagAmMeer
Beitrag 07.Feb.2006 - 22:58
Beitrag #6


Adiaphora
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QUOTE (Virginia's Wo(o)lf @ 07.Feb.2006 - 20:18)
Nähmen wir einen Hund und würden im ein "Herrin" geben. Diese Herrin ist dem Hund natürlich überlegen, zuerst ist sie mal die Rudel"königin" und zum zweiten ist sie diejenige, die Fresschen, Schlüssel zum Gassi usw. besitzt.

Ist es denn so? Dass da eine Herrinnen Autorität, Kapital und staatliche Gewalt in eisernern Händen halten?
Oder entsteht möglicherweise erst durch verantwortungslose Spielregeln das Machtvakuum, welches Populisten und Demagogen die Fäden in die Hand gibt?
Ehrlich gesagt interessiert es mich nicht wirklich, wie man sich Menschen gefügig macht.
Viel lieber würde ich das Blatt wenden und fragen, wie es möglich ist, unsere demokratischen Phrasen wieder mit Leben zu füllen, um solche Strategien müßig zu machen.
Auf mich macht es nämlich nicht den Anschein als wäre die Mehrheit zu stumpf, zu dumm, zu desinteressiert. Ganz im Gegenteil - mir kommt es eher so vor als realisierten immer mehr, dass Menschen und politische Instanzen gar keinen Einfluss mehr auf wirtschaftliche Interessen haben.

"Wir sind einfach zuviele Menschen, als dass noch die einzelne Stimme zählt."

Das ist auf abstrakter Ebene sicher absolut folgerichtig.
Trotzdem könnte ich nicht leben, wenn dieser Satz mein Bewusstsein beherrschen würde und mich selbst miteinbeziehen müsste. Zumindest für mich selbst muss ich von Bedeutung sein, um am Leben teilzunehmen - und ich halte mich da wirklich nicht für einen Einzelfall.

PS: Die realpoltische Fragen bitte nicht untergehen lassen - das Bett ruft nur so laut ... :)
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DerTagAmMeer
Beitrag 08.Feb.2006 - 09:03
Beitrag #7


Adiaphora
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QUOTE (Mab @ 08.Feb.2006 - 07:46)
Ist die Angst nicht zu groß, als sich ständig mit den Hintergründen auseinander setzen zu können?

Bestimmt. Und neben der Angst auch die Überforderung - zumindest bei mir. Darum habe ich auch den Anspruch aufgegeben, global "informiert" sein zu wollen. Denn dem kann ich beim beim besten Willen nicht nachkommen. Das zur Verfügung stehende Nachrichtenspektrum überfordert mich und macht mich handlungsunfähig. Diskussionen, die darauf hinauslaufen, sich gegenseitig mit Fakten, Statistiken und Hintergründen zu überschütten ebenso.

Und selbst wenn ich die geistigen Kapazitäten hätte, Zusammhänge und Hintergründe zu überschauen und obendrein auswerten zu können, wäre es nahezu sinnlos, als einzelne unsere gemeinsame "Welt" als Ganzes verändern zu wollen.

Heute wird so oft gesagt, wir lebten in einer "Informationsgesellschaft", in einer "globalisierten" Welt. Trotzdem bearbeiten wir diese Welt weiterhin mit maroden imperialistischen und nationalistischen Denkwerkzeugen und spielen uns allzu oft auf als seien wir kleinige Königinnen und Universalgelehrte auf der Ersatzbank, die nur ans Ruder gelassen werden müssten, damit alles besser wird. Aber niemand wird die Konflikte im Nahen Osten einfach so lösen können - selbst wenn er sie verstünde und am eigenen Leib erfahren hätte. Das können wir nicht leisten.

Als sich vor etlichen Jahren ein Internetzugang in mein Leben geschlichen hat, bin ich mit dem neuen Informationsangebot zunächst genauso "gewissenhaft" umgegangen wie ich es von anderen Quellen gewohnt war. Ich habe alle Seiten komplett gelesen, die ich zu einem Thema gefunden habe, sämtliche Artikel ausgedruckt und abgeheftet und obendrein jede Mail beantwortet, die in meinem Postkasten gelandet ist - inklusive Spam.
Um das Netz sinnvoll verarbeiten zu können, mußte ich also erst Mechanismen der gezielten Selektion entwickeln. Ich mußte lernen, Favoriten festzulegen, Newsletter zu abonnieren, Suchmaschinen effektiv zu nutzen - kurz: herausfinden, was mich betrifft und das gesamte Spektrum gezielt begrenzen.

Und das wäre wohl auch mein Wunschlehrplan für ein Seminar "Wie lebe ich in Deutschland richtig". Basic living also. Wie finde ich zurück in mein reales Leben, statt mich medial überfluten und fernsteuern zu lassen?

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 08.Feb.2006 - 09:05
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DerTagAmMeer
Beitrag 08.Feb.2006 - 15:37
Beitrag #8


Adiaphora
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QUOTE (Mab @ 08.Feb.2006 - 09:42)
Die Wissenschaft wozu ich die Philosophie auch zähle, will sie überhaupt zu mir als dem bestimmten Menschen sprechen?

Wie gut, dass ich nicht weiß, was die Philosophie will :D

Drum nutze ich sie dreist nach meinem Gutdünken - und zwar als Gegengewicht und Gegensatz zur (empirischen) Wissenschaft. In der Wisselschaft wurde ich angehalten aus 5 Zeilen Primärtext 50 Seiten "wissenschaftliche Abhandlung" zu basteln - in der Philosophie bündelten sich (wenn ich Glück, einen guten Tag und die Nase im richtigen Buch hatte) 1000 Wörter in einem einzigen Begriff.

Ich hab keine Ahnung, ob es heute noch wichtig ist, den ganzen "Kant" zu lesen. Allerdings weiß ich, dass man sich viel Chaos im Kopf erspart, wenn man es einfach tut. Das ist so ein wenig wie Buchhaltung, HTML-Codierung, Hemdenbügeln oder die Erfindung des Rades - entweder macht man alle Fehler eigenhändig oder man geht bei jemandem in Lehre, der's drauf hat. Und ein weiterer Grund, seine Aufmerksamkeit Kant statt den Feuilletons zu widmen: Man geht mit freiem Kopf und geradem Rücken nach Hause, statt Bibliotheken schultern zu müssen. ;)

Trotzdem hast du sicher recht, dass das Herumreiten auf Begriffen für viele einfach nur abschreckend ist. In einem anderen Forum habe ich beispielsweise gerade den Wunsch nach einer für alle verständlichen Sprache ohne Fachbegriffe und intellektuelle Hürden gelesen. In einer PM an mich wurde die Vermutung geäußert, ich wolle Leute mit Worthülsen totquatschen.
Nachdem ich also keine Anwort auf die Frage geben konnte, was die Philosophie will, beantworte ich diese Frage darum jetzt einfach stellvertretend für mich persönlich:
Ich will lediglich das mitteilen, was in meinem Kopf ist und mich bewegt.
Und wenn es mehrere Stunden gedauert hat, aus dem Kram dort einen deutschen Satz zu bauen, ist es doch irgendwie naheliegend, dass dieser Satz auch mehr als einmal gelesen werden muss, um mir in den Kopf gucken zu können. Hätte es in einen schmissigen Slogan mit amüsanter Anekdote gepasst, hätte ich den ja benutzt - geschworen!

Der von dir gewählte Begriff "Verallgemeinerung" ist da übrigens ein klasse Bespiel.
Über Verallgemeinerungen lässt sich nahezu alles "so ungefähr" mitteilen und eine gefühlte Übereinstimmung bei sehr vielen Menschen erzielen. Schwammige Weisheiten passen nahezu auf jede Realität und ebnen Unterschiede einfach ein, indem die einen bestimmten Fokus festlegen.

"Abstraktion" nutzt das selbe Prinzip, arbeitet aber das Wesentliche statt des Augenscheinlichen heraus, indem sie die Unterschiede ganz genau betrachtet und in Beziehung setzt.

Eine Verallgemeinerung wie "Mohamed war nur ein prophet. Gott will bestimmt nicht, dass wegen ein paar zeichnungen menschen sterben und bruder gegen bruder kämpft. Den wir alle stammen von adam ab!!" hat sicher gute Chancen bei vielen Menschen auf Übereinstimmung zu treffen. Und mit etwas Glück führt sie sogar zu einem gut gemeinten Missverständnis, das eine friedliche Koexistenz der Religionen zur Folge hat. Allerdings eignet sie sich wohl kaum dazu, kulturelle Unterschiede in einen respektvollen Dialog zu bringen.

Kaum ein Christ würde sich zum Beten in eine Moschee schicken lassen, oder? So konkret "verallgemeinern" läßt sich Identität wohl einfach nicht, wenn sie jemanden persönlich betrifft.
Allerdings zeigen sicher die meisten praktizierenden Moslems Verständnis dafür, dass Christen ihre Religion nach bestimmten Regeln gemeinsam praktizieren möchten.

Um meine kurdische Nachbarin mit Respekt zu behandeln, muss ich also weder den Koran in arabisch lesen noch Sunniten von Schiiten differenzieren können. Es genügt völlig, mich in ihrer Küche an bestimmte Regeln zu halten, um weder sie noch ihre Familie zu beleidigen. Denn "Würde" ist kein Begriff, den man erst in den eigenen kulturellen Kontext übersetzen muss, um ihm Relevanz zuzuordnen.

Und schon wieder bin ich im Kellerloch: Für die kurdische Nachbarin mag mein Lebenswandel noch so provokativ und unvorstellbar sein - sobald ich mich in ihrer Küche gegen meine Gewohnheit an ihre Regeln halte, macht sie aber unweigerlich die Erfahrung, dass ihr Empfinden für mich von Bedeutung ist und einen Unterschied macht.

Darum gehts mir.
Immer mehr Menschen existieren in Zusammenhängen, in denen sie nicht in der Lage sind, auch nur den geringsten Unterschied zu bewirken. Sie können sich auf den Kopf stellen, sich anstrengen oder toben - es erfolgt keinerlei Reaktion. Und ich glaube, dass sich dieser Zustand ganz fundamental gegen die menschliche Natur richtet und jedes Verantwortungsbewusstsein untergräbt.
Wofür soll ich denn Verantwordung übernehmen, wenn ich nur ein Stiftchen ohne Bedeutung bin?

"Selektieren, um nicht überflutet zu werden."
Möglicherweise ja auch selektieren, um wieder sichtbar zu werden.
In meinem unmittelbaren Umfeld ist die "Welt" noch immer bestimmbar. Ich kann Fragen stellen, Einkauftüten tragen, mich engagieren, Mittagessen kochen, lesen, Mechanismen beobachten, die mich aushebeln, Strategien entwickeln ihnen zu trotzen, Gemüse anbauen, türkisch lernen oder mir mit Kant den Kopf zerbrechen ...

Ich bin mir sicher, dass dabei ganz von selbst vertrauenswürdige aufrechte Menschen aus den ferngesteuerten Idionen werden (falls es die überhaupt gibt und sie nicht nur ein Gespenst der Fernsteuerungsindustrie sind).
_______________________

Nachtrag: Aus einem alten wahnsinnig pointierter TAZ-Artikel zur Angst der Deutschen vor Terroranschlägen:
QUOTE (taz Nr. 7718 vom 18.7.2005 @ Seite 13, KAI BIERMANN)
Ein Nachteil der an sich selbst glaubenden Gesellschaft ist es nun einmal, dass das gefühlte Risiko sehr hoch ist, auch wenn die tatsächlichen Gefahren immer kleiner werden.

Lottospielen hat viel damit zu tun. Streng genommen die Erwartungen, die Menschen hegen, wenn sie Dinge wie das Lottospielen tun. Die Auswahl der Gewinnzahlen folgt keinem erkennbaren Prinzip, sie ist zufällig und unabhängig von den Fähigkeiten oder Voraussetzungen des Spielers. Die Tatsache, dass kaum jemand gewinnt und die Siegchance statistisch aberwitzig klein ist, schreckt keinen ab. Menschen sind so.

Leider folgen immer mehr Terroristen genau dem gleichen Prinzip. Die Täter wollen nicht Politiker oder Wirtschaftsbosse treffen. Religion, Besitz oder Hautfarbe ihrer Opfer sind ihnen gleichgültig. Ihr Ziel ist der Jedermann. Genau diese Beliebigkeit ist es, die Angst macht. Wie beim Glücksspiel ist es unerheblich, wie viele Menschen tatsächlich getroffen werden oder wie oft die Täter zuschlagen.

Der Risikoforscher Ortwin Renn nennt es den "umgekehrten Lottoeffekt", der den Terror verursache: "Beim Lotto muss ja irgendeiner gewinnen, also denkt jeder, warum soll ich es nicht sein. Bei Anschlägen ist es ähnlich: Einer muss ja verlieren, also kann es auch ich sein."


Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 08.Feb.2006 - 15:43
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Leila
Beitrag 09.Feb.2006 - 10:02
Beitrag #9


Fürstin Pückler
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Ein interessanter Thread - auch ich liebe das Philosophieren, allerdings muss ich zugeben, dass es mir in schriftlicher Form manchmal zu abstrakt und/oder kompliziert wird.
Wieviele Gedanken stecken da hinter einem Wort, einem Satz - Stunden,Tage - oder sogar mehr - die möglicherweise damit verbracht werden, sie zu sortieren, umzumodeln, neu zu formatieren - und der Leser wird mit einem Endergebnis konfrontiert ohne zwischendurch durch Nachfragen, die Möglichkeit zu haben, den Gedanken folgen zu können.

Was ich sagen möchte: Ich bevorzuge den mündlichen Austausch, das kurze Gedankenspiel, das Nachhaken können, aber werde mich zu später Stunde darum bemühen, auch ein bisschen hierzu beizusteuern.

Jetzt werde ich mich erstmal mit den weniger philosphischen Themen beschäftigen - die Arbeit ruft und erwartet ganz profane Dinge wie 'Schnittstellenbeschreibungen' von mir ;)


Grüsse an alle Philosophinnen

Leila


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Bilana
Beitrag 09.Feb.2006 - 10:35
Beitrag #10


Capparis spinosa
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QUOTE
Zumindest ist mir niemand bekannt, der von sich selbst sagen würde - "Hey ich finds so schön bequem, andere für mich entscheiden zu lassen und mache ganz easy immer das, was mir eingeredet wird."


Nicht philosophisch, ganz pragmatisch, aber trotzdem:
Es gibt solche Menschen, weil es Kulturen giobt, die solche Denkmuster hervorbringen. Hinduismus und Islam.
Da gibt es eine ernsthafte Debatte unter dem Stichwort Fatalism and Development. Es ist also ein wirkliches Problem.
Zum Islam habe ich nur beschränkte Infos, aber über den Hindusismus kann ich sagen, dass dort Obrigkeitshörigkeit und Fatalismus geradezu kultiviert wird. Buchstäblich. Es gibt Rituale, die das festigen. Ich nehme an im Islam ist es ähnlich.
Und wenn Menschen so aufgewachsen sind, keine anderen Rollenmodelle erlebt haben ist es sehr sehr schwer daraus auszubrechen. Ganz allgemein ist es ja so, dass es sehr schwer ist sich neue Verhaltensweisen anzueignen. Erlerntes kritisch zu betrachten, u.U. abzulegen. Fatalismus, Obrigkeitshörigkeit, Patronizing bilden da keine Ausnahme.


QUOTE
Denn bekannt war der Kongo-Konflik Jahre bevor der Genozid tatsächlich "begann".


Stimmt. Kongo ein trauriger Klassiker. Schuld ist Coltan.
Ich zitiere mich jetzt mal aus Faulheit selbst. Hatte dazu vor einiger Zeit schon mal was geschrieben.
---
Kongo ist eines von 2 Ländern der Welt in dem abbaubare Ressourcen des Minerals Columbit-Tantalit (Coltan) vorkommen. Daraus wird das Halbmetall Tantalum gewonnen, das für kleine elektronische Geräte (Handy, Palmtop, Pager usw.)essentiell ist.
Solange dieses Element gebraucht wird wird es skrupellose Geschäftsleute geben, die im Kongo investieren, wird es die Armeen von Uganda, Rwanda und Burundi (und andere auch) geben, die es außer Landes schmuggeln und um die Gebiete im Osten kämpfen gegen die Armee eines Diktators, der sich nicht beugen will.

Es gibt einen internationalen Bann gegen Coltan aus dem Kongo, aber wer hält sich drann, wenn Australische Mienenbesitzer die Preise hoch halten, weil sie wissen, dass sie das Gold des 21. Jh. fördern?
---
Solange sich lokale Mächte gegenseitig in Schach halten können die kongolesischen Minen natürlich von internationalen Playern ausgebäutete werden und es muss nicht geteilt werden.

Aber Kongo und Coltan ist nur ein trauriges Beispiel von vielen.

QUOTE
Dass es Hormone, Gene, Umwelt sind, die uns zu 99% bestimmen.
Dass es nur ein kleiner Bruchteil eigener Entscheidung ist, die bewusst getroffen wird.


Ich hoffe das ist eine veranschaulichende Übertreibung. Wenn nicht: Entschiedener Widerspruch!

Der Beitrag wurde von Bilana bearbeitet: 09.Feb.2006 - 10:38
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Leila
Beitrag 09.Feb.2006 - 22:13
Beitrag #11


Fürstin Pückler
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QUOTE (DerTagAmMeer @ 08.Feb.2006 - 15:37)
Ich will lediglich das mitteilen, was in meinem Kopf ist und mich bewegt.
Und wenn es mehrere Stunden gedauert hat, aus dem Kram dort einen deutschen Satz zu bauen, ist es doch irgendwie naheliegend, dass dieser Satz auch mehr als einmal gelesen werden muss, um mir in den Kopf gucken zu können.


Nun sitze ich seit 3 Stunden immer wieder vor diesen Texten - lese 'rauf und runter, kreuz und quer - und finde den roten Faden nicht.

Jede Menge Gedanken - jede Menge Ansätze, aber mir scheint, einige der kreisenden Gedanken haben sich dem Willen ausgedrückt zu werden widersetzt - und kreisen, und kreisen...
Wie gerne würde ich Dir 'in den Kopf gucken' - aber ich stehe kurz vor der Kapitulation.

DTAM
QUOTE
Vielleicht bin ich ja wirklich nur heillos naiv, aber ich halte es noch immer für wahrscheinlich, dass ausnahmslos jeder ein Bedürfnis hat, als Mensch mit einem eigenem Willen und eigener Urteilskraft anerkannt und geachtet zu werden. Zumindest ist mir niemand bekannt, der von sich selbst sagen würde - "Hey ich finds so schön bequem, andere für mich entscheiden zu lassen und mache ganz easy immer das, was mir eingeredet wird."


Mab
QUOTE
Bin ich da pessimistischer oder realistischer? Aber ich glaube eben nicht daran, dass diese "eigene Urteilskraft" in ausreichendem Maße unter den Menschen besteht.


An diesem Punkt möchte ich dennoch kurz einhaken:
Hier kann ich mich Mab nur anschliessen - auch ich glaube nicht nicht daran, dass vielen Menschen 'eigener Wille' und 'eigene Urteilskraft' ein Bedürfnis sind. Erfordert nicht beides auch 'Eigenverantwortung'? Wieviele Menschen sind denn bereit diese zu übernehmen? Ist es nicht viel bequemer anderen die Verantwortung für mein 'Stiftchen sein' zu geben?

QUOTE
Wofür soll ich denn Verantwordung übernehmen, wenn ich nur ein Stiftchen ohne Bedeutung bin?


Wer macht mich denn zum 'Stiftchen ohne Bedeutung' wenn nicht ich selbst?
Muss ich mir nicht zunächst mal selber was bedeuten, um es auch anderen zu können?

QUOTE
Ist der eigene Wille Ausdruck der Würde?


Der eigene Wille zur Eigenverantwortung auf jeden Fall.
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DerTagAmMeer
Beitrag 10.Feb.2006 - 06:51
Beitrag #12


Adiaphora
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QUOTE (Bilana @ 09.Feb.2006 - 10:35)
Da gibt es eine ernsthafte Debatte unter dem Stichwort Fatalism and Development. Es ist also ein wirkliches Problem.
Zum Islam habe ich nur beschränkte Infos, aber über den Hindusismus kann ich sagen, dass dort Obrigkeitshörigkeit und Fatalismus geradezu kultiviert wird.

Hm. Einerseits finde ich richtig, was du schreibst; so gesehen läßt sich eigentlich jede Religion auch als "Steuerung" Einzelner durch ein kollektives Gedankengut bzw. ritualisierte Verhaltensweisen verstehen. Ohne dieses Moment würden wir kaum von "Religion" sprechen.

Trotzdem habe ich meine Schwierigkeiten, die als "Kismet", "Karma" oder "göttliche Weltordnung" bezeichneten Glaubensvorstellungen aus ihren kulturellen Zusammenhängen zu lösen und auf eine allgemeine "Steuerbarkeit" der Individuen anzuwenden.
Und jede einzelne Religion unterscheidet sich für mich durch ihre dezentrale Stabilität und Tradionsbindung noch einmal grundsätzlich von der stumpfen "Gleichschaltung" der Bevölkerung durch massenmediale Berieselung.

Einer Muslima, die möglicherweise nicht im Traum auf die Idee käme, ihre Gehorsamspflicht den Lehren des Koran gegenüber kritisch zu hinterfragen, steht es ja grundsätzlich frei, staatlichen wie religiösen Autoritäten gegenüber eine sehr eigenständige und reflektierte Einstellung entwickeln.
Und viele Muslime in der Diaspora nehmen diese "Freiheit des Islam" sehr bewußt und deutlich wahr.

Um im eigenen Kulturkreis zu bleiben, wäre auch die Rolle der Kirchen im Dritten Reich ein recht bezeichnendes Beispiel. Während einige Christen der religiösen Gehohrsam scheinbar problemlos in die Geisteswelt des Nationalsozialismus integrierte, wurde bei anderen gerade die Verpflichtung dem eigenen Glauben gegenüber zur Motivation politischen Widerstand zu leisten. Meine Vermutung: Sicher prägt Menschen ihre Glaubenslehre - aber welche Entwicklungen diese Prägung dann anstößt, ist kaum berechenbar.

Was die Chance "Erlerntes kritisch zu betrachten, u.U. abzulegen" betrifft, stufe ich sie ähnlich gering ein wie du. Allerdings halte ich Kulturen wie Menschen für deutlich vielschichtiger und flexibler als gemeinhin angenommen wird, solange man sie nicht mit der Brechstange zu erziehen sucht, sondern es ihnen selbst überlässt, die religiösen Überzeugungen auf veränderte Gegebenheiten und gesellschaftliche Notwendigkeiten "einzustellen". Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich so viel Hoffnung in den Dialog und das praktische "Miteinanderleben" setze.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 10.Feb.2006 - 06:55
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DerTagAmMeer
Beitrag 10.Feb.2006 - 07:12
Beitrag #13


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QUOTE (Leila @ 09.Feb.2006 - 10:02)
Der Leser wird mit einem Endergebnis konfrontiert ohne zwischendurch durch Nachfragen, die Möglichkeit zu haben, den Gedanken folgen zu können.

Stimmt.

Zur Entschuldigung für die Darreichung des zugegebener Maßen schwer bekömmlichen Eintopfes statt mundgerechter Appetizer:

Einzelthesen werden meist schneller "anders" als "gar nicht" verstanden. Diesmal war mir "gar nicht" irgendwie lieber als "anders".

Allerdings sollte sich deshalb niemand aufgefordert fühlen, "die ganze Suppe auszulöffeln" - die war vielmehr dazu gedacht rauszupicken, was schmeckt, stört oder zum eigenen Speiseplan passt ...

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 10.Feb.2006 - 08:17
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DerTagAmMeer
Beitrag 10.Feb.2006 - 08:13
Beitrag #14


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QUOTE (Leila @ 09.Feb.2006 - 22:13)
Hier kann ich mich Mab nur anschliessen - auch ich glaube nicht nicht daran, dass vielen Menschen 'eigener Wille' und 'eigene Urteilskraft' ein Bedürfnis sind. Erfordert nicht beides auch 'Eigenverantwortung'?

Sicher - aber erst im zweiten Schritt.
Am Anfang steht wohl eher die reine Bedürftigkeit. Ein kleiner Mensch hat Hunger - weint - wird gestillt. Sobald dieser Mechanismus realisiert ist (Weinen stillt Bedürfnisse) - wird es meist stressig für die "Bedürfnisstiller" und kurzfristig omnipotent für den kleinen Menschen. ;)
Erst dann folgt der mitunter mühsame Weg zu Frustrationstoleranz, Vertrauen in die eigene Überlebensfähigkeit und der Vorstellung von der Folgenhaftigkeit des eigenen Handelns. Wenn alles gut geht, wächst dabei ein Mensch heran, der eigenverantwortlich für sich und seine Gemeinschaft Sorge trägt.

Allerdings geht es eben auch anders: Pflege ganz nach Plan, Zufall, akuter Stimmungslage der Sorgenden oder umgekehrt die uneingeschränkte Diktatur der Knirpse. Beides macht es einem Menschen recht schwer, Eigenverantwortung zu entwickeln. Beides ist nur schwer im Erwachsenenalter aufrecht zu erhalten und für beides bieten Religionen wie Unterhaltungsindustrie zahlreiche Hilfskonstruktionen an.
Mir scheint, dass auch beides durch die zwangsläufige "Unteranpassung" ausgesprochen destruktive Abhängigkeiten und einen nicht unerheblichen Leidensdruck erzeugt.
Soviel also zum "küchenpsychologischen Überbau" meiner Vorstellung vom "wollenden" Menschen ;)

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 10.Feb.2006 - 08:14
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Leila
Beitrag 11.Feb.2006 - 11:15
Beitrag #15


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QUOTE (DerTagAmMeer @ 10.Feb.2006 - 08:13)
Wenn alles gut geht, wächst dabei ein Mensch heran, der eigenverantwortlich für sich und seine Gemeinschaft Sorge trägt.

'Eigenverantwortung' also als Ergebnis eines Prozesses nicht als Bedürfnis , wenn ich Dich hier richtig verstanden habe.
QUOTE
aber ich halte es noch immer für wahrscheinlich, dass ausnahmslos jeder ein Bedürfnis hat, als Mensch mit einem eigenem Willen und eigener Urteilskraft anerkannt und geachtet zu werden.


Wieso siehst Du das in Bezug auf 'eigenen Willen' und 'eigene Urteilskraft' anders? Sind nicht auch das eher Ergebnisse von Prozessen, die viele Menschen gar nicht durchlaufen - eher als dass es als Grundbedürfnis gesehen werden kann?

QUOTE
Zumindest ist mir niemand bekannt, der von sich selbst sagen würde "Hey ich finds so schön bequem, andere für mich entscheiden zu lassen und mache ganz easy immer das, was mir eingeredet wird."


Natürlich finden sich solche Menschen selten - um so eine Aussage treffen zu können, muss man durchaus zu Selbstanalyse und Selbskritik fähig sein. Und das wird man bei Menschen, die sich liebend gerne einer 'beliebig lenkbaren Masse' anschliessen, kaum finden.

QUOTE
Beides ist nur schwer im Erwachsenenalter aufrecht zu erhalten und für beides bieten Religionen wie Unterhaltungsindustrie zahlreiche Hilfskonstruktionen an.


Was meinst Du hier mit 'Beides'?

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DerTagAmMeer
Beitrag 11.Feb.2006 - 17:34
Beitrag #16


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DerTagAmMeer
Beitrag 11.Feb.2006 - 18:08
Beitrag #17


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QUOTE (Leila @ 11.Feb.2006 - 11:15)
QUOTE
aber ich halte es noch immer für wahrscheinlich, dass ausnahmslos jeder ein Bedürfnis hat, als Mensch mit einem eigenem Willen und eigener Urteilskraft anerkannt und geachtet zu werden.


Wieso siehst Du das in Bezug auf 'eigenen Willen' und 'eigene Urteilskraft' anders? Sind nicht auch das eher Ergebnisse von Prozessen, die viele Menschen gar nicht durchlaufen - eher als dass es als Grundbedürfnis gesehen werden kann?

Man sehe die mir syntaktische Knickerigkeit nach - aber "Bedürfnis" bezog sich darauf "anerkannt und geachtet zu werden" und nicht auf "Willen" und "Urteilskraft". :D

Dass jeder Mensch einen eigenen (wenn auch selten unabhängigen) Willen hat, habe ich wohl unhinterfragt vorausgesetzt. Da könnte man also drüber streiten :gruebel: zweifelst du es denn an?

Übrig bleibt die Rolle der Urteilskraft - und die halte ich eigentlich auch nicht für ein unmittelbares Bedürfnis, sondern eher für eine Voraussetzung zur Orientierung.

"Urteilen" und "Bewerten", um sich zurecht zu finden und sicher zu sein. Der Wunsch dahinter wäre dann wohl eher der, dass die Welt so sei, wie sich sich mir zeigt - sprich: dass ich meiner Urteilskraft vertrauen kann.

Und da die wenigsten von uns sich selbst bereits für das alleinige und ausschlaggebene Universum halten, sondern auch andere Wesen von Bewußtsein für möglich halten, muss sich Urteilskraft eben auch mit anderen "Urteilen" über dieselbe Welt abfinden und arrangieren.

An dieser Stelle hatte ich "Bedürfnis" festgemacht und die Vermutung geäußert, dass es ein allgemeines soziales Bedürnis ist, in Wahrnehmung und Urteilsvermögen von anderen "zur Kenntnis genommen" zu werden.
Und je stärker unsere Welt aus "Fernsehbildern" besteht, desto deutlicher machen wir die Erfahrung, dass wir in dieser Welt weder wahrgenommen werden noch Einfluss nehmen können.
Und diese Erfahrung machen vor allem und umso deutlicher Menschen, nach deren "Urteilen" und "Vorstellungen" Fernsehen eben nicht gemacht wird.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 11.Feb.2006 - 18:08
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Leila
Beitrag 12.Feb.2006 - 11:40
Beitrag #18


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QUOTE (DerTagAmMeer @ 11.Feb.2006 - 18:08)
Dass jeder Mensch einen eigenen (wenn auch selten unabhängigen) Willen hat, habe ich wohl unhinterfragt vorausgesetzt. Da könnte man also drüber streiten :gruebel: zweifelst du es denn an?


Ein 'eigener Wille' ist für mich nur ein unabhängiger Wille und da scheinen unsere Vorstellungen ja nicht allzu weit auseinanderzuliegen :)

QUOTE
...denn es tut der Psyche nicht gut, mit der Mehrzahl der Mitmenschen nicht übereinzustimmen, eine andere Wirklichkeitsauffassung zu haben: (...)


Möglicherweise ein Aspekt, warum es den Menschen immer schwerer wird, dem Strudel zu entrinnen?
Werden es nicht immer mehr 'Mitmenschen' mit denen eine Übereinstimmung gefunden werden muss - durch Globalisierung, Nachrichten, Bilder, Berichtersrattungen, fremde Konflikte etc.
Sind die meisten Menschen mit dieser Situation schlichtweg überfordert? Die Zeiten in denen die Mitmenschen, mit denen man sich auseinandersetzten muss, grösstenteils dem gleichen Kulturkreis entstammen sind vorbei. Die Grenzen in denen man sich bewegt werden immer grösser, die Sicherheit die sich durch das Sebstverständnis gemeinsamer kultureller Aspekte wie Gebote, Verbote, Tabus, Verhaltensregeln ergeben, geht verloren.

Ich ertappe mich sehr oft dabei, mir über Situationen keine feste eigene Meinung bilden zu können - zu viele Aspekte, die berücksichtigt werden wollen, zu viele Informationen die nur halb, möglicherweise falsch oder sogar gar nicht geliefert werden. Zuviel Hintergrundwissen das mir fehlt - historischer, kultureller oder auch religiöser Art - zuviel Wissen darum, dass die Informationen, die ich bekomme schon einer fremden Meinungsbidung entstammen.
Ich empfinde eine solche Situation als extrem schwierig und bemerke dann selber wie gross die Gefahr ist, sich einfach anderen Meinungen anzuschliessen.

Wieviele Menschen erliegen genau dieser Gefahr aber, eben weil sie nicht den Willen und vielleicht auch gar nicht das Vermögen und die Kraft dazu haben, sich dieser Situation zu stellen und sich gegen diese 'Vereinnahmung' zu wehren?

QUOTE
Es erleichtert mich aber ungemein, wenn ich nicht davon ausgehe, dass wir alle den gleichen Rucksack tragen, sondern wenn für mich das Sichverständigenwollen im Vordergrund steht. Und hierzu gehört fürwahr ein Wille.


..genau das...
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DerTagAmMeer
Beitrag 12.Feb.2006 - 12:44
Beitrag #19


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QUOTE (Mab @ 12.Feb.2006 - 09:40)
Es erleichtert mich aber ungemein, wenn ich nicht davon ausgehe, dass wir alle den gleichen Rucksack tragen, sondern wenn für mich das Sichverständigenwollen im Vordergrund steht.

:zustimm:

Vorweg möchte ich gern los werden, wie froh mich die Überschneidungen unserer "Weltbilder" gerade stimmen. Das ergibt zusammen einen sehr angenehmen Schwimmflügelsonntag. Danke!

QUOTE (Leila)
Werden es nicht immer mehr 'Mitmenschen' mit denen eine Übereinstimmung gefunden werden muss.


Übereinstimmung wäre natürlich schön. Aber ich denke, dass "Verständigung" schon ausreichen würde, um unterschiedliche Interessen und Überzeugungen "in Einklang" bringen zu können.
In der Politik finde ich die von Mab angesprochene Strategie der kleinsten gemeinsamen Nenner eigentlich schon sehr hilfreich und angebracht.

Unser emotionales Bedürfnis nach Bestätigung/Spiegelung hat allerdings nichts in diesen globalen Zusammenhängen zu suchen. Das Medium ist dafür schlichtweg ungeeignet. Und ich finde, dass gerade da unnötigerweise einiges schief läuft.

Massenmedien eignen sich einfach nicht zur Persönlichkeitsbildung Vieler - weil man eben erst Überflieger, Superstar oder Terrorist werden muss, um als Einzelperson wahrgenommen zu werden und als Nachricht in Erscheinung zu treten. Der Bezugsrahmen passt einfach nicht.

Fernsehen mag mich trösten/betäuben/fernsteuern können - bemerken und ernst nehmen wird es mich nicht. Es hilft mir nicht, mich in der Welt zurecht zu finden, bietet keine Chance Freunde, ein Zuhause, Anerkennung, einen Job oder gar mich selbst zu finden.
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DerTagAmMeer
Beitrag 12.Feb.2006 - 13:02
Beitrag #20


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QUOTE (Leila @ 12.Feb.2006 - 11:40)
Die Zeiten in denen die Mitmenschen, mit denen man sich auseinandersetzten muss, grösstenteils dem gleichen Kulturkreis entstammen sind vorbei.

Aber vielleicht wäre es sinnvoll von diesen Zeiten zu lernen?
Kleine Bezugsrahmen, Gemeinsamkeiten suchen und kultivieren, sich einbringen, eine Rolle spielen, unmittelbar Reaktionen ernten auf das eigene Verhalten, Verantwortung übernehmen ...
Und das eben ganz bewußt innerhalb einer selbstgewählten "Interessengemeinschaft".

Interessengemeinschaften sind so lange darauf reduziert worden, etwas gegen andere durchzusetzen, dass dieser Eigensinn ziemlich aus dem Bewusstsein geraten ist, oder?
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Leila
Beitrag 12.Feb.2006 - 13:05
Beitrag #21


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QUOTE (DerTagAmMeer @ 12.Feb.2006 - 12:44)
Übereinstimmung wäre natürlich schön. Aber ich denke, dass "Verständigung" schon ausreichen würde,

Da gebe ich Dir vollkommmen Recht - ich hatte das Wort gewählt, weil es dem Zitat entsprach....

QUOTE

Fernsehen mag mich trösten/betäuben/fernsteuern können - bemerken und ernst nehmen wird es mich nicht. Es hilft mir nicht, mich in der Welt zurecht zu finden, bietet keine Chance Freunde, ein Zuhause, Anerkennung, einen Job oder gar mich selbst zu finden.


Auch hier gebe ich Dir Recht, allerdings geht es mir ja nicht immer nur um meine kleine Welt, die ich ganz fensehunabhängig aufbauen, gestalten und finden kann.

Darüber hinaus gibt es ja nun auch die 'grosse Welt', die ich erfahren, verstehen, erkunden und finden möchte. Nun könnte ich das natürlich mit viel Zeit und Geld durch Reisen machen - aber da sind die Medien eben manchmal der wenig aufwendigere Weg ;) - und haben damit für mich durchaus auch informativen Charakter.

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Bilana
Beitrag 12.Feb.2006 - 22:17
Beitrag #22


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QUOTE
Trotzdem habe ich meine Schwierigkeiten, die als "Kismet", "Karma" oder "göttliche Weltordnung" bezeichneten Glaubensvorstellungen aus ihren kulturellen Zusammenhängen zu lösen und auf eine allgemeine "Steuerbarkeit" der Individuen anzuwenden.


Ganz und gar nicht, so will ich das nicht verstanden wissen.

QUOTE
Und viele Muslime in der Diaspora nehmen diese "Freiheit des Islam" sehr bewußt und deutlich wahr.


Wohl wahr, im Exil. Aber um diese Minderheiten geht es kaum. Ohne soziokulturelle Einbettung lässt sich jede Religion und Ideologie leicht hinterfragen. Aber jede Gruppe erzeugt Embeddedness. So war man z.B. in der DDR groß im Hinterfragen von Religion, aber die Staatlehre und Ideologie wurde kaum hinterfragt. Abgesehen von Repressalien war man halt darin „Embedded“. So war das Volk steuerbar und so sind auch Muslime im Iran, in Pakistan und anderen Staaten dieser Tage lenkbar.

Dann stellt sich mir die Frage was ist freier Wille. Sicher jede[r] rühmt sich dessen. Aber manchmal ist es vielleicht nur ein Trugbild oder ein Kompromiss (Freiheit versus Notwendigkeit).
Das gilt wohl für Ehrenmörder, wie für so manche deutsche Hausfrau.

QUOTE
Allerdings halte ich Kulturen wie Menschen für deutlich vielschichtiger und flexibler als gemeinhin angenommen wird, solange man sie nicht mit der Brechstange zu erziehen sucht, sondern es ihnen selbst überlässt, die religiösen Überzeugungen auf veränderte Gegebenheiten und gesellschaftliche Notwendigkeiten "einzustellen". Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich so viel Hoffnung in den Dialog und das praktische "Miteinanderleben" setze.


Da stimme ich zu. Würde ich das nicht, könnte ich mich ins Grab legen. Gleich hier und jetzt. ;)


QUOTE
Unser emotionales Bedürfnis nach Bestätigung/Spiegelung hat allerdings nichts in diesen globalen Zusammenhängen zu suchen. Das Medium ist dafür schlichtweg ungeeignet. Und ich finde, dass gerade da unnötigerweise einiges schief läuft.


Allerdings aber da sind wohl die Anpassungsschwierigkeiten in der globalisierten, massenmedialen Welt. Überhaupt wage ich zu bezweifeln, das die menschliche Psyche sich dem je wirklich anpassen kann. Der Schritt vom Land auf die Stadt (von europ. Ausmaß) mag gelungen sein. Aber dann in Megacitys, Globalcitys, globales Dorf?
Immerhin gibt es Belege, dass Menschen alleine durch das was Massenmedien übertragen traumatisiert werden können. Hochgradig unlogisch eigentlich, wenn Menschen in Paris, Berlin und Jakarta durch die Bilder des 11. Sept. traumatisiert werden, wenn das mit der Psyche geschieht. Aber das tut es.

Der Beitrag wurde von Bilana bearbeitet: 12.Feb.2006 - 22:44
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Virginia's W...
Beitrag 17.Feb.2006 - 19:28
Beitrag #23


Geschirrspülerin
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Immerhin gibt es Belege, dass Menschen alleine durch das was Massenmedien übertragen traumatisiert werden können. Hochgradig unlogisch eigentlich, wenn Menschen in Paris, Berlin und Jakarta durch die Bilder des 11. Sept. traumatisiert werden, wenn das mit der Psyche geschieht. Aber das tut es.


Ja, ich habe mich ihrerzeit auch gewundert, mit wem das alles passiert ist, auch mit Menschen, die Kenntnisse besitzen, sowohl fundiertes Basiswissen in der Psychologie als auch im speziellen im Bereich Traumaarbeit. Frau sollte meinen, dass aufgrund dieses Wissens "nichts" passieren sollte aber weit gefehlt.

Nicht umsonst weiß wohl so ziemliche jede® hier und anderswo wo sie war am Tag x.

Wieso hat dieses Ereignis uns alle so geschockt / teilweise traumatisiert? Wieso haben sich viele bis zu 10 Mal die gleichen Bilder auf verschiedenen Kanälen anschgeschaut?

War es tatsächlich die Tatsache, dass Mensch über die unsichtbare Linie des "erlaubten" gegangen ist? Das unvorstellbare, Flugzeuge inkl. Insassen als Waffen? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass bei anderen Terror-Anschlägen in Afrika und in New York ein derartige Bestürzung herrschte, obwohl es genaus so schlimm war, sogar im Bezug auf die Anzahl an verlorenen Menschenleben.

Was war es also? Wieso entwickelte sich dieses Trauma so heftig, wo wir jeden tag kleinere Traumata zu verarbeiten haben und wahrhaftig oft genug mit dem Tod in Berührung kommen?



V.s W.
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shark
Beitrag 19.Feb.2006 - 23:37
Beitrag #24


Strösenschusselhai
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Ich glaube, da kommen unterschiedliche Faktoren zusammen.
Zum Einen wohl die "Sensation", dass diese Katastrophe einen Gebäudekomplex getroffen hat, den wir alle zumindest Namen und Aussehen nach "kennen".
Das schafft so etwas wie eine sehr allgemeine und dennoch fast persönliche Betroffenheit - verstärkt durch die Tatsache, dass es "eindrucksvolle" Livebilder und eine lückenlose Dokumentation der Medien gab, was auch wieder dazu führt, dass wir uns "mittendrin" fühlen.
Und selbstverständlich ist die Idee der Kamikazeflieger einerseits besonders grässlich, andererseits aber auch beeindruckend - auf eine furchterregende Weise zwar, aber eben doch beeindruckend.
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Virginia's W...
Beitrag 21.Feb.2006 - 22:49
Beitrag #25


Geschirrspülerin
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Von der (Un)Möglichen Liebe zwischen den Menschen

Zur Zeit ein wenig durch den Wind aufgrund eigener emotionaler Erfahrungen begegnete mir vor kurzem diese Worte.... Mich würde interessieren, was ihr davon denkt....Ist ziemlich lang aber dennoch, worth to read :-)

Was gesagt, berührt mich tief, macht mich nachdenklich, und lässt mich an eine alte chin. Weisheit denken: Während eines gemeinsamen Essens im Tempel fragt einer der Schüler den Meister: „Meister – wie werde ich weise?“ Der Meister lächelte ihn daraufhin an und entgegnete „Geh, und wisch die Essschalen aus!“.

Also: Die Voraussetzung für die Entfaltung bleibender Liebe zwischen zwei Menschen ist ein innerer Weg. Vom höchsten Standpunkt aus gesprochen ist Erleuchtung die Verwirklichung von Liebe als Essenz des menschlichen Wesens. Und der innere Weg ist eine Annäherung an die Liebe, wir können uns das mit folgendem Bild vorstellen: Manchmal ist der Himmel frei, dann ziehen wieder Wolken auf, dann wird der Himmel wieder klar und dann bewölkt er sich wieder. Es gibt immer wieder Wolkenlöcher, in den Liebe verwirklicht ist, aber zunächst als vergängliche Erfahrung und nicht von bleibendem Wert. Im Normalfall gibt es einen wolkigen Himmel mit kurzen Aufheiterungen, während dieser Aufheiterungen ist eine Begegnung zwischen zwei Menschen möglich. Während des inneren Weges nehmen Aufheiterungen zu und die Wolken können immer schneller weggeweht werden oder vorbeiziehen; sie werden nicht mehr zu Dunstglocken.

Diese Geschichte erinnert ein wenig an die von Tristan und Isolde, aus gutem Grund denn die Missverständnisse und Irrtümer um den Begriff Liebe existieren so lange wie der Mensch.

Missverständnis? Das Missverständnis der romantischen Liebe. Die romantische Liebe ist eine ganz große dunkle Wolke, eine Gewitterwolke, die mit sehr viel Flüssigkeit geladen ist und sich dann eben entsprechend entlädt.

Das Konzept der romantischen Liebe prägt das gesamte westliche Kollektiv. Das sind die Voraussetzungen einer ganz normalen Liebesbeziehung. Die Wurzeln gehen zurück ins Mittelalter, sie wurde zunächst höfische Liebe genannt, weil sie von den Adelshöfen ausging, breitete sich dann aber im ganzen Volk aus. Ein Jüngling suchte sich eine unerreichbare Frau, die er anbetete, nach der er sich verzehrte. Die Idee von der romantischen Liebe geht nicht von der Erfüllung der Liebe auf Erden aus. Im Gegenteil: Sie verehrt die unerfüllte Sehnsucht und führt so zu einer starken Emotionalisierung der Liebe. Dahinter verbirgt sich die Vorstellung , dass nur die unerfüllte, bis zur Unerträglichkeit gesteigerte Sehnsucht den Weg zur göttlichen Liebe im Himmel bahnen kann.
Die Ursprünge der romantischen Liebe, die im Lauf der Zeit auf das menschliche übertragen wurden, sind religiöser Natur. Die romantische Liebe bildet noch heute die allgemeingültige unterbewusste Übereinkunft in der Liebesbegegnung zwischen zwei Menschen.
Sie ist eine Form des Rausches, mit entsprechendem Bewusstseinsverlust, dem die Ernüchterung folgt.

Die Phasen der romantischen Liebe beginnt mit der der Idealisierung. Sie wird heute im Allgemeinen als „Verliebtsein“ bezeichnet. Das Liebesideal wird auf den Partner projiziert. Meine Königin. Mein König. Dem Rausch des Verliebtseins folgt zunächst die Ernüchterung. Der Ernüchterung folgt die Enttäuschung. Jetzt wird der / die KönigIn wieder vom Thron gestoßen, „entthronisiert“, durch die Projektion von negativen Urteilen auf die/den PartnerIN. Diese Phase ist sozusagen die Umkehrung der ersten Phase des Verliebtseins. Im günstigsten Falle kommt dann, als letzte Phase ein Arrangement zustande, ein Kompromiss, oder die Trennung.

Lohnt sich denn die Liebe, wenn sie meist so traurig endet, frage ich mich. Wenn zwei Menschen ineinander verliebt sind, dann stehen sie an einer Weggabelung und 99 von 100 gehen dann den Weg des Todes, den Tristan und Isolde gehen. Damit ist aber nicht der Weg des typischen Todes gemeint, sondern der Weg der Entfernung von der lebendigen Seele. Und vielleicht einer geht, sieht und erkennt konsequent die Chance des inneren Weges, die Chance, die Herausforderung, die durch die Liebe entfacht wird.
Wenn also die Liebe in einem Menschen erweckt wird, dann gibt es, wie immer, zwei Möglichkeiten. Entweder sie führt nach außen und damit weg vom wahren Selbst des Menschen, oder sie führt nach innen, hin zum Selbst. Die reine Tatsache, dass ein Mensch beispielsweise Sehnsucht erlebt, ist keine Hilfestellung, ist an sich nicht von Wert. Die Frage ist: Verfolgt dieser Mensch sie nach innen – zum Selbst, oder verfolgt r sie nach außen – zum Liebesobjekt?

Wie ist das aber nun mit der Liebe zum / zur PartnerIn, wenn man der Sehnsucht ausschließlich nach innen folgt?

Das ist ein Widerspruch, im Zeichen der romantischen Liebe. Weil die romantische Liebe mit einer Selbstvergessenheit einhergeht und vergessen wird, dass der geliebte Partner nur eine Spiegelung der Liebe im Innen ist und nicht die Liebe selbst. Die Wahrheit ist: Nur, wen ich der Sehnsucht nach innen folge, kann ich meinem Partner wirklich lieben.
Die Begegnung zwischen zwei Menschen, das Zusammensein ist zweifelsfrei eine große Möglichkeit für die Verwirklichung des inneren Wesens. Dort wo Liebe ist, ist das wesen zu Hause. Aber die grundlegende Bedingung ist, dass ein Mensch diese Liebe, ihre Erweckung, ihre Entflammung nutzt, um durch das geöffnete, innere Tor der Seele zu schreiten, anstatt der Illusion von einem geliebten Objekt im Außen zu verfallen und sich an diesem Objekt dann ängstlich festzuhalten. Auf dem äußeren Weg verwechseln die Menschen zwangsläufig das geliebte Objekt mit der Liebe selbst und fallen dann in einen Zustand ängstlichen Haltens und Besitzergreifens eines Menschen, der sie früher oder später ohnehin verlassen wird.

Das bedeutet, die/den PartnerIn loszulassen.

Ja, loslassen, um lieben zu können. Um überhaupt lieben zu können. Die Liebe zwischen zwei Menschen kann sich nur dann von innen entfalten, wenn jeder bereit ist, dem Folgen des inneren Weges höchste Priorität einzuräumen. Selbst wenn das bedeuten würde, auseinander zu gehen. Dazu sind aber die meisten nicht bereit, und solange kann es auch keine wirkliche Liebe geben. Liebe kann nur dann verwirklicht sein, wenn es beiden in letzter Instanz gleichgültig ist, ob sie mit dem Partner zusammen sind oder nicht. Das klingt paradox und widerspricht dem konventionellen Denken, welches sich bemüht, den Partner zu „halten“, also zu kontrollieren. Doch wer der Liebe wirklich vertraut, kann die Erfahrung machen, dass genau das Gegenteil von dem geschieht, was die Befürchtungen sagen.

Verlassen zu werden…

Genau. Die Liebe liebt sich selbst im anderen. Sie möchte nicht weg von sich selbst, die Anziehung ist natürlich und bedarf keiner Bemühung, keiner Anhaftung.
Stell dir vor, du bist mit einem Partner zusammen und in deinem inneren Verständnis, worum es in diesem Leben geht, in dieser absoluten Klarheit der Essenz hast du den Punkt des Wissens erreich, dass es gleichgültig ist, ob du mit ihr/ihm bist oder nicht. Du hast nicht mehr die Vorstellung, sie könne dir etwas geben, was nicht schon in dir ist. So kannst du ihn frei und unschuldig lieben. Welche Erleichterung das auch für deine Partnerin ist! Eine normale Beziehung hingegen bürdet der Partnerin Vorstellungen und unerfüllte Wünsche deines Unterbewusstseins auf, eine Last, unter der er schwer zu tragen hat. Denn die Idee einer Beziehung ist die der Vervollständigung: Die Partnerin muss mir etwas geben, was ich nicht habe. Das sind Bedingungen für eine normale Liebesbeziehung, und diese Bedingungen werden früher oder später zum Scheitern führen. Dieses Scheitern an der romantischen Liebe, welche die Partnerin als ein äußeres Objekt liebt, ist vorhersehbar, es ist ein Teil des Erkenntnisweges. Der Moment des Scheiterns ist ein großartiger Moment von möglicher tiefer Erkenntnis, wen er wirklich genommen wird. Die Erkenntnis über das Alleinsein in der Liebe, allein und nicht getrennt. Die Erkenntnis über die Gleichzeitigkeit von Leben und Tod in der Liebe. Wenn dieser Dualismus verwirklicht ist, erscheint die Liebe zwischen zwei Menschen als die Königsblume der Entfaltung der Liebe auf Erden, und diese Königsblume ist Seltenheit.

die Wölfin, mit wunden Pfoten

PS. die sich gerade wohl fühlt, weil sie wieder verstanden hat... Warten und lernen und warten und lernen.... :ww:
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Bilana
Beitrag 10.Mar.2006 - 14:01
Beitrag #26


Capparis spinosa
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QUOTE
Frau sollte meinen, dass aufgrund dieses Wissens "nichts" passieren sollte aber weit gefehlt.


Ebene, weit gefehlt. Wissen schützt vor Trauma nicht, ob physisch oder psychisch.


QUOTE
Was war es also? Wieso entwickelte sich dieses Trauma so heftig, wo wir jeden tag kleinere Traumata zu verarbeiten haben und wahrhaftig oft genug mit dem Tod in Berührung kommen?


Weil „unser“ kollektiver wir-Begriff sich auch auf US-Amerikaner bezieht, nicht aber auf Afrikaner und Asiaten. Und auch nicht auf die Weißnasen, die da leben und arbeiten, das sind die andern, die wissen das da so was passieren kann (und sind also selbst schuld, wenn ihnen persönlich so was passiert). Aber in N.Y. darf man sich aufhalten und darf erwarten das nichts passiert. So was es zumindest einmal. Und es war wohl nicht anderes als das Ziel Al Kaidas, diesen Glauben in das Wissen umzuwandeln, dass es nicht so ist.
(Terroristen wollen Gedanken erobern, Soldaten den Raum.)

Radikaler Themenwechsel:
Meine kleines Philosophiebüchlein fiel mir neulich wieder in die Hände und damit Kant.
Was können wir wissen?
Was sollen wir tun?
Was dürfen wir glauben?

Insbesondere die Frage nach dem Glauben interessiert mich. Was passiert, wo Wissen endet? Fängt da Unwissenheit an oder Glaube?

QUOTE
Wenn also die Liebe in einem Menschen erweckt wird, dann gibt es, wie immer, zwei Möglichkeiten. Entweder sie führt nach außen und damit weg vom wahren Selbst des Menschen, oder sie führt nach innen, hin zum Selbst. Die reine Tatsache, dass ein Mensch beispielsweise Sehnsucht erlebt, ist keine Hilfestellung, ist an sich nicht von Wert. Die Frage ist: Verfolgt dieser Mensch sie nach innen – zum Selbst, oder verfolgt r sie nach außen – zum Liebesobjekt?


Beides. Das eine kann ohne das andere nicht sein.


Grüße
Bilana
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DerTagAmMeer
Beitrag 30.Apr.2006 - 09:35
Beitrag #27


Adiaphora
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Werte Wölfin, liebe GrübelköpfInnen,

ich hoffe sehr, dass das Mahl ist noch nicht gänzlich erkaltet ist und ihr meine enorme Verspätung entschuldigt ...

QUOTE (Virginia's Wo(o)lf @ 21.Feb.2006 - 22:49)
Die Idee von der romantischen Liebe geht nicht von der Erfüllung der Liebe auf Erden aus. Im Gegenteil: Sie verehrt die unerfüllte Sehnsucht und führt so zu einer starken Emotionalisierung der Liebe. Dahinter verbirgt sich die Vorstellung , dass nur die unerfüllte, bis zur Unerträglichkeit gesteigerte Sehnsucht den Weg zur göttlichen Liebe im Himmel bahnen kann.


Damit ist wohl die Quintessenz eines unglaublich komplexen Sachverhaltes überaus treffend herausgestellt. Folgerichtig leistest du im Anschluss die innewohnende Problematik eines unausweichlichen Scheiterns der romantischen Liebe ab und bietest als Ausweg die religiöse Verklärung an. Soweit stimme ich mit dir völlig überein.

Problematisch wird deine Betrachtung für mich, sobald du aus der Distanz heraustrittst und unabhängig von einem klar abgegrenzten Diskurs grundsätzlich und systemübergreifend fragst: "Lohnt sich denn die Liebe, wenn sie meist so traurig endet?"

Denn innerhalb der vorgestellten Konzeption stellt sich die Frage nach dem "Lohn" sicher nicht, da ja gerade nach dem Gegenteil getrachtet und das irdische Glück der unbeugsamen Sehnsucht geopfert wird.
Und jenseits des "Romans" ist eine Antwort glücklicherweise nicht mehr an die interne Logik der betreffenden Liebeskonzeption gebunden.
Damit muss eine "Desillusionierung" also nicht zwangsläufig das Ende der Liebe nach sich ziehen, sondern beschreibt lediglich das Ende der Verklärung. Und nicht gerade wenig Menschen empfinden ausgerechnet diesen Prozess als Beginn der "wahren Liebe".

Dass an dieser Stelle eine Paradoxie beginnt - darin sind wir uns wieder einig.
Du beschreibst sie als Weg "nach innen" weg vom Objekt, hin zum Selbst.

In meinem Kopf ist das Bild genau andersherum gestrickt; nämlich weg von meiner selbstreferentiellen Liebes- und Wirklichkeitsvorstellung, hin zur Wirklichkeit der Anderen als Subjekt (!) mit eigenständiger, von mir völlig losgelöster Wahrnehmung, an der ich teilhaben und "von mir selbst Abstand nehmen" darf.

Damit wird die Geliebte also vom "Objekt der Begierde" zum "Subjekt" und "Mittelpunkt ihrer Welt". Und von dort erlebe ich unter vielen anderen Bezugspunkten auch mich selbst als ein geliebtes Objekt, von dem mir (und da sind wir uns wohl wieder einig) ziemlich egal wird, dass 'ich selbst' das bin.

Wenn ich also zurückkomme zur Sehnsucht der "romantischen Liebe" nach einem "Du", das meine abgeschottete und einsame Eigentümlichkeit spiegelt, liegt gerade in der Unmöglichkeit dieses Unterfangens die Chance dieses verhätschelte und überforderte "Ich als ganz besonderes einzigartiges Individuum" endlich loszulassen.
Und da "Individualitätskult" und "romantische Liebeskonzeption" auch historisch aneinanderhaften wie Pech und Schwefel, erscheint es mir sinnvoll, beide als aufeinander bezogene Phänomene zu betrachten und für mich persönlich abzulehnen.

Denn so altmodisch in in vielen Dingen bin, so postmodern scheinen meine emotionalen und sozialen Bedürfnisse zu sein. Insofern ist "Liebe" für mich vor allem ein Prozess der Dekonstruktion von "Originalität" auf der Suche nach gemeinschaftlicher Lebendigkeit.
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DerTagAmMeer
Beitrag 07.Jun.2008 - 18:48
Beitrag #28


Adiaphora
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Am Dienstagabend hat mich das Radio mit einem Hörspiel erfreut: Die Unmöglichen.

Es dreht sich um ein Ehepaar, das sich auf eine künstliche Befruchtung inkl. Gen-Check vorbereitet. Dabei entstehen drei Embryonen. Drei potentielle Lebenswege, die anschließend ineinandergreifend skizziert werden.
Am Ende bleibt die Frage (offen): "Was macht ein Leben glücklich?"

Wegen der Weite dieser Frage hab ich's weder unter Lesben und Kinder noch als Web-Fundstück posten wollen, sondern hoffe auf eine bunte Diskussion und viele persönliche Glücksweisheiten.

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kawa
Beitrag 07.Jun.2008 - 22:36
Beitrag #29


Blau, weil Ströse.
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QUOTE (DerTagAmMeer @ 07.Jun.2008 - 19:48)
"Was macht ein Leben glücklich?"

Mit sich selbst im Reinen sein.
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shark
Beitrag 08.Jun.2008 - 09:11
Beitrag #30


Strösenschusselhai
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Ich denke, das Gefühl, sich als selbstwirksam zu erleben, als Person mit direktem und indirektem Einfluss auf die Welt und das eigene Erleben, macht glücklich.
Und Neugier: wer neugierig ist und bleibt, erlebt und erfährt viel, erweitert den eigenen Horizont, steht in Kontakt mit der Umwelt und ist aktiv.

shark
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LadyGodiva
Beitrag 08.Jun.2008 - 10:06
Beitrag #31


Strøse
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Das Wissen um die Achse der eigenen kleinen Welt.

Darin schwingt, naja oder dreht in diesem Fall wohl eher, viel mit: akzeptierte Einsamkeit und Selbstverantwortlichkeit, Einsehbarkeit und Steuerbarkeit, Unmittelbarkeit und Selbstbewusstheit, Konzentriertheit und gleichzeitig gefühlte Unendlichkeit.
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sonnenstrahl
Beitrag 08.Jun.2008 - 10:48
Beitrag #32


verboden vrucht
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Spontane Morgengedanken zu: "Was macht ein Leben glücklich?"

Einen guten Teil meines Glückes macht es aus, immer mehr in meine Fähigkeiten und Sinne hinein zu wachsen, und ihrer gewahr zu sein.
Vor mir selbst die sein zu dürfen, die ich bin - inklusive meiner Schatten.
Mit anderen Worten: Mich in meiner eigenen Gesellschaft wohl zu fühlen.
Einen liebevollen Blick in die Welt haben zu können.
Dankbar sein zu können.
Das Gefühl von Fülle, Beschenktwerden und Erlebensreichtum.
Mich begeistern zu können.
In Stille sein zu können.
Zu spüren, dass jedes Gefühl mir willkommen sein darf.
Einssein können. Zwei sein können.
Und was all das bisher geschriebene für mich umfasst:
Mich als liebenden und geliebten Teil eines großen Ganzen zu erleben.



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dandelion
Beitrag 08.Jun.2008 - 11:10
Beitrag #33


don't care
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Glück hat für mich viel damit zu tun, sich selbst gut zu kennen, gut auf sich Acht zu geben (sich körperlich und seelisch gesund und auf Kurs zu halten). Darauf läßt sich dann aufbauen - mit Aufmerksamkeit für die Welt "da draußen".
Schaut man sich die Welt genau an, bietet sie so viel Anlaß zu Neugier und Freude, fordert so eindringlich einen liebevollen Blick, erfüllt in ihrer Größe mit einer Demut, die Gier und Neid in die Schranken weist...
Diese Aufmerksamkeit führt zu so viel Gutem, daß es vollauf genügen kann.
Finde ich :)
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pandora
Beitrag 08.Jun.2008 - 11:11
Beitrag #34


auf dem Hochseil des Lebens balancierende Wölfin
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ich weiß nicht was "einen" menschen glücklich macht, aber was "mich" glücklich macht/e...

die zeichen meines körpers und meiner seele lesen, annehmen und umsetzen zu können
mir dinge, die nicht so ganz rund laufen, nicht als kritik oder gar unfähigkeit anzukreiden
mich als das anzunehem was ich bin...ein mensch mit schatten und sonnenseiten

meine umwelt mehr und mehr annehmen(zu können) wie sie ist, zwar nicht kritiklos, aber gelassener

das immer öfter erlebte gefühl von innerer ruhe

edit...überflüssiges "und" entfernt und sätze anders angeordnet

Der Beitrag wurde von pandora bearbeitet: 08.Jun.2008 - 11:24
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DerTagAmMeer
Beitrag 14.Jun.2008 - 12:00
Beitrag #35


Adiaphora
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QUOTE (Kawa)
Mit sich selbst im Reinen sein

Tust Du etwas dafür? Und wenn ja: Was? Ich find's ungeheuer schwer, mit mir auf einer Welle zu liegen, einer Meinung oder gar im Reinen zu sein.

QUOTE (shark)
das Gefühl, sich als selbstwirksam zu erleben

Das denke ich auch oft - wenn auch meist umgekehrt als Versuch einer Erklärung für Frustration und Wut.
QUOTE (shark)
Neugier

Bestimmt. Zumindest erhöht sie die Wahrscheinlichkeit immens, über ein Glück zu stolpern :)

QUOTE (LadyGodiva)
Das Wissen um die Achse der eigenen kleinen Welt

Was geschieht mit diesem Wissen, wenn die Achse bricht und die kleine Welt ins Chaos trudelt? Oder können nur unantastbare Werte und solche, die mit mir sterben werden, eine solche Achse darstellen?

@sonnenstrahl
Deine Ausführungen machen Kawa's Entwurf "greifbarer" für mich.
QUOTE (sonnenstrahl)
Zu spüren, dass jedes Gefühl mir willkommen sein darf

Das wäre für mich (glaub ich) fast so etwas wie der Inbegriff von Furchtlosigkeit.
QUOTE (sonnenstrahl)
Mich als liebenden und geliebten Teil eines großen Ganzen zu erleben.

Liebe macht glücklich?
...
Stimmt! :)

@ dandelion
freu* Ich hatte gehofft, dass Du eine wohlsortierte Antwort finden würdest, die sich Schritt für Schritt umsetzen lässt, ohne den Kopf zu verknoten.
Danke!

@ pandora
auch wenn hier immer nur ein kleiner Ausschnitt persönlicher Entwicklungen sichtbar wird - was Du beschreibst, blitzt auch in Deinen Beiträgen durch. Wie schön, dass es Glück für Dich ist!

about: me
Zur Zeit habe ich keine eigene Antwort. Ein paar Schnipsel vielleicht - aber kein Bild, das alles umfasst.
Beim Lesen Eurer Antworten ist mir aber aufgefallen, dass ich "glückliches Leben" schrieb und wohl "geglücktes Leben" meinte.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 14.Jun.2008 - 12:04
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shark
Beitrag 14.Jun.2008 - 14:30
Beitrag #36


Strösenschusselhai
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Oh... und ich fand das Thema "glückliches Leben" schon nicht einfach... "geglückt" ist ein Leben, wenn die oder der, die oder der es lebt, es "geglückt" findet.

Für mich persönlich ist ein geglücktes Leben ein solches, das der oder dem Es-Lebenden mehr Freude als Kummer macht und ihren oder seinen Ambitionen und Fähigkeiten, Leidenschaften und Bedürfnissen nahekommt.

shark
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shark
Beitrag 14.Jun.2008 - 14:32
Beitrag #37


Strösenschusselhai
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QUOTE (DerTagAmMeer @ 14.Jun.2008 - 13:00)

QUOTE (shark)
Neugier

Bestimmt. Zumindest erhöht sie die Wahrscheinlichkeit immens, über ein Glück zu stolpern :)


Ich meinte das auch anders...Nicht nur das Stolpern über ein vielleicht am Wegesrand liegendes "Glück", sondern Neugier auch als Triebfeder und Quelle vieler Erfahrungen, die einzeln und in der Summe glücklich machen können. Neugier als Weg sozusagen... sie macht lebendig... und ist an sich glücklichmachend.

Gruß,

shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 14.Jun.2008 - 14:33
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DerTagAmMeer
Beitrag 14.Jun.2008 - 15:40
Beitrag #38


Adiaphora
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QUOTE (shark @ 14.Jun.2008 - 15:30)
Für mich persönlich ist ein geglücktes Leben ein solches, das der oder dem Es-Lebenden mehr Freude als Kummer macht und ihren oder seinen Ambitionen und Fähigkeiten, Leidenschaften und Bedürfnissen nahekommt.

Da hänge ich mit den Gedanken wohl noch sehr in dem Hörspiel fest, das diesen Zusammenhang ein wenig auf den Kopf stellt, indem gerade der "schlechtmöglichste" aller befürchteten Lebenswege dazu führt, ein Leben "gelingen" zu lassen und der erhoffte Idealfall die eigene Person letztlich scheitern lässt.

Als ich meine Frau kennenlernte, war ihr Lebensmotto "Wir bekommen nicht, was wir wollen, sondern was wir brauchen" - ich hab das zunächst für Zynismus gehalten und erst viel später festgestellt, dass sie eine ganz positive Wahrheit darin sieht, die dazu ermutigt, seinem Glück zu vertrauen, statt es "machen" zu wollen.

Selbst schwanke ich weiterhin munter zwischen den Vorstellungen, dass "jede ihres Glückes Schmiedin" sei und der "Unergründlichkeit des Schicksals" ... da sich beide logisch ausschließen, gestaltet sich die praktische Umsetzung allerdings etwas schwierig ;)

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 14.Jun.2008 - 15:41
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pandora
Beitrag 15.Jun.2008 - 10:04
Beitrag #39


auf dem Hochseil des Lebens balancierende Wölfin
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QUOTE (DerTagAmMeer @ 14.Jun.2008 - 13:00)


about: me
Zur Zeit habe ich keine eigene Antwort. Ein paar Schnipsel vielleicht - aber kein Bild, das alles umfasst.
Beim Lesen Eurer Antworten ist mir aber aufgefallen, dass ich "glückliches Leben" schrieb und wohl "geglücktes Leben" meinte.


darf ich dir auf deine frage @DTAM, erst einmal eine gegenfrage stellen?


ich habe leider für mich noch keine allumfassende antwort gefunden.

kann mensch das resüme über (s)ein leben, nicht erst an dessen ende ziehen ?

... ist (m)ein leben geglückt wenn ich karriere gemacht habe?
... ist es geglückt, wenn ich mindestens 30jahre mit ein und derselben person verheiratet war?
... viele kinder in die welt gesetzt und einen baum gepflanzt habe?
... wenn ich die welt bereist und eine nicht unbeträchtliche summe auf meinem konto angespart habe?

ich weiß es einfach nicht und komme immer wieder bei meinem erstposting an...

ein leben ist in m.E nach dann gelungen, wenn ich mich rund in und mit mir fühlen kann und darf.
wenn ich gesund bin, lieben darf und geliebt werde.
mir der sonnenaufgang beim erwachen eine freudenträne entlockt.
alles absolut unabhängig davon, ob ich bestimmte ziele in meinem leben erreicht habe oder nicht.

edit...zwei sätze ergänzt, zum besseren verständnis

Der Beitrag wurde von pandora bearbeitet: 15.Jun.2008 - 10:11
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DerTagAmMeer
Beitrag 15.Jun.2008 - 11:38
Beitrag #40


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QUOTE (pandora @ 15.Jun.2008 - 11:04)
darf ich dir auf deine frage @DTAM, erst einmal eine gegenfrage stellen?


ich habe leider für mich noch keine allumfassende antwort gefunden.

kann mensch das resüme über (s)ein leben, nicht erst an dessen ende ziehen ?

Hallo Pandora,
Du hast da ein "leider" in meinen Satz geschummelt ... das ich so nicht hätte schreiben wollen, weil ich die Ungewissheit nicht bedauere, sondern schon ganz "richtig" finde.
Eben weil ein Mensch - wie Du schreibst - höchstens am Ende seines Lebens ziehen kann (wenn überhaupt).

Trotzdem finde ich es wichtig, sich Gedanken darüber zu machen und die eigenen Prioritäten immer mal wieder in Frage stellen zu lassen.

Neulich habe ich beispielsweise ein Portrait über eine Umwelt-Aktivistin gelesen, die ihre persönliche Zukunft ganz bewusst riskiert, um mit illegalen Aktionen gegen eine Zukunft der "grünen Gentechnik" vorzugehen.
Ein anderes Beispiel ist eine Bekannte, die sich mit ähnlichen Konsequenzen dem Tierschutz widmet.
Da frage ich mich schon manchmal, ob ich mein ja doch recht bequemes, auf das Wohlergehen meiner kleinen Familie ausgerichtetes Leben nicht auch sinnvoller einsetzen könnte ... sollte?

Andererseits bin ich in meiner religiös überstrapazierten Vergangenheit recht vielen Menschen begegnet, die ihr ganzes Leben einem Glauben geopfert haben, der erst brach als es "zu spät" war und sie verbittert zurück ließ.
Solche Begegnungen bestärken mich dann wieder darin, zufrieden mit mir und dem gepflanzten Apfelbaum zu sein, ihm beim Wachsen zuzusehen um in seinem Schatten alt zu werden ohne "Großes" geleistet zu haben.

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dandelion
Beitrag 15.Jun.2008 - 11:58
Beitrag #41


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QUOTE (shark @ 14.Jun.2008 - 15:32)
Neugier als Weg sozusagen... sie macht lebendig... und ist an sich glücklichmachend.

:) oh ja :blumen: danke



QUOTE (dtam @ 14.Jun.2008 - 16:40)

Selbst schwanke ich weiterhin munter zwischen den Vorstellungen, dass "jede ihres Glückes Schmiedin" sei und der "Unergründlichkeit des Schicksals" ... da sich beide logisch ausschließen, gestaltet sich die praktische Umsetzung allerdings etwas schwierig ;)

für mich bedeutet der Satz "jede ist ihres Glückes Schmiedin" nichts anderes, als daß das Vertrauen in das eigene Schicksal nicht das Verharren in ungesund oder mehrstenteils leidvoll oder sinnlos empfundenen Strukturen legitimieren darf...

QUOTE (dtam @ 15.Jun.2008 - 12:38)
Solche Begegnungen bestärken mich dann wieder darin, zufrieden mit mir und dem gepflanzten Apfelbaum zu sein, ihm beim Wachsen zuzusehen um in seinem Schatten alt zu werden ohne "Großes" geleistet zu haben.

Einspruch, Euer Ehren... von meiner kleinen Warte gesprochen ist das absolut Großes... :blumen2:

wenn ich religiös überstrapaziertes Leben oder das Leid, das es auslöst, zu sehen bekomme, werde ich zusehends wütend... -_-
warum tun Menschen unter dem Deckmäntelchen der Nächstenliebe gerade ihren Nächsten sowas an? :unsure: :angry:
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DerTagAmMeer
Beitrag 15.Jun.2008 - 12:24
Beitrag #42


Adiaphora
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QUOTE (dandelion @ 15.Jun.2008 - 12:58)
wenn ich religiös überstrapaziertes Leben oder das Leid, das es auslöst, zu sehen bekomme, werde ich zusehends wütend ...
warum tun Menschen unter dem Deckmäntelchen der Nächstenliebe gerade ihren Nächsten sowas an?

Gute Frage, schwere Frage.
Für mich ist diese Frage eng damit verknüpft, wie wichtig mir mein Stolz ist. Oder umgekehrt: Wieviel Scham bin ich bereit auszuhalten? Vielleicht auch: Wieviel Zeit bleibt mir noch, den Schaden auszugleichen, den ich angerichtet habe?
Ich denke schon, dass solche "Überschlagsrechnungen" halbbewusst ablaufen, während sich Menschen in "Ideale" verrennen.
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dandelion
Beitrag 15.Jun.2008 - 12:36
Beitrag #43


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das kann ich verstehen :)
aber warum stellen in diesem Kontext Menschen, die schon unter der Last ihrer eigenen Fehlbarkeit nahezu stolpern, diese Rechnungen auch noch für ihre Mitmenschen an?
ist es ein Versuch, sich selbst durch das Herabsetzen der anderen weniger klein zu fühlen?

es tut mir leid... für mich haftet Liebe so sehr an Eigentümlichkeiten, an Abweichungen von der Perfektion, an Details, daß mir der Versuch anderer, all das auszuradieren, schon fast weh tut. daher die Fassungslosigkeit...
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sonnenstrahl
Beitrag 15.Jun.2008 - 18:35
Beitrag #44


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QUOTE (dandelion @ 15.Jun.2008 - 11:58)
wenn ich religiös überstrapaziertes Leben oder das Leid, das es auslöst, zu sehen bekomme, werde ich zusehends wütend... -_-
warum tun Menschen unter dem Deckmäntelchen der Nächstenliebe gerade ihren Nächsten sowas an? :unsure: :angry:

Ich vermute, weil erstens die eigenen widrigen Umstände erträglicher werden, wenn sie auch zur Bedingung für alle anderen gemacht werden.
Und zweitens Verdrängung eine weitere der beliebtesten menschlichen Überlebens- bzw. Aushaltestrategien ist, nach dem Motto "Mir hat es doch auch nicht geschadet, dass ...".
Für viele Menschen, die nicht damit groß werde durften, dass alle Gefühle da sein dürfen und ernst zu nehmen sind, gelten seelische Verletztheiten als Grundsteine der Niederlage - "ein Indianer kennt keinen Schmerz", "gelobt sei, was hart macht" etc. -, weshalb es doppelt schwer ist, sie sich einzugestehen: Sie tun weh und sie sind obendrein auch noch "falsch".
Hier sehe ich die Vernüpfung zur Begründung mit "Liebe": Was mensch selbst nicht erträgt bzw. zu erztragen meint, möchte er - und das ist oft leider wirklich "gut gemeint" - auch seinen Liebsten, und, wenn er großgemeinschaftlicher denkt, auch den anderen Mitmenschen nicht zugemutet wissen. Steckt, wie ich denke, viel Angst und daraus resultierendes Überbehütenwollen drin. Wobei es meiner Meinung nach so viel lebensbejahender und stärkender wäre, seinen Kindern, statt sie allzu sehr vor der Welt bewahren zu wollen, beizubringen, dass Schmerz, Traurigkeit, Wut ... ,wie alle anderen Gefühle auch, zum Leben dazu gehören, und dass es keinen Sinn macht, sie beschönigen, bekämpfen, oder gar ausmerzen zu wollen. "Ist doch gar nicht so schlimm" (der "Trost" meiner Kindheit) ist kein Trost. "Stell dich nicht so an" auch nicht. Und "ora et labora"? Damit bin ich zwar nicht aufgewachsen, aber ich gestatte mir trotzdem, es zu übersetzen mit: "Wer schuftet und betet merkt nix - und das ist gut". :wacko: .

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 15.Jun.2008 - 18:36
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pandora
Beitrag 15.Jun.2008 - 21:11
Beitrag #45


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QUOTE (DerTagAmMeer @ 15.Jun.2008 - 12:38)
QUOTE (pandora @ 15.Jun.2008 - 11:04)
darf ich dir auf deine frage @DTAM, erst einmal eine gegenfrage stellen?


ich habe leider für mich noch keine allumfassende antwort gefunden.

kann mensch das resüme über (s)ein leben, nicht erst an dessen lsweise ein [URL=httpende ziehen ?



Hallo Pandora,
Du hast da ein "leider" in meinen Satz geschummelt ... das ich so nicht hätte schreiben wollen, weil ich die Ungewissheit nicht bedauere, sondern schon ganz "richtig" finde.
Eben weil ein Mensch - wie Du schreibst - höchstens am Ende seines Lebens ziehen kann (wenn überhaupt).



:roetel: uijuijuihhhh, deine anmerkung zeigt mir mal wieder, dass ich doch noch genauer lesen sollte...und mir mehr zeit zum antworten lassen sollte.

es war mir zum zeitpunkt meiner antwort überhaupt nicht bewusst, dass du einen fast identischen satz geschrieben hast.
ich schrieb nur kursiv, um zu betonen.
sorry dafür :blumen2:



edit...
QUOTE
Trotzdem finde ich es wichtig, sich Gedanken darüber zu machen und die eigenen Prioritäten immer mal wieder in Frage stellen zu lassen.


für mich existenziell wichtig, dtam...
mich selbst, mein handeln und meine prioritäten nicht von zeit zu zeit mal zu hinterfragen/überprüfen, nicht wachsam, neugierig, sozial und lebendig zu sein, wäre für mich gleichbedeutend mit stillstand, verharren auf der immer selben ausgangsposition...
für mich niemals die basis für ein gelungenes/geglücktes oder gar glückliches leben.

worüber ich bei deinem satz allerdings stolpere...
wie willst du deine prioritäten in frage stellen lassen?
durch reflektion und spiegelung anderer, oder verstehe ich dich da irgendwie nicht richtig?

Der Beitrag wurde von pandora bearbeitet: 16.Jun.2008 - 14:13
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DerTagAmMeer
Beitrag 18.Jun.2008 - 10:08
Beitrag #46


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hm ... warum "lassen"?
Einerseits wohl, weil ich nicht sonderlich erfolgreich darin bin, allein vor mich hin zu denken, sondern Gespräche, Bücher, Diskussionen brauche, um auf neue Gedanken zu kommen.
Andererseits sind "Prioritäten" für mich dem alltäglichen Zweifel schon in gewisser Weise "vorgeordnet". Die stelle ich nicht "freiwillig" in Frage oder mache sie von Stimmungsschwankungen abhängig.
Ich muss mir also schon etliche Beulen zuziehen, bevor ich einsehe, dass ein Weg, für den ich mich entschieden habe, versperrt bleibt ... muss mich schon recht deutlich festgefahren haben, bevor kritische Stimmen zu mir durchdringen und ich den Rückwärtsgang einlege ... will vielleicht einfach alles versucht haben und gescheitert sein, bevor ich bereit bin aufzugeben und bei 0 anzufangen.

"Loslassen" ist halt nichts, was ich regelmäßig und aus freien Stücken unternehme ... diese Bewegung bedarf bei mir einer gewissen - vielfach schmerzhaften - "Motivation" von außen.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 18.Jun.2008 - 10:09
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LadyGodiva
Beitrag 18.Jun.2008 - 17:25
Beitrag #47


Strøse
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QUOTE (DerTagAmMeer @ 14.Jun.2008 - 13:00)
QUOTE (LadyGodiva)
Das Wissen um die Achse der eigenen kleinen Welt

Was geschieht mit diesem Wissen, wenn die Achse bricht und die kleine Welt ins Chaos trudelt? Oder können nur unantastbare Werte und solche, die mit mir sterben werden, eine solche Achse darstellen?

Die Achse ist wohl die Erkenntnis, dass es sich bei aller Globalität von anscheinend recht komplexen Fragestellungen trotzdem und auf immer wohl nur um meine eigene Haltung und meinen Blick handelt, der mir "die Welt" ist.
Das impliziert Steuerbarkeit dahingehend, dass ich mich trotz aller Aussichtslosigkeit oder Überwältigung wenigstens noch in der aktiven Auseinandersetzung mit alledem sehe, was mich berührt: so lange ich mich in der Lage sehe Entscheidungen zu treffen, egal, wie radikal oder freiwillig, so lange bin ich (relativ) glücklich.
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davvero
Beitrag 18.Jun.2008 - 18:26
Beitrag #48


Stadtei
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QUOTE (DerTagAmMeer @ 18.Jun.2008 - 11:08)

"Loslassen" ist halt nichts, was ich regelmäßig und aus freien Stücken unternehme ... diese Bewegung bedarf bei mir einer gewissen - vielfach schmerzhaften - "Motivation" von außen.

Das geht mir ganz genauso, nur dass ich das nicht so gut hätte ausdrücken können! :blumen2:

Deshalb hab ichs mal gepetzt! :)
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malene
Beitrag 20.Jun.2008 - 09:39
Beitrag #49


Gut durch
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QUOTE (sonnenstrahl @ 08.Jun.2008 - 10:48)
Spontane Morgengedanken zu: "Was macht ein Leben glücklich?"


Mein Gedanke: Unpersönliches Leben
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shark
Beitrag 23.Jun.2008 - 07:53
Beitrag #50


Strösenschusselhai
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@malene: ich verstehe nicht ganz. Bezieht sich Deine Aussage nun auf die Frage, was ein Leben glücklich mache oder zitierst Du sonnenstrahls Einführungssatz, weil Du Dich auf ihren Beitrag beziehst? :gruebel:
Auf jeden Fall wüsste ich gern, was Du mit "unpersönlichem Leben" meinst.

Gruß,

shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 23.Jun.2008 - 07:54
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