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> Bluttest auf Downsyndrom
Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 08:51
Beitrag #1


Satansbraten
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Guten Morgen.

Ich bin gerade über einen Artikel auf den Onlineseiten der ARD gestoßen, oder vielmehr eine kurze Umfrage. Natürlich nicht repräsentativ, aber Frau gibt ja ganz gerne ihre Meinung ab.
Im Grunde hatten wir das Thema schon einmal und auch da habe ich drüber geschrieben (pränatale Diagnostik etc). Jetzt soll also ein Bluttest bei noch Ungeborenen zeigen, ob das Kind Trisomie 21 hat. Und dann, so steht es auf der Seite, "solten Frauen entscheiden, ob sie sich die Betreuung zutrauen."

Was haltet ihr davon?
Natürlich traue ich mir die Betreuung meines eigenen Kindes zu, egal ob es das DownSyndrom hat, oder grün wie ein Marsmensch ist, oder oder oder....

Oder findet ihr das gerechtfertigt? Ist das nicht radikale Selektion und Diskriminierung?
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Antworten (1 - 99)
Sägefisch
Beitrag 06.Jul.2012 - 12:18
Beitrag #2


Schlaudegen.
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Eine Abtreibung aufgrund von Behinderung ist wohl nicht mehr oder weniger verwerflich als die Abtreibung eines gesunden Kindes, das frau sich aufgrund von aktuellen Lebensumständen nicht zutraut. Letztlich ist das für mich eine Frage nach für oder wider die Abtreibung an sich, denn eine solche stellt ja immer die Lage der Eltern vor das Leben des Fötus. Das schliesst Differenzierung und Abstufungen nicht aus, aber es endet doch immer mit der Frage: unter welchen Umständen darf man das?

Vermutlich würden viele, die gegen diese spezifische Selektion sind, trotzdem auf die Strasse gehen wenn es um "mein Bauch gehört mir" geht. Doppelmoral?
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Willow71
Beitrag 06.Jul.2012 - 12:53
Beitrag #3


Miss Understood
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Ja, das ist es. Und gerade diese Kinder sind wirklich süß und fröhlich. Klingt albern, ist aber so.
Allerdings haben viele von ihnen auch schwere Herzfehler, schwere Operationen... Das ist schwer, für Eltern und Kinder.
Insofern kann ich Bedenken verstehen. Down ansich ist nicht so schlimm (das Intellektuelle), aber die körperlichen Defizite wie schwere Herzfehler...

Ich selbst hätte eigentlich eine Fruchtwasseruntersuchung gehabt. Wegen 34 Jahre und so. Als ich da auf dem Tisch lag, mein Frauenarzt schallte schon, da sagte er, dass das Risiko, dass JETZT was passiert wesentlich höher sei, als alle Untersuchungsergebnisse es vorher andeuteten. (war alles gut)

Und er meinte eben auch, dass nicht die Untersuchung das entscheidende sei, sondern das, was ICH letztlich aus dem Ergebnis mache.

Ich hätte das Kind sowieso gewollt, auch behindert. Insofern bin ich gegangen. Mein Kind ist gesund.
Aber leicht war die Entscheidung dennoch nicht.

Der Beitrag wurde von Willow71 bearbeitet: 06.Jul.2012 - 12:53
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PikSieben
Beitrag 06.Jul.2012 - 13:35
Beitrag #4


ausgewilderte Großstadtpflanze
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@Sägefisch
Ich muss dir ein wenig widersprechen. Ich denke, dass es bei dieser Diskussion nicht darum geht, ob die Abtreibung aufgrund der Diagnose mehr oder weniger "verwerflich" (was heißt das schon?) als jede andere Abtreibung auch ist. Was hier die einzelne Frau für sich entscheidet, wird in keinem Fall eine leichte Entscheidung sein. Da müssen sich Außenstehende meiner Ansicht nach nicht anmaßen, das moralisch zu bewerten.
Insofern stellt sich für mich hier auch nicht die Frage nach einer Doppelmoral.

ABER: Ich denke, es geht vielmehr darum, einzuschätzen, was davon zu halten ist, dass durch den nun möglichen Bluttest die Diagnose von Trisomie21 wesentlich vereinfacht wird und damit sicher demnächst auch eine Entscheidung darüber zu erwarten ist, ob solche Tests standardmäßig eingeführt werden sollten.

Und hier sehe ich wie Marie18 eine große Diskriminierungsgefahr.

Ist es nicht so, dass die Gefahr groß ist, durch einen standardmäßigen Test auf Trisomie21, ein Leben mit Downsyndrom grundsätzlich als "unwert"(um das mal so böse zu bezeichnen) hinzustellen? Als wäre es so schlimm, damit leben zu müssen, dass man es eben standardmäßig versucht auszuschließen? Wird damit nicht auch die persönliche Entscheidung der Schwangeren für eine Abtreibung beeinflusst/ erleichtert?
...fragt sich besorgt eine, die nie in der Situation gewesen ist, Entscheidungen über ein Leben, das in ihrem Bauch heranwächst, treffen zu müssen und die keinen Alltag mit Downsyndrom erlebt hat.

Für mich sind Menschen mit Down-Syndrom eine Bereicherung. Ich möchte sie nicht missen. Das würde ich auch so halten, wenn ich mich entscheiden müsste, ein Kind mit Down-Syndrom auszutragen.
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Sägefisch
Beitrag 06.Jul.2012 - 14:37
Beitrag #5


Schlaudegen.
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Von leicht habe ich nichts geschrieben. Natürlich ist es das nie, soll es auch nicht.

Bin aber nach wie vor der Meinung, dass die Entscheidung gegen ein Kind immer die Grundsatzfrage der Abtreibung aufwirft, egal warum man das Kind nicht austrägt (schwere gesundheitliche Komplikationen mal ausgenommen). Wenn ich bejahe, dass eine 17jährige Schwangere sich für Jugend, Ausbildung und Ungebundenheit entscheidet, kann ich dann widerspruchsfrei verneinen dass eine 30jährige sich gegen die Realität des Betreuungsaufwandes entscheidet?

Es ist bestimmt Selektion und folglich auch diskriminierend, hat aber gemeinsame Wurzeln mit "normalen" Abtreibungen, nämlich die Entscheidung für die Interessen der Eltern. Ich glaube dass wir in der Bewertung nicht weit auseinander liegen. Ich schreibe eigentlich nur einen Widerspruch auf, den ich an mir selbst bemerke.

Was mir noch in den Sinn kommt: die meisten Eltern entscheiden sich gegen behinderte Kinder. Oft bedeutet das eine Spätabtreibung. Wenn also die Entscheidung ohnehin so ausfällt, auch wenn dabei diese schreckliche Prozedur heraus kommt, dann ist mir Früherkennung lieber. Vielleicht könnte man dann Spätabtreibungen an lebensfähigen Kindern zu reinen Ausnahmelösungen machen, für die die Diagnose Trisomie 21 nicht ausreicht.

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 06.Jul.2012 - 14:51
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Hortensie
Beitrag 06.Jul.2012 - 15:54
Beitrag #6


"Jeck op Sticker"
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Ich bin gegen standardisierte Untersuchungen auf Trisomie 21.
Die Gefahr, die ich dabei sehe, ist dass Mütter, die sich gegen die Untersuchung aussprechen, stigmatisert. Auch kann es bei den Kürzungen im Pflege- und Betreuungsbereich, die im Moment stattfinden, eine komplizierte Gemengelage geben, wenn durch "einfache " Bluttests die Geburt eines Kindes mit Downsyndrom und den meist gegebenen Begleiterkrankungen (überwiegend Herzerkrankungen) und dann die z.Zt. überall aktiven Gesundheitsökonomen die Kosten gegeneinaderrechnen.

Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die die Untersuchungen durchführen lassen, bei einer Behinderung des Kindes dieses auch abtreiben würden.
Menschen, die die Untersuchung nicht durchführen lassen, hoffen selbstredend auf ein gesundes Kind. Können ihr Leben aber auch mit einem behinderten Kind organisieren.
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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 16:15
Beitrag #7


Satansbraten
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Hm. Also ich kann diese Bedenken ehrlich gesagt nur bis zu einem bestimmten Grad teilen, oder eher verstehen. NAtürlich kann ich mich noch nicht in eine Frau rein versetzen, die schwanger ist und vor so einer Entscheidung steht (Untersuchung ja oder nein).

Ich habe das Gefühl, dass da so ein allgemeiner Gedanke herum schwebt, der sagt "Oh mein Gott, wein mein Kind eine Beeinträchtigung hat, oder ganz speziell jetzt Trisomie 21, dann wird das Leben so schwer. Das des Kindes und meins auch noch und ach, schaffe ich das?"

Und das kann man so nicht denken, finde ich. Kinder sind nie leicht. Es kann so viel passieren mit den eigenen Kindern... Hm (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)
Also ich meine, wenn Eltern so denken, wenn sie denken "Oh Gott, wenn das Ergebnis der Untersuchung positiv ausfällt, dann lasse ich abtreiben", dann müssten sie konsequenterweise (auch wenns "natürlich" übertrieben scheint) auch denken "Oh, hm, mein Kind könnte auch von einem Auto überfahren werden und dann im Rollstuhl sitzen und pflegebedürftig sein. Es könnte auch später erst eine schlimme Krankheit bekommen. Hm oh, es könnte überigens auch drogenabhängig werden, das wär auch nicht leicht." usw. ....... ich weiß, dass das übertrieben rüberkommt, aber es gibt so viele Dinge auf der Welt die passieren können , wenn wir so darüber nachdächten, würden wir zu dem Schluss kommen, dass es wohl am besten sei, daheim zu bleiben und keinen Fuß mehr vor die Tür zu setzen.
Aber das macht ja auch keiner.

Hm ja, also ich finde, wenn es schon die tolle Möglichkeit Leben zu schenken, als Frau ein Kind auszutragen, dann sollte man das auch wertschätzen. So wie es dann ist.
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Sägefisch
Beitrag 06.Jul.2012 - 17:40
Beitrag #8


Schlaudegen.
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Passieren können.

Eine festgestellte Behinderung ist Fakt.

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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 17:46
Beitrag #9


Satansbraten
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Ja, wenn sie einmal festgestellt ist. Trotzdem finde ich, dass man, wenn man sich für ein Kind entscheidet, diese Entscheidung auch trägt und sich nicht zB im 6. Monat dazu entscheidet abzutreiben.
Ich kann mich damit einfach nicht anfreunden.
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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 17:56
Beitrag #10


Satansbraten
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Hm, wenn Eltern sich denken "Okay, wir wollen uns frühst möglich sagen lassen, ob unser Kind eine solche Beeinträchtigung haben wird" und dann früh abtreiben lassen, dann kann ich das wie gesagt bis zu einem bestimmten Grad verstehen. Zumindest ist das dann mein erster Eindruck bei mir selber. Von wegen, es geht ja nicht nur um das Kind, sondern auch um die Belastung für die Eltern.
So. Aber da fängt dann bei mir schon auch die Nachdenk-Maschine an zu werkeln und zu rattern. Das Wort "Belastung" gefällt mir in dem Zusammenhang schon einmal nicht. Auch wenn da jetzt wahrscheinlich ein Großteil widerspricht, so aus dem ersten Bauchgefühl heraus.

Aber muss es denn eine Belastung sein? Vielleicht ist es ja eine superschöne Erfahrung, die freilich ihre schwierigen Momente hat, die es bei einem Kind ohne Beeinträchtigung nicht geben würde, aber die auf ihre Weise auch sehr bereichernd sein können.
Versteht ihr meinen Gedankengang? (IMG:style_emoticons/default/unsure.gif)

Was ist, wenn ein Paar so eine Untersuchung während der Schwangerschaft machen lässt, das Ergebnis ist positiv und sie meinen dann: "Dann ist es so. Wir können uns jetzt nur noch besser darauf vorbereiten."

Auf was vorbereiten? Das ihr Kind nicht normal sein wird?

Der Beitrag wurde von Marie18 bearbeitet: 06.Jul.2012 - 17:57
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Sägefisch
Beitrag 06.Jul.2012 - 17:56
Beitrag #11


Schlaudegen.
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Dieser Test würde, soweit ich das verstanden habe, Spätabtreibungen verhindern weil er recht früh durchgeführt werden kann(?).
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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 18:03
Beitrag #12


Satansbraten
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Ja, das schon. Das finde ich ja auch besser - wenn es denn gemacht werden soll - als erst Spätabtreibungen.

Mir geht es nur um diesen Grundgedanken, dass Leute überhaupt erst zu Überlegen anfangen, wenn es um ein Kind mit Beeinträchtigung geht, weißt du?

Was ist denn dann mit diesem Kind? Ist es anders? Ist es nicht normal?

Ich versuche nur zu verstehen, was in Köpfen von Leuten vorgeht, die, wenn sie wissen, ihr Kind wird so etwas haben, das Kind dann nicht mehr wollen?
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-Agnetha-
Beitrag 06.Jul.2012 - 18:38
Beitrag #13


ungerader Parallel-Freigeist
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Schwierig.

Einerseits finde ich es gut, wenn sich Eltern bewusst für etwas entscheiden.
Manche werden sagen man kann sich auf ein Leben mit einem behinderten Kind nicht vorbereiten. Dennoch vermute ich, es macht einen Unterschied, wenn man es schon früh weiß und sich seelisch darauf einstellen und ein bisschen planen kann.
Man hat die Möglichkeit mit anderen betroffenen Eltern zu sprechen und sich ein besseres Bild zu machen.

Ich würde meinen die Zahl der Eltern, die später mit dem behinderten Kind völlig überfordert sind, wird kleiner sein.

Andererseits denke ich, dass es Frauen geben wird, die bei einer positiven Diagnose abtreiben würden, hätten sie aber nichts davon gewusst hätten sie ihr Kind bekommen und auch sehr geliebt. Und es wird eben auch Fälle geben, wo diese Frauen nicht überfordert sind und nichts bereuen.

Dass (fast) alle Mütter, die eine Untersuchung machen ein Kind mit Down-Syndrom abtreiben würden, denk ich nicht.
Es muss doch schön zu wissen sein, wenn alles okay ist.
Und andererseits eben wie gesagt leichter sich darauf einzustellen, wenn doch was ist.



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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 19:05
Beitrag #14


Satansbraten
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Ja, das stimmt.

Und genau das meine ich ja. Wenn sie es wissen, treiben manche ab. Wenn sie es nicht wissen, und das Kind bekommen, lieben sie es trotzdem, beschäftigen sich damit und haben dann offensichtlich gelernt, damit umzugehen.


Was geht dann bei solchen Leuten vor? (IMG:style_emoticons/default/unsure.gif)

Mal angenommen, wir hätten diese Möglichkeiten in der Medizin nicht, hm, die Kinder kommen also zur Welt. Und die Eltern lernen dann damit leben und ihr Kind zu schätzen und sind am Ende sogar dankbar für diese ganz speziellen Erfahrungen .... wisst ihr was ich meine?
So wäre es doch, weil wie einige schon gesagt haben: Frauen die es nicht wissen, lieben ihr Kind dann trotzdem. Wenn sie es jedoch gewusst hätten, hätten sie evtl. abgetrieben... und dahinter komme ich nicht, hinter diese Art von Gedankengang.
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shark
Beitrag 06.Jul.2012 - 20:04
Beitrag #15


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ZITAT(Marie18 @ 06.Jul.2012 - 20:05) *
So wäre es doch, weil wie einige schon gesagt haben: Frauen die es nicht wissen, lieben ihr Kind dann trotzdem. Wenn sie es jedoch gewusst hätten, hätten sie evtl. abgetrieben... und dahinter komme ich nicht, hinter diese Art von Gedankengang.


Ich find das leicht zu verstehen. Ein Kind ist ein geborener Mensch während ein Ungeborenes eher noch ein "Fremdling" ist ; man kennt es noch nicht wirklich. Es ist weniger real als das geborene Kind, das nebenan als "ganze Person" in der Wiege liegt. Auch was die mütterlichen Hormone angeht, übrigens.
Fast alle Mütter, die ich kenne, haben das so empfunden - trotz ihres Jas zur Schwangerschaft und trotz der Liebe zu der Vision, die sie von ihrem künftigen Kinde haben.

Obwohl ich mich für meine Kinder auch ganz bewusst entschieden habe und die Schwangerschaften auch dann zuende gebracht und die Babies willkommen geheißen hätte, wenn die Kinder nicht gesund gewesen wären (und deshalb erst gar keine dementsprechende Untersuchung habe durchführen lassen), so kann ich doch verstehen, dass Frauen aus Angst vor lebenslanger besonderer Verantwortung, aus Sorge um ihre eigene Zukunft und im Wissen um die Schwierigkeiten, auf die Menschen mit Behinderungen (gerade mit geistigen Handycaps) hierzulande treffen, sich dazu entschließen, eine Schwangerschaft abzubrechen, wenn sie sicher wissen, dass ihr Kind von Trismomie21 betroffen sein würde.

Ganz egal, ob diese Menschen in aller Regel friedliche, freundliche, musisch begabte und sympathische Personen sind.

Es ist einfach nicht dasselbe, behinderte Kinder zu kennen oder mit behinderten Kindern zu arbeiten oder tatsächlich bis zum (eigenen) Lebensende (oder dem des Kindes) die ganze Verantwortung für ihr Leben zu tragen, indem man die Mutter ist.

Und ich fürchte, niemand kann ganz sichere Aussagen darüber machen, wie sie sich in der konkreten Situation der persönlichen Betroffenheit dann wirklich fühlen würde. Theoretisch sagt sich ja vieles leicht.

Zum Thema:

Ich bin gegen obligatorische Blutuntersuchungen auf Trisomie21, aber dafür, dass sie zur Verfügung stehen, durchgeführt werden können und Frauen sich gegebenenfalls sehr früh gegen eine Fortsetzung ihrer Schwangerschaft entscheiden können bzw. sich ohne den Riesenzeitdruck, der besteht, wenn Schwangere erst spät erfahren, dass ihre Leibesfrucht betroffen ist, um Informationen usw. kümmern können.

Hochoffziell kann ohnehin nicht die diagnostizierte Behinderung des Fötus Begründung für den Wunsch nach einem Abbruch sein, sondern nur das Befinden der Schwangeren; aber natürlich befindet die sich sehr häufig und nachvollziehbarerweise nun mal weniger gut als eine Frau, die ihre Gravidität bis zum Schluss genießen kann, weil sie ein gesundes Kind erwartet. Insofern klar: es werden mehr Trisomie21-Föten spätabgetrieben als gesunde, aber wenn diese Abbrüche durch die frühe Untersuchung auch früh stattfinden könnten, dann wäre das definitiv gut für die Frauen (weil körperlich und psychisch schonender).
Und sie würden nur einen geringen Teil ausmachen unter all den anderen Frühunterbrechungen mutmaßlich intakter Embryonen/Föten.

Ich will, dass Frauen, die abbrechen wollen (warum auch immer) das früh tun können, so früh wie möglich.
Und das ist durch diese Untersuchungen gewährleistet.
Da hat sich niemand von außen oder gar oben einzumischen.
Und Frauen den Zugang zu einer Untersuchung zu verwehren, die es ihnen ermöglicht, früh in der Schwangerschaft wichtige Informationen zu erhalten und persönlich zu verwerten, halte ich für grausam.
Außerdem finde ich nicht, dass Frauen Kinder auf die Welt bringen müssen sollten, nur damit sich auch ja niemand diskriminiert fühlt.
Für die jeweils Betroffene ist das nämlich wohl so ziemlich das Unwichtigste, das es in dieser Situation gibt.

Ich wünschte übrigens auch, dass es leichter wäre in dieser Gesellschaft, ein Kind großzuziehen; grade, wenn es nicht ist wie die Anderen; es wäre toll, wenn all das Gerede von Inklusion und "alle sind wichtig" tatsächlich ernstgemeint wäre.

Solange das aber nicht so ist, verstehe ich jede Frau, die den Abbruch wählt, wenn sie erfahren hat, dass ihr Kind viele der hier und heute so wichtiggenommenen Voraussetzungen für ein gelingendes Leben nicht mitbringt und deshalb selbst und mit der ganzen Familie für immer Außenseiter sein wird..

Es ist wichtig, gesellschaftlich den Boden zu bereiten, damit es Frauen leichter wird, auch zu einem behinderten Ungeborenen Ja zu sagen.

Man kann doch nicht von Frauen verlangen, dass sie freiwillig und sehenden Auges in das rennen, was ihnen die Gesellschaft als zusätzliches Unglück aufbürdet - nur damit alles seine schöne Ordnung (die gar nicht schön ist!) behält!



shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 06.Jul.2012 - 20:44
Bearbeitungsgrund: Einschub und Verbesserung und kurzer Nachtrag
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Mausi
Beitrag 06.Jul.2012 - 20:22
Beitrag #16


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Ich hab nun nicht alles gelesen - ich schildere auch mal einfach nur, wie wir gehandelt haben.

Ich bzw. wir haben uns bewusst gg. die Feindiagnostik, die in der 12./13. Woche durchgeführt werden kann (Nackenfaltentransparenz-Messung....) entschieden. Es wäre dort zwar nur eine Wahrscheinlichkeit (Sicherheit gibt es eben bis dato nur mit Fruchtwasseruntersuchung) aber sie hätte keine Konsequenz gehabt - aufgrund des Risikos einer FW-Untersuchung, die wir abgelehnt hätten.

Ob wir eine Blutuntersuchung gemacht hätten, weiß ich nicht - vielleicht um es zu wissen und sich drauf einzustellen (auch das ist eine Möglichkeit, wieso man wissen möchte, dass ein Kind behindert ist, um dann alles weitere in die Wege zu leiten und sich darauf vorbereiten zu können).

Das Kind abgetrieben hätten wir auf keinen Fall - ein behindertes Kind ist (für uns) genauso liebens- schätzens- und lebenswert wie ein nicht behindertes.
Was die Belastbarkeit angeht: Man/Frau wächst mit seinen Aufgaben, daher hätten wir es uns auch zugetraut (wobei unsre Berufe auch beide im sozialen Bereich auf z.T. massiv eingeschränkte Menschen ausgelegt sind bzw. waren).

Von dem her: Als Möglichkeit ja, als Standardisierter Test nein.

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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 20:23
Beitrag #17


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Hm, ja das stimmt schon auch. Wie gesagt, ich kann mich nicht in eine frau versetzen, die diese Situation erlebt, dazu habe ich noch ein wenig Zeit. Aber dass die Beziehung zu seinem Kind nochmal anders ist, wenn es erstmal auf der Welt ist, kann ich verstehen.

Aber ist es dann nicht so, von wegen Sorge um besondere Verantwortung, dass man darüber eh nachdenken sollte, wenn man ein Kind mag? Also ich meine, wenn Frau sich für ein Kind entscheidet, das geht ja eh nicht von heute auf morgen, da denkt man schon ein wenig drüber nach. Würde ich zumindest, zumal das bei uns ja praktischerweise nicht einfach so passieren kann (IMG:style_emoticons/default/icon4.gif)
Also NAchdenken über das Wie und Was und Ob, das ist doch sowieso da vor einer Schwangerschaft. Hmmm, und dann kommt man ja zu dem Punkt: entweder ja oder nein. Und ich habe da anscheinend die Einstellung: Wenn Ja, dann doch aber auch mit allem was dazu gehört und dazu gehören könnte.
Und nicht zuerst Ja und dann Hm, nee, das wär mir doch zu anstrengend, ich lasse abtreiben.
Puh. Anstrengend (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)


Und Inklusion ist auch so ein thema. Ich habe mich da neulich erst mit meinem Paps drüber unterhalten und wir haben eine Schule in unserem Ort, wo das gemacht oder vielmehr versucht wird. ....und sowas von nicht funktioniert. Die Leher dort sind der Meinung "Hä, wir haben auch Kinder mit Beeinträchtigung, das ist aber Aufgabe der Sonderpädagogen und nicht unsere." ALso teilweise sind die Einstellungen und Meinungen, die man so in der Gesellschaft findet echt krass.
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-Agnetha-
Beitrag 06.Jul.2012 - 21:06
Beitrag #18


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ZITAT
Mal angenommen, wir hätten diese Möglichkeiten in der Medizin nicht, hm, die Kinder kommen also zur Welt. Und die Eltern lernen dann damit leben und ihr Kind zu schätzen und sind am Ende sogar dankbar für diese ganz speziellen Erfahrungen .... wisst ihr was ich meine?
So wäre es doch, weil wie einige schon gesagt haben: Frauen die es nicht wissen, lieben ihr Kind dann trotzdem. Wenn sie es jedoch gewusst hätten, hätten sie evtl. abgetrieben... und dahinter komme ich nicht, hinter diese Art von Gedankengang.


Ja, nur ist es eben nicht bei allen so.

Manche Mütter sind damit überfordert, die Kinder leiden darunter, kommen womöglich in ein Pflegeheim.

Man darf ja auch nicht vergessen, dass viele Schwangerschaften nicht geplant waren.
Wer ein Kind "plant", dann denkt man meistens wohl auch darüber nach was wäre wenn....
Es kann ja auch nach der Schwangerschaft zu Krankheiten oder Unfällen kommen, die zu Behinderungen oder lebenslangem Pflegebedürfnis führen. Wenn man damit so gar nicht zurecht kommt, sollte man vielleicht kein Kind planen.

Sieht aber wahrscheinlich anders aus, wenn es eher ein Unfall war.

Wenn sich nun eine Frau generell nicht 100% sicher ist, ob sie die Verantwortung packt, weil sie vielleicht noch sehr jung ist oder in einer schweren Lebensphase steckt, kann so eine Diagnose vielleicht den Ausschlag geben.

Der Beitrag wurde von -Agnetha- bearbeitet: 06.Jul.2012 - 21:07
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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 21:13
Beitrag #19


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Ja. Hmm (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif) (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

Ja, aber sollte denn so eine Dianose ausschlaggebend sein? (IMG:style_emoticons/default/unsure.gif)
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shark
Beitrag 06.Jul.2012 - 21:14
Beitrag #20


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ZITAT(Marie18 @ 06.Jul.2012 - 21:23) *
Hm, ja das stimmt schon auch. Wie gesagt, ich kann mich nicht in eine frau versetzen, die diese Situation erlebt, dazu habe ich noch ein wenig Zeit. Aber dass die Beziehung zu seinem Kind nochmal anders ist, wenn es erstmal auf der Welt ist, kann ich verstehen.

Aber ist es dann nicht so, von wegen Sorge um besondere Verantwortung, dass man darüber eh nachdenken sollte, wenn man ein Kind mag? Also ich meine, wenn Frau sich für ein Kind entscheidet, das geht ja eh nicht von heute auf morgen, da denkt man schon ein wenig drüber nach. Würde ich zumindest, zumal das bei uns ja praktischerweise nicht einfach so passieren kann (IMG:style_emoticons/default/icon4.gif)
Also NAchdenken über das Wie und Was und Ob, das ist doch sowieso da vor einer Schwangerschaft. Hmmm, und dann kommt man ja zu dem Punkt: entweder ja oder nein. Und ich habe da anscheinend die Einstellung: Wenn Ja, dann doch aber auch mit allem was dazu gehört und dazu gehören könnte.
Und nicht zuerst Ja und dann Hm, nee, das wär mir doch zu anstrengend, ich lasse abtreiben.


Schau, meine Kinder sind jetzt 20 und 22, haben ihre Schulzeiten demnächst (problemlos) hinter sich gebracht und die Ältere zieht in ein paar Tagen aus. Sie lebt dann ihr eigenes Leben, ich als Mutter trete in den Hintergrund und wenn die Jüngere in ein paar Jahren auch soweit ist, dann wird auch sie in die Welt hinausziehen.
Sie werden eigene Entscheidungen treffen, ich werde allenfalls als Ratgeberin noch gefragt sein und vielleicht in ein paar Jahren auch als Omi. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Ungefähr so habe ich mir das auch gedacht gehabt, als ich damals darüber nachdachte, Mutter werden zu wollen.

Und auch wenn es mir grad gar nicht sooo leicht fällt, mein erstes Küken ziehen zu lassen, so gut und richtig ist es aber auch so. Und so froh kann ich auch sein, noch ein paar Jahre (wie ich hoffe) neue Wege gehen zu können, weil es eben für mich auch "ein Leben nach den Kindern" gibt.

Hätte ich aber ein Kind mit Trisomie21 bekommen, dann würde ich weiterhin voll verantwortlich sein für dieses Kind. Es wäre wahrscheinlich nicht mündig geworden mit 18, es könnte wohl nicht einfach so entscheiden, dass es in Stadt X sich um diesen oder jenen Job bewirbt, dies oder jenes noch nebenbei machen mag und mit Mann Y auf eine Familie hinarbeitet.
Ich wäre weiterhin sehr gefragt, ich müsste viel regeln, vielleicht brauchte dieses Kind betreutes Wohnumfeld, wenn es von zuhause ausziuehen will und wahrscheinlich wäre es schwierig, einen Platz zu bekommen. Es könnte auch sein, dass es (wie nicht wenige Down-Syndrom-Menschen) auch herzkrank ist, dass es deshalb gar keiner Arbeit nachgehen kann und auch nicht daran zu denken wäre, es für einen der raren Plätze in einer beschützenden Dorfgemeinschaft unterzubringen usw.
Es gäbe für mich vielleicht niemals "ein Leben nach dem Kind".

Und deshalb ist die grundsätzliche Überlegung, ob das eigene Leben reif ist für die Entscheidung, Mutter zu werden, eine ganz Andere als die, zu wissen, dass das eigene Kind eben zum Beispiel wohl nicht in der Weise erwachsen werden wird wie andere jung Menschen und sich fragen zu müssen, ob man damit wohl wird leben können.
Verstehst Du, was ich meine?

Ich bin immer ganz vorsichtig damit, anderen Menschen Vorwürfe dafür machen zu wollen, dass sie sich anders als ich entscheiden.
Was für mich leicht zu managen wäre, mag Anderen ein Riesenproblem sein und umgekehrt fallen mir vielleicht Dinge schwer, die Andere mit Leichtigkeit bewältigen.

Und absolut niemand kann ALLES bedenken.


ZITAT
Und Inklusion ist auch so ein thema. Ich habe mich da neulich erst mit meinem Paps drüber unterhalten und wir haben eine Schule in unserem Ort, wo das gemacht oder vielmehr versucht wird. ....und sowas von nicht funktioniert. Die Leher dort sind der Meinung "Hä, wir haben auch Kinder mit Beeinträchtigung, das ist aber Aufgabe der Sonderpädagogen und nicht unsere." ALso teilweise sind die Einstellungen und Meinungen, die man so in der Gesellschaft findet echt krass.


Da kannst mal sehen... Selbst die, die sich Inklusion auf die Fahne schreiben (oft auch nur, weil's ach so toll klingt), scheitern an Haltungen, Meinungen, Verweigerung und Unverständnis derer, die sie umsetzen sollen.

Und genau deshalb versteh ich die Frauen so gut, die nicht ihr Leben lang nur kämpfen wollen.

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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 21:25
Beitrag #21


Satansbraten
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Hm ja da hast du recht. Das ist interessant, so einen Einblick zu bekommen. ICh bin ja gerade mal so alt wie deine jüngere (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)
Und ich mache mir über alles Gedanken, das blöde ist nur, dass ich in der Tat gern ALLES durchdenken könnte (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)


Ja das verstehe ich. Dass da manche dann nicht dafür kämpfen wollen, weil das bei Gott kräftezwhrend wäre, verstehe ich auch.

Aaaaber irgendwer muss ja mal damit anfangen...ganz salopp ausgedrückt.
Ich bin da glaub ich grad zu stur (IMG:style_emoticons/default/patsch.gif)
Hm. Ich mag auch niemanden beschuldigen, sich direkt gegen ein Leben entschieden zu haben. Aber das ist doch dann nunmal der Fall, oder? Wenn das Kind schon im Bauch heranwächst, egal in der wievielten Woche.
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shark
Beitrag 06.Jul.2012 - 22:37
Beitrag #22


Strösenschusselhai
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Klar ist das der Fall.
Ein Abbruch bleibt ein Abbruch und bedeutet nun mal, dass aus einem Embryo/Fötus kein Kind werden wird.

Aber das gilt für ALLE Schwangerschaftsabbrüche gleichermaßen.

Ob das Paar mit der Verhütung geschlampt hat, ob die Frau sich zu jung oder zu alt fühlt, zu krank ist für eine Schwangerschaft, durch eine Gewalttat schwanger wurde... wie auch immer die Schwangerschaft zustande gekommen ist: für den Embryo bzw. den Fötus bedeutet die Interruptio immer das Ende seines "Lebens" in der Gebärmutter.

Ich bejahe ausdrücklich die Möglichkeit, eine Schwangerschaft abbrechen zu können, wenn eine Frau sich zur Fortsetzung der Schwangerschaft (weshalb auch immer) nicht (mehr) imstande fühlt.
Ich finde es wichtig, dass nur die Frau, die betroffen ist, diese Entscheidung trifft - denn wer außer ihr sollte denn wissen, was für sie richtig ist?

Und eben weil ich "von der Frau her" denke, ist für mich nicht wichtig, was genau der Grund dafür ist, dass eine Frau sich mit der Aussicht darauf, Mutter zu werden, nicht (mehr) gut fühlt - wenn sie Angst hat, wenn sie sich dem nicht gewachsen fühlt, dann kann man ihr - wenn sie das wünscht oder zumindest zulässt - zu helfen versuchen, damit sie einen wirklich freien Entschluss fassen kann, aber letztlich ist es ihre Entscheidung und meiner Ansicht nach auch ihr gutes Recht, als einzige (außer dem Embryo, der sich ja nicht äußern kann) direkt Betroffene zu bestimmen, ob das Ungeborene weiterwachsen darf oder nicht.

Mir steht es nicht zu (und ich finde, es steht niemandem zu), festlegen zu wollen, ob und wann ein Abbruch OK geht und wann nicht. Das ist allein Sache der Frau, die schwanger ist.


Was meintest Du denn mit diesem Satz?

ZITAT(Marie18 @ 06.Jul.2012 - 22:25) *
Aaaaber irgendwer muss ja mal damit anfangen...ganz salopp ausgedrückt.


Dass irgendeine Frau es ja auf sich nehmen muss, "trotzdem" schwanger zu bleiben? Warum, meinst Du, ist das notwendig? Wem bringt das was?

Gruß


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 06.Jul.2012 - 22:39
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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 22:50
Beitrag #23


Satansbraten
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Ja natürlich, Abtreibung allgemein ist ein Thema zum diskutieren. Es kann ja auch sein, dass sich rausstellt, dass das Fortsetzen der Schwangerschaft die Mutter gesundheiltich gefährdet, da ist dann ein Abbruch aber auch etwas anderes. Ich finde es nur so heftig, dass sich die Gesellschaft immer noch teilweise deutlich für Menschen ohne Beeinträchtigung entscheidet und deutlich gegen welche mit.

(IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

Hm ja mit diesem Satz musste ich meinem Temperament ein wenig Luft machen (IMG:style_emoticons/default/roetel.gif)

Weil naja, wenn - übertrieben dargestellt - jede sich denkt "Hm das Kind später zu integrieren, sei es in der Schule oder allgemein im Umfeld, ist eh schon schwer genug, da möchte ich das mir und dem Kind nicht antun"

Dann wird sich da aber auch nicht wirklich was ändern. ....
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shark
Beitrag 06.Jul.2012 - 23:12
Beitrag #24


Strösenschusselhai
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Ich verstehe, was Du meinst.

Aber versuch Dir mal vorzustellen, wie es sein könnte, schwanger zu sein und zu erfahren, dass der Fötus in Deinem Bauch nicht gesund ist.
Zu wissen, auf welche Schwierigkeiten Du als Mutter treffen wirst und zwar möglicherweise Dein ganzes restliches Leben lang.
Dazu Ja zu sagen, könnte weniger einfach sein als Du das zu denken scheinst.

Und wenn Du dann noch überlegst, wie viele Frauen/Familien mit ihren Kindern bisher schon am System gescheitert sind, wenn Du dann noch weißt, dass die Rate der zerbrochenen Partnerschaften noch viel größer ist, wenn ein Kind behindert ist, als sowieso schon, dann könntest Du auch Angst kriegen, denk ich.

Und Du könntest Dich vielleicht schon auch fragen, weshalb jetzt gerade DU die sein solltest, die trotz allem (und machen wir uns nichts vor: unsere Gesellschaft inkludiert nicht, sie integriert ja sogar noch nicht mal hinreichend - das haben all die Eltern mit ihren behinderten Kindern, die täglich darum gekämpft habe und noch darum kämpfen, nicht erreichen können), trotz aller Sorge und trotz berechtigter Zukunftsangst mutig Ja sagen sollte zu diesem wahnsinnig großen, schier unermesslichen Cut in Deinem Leben.

Sicher - das ist nicht für alle Menschen gleich "schlimm", da gehts immer auch um psychische Konstitution, um Erfahrungen, die man vielleicht gemacht hat oder nicht usw., aber auch diese Faktoren sind ja keine, die man einer Frau als Versagen oder Schwäche anlasten kann.

Ich weiß zum Beispiel von mir, dass ich damals, als meine Töchter geboren wurden, aus gutem Grund keine Feindiagnostik habe machen lassen - ich hätte die Kinder auf jeden Fall zur Welt gebracht.
Ich war jung, kraftvoll und hatte mein Leben noch vor mir. Und bestimmte Erfahrungen haben mich einen anderen Blick auf Leben und Tod bekommen lassen als das für die meisten meiner Altersgenossinnen galt.

Jetzt bin ich über 20 Jahre älter - ich bin chronisch krank, außerdem psychisch viel weniger belastbar als früher und in vielen Dingen auch deutlich lebenserfahrener. Könnte ich jetzt noch (versehentlich oder absichtlich) schwanger werden, wüsste ich nicht, ob ich nicht diese Blutuntersuchung haben wollen würde.
Vielleicht nur, um vorbereitet zu sein wie Mausi es beschrieben hat.
Vielleicht aber auch, um mich früh gegen die Fortsetzung der Schwangerschaft entscheiden zu können.

Die Wahrheit ist, dass ich heute viel mehr Angst hätte vor dem Leben mit einem Down-Kind. Weil ich weiß, wie's läuft, weil ich nicht mehr fit bin und weil ich auch keine Ahnung habe, ob ich überhaupt so lange leben werde, dass ich zumindest so lange da sein kann, dass mein Kind in irgendeiner Weise "versorgt" ist.
Und wer weiß? Vielleicht hätte ich so viel Angst, dass ich einen Abbruch wählen würde. Ich kann das überhaupt nicht sagen. Nicht mal von mir selbst.

Genau deshalb urteile ich nicht über andere Frauen. Ich stecke in meiner Haut und sie in ihrer. So ist das nun mal. Auch dieser Teil des Lebens kann nicht "ein für allemal und alle Leut'" bewertet werden; dazu gibt es viel zu viele Menschen, die alle ihre ganz eigenen Geschichten mit sich herumtragen...


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 06.Jul.2012 - 23:16
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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 23:24
Beitrag #25


Satansbraten
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Ich verstehe dich da auch.
Ich bin 20 Jahre alt und hatte kurioserweise erst letzte Woche ein Gespräch in einem humangenetischen Institut, "genetische Sprechstunde" wie es so schön heißt. Und nach dem regelrechten Vortrag der Ärztin habe ich mich erkundigt, ob es sein könnte, dass mein Kind, wenn es eine Tochter ist, eine hohe Wahrscheinlichkeit hat, dieselbe Diagnose zu bekommen, die ich im Januar bekam.

Das mag für die meisten völlig übertrieben rüberkommen, aber ich bin nunmal ein fürchterlich neugieriger Zappelphilip. Oder Philipine (IMG:style_emoticons/default/icon4.gif)
Und naja, wie gesagt, ich habe ja noch sehr viel im Leben zu erfahren und zu lernen und durchzumachen. Aber dieses Gespräch bei der humangenetik hat mir dann so einen Hauch von Ahnung verschafft, wie es sich anfühlen könnte, wenn man das alles mit der pränatalen Diagnostik beim eigenen Kind erstmal aufrollt.
Und das ist der reinste Stress.
Jetzt für mich, ganz speziell in meiner Situation gerade, kann ich gut damit umgehen, inzwischen. Aber ich denke nicht, dass ich so eine Diagnostik bei mir oder meiner Frau durchführen lassen wollte.


hmm, und wenn ich weiß, dass ich eine Frau an meiner Seite habe, die das nur unterstützen würde, dass wir ein beeinträchtigtes Kind erziehen, dann kann das glaub ich für alle drei Personen eine wahnsinnige Erfahrung sein. Sowohl wahnsinnig schwierig, als auch wahnsinnig erfüllend. Und das ist doch schön, oder?

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shark
Beitrag 06.Jul.2012 - 23:34
Beitrag #26


Strösenschusselhai
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Ja, das kann auch schön sein. Sicher nicht durchgehend - aber das ist ja auch sonst im Leben nicht so.

Aber es kann genauso gut schön vorgestellt sein und auch ganz ehrlich gemeint - und trotzdem schrecklich werden.

Ich wünsche Dir jedenfalls heute schon ein gesundes Kind, wenn es denn mal soweit ist. Und wenn alles anders kommt als gewünscht, dann wünsch ich Dir die Kraft, einen Umgang damit zu finden, der sich für Dich richtig anfühlt. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Und jetzt muss ich mal langsam ins Bett abschwirren... meine Frau wird mich nach ihrer Nachtschicht um 6 wecken um mit mir "in die Pilze" zu gehen. Da sollte ich dann wenigstens die Augen aufkriegen. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Schlaft alle gut! (IMG:style_emoticons/default/gaehn.gif)

(IMG:style_emoticons/default/wavey.gif)

shark
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Marie18
Beitrag 06.Jul.2012 - 23:38
Beitrag #27


Satansbraten
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Danke (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Für heute oder gestern habe ich auch genug nachgedacht!

Ab ins Bett und Ohren anlegen (IMG:style_emoticons/default/gaehn.gif)

Gute Nacht!
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Leonie
Beitrag 08.Jul.2012 - 10:37
Beitrag #28


Naschkatze
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Ich bin sozusagen absolut nicht beeinflusst, da ich wegen meines jetzt 24 Wochen alten Sohnes nicht viel Zeit zum antworten habe. Ich weiß auch gar nicht, ob meine Antwort noch eine Relevanz hat.

Dennoch, ich kann mich noch ganz genau erinnern, in der 12. Woche, auf dem Stuhl die Frage nach der Nacken-Dingsda-Messung. Ich habe nicht nachdenken müssen. Ich wollte es nicht wissen, eine schöne Schwangerschaft haben und dann mit den Gegenbenheiten umgehen. Mit 36 Jahren ein Wagnis, dennoch. Auch die Ärztin war der Meinung, wenn sie sich nicht jeck machen wollen, dann lassen sie es ganz.

Mein Sohn ist gesund.

ABER, ich habe auch eine Mutter getroffen, die es hat machen lassen und die abgetrieben hätte, weil sie nicht damit klar gekommen wäre. Und ich habe Mütter getroffen, wo dieser test keine guten Ergebnisse gebracht hat (fürchterlich :-(
und diese nicht wussten was sie tun sollten.

Insofern, die Medizin entwickelt sich weiter. Von früher einmal US bis heute x Mal US bis hin zu Feindiagnostik etc pp

Letztlich ist es individuell, nach Stärke und Mut der Eltern...und Mut ist nicht gleich Stärke.

Ob Abtrei*ung oder nicht ist für mich ein komplett anderes Thema.

Leo
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Marie18
Beitrag 08.Jul.2012 - 11:43
Beitrag #29


Satansbraten
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Ja, ich glaube, ich würde auch jegliche Untersuchung während der Schwangerschaft ablehnen, wenn es nicht notwendig sein muss, weil es irgendwie direkt mit meiner Gesundheit zu tun hat oder so....

Hm, wenn es sich Eltern wirklich wirklich nicht zutrauen, das Kind zu erziehen und damit zu leben, ja , mein Gott, dann wird wohl abgetrieben.

Aber weil du das grad erwähnst mit dem Thema Abtreibung oder nicht generell: das ist für mich auch ein komplett andres Thema und ich finde ehrlich gesagt, dass man das eben nicht verallgemeinern kann!

Es geht bei solchen Untersuchungen nicht darum, dass evtl. eine Abtreibung durchgeführt wird, weil die Mutter zu jung ist, weil es ein Versehen war, weil das Kind von dem Mann ist, der sie vergewaltigt hat oder oder oder....

Nein, es geht darum, das Kind nicht auszutragen, weil es eine Beeinträchtigung hat! Und das ist etwas anderes, finde ich. Das ist meiner Meinung nach in der Tat direkte, öffentliche Diskriminierung und Selektion! Und das kann es doch nicht sein!!
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Sägefisch
Beitrag 08.Jul.2012 - 13:02
Beitrag #30


Schlaudegen.
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Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen:

Du schreibst dass Du es verstehst wenn die Mutter zu jung ist, trotz gesundem Kind. Und es ganz schlimm findest wenn es ein behindertes Kind trifft.

Da komme ich nicht ganz mit.

Im übrigen, es gibt ja nicht nur Trisomie 21. In manchen Fällen ist es noch viel schwerwiegender, und die Eltern müssen dazu Stellung nehmen dass ihr Kind, wenn die Mutter es austrägt, wohl keine 3, keine 10, oder keine 15 Jahre alt wird und diese kurze Zeit schwer krank verleben wird. Drittens, die Fernseh-Downies die man manchmal als tolles Beispiel zu sehen bekommt, haben nicht selten Eltern mit Zeit, Kenntnissen und genügend Geld für privates Fördern. Nicht jeder kann, überspitzt gesagt, eine ruhige Umgebung mit eigenem Therapiehund und Pony bieten, und das ganze in der Nähe einer besonders guten Förderschule und guten Fachärzten platzieren. Leider sind sehr gute Angebote, die aus jedem das beste herausholen, überhaupt nicht selbstverständlich, sind sie ja nicht mal für "normale" Grundschüler.

Eine Verkäuferin im 6. Stock mit einem versetzungsgefährdeten Beamtenmann im mittleren Dienst, der nur die 0815-Integrationsklasse bleibt und die 150 km zum behindertenfreundlichen Kardiologen fahren muss, steht da vor einer echten Aufgabe. Natürlich ist ein behindertes Kind für so jemanden nicht das gleiche wie ein gesundes. Wie denn?

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Marie18
Beitrag 08.Jul.2012 - 16:50
Beitrag #31


Satansbraten
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Okay.
Ich kann das nachvollziehen, was du grad beschrieben hast, die Beispiele.
Mh, vielleichte habe ich nicht das ausdrücken können, was ich im Kopf hab.
Auch wenn ein Kind zB abgetrieben wird, weil die Mutter jung ist, das Kind aber ansich gesund, finde ich das auf keinen Fall in Ordnung.

Was nicht in meinen Kopf reingeht ist:

Ehepaar will Kind -> Fau ist schwanger und lässt eine Untersuchung des Fötus machen -> Diagnose: Kind wird beeinträchtigt sein -> Kind wird abgetrieben.

Ich rede von Fällen, wo ein Ehepaar oder Paar sich bewusst für ein Kind entscheidet, einen Kinderwunsch hat und das durchdacht hat.
Und da finde ich, soll man diese Entscheidung dann auch tragen und nicht sagen nach so einer Untersuchung "Hm, ach nee das wär uns zu blöde. Wir treiben ab."

Weißt du, was ich meine?

Wenn ich über Kinderkriegen nachdenke, dann mache ich mir ja bewusst (zumindest wär das bei mir so), dass es sein kann, dass mein Kind von Geburt an eine Beeinträctigung haben wird. Und trotzdem entscheide ich mich dafür. Und dann muss ich das tragen.

Wenn ein Ehepaar einen starken Kinderwunsch hat und, was weiß ich, das Drum herum passt, solides Einkommen usw., wenn man sich also sicher sein kann, dass man ein Kind in die Familie noch mit einbinden könnte und das auch will, dann kann ich so einen Rückzieher nicht verstehen.

Aber ja, da gibts wohl einfach zu viele verschiedene Meinungen (IMG:style_emoticons/default/was.gif)
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Hortensie
Beitrag 09.Jul.2012 - 17:41
Beitrag #32


"Jeck op Sticker"
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Ich habe im wdr in der Serie "Menschen Hautnah" mal zwei sehr unterscheidliche beiträge zu dem Thema "Down Syndrom" gesehen.

In dem einen Beitrag ging es um ein Akademikerpaar mit einem stabilem, finanziellen Hintergrund. Diese haben auch schon während der Schwangerschaft erfahren, dass ihr Wunschkind wahrscheinlich Down-Syndrom haben würde. Diese Eltern sind da geplant rangegeangen und haben sich schon frühzeitig um Fördermöglichkeiten etc. gekümmert.
Als das Kind dann da war und die Diagnose sich bestätigt hat, haben sie es dann von ersten Augenblick an gefördert.

In dem anderen Beitrag ging es dann um eine Frau, deren eigener Chromosomensatz beschädigt war. Die hatte mit ihrem Partner zusammen bereits 2 Kinder mit Down Syndrom.
Bei einer weiteren Schwangerschaft sollte und hat sie dann einen Test machen lassen und sich bei wahrscheinlichem Down - Syndrom für dieses Kind entschieden, weil sie, wie sie es ausdrückte sich ihren anderen Kindern gegenüber zu stark geschämt habe.

Was sich mir selber schwer erschliesst, ist der Widerspruch, dass eine mögliche Adoption der unerwünschten Kindern moralisch/ethisch/gesellschaftlich offenbar schwerwiegender ist, als eine Abtreibung bei sozialen Gesichtspunkten.
letztlich kann ich mich zu der gesamthematik aber nur theoretisch äußern, da ich selber praktisch nie vor einer Entscheidung zu den Untersuchungen oder vor der frage Abtreibung versus Adoption bei bestehender, gerade im Lebensplan ungünstiger Schwangerschaft gestanden habe.

Der Beitrag wurde von Hortensie bearbeitet: 09.Jul.2012 - 17:41
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Marie18
Beitrag 09.Jul.2012 - 18:00
Beitrag #33


Satansbraten
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Ja, das ist natürlich super, wenn das so funktioniert, wenn das Ehepaar die Mittel hat, sich gleich von Geburt an so um das Kind zu kümmern (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)

Das eine versteh ich nich ganz, wahrscheinlich, weil ich grad hundemüde bin (IMG:style_emoticons/default/morgen.gif)

Du meinst, sie wollte nicht abtreiben lassen, weil sie sich dann mit dieser Entscheidung vor den Kindern geschämt hätte?
Und Adaption wird da noch kritischer gesehen? Das wusste ich gar nich...
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PikSieben
Beitrag 09.Jul.2012 - 21:35
Beitrag #34


ausgewilderte Großstadtpflanze
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Hier hat sich viel getan. Ich konnte in den letzten Tagen nicht noch einmal antworten, hatte aber Gelegenheit, die eine oder andere Zeitung zu lesen.
Klarstellend muss ich sagen, dass es bei der derzeitigen öffentlichen Diskussion NICHT darum geht, den Bluttest als Standarduntersuchung einzuführen. Es war lediglich eine Befürchtung von mir, dass hierfür quasi eine "Testphase" eingeläutet werden wird. Der Bluttest in der derzeitigen Form soll zudem über 1000 Euro, die von der Schwangeren zu zahlen sind, kosten. Er ist wesentlich ungefährlicher als die Fruchtwasseruntersuchung, die ja bisher auch bereits durchgeführt und in vielen Fällen bei entsprechendem Befund zu Schwangerschaftsabbrüchen geführt hat. Bereits jetzt schon haben also Kinder mit Trisomie21 eine prozentual geringere Chance, geboren zu werden, als das bei Kindern ohne diesen Gendefekt der Fall ist.
Ich finde es gut, dass durch den Versuch der Einführung dieser neuen Testmethode die Diskussion über die vorgeburtliche Aussortierung "behinderter" Kinder wieder angefacht wird. "Behinderung" ist aber kein körperliches Phänomen, sondern ein gesellschaftliches. Und genau hier liegt das Problem: Solange die durch die Gesellschaft stattfindende Behinderung (ein körperlich/geistig beeinträchtigtes Kind großzuziehen – shark und Sägefisch haben das schon deutlich beschrieben – ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden) nicht wirksam eingedämmt wird, solange wird auch die Diskussion um die ethische Vertretbarkeit der Pränataldiagnostik und Abtreibung beeinträchtigter Kinder eine scheinheilige bleiben. (Ebenso wie es im Übrigen die Diskussion um die Abtreibung allgemein aus ähnlichen Gründen auch bleiben wird. Dieser ganze Terz ums ungeborene Leben findet in meinen Augen viel zu wenig Entsprechung in einer Politik für das geborene Leben.)
Warum wird nicht mehr dafür getan, die (gesellschaftliche) Behinderung von Menschen aufzuheben? Warum wird stattdessen lieber daran gearbeitet, bestimmte Menschen vorgeburtlich auszusortieren, um sie davor zu bewahren, gesellschaftlich behindert zu werden? Im Fall einer Trisomie21 kann ja nicht wirklich von Gefahr für Mutter und Kind die Rede sein (Gut. Es treten statistisch häufiger z.B. Herzfehler auf, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Hauptgrund für eine Abtreibung bei entsprechender Diagnose ist.)
Ich erlaube mir, über diese gesellschaftlichen Zustände wütend zu sein und sie diskriminierend und menschenverachtend zu finden.
Ich finde den Bluttest ebenso diskriminierend wie ich auch die bisherigen Tests finde. Leben mit Down-Syndrom ist nicht "unwert" und gehört nicht aussortiert.

Aber wahrscheinlich habe ich Sägefisch unrecht getan und dir, @Marie18, geht es tatsächlich eher um die Entscheidung der abtreibenden Frau und weniger um den Test an sich.
Wie ich schon einmal geschrieben habe, möchte ich mir nicht anmaßen, darüber zu urteilen und finde auch nicht, dass andere es tun sollten. Aber zu deiner Frage, @Marie18,
ZITAT(Marie18 @ 08.Jul.2012 - 17:50) *
Was nicht in meinen Kopf reingeht ist:

Ehepaar will Kind -> Fau ist schwanger und lässt eine Untersuchung des Fötus machen -> Diagnose: Kind wird beeinträchtigt sein -> Kind wird abgetrieben.

Ich rede von Fällen, wo ein Ehepaar oder Paar sich bewusst für ein Kind entscheidet, einen Kinderwunsch hat und das durchdacht hat.
Und da finde ich, soll man diese Entscheidung dann auch tragen und nicht sagen nach so einer Untersuchung "Hm, ach nee das wär uns zu blöde. Wir treiben ab."

möchte ich dringend loswerden, dass ich denke, dass wohl kaum eine Frau eine Abtreibung mal eben so zwischen Tanken fahren und Friseurtermin von der to-do-Liste streicht. Ich finde, es hört sich bei dir so an, als wärest du der Ansicht, dass die Frauen es sich irgendwie zu einfach machen. Das teile ich so nicht.


ZITAT(Marie18 @ 09.Jul.2012 - 19:00) *
Das eine versteh ich nich ganz, wahrscheinlich, weil ich grad hundemüde bin (IMG:style_emoticons/default/morgen.gif)

Du meinst, sie wollte nicht abtreiben lassen, weil sie sich dann mit dieser Entscheidung vor den Kindern geschämt hätte?

Du meinst, du kannst nicht verstehen, warum eine Mutter sich schämt, ihren Kindern mit Down-Syndrom zu erklären: "Ich hab's wegmachen lassen, weil die Ärzte gesagt haben, es wird wie ihr." Ich kann es verstehen.
Und ich kann auch verstehen, warum sich Behindertenverbände so gegen den Test wehren.
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Marie18
Beitrag 09.Jul.2012 - 21:58
Beitrag #35


Satansbraten
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Hey,
ah, danke @ PikSieben. Du hast geschrieben, wonach ich gesucht habe in meinem Kopf, um es genau formulieren zu können.
Und mein Punkt ist also folgender: "Behinderung" ist ein gesellschaftliches Phänomen. Es ist ein Bild, was da vermittelt wird und irgendwie fertig modelliert in die Köpfe der Leute gesetzt wird: Ein Kind mit Beeinträchtigung ist anders. Es ist schwierig. Es ist kräftezehrend, so dass das eigene Leben keinen Spaß mehr macht. Es ist unwert.

Dieses Bild ist doch aber nicht richtig. Das kann man nicht so stehen lassen. Hmm, ja genau, und deswegen geht es mir eben schon speziell um Abtreibungen von Kindern, die eine Beeinträchtigung hätten. Und nicht generell die Tatsache, dass manche Frauen ihr Kind nicht austragen, warum auch immer.

Und ich möchte nun wirklich nicht voreilig urteilen über Personen, da bin ich die letzte die das macht, aber ich bekomme das eben nicht in meinen Kopf.
Dass die Entscheidung pro Abtreibung auch nicht von heute auf morgen Zack! passiert, ebenso wie die Entscheidung zur Schwangerschaft, ist mir klar.

Und ganz ehrlich gesagt: Wenn eine Frau zB weiß, ihr Kind wird eine Beeinträchtigung haben, die aber dem Kind im Grunde ein Leben ermöglichen würde, dass es durchaus auch genießen könnte, wenn das Kind also in der Lage wär, an der Welt teilzuhaben sage ich mal, und sich die Mutter trotzdem entscheidet, dass Kind nicht auszutragen, dann ja, dann finde ich das bequem.

(Und jetzt kommt wahrscheinlich ein Donnerwetter über mich hereingebrochen.)

Nein nein, dass sie sich schämen würde, die Mutter, das habe ich verstanden. War mir nur nich ganz sicher, ob ich den Teil generell verstanden hatte. War da kurz davor, am Schreibtisch einzuschlafen (IMG:style_emoticons/default/morgen.gif)
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meandmrsjohns
Beitrag 09.Jul.2012 - 22:00
Beitrag #36


Gut durch
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Ich gebe zu, das ist für manche ein schwieriges Thema.
Ich persönlich war damals froh gesunde Kinder zur Welt bringen zu dürfen.
Ich hatte mir damals ein perfektes Leben vorgestellt.

Heute, etliche Jahre später, sehe ich alles ein bisschen anders.
Das Leben ist nur dann "perfekt" ( und auch erfüllt und schön), wenn man sich optimal an die Gegebenheiten anpasst und sich entsprechend darauf einstellt und gegebenenfalls umdenkt und auch umplant.

Für mich heißt das konkret, dass ich nicht mehr weit voraus plane. Keinen Lebensentwurf auf Jahre vorfertige der strikt eingehalten werden muss. "Et kütt wie et kütt" wie der Kölsche sagt. Eines vorweg: ich fühle mich körperlich und geistig fit und vertraue auf Gott dass er mir nicht mehr zumutet als ich verkraften kann.

Z.B.
In dem Moment, wo ich "ja" zu meiner Frau sage, Sage ich "ja" in guten wie in schlechten Tagen, in Gesundheit und Krankheit, in Armut und Reichtum. Ergo: ich bin an ihrer Seite egal was kommt. Falls sie krank würde, ich wäre da. Brauchte sie je einen Rollstuhl, ich würde ihn schieben usw.

Bei einer Schwangerschaft wäre es genauso: sobald ich mich für ein Kind entscheide (also bei der Zeugung) nehme ich es an mit allen Konsequenzen, egal ob gesund oder krank.

Das ist nur meine eigene persönliche Meinung!
Ich weiß dass viele anders denken, oder meinen anders denken zu müssen weil es scheinbar " gute Gründe" dafür gibt ein Kind abzutreiben.
Der Leute wegen? Weil behinderte Menschen in der Gesellschaft weniger akzeptiert sind?
Schwule und Lesben sind vor wenigen Jahren auch noch ausgegrenzt und verfolgt worden, und geredet wird heute teilweise noch. Hätte es eine Möglichkeit gegeben mit einem Test die sexuelle Orientierung pränatal festzustellen, bin ich davon überzeugt, einige hätten es nicht zur planmäßigen Geburt ihres homosexuellen Kindes kommen lassen. " so zu sein " konnte man seinem Kind doch nicht zumuten, und sich selber schon garnicht.
Sobald der Mensch in irgend etwas pfuschen kann, macht er es. Egal ob es gut ist oder nicht. Da wird an den Genen manipuliert, geklont, selektiert.....
Solange es der Erforschung von Krankheiten und deren Bekämpfung geht, bin ich dafür. Wenn es darum geht, Daumen hoch oder Daumen runter für einen entstehenden Menschen, dagegen.

Das hört sich vielleicht radikal an, aber so verfahre ich nur wenn es um mich selbst geht. Ich habe meine eigenen ethischen und moralischen Wertvorstellungen und bin sehr zufrieden damit. Genauso gut kann ich jedem seine eigene Meinung lassen und akzeptiere deren Lebensentscheidungen.

Wünsche Euch eine Gute Nacht (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)

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Marie18
Beitrag 09.Jul.2012 - 22:09
Beitrag #37


Satansbraten
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Dito.

Wenn pro Partnerschaft, wenn pro Kind usw. dann Ja, und zwar mit allen Konsequenzen, die da so mit bei sein können.
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Hortensie
Beitrag 10.Jul.2012 - 10:33
Beitrag #38


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@maire18:

Der Absatz mit dem adoptieren bezog sich nicht auf behinderte Kinder. Die Mutter der bereits 2 geborenen Kinder mit Down Syndrom hatte nie den Ansatz, ein Kind nicht selber aufzuziehen.

Der von mir nicht geschickt in die Diskussion eingebrachte, aber neuformulierte Denkansatz, war der, dass wenn eine Frau entscheidet, ein Kind (egal, ob behindert oder nicht) "passt" aus welchen Gründen auch immer nicht in ihr Leben, dann frage ich mich halt, warum es dann nicht trotzdem geboren werden und dann zur Adoption gegeben werden kann.

Aber wie schon geschrieben, ich war praktisch noch nie in der Situation, eine Entscheidung zu treffen und in der Theorie ist für mich sehr leicht zu sagen, ja, ich kann mir auch ein behindertes Kind vorstellen.

Aktuell ist in meinem Bekanntenkreis gerade eine langjährige und eigentlich sehr glücklich scheinende Ehe an der festgestellten Körperbehinderung des 3,5 jährigen Sohnes zerbrochen.
Es handelt sich um eine Erbkrankheit, bei der erst mit 3 Jahren festgestellt werden kann, ob sie bei dem betroffenen Kind vorhanden ist bzw. zum Ausbruch kommen wird. das Kind zeigte mit 38 Monaten erste Symptome.
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PikSieben
Beitrag 10.Jul.2012 - 12:48
Beitrag #39


ausgewilderte Großstadtpflanze
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ZITAT(Marie18 @ 09.Jul.2012 - 22:58) *
Und mein Punkt ist also folgender: "Behinderung" ist ein gesellschaftliches Phänomen. Es ist ein Bild, was da vermittelt wird und irgendwie fertig modelliert in die Köpfe der Leute gesetzt wird: Ein Kind mit Beeinträchtigung ist anders. Es ist schwierig. Es ist kräftezehrend, so dass das eigene Leben keinen Spaß mehr macht. Es ist unwert.

Naja. Ganz so hatte ich das nicht gemeint. Ich denke nicht, dass es nur ein Klischee ist, dass man es mit einem "behinderten" Kind schwerer hat, sondern eine Tatsache. Das liegt aber nicht an den Kindern oder ihrer "Beeinträchtigung", sondern an den Umständen, in denen sie leben müssen. Frei nach dem alten Slogan/Buchtitel: "Wir sind nicht behindert. Wir WERDEN behindert." Pflege/ Betreuung/ Unterstützung/ Assistenz als unliebsamer Kostenfaktor, "Inklusion" als verdeckte und schöngeredete Sparmaßnahme - das ist durchaus Realität und kein überzogenes Klischee.
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meandmrsjohns
Beitrag 10.Jul.2012 - 13:52
Beitrag #40


Gut durch
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Hallo zusammen,

Einen pflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen ist in der Regel Schwerstarbeit. Egal ob es sich um ein Kind oder einen Erwachsenen handelt. Ich sehe das in meinem Job täglich. Viele sind überfordert. Ich sehe aber auch, dass sich viele liebevoll und so gut sie können um die Angehörigen kümmern. Ich denke da beispielsweise an den Ehemann, der seine, von einem Schlaganfall schwerst beeinträchtigte Ehefrau Zuhause pflegt. Sie kann nicht mehr sprechen, nicht mehr alleine stehen, geschweige laufen. Er kocht, putzt, wäscht, geht einkaufen und ist stets geduldig und liebevoll im Umgang mit ihr, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann. Als professionelle Pflegerin gehe ich da nur zweimal in der Woche hin um die Frau zu Duschen. Die übrige Pflege macht der Ehemann.
Wenn ich Feierabend habe kann ich abschalten und die Füße hochlegen. Ein pflegender Angehöriger hat praktisch nie Feierabend. Fast nie Urlaub, und das Geld ist auch oft knapp weil das Pflegegeld die Ausgaben kaum deckt.

Vorbei sind die Tage wo das Paar ganz spontan mal zum Essen oder Tanzen gehen kann. Auch muss der Einkauf zügig gehen weil er seine Frau nicht solange alleine lassen kann. Mitnehmen kann er sie schlecht. Sie wohnen im 2. Stock und da immer die Ehefrau und den Rollstuhl runtertragen ist unmöglich.
Dennoch: der Mann macht einen zufriedenen, ja glücklichen Eindruck. Er ist seiner Frau ein treuer Freund und Kamerad. Er wäre noch jung genug um sich ein eigenes zweites und einfacheres Leben aufzubauen und könnte seine Frau in ein Pflegeheim geben. Ja könnte er....
Für manche Menschen ist es wichtiger ein verlässlicher Partner zu sein als ein bequemes Leben zu führen. Nicht gleich die Beine in die Hand nehmen und fortlaufen sobald es schwierig oder äußerst schwierig wird den Tagesablauf zu meistern.

Kann oder darf ich ein Kind umtauschen, während sich in der "Garantiezeit" Mängel einschleichen? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten.
Wie gesagt, ich bin froh dass meine Kinder gesund und auch sonst wohl geraten sind. Zu keiner Zeit kam ich in den inneren Konflikt entscheiden zu müssen mein " easy going-Leben zugunsten eines "Pflegeaufwändigeren" Kindes aufgeben zu müssen.
Meine Erwartungen an mein Kind, meine Lebenspartnerin und an meine Freizeit, - und Arbeitsgestaltung wären allerdings anders, aber machbar wie ich finde. (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)




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Marie18
Beitrag 10.Jul.2012 - 17:41
Beitrag #41


Satansbraten
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Das klingt doch wirjklich toll, mit dem Ehemann, der sich so um seine Frau kümmert.

Puh, okay (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif) Ich hatte nicht vor, mit den Schwierigkeiten, die auf eine Familie zukommen, wenn sie ein Kind mit Beeinträchtigung haben, ein überzogenes Klischee darzustellen. Das ist es nicht, offensichtlich ist es mit Anstrengung verbunden, so ein Kind hochzuziehen und sich drum zu kümmern.
Aber ich habe das Gefühl, das eben viele Leute da einfach zu, hm, geschlossen sind, keine Ahnung, wie ich das formulieren soll. Nicht offen genug eben.
Wenn ich einem Menschen ein schönes Leben bereiten kann, ein Leben, dass vielleicht für beide Seiten nicht immer leicht ist, aber durchaus auch sehr schöne Momente hat, Freude, Gelächter und Liebe, dann mache ich das doch. Dann bereite ich doch diesem Kind so ein Leben.
Auch wenn ich dann selber nicht mehr oft weg gehen kann, oder in den Urlaub fahren kann, oder ins Kino oder so Sachen...
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LadyGodiva
Beitrag 10.Jul.2012 - 18:40
Beitrag #42


Strøse
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Der Test ist offenbar erstaunlich sicher , natürlich würde ich ihn im Bedarfsfall jeder invasiven Abklärung vorziehen.

Ich verstehe die Aufregung drumherum nicht - es sollte doch bitte die Einschätzung der werdenden Mutter bleiben, wie viel und vor allem was sie sich von einem solchen Test verspricht. Wichtig ist, dass die werdende Mutter entsprechend informiert ist über das Verhältnis von Risiko und Einsatz.
Da behaupte ich ganz kühn, wenn diffuse Furcht allein vor Trisomie 21 schon dazu führt, sich fast screeningsmäßig und ohne triftige Indikation für den (selbst zu bezahlenden) Test zu entscheiden, dann wird mir eher bange davor, was mit diesen Frauen / Familien passiert, wenn sich andere Unwägbarkeiten aufdrängen.
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Leonie
Beitrag 10.Jul.2012 - 20:13
Beitrag #43


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Als "Betroffene" im Sinne von "noch gar nicht so lange her (und schon so weit weg) mag ich sagen, dass ihr mir hier zu sehr pauschalisiert. ABER, aber es kann wahrscheinlich nur pauschalisiert werden.. Will also keiner auf die Zippen treten, oder so.

Und es gibt Frauen, die die Ab*reibung nutzen wie die Pille. Und es gibt Menschen, die angeblich nicht mit einem eingeschränkten (ob physisch oder psychisch) Menschen (ich finde das wort behinder schon diskriminierend) umgehen können und das neue Leben wegmachen lassen. Ich kriege schon beim Schreiben einen Würgereiz.

Ich bin allein.erziehend und die Mütter mit Mann an der Seite sagen "Wie schaffst du das?" Und ich sage "Machen!" und mein Sohn lacht die Welt an. Er tut es nicht, weil er adoptiert werden möchte, sondern weil ich es trotzdem schaffe. Will sagen: Nicht schaffen können ist einfach bull*hit. Schaffbar ist alles!

Alles in allem kann ich mich MeandMrJohns Worten anschließen.

Leo
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Marie18
Beitrag 11.Jul.2012 - 13:46
Beitrag #44


Satansbraten
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Hm. Vielleicht kann ich es nur pauschalisieren, was ich aber nicht direkt vorhatte....

Ich muss wohl abwarten, wie es ist, als Mutter evtl. vor solchen Entscheidungen zu stehen um mir ein Urteil bilden zu können. Trotzdem nicht richtig, Kinder wegen DownSyndrom abzutreiben.
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Hortensie
Beitrag 11.Jul.2012 - 17:04
Beitrag #45


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Ich finde es gerade schwierig, weiterzudiskutieren.
Es ergibt sich wahrscheinlich zwangsläufig, dass eine theoretische, nicht an einem konkreten Einzelfall orientierte Diskussion, pauschalisiert wirkt.
Auf jeden Fall ist eine theoretische Diskussion, angestossen durch ein verbessertes Diagnoseverfahren mit dem bei Schwangeren eine bestimmte Behinderung von Kindern festgestellt werden kann.

Ich selber sehe mich außerstande, beurteilen zu können, was ein anderer Mensch im eigenen Leben bewältigen kann und was nicht.

Das Recht, eine Schwangerschaft zu beginnen, abzubrechen oder zu beenden, kann jedem schlecht verwehrt werden. Letztlich wird das Recht, eine Schwangerschaft beenden zu können, als einer der größten Erfolgen der Frauenbewegung bzw. der Femministinnen betrachtet.

Ich tue mich schwer damit, auch wenn ich es diskussionswürdig erachte, weil ich es als Selektion empfinde so bald Schwangerschaften abgebrochen werde, weil der Embryo als ein mensch mit Handycup auf die Welt kommen wird, zu fordern dieses Recht auf Selbstbestimmung gesetzlich anders zu regeln.

Oder anders herum ausgedrückt: Will ich nicht, dass es eine politische Forderung wird, dass Abtreibungen illegal sind, muss ich akzeptieren, dass so halt auch eine Selektion stattfinden kann.

Letztlich muss jeder Mensch selbst entscheiden, was sie/er in seinem Leben "wuppen kann" oder wo sie/er z.B. Institutionen oder andere Hilfen in Anspruch nimmt. Oder eben auch Möglichkeiten wählt, die nicht meine Zustimmung finden.

Lehnt mensch sich mal zurück und überlegt, wieviele Entscheidungen täglich getroffen werden müssen, nur um den Alltag bewältigen zu können und wieviele getroffene Entscheidungen einer Überprüfung auf ethische Korrektheit standhalten können, würde wahrscheinlich fast keine Entscheidung mehr getroffen werden können.
Mal abgesehen, dass viele Entscheidungen auch Einflüssen (wie z.B. persönliche Werte, persönlicher Lebensplan, "Traum vom Glück", ökonomische Bedingungen etc.) unterliegen, die letztlich jede Entscheidung eines Menschen, durch die Betrachtung durch einen anderen Menschen kritisierbar machen.

Es ist wahrscheinlich der Preis für das Privileg, in einer demokratischen Gesellschaft zu leben, dass mensch akzeptieren muss, dass andere Menschen andere Entscheidungen treffen, als die einzelne Person für ihr persönliches Leben.


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LadyGodiva
Beitrag 11.Jul.2012 - 20:56
Beitrag #46


Strøse
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@Hortensie: ich glaube, es ist eher ein Privileg der westlichen Welt, nicht Mutter werden zu müssen.
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Hortensie
Beitrag 11.Jul.2012 - 21:26
Beitrag #47


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ZITAT(LadyGodiva @ 11.Jul.2012 - 21:56) *
@Hortensie: ich glaube, es ist eher ein Privileg der westlichen Welt, nicht Mutter werden zu müssen.


@LadyGodiva: Ich fürchte, Du hast mit deinem Einwand Recht.


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Hortensie
Beitrag 11.Jul.2012 - 21:48
Beitrag #48


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Ich glaube, dass niemand posten wird: Ich habe einen Test durchführen lassen und mich für das Kind entschieden.
Genauso glaube ich, dass niemand posten wid: Ich habe einen Test durchführen lassen und mich gegen das Kind entschieden.


Völlig OT:

Manchmal ist es mit der Demokratie so, dass alle wählen dürfen. Im Einzelfall mißfällt dann nur das Ergebniss.
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Marie18
Beitrag 12.Jul.2012 - 15:41
Beitrag #49


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Da ist was dran. Wir leben immer hin in einer Demokratie....
(IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

Hm naja. Ist auf jedenfall interessant darüber mal zu diskutieren...das wird ja auch gut und gerne vermieden von vielen.
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Hortensie
Beitrag 12.Jul.2012 - 15:59
Beitrag #50


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ZITAT(Marie18 @ 12.Jul.2012 - 16:41) *
Ist auf jedenfall interessant darüber mal zu diskutieren...


Hallo Marie18, habe das Zitat mal verkürzt.
Diskussionen und Diskussionprozesse sind aus meiner Sicht eine Art zentraler Stützpfeiler einer Demokratie.
Ich fand und finde die Diskussion auch spannend.
Vielen Dank für deinen Anstoss hierzu.
herzliche Grüße
H.
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Marie18
Beitrag 12.Jul.2012 - 16:54
Beitrag #51


Satansbraten
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Ja das ist in der Tat interessant. Natürlich bevorzuge ich es bei Diskussionen zu einer Schlussfolgerung zu kommen, aber das geht halt nicht immer (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)
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shark
Beitrag 15.Jul.2012 - 12:35
Beitrag #52


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ZITAT(Hortensie @ 11.Jul.2012 - 18:04) *
Ich selber sehe mich außerstande, beurteilen zu können, was ein anderer Mensch im eigenen Leben bewältigen kann und was nicht.


Das, genau das, ist der zentrale Punkt für mich, an dem man bei aller moralischen Entrüstung einfach nicht vorbeidenken kann, ohne anmaßend zu werden.

Wer bin ich denn, bestimmen zu wollen, was für eine andere Frau gut ertragbar oder grade noch aushaltbar oder in naher, mittlerer oder ferner Zukunft mit Chancen, Glück, Zufriedenheit, Weiterentwicklung verbunden ist, wie soll ich denn wissen, wo für diese Frau Unaushaltbarkeiten anfangen, wo persönliches Schicksal ins Unerträgliche kippt und schlimme Folgen haben wird?

Wie soll Eine das für eine andere Frau je sagen können -?
Viele von uns wissen das doch bisweilen nicht mal für sich selbst und ihre eigenen Perspektiven sicher zu sagen!

Und weil das so ist, hat meiner Ansicht nach nur eine Person das Recht, eine solche (persönliche) Entscheidung zu treffen: die Frau nämlich, in deren Bauch dieser Lebenskeim (und nein, in der 12. Woche ist das noch lange kein "Kind"; allenfalls in der Vorstellung der Frau, die sich das Kind, das mal sein kann, schon vorab vorstellt; faktisch ist es ein, sich in einer vom "Wirt" abhängigen Entwicklung befindlicher, Embryo, der mal ein Mensch werden kann, wenn die Schwangerschaft nicht vorzeitig abbricht oder abgebrochen wird) sich befindet.
Sie ist die, deren Leben diese Schwangerschaft und die Aussicht auf das Geborenwerden und Da-Sein eines Kindes beeinflussen wird.

Dass die Gesellschaft und die Strukturen, die sie schafft, deren Maßgaben an Menschen, deren Bereitschaft oder Verweigerung, mit hineinzunehmen, anzuerkennen, zu unterstützen, zu verstehen, viel, viel mehr "Schuld" an den meisten abgebrochenen Schwangerschaften trägt (fast egal, aus welchem Grund sie entstanden sind und abgebrochen wurden) als die einzelne Frau, die in ihrer Not keinen anderen Weg sieht, ist ja wohl eine Tatsache.

Ich werde den Teufel tun und Frauen, die sich in einer verzweifelten Lage in Bezug auf ihr jetziges bzw. künftiges Leben wiederfinden (ganz egal, ob die jeweilige Situation oder das erwartete Szenario nun auch für mich als katastrophal erkennbar ist oder nicht), zurufen: "Los, nun krieg das Kind! Sei tapfer! Bad das mal schön aus - hättest ja schließlich nicht schwanger zu werden brauchen! Das wird schon alles nicht so schlimm! Andere schaffen das auch!"

Und das ist ja schließlich die Haltung, die dahinter steht, wenn jemand sagt: "Wenn man sich einmal dafür entschieden hat, Mutter sein zu wollen und dann schwanger geworden ist, dann darf man sich - egal, was kommt - auch nicht mehr gegen diese Schwangerschaft entscheiden!"

Ich find das so anmaßend, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie jemand (der oder die nicht ehrlich und vollumfänglich bereit ist, im Falle vom Nichteintreffen der positiv an die Wand gemalten Zukunft, selbst und höchstpersönlich die Verantwortung für das Leben von Mutter und Kind zu übernehmen - was eh niemand kann) eine derartige Setzung vornehmen kann.

Ich bin sehr, sehr froh darüber, dass vor etlichen Jahren nun bereits erkämpft wurde, dass in diesem Lande Frauen selbst über ihren Körper bestimmen können und ich will bestimmt nicht dahin zurückkehren, dass Frauen sich von Anderen sagen lassen müssen, welche Art Leben für sie erträglich/gut/richtig/womöglich sogar bestimmt ist. Das sollen Frauen doch nun wirklich allein für sich entscheiden dürfen. Alles Andere wäre in meinen Augen ein Rückschritt in Bezug auf die Freiheit der Frau, über ihr Leben bestimmen zu können.

Und obwohl ich selber keine PID, keine Amniozentese oder andere Tests und keinen Abbruch hatte, möchte ich, dass Frauen all das bekommen können, wenn es für sie not-wendig ist.
Und ein zuverlässiger Bluttest auf eine mögliche Behinderung des Fötus gehört für mich ebenso dazu.
Wenn es ihn gibt, müssen Frauen ihn auch durchführen lassen können.
Klar geregelt und auf dem Boden der Gesetze natürlich, aber vor allem eben als persönliche Entscheidung darüber, potentiell Wissbares auch wissen zu wollen.
Kommt es wirklich in der Folge der Entscheidung, den Test machen zu lassen, zum Entschluss, die Schwangerschaft vorzeitig zu beenden, dann ist das so früh jedenfalls deutlich schonender für Frau (und auch den Fötus) als nach einer Amniozentese, die erst deutlich später möglich ist.

Und mal davon abgesehen und in Bezug auf den Aufschrei "Das ist Selektion!":
Was ist denn weniger "schützenswert" an einem Embryo, den es gibt, weil eine Frau vergew*ltigt wurde oder an einem, der entstanden ist, weil ein noch unmündiges Paar beim "ersten Mal" nicht "aufgepasst" hat? Oder an einem, der in dem Uterus einer Frau sitzt, die aus anderer Schusseligkeit unfreiwillig schwanger geworden ist?

Am Ende sind sie alle gleich - sie sind winzige Lebenskeime, die nur durch das Ja der Schwangeren eine Chance auf die Entwicklung zum Kind haben - und bei einem Nein und darauf folgendem Abbruch der Schwangerschaft sind auch alle "gleich tot".

Ich hoffe, ich werde hier nicht falsch verstanden:
Ich bin nicht dafür, dass Frauen grundsätzlich (oder aufgrund von festgelegten Risikoparametern) solche Tests machen sollten oder gar Föten, die nicht der Norm entsprechen, prinzipiell getötet werden sollten. Ganz und gar nicht. Ich habe wie gesagt damals auch keine Tests machen lassen und ich hätte, auch wenn sich zufällig ein deutliches Indiz auf eine spätere Behinderung eines meiner Ungeborenen ergeben hätte, die Schwangerschaften nicht abgebrochen.

Aber ich bin dagegen, Frauen Vorschriften in Bezug auf ihr Leben machen zu wollen und ihnen auch noch die Verantwortung dafür zuzuschieben, dass sie Angst davor haben, behindertes Leben in diese Welt zu setzen, die nachher dann kaum Platz für ebendiese Menschen hat.
Ich verstehe diese Frauen. Und gleichzeitig bedaure ich tief, dass es so ist, wie es ist.

An dem Tag, an dem es für die Zukunft einer Mutter, eines Kindes, einer Familie wirklich keine Rolle mehr spielt, ob das erwartete Kind der Norm entspricht oder nicht, an diesem Tag kann man meinetwegen anfangen, zu erwarten, dass Frauen, die ein Kind haben wollten, auch einen behinderten Fötus weiterleben lassen. Aber keine Sekunde früher.
Denn damit würde man Frauen dazu nötigen, das Versagen der Gesellschaft auf ihre eigenen Rücken zu laden und voller Demut und in Unfreiheit zu tragen.

Unsere Gesetze verbieten übrigens Selektion aufgrund von genetischen Auffälligkeiten des Fötus. Es gibt keine embryopathologische Indikation mehr in Deutschland.

Es ist polemisch, find ich, von "Auslese" und "unwertem Leben" zu sprechen, wenn es um das Recht der Frau auf die freie Verfügung über ihr Leben und das Abwenden von persönlicher Not geht.

Natürlich wird es immer Frauen geben, die im Grunde nie ein Kind wollten, dummerweise doch schwanger geworden sind, und nur aufgrund von Druck oder Angst trotz ihrer Vorbehalte schwanger geblieben sind und am Ende doch überglücklich mit ihrem Baby sind, ebenso wie es durchaus solche gibt, die ihr Kind in der Folge für immer ablehnen oder auch solche, die sich wegen moralischer Bedenken für die Schwangerschaftsfortsetzung entschieden haben und das heute - trotz der Liebe zu ihrem Kind - nicht mehr so machen würden (die sagen das oft allerdings nur hinter ganz, ganz dicken Vorhängen, weil das ein wahnsinnig großes Tabu ist; noch größer als das eines Abbruchs).

Ich will, dass die Gruppe derer, die die für sich selbst genau richtige Entscheidung getroffen haben und die deshalb auch später im Leben noch dazu stehen können, so groß wie möglich ist.
Und das geht eben nur, wenn Frauen wirklich frei entscheiden dürfen; also ohne zusätzlich zur persönlichen Gewissens- und Ermessensentscheidung auch noch den Druck zu spüren, den einen, für die Gesellschaft (die scheinheiliger nicht sein könnte) akzeptablen Weg gehen zu müssen um nicht als herzlose Monster abgestempelt zu werden.

shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 15.Jul.2012 - 13:18
Bearbeitungsgrund: Fehler entfernt und Absatz eingefügt und kleiner Einschub
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PikSieben
Beitrag 15.Jul.2012 - 15:16
Beitrag #53


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@shark
Weil auch ich von Selektion gesprochen habe, fühle ich mich angesprochen und versuche mal zu antworten.

In dem, was du über die Selbstbestimmung der einzelnen Frau schreibst, gehe ich absolut mit.

ABER
In dem sog. Praena-Test geht es ausschließlich um Trisomie21. Es geht nicht darum, allgemein eine "Behinderung" festzustellen, sondern es geht um eine ganz spezielle Form. Nur weil es "technisch" machbar ist, wird dieser Test angeboten. Andere "Behinderungs"formen, die z.B. erst nach einigen Lebensmonaten oder -jahren diagnostizierbar sind, oder die bisher noch nicht "genetisch" feststellbar sind, oder die durch Komplikationen bei der Geburt entstehen oder oder oder... werden dadurch (logischerweise) nicht ermittelt.

Natürlich kann man das für die Ebene der Schwangeren, die eben einfach wissen möchte, was auf sie zukommt, auch mit LGs Aussage
ZITAT(LadyGodiva @ 10.Jul.2012 - 19:40) *
Ich verstehe die Aufregung drumherum nicht - es sollte doch bitte die Einschätzung der werdenden Mutter bleiben, wie viel und vor allem was sie sich von einem solchen Test verspricht. Wichtig ist, dass die werdende Mutter entsprechend informiert ist über das Verhältnis von Risiko und Einsatz.
Da behaupte ich ganz kühn, wenn diffuse Furcht allein vor Trisomie 21 schon dazu führt, sich fast screeningsmäßig und ohne triftige Indikation für den (selbst zu bezahlenden) Test zu entscheiden, dann wird mir eher bange davor, was mit diesen Frauen / Familien passiert, wenn sich andere Unwägbarkeiten aufdrängen.

gut mit einem Schulterzucken auf sich beruhen lassen.
Aber dann frage ich mich (mal ganz polemisch), ob es dann nicht nur recht und billig wäre, demnächst auch Tests zur Feststellung von Kleinwüchsigkeit, Blindheit, Zappeligkeit, Blondheit,... auf den Markt zu werfen.
Was sagt es denn aus über die gesellschaftliche Wahrnehmung des "Down-Syndroms", wenn ein Riesenaufschrei gemacht wird, wenn es um Bestrebungen geht, Kinder "nach Maß" zu "züchten", aber bei Trisomie21 gewissermaßen eine Ausnahme eingeräumt wird.
Ich finde schon, dass das in Richtung Selektion geht.
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Marie18
Beitrag 15.Jul.2012 - 15:26
Beitrag #54


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Puh. Ich weiß gerade nicht, was ich noch schreiben soll.
Es ging mir doch um Trisomie 21. Naja.
Und anmaßend wollte ich auch nicht direkt sein.
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LadyGodiva
Beitrag 15.Jul.2012 - 15:51
Beitrag #55


Strøse
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Eben, PikSieben - vor mir aus dürfte jedeR einmal pro Jahr zum Ganzkörper-Scan mit Mann und Maus, wenn es nicht zur ökonomischen Last der Gesellschaft wird, sprich: selbst bezahlt. Aber vorher sollte man darüber informiert werden, welchen Nutzen (im Sinne von Konsequenzen) eine solche Untersuchung überhaupt hat - und welche Einschränkungen auch methodisch, sich daraus sogar ergeben könnten. Ob das Leben dadurch sicherer oder gar erfüllender wird, dafür gibt es vielleicht Kristallkugeln - aber keine Teststreifen.
Und: wir reden hier immer noch über einen Test, der weniger invasiv ist als andere Nachweismethoden der Trisomie, die ggf. zum gleichen Resultat gelangen. Nur, dass bei diesen die Indikationen (aus eben jenem Grund) enger gefasst sind - also, wenn bestimmte Risikofaktoren auf Wunsch der Mutter hin [sic!] für die Durchführung sprechen, weil eine statistisch höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Test positiv ausfallen könnte .Demnach müsste dann auch vorgeburtlicher Ultraschall und genetische Beratung abgeschaft werden. Äh, das meint keineR ernst, ne?
Wenn sie danach dennoch "Abklärung" wünschen - was spricht dagegen? Wer nichts wissen will, wird nicht behelligt - ich kann mir nicht vorstellen, dass Schwangeren mit (statistisch) erhöhtem Risiko aggressiv zur Abklärung geraten wird. In der Regel ist es ja eher umgekehrt: man muss Patienten die Grenzen der vermeindlichen Sicherheit erklären. Sollen die "Götter in Weiß" dann darüber entscheiden, wenn das Ergebnis doch nur das weitere Leben der Mutter-in-spe bestimmen wird. In den 50ger Jahren hätte sich die Medizin den Schuh vielleicht angezogen, mit dem heutigen Frauenbild ist das sicher nicht mehr vereinbar.

Der Beitrag wurde von LadyGodiva bearbeitet: 15.Jul.2012 - 16:03
Bearbeitungsgrund: Mehr-, nicht Einzahl. Und kurz noch einen Satz umgestellt.
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shark
Beitrag 15.Jul.2012 - 17:36
Beitrag #56


Strösenschusselhai
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ZITAT(PikSieben @ 15.Jul.2012 - 16:16) *
@shark
Weil auch ich von Selektion gesprochen habe, fühle ich mich angesprochen und versuche mal zu antworten.

In dem, was du über die Selbstbestimmung der einzelnen Frau schreibst, gehe ich absolut mit.

ABER
In dem sog. Praena-Test geht es ausschließlich um Trisomie21. Es geht nicht darum, allgemein eine "Behinderung" festzustellen, sondern es geht um eine ganz spezielle Form. Nur weil es "technisch" machbar ist, wird dieser Test angeboten. Andere "Behinderungs"formen, die z.B. erst nach einigen Lebensmonaten oder -jahren diagnostizierbar sind, oder die bisher noch nicht "genetisch" feststellbar sind, oder die durch Komplikationen bei der Geburt entstehen oder oder oder... werden dadurch (logischerweise) nicht ermittelt.


Und das sagt jetzt was genau aus? Dass es unredlich sei, einen zuverlässigen Test zur Anwendung zu bringen, weil es gleichartige Tests auf andere Behinderungen (noch) nicht gibt?

Trisomie21 ist eine Behinderung. Mindestens schon deshalb, weil diese Menschen in ihrem Sein andauernd behindert werden durch die Art, wie unsere Welt sich ihnen gegnüber zeigt und verhält. Und Menschen mit dieser Genveränderung haben in unserer Welt fast immer deutlich schlechtere Chancen auf ein selbstbestimmtes, mit Freiheiten ausgestattetes Leben und deren Familien haben in dieser Gesellschaft fast immer deutlich mehr zu kämpfen, sind deutlich mehr belastet und die Eltern sind länger und stärker gefordert als Eltern nichtbehinderter Kinder.

Wem nutzt es denn, so zu tun, als seien mit einem beherzten Ja zum Down-Kind schon alle Probleme beseitigt?
Das ist einfach nicht so. Und egal, wie musisch begabt, praktisch bildbar, sensibel und sonnigen Gemütes viele der Betroffenen sind - sie führen in dieser Welt ein Außenseiterdasein. Hat doch keinen Zweck, wenn wir Frauen, die mit einem Trisomie21-Fötus schwanger sind, vormachen, dass sich ihr Leben mit ihrem besonderen Kind kaum vom Leben mit einem nichtbehinderten Kind unterscheiden würde.
Nur damit Trisomie21-Menschen nicht weniger werden.
Wem hilft das denn?

Ich bin sehr dafür, dass es eine große Bandbreite menschlichen Lebens gibt.
Ich kenne ja nun auch ein paar Menschen mit Down-Syndrom und solche mit anderen Behinderungen...
Und es gibt viele Orte und Situationen, an denen zum Beispiel die Menschen mit Down-Syndrom, die ich kenne, ein besseres Gespür und ein besseres Händchen hätten und deshalb auch einen besseren Job machen würden als all die "Gesunden", die ich da statt dessen so sehe.

Aber - und das ist das Entscheidende - da es in Wahrheit in dieser Gesellschaft echte Inklusion gar nicht gibt und bestenfalls integriert wird (und bekanntermaßen auch das oft immer noch mehr als unzureichend), finden diese Menschen meist nicht an die für sie passenden Plätze.
Sie werden einfach nicht bereitgehalten oder sind anderweitig besetzt und da im Grunde nach wie vor Menschen, die nicht in einer ganz bestimmten, klar umrissenen Weise "produktiv" sind, als nicht so recht dazugehörend wahrgenommen werden, finde ich es gar nicht verwunderlich, dass manche Frauen schon gerne früh in der Schwangerschaft wüssten, ob ihr Ungeborenes betroffen ist oder nicht, damit sie dann nämlich eine Entscheidung treffen können, mit der auch sie leben zu können meinen.

Eine junge Frau mit Down-Syndrom, die ich kenne, wäre gerne Tierpflegerin geworden. Nun ist es schon schwer genug für Menschen ohne Behinderung, in diesem Bereich einen Ausbildungsplatz zu bekommen; für sie war es unmöglich. Sie kann nämlich nicht lesen. Und sie wird nie autofahren können. Nur zwei der Anforderungen für diesen Beruf, die sie nicht erfüllt und nie erfüllen wird.
Aber sie hat ein Händchen für Tiere wie kaum jemand, den ich kenne und sie ist extrem teamfähig, scheut nicht vor schmutziger Arbeit zurück und ist serh verantwortungsbewusst.
Ihre Mutter dachte sich natürlich schon, dass ihre Chancen gering sein würden und machte deshalb früh den Versuch, die Tochter (sie ist jetzt 26) in einer Dorfgemeinschaft unterzubringen, damit sie dort dann die wertvolle und wichtige und heißgeliebte Aufgabe der Tierversorgung machen könnte.
Ich glaub, die ersten Anstrengungen in diese Richtung hat die Mutter unternommen, als das Mädchen 16 war. Damals konnte sie aber noch nicht von daheim weg; das hätte sie psychisch nicht verkraftet. Und später hieß es dann, dass es einfach keinen Platz gebe aktuell.
So sitzt diese junge Frau nun immer noch bei ihrer Mutter und beide sind zutiefst frustriert und unglücklich; die Mutter, weil sie doch auch gern endlich mal mit ihren Bemühungen um ihr Kind zurückfahren wollen würde, weil sie einfach ausgelaugt ist und die Tochter, weil sie keinen Bock auf den Verpackungsjob in der beschützenden Werkstatt hat. Aber sie muss ja froh sein, überhaupt was zu haben.
An eine eigene Wohnung ist nicht zu denken und Wohngruppen gibt es nicht in der Nähe zum Job (und Jobs nicht in der Nähe von Wohngruppen).
Und sie darf noch nicht mal ehrenamtlich im Tierheim helfen; weil die Versicherung sich weigert, die junge Frau innerhalb der Tierschutzeinrichtung mitzuversichern.

Andere Familie, ähnlicher Frust:
Der 30-jährige Sohn mit Trisomie21 ist das dritte Kind der Familie. Vater arbeitet Schicht in einem Pharmaziebetrieb und die Mutter wäre eigentlich Rechtsanwaltsgehilfin, wenn sie denn arbeiten könnte.
Aber seit der Geburt ihres Jüngsten kann sie nicht mal dran denken, arbeiten zu gehen. Der Kleine war wegen eines Herzfehlerns, der erst im Kindergartenalter oder frühen Schulalter, genau weiß ich das jetzt nicht, (und auch nur unzureichend) operiert werden konnte, dauernd krank und pflegebedürftig. Monatelang konnte er das Krankenhaus nicht verlassen, dann das Haus nicht (wegen der Keime draußen - und Mutter saß mit ihm fest), er hatte erst keinen Saugreflex, später dann weigerte er sich zu essen, musste mit einer Sonde ernährt werden, war dauernd in Behandlung, in Reha usw.
Da der Vater das Geld für die Familie nun allein beschaffen musste, war wiederum Mutter für den Sohn fast ganz allein zuständig. Und dafür, seine Belange gegenüber Versorgungskassen und Ämtern zu vertretern.
Allein das wär schon ein (total frustrierender) Vollzeitjob gewesen. Und wohlgemerkt: da gab es noch zwei Kinder. Und für die war nie Zeit. Ich kenne die Familie, weil ich mit den älteren Kindern befreundet war. Sie hassten es, zuhause zu sein, weil es dort immer nur um den kleinen Bruder ging, die Mutter hatte ein permanentes schlechtes Gewissen den Kindern gegenüber, der Vater arbeitete, soviel er konnt, um raus zu sein aus der Nummer und der kleine Junge war und blieb dauerkrank, unbeschulbar und wurde zur unausgesprochenen Last für alle.
Die zwei größeren Geschwister konnten irgendwann ausziehen. Der Vater ist jetzt Rentner und hockt immerzu in seinem Schrebergarten und allein die Mutter, grau im Gesicht vom Opfern und Sorgen und Sichselbstvergessen, kümmert sich um den Jungen, der natürlich auch ins Heim könnte, aber sie liebt ihn und fühlt sich verantwortlich und überhaupt ist ihr Leben ja eh schon gelaufen, wie sie sagt.
Was sie auch sagt, ist, dass sie hofft, dass der herzkranke junge Mann vor ihr stirbt, weil sie nicht weiß, was sonst werden soll. Die Geschwister würden ihn nie nehmen und ins Heim...? Ganz schrecklich.

Und dann ist da noch die Mutter, die mir kürzlich, als es mal wieder um Praenataldiagnostik usw, weiter ging in den Medien; gesagt hat, dass sie ach so froh gewesen wäre, wenn es so etwas wie einen vorgeburtlichen Test auf Frühkindlichen Autismus geben würde.
Dann nämlich hätte sie das Kind, das sie hat, nicht bekommen. Es zerbricht sie, zu sehen, dass ihr Sohn abgeschottet von der Welt und dem kleinsten Fünkchen Normalität leben muss. Und sie mit ihm. Hätte sie das gewusst, sagt sie, dann hätte sie diese Schwangerschaft niemals im Leben aufrechterhalten.

Und ich versteh sie alle, diese Frauen und Männer und Kinder, die, verbraucht von Schmerz und Arbeit und Angst und Frust, wenn sie könnten, die Uhr rückwärtslaufen lassen würden. Und das, obwohl sie ihre Kinder ehrlich lieben.

Klar: ich kenne auch andere Geschichten, solche mit behinderten Kindern, die dank Frühförderung, Betuchtheit der Eltern und genug Platz und Zeit und Betreuungspersonal, weitestmöglich selbstständig geworden sind und ihre Eltern nicht als Wracks zurückgelassen haben, aber eben: diese günstigen Voraussetzungen sind ja nun leider nicht allen beschieden.

Arm oder/und wenig gebildet ist es schon schwer genug, gesunde Kinder großzuziehen. Und behinderte noch viel mehr.

Wie kann man denn angesichts dieser unumstößlichen Tatsachen nicht verstehen können, dass Frauen Angst davor haben, ein Kind mit Behinderung zu bekommen? Wie kann man nicht verstehen können, dass es Frauen gibt, die für sich wissen, dass ein Test, der möglich und zuverlässig und schonend ist, sie und ihre ganze Familie vielleicht vor der Katastrophe bewahrt?

Ganz egal, wie realistisch die Ängste sind (und die meisten sind sehr realistisch): die Not der betroffenen Frau ist doch das, was zählt.
Und nicht die Frage, was Behindertenorganisationen wohl davon halten, dass eine Frau ein Kind mit Trisomie21 nicht bekommen will und sich freut, dass es einen Test gibt, der früh Auskunft darüber bringen kann.

ZITAT(PikSieben @ 15.Jul.2012 - 16:16) *
Was sagt es denn aus über die gesellschaftliche Wahrnehmung des "Down-Syndroms", wenn ein Riesenaufschrei gemacht wird, wenn es um Bestrebungen geht, Kinder "nach Maß" zu "züchten", aber bei Trisomie21 gewissermaßen eine Ausnahme eingeräumt wird.


Es sagt genau das aus, was ich schon beschrieben habe: dass diese Menschen als Behinderte, als nicht vollwertige Mitglieder der Gesellschaft betrachtet werden.
Und genau deshalb verstehe ich die Frauen, die vor diesem Hintergrund eben kein Kind mit Down-Syndrom gebären wollen, ja auch so gut. Grade weil durch diese Bewertung schon klar ist, dass es überdurchschnittlich wahrscheinlich zu großen Problemen kommen wird, wenn es darum geht, dem Kind zu einem maximal selbstbestimmten Leben verhelfen zu wollen. Dazu ist unsere Gesellschaft noch nicht bereit. Und solange das so ist, kann ich mich einfach nicht über Frauen empören, die diesem Umstand Rechnung tragen mit ihrer Entscheidung.



shark

P.S. @LadyGodiva: (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 15.Jul.2012 - 19:23
Bearbeitungsgrund: Wort getrennt und spät doch noch präzisiert und ein Zitat eingefügt
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shark
Beitrag 15.Jul.2012 - 17:43
Beitrag #57


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ZITAT(Marie18 @ 15.Jul.2012 - 16:26) *
Puh. Ich weiß gerade nicht, was ich noch schreiben soll.
Es ging mir doch um Trisomie 21. Naja.


Mir auch. Aber auch im Fall von anderen Trisomien ( da gibt es ja einige) oder anderen Behinderungen und schweren Krankheiten würd ich das wie beschrieben sehen.
Auf diese lässt sich nun halt noch nicht so früh oder gar nicht testen. Auf Trisomie21 eben schon.

Mir geht es darum, dass von außen keineR wissen oder entscheiden kann, was als wirkliche Not durchgehen kann und was nicht. Das ist nun mal so subjektiv verschieden wie wir Menschen eben sind.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 15.Jul.2012 - 17:57
Bearbeitungsgrund: Nachtrag zum besseren Verständnis abgeändert
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LadyGodiva
Beitrag 15.Jul.2012 - 18:39
Beitrag #58


Strøse
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Ach so, noch als kleiner historischer Exkurs, der zwar nicht unbedingt direkt mit dem Thema in Verbindung steht, aber den Paradigmenwechsel in der Medizin recht anschaulich beleuchtet:
Bei schwierigen Geburten, die den tödlichen Ausgang für wenigstens einen Part vermuten ließen, hat man bei jedwedem Eingriff rund um die Geburt noch bis in die siebziger Jahre das Leben der Leibesfrucht priorisiert, ohne wenn und aber. Dafür das Ende des Mutterlebens zwangsläufig in Kauf genommen, denn: sie schenkt ja, im Ideal der selbstlosen Mutter.
Heute stellt sich die Lage ganz anders da: die Integrität der Mutter steht bei "Chancengleichheit" im Zweifelsfall über der des Kindes, so es von der Patientin im Vorfeld nicht ausdrücklich anders gewünscht wurde. Wow! Starker Tobak, aber in meinen Augen mehr als verständlich: ein Leben um jeden Preis muss es nicht geben, wenn man sich dank medizinischer Kunst schon einmischen kann.
Im weiteren Sinne sehe ich das auch in Relation zu der Mutter-in-spe mit Diagnose: sie soll die Wahl haben, je früher und sicherer, desto besser. Mit Blick auf ihre eigenen Kräfte und die ihrer Familie.

(Und wer denkt überhaupt an die Föten, deren invasives Testergebnis negativ ausgefallen wäre, hätte die Biopsie nicht Komplikationen nach sich gezogen? Dann doch lieber - eine kleine Spritze Blut aus der Armvene der Mutter.)
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shark
Beitrag 15.Jul.2012 - 19:05
Beitrag #59


Strösenschusselhai
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ZITAT(LadyGodiva @ 15.Jul.2012 - 19:39) *
(Und wer denkt überhaupt an die Föten, deren invasives Testergebnis negativ ausgefallen wäre, hätte die Biopsie nicht Komplikationen nach sich gezogen? Dann doch lieber - eine kleine Spritze Blut aus der Armvene der Mutter.)


Ja, an die ist auch zu denken. Da beißt die Maus keinen Faden ab, egal wie abgeklärt das klingen mag:

Diejenigen, die heute einer Amniozentese zustimmen, weil sie ein beunruhigendes Ergebnis bei der NFM (die eine hohe Fehlerquelle birgt) bekommen haben und für sich schon klar haben, dass sie eine Fortsetzung ihrer Schwangerschaft an eine durch diese invasive Untersuchung mögliche Diagnose koppeln (also im Fall eines positiven Ergebnisses den Abbruch wählen würden) und damit das Risiko einer viel zu frühen Geburt des Fötus' eingehen müssen, das die Fruchtwasseruntersuchung nun mal birgt, würden morgen mit Freuden ein Verfahren wählen, das lediglich ein paar Tropfen Blut von ihnen selbst erforderlich macht.
Denn in beiden Fällen kommt es bei einem positiven Ergebnis zu einem Abbruch, im zweiten Fall im Gegensatz zum ersten dafür zu Null eingriffsbedingten Fehlgeburten der Föten, die negativ getestet würden.
Der Bluttest würde also auch Leben retten, indem er sie gar nicht erst gefährdet, wenn man's ganz genau nimmt.

Das Wichtigste überhaupt ist, dass Frauen nicht vermittelt wird, sie müssten sich all diesen Untersuchungen, die möglich sind, auch zwingend unterziehen. Es ist Aufgabe der betreuenden Fachperson (Arzt/Ärztin/Hebamme), darüber aufzuklären, was welche Untersuchung bringen kann und vor allem, dass bestimmte Verfahren erst dann einen Sinn ergeben, wenn die Schwangere sich darüber im Klaren ist, was sie mit dem Ergebnis anfangen wird.

Einer Frau zum Beispiel zu einer NFM zu raten, wenn die schon weiß, dass sie eh keine Amniozentese machen lassen wird, weil das Fehlgeburtsrisiko sie schreckt, wäre Unsinn. Diese Frau würde allenfalls durch das ohnehin nicht allzu aussagekräftige Ergebnis der NFM verunsichert werden und vermutlich den Rest ihrer Schwangerschaft Angst haben, ob nun mit dem Kind alles OK ist oder nicht.

Einer Frau aber, die durch bestimmte Faktoren ein besonderes Risiko für eine genetische Fehlbildung ihres Ungeborenen trägt und die sich entschieden hat, das rechtzeitig wissen zu wollen (entweder um sich schon früh gut vorbereiten zu können auf das künftige Leben mit einem Kind, das besondere Anforderungen stellt oder aber um einen frühzeitigen Abbruch vornehmen zu können), dient ein zuverlässiger und einfacher Bluttest besser als ein invasives Verfahren, das erst deutlich später durchgeführt werden kann.

Ich bleibe also dabei: Dieser Test ist - verglichen mit den Diagnosemöglichkeiten der Vergangenheit, die ja schließlich auch im Bedarfsfall durchgeführt werden - vorteilhaft.

Und außerdem bin ich sicher, dass nicht mehr Frauen als bisher eine Schwangerschaft mit einem Fötus mit Trisomie21 abbrechen lassen würden, nur weil es nun einen Bluttest gibt, der Sicherheit bringen kann.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 15.Jul.2012 - 19:29
Bearbeitungsgrund: "die" durch "das" ersetzt
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Marie18
Beitrag 15.Jul.2012 - 22:12
Beitrag #60


Satansbraten
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ZITAT
An dem Tag, an dem es für die Zukunft einer Mutter, eines Kindes, einer Familie wirklich keine Rolle mehr spielt, ob das erwartete Kind der Norm entspricht oder nicht, an diesem Tag kann man meinetwegen anfangen, zu erwarten, dass Frauen, die ein Kind haben wollten, auch einen behinderten Fötus weiterleben lassen. Aber keine Sekunde früher.
Denn damit würde man Frauen dazu nötigen, das Versagen der Gesellschaft auf ihre eigenen Rücken zu laden und voller Demut und in Unfreiheit zu tragen.


Also gibt es eine Norm?
Was ist denn die Norm, der ein Kind entsprechen muss? Heutzutage?

Wenn wir ein Kind also abtreiben lassen, weil es nicht der Norm entspricht, dann beugen wir uns doch somit der Gesellschaft?
Dann ändert sich doch nichts?


Wenn man sagt, dass es heutzutage wohl noch eine Norm gibt, wer legt das denn fest? Bin ich zB die Norm? Ich bin gesund, kann sehen, sprechen, laufen, hören und kann für mich selber sorgen. Und wenn ja, dann ist das Abtreiben solcher Föten doch sehr wohl Selektion?
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PikSieben
Beitrag 15.Jul.2012 - 23:05
Beitrag #61


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ZITAT(shark @ 15.Jul.2012 - 20:05) *
Und außerdem bin ich sicher, dass nicht mehr Frauen als bisher eine Schwangerschaft mit einem Fötus mit Trisomie21 abbrechen lassen würden, nur weil es nun einen Bluttest gibt, der Sicherheit bringen kann.

Da stimme ich dir zu. Eine Schwangerschaftsabbruchquote bei Trisomie21-Diagnose von derzeit ca. 90% wird sich wohl auch nach Einführung des Bluttests kaum toppen lassen.

Und ich stimme auch im Wesentlichen deinen sonstigen Ausführungen zu, die ich mal hiermit zusammenfassen möchte:
ZITAT(shark @ 15.Jul.2012 - 20:05) *
ZITAT(PikSieben @ 15.Jul.2012 - 16:16) *
Was sagt es denn aus über die gesellschaftliche Wahrnehmung des "Down-Syndroms", wenn ein Riesenaufschrei gemacht wird, wenn es um Bestrebungen geht, Kinder "nach Maß" zu "züchten", aber bei Trisomie21 gewissermaßen eine Ausnahme eingeräumt wird.


Es sagt genau das aus, was ich schon beschrieben habe: dass diese Menschen als Behinderte, als nicht vollwertige Mitglieder der Gesellschaft betrachtet werden.
Und genau deshalb verstehe ich die Frauen, die vor diesem Hintergrund eben kein Kind mit Down-Syndrom gebären wollen, ja auch so gut. Grade weil durch diese Bewertung schon klar ist, dass es überdurchschnittlich wahrscheinlich zu großen Problemen kommen wird, wenn es darum geht, dem Kind zu einem maximal selbstbestimmten Leben verhelfen zu wollen. Dazu ist unsere Gesellschaft noch nicht bereit. Und solange das so ist, kann ich mich einfach nicht über Frauen empören, die diesem Umstand Rechnung tragen mit ihrer Entscheidung.

Ich habe mich in meinen Äußerungen nicht über abtreibende Frauen empört, ganz im Gegenteil.
Aber ich empöre mich über unsere Gesellschaft. Und die Pessimistin in mir, sagt, dass das "noch" in deinem Satz ("Dazu ist unsere Gesellschaft noch nicht bereit.") übertrieben optimistisch ist. Ich habe eher den Eindruck, dass die Entwicklung "gesamtgesellschaftlich" dahin gehen wird, in Kauf zu nehmen, dass aus vielen individuellen Schwangerschaftsabbruch-Entscheidungen faktisch eine "gesamtgesellschaftliche" Selektion entsteht, als in kostspielige "Behinderungs-"/Nachteilsausgleichsmaßnahmen zu investieren.

Nun mag die Medizinerin zurecht einwenden, dass ich dies unmöglich dem Test an sich anlasten kann (der ja in der Tat sicherer ist als die vorherigen Methoden). Aber den von mir genannten Diskussionspunkt aus Anlass der (inzwischen übrigens rechtlich zugelassenen) Einführung dieses Tests noch einmal aufzugreifen, fände ich "gesamtgesellschaftlich" einfach mal wichtig.
Es kann doch nicht das Ende der Diskussion sein, zu sagen: Die Gesellschaft ist eben so. Und deswegen ist es ok, wenn Föten abgetrieben werden. Ich vermisse da irgendwie den Aufschrei der "ungeborene-Leben-Schützer" und ein "Das kann so alles nicht sein. Wir müssen dringend unsere Gesellschaft ändern!" Diese öffentliche Diskussion bleibt aber aus. Und das ärgert mich.


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Hortensie
Beitrag 15.Jul.2012 - 23:26
Beitrag #62


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Ich weiss nicht, ob noch konstruktiv zum Thema beiträgt, aber fällt ein, dass sich in den letzten Jahren die Lebenserwartung von Menschen mit Trisomie 21 verlängert.
Dies ist unter anderem systematisch darauf zurück zu führen, dass in den 50er und 60er Jahren viele Kinder mit Trisomie 21 an fehlender Zuwendung gestorben sind.

Ich selber weiss nicht, ob es eine Norm gibt, aber die meisten Menschen wünschen sich schon Kinder ohne Handy cup bzw. möglichst "gesund" eben.

Klar, kann jedes Kind eine Bereicherung sein, aber irgendwie hat mensch, denke ich, wenn eine Schwnagerschaft besteht, doch die eher die Hoffnung auf ein "gesundes" Kind mit dem es die Alltagsprobleme zu bewältigen gilt, als ein, im Vergleich doch sehr aufwändiges und ein Leben lang zu versorgendes Kind mit Behinderung.

Je mehr ich über das Thema nachdenke, desto weniger kommt mir der Gedanke an eine Selektion. Eine Selektion würde aus meiner Sicht vorraussetzen, dass der Bluttest in Reihenuntersuchungen durchgeführt wird, der Termin und das Ergebnis im Mutterpass (oder sontswo) verzeichnet werden und dann auf die schwangere Frau eingewirkt wird, dass sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lässt.

Der Bluttest scheint ja eher eine genaue Diagnostik bei minimal invasiblem Eingriff zu sein. Von daher schont er das Leben der schwangeren Frau und dem Föten.

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Marie18
Beitrag 15.Jul.2012 - 23:29
Beitrag #63


Satansbraten
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@PikSieben

Ich glaube ich komme an deinen Gedankengang mit meinem ran....

Es gibt viele sog. Normen in unserer Gesellschaft, auf den verschiedensten Ebenen.
Und ein "gesunder" Mensch ohne schwere Beeinträchtigung zählt ja dazu, nicht?

Warum ist unsere Gesellschaft denn noch nicht dazu bereit auch Menschen aufzufangen, die anders sind als die Norm?
Wann wird da endlich der entscheidende Schritt getan?
Wahrscheinlich ist eines der Probleme, dass die Menschen, die da wirklich was ausrichten könnten, gar nicht mal wissen, wie denn dieser entscheidende Schritt auszusehen hat, oder?
So kommt es zumindest manchmal rüber, finde ich. So viele wollen etwas verbessern, aber es ist eben schwierig und bedürfte wahrscheinlich große Umstrukturierungen in vielen sozialen Bereichen, das ist mit Aufwand und Kosten verbunden usw.
Aber warum macht es denn keiner? Wär das zu umständlich? Oder weiß die Gesellschaft einfach in der Tat nicht, wie man das Problem der Inklusion zB zufriedenstellend angehn soll?

Und wenn sich Politiker Inklusion auf ihre Fahnen schreiben macht das ja auch nichts besser.....das hatten wir ja auch schon kurz angeknabbert das Thema.
Das missslingt dann aber, die Politiker wollen natürlich die Pluspunkte dafür einfahren, aber an den Schulen läuft da vieles nicht richtig, Pädagogen, sowie Kinder werden da teilweise nur nochmehr gestresst.....

So. Und das wird dann bekannt, sag ich mal. Dass es so was wie Inklusion gibt, man sein bestes tut, aber es eben einfach so kompliziert ist usw ......
Und damit hat's sich dann für einen Großteil der Bevölkerung, so kommt es rüber finde ich.
Dann wird sich erstmal wieder abgewandt von dem Thema. Weil es scheint ja keine Lösung zu geben...
Aber genau das ist doch das falsche Verhalten.
Dann ändert sich in der Gesellschaft ja nichts!

Es wird - wie so oft - unzureichend informiert, spärlich reformiert und halbherzig rumgewerkelt an Projekten, die wichtig wären und große Wirkung hätten, würden sie konsequent und kompetent durchgeführt.

Wie lang müssen wir noch auf diesen Aufschrei warten?
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Hortensie
Beitrag 15.Jul.2012 - 23:51
Beitrag #64


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Ich weiss ja nicht und will mit Sicherheit keine Äpfel mit Birnen vergleichen, aber solange diese Armut in Deutschland
eine Lebensrealität ist.

Und darüberhinaus Menschen, die während ihrer langjährigen beruflichen Tätigkeit nach Erkrungen mit Folgeerscheinungen, die zum Teil berufsbedingt aufgetrten sind, nicht mehr in ihren Arbeitsbereich wiedereingegliedert werden, weil sie angeblich nicht mehr leistungsfähig genug sind.

Behinderteneinrichtungen gerade durch das Schlagwort Inklusion die Mittel gekürzt werden, alles mögliche getan wird, damit Angehörige ihre Pflegefälle selber versorgen statt Pflegeheime in Anspruch zu nehmen.

Letztendlich fehlt der Aufschrei, aber mal andersherum gefragt, wenn wir die bereits lebenden Menschen nicht mehr menschenwürdig versorgen können mittels Transferleistungen oder Einrichtungen, wer sollte denn jetzt aufschreien, ob der Entscheidung von Frauen, egal ob das kommende Kind behindert oder gesund ist, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen?

Wir können von diesem Privileg, nicht Mutter werden zu müssen, nicht abweichen, ohne unsere Demokratie zu gefährden.

Wir können aber auch von unseren medizinischen WissenschaftlerInnen nicht erwarten, die Forschung einzustellen, keine weiteren gering invasiblen Testverfahren zu entwickeln.

Letztlich müssen wir halt wachsam bleiben und aufpassen, dass es nicht tatsächlich zu Reihenuntersuchungen und der befürchteten Selektion kommt.

Der Beitrag wurde von Hortensie bearbeitet: 15.Jul.2012 - 23:55
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regenbogen
Beitrag 16.Jul.2012 - 06:54
Beitrag #65


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ZITAT(PikSieben @ 16.Jul.2012 - 00:05) *
Aber ich empöre mich über unsere Gesellschaft. Und die Pessimistin in mir, sagt, dass das "noch" in deinem Satz ("Dazu ist unsere Gesellschaft noch nicht bereit.") übertrieben optimistisch ist. Ich habe eher den Eindruck, dass die Entwicklung "gesamtgesellschaftlich" dahin gehen wird, in Kauf zu nehmen, dass aus vielen individuellen Schwangerschaftsabbruch-Entscheidungen faktisch eine "gesamtgesellschaftliche" Selektion entsteht, als in kostspielige "Behinderungs-"/Nachteilsausgleichsmaßnahmen zu investieren.


Das ist es, was ich schon seit Tagen hier beitragen wollte, aber nicht in Worte gefasst bekam. Danke, PikSieben. Es wird ja gesamtgesellschaftlich eine Wahl getroffen. Grob gesprochen: Wird das endliche Geld, das zur Verfügung steht, zur Förderung der Entwicklung solcher Tests verwendet, oder wird es dazu verwendet, es Behinderten und ihren Angehörigen im Leben leichter zu machen? Ersteres ist - zynisch gesagt - vermutlich ökonomisch gewinnbringender. Eine Frau, die ein behindertes Kind nicht austrägt, kann voll zur Produktivität der Gesamtwirtschaft beitragen, während die Mutter eines behinderten Kindes eher Ressourcen bindet.

Darum habe ich Verständnis für jede einzelne Frau, die das in Anspruch nimmt, was möglich ist. Ich weiß nicht, wie ich entscheiden würde, wäre ich selbst betroffen. Aber das Gesamtbild verursacht mir eher eine unangenehme Gänsehaut.
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shark
Beitrag 16.Jul.2012 - 13:38
Beitrag #66


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ZITAT(Marie18 @ 15.Jul.2012 - 23:12) *
ZITAT
An dem Tag, an dem es für die Zukunft einer Mutter, eines Kindes, einer Familie wirklich keine Rolle mehr spielt, ob das erwartete Kind der Norm entspricht oder nicht, an diesem Tag kann man meinetwegen anfangen, zu erwarten, dass Frauen, die ein Kind haben wollten, auch einen behinderten Fötus weiterleben lassen. Aber keine Sekunde früher.
Denn damit würde man Frauen dazu nötigen, das Versagen der Gesellschaft auf ihre eigenen Rücken zu laden und voller Demut und in Unfreiheit zu tragen.


Also gibt es eine Norm?
Was ist denn die Norm, der ein Kind entsprechen muss? Heutzutage?


Diese Frage stellst Du im Ernst? Das kann ich kaum glauben. Du bist doch selbst noch jung. Hast Du schon vergessen, wie oft Dir allein in der kurzen Spanne Deines Lebens bestimmtes Verhalten abverlangt worden ist? Bestimmte Fähigkeiten vorausgesetzt wurden? Entwicklungsschritte innerhalb festgelegter Zeitspannen erwartet wurden?
Mindestens in der Schule begegnet dieser "Norm" doch so gut wie jedes Menschenkind. Oft noch früher auch schon im Elternhaus. Und später ist es der Job, sind es die Anforderungen des täglichen Lebens, und immer werden Eigenschaften wie Strebsamkeit, Erfolgsdenken, Eigenständigkeit verlangt, und ganz besonders finanzielle Unabhängigkeit.

Wenn ein Mensch die Möglichkeiten für das alles schon durch seinen Chromosomensatz nicht mitbringt, sich also noch weiter außerhalb der gesellschaftlichen Norm befindet als alle die, die aus eigener freier Entscheidung keine Lust haben, sich anzupassen, dann ist es doch kein Kunststück, sich auszumalen (und es ist ja auch erlebbar, wenn man sich damit befasst oder nur mal genauer hinschaut oder -hört), dass solch ein Mensch in dieser Welt nicht viel zu erwarten hat in bezug auf die Erfahrung von Gleichwertigkeit.

ZITAT
Wenn wir ein Kind also abtreiben lassen, weil es nicht der Norm entspricht, dann beugen wir uns doch somit der Gesellschaft?
Dann ändert sich doch nichts?


Nein. Dann ändert sich vielleicht nichts. Und das ist schlimm. Ich denk, dass das auch meine Haltung dazu ist, habe ich an genügend Stellen klargemacht.
Aber man kann das nicht den einzelnen Frauen anlasten, die sich genau wegen dieser Probleme dagegen entscheiden, eine Schwangerschaft mit einem wie auch immer versehrten Fötus nicht fortzusetzen.

ZITAT
Wenn man sagt, dass es heutzutage wohl noch eine Norm gibt, wer legt das denn fest? Bin ich zB die Norm? Ich bin gesund, kann sehen, sprechen, laufen, hören und kann für mich selber sorgen. Und wenn ja, dann ist das Abtreiben solcher Föten doch sehr wohl Selektion?


Ja, Du hast das Glück, "normal" zu sein. Von Dir ist zu erwarten, dass Du Dich an das bestehende System anpassen und zu einem "nützlichen Mitglied der Gesellschaft" werden wirst.
Ich wünschte, Du könntest verstehen, dass es der einzelnen betroffenen Frau in der Regel nicht darum geht, "Selektion" zu betreiben. Der geht es nicht um Menschenzucht, nicht um das Bestreben, bestimmte Gene weiterzugeben und andere zu unterdrücken. Das ist "Selektion".
Diese Frauen aber "selektieren" nicht - sie sind einfach subjektiv in Not und handeln so, um ihre persönliche Not (bzw. die ihrer ganzen Familie) abzuwenden. Und glaub mir: den wenigsten fällt das leicht.


ZITAT(PikSieben @ 16.Jul.2012 - 00:05) *
Es kann doch nicht das Ende der Diskussion sein, zu sagen: Die Gesellschaft ist eben so. Und deswegen ist es ok, wenn Föten abgetrieben werden. Ich vermisse da irgendwie den Aufschrei der "ungeborene-Leben-Schützer" und ein "Das kann so alles nicht sein. Wir müssen dringend unsere Gesellschaft ändern!" Diese öffentliche Diskussion bleibt aber aus. Und das ärgert mich.


Mich ärgert das auch. Und es ist überhaupt nicht OK, dass sich deswegen Frauen dazu veranlasst fühlen, zu entscheiden, dass ihre Föten sterben müssen, die im Grunde ja oft völlig gesund leben könnten.
Das habe ich auch nie gesagt, nebenbei bemerkt.

Auch ich will gesellschaftliche Änderung.
Ich will echte Inklusion. Ich will, dass das Willkommensein eines Menschen in unserer Welt nicht von seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten und seiner erwartbaren Produktivität abhängt.
Aber selbst ich, die sogar beruflich damit beschäftigt war, Kindern jeder Art und Befähigung dazu zu verhelfen, ihren Platz in dieser Welt bekommen zu können, muss sagen, dass sogar dort, wo sich Inklusion und individuelle Förderung auf die Fahnen geschrieben wird, die Realität ganz, ganz oft haarsträubend anders aussieht als zu erwarten gewesen wäre.
Marie hat das ja schon ein bisschen beschrieben, deshalb kann ich es mir sparen, genauer zu werden, denk ich.

Das Einzige, was ich sage, ist, dass ich unter diesen Umständen jede Frau verstehe, die sich dazu veranlasst fühlt, eine Schwangerschaft mit einem Fötus mit Down-Syndrom nicht fortzusetzen und deshalb froh um einen zuverlässigen, unkomplizierten und risikofreien Test wäre, anstatt wie bisher eine invasive Diagnosemethode vornehmen lassen zu müssen.
Und dass man einfach nicht von diesen Frauen erwarten kann, dass sie sich alleine das aufhalsen, was die Gesellschaft als Ganzes nicht schafft, und damit sehenden Auges auf einen riesigen Pool von Schwierigkeiten zusteuern, den sie ihr Leben lang nicht durchschwimmen werden können.
Dass viele Menschen sich das nicht zutrauen, halte ich für vollkommen nachvollziehbar.

Ich bin aber auch keine "Lebensschützerin" im Sinne von "Embryonen müssen auf Teufelkommraus zu Kindern werden".
Meine Haltung ist, dass jede Frau das absolute Recht zu haben hat, frei und unangefochten innerhalb bestimmter rechtlicher Grenzen (und die haben wir hier ja nun wirklich! Deutschland hat ein sehr strenges Abtreibungsgesetz) zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft fortsetzen will oder nicht.
Ich will und kann nicht darüber richten, welcher Grund dafür legitim sein könnte und welcher verwerflich.

Meine Erfahrung ist, dass Frauen es sich in aller Regel ganz und gar nicht leicht machen, sich für einen Abbruch zu entscheiden. Und zwar egal, weshalb genau abgebrochen werden soll.
Diejenigen, denen das alles weniger ausmacht, als ihr altes Handy wegzuwerfen, sind wirklich die Ausnahmen.

ZITAT(Marie18 @ 16.Jul.2012 - 00:29) *
Es wird - wie so oft - unzureichend informiert, spärlich reformiert und halbherzig rumgewerkelt an Projekten, die wichtig wären und große Wirkung hätten, würden sie konsequent und kompetent durchgeführt.


Ja. Genau das. Und meiner Ansicht nach ist das deshalb so, weil der Inklusion "Andersartiger" (die allerdings ja ganz häufig nur in einigen Aspekten "anders" sind, was aber so gut wie nie in der Relation gesehen wird, die gut wäre für alle - und das gilt nicht nur für behinderte Menschen) überhaupt keine echte, ehrliche Wichtigkeit eingeräumt wird. Jedenfalls nicht von den Seiten, die durch finanzielle Mittel die Arbeit daran (und da gehört mehr dazu als "nur" entsprechende Kindertagesstätten und Schulen und Arbeitsplätze einzurichten) möglich machen und vor allem und am Allerwichtigsten auf einen Wandel des Menschenbildes unserer Gesellschaft hinwirken sollten.

Das aber - und da bin ich ebenso skeptisch wie Du, PikSieben - wird eher nicht so bald oder vielleicht auch gar nie passieren.
Weil unser Menschen- und Gesellschaftsbild eng mit der Marktwirtschaft verbunden ist und selbst in einer sozialen Marktwirtschaft wird ein Menschenbild es schwer haben, sich durchzusetzen, das wirklich gar nichts mehr mit Produktivität, wie sie heute verstanden wird, und "Normalität" zu tun haben soll, sondern in dem es wirklich um vollumfängliche Teilhabe jedes einzelnen, wie auch immer befähigten, Individuums geht und Abweichungen von der Norm ihre Bedeutung und Besonderheit verlieren.

Natürlich wäre möglicherweise der Druck auf die Gesellschaft größer, wenn es zum Beispiel mehr Menschen mit Trisomie21 gäbe, die selbst (oder durch ihre Fürsprecher) ihren Platz einforderten in dieser Welt.
Aber eben: weil es nicht so ist, versteh ich die Frauen, die sich gegen solch ein Kind entscheiden, absolut.

Diese große Umstrukturierung der gesamten Denkweise der Menschen in Bezug auf das Bild, das sie von sich, ihren Nächsten und der Gesellschaft als Ganzes haben, lässt sich nicht mal eben so wuppen.
Nebenher womöglich, während man sich etwa individuelle Frühförderung regelrecht erstreiten muss, keine Grundschule findet, die das Kind nehmen will und mit irgendeinem unwilligen Beamten um eine Beförderungsbeihilfe kämpfen muss, damit das Kind wenigstens die Schule besuchen kann, die es aufnehmen würde, die aber 30km weit entfernt liegt.
Und das sind nur winzige Auszüge aus dem, was Eltern erleben können, die Kinder haben, die nicht einfach so innerhalb des bekannten Systems aufwachsen und sich ihren Platz erobern können.
Diese Eltern haben wahrhaftig schon genug zu tun - da sollten sie nicht noch gegen Windmühlen kämpfen müssen.

Zum Schluss noch was Persönliches.
Ich bin vor zwei Jahren aus der "produktiven" Phase meines Lebens herauskatapultiert worden. Ich bin schwer chronisch und leider auch nicht heilbar krank und deshalb seit dieser Zeit "voll erwerbsminderungsberentet". Ich werde nie mehr arbeiten können, nie mehr eigenes Geld verdienen. Und weil ich es auch früher schon nicht zu Reichtümern gebracht habe (Kinderpause, Teilzeit, schlecht bezahlter Beruf im sozialen Bereich usw.), ist meine Rente winzig.
Ich krebse am Existenzminimum rum und muss immer hoffen, dass nix "außer der Reihe" fällig wird, kaputtgeht oder sonst irgendwas UNplanmäßiges passiert. Zum Glück habe ich eine Partnerin, die da immer mal wieder die Kastanien aus dem Feuer holt, wo ich es nicht kann und Töchter, die wenig Anforderungen stellen.
Ich fühl mich auch nicht wirklich "arm" - auch wenn ich es objektiv bin. Daheim spielt mein Kontostand keine große Rolle. Wir haben, was wir brauchen und wirklich brauchen tun wir wenig (blöder Satz, aber Ihr versteht schon...(IMG:style_emoticons/default/wink.gif) ).
Ich bin reich an schönen Dingen, an Glück im Familien- und Freundeskreis und im Grunde geht es mir immer noch ganz gut.
Daheim jedenfalls.

Aber "draußen"... da bin ich nicht mehr so gern.
Wenn man neue Leute kennenlernt, fragen die ganz schnell "Und was machst Du so?". Und sie meinen nicht wirklich das, was jemand irgendwie "macht", sondern sie meinen das, womit jemand sein Geld verdient.
Wenn ich dann sagen muss, dass ich in Rente bin (und ich seh auch noch viel jünger aus als ich bin und meine Krankheit sieht man nicht auf den ersten Blick), dann seh ich nicht selten seltsam hochgezogene Augenbrauen und es kommt vor, dass ich von diesem Zeitpunkt an als Gesprächspartnerin irgendwie nicht mehr so interessant bin.
Wer nicht arbeitet, wer nix verdient, der verdient auch kein tiefergehendes Interesse - das ist, was ich erlebe. Nicht von allen Menschen, aber von vielen.
Und ich habe mal gearbeitet. Ich habe mich ja selbst versorgt und meine Kinder hab ich auch ernährt. Ich war also produktiv. In qualifizierter Arbeit.
Ich bin es nur jetzt - früher als Andere - nicht mehr. Und damit zähl ich nicht mehr richtig.
Das tut weh, ist nicht schön und behindert mich durchaus auch in meinem Menschsein - nicht so sehr oder nachhaltig von innen, aber von außen schon.

Vielleicht kann ich mich unter Anderem deshalb auch so gut in die Nöte der Frauen einfühlen, die, vor die innerliche Frage gestellt, ob sie bestimmte Dinge vorgeburtlich abklären wollen, um ggf. eine Entscheidung gegen die Fortsetzung der Schwangerschaft treffen zu können, Ja sagen und Tests in Anspruch nehmen.

Und da der Test, um den es hier geht, einfach, zuverlässig und komplikationsfrei machbar ist und ja auch nur einen anderen - nicht so einfachen und schon gar nicht komplikationsfreien - Test ersetzen soll, kann ich einfach nicht anders, als ihn gut zu finden und mir zu wünschen, dass Frauen ihn auch durchführen lassen können. Und ich hoffe sehr, dass er bald billiger als 1000 Euro sein wird. Denn diese 1000 Euro nicht zu haben, kann auch bedeuten, weniger frei entscheiden zu können als eine Frau, die die Scheine aus der Portokasse zieht wie Spielgeld.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 16.Jul.2012 - 13:55
Bearbeitungsgrund: anderer Begriff und einen Fehler berichtigt
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Marie18
Beitrag 16.Jul.2012 - 13:53
Beitrag #67


Satansbraten
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Ich habe diese Frage in der Tat im Ernst gestellt.
Ich bin aber auch nicht auf den Kopf gefallen, natürlich habe auch ich selber in meinem Leben schon erfahren, was heutzutage offensichtlich die Norm ist, und dass ich zB dieser Schablone recht gut entspreche, andere aber weniger!

Ich finde es nur so schlimm, das genau so eine Norm existiert. Damit habe ich ein Problem, und das ist in der Tat ein gesellschaftliches.

Ich werde bei Gott nicht zu jeder Frau rennen, die eine Abtreibung hat durchführen lassen und sie anmaulen "Was fällt Ihnen ein! Sie haben grade Leben vernichtet!" Darum geht es mir wirklich nicht.
Es geht mir um die traurige Tatsache, dass viele Menschen, vor allem die, die eben was tun könnten, so engstirnig auf die Norm des gesunden, fitten, arbeitsfähigen Menschen fixiert sind, dass es so zu sein scheint, dass Menschen, die dann eine andere Geschwindigkeit in allen möglichen Formen der Entwicklung haben, vom System im Grunde nicht akzeptiert werden.

Was ich sagen wollte ist, dass ich es nur so extrem finde, dass unsere Welt so voll gestopft von Normen ist, die jegliche "Abweichler" sofort mit lebenslangen Nachteilen versehen! Das kann es doch nicht sein!

Ist wirtschaftlicher, politischer und ökolgischer Fortschritt wichtiger als menschlicher heutzutage??
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shark
Beitrag 16.Jul.2012 - 14:12
Beitrag #68


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Naja... Du hast bisher eben nicht nur die gesellschaftlichen Zustände beklagt, sondern durchaus konkret auch den betreffenden Frauen Vorhaltungen gemacht bzw. implizite Forderungen an sie gestellt.

Hier zum Beispiel:

ZITAT(Marie18 @ 10.Jul.2012 - 18:41) *
Aber ich habe das Gefühl, das eben viele Leute da einfach zu, hm, geschlossen sind, keine Ahnung, wie ich das formulieren soll. Nicht offen genug eben.
Wenn ich einem Menschen ein schönes Leben bereiten kann, ein Leben, dass vielleicht für beide Seiten nicht immer leicht ist, aber durchaus auch sehr schöne Momente hat, Freude, Gelächter und Liebe, dann mache ich das doch. Dann bereite ich doch diesem Kind so ein Leben.
Auch wenn ich dann selber nicht mehr oft weg gehen kann, oder in den Urlaub fahren kann, oder ins Kino oder so Sachen...



Und hier:

ZITAT(Marie18 @ 06.Jul.2012 - 23:50) *
Weil naja, wenn - übertrieben dargestellt - jede sich denkt "Hm das Kind später zu integrieren, sei es in der Schule oder allgemein im Umfeld, ist eh schon schwer genug, da möchte ich das mir und dem Kind nicht antun"

Dann wird sich da aber auch nicht wirklich was ändern. ....


Und da:
ZITAT(Marie18 @ 08.Jul.2012 - 12:43) *
Es geht bei solchen Untersuchungen nicht darum, dass evtl. eine Abtreibung durchgeführt wird, weil die Mutter zu jung ist, weil es ein Versehen war, weil das Kind von dem Mann ist, der sie vergewaltigt hat oder oder oder....

Nein, es geht darum, das Kind nicht auszutragen, weil es eine Beeinträchtigung hat! Und das ist etwas anderes, finde ich. Das ist meiner Meinung nach in der Tat direkte, öffentliche Diskriminierung und Selektion! Und das kann es doch nicht sein!!


Und dort auch:

ZITAT(Marie18 @ 08.Jul.2012 - 17:50) *
Ich rede von Fällen, wo ein Ehepaar oder Paar sich bewusst für ein Kind entscheidet, einen Kinderwunsch hat und das durchdacht hat.
Und da finde ich, soll man diese Entscheidung dann auch tragen und nicht sagen nach so einer Untersuchung "Hm, ach nee das wär uns zu blöde. Wir treiben ab."

(...)

Wenn ich über Kinderkriegen nachdenke, dann mache ich mir ja bewusst (zumindest wär das bei mir so), dass es sein kann, dass mein Kind von Geburt an eine Beeinträctigung haben wird. Und trotzdem entscheide ich mich dafür. Und dann muss ich das tragen.


Und das ist es, was ich unfair finde und wogegen ich mich wende. Nur das. Nicht nur, weil Du das hier grad schreibst, sondern weil genau diese Vorhaltungen und Erwartungen etwas sind, dem ich oft begegne bei diesem Thema.

In den anderen Aspekten sind die meisten (und ich ja auch) hier wohl durchaus einer Meinung: Es ist schlimm, dass in dieser Gesellschaft nur wenig Platz ist (und der ist auch noch gesondert umzäunt und geregelt) für Menschen, die von der Norm abweichend zur Welt kommen.

Und dass "Norm" existiert, wird niemals irgendwer auf dieser Welt ändern können. Norm ist für Menschen nun mal zumeist das, was am häufigsten vorkommt. Und das wird immer beobachtbar sein. Klar, man kann den Fokus ändern, auf andere Bereiche schauen, aber in diesem Fall geraten dann halt auch nur wieder Andere aus der Norm heraus.
Ich glaube nicht, dass unsere Gesellschaft, so wie sie jetzt ist, dahin kommen wird, zu sagen "Norm ist, dass alle hier abweichen und da nicht. Norm ist, dass wir alle gleich und genauso auch anders sind".

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 16.Jul.2012 - 23:35
Bearbeitungsgrund: Falsche Formulierung korrigiert und einen Satz zur Präzisierung nachgetragen. Und zum guten Schluss noch ein Zitat repariert...
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Marie18
Beitrag 16.Jul.2012 - 14:49
Beitrag #69


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Okay.
Ich versuche hier wirklich alle Aspekte in mein Denken mit einzubeziehen, Meinungen von anderen Leuten helfen schließlich den eigenen Horizont zu erweitern. Und ich möchte gerade wirklich herausfinden, was genau meine Meinung zu diesem so großen Thema ist.
Noch ein Versuch:
Vielleicht bin ich ja der Meinung, dass, wenn so eine Norm schon vorhanden ist und so "festgebacken" in der Gesellschaft, dass es doch dann trotzdem möglich sein muss, das zu ändern. Vielleicht ist an diesem Glauben auch mein noch sehr frischer, fast-noch-jugendlicher Opptimismus schuld, ich weiß es nicht!

Aber es kann doch nicht sein, dass auf so vielen Ebenen Fortschritt gemacht wird, nur bei dieser nicht. Hmm.

Und ich habe letzte Nacht noch länger gegrübelt darüber, was das denn heißt, wenn in einer Gesellschaft eine gewisse Norm vorherrscht. Wer ist denn die Gesellschaft? Wir zählen doch dazu? Wir formen diese Normen doch mit oder nicht?
Bis neue Werte geformt und in eine Gesellschaft "importiert" werden, kann sehr viel Zeit vergehen. Deswegen verstehe ich, oder befürchte das auch, dass es hier in diesem Bereich in allzu naher zukunft vielleicht keine großflächigen, positiven Umschwünge geben wird.

Aber irgendwann muss es doch so weit sein? Und wenn es irgendwann einmal so weit sein soll, wenn das möglich sein soll, dann muss man doch früh genug Impulse setzen. In der Gesellschaft.
Und das ist doch unsere Aufgabe oder?
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shark
Beitrag 16.Jul.2012 - 17:53
Beitrag #70


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ZITAT(Marie18 @ 16.Jul.2012 - 15:49) *
Und wenn es irgendwann einmal so weit sein soll, wenn das möglich sein soll, dann muss man doch früh genug Impulse setzen. In der Gesellschaft.
Und das ist doch unsere Aufgabe oder?


Ja. Unbedingt. Und ich finde es sehr schön, dass Du hier diese Diskussion (die ja letztlich auch ein Nachdenk-Impuls ist oder wenigstens sein kann) "losgetreten" hast.
Es ist wichtig, dass über dieses Thema geredet wird.

Und gerade Menschen, die die Gesellschaft gern in einer Weise verändert sähen, die es (letztlich ja uns allen) möglich macht, dass Menschen, so wie sie sind, anerkannt werden, und das ohne Überprüfung auf irgendeine Normzugehörigkeit, sollten unbedingt den Mund aufmachen. Und vor allem selbst vorleben, was sie sich von allen wünschen.

Ich denk da grad an den Leiter eines Integrationskindergartens, in dem ich eine Weile als Krankheitsvertretung gearbeitet habe... der hat wunderbare Elternabende zum Thema "Integration" und "Gleichwertigkeit" gehalten und große Worte über die "einzigartige Chance für alle" geschwungen - aber als einer seiner "Schützlinge" ihm mal im Vorbeigehen auf dem Flur an die Hose gesabbert hat, musste er würgen.
Kein einziges Mal habe ich gesehen, dass dieser Mann eines der Kinder auch nur in seinen Rollstuhl gehoben hat oder mit einem Kind ein Buch angesehen hat. Er saß immer nur in seinem Büro, hat sich vor den Eltern und der Presse und allen Anderen aufgespielt, aber mit denen, um die es in seinen vollmundigen Reden ging, wollte er offenbar nicht das Geringste zu tun haben.
So gehts halt auch nicht.... wenn nicht mal die "Zuständigen" ganzherzig zu dem stehen, was sie propagieren.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 16.Jul.2012 - 17:54
Bearbeitungsgrund: doppeltes Wort entfernt
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Beitrag 16.Jul.2012 - 18:42
Beitrag #71


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Die Frau, die einen Test auf Trisomie 21 mit Blick auf " die Gesellschaft" durchführen lässt, muss meiner Meinung erstmal gebacken werden.....
Eine Schwangerschaft ist eine äußerst private Angelegenheit, und Frauen haben ja viel dafür getan über " ihren Bauch" selbst bestimmen zu dürfen. Darum gehe ich davon aus, dass sich jede Frau Gedanken macht, wie sie selbst mit dem zu erwartenden Kind zurecht kommt. Integration und Inklusion des Babys in ihrem eigenen Leben und ihre Familie.
Als ich " gewollt" schwanger wurde habe ich mir bisweilen auch überlegt was sein würde wenn das Kind nicht gesund auf die Welt kommen würde. Ich habe überlegt was auf mich zukommen könnte, doch nicht auf die Gesellschaft. (IMG:style_emoticons/default/patsch.gif)

Einen Abbruch zu rechtfertigen mit der Begründung dass ein nicht gesunder Mensch für die Allgemeinheit untragbar und deshalb nicht erwünscht wäre, halte ich für Quark. Ich habe jedenfalls andere Erfahrungen gemacht.

Wenn eine Frau abtreiben will, dann macht sie es, egal ob gesund oder nicht. Das ist ihre Sache. Mir liegt es fern ihr da reinreden zu wollen. Ich wehre mich aber gegen die Aussage, die "Gesellschaft" dränge eine Frau dazu abzutreiben. Nenee, den Schuh zieh ich mir nicht an! Die Verantwortung liegt einzig und allein bei den Eltern des Babys, bzw des ungeborenen.



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Marie18
Beitrag 16.Jul.2012 - 19:08
Beitrag #72


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Ich würde auch nicht abtreiben, weil ich denke die Gesellschaft wäre u.U. dafür oder weil ich wüsste, ein Kind mit Beeinträchtigung hochzuziehen wäre schwierig in dieser Gesellschaft, aber ich glaube eben, dass viele Leute so empfinden!

hm, oder aber, noch ein Vorschlag:

Ein Frau ist schwanger und lässt so eine Untersuchung machen, und dann stellt sich eben raus, dass das Kind zB Trisomie21 hat.
Mh, und dann fängt bei der Frau der Kopf zu arbeiten an. Dann rollt sich dieser ganze Gedankengang auf usw. .... und mal angenommen, sie ist wirklich hin - und hergerissen, ob sie das Kind behalten soll oder nicht, wägt dauernd ab, und hört sich deswegen ein wenig um. Bei Familie, Freunden usw. ...
Der Mensch erfährt ja gern andre Meinugen zu einem Thema. Auch wenn es im Grunde natürlich eines der privatesten Themen überhaupt ist.

Und dann wirkt die Gesellschaft aber so auf diese Frau ein, von wegen solche Kinder sind schwieirg und bedürfen Pflege usw und Berufschancen schon gleich ganz schlecht, die ganze Palette halt.

Wenn sich die Frau dann davon (leider) beeinflussen lässt, dann ist das doch der Druck der Gesellschaft, oder?

Das als Grund zu nehmen ist natürlich Quark, aber es machen viele! Oder?
Und das allein sagt doch etwas über die Gesellschaft wiederum aus?

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shark
Beitrag 16.Jul.2012 - 21:59
Beitrag #73


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ZITAT(meandmrsjohns @ 16.Jul.2012 - 19:42) *
Wenn eine Frau abtreiben will, dann macht sie es, egal ob gesund oder nicht. Das ist ihre Sache. Mir liegt es fern ihr da reinreden zu wollen. Ich wehre mich aber gegen die Aussage, die "Gesellschaft" dränge eine Frau dazu abzutreiben. Nenee, den Schuh zieh ich mir nicht an! Die Verantwortung liegt einzig und allein bei den Eltern des Babys, bzw des ungeborenen.


Ich hoffe sehr, dass Dein Statement sich nicht auf irgendwas bezieht, was ich geschrieben habe, denn wenn das so wäre, dann hättest Du mich gehörig missverstanden.

Selbstverständlich überlegt wohl keine Frau in einer solchen Konfliktsituation, was wohl "die Gesellschaft" dazu sagen wird, wenn sie so oder so entscheidet.
Aber das muss sie auch gar nicht explizit, denke ich.
Sie wird wohl eher darüber nachdenken, ob sie sich zutraut, allen Anforderungen gerecht zu werden, die mit einem versehrten Kind auf sie zukommen werden.
Und wenn sie darüber nachdenkt, spielen automatisch und sicher oft auch unterbewusst die Erwartungen eine Rolle, die sie an ihre Umwelt stellen zu können glaubt oder halt auch nicht.

Wenn eine Schwangere überlegt, dass sie mit ihren - sagen wir mal - 44 Jahren schon über 60 wäre, wenn ein "gesundes" Kind aus dem Haus ginge, dann wird sie mit Sicherheit auch überlegen, dass sie vielleicht 70 oder älter sein wird und ihr Kind womöglich noch immer bei ihr leben wird. Und zwar, weil das, was wir in unserer Gesellschaft erleben, eben recht häufig so ist, dass nämlich behinderte Menschen sehr lange bei den Eltern leben.
Das allein kann sie schon schrecken.

Nicht alle Menschen mögen bis ans Ende ihres eigenen Lebens Sorgende und Pflegende bleiben.
Denkt die 44-jährige Schwangere darüber nach, dann wird sie sich vermutlich auch fragen, ob sie dann noch wird leisten können, was nötig ist, damit es ihrem Kind gut geht oder ob sie es fertig bringen würde, ihr Kind wegzugeben, wenn sie doch überfordert wäre. Wie es für das Kind wäre, in einem Heim zu leben usw.

Die ganze Zeit denkt sie nicht konkret an "die Gesellschaft", aber die Fragen, die sie sich stellt, können sehr damit zusammenhängen, was "die Geselllschaft" bietet oder auch nicht für eine Frau wie sie, für ein Kind wie das, das sie erwartet, für eine Familie mit einem behinderten Kind.

Und natürlich würde es vielen Frauen leichter fallen, sich dafür zu entscheiden, die Schwangerschaft fortzusetzen, wenn sie rundum ganz selbstverständlich erleben würden, dass es genug Förderung, reichlich Unterstützung, keine Ausgrenzungund keine dauernden Kämpfe um alles und jedes gäbe; das ist doch selbstverständlich.
Und klar ist es schwerer, Ja zu sagen, wenn man weiß, wie in unserer Welt mit Menschen umgegangen wird, die nicht ins Normbild passen.

Die Verantwortung haben in der Tat die potentiellen Eltern. Was sie entscheiden, wird geschehen und sie haben es auch zu verantworten.
Aber wie sie entscheiden, hängt eben doch deutlich davon ab, welche Rahmenbedingungen sie vorfinden. Und diese Rahmenbedingungen sind nun mal durchaus auch gesellschaftsabhängig.

Ich weiß für mich, dass ich damals, als meine Töchter unterwegs waren, zu jung und zu unbedarft war um groß darüber nachzudenken, "was wäre wenn". Durch bestimmte Erfahrungen war mir einfach nur wichtig, dass sie nicht zu früh kommen und dass sie ihre Geburt überleben würden.
Ich gehörte auch zu keiner Risikogruppe in Bezug auf Trisomie21 und letztlich war mir einfach wurscht, wie meine Kinder sein würden. Ich wollte sie und ich würde sie nehmen, wie sie nun mal kämen. Ich fühlte mich jung und kraftvoll, stand am Anfang eines Lebens, das ich mir nach allem Schrecklichen vorher wunderbar ausgemalt hatte und hatte das Gefühl, dass es nichts geben würde, das mich wirklich noch umhauen könnte.

Heute weiß ich mehr. Ich weiß, wie es läuft in dieser Gesellschaft. Wer dazugehören darf und wer nicht. Wie schnell man auch dann "draußen" sein kann, wenn man vorher sehr lange "drinnen" war. Wie schwer es sein kann, für ein Kid zu bekommen, was es braucht. und für sich selbst das, das nötig ist, damit man nicht andauernd an der Grenze zum Burn-Out rumschwimmt. Und ich bin viel älter. Würde ich jetzt noch mal schwanger, dann würde ich mir sehr wohl Gedanken um das machen, was mein Kind und auch was mich erwartete. Solche Gedanken wie oben beschrieben und bestimmt noch viele weitere.
Und ich bin wirklich nicht sicher, ob ich nicht diesen Test machen wollen würde. Und ob ich nicht entschiede, diesen Test genau dafür haben zu wollen, um eine Entscheidungsgrundlage in Bezug auf den Fortgang der Schwangerschaft zu haben.

Wäre ich sicher, dass meinem Kind und mir sämtliche Unterstützung (freiwillig und ohne Kampf auf der Grundlage eines verbindlichen Ethos', der auf einem Verständnis der echten Gleichwertigkeit aller Menschen beruht) gewährt würde, die wir brauchten, damit ich keine Angst haben müsste, was aus dem Kind werden sollte, wenn ich mal nicht mehr kann, weil auch auf dieses Kind nämlich ein eigenes Leben warten würde, das es ergreifen könnte, dann - da bin ich sicher - würde ich (wenn ich nicht eh zu krank und zu steril zum schwanger-werden wäre, was ich tatsächlich ja bin) die Schwangerschaft ebenso wenig infrage stellen wie die anderen, die ich hatte.
Weil ich wüsste, dass nicht alles an mir hängt. Dass die Welt, in der ich mit meinem Kind leben würde, uns beide auch willkommen heißt.

Aber so ist die Welt nun mal nicht. Leider.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 16.Jul.2012 - 22:15
Bearbeitungsgrund: Nachtrag
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meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 13:13
Beitrag #74


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Wird das endliche Geld, das zur Verfügung steht, zur Förderung der Entwicklung solcher Tests verwendet, oder wird es dazu verwendet, es Behinderten und ihren Angehörigen im Leben leichter zu machen? Ersteres ist - zynisch gesagt - vermutlich ökonomisch gewinnbringender.
]

Na klar ist der Test gewinnbringend, und zwar für die Pharmaindustrie! Wer glaubt, das geforscht wird um den Menschen zu helfen irrt gewaltig. Geholfen wird dem jeweiligen Pharmakonzern der dieses und jenes Medikament, oder in diesem Fall den Test herausbringt. Das der irgendwann mal preisgünstiger zu haben ist, glaube ich keineswegs. Warum sollte er auch? Erstens wird der privat bezahlt, und zweitens ist er günstiger als ein nicht gesundes Kind großzuziehen.

Der Topf aus dem das Geld für eine Förderung kommt ist ein ganz anderer......


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meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 13:38
Beitrag #75


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@ shark:
1. finde ich es nicht gut wenn eine 44 jährige ein Kind bekommt, dazu hat sie vorher zwei Jahrzehnte lang Gelegenheit gehabt. (genauso wenig gut finde ich es wenn 15 jährige schwanger werden, da gehe ich aber von Leichtsinn und Doofheit aus, wobei bei einer Spätschwangeren noch Egoismus dazukommt und die Gleichgültigkeit in einer Wegwerfgesellschaft zu leben. Ich habe mal nachgelesen. Ab 40 steigt das Risiko ein nicht gesundes Kind zu gebähren auf 1:14. Ich gehe davon aus, die meisten für die Tonne gezeugt! " Mal sehen ob es noch gut geht, ansonsten können wir es immer noch wegschmeißen"

2. Thema Förderung, sprich Kindgarten, Schule: jeder weiß doch, dass es zuwenig adäquate Plätze gibt. Egal ob es ein Integrationskind ist oder nicht. Jede, die heutzutage Nachwuchs bekommt muss damit rechnen sein Kind nicht in eine Kita, und schon gar nicht in die Wunscheinrichtung unter zu bekommen. Dazu gibt es einfach zuwenig Erzieher/innen.
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 15:10
Beitrag #76


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ZITAT(meandmrsjohns @ 17.Jul.2012 - 14:38) *
@ shark:
1. finde ich es nicht gut wenn eine 44 jährige ein Kind bekommt, dazu hat sie vorher zwei Jahrzehnte lang Gelegenheit gehabt. (genauso wenig gut finde ich es wenn 15 jährige schwanger werden, da gehe ich aber von Leichtsinn und Doofheit aus, wobei bei einer Spätschwangeren noch Egoismus dazukommt und die Gleichgültigkeit in einer Wegwerfgesellschaft zu leben. Ich habe mal nachgelesen. Ab 40 steigt das Risiko ein nicht gesundes Kind zu gebähren auf 1:14. Ich gehe davon aus, die meisten für die Tonne gezeugt! " Mal sehen ob es noch gut geht, ansonsten können wir es immer noch wegschmeißen"


Die von Dir angegebenen Zahlen stimmen nicht und Deine restlichen Ausführungen zum Thema Spätgebärende sind hässlich, strotzen vor Selbstgerechtigkeit und Unwissenheit. Mehr mag ich da grad gar nicht sagen. Vielleicht denkst Du ja noch mal drüber nach, ob es fair ist, solch vernichtende Urteile über eine Gruppe von Menschen zu sprechen, von denen Du allenfalls ein paar wenige - wenn überhaupt - kennst.

ZITAT
2. Thema Förderung, sprich Kindgarten, Schule: jeder weiß doch, dass es zuwenig adäquate Plätze gibt. Egal ob es ein Integrationskind ist oder nicht. Jede, die heutzutage Nachwuchs bekommt muss damit rechnen sein Kind nicht in eine Kita, und schon gar nicht in die Wunscheinrichtung unter zu bekommen. Dazu gibt es einfach zuwenig Erzieher/innen.


Und das soll jetzt bitte was heißen?

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 17.Jul.2012 - 15:56
Bearbeitungsgrund: Nachtrag und Formulierung abgewandelt
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meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 16:27
Beitrag #77


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..... das bedeutet, wenn ich überlege ein Kind zu bekommen, ich damit rechnen sollte, in den ersten drei Jahren auf öffentliche Einrichtungen eventuell, bzw. sehr wahrscheinlich verzichten zu müssen.


.... und was meine Meinung über Spätgebärende betrifft: ich denke jeder kann seine persönliche Meinung äußern, das gilt für Dich, Shark, aber ebenso wie für mich. Es ist auch überflüssig meine Äußerungen bewerten oder abstrafen zu wollen. Ich denke bei jeder Meinung gibt es sowohl Befürworter als auch Gegner, das solltest Du einfach mal akzeptieren. Zu einer konstruktiven Diskussion gehören nunmal kontroverse Argumente. Meine ist anders als Deine, hat aber ebenso seine Berechtigung wie jede andere Stimme hier auch.

Dies hier ist ein heikles wie auch spannendes Thema. Jede einzelne hat ihre Beweggründe und auch verschiedene ethische Hintergründe. Da musst Du gar nicht so allwissend daherkommen. Im Allgemeinen schätze ich Deine Beiträge, wenn nicht dieser Unterton wäre! ( das fragst du im Ernst,...) als wären alle anderen hier im Forum weltfremd und nur Du weißt wie die Welt tickt. Schade eigentlich!

Falls ich daneben liege, klär mich auf und sag was Du wirklich denkst.
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 16:31
Beitrag #78


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Ich kann es einfach nicht leiden, wenn auf eine solche Weise über Menschen geurteilt wird. Das dann mit "freier Meinungsäußerung" zu erklären zu versuchen, macht es nicht besser. Und ich bin nicht diejenige, die hier über fremde Frauen mit mir unbekannten Lebensgeschichten urteilt.

Und es ging bei der Frage von Förderung und dergleichen ja durchaus um mehr als die ersten drei Lebensjahre eines Kindes.

Was ich "wirklich" denke?
Dass dieses Thema zu sensibel ist, als dass man so achtlos damit umgehen sollte.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 17.Jul.2012 - 16:34
Bearbeitungsgrund: Nachtrag
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Marie18
Beitrag 17.Jul.2012 - 18:21
Beitrag #79


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Okay.
Ich möchte mal ein paar Gedanken festhalten, die mir so im Kopf herum schwirren, wenn ich mir die gesamte Diskussion so betrachte:

Es ist in der Tat ein heikles Thema, manche reden gar nicht drüber und wenn es geschieht, so wie hier grade - was gut ist! - dann kommen einfach grundverschiedene Meinungen zu Tage. Was ja ansich nur normal bei einer Diskussion ist und auch so sein soll, nur daraus kann schließlich Fortschritt irgendwann entstehen, wie ich finde.

Bei diesem Thema kann aber auch keiner allwissend sein oder ähnliches, einfach weil es ein unglaublich emotionales Thema ist, und kein strikt sachliches, wie zB eine Diskussion über Naturwissenschaft oder was weiß ich....

Es geht um Menschen, um Leben, um das Schenken von Leben und auf der andren Seite um das Verhindern von einem Leben und über die Frage, welche Rechte einem Menschen zustehen. Das kann ja nur heikel sein!

Und hier in eine Beurteilung anderer Menschen hinein zu rutschen ist wohl teilweise unvermeidlich, auch wenn ich zB es nicht gezielt und mit Absicht mache.
Und ich bin einfach immer noch, oder erneut, zu dem Schluss gekommen, dass ich zu aller erst so eine Untersuchung gar nicht durchführen lassen würde und selbst wenn ich wüsste, dass mein Kind dann Trisomie21 oder zB Autismus hat, dann würde ich nichts an meiner Entscheidung ändern, dieses Leben auf die Welt zu bringen.

Abtreibung ja oder nein ist ein schwieriges Thema, oder vielmehr eine Diskussion, bei der man wohl zu keiner allgemeinen Lösung kommt. Soll man ja auch gar nicht unbedingt, weil strikt das eine oder strikt das andere hätte wie schon mal erwähnt wenig mit einer demokratischen Gesellschaft zu tun.

Aber - worum es mir eigentlich ging ganz am Anfang - ich sehe es nicht nein und nein, ich kann es nicht nachvollziehen, wenn eine Mutter ihr Kind abtreiben lässt, weil es zB das DownSyndrom hat.
Wer vertritt die Rechte des kleinen Kindes im Bauch, wenn es noch nicht selber für sich sprechen und sich mitteilen kann?
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 18:36
Beitrag #80


Strösenschusselhai
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Das Gesetz. Das Gesetz vertritt, wenn Du so willst, die "Rechte" des Föten.
Da dieser jedoch noch längst kein "Kind" ist und also auch kein "Mensch", hat er aber natürlich keine "Menschenrechte". Er hat in dem Schwangerschaftsalter, zu dem diese Tests stattfinden können, keine Wünsche, er denkt nix, er hat kein Bewusstsein.
Die schwangere Frau aber schon. Und deshalb muss ihr Wille entscheidend sein.
So sieht das ja auch der Gesetzgeber.

Ich find es toll, wenn jemand so sicher von sich sagen kann: "Egal, was kommt - mir ist das erwartete Kind so willkommen, wie es eben sein wird."
Wie gesagt: ich hab das ja auch so empfunden und schon deshalb kamen die damals möglichen Untersuchungen auf den genetischen Zustand meiner Ungeborenen gar nicht erst infrage.

Wär sehr schön und auch gesamtgesellschaftlich mehr als wünschenswert, wenn mehr Menschen sich trauen könnten, sich darauf einzulassen, "zu nehmen, was kommt". Und wenn diese persönliche Entscheidung einen positiven Widerhall in der Umwelt finden würde, der verlässlich trüge und stützte.

Da das aber nun mal nicht der Fall ist, find ich persönlich es eben sehr nachvollziehbar, wenn eine Schwangere das anders sieht als Du jetzt und ich damals.
Mit "Allwissenheit" oder sowas hat das auch nichts zu tun - sondern mit Achtung und ein bisschen doch auch einfach mit Empathie, mit Einfühlungsvermögen.
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meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 20:40
Beitrag #81


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ZITAT(shark @ 17.Jul.2012 - 19:36) *
Das Gesetz. Das Gesetz vertritt, wenn Du so willst, die "Rechte" des Föten.
Da dieser jedoch noch längst kein "Kind" ist und also auch kein "Mensch", hat er aber natürlich keine "Menschenrechte". Er hat in dem Schwangerschaftsalter, zu dem diese Tests stattfinden können, keine Wünsche, er denkt nix, er hat kein Bewusstsein.
Die schwangere Frau aber schon. Und deshalb muss ihr Wille entscheidend sein.
So sieht das ja auch der Gesetzgeber.



Ohoh, das ist ja nun weit weg von der Realität! Schwangerschaftsabbruch ist nach wie vor in Deutschland grundsätzlich nicht erlaubt. (Paragraf 218) der "Wille" der Frau spielt offiziell keine Rolle. Nach einer verpflichtenden Beratung kann eine Abtreibung straffrei für Mutter und Arzt bei Indikation durchgeführt werden. Dass ein Fötus keine Rechte hat halte ich für ein Gerücht. Nicht umsonst finden heiße Diskussionen um die Stammzellenforschung an Embryonen statt.

Jetzt verstehe ich auch die grundsätzliche Differenz hier in der Diskussion. Die einen halten das Ungeborene für schützenswert, andere finden, ich sag jetzt mal die Leibesfrucht, keinerlei Rechte hat. Na wenn das so einfach wäre, dem Wurm alle Rechte abzusprechen, warum dann die ganze Aufregung? (IMG:style_emoticons/default/patsch.gif)
Dann könnte man, wie von der Forschung lange herbeigesehnt, Ersatzteillager züchten. Grausige Vorstellung!
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 20:57
Beitrag #82


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Du missverstehst offenbar völlig, was ich geschrieben habe. Und die haarsträubenden Schlüsse, die Du daraus ziehst, gehen ebenfalls in die vollkommen falsche Richtung.

Du sprichst von den Gesetzen, die den Schwangerschaftsabbruch regeln (und der bleibt übrigens mitnichten in jedem Fall einfach nur straffrei, sondern ist in bestimmten Fällen tatsächlich gar nicht erst rechtswidrig; siehe: kriminologische und medizinische Indikation*) und ich davon, dass sich die Rechte eines Fötus von denen einer Frau unterscheiden.

Ich fänds gut, wenn wir hier weiter einigermaßen sachlich und sachbezogen diskutieren könnten.


*und um die geht es hier ja grade

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 17.Jul.2012 - 21:01
Bearbeitungsgrund: * nachgetragen
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meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:08
Beitrag #83


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Nö, ich verstehe schon richtig.
Eine Abtreibung unter den Vorwand einer medizinischen Indikation würde ja auch gelten wenn die Eltern einfach keinen Bock auf ein behindertes Kind haben.

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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:14
Beitrag #84


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Ja. Wenn die Schwangere damit Gehör findet und ihr geglaubt wird, dann ist das so. Habe ich übrigens bereits in einem meiner ersten Beiträge in diesem Thread selbst geschrieben und als Problem bezeichnet.

Und ich wiederhole mich nur ungern, dennoch:

Ich möchte nicht darüber urteilen, ob eine Frau/ein Paar nun einfach "keinen Bock" auf ein (behindertes) Kind hat/haben oder ob sie in schwerer Not ist/sind.
Das ist nicht meine Aufgabe und nicht mein Wunsch. Ich brauche es nicht, mit dem Finger auf Andere zu zeigen oder sie schlecht zu reden, nur um mich zu positionieren.

Mich würde interessieren, wie Dein Konzept in Bezug auf "Rechte des Ungeborenen" und auch auf die Möglichkeit von Schwangerschaftsabbruch ist. Wie würdest Du das gesetzlich regeln?

P.S. Und was immer Du über die Möglichkeit einer vorgeschobenen Belastung zum Zweck eines Abbruchs aufgrund der medizinischen Indikation denken magst: Du hast mich eben doch nicht richtig verstanden. Denn ich habe nirgends auch nur mit einem Wort geschrieben, dass in meinen Augen ein Fötus "keinerlei Rechte" habe.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 17.Jul.2012 - 21:18
Bearbeitungsgrund: P.S. und Wort ausgetauscht
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PikSieben
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:25
Beitrag #85


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ZITAT(regenbogen @ 16.Jul.2012 - 07:54) *
ZITAT(PikSieben @ 16.Jul.2012 - 00:05) *
Aber ich empöre mich über unsere Gesellschaft. Und die Pessimistin in mir, sagt, dass das "noch" in deinem Satz ("Dazu ist unsere Gesellschaft noch nicht bereit.") übertrieben optimistisch ist. Ich habe eher den Eindruck, dass die Entwicklung "gesamtgesellschaftlich" dahin gehen wird, in Kauf zu nehmen, dass aus vielen individuellen Schwangerschaftsabbruch-Entscheidungen faktisch eine "gesamtgesellschaftliche" Selektion entsteht, als in kostspielige "Behinderungs-"/Nachteilsausgleichsmaßnahmen zu investieren.


Das ist es, was ich schon seit Tagen hier beitragen wollte, aber nicht in Worte gefasst bekam. Danke, PikSieben. Es wird ja gesamtgesellschaftlich eine Wahl getroffen. Grob gesprochen: Wird das endliche Geld, das zur Verfügung steht, zur Förderung der Entwicklung solcher Tests verwendet, oder wird es dazu verwendet, es Behinderten und ihren Angehörigen im Leben leichter zu machen? Ersteres ist - zynisch gesagt - vermutlich ökonomisch gewinnbringender. Eine Frau, die ein behindertes Kind nicht austrägt, kann voll zur Produktivität der Gesamtwirtschaft beitragen, während die Mutter eines behinderten Kindes eher Ressourcen bindet.

Darum habe ich Verständnis für jede einzelne Frau, die das in Anspruch nimmt, was möglich ist. Ich weiß nicht, wie ich entscheiden würde, wäre ich selbst betroffen. Aber das Gesamtbild verursacht mir eher eine unangenehme Gänsehaut.


Danke für's Verstehen. Deine Formulierung ist deutlicher als ich es zu sagen gewagt habe. Ich teile deine Sorge.
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:50
Beitrag #86


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Hier gehts zwar thematisch um das Klonen von Embryonen, aber die Frage, inwiefern ein Embryo/Fötus so etwas wie ein tatsächliches Lebensrecht haben könnte oder auch nicht, wird in diesem Artikel ausgesprochen schlüssig herausgearbeitet: Haben Embryonen Rechte?
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meandmrsjohns
Beitrag 17.Jul.2012 - 21:57
Beitrag #87


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Urteilen, im Sinne von : ich stelle mich mit nem Anti- Abtreibungsplakat vor die Frau und wünschte sie würde eingesperrt? Das ist Quatsch! Für sowas habe ich weder die Zeit noch die Lust dazu. Außerdem finde ich, steht es niemanden zu, jemanden persönlich anzugehen. ...... Aber theoretisch, und das mache ich hier. Ich sage was ich denke. Wir besprechen hier ja fiktive Sachverhalte, beziehungsweise anonyme.

Mein Konzept bei Schwangerschaftsabbruch?
Eine mir sehr gut bekannte Frau hat abgetrieben. Ich habe Verständnis für ihre Lage gezeigt. Mir liegt es fern sie für ihre Entscheidung zu verurteilen.
Jeder muss seine Entscheidung selbst rechtfertigen können, aber nicht vor mir, sondern vor sich selbst, evtl vor Gott. In der Bibel steht zum Beispiel, dass mit der Atmung das Menschsein anfängt (wenn ich das so richtig wider gebe. Da fällt mir auf, Shark, mit Deiner Aussage hättest Du demnach Recht, ein Fötus hat keine Menschenrechte.....)
Auf der anderen Seite steht auch in der Bibel, Gott kennt den Menschen noch bevor er geboren wird. Was wiederum nichts über seine Rechte aussagt.......

Tja ich bin hin und her gerissen. Wahrscheinlich gibt es hier auf Erden kein eindeutiges richtig und kein eindeutiges falsch, und ein "Konzept" habe ich schon garnicht, weil ich bisher keines gebraucht habe.

Politiker, Ethiker, Forscher....... alle sehen die Richtigkeit ihres Standpunktes.
Mein Standpunkt ist: die Wahrheit über die richtige Entscheidung was den Embryo oder den Fötus betrifft werden wir hier in einem Forum kaum beantworten können und ich glaube das will auch niemand.
(IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)
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Marie18
Beitrag 17.Jul.2012 - 22:54
Beitrag #88


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Hm, ja, es gibt wohl auf der Welt oft wirklich kein richtig oder falsch, kein eindeutig und uneindeutig, es gibt noch nicht mal immer logisch oder unlogisch....manche Sachen sind schwer einzuordnen, ganz allgemein.
Aber trotzdem gibt eine scheinbar vorhandene Norm. Und warum?
Weil der Mensch sonst durchdrehen würde, er würde nicht wissen wohin und deswegen bauen wir uns ein System oder Systeme auf in denen wir leben können und in denen sich irgendwann Regeln und Gesetze durchsetzen.
Im Grunde ist das hochinteressant.
Wir als Menschen versuchen uns selber zu definieren. Das war schon immer so.
Und wenn wir an Grenzen dieser Defintion stoßen, kann das schwierig werden.
Ob ein Embryo ein Mensch ist, weiß ich grade nicht zu beurteilen.
Aber er ist Leben, so viel steht fest.
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shark
Beitrag 17.Jul.2012 - 23:12
Beitrag #89


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ZITAT(meandmrsjohns @ 17.Jul.2012 - 22:57) *
Mein Konzept bei Schwangerschaftsabbruch?
Eine mir sehr gut bekannte Frau hat abgetrieben. Ich habe Verständnis für ihre Lage gezeigt. Mir liegt es fern sie für ihre Entscheidung zu verurteilen.
Jeder muss seine Entscheidung selbst rechtfertigen können, aber nicht vor mir, sondern vor sich selbst, evtl vor Gott. In der Bibel steht zum Beispiel, dass mit der Atmung das Menschsein anfängt (wenn ich das so richtig wider gebe. Da fällt mir auf, Shark, mit Deiner Aussage hättest Du demnach Recht, ein Fötus hat keine Menschenrechte.....)
Auf der anderen Seite steht auch in der Bibel, Gott kennt den Menschen noch bevor er geboren wird. Was wiederum nichts über seine Rechte aussagt.......

Tja ich bin hin und her gerissen. Wahrscheinlich gibt es hier auf Erden kein eindeutiges richtig und kein eindeutiges falsch, und ein "Konzept" habe ich schon garnicht, weil ich bisher keines gebraucht habe.


Naja, ich dachte halt, dass jemand, der so stark wie Du kritisiert, was ist, so etwas wie ein Konzept davon im Kopf haben würde, was (besser) sein könnte.

Klar, Du persönlich hast bisher keins "gebraucht" (und ich persönlich im Grunde ja auch nicht), aber unsere Gesellschaft braucht eins. Genau deshalb gibt es ja die Gesetze, die das alles regeln.
Und die billigen eben tatsächlich nur Menschen im Sinne von Personen Menschenrechte zu. Und ein Embryo ist nun mal keine Person.
Diese Bewertung als richtig zu erachten, muss nicht zwangsläufig bedeuten, auch jede Folge daraus toll zu finden.
Das ist aber auch gar nicht nötig. Mit dem Prinzip, das dahinter steht, muss ich einig sein können - dass dennoch immer wieder auch Dinge geschehen, die mir nicht passen, bleibt davon unberührt.

Ich find es zum Beispiel auch nicht Klasse, wenn Menschen Kinder bekommen, die ganz offensichtlich so überhaupt nicht und in keiner Hinsicht zum Elternsein taugen und schon klar ist, ehe die Kinder das Licht der Welt erblicken, dass sie nicht dieselben Chancen auf ein zufriedenes Leben haben werden wie Kinder von Menschen, die für die Elternrolle geeignet sind.
Aber ich muss das hinnehmen.
Weil das Prinzip, dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, sich fortzupflanzen, wenn er das will und kann, einfach richtig ist.
Auch wenn ein Haufen (in meinen Augen) "Falsche" sich deshalb rechtmäßig auch Kinder zulegen kann - ich würde niemals wollen, dass diese wichtige Entscheidung irgendwer anderes fällt als diejenigen, die sie betrifft.

Bezogen auf die Frage hier (die ohne ein Konzept im Kopf ja wirklich gar nicht beantwortbar ist) bedeutet das für mich:

Ein schonender, risikofreier, früher und zuverlässiger Bluttest auf Trisomie21, der ja bereits existiert und der funktioniert, muss Schwangeren auch zugänglich gemacht werden.
Denn erstens haben sie ohnehin das Recht darauf, ihr Ungeborenes vorgeburtlich mit allen zugelassenen Methoden untersuchen zu lassen und zweitens ist der einzige andere zuverlässige Test auf ein überzähliges Chromosom 21 bei ihrem Fötus, den sie aktuell wählen können, erst deutlich später möglich, invasiv und damit risikobehaftet und belastend.
Und nebenbei: Gerade diejenigen, denen vor allem der Schutz der Existenz des Fötus' am Herzen liegt, müssten eigentlich froh über diesen Test sein, denn er gefährdet nicht wie die Amniozentese allein schon nur durch die Durchführung das Ungeborene.

In Bezug auf die Frage, was eine Schwangere mit dem Wissen macht, das sie durch den Test gewinnen konnte, sieht es gleich aus.

Ich bejahe grundsätzlich, dass Frauen selbst entscheiden, ob sie schwanger werden oder es bleiben wollen.
Ich finde es gut, dass unsere Gesetze so sind wie sie sind.
Die Tatsache, dass die Abbrüche, die wirklich bestraft werden, die sind, die gegen den Willen der Schwangeren passiert sind, zeigt schon, dass auch der Gesetzgeber hauptsächlich von der Frau her denkt und nicht vom Embryo aus.
Dieses Prinzip, die bestehende Gesetzeslage und den Ethos, der dahintersteht, erachte ich als richtig. Und dieser ist ja auch mit dem Menschenbegriff, auf dem unser Grundgesetz fußt, vereinbar, was mir auch wichtig ist.
Deshalb muss ich nun aber auch akzeptieren, dass manche (selbst aus Gründen, die für mich niemals welche wären) eben nicht schwanger bleiben wollen und einen Abbruch wählen.


ZITAT
Mein Standpunkt ist: die Wahrheit über die richtige Entscheidung was den Embryo oder den Fötus betrifft werden wir hier in einem Forum kaum beantworten können und ich glaube das will auch niemand.


Ich will auch nicht "die Wahrheit" finden. Denn ich bin sicher, dass diese nicht existiert.
Genau deshalb bestehe ich ja so nachdrücklich darauf, dass es unsinnig ist und auch unfair, über Frauen/Paare zu urteilen, die diesbezüglich zu einer Entscheidung gekommen sind, die man selbst nicht verstehen kann oder die man selbst ganz anders getroffen hätte.

Ich weiß kein besseres Konzept als das beschriebene. Und deshalb vertrete ich es auch weiter. Auch wenn es Konflikte zeugt und Probleme birgt. Jedes andere denkbare Konzept täte das meiner Ansicht nach noch deutlich mehr bzw. wäre sogar verfassungswidrig und menschenfeindlich.

Es wird immer ein Problem bleiben, dem Embryo so etwas wie eine eigene Würde zuzugestehen, ohne die verbrieften Rechte der Frau zu verletzen. Aber mir ist dieser Konflikt deutlich lieber als ein Zustand, der Frauen ihre Entscheidungsfreiheit entzieht und der dafür Andere bestimmen lässt (denn irgendwer muss ja bestimmen) , was für sie richtig ist und was nicht.

Das Ziel darf aber immer noch bleiben, dass Abbrüche seltener werden (was sie übrigens auf die Gesamtheit aller Schwangerschaftsunterbrechungen hierzuzlande auch tun).

Wenn wir das wollen, wenn wir wollen, dass mehr Frauen sich entschließen, ihre Schwangerschaften fortzusetzen, dann müssen wir dafür sorgen, dass sie das freiwillig und aus eigenem Entschluss tun - denn zwingen können und dürfen wir sie nicht.

Das werden viele aber nur dann überhaupt in Erwägung ziehen, wenn sie erlebt hätten und erlebten, dass viele der Probleme, die sich durch Mutterschaft und speziell durch Mutterschaft mit einem Kind, das nicht der Norm entspricht, bisher ergeben haben, endlich aus dem Weg geräumt wären. Dann würde es leichter, Ja zu sagen und dann würde es vielleicht eines Tages (wenn das Menschenbild sich wirklich insgesamt gewandelt haben würde) gar keine Rolle mehr spielen, ob ein Mensch Trisomie21-betroffen wäre oder nicht.

Ob das so kommt oder nicht, dafür sind wir alle zusammen verantwortlich.
Aber ich fürchte, dass viele Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht bereit sind, das Bild vom Menschsein aufzugeben, das sie heute pflegen. Und dass es deshalb vermutlich niemals zu einer kritischen Masse von Menschen, die diesen Wandel wünschen und betreiben, kommen wird.

Weil ich das ganz realistisch sehe, halte ich mich auch nicht mit Utopien auf und verlange vor allem nicht von Frauen, dass sie "trotzdem" schwanger bleiben und "gerade deshalb" ein Down-Kind bekommen, "damit sich was ändert".

Diese Aufgabe, die eine ganze Gesellschaft gemeinsam bewältigen müsste, damit sie gelingen kann, kann ich einfach nicht guten Gewissens einzelnen Frauen aufhalsen.
Und schon gar nicht ausgerechnet jenen, die unter den gegenwärtigen Zuständen am meisten zu kämpfen haben werden.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Jul.2012 - 00:32
Bearbeitungsgrund: Einschub und später Nachtrag
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meandmrsjohns
Beitrag 18.Jul.2012 - 07:10
Beitrag #90


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Ich habe es so wahrgenommen, dass nicht eine einzige von uns hier an dem bestehenden Paragraph 218 rütteln wollen würde, mich eingeschlossen. Das war ja auch nicht die Ursprungsfrage. (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)
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Marie18
Beitrag 18.Jul.2012 - 08:38
Beitrag #91


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Tja. Also sollten Kinder mit Beeinträchtigung abgetrieben werden, bis es ausreichend Mittel und Plätze zur Förderung und Unterbrinung im System gibt?
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shark
Beitrag 18.Jul.2012 - 08:44
Beitrag #92


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Es ist doch gar nicht die Frage, ob sie es "sollten", sondern es ist für einige von uns schlicht nachvollziehbar, dass es unter diesen Umständen einfach eher passiert als wenn die Gegebenheiten anders wären.

Hast Du denn eine Vorstellung davon, wie Du Dir eine Regelung wünschen würdest?
Würdest Du die Inanspruchnahme dieses Tests verbieten?
Oder grundsätzlich Abbrüche von Schwangerschaften mit Föten, die von Trisomie21 betroffen sind?
Oder Abbrüche überhaupt?

Ich frage deshalb so plakativ, weil Du immer wieder zum Ausdruck bringst, dass Du es gar nicht verstehen kannst, wie eine Frau einen Abbruch haben (wollen) kann, nachdem sie erfahren hat, dass ihr Kind das Down-Syndrom haben würde. Und weil Du immer wieder auch formulierst, dass Du denkst, dass eine einmalig getroffene Entscheidung, schwanger werden zu wollen, keinesfalls mehr "widerrufen" werden dürfe.

Was wäre also Deine Idee, wie die ganze Sache zu handhaben sei?


Freundliche Morgengrüße von shark (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Jul.2012 - 08:46
Bearbeitungsgrund: zwei Wörtlein haben gefehlt
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Marie18
Beitrag 18.Jul.2012 - 08:47
Beitrag #93


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Ich mach jetzt erstmal Kaffee, sonst funktioniere ich um die Uhrzeit nicht, und dann bekommst du eine Antwort (IMG:style_emoticons/default/morgen.gif)
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shark
Beitrag 18.Jul.2012 - 08:50
Beitrag #94


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ZITAT(meandmrsjohns @ 18.Jul.2012 - 08:10) *
Ich habe es so wahrgenommen, dass nicht eine einzige von uns hier an dem bestehenden Paragraph 218 rütteln wollen würde, mich eingeschlossen. Das war ja auch nicht die Ursprungsfrage. (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)


JedeR, die/der die prinzipielle Möglichkeit der Inanspruchnahme dieses Diagnoseverfahrens grundsätzlich ablehnt und daraus resultierende Folgen ausschließlich den betroffenen Frauen anlastet, "rüttelt" an den bestehenden Gesetzen zum Schwangerschaftsabbruch. Das habe ich versucht, darzustellen.
Und die Frage im ersten Beitrag Maries in diesem Thread war ja schließlich, ob es wohl zu "Selektion" und "Diskriminierung" führen würde, wenn dieser Test zuglassen würde und Frauen auf den Ergebnissen, die sie daraus gewinnen könnten, zur Entscheidung kämen, ob sie die Schwangerschaft fortsetzen oder nicht.



ZITAT(Marie18 @ 18.Jul.2012 - 09:47) *
Ich mach jetzt erstmal Kaffee, sonst funktioniere ich um die Uhrzeit nicht, und dann bekommst du eine Antwort (IMG:style_emoticons/default/morgen.gif)


Ich habe eine Menge Zeit, Marie. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif) Nur keine Eile! (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Lass Dir den Kaffee schmecken.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Jul.2012 - 09:00
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Marie18
Beitrag 18.Jul.2012 - 10:12
Beitrag #95


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Okay. Kaffe steht da, eine göttliche Erfindung des Universums! (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)

Also. Ich muss meinen Kopf hier ganz schön anstrengen, aber das soll ja gesund sein...

Wenn ich den entsprechenden Gesetzestext richtig verstanden habe, dann ist zunächst einmal Abtreibung rechtswidrig,
außer 1. die Mutter möchte einen Abbruch ausdrücklich und hat an einer Konfliktberatung teilgenommen. Dann geht das innerhalb der ersten 12 Wochen.
oder 2. eben diese krimonogene Indikation, wenn die Frau vergewaltigt worden wäre und einen Abbruch wünscht, auch hier innerhalb der ersten 12 Wochen machbar.
Und 3. Es besteht Gefahr für das Leben oder die psychische Gesundheit der Schwangeren. Hier keine zeitliche Frist für die Abtreibung.

In Fall 2 und 3 gilt der Schwangerschaftsabbruch nicht als rechtswidrig.
Ist das dann nicht so, dass man im Grunde immer unter diesem 3. Punkt argumentieren kann? Von wegen psychische Gesundheit der Mutter? Dass sie damit nicht zurecht kommen würde usw.? Nur aus Verständnisgründen....

Ob ich für einen gesetzlich vorgeschriebenen Verbot von Abtreibung wäre?
Nein.
Einfach deshalb, weil ich finde, dass man auf so privater und persönlicher Ebene keinen Gesetzestext zur Einengung der Rechte einer Mutter verfassen dürfte.
Es liest sich eh schon komisch genug, so ein Gesetzestext über Regelungen zur Abtreibung, wie ich finde.

Aber:
Meiner Meinung nach hat das ungeborene Leben auch Rechte, egal ob wir uns in der 9., 12. oder 24. Schwangerschaftswoche befinden.
Und nun muss man es aber schaffen, die Umwelt so zu gestalten, dass der Gedanke daran, ein beeinträchtigtes Kind zu erziehen, nicht abschreckend wirkt.

Wenn eine Frau und ihr Mann oder Frau und Frau einen Kinderwunsch haben und dann so eine Untersuchung durchführen lassen und das Ergebnis positiv ist, dann soll das Umfeld so gestaltet sein, dass es diese Frau zunächst auffängt, dass sie sich nicht unter Druck gestellt sieht eine voreilige Entscheidung zu treffen.
Und wie macht man das?

Eine Familie die vor der Entscheidung steht pro oder contra Abtreibung sollte sich Zeit nehmen. Man kan niemanden dazu zwingen, sich beraten zu lassen, aber das wäre so wichtig. Deswegen muss das Angebot dazu auch wirklich vorhanden sein. So, dass eine Mutter sich denkt "Okay. Ich bin gerade ehrlich gesagt überfordert mit der Situation, ich möchte mich aber gerne an eine gute Beratung wenden."
Was aber natürlich nicht der Zweck von Beratung sein soll, das soll nicht so rüberkommen: dass die Leute dort gezielt auf die Mutter einwirken wollen.
Eine Familie soll nur ausreichend, wirklich ausreichend informiert werden.
Was bedeutet das, wenn mein Kind Trisomie21 hat?
Welche Möglichkeiten gibt es dann in Bezug auf Förderung, Ausbildung usw.?

So eine Beratung kann gut und sehr gerne über 2 oder drei oder mehr Wochen gehen, die Frau muss die Möglichkeit haben, alle Blickwinkel zu sehen und sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Sie soll sich mit anderen Frauen, die vor der gleichen Entscheidung stehen/standen Einblicke geben lassen usw.
Und wenn sie dann zu dem Schluss kommt, dass sie das Kind nicht in ihrem Leben haben will, dann soll sie sich weiter überlegen, ob sie es nicht doch zur Welt bringen möchte. Dann wären wir halt bei dem Thema Adoption.

und damit so ein Auffangen solcher Familien, die vor solchen Entscheidungen stehen, möglich ist, braucht es natürlich in der Gesellschaft oder im System Änderungen. Und da müssen wie gesagt immer noch und immer wieder neue Impulse gesetzt werden, sonst kommt es zu nichts.


Und zum Thema Spätabtreibung:

(Weil wir hier auch vorher drüber geredet haben, was denn ein Embryo ist usw.)
Wenn ein Kind schon so groß ist, dass es überlebensfähig ist, also ein Mensch , dann darf nicht abgetrieben werden.
Ich muss da gerade an das Oldenburger Baby denken, darüber hatte ich mal gelesen.
Das Kind wurde in der 26. Schwangerschaftswoche abgetrieben, die Ärzte hatten einen genetischen Defekt festgestellt - Trisomie21.
Das Kind kam lebend zur Welt.
Und was ich dann gelesen habe, kann ich selber nicht verifizieren, aber der Presse zufolge wurde das Baby dann mehrere Stunden einfach liegen gelassen, in der Hoffnung es würde sterben.

Spätabtreibung ist für mich nicht akzeptabel. Vor allem finde ich zB diese Kalium-Chlorid-Methode einfach nur schlimm.
Da wird dem Baby Gift ins Herz gespritzt, so dass es im Bauch der Mutter an Herzversagen stirbt. Das ist Mord.
Das Kind kann dann entbunden werden, "ohne dass die sog. Komplikation des Überlebens befürchet werden muss."
Bei so einem Satz weiß ich nicht wohin mit meiner Empörung. Das kann es doch nicht sein.

Der Beitrag wurde von Marie18 bearbeitet: 18.Jul.2012 - 10:52
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shark
Beitrag 18.Jul.2012 - 11:09
Beitrag #96


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Danke schön für die ausführliche Antwort. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif) Da hat der Kaffee Dich aber schnell "hochgefahren" (so einen will ich bitte auch) (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) .

Großen Teilen Deiner Ausführungen kann ich nur zustimmen.
Ich fänd es auch extrem wichtig, dass sich Frauen in solchen Krisensituationen an kompetente AnsprechpartnerInnen wenden können. Und zwar an solche, deren Haltung wirklich die ist, der Frau zu ermöglichen, selbst zu einer Entscheidung zu kommen, zu der sie dann auch wirklich nachhaltig stehen wird können. Ohne Manipulation in irgendeine Richtung.

Was wohl schwierig würde, und zwar aus mehreren Gründen, ist die Dauer, die Du (in bester Absicht und aus gutem Grunde) veranschlagst für diese Beratungsphase.

Obwohl diese übrigens deutlich für den neuen Test sprechen würde, weil der früher stattfinden kann und sich so der Abbruch, wenn er denn beschlossen wird, nicht noch weiter herauszögern muss.

Denn nicht allen Frauen, die diese Entscheidung zu treffen haben, ist es egal, ob der Abbruch früher oder später stattfindet. Im Gegenteil: alle Frauen, die ich kenne, und die einen Abbruch hatten oder sich vorstellen können, unter bestimmten Umständen einen zu haben, sind dafür, diesen dann auch wirklich so früh als irgend möglich durchführen zu lassen. Die meisten Frauen belastet die Idee schwer, einen Abbruch erst spät vornehmen zu lassen.

Die "Gesellschaft" sieht das im Übrigen ja auch so:
Wenn schon Abbruch, dann aber bitte ganz früh.
Da geraten ja schon die Schwangeren in subjektive Zeitnot, die schon in der 7. Woche zum Entschluss kommen, die Schwangerschaft nicht fortsetzen zu wollen, ohne dass sie noch irgendwelche Untersuchungen durchführen und abwarten müssten. Obwohl sie ja durchaus bis zur 12. Woche Zeit haben, wird schon erwartet (und die Frauen erwarten das deshalb von sich selbst oft auch) , dass sie keinen Tag länger warten als unbedingt nötig.

Da ist auch viel Scheinheiligkeit dabei: Vielen wird gesagt "Nehmen Sie sich Zeit", in der Hoffnung, die Frauen würden sich eben innerhalb dieser Zeit für das ungeborene entscheiden. Tun sie das aber schließlich nicht, wird ihnen dann doch oft deutlich oder auch subtil angekreidet, dass sie den Embryo nun auch noch hätten sich weiter ("zum Kind") entwickeln lassen, um ihn dann am Ende doch zu töten.

Es würde also schwierig, Frauen eine so lange Bedenkzeit einzuräumen, denk ich. Viele hätten wohl dennoch das Gefühl, schnell entscheiden zu müssen. Und es müsste mehr Beratungsstellen geben, die nicht kirchlich getragen bzw. sonstwie tendenziös sind.

Übrigens hast Du Recht: Theoretisch könnten Frauen jeden denkbaren Grund für den Wunsch nach einem Abbruch mit dem Argument zu verschleiern versuchen, ihre psychische Gesundheit sei in Gefahr. Und diese Gefahr sei allein durch den Abbruch abwendbar.
Aber die medizinische Indikation ist im Vergleich zur Fristenlösung eine ganz andere Hausnummer.
Denn festzustellen, ob wirklich eine wie auch immer geartete Gesundheitsgefährdung bei der Schwangeren vorliegt, ist Aufgabe entsprechender Fachleute.
Eine Frau kann ja nicht einfach so in der 20. Woche zum Arzt spazieren und verlangen, dass er jetzt einen Abbruch durchführt, weil es ihr grad so schlecht geht mit der Idee, das Kind zu bekommen.
Eine Frau, die möchte, dass die medizinische Indikation Grundlage des Abbruchs ist, muss sich ärztlich bescheinigen lassen, dass auch wirklich ein gesundheitliches Problem vorliegt. Und dass der Frau deshalb nicht zuzumuten ist, die Schwangerschaft fortbestehen zu lassen.
Da reicht es nicht, sich bei einer Beratungsstelle einen "Schein" zu holen - da ist mehr dran. und wenn die Schwangerschaft so weit fortgeschritten ist, dass der Abbruch als Spätabtreibung gelten würde, dann tritt eine Ethikkommission zusammen, die darüber entscheidet, ob dem Anliegen der Frau auch wirklich entsprochen werden kann. Und nicht immer und überall wird dann so entschieden, wie es für die Frau not-wendig wäre.

Ich habe dazu mal einen Bericht in der EMMA gelesen, den ich wahnsinnig traurig fand. Vielleicht magst Du den ja auch mal lesen (find ihn bei EMMAonline grad nicht, aber der Spiegel hat den Artikel auch gedruckt): Der Ludwig lacht

Und ja, auch Tims Geschichte (also die des "Oldenburger Babys") ist traurig. So darf ein Abbruch nicht laufen. Und da hat auch das Klinikpersonal ungesetzlich gehandelt und sich strafbar gemacht. Auch für Spätabbrüche gibt es ganz klare Regeln. Und die sind hier nicht eingehalten worden.

Ich finde Spätabbrüche auch schrecklich - für alle Beteiligten. (Wobei es gar keine allgemeine Definition dieses Begriffes gibt, aber das nur am Rande.)
Und das sehen die meisten Menschen wohl so. Denn nicht umsonst sind es nur ein paar Hundert Abbrüche im Jahr, die hierzulande zu einem Zeitpunkt stattfinden, zu dem der Fötus nach einer erzwungenen Frühgeburt, sollte er den Geburtsvorgang überhaupt "irrtümlich" überleben, bereits auch nur minimale Überlebenschancen hätte. Gemessen auf die Gesamtzahl der Schwangerschaftsunterbrechungen wird der tatsächlich so späte Abbruch ganz, ganz, ganz selten vorgenommen. Aber er wird ganz besonders oft angeführt von denen, die ganz grundsätzlich Schwangerschaftsabbrüche ablehnen und die damit schocken wollen (weil ein Abbruch innerhalb der 12-Wochen-Frist eben nicht so spektakulär darstellbar ist).

Ich habe vor vielen Jahren ein viel zu früh geborenes und auch schwer geschädigtes Kind gleich nach seiner Geburt verloren. Mir vorzustellen, dass eine andere Frau nicht alles versucht, um ihr Ungeborenes solange im Bauch zu behalten wie es nur geht, ist auch für mich schrecklich.
Aber ich weiß nun mal, dass ich nur für mich sprechen kann und die Geschichte einer anderen Frau eine andere Haltung und ein anderes Verhalten und andere Entscheidungen bringen kann. Und das anerkenne ich. Auch wenn es manchmal schwer ist.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 18.Jul.2012 - 15:29
Bearbeitungsgrund: ein "an" angefügt und einen Satz so beendet, wie er auch beendet sein sollte.Und dann noch ein "n" eingefügt
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Leonie
Beitrag 18.Jul.2012 - 12:56
Beitrag #97


Naschkatze
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QUOTE(shark @ 15.Jul.2012 - 13:35) *
QUOTE(Hortensie @ 11.Jul.2012 - 18:04) *
Ich selber sehe mich außerstande, beurteilen zu können, was ein anderer Mensch im eigenen Leben bewältigen kann und was nicht.


Das, genau das, ist der zentrale Punkt für mich, an dem man bei aller moralischen Entrüstung einfach nicht vorbeidenken kann, ohne anmaßend zu werden.

Wer bin ich denn, bestimmen zu wollen, was für eine andere Frau gut ertragbar oder grade noch aushaltbar oder in naher, mittlerer oder ferner Zukunft mit Chancen, Glück, Zufriedenheit, Weiterentwicklung verbunden ist, wie soll ich denn wissen, wo für diese Frau Unaushaltbarkeiten anfangen, wo persönliches Schicksal ins Unerträgliche kippt und schlimme Folgen haben wird?

Wie soll Eine das für eine andere Frau je sagen können -?
Viele von uns wissen das doch bisweilen nicht mal für sich selbst und ihre eigenen Perspektiven sicher zu sagen!

Und weil das so ist, hat meiner Ansicht nach nur eine Person das Recht, eine solche (persönliche) Entscheidung zu treffen: die Frau nämlich, in deren Bauch dieser Lebenskeim (und nein, in der 12. Woche ist das noch lange kein "Kind"; allenfalls in der Vorstellung der Frau, die sich das Kind, das mal sein kann, schon vorab vorstellt; faktisch ist es ein, sich in einer vom "Wirt" abhängigen Entwicklung befindlicher, Embryo, der mal ein Mensch werden kann, wenn die Schwangerschaft nicht vorzeitig abbricht oder abgebrochen wird) sich befindet.
Sie ist die, deren Leben diese Schwangerschaft und die Aussicht auf das Geborenwerden und Da-Sein eines Kindes beeinflussen wird.

Dass die Gesellschaft und die Strukturen, die sie schafft, deren Maßgaben an Menschen, deren Bereitschaft oder Verweigerung, mit hineinzunehmen, anzuerkennen, zu unterstützen, zu verstehen, viel, viel mehr "Schuld" an den meisten abgebrochenen Schwangerschaften trägt (fast egal, aus welchem Grund sie entstanden sind und abgebrochen wurden) als die einzelne Frau, die in ihrer Not keinen anderen Weg sieht, ist ja wohl eine Tatsache.

Ich werde den Teufel tun und Frauen, die sich in einer verzweifelten Lage in Bezug auf ihr jetziges bzw. künftiges Leben wiederfinden (ganz egal, ob die jeweilige Situation oder das erwartete Szenario nun auch für mich als katastrophal erkennbar ist oder nicht), zurufen: "Los, nun krieg das Kind! Sei tapfer! Bad das mal schön aus - hättest ja schließlich nicht schwanger zu werden brauchen! Das wird schon alles nicht so schlimm! Andere schaffen das auch!"

Und das ist ja schließlich die Haltung, die dahinter steht, wenn jemand sagt: "Wenn man sich einmal dafür entschieden hat, Mutter sein zu wollen und dann schwanger geworden ist, dann darf man sich - egal, was kommt - auch nicht mehr gegen diese Schwangerschaft entscheiden!"

Ich find das so anmaßend, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie jemand (der oder die nicht ehrlich und vollumfänglich bereit ist, im Falle vom Nichteintreffen der positiv an die Wand gemalten Zukunft, selbst und höchstpersönlich die Verantwortung für das Leben von Mutter und Kind zu übernehmen - was eh niemand kann) eine derartige Setzung vornehmen kann.

Ich bin sehr, sehr froh darüber, dass vor etlichen Jahren nun bereits erkämpft wurde, dass in diesem Lande Frauen selbst über ihren Körper bestimmen können und ich will bestimmt nicht dahin zurückkehren, dass Frauen sich von Anderen sagen lassen müssen, welche Art Leben für sie erträglich/gut/richtig/womöglich sogar bestimmt ist. Das sollen Frauen doch nun wirklich allein für sich entscheiden dürfen. Alles Andere wäre in meinen Augen ein Rückschritt in Bezug auf die Freiheit der Frau, über ihr Leben bestimmen zu können.

Und obwohl ich selber keine PID, keine Amniozentese oder andere Tests und keinen Abbruch hatte, möchte ich, dass Frauen all das bekommen können, wenn es für sie not-wendig ist.
Und ein zuverlässiger Bluttest auf eine mögliche Behinderung des Fötus gehört für mich ebenso dazu.
Wenn es ihn gibt, müssen Frauen ihn auch durchführen lassen können.
Klar geregelt und auf dem Boden der Gesetze natürlich, aber vor allem eben als persönliche Entscheidung darüber, potentiell Wissbares auch wissen zu wollen.
Kommt es wirklich in der Folge der Entscheidung, den Test machen zu lassen, zum Entschluss, die Schwangerschaft vorzeitig zu beenden, dann ist das so früh jedenfalls deutlich schonender für Frau (und auch den Fötus) als nach einer Amniozentese, die erst deutlich später möglich ist.

Und mal davon abgesehen und in Bezug auf den Aufschrei "Das ist Selektion!":
Was ist denn weniger "schützenswert" an einem Embryo, den es gibt, weil eine Frau vergew*ltigt wurde oder an einem, der entstanden ist, weil ein noch unmündiges Paar beim "ersten Mal" nicht "aufgepasst" hat? Oder an einem, der in dem Uterus einer Frau sitzt, die aus anderer Schusseligkeit unfreiwillig schwanger geworden ist?

Am Ende sind sie alle gleich - sie sind winzige Lebenskeime, die nur durch das Ja der Schwangeren eine Chance auf die Entwicklung zum Kind haben - und bei einem Nein und darauf folgendem Abbruch der Schwangerschaft sind auch alle "gleich tot".

Ich hoffe, ich werde hier nicht falsch verstanden:
Ich bin nicht dafür, dass Frauen grundsätzlich (oder aufgrund von festgelegten Risikoparametern) solche Tests machen sollten oder gar Föten, die nicht der Norm entsprechen, prinzipiell getötet werden sollten. Ganz und gar nicht. Ich habe wie gesagt damals auch keine Tests machen lassen und ich hätte, auch wenn sich zufällig ein deutliches Indiz auf eine spätere Behinderung eines meiner Ungeborenen ergeben hätte, die Schwangerschaften nicht abgebrochen.

Aber ich bin dagegen, Frauen Vorschriften in Bezug auf ihr Leben machen zu wollen und ihnen auch noch die Verantwortung dafür zuzuschieben, dass sie Angst davor haben, behindertes Leben in diese Welt zu setzen, die nachher dann kaum Platz für ebendiese Menschen hat.
Ich verstehe diese Frauen. Und gleichzeitig bedaure ich tief, dass es so ist, wie es ist.

An dem Tag, an dem es für die Zukunft einer Mutter, eines Kindes, einer Familie wirklich keine Rolle mehr spielt, ob das erwartete Kind der Norm entspricht oder nicht, an diesem Tag kann man meinetwegen anfangen, zu erwarten, dass Frauen, die ein Kind haben wollten, auch einen behinderten Fötus weiterleben lassen. Aber keine Sekunde früher.
Denn damit würde man Frauen dazu nötigen, das Versagen der Gesellschaft auf ihre eigenen Rücken zu laden und voller Demut und in Unfreiheit zu tragen.

Unsere Gesetze verbieten übrigens Selektion aufgrund von genetischen Auffälligkeiten des Fötus. Es gibt keine embryopathologische Indikation mehr in Deutschland.

Es ist polemisch, find ich, von "Auslese" und "unwertem Leben" zu sprechen, wenn es um das Recht der Frau auf die freie Verfügung über ihr Leben und das Abwenden von persönlicher Not geht.

Natürlich wird es immer Frauen geben, die im Grunde nie ein Kind wollten, dummerweise doch schwanger geworden sind, und nur aufgrund von Druck oder Angst trotz ihrer Vorbehalte schwanger geblieben sind und am Ende doch überglücklich mit ihrem Baby sind, ebenso wie es durchaus solche gibt, die ihr Kind in der Folge für immer ablehnen oder auch solche, die sich wegen moralischer Bedenken für die Schwangerschaftsfortsetzung entschieden haben und das heute - trotz der Liebe zu ihrem Kind - nicht mehr so machen würden (die sagen das oft allerdings nur hinter ganz, ganz dicken Vorhängen, weil das ein wahnsinnig großes Tabu ist; noch größer als das eines Abbruchs).

Ich will, dass die Gruppe derer, die die für sich selbst genau richtige Entscheidung getroffen haben und die deshalb auch später im Leben noch dazu stehen können, so groß wie möglich ist.
Und das geht eben nur, wenn Frauen wirklich frei entscheiden dürfen; also ohne zusätzlich zur persönlichen Gewissens- und Ermessensentscheidung auch noch den Druck zu spüren, den einen, für die Gesellschaft (die scheinheiliger nicht sein könnte) akzeptablen Weg gehen zu müssen um nicht als herzlose Monster abgestempelt zu werden.

shark


Super Zusammenfassung. Respekt vor soviel Sensibilität und sachlicher Darlegung.
Ehrlich.

Leonie
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Marie18
Beitrag 19.Jul.2012 - 11:40
Beitrag #98


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@ shark

Ja, mein Kaffee wirkt Wunder und ist mir heilig (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Was du angesprochen hast, mit der Zeitspanne so einer Beratung, ist mir während dem Schreiben des vorigen Beitrags auch schon aufgefallen.
So eine Beratung sollte natürlich sehr ausführlich und gründlich sein, aber wenn es sich zB über 4 Wochen hinzieht, ist das ja schon wieder ein Monat. Und das Kind ist dann einen Monat älter und, ja, ein kleines Kind eben.

Also für mich kommt so eine Untersuchung später mal oder gar eine Abtreibung nicht in Frage. Aber Frauen, mit diesen Gedanken daran, sollten es wohl wirklich frühst möglich machen. Auch wenn ich es nur sehr sehr begrenzt nachvollziehen kann, oder zulassen möchte. Aber, wie schon so oft erwähnt jetzt, ist das die Angelegenheit der jeweiligen Frau und nicht meine.

Hm ja, und Spätabtreibungen ist eben ein Thema, ein Gedanke, mit dem ich mich nicht anfreunden kann, in keinster Weise. Ich werde froh sein, wenn mein Kind mal gesund zur Welt kommt, und wenn das nicht der Fall ist, dann steht man das halt gemeinsam durch. Dann mag ich dem Kind trotzdem ein möglichst schönes Leben bereiten.

Der Beitrag wurde von Marie18 bearbeitet: 19.Jul.2012 - 20:28
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Marie18
Beitrag 19.Jul.2012 - 20:32
Beitrag #99


Satansbraten
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Hm (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)

Was man schlecht machen könnte, ist Spätabtreibungen zu verbieten, oder? Auch wenn das ehrlich gesagt mein Wunsch wäre, wenn ich so direkt auf meinen Bauch höre (kein Wortspiel in diesem Zusammenhang beabsichtigt...)

Weil die Definition von "Spätabtreibung" ist ja ziemlich wage so wie ich das verstanden habe. Es gibt weder eine medizinische noch eine juristische.
Manchmal wird nach der 12. Schwangerschaftswoche davon gesprochen, manchmal erst viel später...
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Sägefisch
Beitrag 20.Jul.2012 - 06:25
Beitrag #100


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Ja Marie, dass DU das alles auf Dich nehmen würdest wissen wir ja nun. Das ist ehrenwert. Aber weisst Du was? Guck Dir doch mal eine der Einrichtungen an, wo schwerstbehinderte Kinder bettlägerig ihre fünf bis neun Lebensjahre verbringen. Ich glaube nämlich, dass Du hier ständig an Fernsehdownies denkst die die lachen, tanzen und ponyreiten.

Spätabtreibungen sind bitter, noch bitterer als frühe, aber sollten in bestimmten Fällen zur Verfügung stehen, und im Sinne der Einzelfallentscheidung ist auch die "vage Definition" sinnvoll. Es gibt schwere und unlösbare Dilemmata im menschlichen Leben, die sich der Idee von der "besten Lösung" einfach entziehen, da möchte ich nicht richten. Eher habe ich eine Art stillen Respekt für Menschen die solchen Dienst (das nenne ich bewusst so) auf sich nehmen, ohne zynisch zu werden (WENN sie nicht zynisch werden) - darunter auch Abtreibungsärzte. Im besseren, menschlicheren Falle hat sowas für mich schon fast religiöse Qualitäten, denn diese Menschen können sich nie wieder darauf zurückziehen, immer das ganz doll richtige erkannt, propagiert und getan zu haben, und sie leben jeden Tag damit. Dagegen ist unser Geschreibe und Gemeine hier ein Fliegenklecks. (Gegen die Aufopferung für ein behindertes Kind natürlich ebenfalls.)

Auch glaube ich nicht (mehr) daran, die Verantwortung voll auf den Gesetzgeber zu delegieren der alles heile zu machen hat; dieser kann nur den Rahmen abstecken, uns aber nicht befreien oder immer die richtige Gewichtung vorschreiben. Es liegt am einzelnen Menschen, ob leichtfertig oder hartherzig gehandelt wird. Wo letzteres der Fall ist, würde ein (Spät-)Abtreibungsverbot wohl eher die frühe Abgabe ins Heim nach sich ziehen als Läuterung. Ich sehe wenig Richtig oder Falsch in solchen Dingen, es ist einfach nacktes Leben und nicht schuldlos zu haben.

Ich las neulich einen Artikel einer betroffenen Mutter, leider auf ausländisch und zu lang um ihn mal eben zu übersetzen. Es ging dort um ein Stammgästezimmer im Krankenhaus, Duzfreundschaften mit den örtlichen Rettungssanitätern, um vernachlässigte Geschwisterkinder, um eine fast zerbrochene Ehe, um teure Zusatzhilfen, um Freundinnen aus der Selbsthilfegruppe deren Männer nach 5 Jahren dann doch "nicht mehr konnten", um völlig eingestelltes eigenes Leben. Und um die ehrliche Frage, ob die wenigen wirklich fröhlichen Tage ihrer Jüngsten das echt aufwiegen, oder die Familie nicht vielmehr bewusst auf jegliche Balance und "Angemessenheit" verzichten muss, statt sich einzureden es wäre jede Mühe wert. Der Titel lautete sinngemäss: Ich hab die Schnauze voll von nicht betroffenen Leuten und ihren ethischen Zuckungen.

Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 20.Jul.2012 - 06:33
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