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> Bildungs-Card, Bildung für alle Kinder mit elektronischer Card
Lucia Brown
Beitrag 18.Aug.2010 - 11:10
Beitrag #1


- keep it up you go girl -
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Gerade wird in den Medien darüber diskutiert, ob die Bildungs-Card für alle Kinder eingeführt werden soll. Sie sollte zunächst für bedürftige Kinder eingesetzt werden, damit sie Zugang zu Förderkursen und Musikunterricht bekämen.

Die CSU möchte dies nicht und setzt auf direkte Geldleistungen.

Welche Meinungen, Informationen, Gedanken usw. habt ihr dazu?
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Antworten (1 - 38)
dandelion
Beitrag 18.Aug.2010 - 11:55
Beitrag #2


don't care
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Es kommt drauf an, was an Sozialmitteln die BildungsCard aufwiegen soll. An sich finde ich die Idee gut, weil sie den Gedanken der Verwendung schon in Richtung Sportverein, Musikschule oder Bücherei lenkt. Und weil ich Hobbies wichtig finde, um Spezialwissen und Spezialfähigkeiten zu erlangen, aber auch als ganz praktischen, handfesten Halt im Leben. Ich für meinen Teil habe jedenfalls die Erfahrung gemacht, daß es zu Beginn/Mitte der Pubertät einfacher ist, sich über das Hobby zu definieren, als völlig frei im Raum zu stehen (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)
Die Vereine klagen aber regelmäßig über Nachwuchsprobleme. Eigentlich wäre eine breite Förderung in dieser Richtung nötig. Die BildungsCard könnte da ein guter Anfang sein.

Andererseits kann das fehlende Mittel für die Grundversorgung von Kindern nicht ersetzen. Ob der Vorschlag eingebracht wurde, um zu niedrige Versorgungsbeträge durchzudrücken, kann ich nicht beurteilen, ich fände es wichtig, das gründlich zu prüfen.
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McLeod
Beitrag 18.Aug.2010 - 12:36
Beitrag #3


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Wenn es eine effiziente, schnell einzuführende Maßnahme ist, das Geld zu verwalten und hilft, den bürokratischen Aufwand von Einrichtungen (Vereinen, Bildungseinrichtungen, Argen) möglichst gering zu halten und gleichzeitig Sicherheit für die ordnungsgemäße Verwendung gibt, dann wäre es mir wurscht, ob es eine Chipkarte, statt Gutscheinen oder Anträgen gibt.

Vor 1, 2 Tagen hörte ich die Kritik des Paritätischen Gesamtverbands, dass der kommunale Rückbau der letzten Jahre allerdings im Grunde zu einer Versorgungslücke geführt hat, sollten nun Kinder die ihnen zugesicherten Angebote nutzen wollen.

Dann wär's auch egal, ob es eine Karte oder ein Gutschein ist...

McVorLeod
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AusDemOff
Beitrag 18.Aug.2010 - 21:11
Beitrag #4


Salzstreuerin
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Kinder, denen die Bildungscard zusteht, erhalten: Lernförderung, freies Schulmaterial und Mittagessen, sowie die Möglichkeit, kostenfrei Musikschulen oder Sportvereine zu besuchen.
Das sind Dinge, die alle Kinder kostenfrei bekommen sollten, ohne dass Eltern dafür bezahlen müssen.
Und wenn wir uns dazu entschließen würden, müssten wir uns auch keine Gedanken darüber machen, wer berechtigt sein soll, diese Leistungen als Unterstützung zu erhalten, und in welcher Form diese Unterstützung gewährt werden soll (in Geld, von dem keiner weiß, ob es den Kindern zu Gute kommt, oder als Bildungscard, die die Kinder unvermeidlich als anders stigmatisiert).

edit: ein "wenn" dazu

Der Beitrag wurde von AusDemOff bearbeitet: 18.Aug.2010 - 21:14
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McLeod
Beitrag 18.Aug.2010 - 22:50
Beitrag #5


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@AusDemOff

Wie würde dann Deiner Meinung nach die (Finanz)Struktur eines e.V. (Sport, Musikschule, Förderverein) aussehen können?

Ich frage mangels eigener Ideen (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)
McLeod
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ella1
Beitrag 19.Aug.2010 - 16:13
Beitrag #6


Naschkatze
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Wenn die Politik davon ausgeht, dass manche Eltern zuwenig Geld zur Verfügung haben um ihren Kindern wichtige gesellschaftliche Teilnahme zu finanzieren, verstehe ich nicht wieso diese Eltern nicht das Geld bekommen um dies zu leisten.

In einer Bildungscard für Eltern die gering verdienen, Transferleistungen bekommen steckt ein Mißtrauen welches alle trifft auch wenn es wenige meint.
Das Mißtrauen Geld wird artfremd angelegt.

Es ist eine Entmündigung.


Ggf. wäre es angesagt alle Leistungen für Kinder (egal aus welcher Einkommensschicht die Eltern entstammen) in Bildungscardpunkten "auszuzahlen".

Das heißt jeder Kindergeldempfänger/Transferemfänger bekommt statt Leistungen in Geld, ganz oder teilweise "Punkte" auf eine solche Karte. Eben den Anteil der vom Gesetzgeber "als Anteil an dieser gewollten Teilnahme" erdacht wurde.






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magic
Beitrag 19.Aug.2010 - 18:15
Beitrag #7


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Denke ich darüber nach, so möchte ich dies an Beispielen aus dem täglichen Leben fest machen:

Kinder an einer Musikschule anzumelden ist das eine. Die Frage ist doch, inwieweit werden die Kosten übernommen für Folgeleistungen: beispielsweise das Musikinstrument?

Ferner bleiben die Kosten für die Wegstrecke zur Musikschule. Sicherlich ist es nett, wenn der Staat den jährlichen Beitrag für Musikschule XY übernimmt, aber die Kosten der Wegstrecke und andere Kosten müssten von den Eltern selbst getragen werden.

Nehme ich das Beispiel Sportverein (eben in der Satzung nachgeguckt), so habe ich hier ebenfalls meine Zweifel:

Der Jahresbeitrag für Jugendliche bis 18 Jahren liegt bei 84 Euro im Jahr. Es ist gut und schön, wenn der Staat das übernimmt und ich mein Kind in diesem Verein auf diese „Bildungscard“ anmelden könnte. Leider ist dies aber doch erst die Spitze des Eisberges. Es bleiben Kosten für die Ausrüstung. Kinder wachsen stetig. Die Kinder benötigen „Material und Ausrüstung“ für das Feld und für die Halle. Dies bedeutet u.a. bei meiner Sportart zwei verschiedene Schläger, zwei verschiedene Schuhe, Zahnschutz, spez. Handschuh. Ist mein Kind nun in einem Teamsport integriert, so folgen Turnierkosten oder Übernachtungskosten für Spieltage.

Die Ländersportvereine haben mittlerweile Sprit-Erstattungskosten für Auswärtsspiele immens reduziert. Das bedeutet wiederum, dass auch diese Kosten von Eltern getragen werden müssen und die, welche nicht fahren, einen Anteil berappen sollten.

Daher ist mein Gedanke als jahrelange Trainerin von Jugendlichen und Kindern aus allen Schichten dieser: Es bringt vermutlich nicht viel, den Jahresbeitrag eines Vereins zu übernehmen, wenn es den Eltern an Geld mangelt.

Ich lasse es mal dahingestellt, ob es hier nun wirklich um eine Hilfe für sozial schwache Kinder geht. Jedenfalls halte ich diese Idee der Bildungscard für nicht ganz durchdacht und nicht aus dem wirklichen Leben gegriffen.

Edit: , -

Der Beitrag wurde von magic bearbeitet: 19.Aug.2010 - 18:18
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McLeod
Beitrag 19.Aug.2010 - 18:30
Beitrag #8


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ZITAT(ella1 @ 19.Aug.2010 - 17:13) *
Wenn die Politik davon ausgeht, dass manche Eltern zuwenig Geld zur Verfügung haben um ihren Kindern wichtige gesellschaftliche Teilnahme zu finanzieren, verstehe ich nicht wieso diese Eltern nicht das Geld bekommen um dies zu leisten.


Ehrlich gesagt hatte "die Politik" diesen Bedarf bislang per Pauschale (ca. 1,84 EUR pro Kind und Monat für - glaube ich - Sport) irgendwie im Standard-Satz gedeckt gesehen. Das Verfassungsgericht hat festgehalten, dass *den Kindern* für eben jene Förderleistungen oder Teilnahme am gesellschaftlichen Leben Zuwendung vom Staat (= uns, der Geld via Steuern zusammenschmeißenden Gesellschaft) in besserer Form zukommen soll. Zweckgebunden also. Eltern hätten z.B. mit so einer Karte weiterhin freie Wahl, wo ihr Kind Musikunterricht und -ausleihe betreibt oder in welchen Sportverein sie es zu welcher Sportart schicken möchten. Da Kinder bis 14 nicht voll geschäftsfähig sind - per gesetzlicher Erklärung (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) - würde ich *ihnen* das Geld auch nicht fröhlich direkt in die Hand drücken. Ich weiß jedenfalls, für welchen Mist ich mein Taschengeld ausgegeben habe: Kippen, Computerspiele, Feuerwerkskörper. Zu meinem Glück haben meine Eltern den Sportverein und die Jugendmusikschule direkt bezahlt.

Ich finde es - solange es keine angemessene Grundversorgung für alle Kinder gibt - angemessen, die Zweckbindung der steuerlichen Mittel möglichst nachvollziehbar vollzogen zu halten. Solange genügend Wahlfreiheit in Sachen Angebote vorliegt. Wenn es Sportvereine geben sollte, in denen nur Menschen / Kinder ohne Sozial- oder Bildungs- oder Kinderkarte aufgenommen werden, oder Bildungsträger sich in irgendeine Überweisung-/Bargeld-Elite zurückziehen können, ist die ganze Idee einer Chipkarte oder von Gutscheinen nicht sinnvoll.

Kindergarten- und Studiengebühren und -beiträge einzuführen, BaFÖG auf uraltem Stand zu lassen und auch nur an kleine Empfängerkreise auszugeben --- das sind die Punkte, wo ich das Gefühl habe, "die Politk" verarscht uns fröhlich. Verzeiht den Kraftausdruck. Sie "schenken" Geld oder Leistungen vom Geld, das sie uns an anderer Stelle aus der Tasche ziehen. Absurd. Das nenn ich neuerdings den KiK-Kreislauf: Verkäuferinnen mit staatlicher Unterstützung ausbeuten, so dass sie sich sowieso nur Billigware leisten können - quasi die eigene Kundschaft erzeugen.

McSeufz
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AusDemOff
Beitrag 19.Aug.2010 - 20:16
Beitrag #9


Salzstreuerin
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ZITAT(McLeod @ 18.Aug.2010 - 23:50) *
@AusDemOff

Wie würde dann Deiner Meinung nach die (Finanz)Struktur eines e.V. (Sport, Musikschule, Förderverein) aussehen können?


Du meinst, wie das Ganze finanziert werden könnte? Ok, dann schreib ich jetzt einfach mal drauf los, ohne das Ganze lange durchdacht zu haben.

- Wenn es keine Bildungscard gibt, wird schon mal das Geld für die Chipkarten, die Infrastruktur zum Lesen und Schreiben der Karten, der Aufwand für die Bedürftigkeitsfeststellung und der ganze andere damit zusammenhängende Verwaltungsaufwand gespart

- Vielleicht könnten es die Krankenkassen finanzieren? Ich bin davon überzeugt, dass Kinder, die Sport treiben und Musik machen, körperlich und seelisch gesünder sein werden, als andere. Und das spart den Krankenkassen enorme Kosten (wenn nicht sogar die gesparten Kosten den Finanzierungsaufwand langfristig sogar übersteigen). Allerdings müssten die Krankenkassen dann eigentlich in Gesundheitskassen umbenannt werden.

- Wie wäre es mit einer Kinder- und Jugendabgabe auf alle durch die Vermarktung von sportlichen und musikalischen Großveranstaltungen anfallenden Einnahmen?

- Flugbenzin versteuern und Spekulationsgewinne (Börse, Immobilien, ...) sehr viel höher versteuern

- Müssen gemeinnützige Vereine eigentlich Umsatzsteuer zahlen? Wenn ja, könnte diese erlassen werden.

- Jetzt hab ich grad zum ersten mal in meinem Leben in den Bundeshaushalt geschaut, und zwar in den von 2010: Das Verteidigungsministerium braucht vielleicht nicht ganz so viel Geld (da will ich mich jetzt aber nicht näher mit beschäftigen). Beim schnellen Durchgucken sind mir jedoch zwei Posten aufgefallen, bei denen ich mich frage, ob wir das Geld nicht besser für die Kids verwenden sollten. Der eine Posten sind 600 Mio Euro für die Förderung des Wohnungsbaus (in meiner Gegend und in den Großstädten, die ich kenne, gibt's genug leerstehende Wohnungen und Häuser). Und der andere Posten sind 174 Mio Euro Zuschüsse, die an Unternehmen der Kernergiewirtschaft gezahlt werden. Wieso bekommen die Zuschüsse? Und weil wir hier grad so schöne Zahlen stehen haben, habe ich noch flugs ergoogelt, dass ca.12 Mio minderjährige Kinder in Deutschland leben. Teile das Eingesparte durch die Kinderzahl ((600 Mio + 174 Mio) / 12 Mio ) ergibt ungefähr 65 EU pro Kind im Jahr. Das reicht zwar noch nicht für den von magic ermittelten Jahresbeitrag von 84 EU im Sportverein, ist aber doch schon mal ein schöner Batzen. Und das nur durch Streichen dieser beiden Haushaltsposten. (Hab ich mich jetzt auch nicht verrechnet? Kommt mir so einfach vor (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif) )

So ungefähr würde ich das Alles finanzieren, wenn ich Königin von Deutschland wäre ... (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif)
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Fledi
Beitrag 19.Aug.2010 - 21:29
Beitrag #10


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ZITAT(McLeod)
Kindergarten- und Studiengebühren und -beiträge einzuführen, BaFÖG auf uraltem Stand zu lassen und auch nur an kleine Empfängerkreise auszugeben --- das sind die Punkte, wo ich das Gefühl habe, "die Politk" verarscht uns fröhlich. Verzeiht den Kraftausdruck. Sie "schenken" Geld oder Leistungen vom Geld, das sie uns an anderer Stelle aus der Tasche ziehen. Absurd.


Das ist ja nichts Neues. Diese Art Schön-Wetter-Umverteilung gibt es ja bereits jahrelang. Wie war das noch? Da wird mal eben das Rentenniveau auf knapp 40% abgesenkt und Riester eingeführt. Plötzlich gibt es eine Prämie vom Staat. Geschenkt. Na klar... für den, der privat mal eben einen Betrag X von seinem Brutto wegspart. Um an das volle Geld"geschenk" zu kommen, muss man allerdings soweit in die Tasche greifen, dass der Normalsterbliche sich gelegentlich schon fragt, wovon denn eigentlich.

Guten Abend erstmal.

Ich habe nichts gegen die Gutscheinlösung. Ich persönlich vertrete ganz banal die Meinung, dass nur der etwas gegen den Gutschein oder die Karte haben wird und kann, der im Inneren bereits jetzt kalkuliert, den Betrag X gar nicht für sein Kind aufzuwenden. Natürlich ist das eine psychische Geschichte, eine verfahrene Kiste, bei dem man mal vom Denken der finanziellen Beschneidung oder Bevormundung wegkommen muss. Ich möchte überhaupt Niemandem zu nahe treten, aber ich persönlich gehe davon aus, dass das keine 0815-Entscheidung oder Überlegung darstellte. Klar ist, dass sich die Pro-Fraktion angreifbar macht, indem sie durch solch eine Lösung indirekt davon ausgeht, dass Hartz IV-Empfängern nur durch Sachleistung entgegen zu kommen ist, andererseits unterstelle ich im gleichen Atemzug der Contra-Fraktion eine gewisse Gleichgültigkeit. Nur damit sich Frau Maier von nebenan nicht in die Karten schauen lassen muss, von der Sachleistung abzusehen und den Betrag X mehr aufs Konto zu überweisen? Finde ich nicht richtig. Die Leistung muss beim Kind ankommen. Und ich finde Sachleistungen eine durchdachte Möglichkeit, die sich tatsächlich mit dem Kind befasst und nicht deren Eltern. Ich glaube nicht, dass die Eltern diese Vorgehensweise kritisieren, die diese Karte tatsächlich im angedachten Zweck einsetzen. Warum auch?

ZITAT(McLeod)
Das nenn ich neuerdings den KiK-Kreislauf: Verkäuferinnen mit staatlicher Unterstützung ausbeuten, so dass sie sich sowieso nur Billigware leisten können - quasi die eigene Kundschaft erzeugen.


Ich nenn das genauso. Seit vorletzter Woche Anne Will im 1. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Da war das ja der O-Ton. Letzten Sonntag gings aber in gleicher Sendung weiter. Und das fand ich richtig interessant. Ich habe es nicht kontrolliert, aber ich glaube es dem Herrn Prost, denn kaum einer hat sich mal so gut auf die Sendung vorbereitet wie er: Deutschland hat jährlich 560 Milliarden Steuereinnahmen. Da muss es doch wohl möglich sein, ein gesundes Gesamtkonstrukt zu stricken. Ohne dass die Menschen dafür bluten müssen, die mit ihrer Arbeitskraft den Kreislauf am Leben erhalten und ohne dass ein Kind in irgendeiner Art und Weise das Gefühl haben muss, benachteiligt zu sein. Das ist ja das Schlimme. Das Gefühl. Nur mit dem befassen sich leider die Wenigsten.

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McLeod
Beitrag 19.Aug.2010 - 22:09
Beitrag #11


mensch.
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ZITAT(AusDemOff @ 19.Aug.2010 - 21:16) *
ZITAT(McLeod @ 18.Aug.2010 - 23:50) *
@AusDemOff

Wie würde dann Deiner Meinung nach die (Finanz)Struktur eines e.V. (Sport, Musikschule, Förderverein) aussehen können?


Du meinst, wie das Ganze finanziert werden könnte?


Oh... so weit gefasst meinte ich das noch nicht ;o) Nur, wie ein Sportverein finanziert werden soll, wenn z.B. Kinder kostenfrei dort sporteln dürfen sollen? Staatlich geschaffene Körperertüchtigung statt demokratischer Selbstverwaltung unter gewissen staatlichen Regeln (u.a. Gemeinnützigkeit) wäre mir ein Gräuel. Deswegen fragte ich nach Deiner Vorstellung, wie das Ganze gehen könnte. Auch übertragen auf Musik- und Bildungseinrichtungen ;-) Die Lösung kann - vermute ich - auch nicht nocht mehr Ehrenamt und 1-Euro-Jobber/innen oder privatwirtschaftliches Engagement nach Chef(innen)-Lust, also Sponsoring, sein...?

Die gemeinschaftlichen Einrichtungen heißen Schule, Kindergarten, Ganztagsbetreuung, Hort, Sport-AGs, Chor und Orchester dort u.ä. Das wird ja fröhlich infrastrukturell weggekürzt. Wie kann und wieso soll der SV Hintertupfingen das auffangen?

Das war Sinn und Zweck der Frage. Welche Idiotien im Bundeshushalt stecken, war nicht gemeint, wird aber mitllerweile hier und da zum Glück laut gesagt. Von der reduzierten Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen (aber nicht das Frühstück!), bis Flugbenzin-Nicht-Versteuerung, Wegfall der Vermögenssteuer - auf der Einnahmenseite - bis eigentlich komplett unklarer Ausgabenlage, für die der Bund der Steuerzahler mühsam die Verschwendungen auflistet - ohne echte Auswirkung. Von solchen Dummheiten, wie "wer weniger augibt als geplant, darf im nächsten Jahr noch weniger einplanen"-Prinzipien im öffentlichen Dienst ganz zu schweigen. Aber das war nicht ganz die Frage, die ich stellen wollte... Wenn *alle* Kinder und/oder Menschen eine Grundversorgung in Sachen Sport, Bildung und Kultur bekommen sollen, wer leistet sie aus welchen Mitteln, wie geht das mit dem eigentlich ganz guten Prinzip des mitgliedergetragenen Vereins (e.V.) zusammen?

Fragt weitschweifig, weil schon etwas üde
McLeod
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magic
Beitrag 20.Aug.2010 - 09:33
Beitrag #12


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ZITAT(Fledi @ 19.Aug.2010 - 22:29) *
Ich persönlich vertrete ganz banal die Meinung, dass nur der etwas gegen den Gutschein oder die Karte haben wird und kann, der im Inneren bereits jetzt kalkuliert, den Betrag X gar nicht für sein Kind aufzuwenden.


Und gerade hier hänge ich in meinen Gedanken wie Familien mit einer schwachen Infrastruktur (beispielsweise ländliche Gegenden) die BildungsCard in Anspruch nehmen könnten. Im Gegensatz zu Kindern in Städten entstehen Folgekosten. Würde also die BildungsCard einheitlich für alle Hartz4 Empfänger ausgestellt stellt dies meiner Meiung nach eine Ungerechtigkeit dar, weil eben Eltern aus Gebieten mit schwacher Infrastruktur vermutlich darauf verzichten werden.

Es mag sicherlich schwarze Schafe geben, bei denen das Geld nicht bei den Kindern ankommt. Jedoch nimmt man mit der BildungsCard denjenigen Eltern die Chance, die das Geld auch bei schwacher Infrastruktur trotzdem für ihre Kinder verwenden würden.

LG magic, die sich auch gleichzeitig in den Urlaub verabschiedet
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Lucia Brown
Beitrag 20.Aug.2010 - 09:40
Beitrag #13


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ZITAT(magic @ 20.Aug.2010 - 10:33) *
LG magic, die sich auch gleichzeitig in den Urlaub verabschiedet



Wünsche dir einen schönen Urlaub.
Ich packe auch gerade den Koffer, daher kann ich vorerst nicht weiter in die Diskussion einsteigen, die ich sehr interessant finde.


lg

Lucia B.
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Fledi
Beitrag 20.Aug.2010 - 12:24
Beitrag #14


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ZITAT(magic @ 20.Aug.2010 - 10:33) *
ZITAT(Fledi @ 19.Aug.2010 - 22:29) *
Ich persönlich vertrete ganz banal die Meinung, dass nur der etwas gegen den Gutschein oder die Karte haben wird und kann, der im Inneren bereits jetzt kalkuliert, den Betrag X gar nicht für sein Kind aufzuwenden.


Und gerade hier hänge ich in meinen Gedanken wie Familien mit einer schwachen Infrastruktur (beispielsweise ländliche Gegenden) die BildungsCard in Anspruch nehmen könnten. Im Gegensatz zu Kindern in Städten entstehen Folgekosten. Würde also die BildungsCard einheitlich für alle Hartz4 Empfänger ausgestellt stellt dies meiner Meiung nach eine Ungerechtigkeit dar, weil eben Eltern aus Gebieten mit schwacher Infrastruktur vermutlich darauf verzichten werden.

Es mag sicherlich schwarze Schafe geben, bei denen das Geld nicht bei den Kindern ankommt. Jedoch nimmt man mit der BildungsCard denjenigen Eltern die Chance, die das Geld auch bei schwacher Infrastruktur trotzdem für ihre Kinder verwenden würden.


Die Logik erschließt sich mir nicht. Würde die Bildungscard also die Folgekosten innerhalb des zur Verfügung stehenden Betrages mit abdecken, würden ländliche HartzIV-Empfänger also lediglich vor den Zoopark und ohne Besuch wieder nach Hause fahren? Das kann ich mir nicht vorstellen.

Was mir simpel und einfach missfällt ist der Umstand, dass etwas getan wird und sofort alle schreien, dass ihnen die Umsetzung nicht gefällt. Wir müssen doch endlich mal Abstand davon nehmen immer nur Gründe zu suchen, warum dies und jenes nicht funktionieren kann oder es unter Umständen eeetwas unbequem für die Empfänger der Transferleistung wird, sondern den positiven Aspekten solcher Neuerungen ins Auge blicken. Lieber 60 Euro Gutschein für Bildungsmaßnahmen, die man frei wählen darf, als keine 60 Euro Gutschein. Wer seinen Kindern soziales Umfeld im Lehrbereich welcher Art auch immer bieten will, wird den Gutschein nutzen. Alle anderen werden ihn nicht nutzen.

Ich persönlich glaube nicht daran, dass es nicht hinreichend Studien zum Sozialverhalten von HartzIV-Empfängern gegeben hat, die die Sachleistung rechtfertigen und die Geldleistung verwehren.
Im persönlichen Umfeld habe ich 2 HartzIV-Empfänger, die unterschiedlicher nicht sein könnten:
Auf der einen Seite eine junge Mami von einem süßen Mädchen, die als HartzIV-Empfängerin sagt, es geht ihr gut. Hartz IV könnte auch ein bissl weniger sein und sie käme zurecht. Sagt eine Mutti, die eben in ihrem eigenen Garten das Gemüse anbaut, nicht raucht, nicht trinkt und Hartz IV als das sieht, was es ist. Ein soziales Auffangnetz. Warum? Weil durch Geburt und Diplomarbeit, etc. einfach das Leben noch ermöglicht wurde, OHNE dass sie sich hätte einschränken müssen.
Da ist die Argumentation für die Bildungskarte ganz einfach: Klasse, dass der Staat sich sowas überlegt hat. Nun geht Kind X im Monat einmal in den Zoo.

Auf der anderen Seite eine alleinstehende Frau, die sich jetzt schon darüber aufregt, was so eine Gutscheingeschichte überhaupt soll. HartzIV reiche vorn und hinten nicht und gehe schon für die Zigaretten drauf, die man im Monat benötige. Und die Lebensqualität sei gleich 0. Ändern wolle sie es schon, könne sie aber nicht, wegen der Gesundheit, der mangelnden Jobs, dem Staat, weil das Wetter schlecht ist und das Sofa so bequem. (Letztere beiden Argumente wurden von mir dazugedichtet *räusper)

Ich will weder einen in den Himmel heben, noch den anderen verurteilen, aber ich kenne nicht mehr HartzIV-Empfänger und so fällt meine Studie einfach 50:50 aus. Die Familien, die gesundheitsbewusst leben und Kinder haben, werden die Karte nutzen. In welcher Form auch immer.
Und Andere werden mit der Karte zum Zigarettenautomaten marschieren und zumindest mal probieren obs geht. Und das ist dann für mich kein Ungleichgewicht oder ungerechte Verteilung.
Wer den Bildungsgutschein nutzen will, wird es tun.

Genauso wie sich die Familie den Gutschein ausm Einkaufsladenprospekt ausschneidet, die Interesse an der angebotenen Ware zum vergünstigten Einkaufspreis hat.
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Sinai78
Beitrag 20.Aug.2010 - 14:17
Beitrag #15


Gut durch
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Hi Ihrs

Ich stimme Fledi in (fast) allen Punkten zu. Die Einführung der Bildungs-Card ist richtig und wichtig.

Aber auch Magics Gedankengänge finde ich nicht besonders abwägig:
ZITAT
magic Geschrieben: Gestern, 19:15
Denke ich darüber nach, so möchte ich dies an Beispielen aus dem täglichen Leben fest machen:

Kinder an einer Musikschule anzumelden ist das eine. Die Frage ist doch, inwieweit werden die Kosten übernommen für Folgeleistungen: beispielsweise das Musikinstrument?

Ferner bleiben die Kosten für die Wegstrecke zur Musikschule. Sicherlich ist es nett, wenn der Staat den jährlichen Beitrag für Musikschule XY übernimmt, aber die Kosten der Wegstrecke und andere Kosten müssten von den Eltern selbst getragen werden.

Nehme ich das Beispiel Sportverein (eben in der Satzung nachgeguckt), so habe ich hier ebenfalls meine Zweifel:

Der Jahresbeitrag für Jugendliche bis 18 Jahren liegt bei 84 Euro im Jahr. Es ist gut und schön, wenn der Staat das übernimmt und ich mein Kind in diesem Verein auf diese „Bildungscard“ anmelden könnte. Leider ist dies aber doch erst die Spitze des Eisberges. Es bleiben Kosten für die Ausrüstung. Kinder wachsen stetig. Die Kinder benötigen „Material und Ausrüstung“ für das Feld und für die Halle. Dies bedeutet u.a. bei meiner Sportart zwei verschiedene Schläger, zwei verschiedene Schuhe, Zahnschutz, spez. Handschuh. Ist mein Kind nun in einem Teamsport integriert, so folgen Turnierkosten oder Übernachtungskosten für Spieltage


Da ist was dran!
ZITAT
Fledi Geschrieben: Heute, 13:24
ZITAT(magic @ 20.Aug.2010 - 10:33)
ZITAT(Fledi @ 19.Aug.2010 - 22:29)
Ich persönlich vertrete ganz banal die Meinung, dass nur der etwas gegen den Gutschein oder die Karte haben wird und kann, der im Inneren bereits jetzt kalkuliert, den Betrag X gar nicht für sein Kind aufzuwenden.

Und gerade hier hänge ich in meinen Gedanken wie Familien mit einer schwachen Infrastruktur (beispielsweise ländliche Gegenden) die BildungsCard in Anspruch nehmen könnten. Im Gegensatz zu Kindern in Städten entstehen Folgekosten. Würde also die BildungsCard einheitlich für alle Hartz4 Empfänger ausgestellt stellt dies meiner Meiung nach eine Ungerechtigkeit dar, weil eben Eltern aus Gebieten mit schwacher Infrastruktur vermutlich darauf verzichten werden.

Es mag sicherlich schwarze Schafe geben, bei denen das Geld nicht bei den Kindern ankommt. Jedoch nimmt man mit der BildungsCard denjenigen Eltern die Chance, die das Geld auch bei schwacher Infrastruktur trotzdem für ihre Kinder verwenden würden.


Die Logik erschließt sich mir nicht. Würde die Bildungscard also die Folgekosten innerhalb des zur Verfügung stehenden Betrages mit abdecken, würden ländliche HartzIV-Empfänger also lediglich vor den Zoopark und ohne Besuch wieder nach Hause fahren? Das kann ich mir nicht vorstellen


Es wäre durchaus denkbar, dass ein Besuch aufgrund der Höhe der Anfahrtskosten/die Kilometer pro Anfahrtststrecke (die wiederum ein Auto voraussetzt (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif) ) evt. gar nicht erst stattfindet. Aber nicht, weil man nicht wollte, sondern weil das Geld für die "Drumherumkosten" schlicht nicht vorhanden ist. Es ist durchaus so, dass in ländlichen Gefilden eine Anfahrt zum nächsten Freizeitparkt ect. schon mal 1 Stunde oder länger bedeuten kann..Auch gibt es nicht in jedem Kaff die Angebote die eine Familie nutzen könnte wenn sie denn da wären. Die Umsetztung gestaltet sich daher aus meiner Sicht doch recht unterschiedlich.

Trotzdem bleibe ich dabei zu sagen, dass alleine die Einführung ein Schritt in die richtige Richtung ist..

LG Sinai
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ella1
Beitrag 20.Aug.2010 - 14:51
Beitrag #16


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ZITAT
Lieber 60 Euro Gutschein für Bildungsmaßnahmen, die man frei wählen darf, als keine 60 Euro Gutschein.


So eingeschränkt denke ich nicht. Eher sehe ich noch Möglichkeiten für Alternativen zum Gutschein.

Der statistischen Warenkörb für Hartz-IV-Bezieher - auch für Kinder - unfasst Posten wie Maßbekleidung, Segelflugkurse und Tabak. Andererseits werden wichtige Punkte wie Bildung und kulturelle Teilhabe kaum berücksichtigt.

Das BVerfG sagte dies muß neu berechnet werden, dabei ist vieles offen. Neu berechnet heißt nicht mehr, es heißt nicht weniger (auch wenn die Tendenz nach mehr aussieht). Es heißt auch nicht Gutschein.... . Erstmal nur Neuberechnung.

Gleichzetig steht Eltern das alleinige Erziehungsrecht nach dem Grundgesetz zu. Sie entscheiden was das Kind eben machen darf.Sollen sie auch weiter ohne Einschränkungen solange sie den Erziehungsauftrag erfüllen. Der Staat kann es nicht besser.

Ich fand Magics Einwand gut. Einmal z.B. in Bezug auf Sportvereine. Der Beitrag für den Sport ist längst nicht alles und gilt die Karte auch für Kleidung und Bus dahin oder wäre es nicht besser, 60 Euro und die Eltern haben das Geld für den Bus, die Kleidung und den Vereinsbeitrag?



Gutscheine im Asylrecht haben gezeigt sie sind nicht unbedingt klug. Es kam dazu, dass in bestimmten Läden eingekauft werden musste, ggf. nicht unbedingt billiger. Die Einkäufe waren auf bestimmte "Größenordnungen" festgelegt und Verwaltung und Kosten sind zudem etwas was bedacht werden sollte.

Ob man Eltern die sich jetzt nicht um Kinder kümmern, sie jetzt nicht in den Zoo begleiten, dazu bekommt indem man ihnen eine Chipcarte gibt, weiß ich nicht.

Vielleicht vertrinken auch einige "Kindergeld".



Ich habe einfach mal § 17 des SGB 9 aufgeschlagen.
Im Sozialgesetz sind auch Gutscheine vorgesehen.


ZITAT
Auf Antrag können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen
§ 17 (2) Ausführung von Leistungen

Diesen Gedanken gibt es auch an anderen Stellen im Gesetz.

Ich glaube wir tun Menschen keinen Gefallen wenn wir ihnen Verantwortung (gerade für Geld) abnehmen.

Als Beispiel, ich habe mit Heranwachsenen zu tun, die bislang nur Transferleistungen erhielten, ihre Miete ging direkt an Vermieter, weil man ihnen nicht zutraut sie zu bezahlen. Sie haben kein Gefühl für Kosten von Wohnraum oder gewisse Nebenkosten..... .

Nun können Eltern ggf. entscheiden wo die Karte eingesetzt wird. Erfahrungsgemäß wird es Träger geben die diese abrechnen und welche die es nicht tun. Aber es wird das Gefühl für Leistung und Gegenleistung auch oft verlorengehen. Nebenbei wird das Einfordern von Geldleistungen vom Staat, gegen Bildungscardpunkte ein gigantisches Verwaltungs-System werden. Diesen müssen die Träger, d.h. Sportvereine & Co. bewältigen aber auch Verwaltungsbeamte der Behörden.

Spätestens dort versickert dann das Geld, was ggf. durch nicht eingelöste Bildungscards gespart wird.

Ob ich Eltern Geld gebe oder "Punkte", beides ist keine Garantie, dass Kinder den Vorteil erhalten (der ihnen zugedacht ist). Es steht und fällt mit dem Willen der Eltern. In diesem Sinne sollten Eltern gestärkt werden und ihnen sollte eine entsprechende Freiheit analog zu ihrer Verantwortung übertragen werden.
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McLeod
Beitrag 20.Aug.2010 - 17:35
Beitrag #17


mensch.
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ZITAT(ella1 @ 20.Aug.2010 - 15:51) *
ZITAT(§ 17 des SGB 9)
Auf Antrag können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen
§ 17 (2) Ausführung von Leistungen

Diesen Gedanken gibt es auch an anderen Stellen im Gesetz.

Ich glaube wir tun Menschen keinen Gefallen wenn wir ihnen Verantwortung (gerade für Geld) abnehmen.


Genau hier hab ich neulich mal gedanklich eingehakt, weil es um dieses Thema - Eigenverantwortung im sozialen Auffangnetz - auf NDR info ging.

Und derzeit - ich bin da gerne mitten im Gespräch und Austausch - empfinde ich es eben nicht besonder eigenverantwortungsfördernd, Sozialleistungen komplett auszubezahlen. Bzw. stelle ich (mir und damit allen Mitlesenden hier) die Frage, ob der Umgang mit gemeinschaftlich gestiftete Leistungen zum Zweck der Grundsicherung komplett eigenverantwortlich verwaltet werden sollten. Die umgekehrte Extremform, für alles nur Gutscheine zu geben, ist zum Glück für Asylbewerber/innen abgeschafft worden - ich bin keinesfalls eine Freundin einer "umgekehrt"-Lösung. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Ich freunde mich aber mit einer teils-teils-Lösung an, auch weil ich finde, dass Zweckbestimmung sinnvoll ist. Das bedeutet nicht - in meinen Augen - dass der Staat anfängt, Kinder zu erziehen. Ich finde es geradezu absurd, das so zu formulieren, weil die Zweckbindung eine Sicherungsmaßnahme ist, die den momentanen (bzw. schon lange andauernden) Handlungsbedarf für die Förderung von Kindern in finanziell schwachen Lebenssituationen zu beenden sucht. Der Staat fängt an, die vom Staat (also uns!!) mitverantwortete Misere, in der Kinder stecken zu beenden.

Das passiert nicht nur mit dem 1 Mittel eines Bildungszuschusses, sondern auch dadurch, dass Eltern und vor allem Müttern ermöglicht wird, eigenes Geld zu verdienen -> Ausbau von Kindergarten- und Krippenplätzen. *Das* ist für mich die Grundlage für Eigenverantwortung. Nicht: Geld geben, damit (vor allem) Mütter mehr Zeit zu Hause verbringen "können", unabhängig davon, ob sie wollen oder nicht, sondern Wahlfreiheit schaffen.

Dazu würde auch gehören, Kosten für Kinder zu reduzieren oder Arbeitsleistungen mit einer Mindestentlohnung würde- und verantwortungsvoll zu machen. Wenn Unternehmen oder Arbeitgeber/innen nicht eigenverantwortlich genug sind, um sozial-verträgliche Preise für ihre Produkte und Leistungen zu kalkulieren oder einen sozialverträglichen Umgang mit Gewinnen (Herr KiK lebt hervorragend von der Ausbeutung seiner Mitarbeiter/innen) betreiben wollen, dann ist Handlungsbedarf angesagt von unserer Seite, also des Staates, der Gesellschaft.

Zweckentfremden hat für mich nicht viel mit Verantwortung zu tun. Und das Wohngeld ist auch zweckgebunden, dass es nicht mehr direkt an Vermieter/innen geht, resultierte eines Wissens recht stark aus bürokratisch-juristischen Problemen, z.B. die Druchführung von Mietminderungen bei Mängeln an der Mietsache oder Haftungsproblemen, wenn Miete verspätet aus dem bürokratischen Apparat "Sozialstaat" überwiesen wurde. Dass es "mehr Gefühl für Kosten" erzeugen soll, einen durchlaufenden Posten auf dem eigenen Konto zu erleben, der für ein paar Tage auftaucht und dann bestenfalls per Dauerauftrag pünktlich und vollständig wieder "verschwindet", erschließt sich mir (noch) nicht. Beim Thema Wohnraum fände ich ein Ende der Zwangsumsiedlungen in ein paar Euro günstigere oder ein paar Quadratmeter kleinere Domizile viel stärker Eigenverantwortung erzeugend. Wenn das Wohngeld schlicht begrenzt ist und ich als Empfängerin mir überlegen kann: lieber rauchen oder 2 Bücher oder Fast Food - oder diese Wohnung?

"Der Staat" erzieht nicht nur keine Kinder, sondern auch keine Erwachsenen. Bestenfalls.

Zweckgebundenheit von Sozialleistungen ist keine Erziehung. Niemand ist gezwungen, in einen Sportverein zu gehen oder das Kind Flöte lernen zu lassen. Es soll nur nicht am Status "Sozialhilfeempfänger/in" liegen, dass ein Kind draußen bleiben muss.

Mir persönlich liegt (im Moment) daran, einen Teil der Sozialleistungen zweckbestimmt zu wissen. Weil ich es eigenverantwortlich finde, Entscheidungsfreiheiten durch Arbeiten zu erlangen - wenn Arbeiten mir möglich ist. Oder ermöglicht wird, in dem ich die Wahl habe, mein Kind (so ich eins habe) in einem Kindergarten gut aufgehoben zu wissen oder in einer Ganztagsschule. In dem ich die Wahl habe, mit einem Halbtagsjob als gut ausgebildete Einzelperson (so ich eine bin) über die Runden zu kommen, ohne dass mein/e Arbeitgeber/in die Gemeinschaft anhaut für eine sogenannte Aufstockung.

Die Eigenverantwortung tragen Eltern, die Sozialleistungen beziehen (müssen) nicht nur gegenüber ihrem Kind - sondern auch der gesamten Sozialgemeinschaft gegenüber. In meinen Augen. Die offen sind, für Gründe, warum Direktauszahlung das besser kann.

Liebe Grüße
McLeod

Der Beitrag wurde von McLeod bearbeitet: 20.Aug.2010 - 17:38
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Fledi
Beitrag 20.Aug.2010 - 20:00
Beitrag #18


...
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Bzgl. des Anfahrtsweges kann man ebenfalls geteilter Meinung sein. Ich sehe nicht wirklich das Problem darin, dass Kinder ländlicher Gegenden benachteiligt sein sollen. Die Erfahrungen gehen sicherlich auseinander, aber es ist an den Eltern, sicher zu stellen, dass ihr Kind eine soziale Integration erfährt. Unabhängig vom Einkommen, Ruf, Lebensstandard an sich. Und das hat nichts mit einem finanziellen Betrag X zu tun, sondern schlichtweg der Bereitschaft, sich seines Nachwuchses überhaupt annehmen zu wollen. Meiner Meinung nach, oder besser gesagt, meiner Erfahrung nach sind Kinder aus ländlicher Umgebung wesentlich aktiver im Geschehen, als die aufwachsenden Kinder in der Stadt.

Ich finde es immer wieder toll, wenn ich mit meinem Hund im Wald spazieren gehe. Einem angelegten Stadtwald - sprich - Ansammlung und Waldwegen von Bäumen mitten in einer Stadt. Dort wurden für die Kinder Lernparcours angelegt. Wie weit springt eine Maus? Sein eigenes Sprunggeschick dem gegenüberzustellen wird dadurch gewährleistet, dass ein Sandkasten angelegt wurde und davor ein Schild, auf welchem verzeichnet wird, wie weit springen denn verschiedene Tiere überhaupt.
Oder: Welcher Baum steht wo. Anhand von Blättern, Baumbeschaffenheit und durch den Förster gelegten Hinweisen Kinder spielerisch an die Natur herangeführt.
Es ist erstaunlich, wieviele Familienausflüge dort hin führen. Mit dem Fahrrad.
Vor kurzem war Schulanfang. Die Stadt lässt sich etwas einfallen. Versteckt Knoppers und andere Leckereien innerhalb des Waldes und die neuen Schulklassen erhalten gemalte Schatzkarten, diese zu finden.
Und dazu braucht es weder Gutschein, noch Geldbetrag, noch irgendwas. Lediglich die Bereitschaft, überhaupt etwas lernen zu wollen, mit seinem Kind gemeinsam etwas zu erleben, etc.
Zumindest mir ist Niemand murrend entgegengelaufen, der vor sich hinbrummelte "...hätten sie mir doch bloß die 1,75 aufs Konto überwiesen, anstatt meinem Kind ein Knoppers hinzuhängen, nach dem es auch noch suchen muss...."

Natürlich erzieht der Staat keine Kinder. Aber die Städten und Gemeinden täten gut daran, ihren Anteil an einem Angebot beizusteuern. Man sieht doch in so vielen Städten, dass das geht. Und da braucht es keinen Bildungsgutschein oder keine 60 Euro in Bar.... sondern nur ein paar Schuhe, ein Fahrrad oder sonstwas.

Ebenfalls reichen sicherlich keine 60 Euro dafür aus, aus einem vernachlässigtem (überspitzt dargestellt) Kind, einen Leistungssportler zu machen. Als jahrelange Basketballspielerin hätten mir 60 Euro nicht mal für die Schuhe gereicht. Aber... das war Vereinssport der Kategorie 3-4x Leistungstraining die Woche, jedes Saisonwochenende Punktspiele. Das verlangt doch Niemand. Und es ist Augenwischerei, gleich nach den Sternen zu greifen, wenn der Staat gerade mal daran tut, ein Gänseblümchen auf die Wiese zu pflanzen.

Fakt ist doch: 60 Euro die bildungstechnisch genutzt werden dürfen, die es vorher nicht gab. Mir persönlich würden viele Dinge einfallen, die ich gerne machen würde. Und dank eines Gutscheines würde ich die dann auch machen, während mir bei 60 Euro Bargeld viel zu viele "Zwischenfälle" einfallen, die meine Wissenstandserweiterung blockieren könnten.

Der Neuberechnung von HartzIV-Sätzen stimme ich zu. Aber insofern, dass Tabak zB ersatzlos gestrichen werden dürfte. Niemand muss rauchen. Und wie oft sieht man es leider, sowohl bei Erwerbstätigen, als auch bei nicht Berufstätigen. Da wird lieber auf das Obst für Kinder verzichtet, als auf die Schachtel Kippen. Da fehlt mir jegliches Verständnis für.

Leider wird ja an den Kindern zuerst gespart. Das ist ja auch nicht erst seit heute so. Und wieder fällt mir dazu ein - durch eine Sachleistung kommt die Hilfe dort an, wo sie gebraucht wird.

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Sinai78
Beitrag 20.Aug.2010 - 21:56
Beitrag #19


Gut durch
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ZITAT(Fledi @ 20.Aug.2010 - 21:00) *
Bzgl. des Anfahrtsweges kann man ebenfalls geteilter Meinung sein. Ich sehe nicht wirklich das Problem darin, dass Kinder ländlicher Gegenden benachteiligt sein sollen. Die Erfahrungen gehen sicherlich auseinander, aber es ist an den Eltern, sicher zu stellen, dass ihr Kind eine soziale Integration erfährt. Unabhängig vom Einkommen, Ruf, Lebensstandard an sich. Und das hat nichts mit einem finanziellen Betrag X zu tun, sondern schlichtweg der Bereitschaft, sich seines Nachwuchses überhaupt annehmen zu wollen.


Dem stimme ich zu.

LG Sinai
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Sin
Beitrag 21.Aug.2010 - 21:37
Beitrag #20


Manche Sünde ist es wert, begangen zu werden.
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ZITAT(ella1 @ 20.Aug.2010 - 15:51) *
ZITAT
Lieber 60 Euro Gutschein für Bildungsmaßnahmen, die man frei wählen darf, als keine 60 Euro Gutschein.


Ich fand Magics Einwand gut. Einmal z.B. in Bezug auf Sportvereine. Der Beitrag für den Sport ist längst nicht alles und gilt die Karte auch für Kleidung und Bus dahin oder wäre es nicht besser, 60 Euro und die Eltern haben das Geld für den Bus, die Kleidung und den Vereinsbeitrag?




Für jeden Lösungsansatz bringst du neue Probleme und betreibst somit ein Problem-Mind-Mapping...

Und wie immer - für jedes Problem gibt es Lösungen...
zB Sportverein. Für kleinere Kinder bis 12 Jahre habe ich als Vorstandsmitglied im Handballverein 32 EURO Jahresbeitrag genommen.
Mitten in der Provinz in Bayern. Wenn Kinder dabei waren, die nicht die geeignetsten Schuhe anhatten oder in Jeans turnten, habe ich dies stets von dem Topf bezahlt, der meinen Mannschaften zur Verfügung stand. Ohne Aufsehen.
In diesen Topf floßen Spendengelder und meine Trainerauslagen.

Vielleicht sollte man sich einfach mal ein Beispiel an Stuttgart nehmen. Die haben so eine Art Bildungs Card in Form einer Stadtkarte.


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Mausi
Beitrag 21.Aug.2010 - 22:40
Beitrag #21


Mama Maus
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Ich fände es gut.
Einfach, wie schon mehrfach geschrieben, weil es zweckgebunden ist.
Es ist etwas für die Kinder und es kann nicht, wenn das Geld knapp ist, einfach "umgesetzt" werden & dann müssen die Kinder halt auch sparen, weil die Eltern es müssen.

Ich denke die Hürde für Nachhilfe würde fallen, der Sportverein wäre auf 1 Mal erschwinglich (was Ausrüstung angeht, gibt es ja immernoch die Möglichkeit gebrauchte zu besorgen).

Initiative der Stadt & der Gemeinden wären wünschenswert & das mit den Knoppers find ich ne tolle Idee.
In "meiner" Region gibt es auch unheimlich viel für Kinder, auch kostenfrei - die Eltern müssen nur mit ihnen hingehen.
Es gibt sogar in einem Park (kostet aber minimum Eintritt- aber die Jahreskarte ist sehr erschwinglich) auch Fitnessgeräte, die entwickelt wurden, mit ganz einfachen Mitteln. Einfach weil es hier in der Stadt soviele wirklich finanziell schlecht gestellte Menschen gibt.
Edit: Hier gibt es (noch) den "Familien-Pass"- tw. freier Eintritt in Freibäder oder sehr ermäßigter Eintritt bei eben verschiedenen Parks, Museen ...
Derzeit noch für alle Familien, ab nächstes Jahr für finanziell schwache Familien (Find ich auch sinnvoller, es brauchen ja nicht alle).

Nein - aber die Bildungs-Card - gute Idee.
Was die Entmündigung angeht - sehe ich nicht so. Da wird niemand entmündigt, da wird ein Zusatzangebot geschaffen & selbst, wenn der 1, .. € fehlen würde, so würde das zwar auffallen aber nicht sonderlich groß ins Gewicht fallen.
Geldverwaltet wird ja nicht von der Stadt oder dem Land, und den Kindern direkt die Möglichkeit zu geben - da haben sie Wahlmöglichkeit, können es selbst bestimmen, ohne den Sparkurs mit machen zu müssen.

Mausi

Der Beitrag wurde von Mausi bearbeitet: 21.Aug.2010 - 22:59
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Hortensie
Beitrag 21.Aug.2010 - 23:03
Beitrag #22


"Jeck op Sticker"
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Angesichts der Diskussionen (nicht nur hier, sondern auch in den Medien) habe ich mittlerweile verschiedene offene Fragen, die es mir nicht ermöglichen, eine klare Position zu der Thematik einzunehmen.
Ging es bei dem Urteil am 09. Februar 2010 nicht darum, dass die Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche auf der Basis aktueller und gesicherter Zahlen neu berechnet und zum 01. Januar 2011 verändert werden sollen?
War es nicht so, das Eltern von Kindern geklagt hatten, weil Sie den Kindern keine Schulbücher oder kein 4. Paar Schuhe kaufen konnten?
Was mir in der Diskussion ein wenig fehlt, ist ein konkretes Zahlenmaterial, wieviel Kinder und Jugendliche in Deutschland Hartz-IV-Leistungen beziehen und was im Einzelfall davon finanziert werden muss und was für Abstriche (konkret: worauf verzichtet werden muss) von den Kindern und Jugendlichen gemacht werden müssen.
Dann fehlt mir eine Aufstellung, wie die Zwischenlösungen (z.B: Stuttgart-Card; Köln-Pass) aussehen, was diese beinhalten und von wem diese genutzt werden.

Die angestrebte Chipkarte (oder vergleichbare Lösungen) kann (können) aus meinem bisherigen Informationsstand heraus nur eine zusätzliche Leistung zu den aufzustockenden Hartz-IV-Leistungen darstellen.

Wobei mir in der Diskussion auffällt, dass alle wünschenswerten Forderungen (kostenfreies Schulessen, Ausbau von Betreuungseinrichtungen etc.) mit in die Diskussion gebracht werden.

Meine Befürchtung ist, dass die eigentliche Aufgabe der Aufstockungen der Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche dabei aus dem Blick gerät und der nächste Diskussionspunkt die Kürzungen des Kindergeldes um die Checkkarte herum sein könnte.
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Sin
Beitrag 22.Aug.2010 - 10:14
Beitrag #23


Manche Sünde ist es wert, begangen zu werden.
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Kürzungen des Kindergeldes um die Chipkarte herum fände ich gar nicht mal so verkehrt. Das Kindergeld ist gerade erhöht worden.
Es ist unumwunden die Wahrheit, dass wir immer mal wieder der Meinung sind, dass uns die Regierung immer alles wegnehmen will...
Einem geschenkten Gaul schaut man trotzdem noch ins Maul...

Und wir sind generell immer mal wieder der Meinung, dass wir für alles zu viel bezahlen würden. Und entscheiden uns aus kurzfristigen Gründen für das günstigere Angebot.

Um dann über kurz oder lang erkennen zu müssen, dass wir nicht bekommen haben, was wir suchen. Sondern nur bekommen haben, was wir bestellt und bezahlt haben. Dann muss irgendjemand kommen (meist der Staat) und aus den Scherben etwas bauen. Was fast immer schwieriger und teurer ist, als es gleich von Anfang an richtig zu machen.
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kawa
Beitrag 22.Aug.2010 - 13:08
Beitrag #24


Blau, weil Ströse.
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ZITAT(Sin @ 22.Aug.2010 - 11:14) *
Es ist unumwunden die Wahrheit, dass wir immer mal wieder der Meinung sind, dass uns die Regierung immer alles wegnehmen will...
(... )

Und wir sind generell immer mal wieder der Meinung, dass wir für alles zu viel bezahlen würden. Und entscheiden uns aus kurzfristigen Gründen für das günstigere Angebot.

Um dann über kurz oder lang erkennen zu müssen, dass wir nicht bekommen haben, was wir suchen. Sondern nur bekommen haben, was wir bestellt und bezahlt haben. Dann muss irgendjemand kommen (meist der Staat) und aus den Scherben etwas bauen. Was fast immer schwieriger und teurer ist, als es gleich von Anfang an richtig zu machen.

Wen meinst du mit "wir"?

ZITAT(Sin @ 22.Aug.2010 - 11:14) *
Dann muss irgendjemand kommen (meist der Staat) und aus den Scherben etwas bauen. Was fast immer schwieriger und teurer ist, als es gleich von Anfang an richtig zu machen.

Und was schließt du daraus?
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ella1
Beitrag 22.Aug.2010 - 15:40
Beitrag #25


Naschkatze
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ZITAT
Was mir in der Diskussion ein wenig fehlt, ist ein konkretes Zahlenmaterial, wieviel Kinder und Jugendliche in Deutschland Hartz-IV-Leistungen beziehen und was im Einzelfall davon finanziert werden muss und was für Abstriche (konkret: worauf verzichtet werden muss) von den Kindern und Jugendlichen gemacht werden müssen.
Dann fehlt mir eine Aufstellung, wie die Zwischenlösungen (z.B: Stuttgart-Card; Köln-Pass) aussehen, was diese beinhalten und von wem diese genutzt werden.



Stimmt (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)


Die Änderung der Berechnungen für Transferleistungen bei Kindern wurde durch das BVerfG entschieden. Das Urteil besagt, seit Einführung von Hartz war die Berechnung verfassungswidrig. Was jetzt geschieht ist kein "Geschenk" sondern der Versuch der Verfassung gerecht zu werden. Es ist die Befürchtung, dass es auch nicht verfassungsgemäß ist z.B. den Pauschalbetrag von Tabak nun als Bildungsanteil umzubenenen.

Kindersätze werden bislang errechnet indem sie anteilig am Regelsatz für Erwachsene gemessen werden.

Der Regelsatz für den Haushaltsvorstand beträgt 100 vom Hundert des Eckregelsatzes.

Die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige betragen
1. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert,
2. ab Vollendung des 14. Lebensjahres 80 vom Hundert
des Eckregelsatzes.


- Grundbedarf je Kind bis 5 Jahren: 215 Euro
- Grundbedarf je Kind bis 13 Jahren: 251 Euro
- Grundbedarf je Kind bis 17 Jahren: 287 Euro


Der Satz für Erwachsene (der dann prozentual heruntergebrochen wird):

- Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren: 132, 48 Euro
- Bekleidung und Schuhe: 35,63 Euro
( davon Bekleidung 21,42 Euro; Schuhe 7,64 Euro)
- Wohnen, Energie, Instandhaltung: 26,84 Euro
- Innenausstattung, Haushaltsgeräte pp.: 25,65 Euro
(darunter für Kühlschrank, Truhen 1,44 Euro; Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspüler und Bügelmaschinen 1, 59 Euro)
- Gesundheitspflege: 13,16 Euro
- Verkehr: 16,06 (darunter Fahrrad 0,70 Euro; Fahrkarten 11,49 Euro)
- Nachrichtenübermittlung: 31.48 Euro
(darunter Telefon, Fax :24,16 Euro; Internet, Onlinedienste 3,24 Euro)
- Freizeit, Unterhaltung, Kultur 40,84 Euro (davon Spielwaren, Hobbys 1,32 Euro)
- Besuch von Sport und Kulturveranstaltungen bzw. Einrichtungen: 6,52 Euro
- Bücher und Broschüren: 5,69 Euro
- Sonstige Verbrauchsgüter (Schreibwaren, Zeichenmaterial): 2,83
- Bildung 0,00 Euro
- Beherbergungs- und Gaststättenleistungen: 8,50 Euro
- Andere Waren und Dienstleistungen: 27,86 Euro
( davon: Körperpflege 3,16 Euro, Haarpflege, Rasiermittel, Toilettenpapier 6,31 Euro)

Zusammen 359,00 Euro (gerundet)

In Deutschland sind zwei Millionen Kinder von Hartz 4 abhängig.

In Stuttgart bekommen Kinder Leistungen aus der Familiencard. Gegenwärtig sind rund 43.000 Familiencards im Umlauf. Diese Karte ist nicht von Transferleistungen abhängig. (Zurzeit werden 60 Euro im Jahr geleistet) Voraussetzung ist, dass die Bruttoeinkünfte der jeweiligen Familie nicht höher sind als 60.000 Euro. Familien mit vier und mehr Kindern erhalten die FamilienCard unabhängig von der Höhe ihres Einkommens.

Die Karten kamen bislang, wie auch alte Gutscheinsysteme in Deutschland, von der Firma Sodexo. Sodexo Motivation Solutions bietet Firmen aller Größe und dem öffentlichen Sektor Motivationskonzepte und -lösungen auf Basis verschiedener Medien (u. a. als Gutscheine, Karten oder auf elektronischer Basis). Der Umsatzvolumen der Firma beträgt 12,4 Mrd. (!) Euro (2008/2009)¸Wiki.

Ein gutes Geschäft mit erheblichen Nebenkosten allein in Bezug auf private Dienstleister in diesem Bereich.

In Stuttgart wurden in den vergangenen Jahren von den Familien lediglich etwa 75 Prozent der Guthaben in Anspruch genommen. Abgerufen haben die Guthaben vor allem Familien bis zu einem Jahreseinkommen von 40.000 Euro. Die Stadt hat zwischen 2006 und 2009 jährlich zwischen 3,6 und 3,9 Millionen Euro für die Familienkarte ausgegeben. Bisher haben rund 86 Prozent der Stuttgarter Kinder einen Anspruch auf das Guthaben. (Weniger Geld für die Familienkarte, Stuttgarter-Zeitung).

Rechne ich 43.000 Karten im Umlauf, heißt dies bei 75 % benutzten, es wurden 32.250 Karten (a 60 Euro) in Anspruch genommen. Das würde bei Gesamtkosten von 3.6. Millionen im Jahr bedeuten, dass jeder genutzten Karte Kosten von 111.63 Euro gegenüberstehen. Das hieße 51.63 Euro pro Karte wären reine Kosten!!!!! (IMG:style_emoticons/default/wacko.gif)

Die Karte in Stuttgart lässt Eltern die Entscheidung was sie mit der Karte bezahlen wollen.

Die Bundesregierung denkt anders:

Nicht jedes der rund zwei Millionen Kinder, welches Hartz IV bezieht wird für jeden der vier Bildungsbereiche das gleiche Guthaben erhalten. So soll der Nachhilfebedarf beispielsweise künftig individuell zwischen Eltern, Jobcenter und Schule ermittelt werden. ..... Auf der elektronischen Chipkarte können demnach verschiedene Konten gebildet und je nach Bedarf aufgeladen werden.
Auf die Jobcenter wird mit dem Modell mehr Arbeit zukommen: Familienlotsen sollen dort künftig Bildungs- und Lernförderangebote in den Kommunen koordinieren und den jeweiligen Bedarf pro Bildungsbereich in Rücksprache mit den Schulen, Eltern und Kommunen ermitteln. (Taz, Bildungskarte statt Bargeld)

Das wird in Bezug auf Mehraufwand an Personal und Verwaltungsaufwand spannend.

Statt an 60 Euro pro Kind und Jahr denkt die Bundesregierung an 200 Euro jährlich.

Der Beitrag wurde von ella1 bearbeitet: 22.Aug.2010 - 15:41
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shark
Beitrag 22.Aug.2010 - 17:15
Beitrag #26


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ZITAT(ella1 @ 19.Aug.2010 - 17:13) *
Wenn die Politik davon ausgeht, dass manche Eltern zuwenig Geld zur Verfügung haben um ihren Kindern wichtige gesellschaftliche Teilnahme zu finanzieren, verstehe ich nicht wieso diese Eltern nicht das Geld bekommen um dies zu leisten.

In einer Bildungscard für Eltern die gering verdienen, Transferleistungen bekommen steckt ein Mißtrauen welches alle trifft auch wenn es wenige meint.


So sehe ich das auch - diese Bildungscard diskriminiert durch unangemessenes Misstrauen Eltern und durch weitere Stigmatisierung Kinder.
Und deshalb lehne ich sie ab.

shark
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ella1
Beitrag 22.Aug.2010 - 17:56
Beitrag #27


Naschkatze
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Ich finde, dass gesellschaftliche Teilhabe von Kindern bezogen auf Hartz 4 Empfänger zu kurz gegriffen ist.
Gesellschaftlich wird darüber diskutiert, dass auch Kinder aus der Mittelschicht immer knapper gehalten werden, finanziell.
Nebenbei werden sicher auch Kinder aus der Oberschicht vernachlässigt in Bezug auf gesellschaftliche Teilhabe.

Es scheint auch hier Frauen zu geben welche sich an Kinderbetreuung z.B. in Sportvereinen beteiligen. Dieses Ehrenamt, ggf. auch berufliche Tätigkeiten sind hoch anzurechnen.

Die Politik fordert an verschiedenen Stellen Ganztagsschulen.
Wieso nicht das eine mit dem anderen verbinden?

Schon heute benutzen Sportvereine die Hallen der öffentlichen Schulen. Sie sollten dies auch weiter tun, gleichzeitig können sie offene Veranstaltungen anbieten. Material könnte von Schulen gestellt werden und so vielen Kindern dienen statt dass sich jeder das seine kauft. Pauschale Entschädigungen an Vereine für Personal könnten staatlich gestellt werden.
Dies direkt nach Bedarf, statt vorsorglich (ob es in Anspruch genommen wird oder nicht).

Das gleiche gilt für Musikangebote, Vereine die in der Ganztagsbereuung mit Kindern in Museen und Co. gehen.

Schülerhilfen können eingeplant werden, welche stundenweise Nachhilfe anböten. Das Ganze ohne den Aufwand, dass Jobcenter oder Jugendamt den Bedarf bestätigt. Ohne immer mehr Menschen, welche "genehmigen".

Die Gebäude sind da, teilweise nicht gänzlich ausgelastet.

Das "Personal" in den Vereinen und anderen Einrichtungen ist da.

Es gäbe weniger Stress weil Mamma oder Papa einen Euro über Hartz liegen.

Es gäbe kein Plastikartenchaos und keine Finanzierung eines globalen Gutscheinskonzerns.

Pauschalbeträge für Angebote, nach Nachfrage, würden Verwaltungsaufwand einer Abrechnung nach Punkten eindämmen.

Jeder Schüler hätte einfach eine Bestätigung, er ist auf einer ansäßigen Schule und könnte heute dorthin zum Sport gehen oder dorthin zum Musikunterricht oder ggf. am Montag Nachmittag zur Nachilfe in Schule xy.

Eine Broschüre halbjährlich zum Angebot und ein Koordinator der Auslastungen registrierte und entsprechend steuerte.

Keine Bevorzugung, keine Benachteiligung, Freiheit für Eltern und Kinder.

Nebenbei müssen die Sätze für Hartz trotzdem geändert werden. Einfach weil es unserer Verfassung entsprechen muß.

Es ist kein Geschenk was gerade geschieht, es ist ein Armutszeugnis für die Politik, welche es geschafft hat über Jahre Menschen nicht entsprechnend ihrer Grundrechte zu behandeln.

Gutscheine statt Transfer hatten wir in diesem Land an den verschiedensten Stellen und sie sind oft aus gutem Grund wieder abgeschafft worden. Sie waren teuer, teilweise diskriminierend.... .

Gutscheine und Bonussysteme sind gut für Firmen und Unternehmen, sie bieten Steuervorteile, aber für den sozialen Bereich empfinde ich sie als nicht geeignet.

Nun sprechen Politiker öffentlich davon, dass Menschen Geldleistungen "versaufen" statt für die Bildung ihrer Kinder einzusetzen. Wenn sie davon ausgehen, dass Eltern das Geld nicht für Kinder ausgeben haben wir größere Probleme als Bildung und Sportverein. Was bedeutet dies denn für die psychische, physische Gesundheit gehe ich von einem solchen Elternversagen aus. Nur kümmert sich da die Politik nicht ebenso beherzt (bzw. nur in Verdachtsfällen, nicht pauschal wie bei der "Bildung" ).
Gestern hörte ich in den Nachrichten es würde befürchtet werden, mit den Karten könnte "gehandelt" werden um so Geld zu erlangen. Was wird für eine kriminelle Energie an allen Stellen erwartet. Dabei ist doch der "Fehler" erst mal von staatlichen Stellen ausgegangen, welche sich nicht verfassungskonform verhielten.

Vielleicht bekommen wir das Datensammelplastik, ich hoffe es fällt den Verantwortlichen noch etwas anderes ein.

Der Beitrag wurde von ella1 bearbeitet: 22.Aug.2010 - 17:58
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Hortensie
Beitrag 22.Aug.2010 - 23:18
Beitrag #28


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Liegt für Kinder und Jugendliche der Reiz für Angebote außerhalb der Schule nicht gerade darin, dass diese außerhalb der Schule stattfinden?
Wer würde einem Kind aus einer Hatz-IV-Familie ein Klavier kaufen bzw. den Kauf finanzieren, wenn durch Musikunterricht der Bedarf geweckt würde?
Was, wenn das Interesse erlischt?
Könnte ein Kind aus einer Familie, die knapp über dem Hartz-IV-Bezug liegt (einkommenstechnisch), aber jeden Cent für den Hausbau aufwendet, klagen, weil es nicht gefördert wird?

Ich weiß nicht, im Moment bleiben bei mir, wenn ich über das Thema nachdenke, mehr Fragen unbeantwortet, als ich Antworten finden kann.
Klar, Kinder brauchen Förderung und zunehmend sehen sich die Arbeitsvermittler mit jungen Menschen konfrontiert, die durch fehlende Schulbildung schlechter in Ausbildungsverhältnisse vermittelt werden können.

Anstehende und vielleicht dringend notwendige Systemwechsel werden von fast allen beklagt bzw. festgestellt, aber für rudimentäre Änderungen fehlen die notwendigen finanziellen Mittel.

Bei der angebotenen Plastikkarte wird wahrscheinlich der Hersteller und der Vertrieb der Lesegeräte der Hauptgewinner werden.

…aber kann das unterm Strich alles sein, was bei der ganzen Debatte herauskommt?

Vielleicht müsste die Föderalismusdiskussion neu geführt und das Bildungswesen aus der Verantwortung und der Finanzierung der Länder und Kommunen herausgelöst und Bundeseinheitlich geregelt bzw. aus Bundesmitteln finanziert werden?


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Hortensie
Beitrag 24.Aug.2010 - 20:47
Beitrag #29


"Jeck op Sticker"
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Vorschlag aus der Opposition


Ich poste hier mal einen Gegenentwurf zu Frau v.d. Leyen. Ich habe mich zwar auch noch nicht näher und im Detail damit beschäftigt, aber ich dachte, es könnte vielleicht für die Diskussion noch den einen oder anderen Aspekt hinzufügen.

Der Beitrag wurde von Hortensie bearbeitet: 24.Aug.2010 - 20:49
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meandmrsjohns
Beitrag 25.Aug.2010 - 14:25
Beitrag #30


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Bei der ganzen Diskussion bleibt, mir persönlich, ausser acht gelassen, welchen Anreiz Hartz 4 Empfänger haben sollen, aus ihrer prikären Situation aus eigenem Antrieb heraus zu kommen?

In meinen Augen sollte der Niedriglohn angehoben, und Hartz 4 gekürzt werden.
Arbeit muss sich lohnen, und das Einkommen sich deutlich abheben von jemanden der nichts tut.
Bunte Fernseher von Barbie oder Superman, extra für`s Kinderzimmer...... in Familien wo das Geld noch sauer verdient werden muss, wird man soetwas nicht finden. Bei Eltern die um das Wohlergehen ihres Nachwuchses bemüht sind, wohl eher auch nicht. Hauptzielgruppe Hartz 4 Empfänger. Genauso wie Kirmesbuden und deren Spielzeug.
Auf dem Rummel laufen meistens spätabends noch Gestalten mit ihren kleinen Kindern herum, die allesamt nicht danach aussehen als ob sie morgens früh aufstehen müssten um zur Arbeit zu gehen.

Der neueste Trendschulranzen, eine neue Wohnungseinrichtung..... alles auf "Bezugsschein"

Ich hatte mal eine Nachbarin, die wollte ihren Kleiderschrank verkaufen. Sie meinte, sie bekäme vom Amt einen neuen, und ihr alter wäre noch gut. (Hmm, wenn der noch gut ist, wieso schenkt ihr der Staat nen neuen?)

Anderes Beispiel:
Ehrenamtliche Helfer in einer Suppenküche wo Kinder kostenlos ein Mittagessen serviert bekommen. Auf die Frage, wo denn seine Mutter wäre, antwortete ein Mädchen: "drüben im Cafe` Kuchen essen.

Seltsamerweise haben viele Hartz 4 Empfänger Premiere, oder Sky. Naja, so seltsam isses ja nicht, irgenwie muss man die Zeit ja totschlagen ab ca 11 Uhr nach dem Aufstehen.

Früher war es eine Schande zum Sozialamt zu gehen. Heutzutage wissen schon Jugendliche, wie man sich vor einem Vorstellungstermin drückt. Schnell noch ein Attest vom Arzt, und die Sache ist geritzt.

Wer als Jugendlicher schon nicht den Ehrgeiz entwickelt, einen guten Schulabschluss zu absolvieren, weil er eh "Hartz4" werden will, wie soll man Erwachsenen beibringen, dass sie sich gefälligst auch mal selbst um ihre Kinder kümmern könnten, und nicht nur in den kostenlosen Kindergarten, Hort, Sportverein, Musikschule ect. abliefern können. Wobei, kostenlos isses ja nicht, die Allgemeinheit, also "die anderen" sollen das bezahlen.

Stimmt schon, Kinder sollten nicht darunter leiden. Kinder sollten aber auch mitkriegen, dass man sich Dinge verdienen und erarbeiten muss. Jedenfalls als Erwachsener. Bei einigen Familien würde schon das Bierdosenpfand und der Gegenwert einer Tagesration an Zigaretten ausreichen, um dem eigenen Kind privaten Ballett-, oder Fechtunterricht zu ermöglichen. Solchen Eltern Geld in die Hand zu drücken in der Hoffnung sie würden es für die Bildung ihrer Sprösslinge ausgeben ist wohl sehr tollkühn!

Kurze Rede, langer Sinn:

Ich plädiere dafür, dass alle Hartz 4 Empfänger morgens um 6 Uhr aufstehen müssen (spätestens), 2 Stunden mit 3x Umsteigen mit dem Zug oder dem Bus zum Bewerbungstraining fahren, und abends um 17 Uhr wieder nach hause können. Das bei weniger Transferleistung als bisher!
Ich wette, nach spätestens 3 Monaten hätten 50% die Schnauze voll, und einen Job, weil, Faulenzen iss ja nich (IMG:style_emoticons/default/tongue.gif)


So, nun hagelt es bestimmt von eurer Seite Entsetzen oder Drohmails...... juckt mich im Moment nicht, mache mich auf dem Weg zu meinem Zweitjob..... vonwegen es gibt zuwenig Arbeit.......

LG (IMG:style_emoticons/default/patsch.gif)
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Sägefisch
Beitrag 25.Aug.2010 - 15:59
Beitrag #31


Schlaudegen.
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Richtig ist, dass man Mentalitätsprobleme mit mehr Geld nicht ausgemerzt bekommt. Falsch ist, dass man Mentalitätsprobleme mit weniger Geld ausgemerzt bekommt.

Abstrafungswünsche gegenüber einer ohnehin demoralisierten Unterschicht - wer´s braucht. Dann eben noch weniger Binnennachfrage.
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McLeod
Beitrag 25.Aug.2010 - 17:11
Beitrag #32


mensch.
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ZITAT(Sägefisch @ 25.Aug.2010 - 16:59) *
Richtig ist, dass man Mentalitätsprobleme mit mehr Geld nicht ausgemerzt bekommt. Falsch ist, dass man Mentalitätsprobleme mit weniger Geld ausgemerzt bekommt.



(IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif) Ich wäre mit einem vernünftigen Mindestlohn, von dem ein einfaches Leben mit einem "ungelernten" Full-Time-Job möglich ist, sehr zufrieden. Aufstocken nur, wenn es weniger als (z.B.) 25 Wochenstunden Arbeit ist, nicht allein vom Verdienst abhängig. Und ggf. keine Zuverdienstmöglichkeit zu einem vernünftig kalkulierten Hartz IV-Satz. Kindesunterhalt funktioniert ja auch so, dass die Ausbildungsvergütung vom Satz nach Düsseldorfer Tabelle abgezogen wird und die Eltern schlicht und ergreifend die Lücke füllen. War jedenfalls bei mir so, ich hoffe, das hat sich rechtlich nicht verschlimmbessert.

McLeod
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Sinai78
Beitrag 25.Aug.2010 - 23:08
Beitrag #33


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ZITAT(meandmrsjohns @ 25.Aug.2010 - 15:25) *
So, nun hagelt es bestimmt von eurer Seite Entsetzen

Puh, Meandmrsjohns....heftig ist das Geschriebene schon Etwas.. (IMG:style_emoticons/default/morgen.gif) In Harz V zu landen ist heutzutage nun wirklich kein Ding mehr in Zeiten von befristeten Arbeitsverträgen oder Firmen die ständig Konkurs anmelden ect. pp. Auch nicht mit (guter) Ausbildung. Zweitjob: Leider mochte sich der 2 AG nicht mit den flexiblen Arbeitszeiten des 1 AG anfreunden- schön, das dass bei Dir funktioniert zu haben scheint. (IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)


ZITAT
Sägefisch Heute, 16:59
Abstrafungswünsche gegenüber einer ohnehin demoralisierten Unterschicht

Jo, find ich auch nicht so wirklich gelungen.. (IMG:style_emoticons/default/sleep.gif)

Sinai

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Hortensie
Beitrag 26.Aug.2010 - 01:13
Beitrag #34


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Mal so aus "Praktikersicht"


Manchmal kann es auch sein, dass Menschen einfach nur ein Vorbild brauchen. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum sich Perspektivlosigkeit vererben kann und sich dieses Erbe dann im Gang zum Sozialamt manifestiert.

Andererseits ist es vielleicht auch schwer, seinen Kindern jeden Tag vorzuleben, dass es sich lohnt, sich jden Tag zu einer Arbeit zu quälen, wenn diese Arbeit eben nich "Sinn gebend" sein kann.

Manchmal steckt man aber auch in einer Misere gefangen; einerseits nervt die Situation, in einem Gettho zu leben, arbeitlos zu sein und wegen Blick auf die Adresse zu wissen, nicht mehr aus der Situation herauszukommen.
Andererseits ist es auch nicht gerade motivierend, von einer Massnahme zur anderen "durchgereicht" zu werden.

Nein, ich weiss auch keine Lösung. Die Menschen, ohne Arbeit, die ich kenne, haben keine Perspektive, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Menschen, mit Arbeit, die ich kenne, sind total überlastet, machen Überstunden ohne Ende und können vor lauter Arbeit kaum noch geradeaus gucken.

Dieses Ungleichgewicht halt ich für sehr gefährlich. Ein Blick in die Geschichte zeigt ja auch, dass dies der ideale Nährboden für politisches Unrecht und eine Gefahr für unsere Demokratie darstellt.

Am meisten sorge ich mich um die nächsten Generationen, die da so perspektivlos und im Grunde aussenstehend heranwachsen.


Der Beitrag wurde von Hortensie bearbeitet: 26.Aug.2010 - 01:28
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meandmrsjohns
Beitrag 26.Aug.2010 - 13:11
Beitrag #35


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Hallo Allerseits,

meine Kritik galt ausschließlich denen, die nicht arbeiten wollen! Die sich genüsslich in die Hängematte Hartz 4 fläzen und jedem einen Vogel zeigen die abends müde von ihrem Job kommen, und auch nicht viel mehr zum Leben haben als sie.

Mir ist sehr wohl bewusst, dass es Situationen geben kann, in denen man nicht für seinen eigenen Lebensunterhalt aufkommen kann.

Sozialhilfe sollte eine Hilfe für Bedürftige sein! Wobei der Bedarf meiner Erfahrung nach sehr dehnbar ist:

Ein Beispiel:
ich weiß von einem Pflegedienstleiter, der die Tochter einer Klientin davon in Kenntnis setzen muss, dass das Geld der Pflegestufe 1 der Mutter nicht ausreichen wird, ihr künftig anstatt 1x abends, später ein 2. mal auf die Toilette zu helfen. Die Tochter kann die Pflege nicht aus eigener Tasche bezahlen, und die Mutter dummerweise nicht alleine zum Klo, weil sie mit dem Rollstuhl nicht ins Bad kommt. Da hilft kein Amt!

Ich weiß von einer alleinerziehenden, die Hilfe von Amts wegen gebraucht hätte, um für ihr Kind Hausaufgabenbetreuung während ihrer Schichtarbeit bezahlen zu können. Gibts nicht. Muss sie selber bezahlen hieß es beim Jugendamt. Wovon wussten sie auch nicht. Wahrscheinlich war ihr Lohn 3 Euro über dem Satz.....

Ich bin keineswegs gegen Sozialhilfe. Meine Erfahrung zeigt, dass sie manchmal ungerecht verteilt ist. Motivation zu Selbsthilfe zuwenig fördert und zuviel Spielraum für Mißbrauch bietet.


Peace (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Der Beitrag wurde von meandmrsjohns bearbeitet: 26.Aug.2010 - 14:08
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Gemino
Beitrag 27.Aug.2010 - 10:56
Beitrag #36


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Was mich unabhängig vom Sinn oder Unsinn einer Bildungs-Card (wieso eigentlich Card, wurde Karte abgeschafft?) stört, ist eine zunehmende Tendenz, die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens permanent nach 'unten' zu nivellieren. Wir scheinen uns vollkommen von der Vorstellung verabschiedet zu haben, es sei entscheidend, der durchaus vorhandenen breiten Zustimmung zu dieser Gesellschaft und den damit verknüpften Willen, diese positiv mitzugestalten, zu fördern und zum Maßstab zu machen.

Irgendwie habe ich verstärkt den Eindruck, dass alle Aspekte des Lebens geregelt werden, indem sich an verschwindenden Minderheiten orientiert wird, deren Verhalten als Maßstab herangezogen und daraus Regeln für alle abgeleitet werden, die dann zwar als Zwang für alle bestehen, das Problem an der Stelle, an der es auftrat, aber keineswegs beseitigen.

Da soll eine Minderheit von Bildungsverweigerern ins Bildungsboot gezwungen werden, das andere aus freiem Willen und mit Freude betreten. Diese anderen gelten aber nicht als Maßstab, an dem sich Förderung orientiert, nein, zum Maßstab wird der verdammungswürdige Verweigerer, was dann zur Folge hat, dass nun jeder erst einmal unter den Generalverdacht gerät, nur unter Zwang erreichbar zu sein. Und ich wage die Prognose, dass eine Bildungs-Card dennoch nur von denen genutzt werden wird, für die keinerlei Zwang erforderlich gewesen wäre, während diejenigen, an deren Einstellung sich die Maßnahme orientiert, diese Karte nicht einmal zur Kenntnis nehmen, geschweige denn nutzen werden.

Ich gestehe, dass mich dies zunehmend ärgert.

Anderes Beispiel: Da muss Oma N. 200 Euro Strafe zahlen, weil sie früh um 6 in einem menschenleeren Park gewagt hat, ihren uralten Bello, der sich kaum noch rühren kann, von der Leine zu lassen. Und dies, weil wir uns Gesetze und Verordnungen verpasst haben, die sich daran orientieren, dass bestimmte gesellschaftlich ohnehin problematische 'Gruppen' vor Jahren mit Hunden aufgerüstet und schlimme Unfälle verursacht haben. Oma N. war nie ein Problem. Sie entfernt sogar den Kot ihres Köters. Der geht jetzt an der Leine. Diejenigen, die reglementiert werden sollten, verfahren jedoch weiter wie bisher. Ein bisschen weniger offensichtlich vielleicht, aber ansonsten unverändert. Auch ein schönes Beispiel für eine Nivellierung nach 'unten'. Ohne Sinn, ohne Wirkung im Hinblick auf das eigentliche Problem - aber mit gewaltigen Auswirkungen auf das Leben einer Unzahl von Menschen, die überhaupt nicht gemeint waren.

Ich frage mich seit Jahren, wohin das führt. Wir kapitulieren als Gesellschaft an jeder Ecke vor Problemen, schaffen dabei in blindem Aktivismus mit wehenden Fahnen Schritt für Schritt die freiheitliche Grundordnung unserer Gesellschaft ab, ohne im Gegenzug auch nur irgendeinen positiven Effekt zu erzielen. Ist das Dummheit oder hat das System?
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dandelion
Beitrag 27.Aug.2010 - 13:30
Beitrag #37


don't care
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ZITAT(Gemino @ 27.Aug.2010 - 11:56) *
Da soll eine Minderheit von Bildungsverweigerern ins Bildungsboot gezwungen werden, das andere aus freiem Willen und mit Freude betreten. Diese anderen gelten aber nicht als Maßstab, an dem sich Förderung orientiert, nein, zum Maßstab wird der verdammungswürdige Verweigerer, was dann zur Folge hat, dass nun jeder erst einmal unter den Generalverdacht gerät, nur unter Zwang erreichbar zu sein. Und ich wage die Prognose, dass eine Bildungs-Card dennoch nur von denen genutzt werden wird, für die keinerlei Zwang erforderlich gewesen wäre, während diejenigen, an deren Einstellung sich die Maßnahme orientiert, diese Karte nicht einmal zur Kenntnis nehmen, geschweige denn nutzen werden.

Ich gestehe, dass mich dies zunehmend ärgert.
[...]
Ich frage mich seit Jahren, wohin das führt. Wir kapitulieren als Gesellschaft an jeder Ecke vor Problemen, schaffen dabei in blindem Aktivismus mit wehenden Fahnen Schritt für Schritt die freiheitliche Grundordnung unserer Gesellschaft ab, ohne im Gegenzug auch nur irgendeinen positiven Effekt zu erzielen. Ist das Dummheit oder hat das System?

Die von dir beschriebenen Beispiele haben ein System, allerdings nicht das, womit du es zusammenfaßt. Und entgegen sämtlicher Gewohnheiten fällt mir dazu etwas (ausnahmsweise gescheites) aus der Bibel ein, nämlich die Darstellung des guten Hirten (Mt 14,12) und das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32). Oder das ganz alltägliche Beispiel aus dem Sportkurs: ein Trainer kümmert sich weniger um die, die die Übung sofort beherrschen, als um die, die sich verletzen würden, wenn man sie machen ließe. So werden Gesetze normalerweise vergessen zu machen, wenn sich alle dran halten. Gibt es eklatante Verstöße, wird schnell die "Lücke" geschlossen - Resultat: ungenaue Formulierungen. Das ist keine neue Erfindung, sondern ein ganz normaler Vorgang, der seit Jahrhunderten die Rechtsfindung zum Problem macht.
Ich finde da auch nicht alles gelungen, Stichwort "Maulkorbzwang". Aber lieber, als wenn da welche ungeschoren davon kommen, weil die Beamten die Wahl haben, Unrecht geschehen zu lassen oder ohne rechtliche Handhabe zu agieren, ist es mir schon. Das Rechtsstaatsprinzip halte ich für eine ausgezeichnete Idee.

"kapitulieren vor Problemen", "blinden Aktivismus", "Abschaffen der freiheitlichen Grundordnung" - das klingt für mich nach Konsequenzen der medienorientierten Politik. Wer nicht sofort handelt, wird ausgebuht, also muß schnell eine Lösung her. Nicht, damit sie funktioniert, sondern damit niemand schreit, daß "die Politik nichts tut". Dementsprechend betrachte ich das Anerkennen eines Problems nicht als Kapitulation davor.
Mit dem letzten Punkt allerdings sprichst du etwas an, das zweischneidig geworden ist. Das Problem ist die Gefahr, die in ökonomischem Sozialdarwinismus liegt, und ihre Kollision mit dem Schutz privater Persönlichkeitsrechte. Ich bin froh, daß mittlerweile die Neugier der Institutionen an ihre Grenzen stößt und immer wieder Urteile gefällt werden, was für Daten alle nicht erhoben werden dürfen. Da wird mit zweierlei Maß gemessen. Entweder wir wollen alle an die kurze Leine nehmen, oder wir lassen alle laufen - und die schwächeren bleiben auf der Strecke. Seit einigen Jahren hat man's mit dem Liberalismus übertrieben, durch die Wirtschaftskrise werden die Folgen dessen offenbar - jetzt geht's in die andere Richtung.


ZITAT(meandmrsjohns @ 25.Aug.2010 - 15:25) *
Wer als Jugendlicher schon nicht den Ehrgeiz entwickelt, einen guten Schulabschluss zu absolvieren, weil er eh "Hartz4" werden will, wie soll man Erwachsenen beibringen, dass sie sich gefälligst auch mal selbst um ihre Kinder kümmern könnten, und nicht nur in den kostenlosen Kindergarten, Hort, Sportverein, Musikschule ect. abliefern können.

Wenn man den betreffenden Jugendlichen mal zuhört, ist der Tenor dieser Aussagen meist ein ganz anderer:
"Ich komme von der Hauptschule, sogar unsere Lehrer sagen, wir werden höchstens Hartz IV-Empfänger." Wenn mir so viel Bestärkung entgegenschlüge, spränge ich auch nicht gerade vor Übermotivation aus dem Fenster.
Vor ein paar Monaten ist mir in der Bahn ein mittleres Wunder begegnet: ein Junge aus meiner Nachbarschaft, der sein Leben lang nichts anderes gehört hat, als dergleichen aufbauende Worte. Trotzdem kämpft er sich gerade, mit sämtlichen pubertären Null-Bock-Gefühlen und völlig utopischen Zielen reichlich ausgestattet, durchs nachzuholende Abi. Er verschläft regelmäßig, und er schreibt nicht die besten Noten. Aber bestehen wird er doch. Obwohl ihn niemand zwingt, sein Abi zu machen.
(IMG:style_emoticons/default/thumbsup.gif)

ZITAT(meandmrsjohns @ 25.Aug.2010 - 15:25) *
Kinder sollten aber auch mitkriegen, dass man sich Dinge verdienen und erarbeiten muss. Jedenfalls als Erwachsener. Bei einigen Familien würde schon das Bierdosenpfand und der Gegenwert einer Tagesration an Zigaretten ausreichen, um dem eigenen Kind privaten Ballett-, oder Fechtunterricht zu ermöglichen. Solchen Eltern Geld in die Hand zu drücken in der Hoffnung sie würden es für die Bildung ihrer Sprösslinge ausgeben ist wohl sehr tollkühn!

Bei den meisten Familien, mit denen ich zu tun hatte, wird in solchen Situationen was anderes vermittelt:
"Wir haben nichts, wir können uns nichts leisten." Als Konsequenz wird jedes bißchen Sparsamkeit wie eine kostbare Brosche am Revers getragen. Und ab und zu gibt's dann einen Anflug von Kaufrausch. Die das nicht nachvollziehen kann, möge eine radikal einschränkende Diät machen und ihr Verhältnis zu Essen am sechsten oder siebten Tag beschreiben.
"Ich würde so gern arbeiten, aber ich kann nichts." Da wird ganz ganz oft Schwäche und mangelndes Selbstvertrauen (z.B. aus Bewerbungsabsagen oder Schicksalsschlägen) durch gutes Zureden überkompensiert. Wer das Gefühl hat, niemals einen Job finden zu können, redet sich ein, die tollsten Tätigkeiten erledigen zu können. Empfundene(!) eigene Häßlichkeit wird zu Hochmut gegenüber denen, bei denen frau selbst (nach eigenem Empfinden) nie eine Chance hätte. Resultat: Selbstüberschätzung und weitere Rückschläge. Ganz häßlicher Teufelskreis.
Und da helfen genau solche Sprüche überhaupt nicht weiter, sondern schmeißen die Hartgesottenen und die Sensiblen in einen Topf, aus dem nur die, die verbohrt genug sind, sich davon nicht beeindrucken zu lassen, leidlich gesund wieder rauskommen.

ZITAT(meandmrsjohns @ 25.Aug.2010 - 15:25) *
Ich plädiere dafür, dass alle Hartz 4 Empfänger morgens um 6 Uhr aufstehen müssen (spätestens), 2 Stunden mit 3x Umsteigen mit dem Zug oder dem Bus zum Bewerbungstraining fahren, und abends um 17 Uhr wieder nach hause können. Das bei weniger Transferleistung als bisher!
Ich wette, nach spätestens 3 Monaten hätten 50% die Schnauze voll, und einen Job, weil, Faulenzen iss ja nich (IMG:style_emoticons/default/tongue.gif)

Ich gehe mal davon aus, daß das ein schlecht gekennzeichneter Scherz ist.
So züchtet man schließlich die Mentalität "Arbeit macht eh nur krank" - ein solches Arbeitsumfeld jedenfalls tut das. Wenn sich jemand ohnehin nichts zutraut und deshalb pessimistische Bewerbungsschreiben fabriziert, wird das, so denke ich, eher behandlungsbedürftige Gemütszustände erzeugen als Arbeitswillen.
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ella1
Beitrag 27.Aug.2010 - 17:40
Beitrag #38


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Rund 80.000 Schüler verlassen die Schule jährlich ohne Abschluß. Sie gehen einfach nicht hin. Heutztage nennt man dies vornehm:"Schuldistanz".
Nicht nur in Berlin ist der Gang zur Schule (vor allem Hauptschule aber nicht nur) vielen Kindern nicht mehr zumutbar, da helfen auch die neueingeführten "Schulhofwachdienste" nicht mehr.
(Wobei jetzt wird in Berlin ja alles besser, es gibt nun einfach keine Hauptschulen mehr, vermutlich aber noch die gleichen Schüler)


Ich sehe dies als die Hauptprobleme, Menschen die die Schule nicht besuchen oder (wenn sie erscheinen) dort Gewalt ausüben und andere vom Lernen abhalten.
Wenn schon Zwang und Überwachung eingeführt werden sollte, dann sehe ich bei diesen Menschen und ihren Erziehungsvertretern rechtliche Grundlagen hierfür.


Nebenbei hat der Staat in Person jener Politiker die Hartz 4 in der bisherigen Form einführten sich gerade zum Vollhorst gemacht. Bewiesen, dass Rechte von Menschen nach dem Grundgesetz über Jahre nicht eingehalten wurden.

Natürlich können sie jetzt 200 Euro im Jahr einführen, auf Karte und nebenbei noch Nachhilfebedarf von Jobcenter und Jugendamt verwalten lassen. Nur wird dies unendliche Klagen hervorrufen, wie schon bislang. Wer will findet solche Klagen im Netz, welche besagen Nachhilfe wurde abgelehnt und musste dann doch gewährt werden oder noch besser, der Schulweg muß bezahlt werden (siehe Frontal 21, "Teurer Schulweg").

Frau von der Leyen meinte im o.g. Beitrag von Frontal (noch im Netz verfügbar) dann sollen Eltern eben an anderer Stelle sparen wenn der Bus nicht 11 Euro (wie vorgesehen) sonder über 50 Euro im Monat kostet. Soviel zur Bildung und soviel zum Rechtsverständnis, denn sie verliert regelmäßig vor Gericht.

Ich würde mir sehr wünschen, dass sich die Neuerung von Hartz 4 am Grundgesetz und Rechtstaatlichkeit orientiert. Ich bezweifele, dass sie es hinbekommen.

Ich las hier von Krise und leeren Kassen. Deutschland hat ca. 1,7 Billionen Schulden, allerdings stammen davon ein Bruchteil aus dem letzten Jahr. Die meisten Schulden gabs im Aufschwung. ;-)


Wenn Bildung das wichtigste ist was die Politik zur Zeit auf dem Plan hat, wenn schon heute Stellen nicht mehr besetzt werden können weil die Menschen nicht schreiben und lesen können, sollte alles was irgendwie mit Bildung zu tun hat nicht an Geld scheitern. Ich wüßte nicht wieso wir hierzu mehr Verwaltung brauchen und eine Regulierung von "oben" wer wann für wieviel Geld was darf.....es sollte schlicht angeboten werden, in der Schule, neben der Schule, im Rahmen des Bildungsauftrages des Staates. Ggf. kann dafür ein Puzzelkurs bei der Dekra, für Hartz 4 Empfänger, ausfallen. Es würde mich nicht stören.

Aber 200 Euro (pro Jahr) in Kartenform, nach diesem Urteil des höchsten Gerichtes, wird sicherlich unsere Bildungserbebnisse nicht messbar steigern.
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ella1
Beitrag 28.Aug.2010 - 10:29
Beitrag #39


Naschkatze
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Biblische Vergleiche :-)...würden Schul,-Bildungsverweigerer heutzutage darum bitten wieder in der Schulfamilie aufgenommen zu werden, würde sicherlich große Freude ausbrechen; Und würde sich ein verlorenes Schulschaf wieder in die Herde integrieren lassen ebenso.

Es ist in allen Systemen ob Familie, Beruf oder Gesellschaft ein Problem wenn Menschen nicht entsprechend ihrer Fähigkeiten und Bedürfnissen anerkannt und gefördert werden.
Wenn sich Lehrer, Trainer, Eltern übermäßig um jene kümmern, welche Schwierigkeiten haben, bleiben die anderen allein, ebenso wie 99 Schafe ohne ihren Hirten. Das ist für die Schafe im Zweifelsfall, kurzfristig kein Problem. Kein Problem solange ihre Bedürfnisse nach Schutz und Futter trotzdem gesichert sind.

Wenn es allerdings um Anerkennung und Förderung geht und diese auf der Strecke bleibt weil für die mittel-, übermäßig Begabten einfach kein Trainer, Lehrer oder Elternteil Zeit hat ist auch dies eine Form der "Vernachlässigung".

Ich frage mich wer ist die Zielgruppe der Bildungsoffensive?
Zum einen sicherlich Schulverweigerer, jene die es nicht schaffen in neun bis zehn jahren Schule auf Grundschulniveau kommen.
Sie bedürfen einer engmaschigen Förderung. Das ist eine "Zusatzlocke" welche nicht zu Lasten des bisherigen Systems, d.h. zu Lasten der funktionierenden Kinder gehen darf.

Kinder dürfen sich weder in Schule, Verein oder Elternhaus langweilen noch überfordert werden.

Dies benötigt sehr verschiedene Ansätze. Es benötigt Möglichkeiten, welche nicht beschränkt werden, weil Verantwortliche sich gerade um den "Schwierigsten Fall" kümmern, so sozial dies auch anmutet. Es ist nicht sozial für jene die eben "aus dem Raster fallen".

Ich halte es für eine schlechte Idee z.B. in Berlin Hauptschulen abzuschaffen. Es erscheint konsequent in dem Versuch die "Gruppen" zu durchmischen in der Hoffnung "Bandenstrukturen" lösen sich so auf oder werden "verwässert".
Meine Idee wäre gewesen, Hauptschulen mit Lehrern, ggf. auch Polizei (denn es geschehen dort Straftaten von Jugendlichen nah am Erwachsenalter), Pädagogen und Psychlogen vollzustopfen. Ggf. hätten dann auch Eltern wieder mehr Sinn an dieser Schulform gefunden, wäre sie tatsächlich fördernder geworden, hätte durch stärkere Unterstützung auch mehr Perspektiven geboten.
Nun sitzt also der dreifache Grundschulwiederholer bis zur sechten Klasse neben demjenigen der später auf ein Gymnasium wechselt. Ich halte dies für beide Seiten nicht gut und vor allem nicht förderlich.


Kinder, Jugendliche brauchen individuelle Förderung. Gerecht würde ich es empfinden wenn sie nach ihren Möglichkeiten Unterstützung bekämen die ihnen das bestmöglichste individuelle Angebot böten. Das Ergebnis wäre am Ende der Schule, in Bezug auf Wissen und Perspektiven, trotzdem höchst unterschiedlich.


Wer Kinder nicht fördern will, wird dies auch nicht mit Plastik verändern. Mit 200 Euro lässt sich kein Schulversagen durch Nachhilfe verändern und zusätzlich noch der Sportverein und der Zoo finanzieren.

Statt etwas "schwammiges" für alle aufzuziehen, sollten Ziele formuliert werden. Z.B. wieviele unentschuldigte Fehlstunden gibt es zur Zeit in den Schulen der Stadt und wohin wollen wir nächstes Jahr?

Wieviele schaffen den Abschluß nicht und wieviele dürfen es sein? Hierbei einen bundesweiten Standard einführen für die verschiedenen Abschlüsse und alles tun damit das Ziel erreicht wird.

Wenn Eltern und Kinder ihren Job erfüllen, wieso nicht mit Anerkennung arbeiten?
Wenn sie es nicht erfüllen mit Hilfe und ggf. auch "Strafen".
Dies aber abhängig von ihrem Verhalten statt von Einkommen.

Im Grunde fordern wir (gesellschaftlich) Bildung ein, d.h. Leistung. Wir erwarten als Gesellschaft, dass die Nachkommen diese Gesellschaft am Laufen halten. Hierfür müssen sie Geld verdienen um Staat und Bürger weiter zu finanzieren.

Auch hierbei muss sich die Gesellschaft Ziele setzen. Pauschal zu verlangen, dass Schüler von Heute und Morgen alle mindestens Mittlere Reife schaffen ist utopisch. Das heißt auch wir brauchen Arbeitsfelder die eben wenig Bildung als Vorraussetzung haben. Ggf. müssen wir diese zusätzlich aus Steuergeldern finanzieren.

Wir können natürlich auch sagen, wir lassen alle ab einem Bildungsabschluß von unter xy lebenslang in vollständiger Transferabhängigkeit.

Letzendlich haben wir nicht genug Berufsangebote in diesem Land. Wir haben sie schon gar nicht für Menschen ohne Abitur und Studium. Selbst sowas wie Polizist, früher prima mit Hauptschule zu erlernen, ist heute eine Beruf der ein Fachhochschulstudium benötigt.

Wir haben keine Kohlegruben mehr in denen der Junge von nebenan gutes Geld verdienen kann auch ohne rechnen zu können, in denen es reicht, dass er jung und fit ist.
In meinem Baumarkt rechnet die Kasse mitlerweile selbstständig ab, so wie bei Ikea, d.h. in fünf bis zehn Jahren braucht es auch keine Kassiererin mehr auf 400 Euro Basis.

Denke ich an diese Dinge dann können wir fördern wo es notwendig ist, individuell nach Bedarf, aber wir werden einen Großteil der nachwachsenden Generation in diesem Land nicht (wirtschaftlich) beschäftigen können.

Vielleicht ist es tatsächlich ein falsches Versprechen Menschen zu sagen sie könnten in Zukunft allein durch Bildung selbstständig (unabhängig von Sozialleistungen) leben. Das können sie nur wenn sie einen oberen Bildungsabschluß erreichen oder geniale Ideen oder Förderer haben. Tatsächlich ergibt sich hieraus auch eine Perspektivlosigkeit. Hierfür Lösungen zu finden ist ein Ziel der Bildungsoffensive, welches in meinen Augen zuwenig (im Grunde gar nicht) angesprochen wird, von Politik und Verantwortlichen.

Denke ich über Bildung nach komme ich von einem zum anderen. Darauf, dass in dieser Gesellschaft aus den verschiedensten Gründen Personalintensive Jobs gemieden werden. Das sind die Back-Fabriken, die maschinellen Wachschanlagen, Supermärkte, Billigangebote aus Fernost oder ggf. teure Markenartikel ebenso aus Fernost.
Im grunde hat das Einkaufsverhalten nicht mal etwas mit sparen zu tun, sondern einfach mit neuen Möglichkeiten und einem Wandeln in den Bedürfnissen der Konsumenten.

Kinder sind nicht besonders beliebt, das bemerke ich täglich an Beschwerden über ihre "Lautheit" oder die "Unordnung" welche sie hinterlassen. Ggf. an den "Bedrohungsszenarien" die Jugendlichen zugedacht werden (ok glaube ich meinen Eltern ging die Welt schon immer an der nachfolgenden Generation unter und sei ob deren Musik).

Und nun sind Kinder und Jugendliche halt "Totalversager" ( in Bezug auf keinen Abschluß 8% im Jahr, Hauptschule 10%) allerdings auch ohne besondere Alternativen.
Das regeln wir nun ggf. staatlich mit 200 Euro für die "Armen" der Bevölkerung. Bei manchen wird sich die berechtigte Frage stellen "wozu".

Der Beitrag wurde von ella1 bearbeitet: 28.Aug.2010 - 10:33
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