![]() |
Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )
Du kannst deinen Beitrag nach dem Posten 90 Minuten lang editieren, danach nicht mehr. Lies dir also vor dem Posten sorgfältig durch, was du geschrieben hast. Dazu kannst du die "Vorschau" nutzen.
Wenn dir nach Ablauf der Editierzeit noch gravierende inhaltliche Fehler auffallen, schreib entweder einen neuen Beitrag mit Hinweis auf den alten oder wende dich an die Strösen.
Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Webseite erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.
![]() |
![]()
Beitrag
#1
|
|
Inselreifes Träumerschäfchen ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 8.508 Userin seit: 16.02.2006 Userinnen-Nr.: 2.619 ![]() |
Heute vor 46 Jahren wurde die Mauer errichtet. Dazu habe ich eine gute Chronik im Net gefunden, falls sich dafür jemand interessiert:
Chronik der Mauer Leider war ich erst nach dem Mauerfall in der ehemaligen DDR und kenne das alltägliche Leben dort nur vom Hören-Sagen. Ein ehemaliger Arbeitskollege, der von "drüben" geflüchtet war, hat mir viel über das Leben dort erzählt. Ich fand es richtig spannend. An eine Geschichte erinnere ich mich noch gut. Er erzählte mir, dass es manchmal Orangen zu kaufen gab und dass er und seine Kollegen dann den Arbeitsplatz verlassen durften, um sich in die Schlange vor dem Laden einzureihen, nur um ein paar Orangen zu ergattern. Auch fand ich es toll, wenn er von der Kollegialität und Hilfsbereitschaft untereinander erzählte. Manchmal habe ich ihn richtig beneidet, obwohl er natürlich auch hässliche Dinge erzählte. Ich bin sehr an deutscher Geschichte interessiert und neugierig, wie sich das alltägliche Leben drüben gestaltete, welche Sorgen, Nöte und natürlich auch Freuden die Menschen hatten. Im Internet gibt es viele Infos über die DDR, meistens aber politisch, ich würde gerne mal etwas darüber erfahren, wie sich der Alltag so abspielte, welche Lebensmittel es nicht gab, wie schwer es war, ein Auto zu bekommen, wie wurde der Urlaub organisiert, was gab es und was gab es nicht und was wurde vermisst. Welche Musik wurde gehört, welche Fernsehprogramme wurde geschaut, wie offen ging frau bzw. die Gesellschaft mit dem Lesbischsein um usw. :rolleyes: Es wäre toll, mal aus "erster Hand" ein paar Geschichten zu hören, vielleicht kommt ja hier jemand von "Drüben" und hat Lust, mal etwas zu erzählen ;) EDIT: Tippteufeline beseitigt :D Der Beitrag wurde von Nordlicht bearbeitet: 13.Aug.2007 - 13:01 |
|
|
![]() |
![]()
Beitrag
#2
|
|||
Vorspeisenexpertin ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 64 Userin seit: 02.09.2004 Userinnen-Nr.: 227 ![]() |
Also, ich kann natürlich nur aus meiner Sicht berichten (als Kind und Teenager), ich habe z.B. hinterher (nach Mauerfall und "Wende") auch einiges erfahren, was ich vorher zu DDR-Zeiten so nicht wahrgenommen hatte. Das Thema Homosexualität wurde öffentlich nirgendwo thematisiert, weder in der Schule/Pionierorganisation oder in Jugendliteratur, Aufklärungsbüchern oder sonstigem. Es schien so, als gab es das gar nicht. Dementsprechend kannte ich als Kind bis Teenager solche Wörter, wie Hetero- und Homosexualität, Schwule und Lesben, gar nicht und wäre auch nie auf die Idee gekommen, das es eine Alternative zur Heterosexualität oder dieser Norm: Mann + Frau heiraten und kriegen Kinder, gäbe. Als Kind wurde ich manchmal vor einer bestimmten Kneipe oder Bar gewarnt. Ich sollte mich nicht in der Nähe dort aufhalten, weil dort seltsame Männer verkehren sollten, die sich auch in den Gebüschen daneben aufhielten. Auf meine neugierigen Nachfragen, warum diese Männer denn seltsam sind, wurde nur gesagt, dass die auch Frauenklamotten tragen. Ich konnte damit als Kind nichts anfangen, für mich war das dann also eine seltsam-gefährliche Kneipe, bei der ich in der Nähe nicht spielen sollte. Als ich mit Eintritt der Pubertät feststellte, das bei mir irgendwas anders ist (alle meine Freundinnen begannen sich für Jungs zu interessieren, verabredeten sich, flirteten auf der Kinder- oder Pionierdisco, wohingegen ich keinerlei Interesse an Jungs verspürte, was mir natürlich Gerede und Verkupplungsversuche meiner Klassenkameradinnen (= DDRisch für Mitschülerinnen) einbrachte; alle Mädchen schwärmten für männliche Stars, wohingegen ich das nicht nachvollziehen konnte und eher für Cindy Lauper und Nina Hagen schwärmte; alle Mädchen erzählten nach den Ferien von Jungs, die sie im Urlaub kennen lernten, ich dagegen fand an einem Ferienort ein Mädchen ganz toll, das ich unbedingt küssen wollte ....), konnte ich das nicht benennen, hatte keine Wörter dafür. Aufgrund des Druckes (ständige Verkupplungsversuche, Gerede der anderen Mädchen, "ging" ich auch erstmal mit Jungs, was ich aber total langweilig fand). In der 5.Klasse bekamen wir einen neuen Klassenlehrer. Dieser Lehrer war vorher an einer anderen Schule und war von dort "geflogen", warum wusste keiner von den Schülern (das er geflogen war, wussten wir von den Schülern der anderen Schule). Eines Tages (ich weiß nicht mehr in welcher Klassenstufe) kam er in den Unterricht und verkündete, dass er heute Aufklärungsunterricht betreiben möchte. Das war erstmal schon seltsam, denn normalerweise wurde in der Schule kein Aufklärungsunterricht betrieben, höchstens im Fach Biologie in der 8.Klasse wurde Sexualität angesprochen (was aber nur so verlief, dass die Geschlechtsorgane und der Geschlechtsakt, Schwangerschaft und Geburt beschrieben wurden, das wars). Der Lehrer begann also mit seiner Aufklärung und erklärte uns dabei, das es auch Homosexualität, also Schwule und Lesben gibt, dass diese aber genauso "normal" wie alle anderen sind. Als das einige Schüler nicht so recht glauben wollten (bzw. blöde Sprüche kamen), nannte er Beispiele von schwulen Prominenten. Das war v.a. für die weiblichen Fans von Erasure, Pet Shop Boys und Jimmy Sommerville ein Schock. Als dann Sprüche kamen, dass eben nur ein paar Künstler so sind, outete er sich selbst als schwul und erzählte von seinem Coming Out, seinen Schwierigkeiten dabei und plädierte für Toleranz. Am nächsten Tag beschwerten sich einige Eltern in der Schule. Einige Tage danach wurde der Lehrer auch von unserer Schule entlassen. Den Entlassungsgrund haben wir nicht erfahren, die Lehrer schwiegen sich dazu aus. Die Gerüchteküche brodelte natürlich und plötzlich hieß es, das er von der anderen Schule wohl gefeuert wurde, weil er die Jungs im Unterricht bevorzugte, anmachte und all son Kram, und es wurde ziemlich schlecht über Schwule und Lesben geredet. Für mich brachte dieser Aufklärungsunterricht, dass ich mein "anders-sein" nun benennen konnte, mich nicht mehr ganz so seltsam oder anders empfand, wenn doch so viele Stars aus den Achtzigern auch "so waren" (schade fand ich, dass er keine lesbischen Stars benannte, aber zumindest Annie Lennox als Bisexuelle nannte, ich wurde dann sogleich Fan von ihr), andererseits schockierte mich der Umgang mit dem Lehrer und das schlechte Gerede über das Thema hinterher, so dass ich meine Erkenntnis lieber für mich behielt. Diesen Lehrer sah ich später dann mal aus oben genannter Kneipe kommen, mit zwei Männern, die tatsächlich Frauenkleidung trugen, das war natürlich nochmal sehr erschreckend für mich, da dass ja die Kneipe war, vor der ich als Kind immer gewarnt wurde und die in meiner kindlichen Vorstellung ein schlimmer gefährlicher Ort war! Mit der Erkenntnis, das ich wohl wahrscheinlich lesbisch bin, wusste ich dann nicht wohin, also mit wem ich hätte darüber sprechen können. Ich suchte nach Infos in Aufklärungsbüchern, fand aber nichts. Lesben-Beratungsstellen gab es auch nicht. Cafes oder Treffpunkte für Schwule und Lesben fand ich auch keine (es war natürlich aber auch schwierig sowas herauszufinden, offiziell gab es jedenfalls sowas nicht). Als ich in die Lehre kam, war eine Kollegin im Kollektiv (= DDRisch für Kollegenkreis) lesbisch. Über diese Frau wurde so dermaßen schlecht geredet und sie von allen geschnitten. Da ich von mir selbst nicht preisgab, das ich wahrscheinlich auch lesbisch bin, bekam ich natürlich alles Gerede auch zu hören, es war sowas von schrecklich, was da alles geredet wurde, teilweise total abgedrehte Phantasien von den Leuten, die sie zum besten gaben. Es gab sogar Aussagen, dass einige Kolleginnen mit ihr nicht zusammenarbeiten wollten und auf keinen Fall mit ihr allein in einen Raum sein wollten, wer weiß, was "diese Lesbe" dann mit ihnen machen würde. Einige Kolleginnen sagten sogar, dass sie sich ekeln würden, wenn sie Arbeitsmaterial, welches sie vorher benutzt hat, danach auch anfassen sollten. Dieses üble Gerede war ständig massiv vorhanden. In so einem Umfeld wagte ich es natürlich nicht, mich auch zu outen, es erschreckte mich auch sehr und so blieb es weiterhin mein Geheimnis. Dann kam aber schon der Mauerfall (und in Folge der Abbruch meiner Lehre dort). Hinterher erfuhr ich, das es sehr wohl Treffs oder Cafes für Schwule und Lesben gab. In Ostberlin soll es schon den Sonntagsclub gegeben haben, in unserer Stadt soll es auch ein Cafe gegeben haben, was natürlich nicht offiziell als Schwulen- und Lesbentreffpunkt bekannt war. Über die Situation von Lesben in der DDR hatte ich auch mal ein Buch gelesen, von welchem ich den genauen Titel nicht mehr weiß und das ich auch bei amazon nicht finde, ich glaube es hieß "Lesben in der DDR". Und es gab auch einen DDR-Film über einen schwulen jungen Mann "Coming Out", diesen Film hatte ich zu DDR-Zeiten aber nicht gesehen (denn er wurde am Tag des Mauerfalls zum ersten Mal gespielt). http://de.wikipedia.org/wiki/Coming_Out_(Film) Lieben Gruß k.d. edit: schon wieder Rechtschreibfehler, irgendwie klappt das auch mit Firefox und Quotentags und Smilies nicht ... Der Beitrag wurde von k.d. bearbeitet: 22.Aug.2007 - 14:12 |
||
|
|||
![]() ![]() |
Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 05.07.2025 - 04:36 |