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Beitrag
#1
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verboden vrucht ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 2.903 Userin seit: 16.07.2005 Userinnen-Nr.: 1.862 ![]() |
Diese Theorie, (im Thread "Gibt es hier feminine Lesben?", Seite 6) von LadyGodiva in den Raum gestellt, beschäftigt mich seit Tagen immer wieder zwischendurch ... Etwas in mir "weiss", dass das so für mich nicht stimmt, und durchforstet, während aller möglichen anderen Beschäftigungen, meinen Erfahrungspool nach Momenten, die sich formulieren, und der o.g. Idee unverkrampft und mit Leichtigkeit entgegenstellen lassen. Vorweg: Ich selbst wohne in einem Hänflingskörper - 1, 72 groß, ideale Flohmarktmaße, um immer mindestens 2 fast neue Hosen, T-Shirts, Jacken ... für ein bis drei Euro zu finden. Meine Brüste sind so klein, dass sie keines Erleichterungs-BHs bedürfen. Ich hatte in meinem Leben zwar Unfälle, aber keine, die zu langfristigen Einschränkungen geführt haben. In meinem Arzt-Elternhaus (Vater Spross einer alten, betuchten, hanseatischen Kaufmannsfamilie, Mutter Sprosse sich verbandelt habender hoher Forstbeamten-Generationen) wurde auf "Proleten" und beleibtere Menschen herab geschaut: Selber schuld. Krank werden? Eine Behinderung haben? Nun gut, kann passieren ... aber nervig und höchst überflüssig für uns körperlich nach Plan funktionierende Wesen, uns damit befassen zu müssen. Es sei denn, gegen Geld. Nicht-Deutsche? O.k. - solange es Skandinavier waren. Oder Spanier - dort hatte mein Vater sich im deutschenfreundlichen Willkommen der Franco-Freunde einmal sehr prinzenhaft gefühlt. Als ich ein noch sehr kleines XX-Mädchen war, begann ich mit zunehmender Intensität, ein Junge sein zu wollen. Als ich sechs war, gab ich mir einen Jungs-Namen, den ein bewunderter Klassenkamerad trug. Ich stopfte so lange meine verhassten Pepita- und Schotten"röckchen" in meine Baumwollstrumpfhosen, bis meine Klassenlehrerin meine Mutter anrief, und sie davon überzeugte, dass ich in Hosen ein glücklicheres Kind wäre. Ein Mädchen, das ich irgendwo auf meinen Streifzügen kennen gelernt hatte, fragte meine Mutter nichts ahnend: "Ist das wirklich sein Fahrrad?" Meine Mutter korrigierte, und sagte: "Aber X. ist doch ein Mädchen." Sie fing sich von ihrer siebenjährigen Tochter die erste und einzige ohnmächtig-beschämte Ohrfeige unserer Beziehung ein. Allabendlich betete ich darum, mit dem ersehnten Männlichkeitsbeweis zwischen den Beinen zu erwachen. Soweit zu meiner Physiologie, meinen Prägungen, meinen kindlichen Identitätskämpfen .. Was - oder wer - bin ich heute? Eine, die gern in ihrem weiblichen Körper wohnt. Und die viele, viele Erfahrungen gemacht hat, die nicht vornehmlich mit ihrem eigenen Körper-Zuhause zu tun haben. Ich werde das eine oder andere aus meinen Durchforstungs-Funden für Euch rauspicken. Ich bin: 1. Eine, die viel intensive, partnerschaftliche Zeit mit zwei Frauen verbracht hat, die dicke, runde Bäuche und große, schwere Brüste haben. Die eine der beiden, mit der mich bisher 22 Jahre Freundschaft und 17 Jahre Liebe verbinden, ist nach einem schweren Unfall gehbehindert, und hat oft Schmerzen. Sie ist nicht-spanische, südeuropäische Arbeitertochter aus kleinen Verhältnissen. 1, 58 cm groß (?). Es ist ihre, nicht meine Körperlichkeit und Lebensgeschichte, durch die ich mit am entscheidendsten gelernt habe, meine Überheblichkeit in vielen Lebensfragen überhaupt erstmal zu erkennen. Und die Körperlichkeit meines besten Freundes, die über 7 Jahre immer weniger wurde, bis er schließlich mit 42 Jahren starb. Ich habe meine Frauen und ihn so oft in den Armen gehalten. Ich habe viel mit allen dreien diskutiert, gestritten, mir um die Ohren hauen lassen und ausgeteilt. Und einfach mit-gelebt, mit-gefühlt, mit-gespaßt, mit-gestöhnt - und mit-getrauert. Um körperliche Schätze, die ich hatte und habe - aber sie nicht. (Und manchmal auch um Schätze, die sie haben, und ich nicht. Meist auf nicht-körperlichen Ebenen.). Ich habe dagestanden, und ihre Brüste angehoben und gehalten, wenn sie unter Rückenschmerzen litt. "Ah, tut das gut - kannst du eine Weile so bleiben?" Ich habe gelernt, zu verstehen, dass Vieles eben nicht "Anstellerei" ist, sondern ein anderes Körper-Erleben. Ich habe gelernt, mitzufühlen, wo eine Stufe zu hoch, ein Abhang zu steil, ein Einkaufsbeutel zu schwer, ein Urinbeutel voll, eine Todesangst einfach gerade da ist. Nicht, dass es mir immer leicht gefallen wäre ... aber ohne diese Erfahrungen, die mit den Körpern der anderen zu tun haben, wäre ich nicht die, die ich heute bin. 2. Eine, die eine weitere, prägende, ganz regelmäßige, nicht so private und intime, aber auf andere Weise ebenso persönliche Erfahrungswelt hat: Meinen Beruf. Ich arbeite (u.a.) als Körper-Therapeutin. Meine Arbeit besteht zu ca. 50% darin, mich auf andere einzuschwingen. Das ist etwas, was über das wissende Einfühlen hinaus geht. Je weitgehende ich mich freimachen kann von gedanklichen Anhaftungen an eigene Themen, desto tieferes und wohltuenderes Berühren des Menschen, der sich mir, der Therapeutin, anvertraut, ist mir möglich. Eine Zeitlang waren meine besten, effektivsten, tiefsten Behandlungen oft die, die ich gab, wenn ich völlig übermüdet war. Warum? Vermutlich weil ich an solchen Tagen ausser mit Wachsein mit nichts aus meinem eigenen Nähkätchen beschäftigt sein konnte , vor lauter Müdigkeit (die ich oft eher als ganz eigenartige Wachheit empfunden habe), und der Rest der Aufmerksamkeit ins Da-Sein und intuitive Erspüren gehen konnte. Oft hätte ich nicht wirklich sagen können, was ich da tue - aber es war gut. (Inzwischen gelingt es mir sehr häufig, diese Tiefe zu erreichen, ohne die Nacht zuvor durchwacht zu haben. Madame Schlaflosigkeit war eine meiner großen LehrmeisterInnen, in vielfacher Hinsicht. Aber v.a. auch, was Durchlässigkeit für Ströme außerhalb meiner Körperlichkeit angeht.) 3. Eine, die "hört", wenn ihre Pflanzen nach Wasser oder Zuwendung schreien. 4. Eine, die überall in ihrer Wohnung Toll- , Ausruh- und Wohlfühlplätze für die mit ihr wohnenden Gnome, Elfen, Trolle verteilt hat. Wenn sie sich nicht wohlfühlen (beispielsweise, wenn es zu ordentlich oder zu chaotisch ist - in ganz spezieller Hinsicht), "höre" und "sehe" ich auch sie. 5. Eine, die etliche (nicht-hellinger´sche) Familien-Aufstellungen begleitet und mitgemacht hat. Die Erfahrung, in der Rolle beispielsweise einer Frau vor vier Generationen zu stecken, die ihrem 13. Kind "begegnet", bei dessen Geburt sie starb, und mit diesem Kind zu weinen, und es in den Armen zu wiegen, bis es sich beruhigt hat, ist alles andere als nur körperlich. (Auch wenn sich unter solche Tränen sicherlich welche mischen (dürfen), die etwas aus meinem eigenen Leben beweinen.) 6. Eine, in deren Armen eine alte Frau starb, die sie vor vielen Jahren ambulant mit betreute. Auch keine körperliche, aber eine wegweisende Erfahrung: Zu spüren, wie die Seele noch da ist, und, nachdem der Arzt da war, stundenlang, aus Respekt vor eben dieser Noch-Anwesenheit, zu warten, bis ich das Bestattungsinstitut angerufen habe. 7. Eine, die gespürt hat, als ihr geliebter Hund starb - 700 km entfernt. So, bei diesen Beispielen belasse ich es erst mal. Es gäbe sicherlich mehr zu finden. Viele von Euch werden Ähnliches, Vergleichbares, Nicht-Vergleichbares, Transzendentes und Zwischenmenschliches erfahren haben, was sie jetzt und heute ausmacht, ohne Ergebnis ausschließlich oder überhaupt ihrer Physiologie zu sein. Ich denke nicht, dass es dafür einer besonderen Fähigkeit bedarf (wie oft gemutmaßt wird). Bestenfalls z.T. einer besonderen Aufmerksamkeit. Ganz zum Schluss möcht ich Mandelbäumchen zitieren (auch aus dem "Gibt es feminine Lesben-Thread) mit der wunderschönen Beschreibung einer Erfahrung, die ich teile:
"Alles nur Ergebnis deiner Physiologie ..." ? Welche Erfahrungen habt ihr, was denkt ihr darüber? Bin gespannt auf eure Beiträge. Schönen Restsonntag noch. (IMG:http://www.cosgan.de/images/smilie/verschiedene/s010.gif) Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 06.Jul.2008 - 16:06 |
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Beitrag
#2
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Nun schleiche ich schon die ganze Zeit um dieses Thema herum und komme nicht auf den Punkt. Mein Problem ist vor allem ein methodisches: Ich lese sprachliche Zeichen von Menschen, die via internet kommunizieren, wie sie kognitiv verarbeiten, was ihr Verstand als Signal dessen interpretiert, was er zuvor als "Körper" konstruiert hat.
Oder anders: Auch der religiöse Leib-Seele-Dualismus, der aufgeklärte Widerstreit zwischen Körper und Geist oder die moderne Wiederentdeckung der Psychosomatik ... sind (in meiner beschränkten Wahrnehmung) "nichts weiter" als sprachlich codierte Gebilde - Konstrukte mit denen sich denkende Egos als Subjekt erschaffen, indem sie eine "unbeseelte" Körperlichkeit erfinden, die sie anschließend zu objektivieren suchen. Vor lauter Begeisterung sich selbst im Spiegel wiederzuerkennen, definieren sich Egos selbstverliebt als eine Sammlung von Lichtreflexen auf einer Glasscheibe, als Buchstabensalat in einer Zeitung oder als IQ in einem Mensatest und staunen über die unglaubliche Fähigkeit mit dem Kopf wackeln zu können, wann immer sie Lust dazu haben. Da beschleicht mich dieselbe Verwunderung, mit der ich Menschen über "die Umwelt" reden höre, so als wären sie selbst gar nicht Teil dieser Welt, so als stünden sie außerhalb, könnten diese Erde am Ende zuklappen wie einen apokalypten Roman und eine neue zur Hand nehmen. Es ist vielleicht dieselbe Verwunderung, die einen "Aspi" nach einer ermüdenden "Vegetarierdiskussion" über das "natürlichen Recht" des Menschen als "Krone der Schöpfung" Tiere zu essen sagen ließ: "Stell Dich doch mal bitte nackig vor den Spiegel und erklär mir noch mal wie Du auf die Idee kommst, dass ausgerechnet dieses unbeholfene, linkische, unangepasste Würmchen "Mensch" mit Brille und falschen Zähnen die Krone der Schöpfung sein sollte." Nicht, dass ich mich nicht begeistern könnte für die Schöpfungen des menschlichen Geistes - für Kunst, Literatur, Musik, Medizin, Philosophie und Technik ... ich find's toll - wirklich! ... aber im Vergleich mit der Physiologie einer Pusteblume bleiben es banale, kümmerliche Abbildungen und Nacherzählungen. Das Berauschende an ihnen ist die Verheißung von Macht ... und die ist (glaube ich) eine Lüge. In meinem eigenen Leben habe ich neben dem Glauben und der Seele sicher auch das ein oder andere Mal den Verstand verloren (zumindest zeitweise) - meinem Körper hat nichts von alledem auch nur entfernt etwas anhaben können. Umgekehrt bin ich nicht in der Lage auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, sobald mich ein Mückenstich juckt. Auf diese Weise klärt sich für mich ziemlich schnell, wer "bei mir zu Hause die Hosen anhat": Die Physis, eindeutig ... andere mögen da anders gestrickt sein. Trotzdem bin und bleib auch ich Mensch - wenn auch nicht immer gern und aus freiem Willen - kann nicht schnell rennen, nicht weit springen, bin kurzsichtig, nahezu taub, unsensibel, frostanfällig, weder fürs Jagen noch zum Sammeln gut geeignet, kurz gesagt: physiologisch kein sonderlich begnadetes Tier. Ich kann nur eins: mich mit Meinesgleichen verständigen, Modelle konstruieren, Komplexität auf sprachliche Zeichen reduzieren und kommunizieren. Es ist das EINZIGE, was meine Art in dieser Welt überleben lässt. Darum überschätze ich diese Fähigkeit maßlos - wie vielleicht jeder Mensch. Darum wäre es sehr beruhigend für meine Spezies, fände dieser unermüdlich plappernde Geist einen Weg die übermächtige, allumfassende Physis zu dirigieren - ist er ja das einzige, was dem menschlichen Willen unterliegt. Leider beschränkt sich dieser Einfluss bislang noch auf's Kaputtmachen und auf's Ausdemgleichgewichtbringen ... Da ist jetzt viel verknotetes Gegrübel zusammengestopft ... ich hoffe, es ist noch halbwegs nachvollziehbar. Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 11.Jul.2008 - 07:29 |
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