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> Wenn der Rückfall in alte Schemata droht..., ... wie kann man entgegen wirken?
Joey
Beitrag 23.Jun.2008 - 12:14
Beitrag #1


Im Frühling.
************

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Beiträge: 14.196
Userin seit: 14.12.2004
Userinnen-Nr.: 931



Hallo,

ich habe hier lange nicht mehr um Rat gebeten. Ich weiß nicht einmal, ob ich gerade Ratschläge suche oder mich einfach über Austausch freuen würde. Mich beschäftigt nur seit dem Wochenende eine Frage ganz besonders. Um darauf zu kommen, muss ich ein wenig ausholen:

Ich habe bis zu meinem 22. Lebensjahr ein Weltbild gehabt, welches unerschütterlich schien. Aufgrund meiner bis dato sehr schönen und unproblematischen Vergangenheit wirkte ich auf viele meiner Mitmenschen wie ein kleines Naivchen. Ich sah die Welt – zumindest ihrer Meinung nach – in rosigen und herrlich bunten Farben.
Ich war ein lebenslustiger Mensch, lachte viel und gerne und antworte auf die Frage, wie es mir gehe, immerzu mit einem überzeugten „Prima“, auch wenn es in mir immer anders aussah.
So kam es, dass meine Umgebung mich immer als sehr optimistisch, gutgläubig und in der Welt das beste Sehend wahrnahm. Kurz: man hielt mich für naiv. Zugegeben, ein wenig war ich es sicherlich. Zumindest bis zu dem Tage, an dem mein damaliges Weltbild arg zu beben begann und ich irgendwann nicht einmal mehr wusste, wo oben oder unten war.
Damals jedoch kam meine kindlich naive, optimistische Art gut an – auch beim gleichen Geschlecht. ;) So fiel ich sicherlich in eine Rolle, die ich zwar nicht nur spielte, die jedoch nicht nur Teil meines ganzen Selbst war und ist. Ich mag sicher naiver, optimistischer und gutgläubiger sein als manch Andere, dennoch stelle auch ich mich der Realität, denke viel nach... nehme hin, flüchte, gebe auf, zweifle. Aber genau diese Seite lasse ich nur selten heraus, und falls doch, dann nur in geringem Maße. Ich lerne langsam, auch zu dieser Seite zu stehen... mich so zu akzeptieren.

Mir ist nun jedoch in letzter Zeit aufgefallen, dass es gewisse Personen gibt, die mich zwar schon lange kennen, aber diese Seite an mir eben bisher nicht wahrgenommen habe. Sie kennen mich als die kleine, gutgläubige Joey, die immer gut drauf ist, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat und sich nur selten von etwas unterkriegen lässt. Diese Rolle kommt gut an, ist aber für mich nicht mehr als eine Rolle, die ich nur noch teilweise authentisch ausfüllen kann. Jedoch merke ich, dass ich gerade bei diesen Leuten in meine „damalige“ Rolle zurückfalle... dass ich mich gern als die „kleine Joey“ gebe, weil ich aus Erfahrung weiß, dass das gut „funktioniert“ und „ankommt“. Dieser Rückfall in alte Verhaltensschemata ist nicht bewusst, sondern geschieht meist sehr unbewusst.

Um ein wenig zu veranschaulichen, was ich mit all dem Gedankenwust hier sagen möchte, ein sehr aktuelles Beispiel:
Am Wochenende habe ich mich zum ersten Mal mit der Frau getroffen, in die ich mich vor knapp vier Jahren verliebt hatte. Für mich war sie die erste Frau überhaupt... Damals war ich noch sehr naiv und durch meine christliche Vergangenheit stark geprägt. Sie lernte mich kennen als Jemand, der noch nicht viel vom Leben mitbekommen hat und zu blauäugig in der Welt herumlief. Es stimmte. Zumindest damals. Meine unbeholfene, kindliche Naivität interessierte sie. Sie fand mich süß... Und dieses Unbekümmerte an mir reizte sie.
Nun trafen wir uns das erste Mal seit unserer Trennung wieder und schon nach kurzer Zeit drückte sie mich in die Rolle von damals. Mein Fehler: ich habe mich hineindrücken lassen und bin wieder in meine alte und doch abgelegte Rolle zurückgefallen. Das wollte ich eigentlich gar nicht und es dauerte einige Zeit, bis ich es schaffte, mich dagegen zu „wehren“. Versuche, die vielleicht gescheitert sind oder doch Erfolg brachten. Ich weiß es nicht genau.
Jedenfalls unterhielt ich mich lange Zeit mit einer Freundin, die beim Treffen zugegen war und ähnliche „Rückfälle“ selbst zu verarbeiten hat.

Nun meine Frage:
Kennt Eine von Euch ähnliche „Rückfälle“ – dass man in Schemata zurückfällt, weil man weiß, dass sie mal „funktioniert“ haben oder Andere dies von Einer erwarten?
Wie geht ihr dann damit um?
Wie kommt man aus dieser Rolle heraus?
Wie kann man Anderen begreiflich machen, dass man gelernt hat, reifer geworden ist und das von ihnen Erwartete und Bekannte nicht mehr ganz oder nur noch teilweise ausfüllt?
Muss man es überhaupt begreiflich machen?

Und versteht überhaupt Jemand, was ich mit all dem hier sagen möchte?

Ich hab das Gefühl, dass ich nur wirr schreibe, weiß aber auch leider nicht, wie ich das alles, was mich grad beschäftigt, verständlicher in Worte packen kann.

Danke schon einmal fürs Lesen und Antworten.

Lieben Gruß,

Joey.


edit: Tippies.

Der Beitrag wurde von Joey bearbeitet: 23.Jun.2008 - 12:18
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pfeffermühle
Beitrag 12.Jul.2008 - 18:12
Beitrag #2


Fürstin Pückler
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weil mich dieses thema von beginn an interessiert und beschäftigt hat, krame ich es nochmal aus der fast-versenkung hervor:

joey, wenn ich dich richtig verstehe, hast du dein "altes schema" schon weitestgehend hinter dir gelassen - sprich: du HAST dich bereits verändert, neue wege gefunden, deiner umwelt zu begegnen. du hast ein neues bild von dir, das dir besser passt und besser gefällt als das alte.

dazu will ich dir erstmal gratulieren, denn du hast schon eine menge geleistet!

dass es dir noch nicht immer gelingt, die "neue joey" in "alten situationen" zu präsentieren, erscheint mir völlig normal.
wie liane schon schrieb, kennen viele menschen das gefühl, in verhaltensmustern zu erstarren (oder in solche zurückzufallen), die sie eigentlich schon als überholt und unerwünscht erkannt haben.

ich verstehe sehr gut, dass dich diese diskrepanz beschäftigt, dass sie dich ärgert und vielleicht auch entmutigt. und ich kann dir leider auch nicht sagen, dass (oder gar wie!) du da irgendwann komplett raus kommst.

ich kann dir nur aus eigener erfahrung sagen, dass das allerwichtigste ist, nach rückschlägen eines zu vermeiden: das hadern mit dir selbst.

für mich persönlich (und ich hoffe sehr, dass ich damit nicht vom eigentlichen thema abkomme) ist das hadern ein muster, das ich nicht ablegen kann. die selbstvorwürfe, wenn ich dem bild einer idealen pfeffermühle, das ich vage am horizont ausmache, nicht entsprechen kann, lähmen mich, und sie tun es mehr und ausdauernder und effektiver als alle reaktionen, die ich von anderen wahrnehme. natürlich beeinflussen auch mich negative erlebnisse mehr als positive (siehe dein beispiel von freundlichen und unfreundlichen verkäufern).
aber ich glaube, der entscheidende punkt dabei ist nicht die erinnerung an diese situationen, sondern das ausmaß, mit dem sie in mein selbstbewusstsein eindringen. wie sehr sie meine vorstellung davon berühren, was andere von mir denken und wie sehr sie dadurch meinem umgang mit mir selbst schaden.

um das alles mal etwas anschaulicher zu machen:
auch ich bin, wie einige andere hier, von zu hause weggegangen. das hat mir sehr gut getan, denn die zeit bis zu meinem abitur war, rückblickend betrachtet, ziemlich düster. und ich habe mir lange eingeredet, dass ich daran selbst schuld bin, weil doch eigentlich "immer alles in ordnung war" und ich keinen objektiven grund hatte, so lange unglücklich, verschlossen und schüchtern zu sein.

mit der aufarbeitung bin ich immer noch beschäftigt (sie kam übrigens wegen ganz anderer probleme in gang, die ich damit von alleine niemals in zusammenhang gebracht hätte), aber die wichtigste erkenntnis ist für mich bislang die, dass ich für alle meine verhaltensweisen bisher meine gründe hatte. ich kenne sie noch nicht alle, aber ich bin davon überzeugt, dass es sie gibt.

mittlerweile habe ich viel geschafft: ich habe ein coming-out hinter mir, ich stehe kurz vor dem ende meines studiums, ich habe ein soziales umfeld, das mir halt gibt und dem ich mich öffnen kann und in dem ich weitestgehend herausgefunden habe, wer die wahre pfeffermühle ist. all das habe ich mir lange zeit nicht zugetraut.

wenn ich nun von zeit zu zeit nach hause komme und meine familie, alte freunde oder lehrer wiedersehe, habe ich oft das merkwürdige gefühl, in alte, unsichere muster. ich habe, wie mausi schrieb, das gefühl, dass alles, was ich zu hause vorfinde, "belastet" ist.

ich kann es nicht so konkret nachfühlen wie du es beschreibst, joey, weil mein verhalten von früher für andere eher unangenehmer war als mein jetziges - bei dir scheint es ja eher so zu sein, dass die "neue" joey vielleicht für andere ein bisschen unbequemer ist als die alte.

aber der effekt ist vergleichbar:
mich schützt meine alte unsicherheit in gewisser hinsicht, weil ich mein neues selbstbewusstsein (das, wie ich zugeben muss, noch in den kinderschuhen steckt) nicht gleich in "freier wildbahn" erproben muss, bei menschen, die die langsame entwicklung nicht so mitverfolgt haben wie die, mit denen ich hier jahrelang zusammengelebt habe.

mein wunsch für die zukunft ist, dass ich irgendwann mal so sicher bin in meinem neuen lebensgefühl, dass mir egal ist, wen ich damit konfrontiere. und bis es so weit ist, versuche ich einfach immer wieder, ein stückchen mehr von meinem neuen leben in mein altes zu übertragen und mich dabei nicht unter druck zu setzen. denn das ist auch ein altes muster, das meine gefühle und reflexe nicht halb so schnell ablegen können wie meine gedanken und idealvorstellungen.

ich wünsche dir alles gute, und vor allem: dass du dir die zeit gönst, gerade in den momenten innezuhalten und das bereits erreichte nochmal ausdrücklich zu rekapitulieren, in denen du glaubst, es müsste doch schon alles fertig, perfekt und abgeschlossen sein.

und zu guter letzt natürlich: dass du diesem verschwurbelten beitrag wenigstens die hälfte von dem entnehmen kannst, was ich damit ausdrücken will :rolleyes:


pfeffermühle
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