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Beitrag
#1
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Vorspeisenexpertin ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 70 Userin seit: 14.06.2008 Userinnen-Nr.: 5.965 ![]() |
Hallo ihr alle,
das Thema steht ja bereits in der Überschrift, ich mache mir gerade Gedanken dazu. Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, das knapp 150 Einwohner hatte, umgeben von ähnlich winzigen Dörfern und alles, was es da gab, war Heterosexualität und altbackene Lebenskonzepte ohne Alternativen. Die damalige Nachbarstochter, mit der ich jahrelang oberflächlich befreundet gewesen bin, war dazu extrem homophob, alle anderen um mich herum haben das Thema entweder ganz verschwiegen oder die typischen abwertenden Sprüche von sich gegeben, die ihr vielleicht kennt. Als ich das erste Mal in ein Mädchen verliebt war, habe ich das erst gar nicht als Verliebtheit wahrgenommen, sondern in Freundschaft umgedeutet und tatsächliche Freundschaft zu Jungs in Verliebtheiten. Ich war neun, als ich den Begriff lesbisch das erste Mal hörte und sich die Bedeutung angefühlt hat, als würde jemand meinen Namen sagen. Das habe ich allerdings ganz schnell verdrängt und die Umdeutungen weiter betrieben wie zuvor. Ich glaube rückblickend, dass ich in den Pubertätsjahren damit angefangen habe, mich sehr extrem zurückzuziehen. Bei den Gesprächen von frühreren Freundinnen habe ich nicht mehr mitreden wollen und auch nicht können, weil es in der Hauptsache um Jungs ging und ich mich dafür, dass ich einige von diesen Freundinnen auf Beziehungsebene anziehend fand, geschämt habe, als würde ich sie damit in eine unerträgliche Situation bringen. Ich habe mich immer so gefühlt, als wäre ich durch irgendeine unsichtbare Wand getrennt von allen, als wäre ich unwirklich und als würden sie neben mich sehen, wenn sie mit mir sprachen. Ich hatte kein Zuhause. Heterosexuelle Mädchen haben sich mit ihresgleichen über ihre eigene Entwicklung und über Jungs unterhalten und hatten da ihren Platz. Heterosexuelle Jungs haben sich miteinander über ihre Entwicklung und Mädchen unterhalten, aber da konnte ich auch nicht mitreden, weil ich eine von denen gewesen bin, über die sie geredet haben und weil ich eben Mädchen war und mein Erleben daher ein anderes. Mit den wenigen schwulen Jungs/Männern, die in höheren Klassen dann auftauchten, hatte ich kein gemeinsames Thema und mehr oder weniger offen lesbische Mädchen/Frauen gab es nicht sichtbar – nur eine Lehrerin, ich war in der sechsten Klasse, sie verließ nach einem Jahr die Schule und den Ort, weil sie von einigen Kolleginnen buchstäblich rausgeekelt worden ist. Meine damalige Klassenlehrerin verlangte von uns, die betreffende Lehrerin nicht „Frau X“, sondern „Fräulein X“ zu nennen und das, obwohl es keineswegs üblich war, unverheiratete Frauen mit „Fräulein“ anzureden und sie das auch nur bei betreffender Lehrerin verlangte. :angry: Je mehr Abstand ich von den damaligen Menschen und Orten habe, umso genauer sehe ich, wie grauenhaft es dort gewesen ist, ich zu sein. Habt ihr ähnliches erlebt oder seid ihr in einem Umfeld aufgewachsen, in dem ihr euch geborgen und gesehen gefühlt habt? Wenn ja, wie war das? Und wenn nein, wie seid ihr damit umgegangen? Viele Grüße, Geneviève |
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Beitrag
#2
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Auch wenn sich die Diskussion mittlerweile schon weiterentwickelt hat, würde ich hier gern noch mal einhaken. Irgendwo hab ich schon mal geschrieben, dass wir die Homosexualität nicht erfunden haben - aber (möglicherweise) die ersten sind, die sie offen leben. Meint: viele von uns sind nicht nur in einer homophoben Umgebung aufgewachsen, sondern eben auch in einer latent homosexuellen - aufgezogen von lesbisch tagträumenden Müttern oder schwul begehrenden Vätern, bisexuellen Tanten und transsexuellen Großvätern: Vorbildern, die eben NICHT offen sondern im Geheimen begehrten und sich ein Leben lang zwangen, den normativen Schein aufrecht zu erhalten. Kinder blicken durch diesen Schein hindurch, nehmen die verschämt begehrlichen Blicke wahr, erkennen die Leere hinter der Fassade und fürchten die inneren Kämpfe der Erwachsenen, in denen die ihre Leidenschaften niedermetzeln oder im Verborgenen kultivieren. All das wird viel früher Realität zwischen den zwei kleinen Ohren als die eigene Sexualität ins Bewusstsein dringt. Bevor ich mein eigenes lesbisches Kapitel in unserer staubigen Familiensaga begann, war schon so viel über Scham, Sünde, Ekel, Verderbnis, Gräuel, Liederlichkeit und die Schande des Fleisches geschrieben worden, dass mein vorlauter Schüttelreim "hier stehe ich und liebe dich" den Experten kaum ein müdes Lächeln entlocken konnte. Seit dem haben sich recht viele Lebensgeschichten und Geheimnisse entblättert. Nicht alle waren Tragödien. Aus manchen hatte die abgelehnte Homosexualität wahre Heilige gemacht (das meine ich nicht zynisch sondern voll ehrlicher Bewunderung). Ihre Lebensgeschichten sind ein Erbe, das ich in mir trage. Sie sind aber auch Aufgabe und Motivation mit meinem Leben zu zeigen: Guckt her, Eure Ängste sind unbegründet! Linksrum geht auch anders - glücklich ohne Heimlichkeiten und Demütigungen. Sehr erfolgreich bin ich mit meiner Propaganda nicht, Alibiehen stehen noch immer hoch im Kurs. Aber wenn sie scheitern und mir der Familien-Buschfunk von der fussballspielenden* Tochter zuträgt, dass diese voll hinter der Trennung ihrer Eltern steht, frag ich mich, ob ihre verrückte Schwippschwapptante vom anderen Ufer vielleicht doch eine neue Familientradition angestoßen hat... * nein, ich behaupte nicht, dass alle fußballspielenden Frauen lesbisch sind, noch nicht mal, dass alle mit Erfolg und Ehrgeiz fussballspielenden Frauen lesbisch sind. Nein. Nur ein ganz paar wenige Ausnahmen vielleicht :D Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 17.Jul.2008 - 09:01 |
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