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> Aufwachsen in homophober Umgebung
Geneviève
Beitrag 23.Jun.2008 - 20:49
Beitrag #1


Vorspeisenexpertin
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Gruppe: Members
Beiträge: 70
Userin seit: 14.06.2008
Userinnen-Nr.: 5.965



Hallo ihr alle,

das Thema steht ja bereits in der Überschrift, ich mache mir gerade Gedanken dazu.

Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, das knapp 150 Einwohner hatte, umgeben von ähnlich winzigen Dörfern und alles, was es da gab, war Heterosexualität und altbackene Lebenskonzepte ohne Alternativen.
Die damalige Nachbarstochter, mit der ich jahrelang oberflächlich befreundet gewesen bin, war dazu extrem homophob, alle anderen um mich herum haben das Thema entweder ganz verschwiegen oder die typischen abwertenden Sprüche von sich gegeben, die ihr vielleicht kennt.

Als ich das erste Mal in ein Mädchen verliebt war, habe ich das erst gar nicht als Verliebtheit wahrgenommen, sondern in Freundschaft umgedeutet und tatsächliche Freundschaft zu Jungs in Verliebtheiten.
Ich war neun, als ich den Begriff lesbisch das erste Mal hörte und sich die Bedeutung angefühlt hat, als würde jemand meinen Namen sagen. Das habe ich allerdings ganz schnell verdrängt und die Umdeutungen weiter betrieben wie zuvor.

Ich glaube rückblickend, dass ich in den Pubertätsjahren damit angefangen habe, mich sehr extrem zurückzuziehen. Bei den Gesprächen von frühreren Freundinnen habe ich nicht mehr mitreden wollen und auch nicht können, weil es in der Hauptsache um Jungs ging und ich mich dafür, dass ich einige von diesen Freundinnen auf Beziehungsebene anziehend fand, geschämt habe, als würde ich sie damit in eine unerträgliche Situation bringen.
Ich habe mich immer so gefühlt, als wäre ich durch irgendeine unsichtbare Wand getrennt von allen, als wäre ich unwirklich und als würden sie neben mich sehen, wenn sie mit mir sprachen.

Ich hatte kein Zuhause.
Heterosexuelle Mädchen haben sich mit ihresgleichen über ihre eigene Entwicklung und über Jungs unterhalten und hatten da ihren Platz. Heterosexuelle Jungs haben sich miteinander über ihre Entwicklung und Mädchen unterhalten, aber da konnte ich auch nicht mitreden, weil ich eine von denen gewesen bin, über die sie geredet haben und weil ich eben Mädchen war und mein Erleben daher ein anderes. Mit den wenigen schwulen Jungs/Männern, die in höheren Klassen dann auftauchten, hatte ich kein gemeinsames Thema und mehr oder weniger offen lesbische Mädchen/Frauen gab es nicht sichtbar – nur eine Lehrerin, ich war in der sechsten Klasse, sie verließ nach einem Jahr die Schule und den Ort, weil sie von einigen Kolleginnen buchstäblich rausgeekelt worden ist. Meine damalige Klassenlehrerin verlangte von uns, die betreffende Lehrerin nicht „Frau X“, sondern „Fräulein X“ zu nennen und das, obwohl es keineswegs üblich war, unverheiratete Frauen mit „Fräulein“ anzureden und sie das auch nur bei betreffender Lehrerin verlangte. :angry:

Je mehr Abstand ich von den damaligen Menschen und Orten habe, umso genauer sehe ich, wie grauenhaft es dort gewesen ist, ich zu sein.

Habt ihr ähnliches erlebt oder seid ihr in einem Umfeld aufgewachsen, in dem ihr euch geborgen und gesehen gefühlt habt? Wenn ja, wie war das? Und wenn nein, wie seid ihr damit umgegangen?


Viele Grüße,

Geneviève
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Geneviève
Beitrag 19.Jul.2008 - 23:27
Beitrag #2


Vorspeisenexpertin
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Gruppe: Members
Beiträge: 70
Userin seit: 14.06.2008
Userinnen-Nr.: 5.965



Hallo kenning,

ich glaube inzwischen, es geht weniger um den Abschied; ich muss mich da also selbst berichtigen.
Der ist gar nicht problematisch. Wie die allerletzten Millimeter eines sehr resistenten Pflasters abzuziehen. Ich habe das meiste davon schon runter, weiß, wie das für mich geht und dass es kurz ziepen wird, dann noch ein paar Sekunden nachhallen und dann vorbei sein.
Der Knackpunkt bei dem inneren Bild, Blumen ins Meer zu streuen, liegt gar nicht, wie ich erst dachte, bei diesem Streuen. Sondern dabei, mit dem Streuen fertig zu sein, nichts mehr in den Händen zu haben, mich umzudrehen – und was dann ...

Im Grunde geht es sehr viel eher um einen Anfang, scheint mir. Von dem habe ich nämlich kein Bild.
Ich habe allerdings Lust darauf, nachdem das alte Buch der Familiengebote zerfallen ist, mir mein eigenes zu schreiben. Mit dem, was ich für richtig und wichtig halte und mit zusätzlichem Platz für Streichungen, Hinzufügungen, Änderungen, Zusätzen usw., die ich irgendwann in der Zukunft vielleicht haben werde.
Eine Art Kompass, denn wenn ich schon auf einem neuen Kontinent angekommen bin, brauche ich irgendeinen Orientierungspunkt, sonst verlaufe ich mich. Und dieser Orientierungspunkt will ich dieses Mal selbst sein, keine lebensfeindlichen Regeln Anderer.
Etwas als Orientierungspunkt zu benutzen, das nicht ich selbst bin, wird mich sowieso nie zu Orten führen, an denen es mir gefällt.
Deshalb ist der Verlust des alten Familienbuches erleichternd. Jedes Mal, wenn ich versucht habe, dem wichtige Informationen und Richtungsweisungen zu entnehmen, habe ich mich schlecht gefühlt, weil es immer nur eins sagte: du bist falsch.
Das hat mich verwirrt, das hatte ein Gefühl von Unzulänglichkeit und Verlorenheit. Und eben auch von Scham und all den anderen unschönen Dingen.

Und ich glaube, wenn ich mich selbst als Orientierungspunkt sehe, werde ich auch keine Angst mehr davor haben müssen, zurück zu schippern auf den Friedhofskontinent. In meiner Weltkarte wird dort nämlich nicht „zu Hause“ stehen, sondern „Wüste“.

Was ich eigentlich sagen will:
Mir geht zu viel durch den Kopf, als dass ich es anders schreiben könnte als in Bildern.
Und ich bin fertig mit Streuen und habe Lust auf Schreiben. Und wenn ich damit fertig bin, werde ich los gehen, den Kontinent erkunden.
Also kurz gesagt: Es geht mir besser. Heller, bewegungsfreier, unverstellter, atmender. Mit deutlich weniger nieder drückender Vergangenheitslast auf den Schultern, stattdessen mit Gegenwart und Platz für Zukunft.


Viele Grüße,

Geneviève
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