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> Der plötzliche Tod
Bilana
Beitrag 21.Aug.2008 - 13:09
Beitrag #1


Capparis spinosa
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Beiträge: 3.143
Userin seit: 25.08.2004
Userinnen-Nr.: 97



Ein plötzlicher Tod, wie geht mal real(istisch) damit um? Das ist seit sehr langer Zeit ein Thema von mir, es begleitet mich seit meiner Kindheit.
In den vergangen Monaten und Jahren habe ich versucht mir eine Einstellung dazu zu erarbeiten, mit der ich leben kann. Verstehen, dass der Tod zum Leben dazu gehört. Im letzten Jahr habe ich einen Menschen verloren, der mir wichtig war. Es war sehr traurig, aber irgendwie ok. Der Mensch war weit über 80, seine Zeit war wohl gekommen. Ich habe getrauert, aber es war okay.

Heute ist etwas geschehen, was ich nicht begreifen, erfassen kann. In der Bahn vor mir oder auf dem Bahnsteig heute Morgen starb ein Mann. Ich denke, er starb. Die Rettungskräfte noch mit ihm beschäftigt, aber ich denke nicht das sie ihm noch helfen konnten. Es hatte wohl schon zu lange gedauert, denke ich.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass ich so etwas erlebe. Menschen sind plötzlich tot und alle anderen machen bewusst auf „business as usual“. Je plötzlicher der Tod um so „normaler“ geben sich die Leute. Auf dem Bahnsteig haben einige wenige in Richtung des tragischen Geschehens geguckt. Die meisten wirkten so unnormal, normal. Züge fuhren rein und raus, Menschenströme stiegen um, gingen vorbei.
Klar, habe ich auch gemacht, einfach umsteigen. Gibt eh nichts zu tun. Die Rettungskräfte waren ja schon da.

Ich kann damit nicht umgehen, denke ich. Weiß eigentlich gar nicht was ich denken soll.
Merke nur wie die alte Angst wiederkommen. Als es im Büro meiner Chefin heute Vormittag so still war, kein Tippen, keine Telefonate, kein Gekrame wie sonst, musste ich gucken gehen ob sie noch da ist, ob sie noch lebt.
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Bilana
Beitrag 22.Aug.2008 - 10:00
Beitrag #2


Capparis spinosa
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Danke für eure Beiträge. Es tat mir ehrlich gut zu lesen, dass es hier einige gibt, die auch schon ähnliches erlebt haben.
Ich denke es ist das Schweigen. Meins aber auch das allgemeine. Das ich gestern Abend dachte: Liegt es an mir? Was ist los, warum passiert mir so was immer? Ich war schon in unterschiedlichen Situationen mit dem Tod konfrontiert, manchmal auch dem gewaltsamen Tod. Ich glaube eigentlich nicht an Schicksal oder so etwas. Aber es ist ein ungelöstes Thema meiner Kindheit. Der plötzliche Tod. Und durch mein Hobby, das Bergsteigen, aber auch meine Arbeit komme ich immer wieder damit in Kontakt. Ich könnte ein anderes Hobby haben, etwas anderes studiert haben, dann könnte ich das meiste vermeiden. Ich frage mich, warum ich dieses Hobby, diese Berufung gewählt habe.

QUOTE
Ich bin mir nicht so sicher, ob es in diesem Fall (Thema: Tod) nicht als ein hoffnungsloses Unterfangen gelten muss, die Hilflosigkeit überwinden zu wollen. „Das Problem“ – wäre es benennbar? Oder sind es nicht eben – wie auch bei dir – ganz viele Fragen, deren Antworten sich vielleicht irgendwo finden lassen – aber ausgerechnet beim Tod eines Fremden mitten im eigenen Alltag? Gibt es da nicht andere Begegnungen mit dem Tod (oder mit dem Leben), die da ergiebiger sein können?


Doch ich habe begonnen zu hoffen, dass diese Hilflosigkeit überwindbar ist. Klingt jetzt vielleicht etwas naiv und esoterisch, ist aber ganz pragmatisch. Ich habe viel gelesen, und tue es noch, was der Buddhismus zum Sterben und Tod zu sagen hat. Denn, ich denke auch, wie du und Patrice schrieben gibt es in unserer Kultur offenbar wenig Brauchbares zum Tod.
Und jetzt, nach Jahren des immer wieder studierend der Texte spüre ich eine Zuversicht, das die Hilflosigkeit überwindbar ist.
Dadurch das man eine andere, eine hilfreiche Einstellung zum Tod gewinnt. Gestern habe ich gemerkt, dass meine Fähigkeit dazu noch schwach ist. Es ist ein langer Weg.

@emmyli:
Ja ich denke du hast Recht. Der Tod bleibt unfassbar, wen es so wenig zu fassen gibt aus dem leben des Verstorbenen.
Ich denke aber auch, es erinnert einen ja, an die Sterblichkeit der Menschen die man liebt, an denen man hängt. Ich sage bewusst hängt, denn nicht die Liebe macht es so unerträglich, sondern die Abhängigkeit. Und es erinnert einen sicher, im Laufe des Lebens muss jeder damit umgehen, den Tod geliebter Menschen.

QUOTE
Als Teil des Lebens sollte es nicht dramatisiert oder stillgeschwiegen werden.

Ja eben! Aber es wird eben „totgeschwiegen“. So lernt man es nicht selten, wenn man das erste Mal mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontiert wird. Aber das Schweigen funktioniert eben nur äußerlich. Innerlich ist alles so aufgewühlt und hat nie eine Chance sich zu beruhigen. Zumindest bei mir kann ich es sagen. Die zeit heilt solche Wunden nicht, sie bestehen auch nach 20 Jahren noch. So ist da eben ein schwanken, zwischen stillschweigen äußerlich und dramatisieren innerlich.
Und es ist schwer etwas anderes zu lernen, wenn ja (fast) alle so reagieren.

QUOTE
Ich glaube nicht, dass Menschen zu anderen Zeiten angesichts "plötzlicher" Tode anders gefühlt haben als heute.
Plötzlich wird uns unsere Endlichkeit bewusst.
Eben noch waren wir am Machen, am Tun, waren mit unseren Gedanken irgendwie beschäftigt - und mit einem Mal sind wir HIER, in DIESEM Moment. JETZT stirbt jemand vor unseren Augen.


Ich weiß nicht sonnenstrahl.
Vielleicht ja, der erste Moment ist einfach ein Moment des Schocks und des nicht Wissen wie damit umgehen. Aber was war in Zeiten, als die medizinische Versorgung noch nicht so hervorragend war?
Ich kenne das aus Nepal, war och viel unterwegs bin und war. Privat und professionell. Da wird fast immer öffentlich oder zu Hause gestorben. Einfach weil fast nie professionelle „Retter“ rechtzeitig zu gegen sein können oder weil eine Familie es sich nicht leisten kann den sterbenden in ein Krankenhaus abzuschieben. (Manch einer würde allerdings gerne!!)
Also MUSS man sich damit beschäftigen. Ist dabei, beim Sterbenprozess. Hat oft nicht mehr Möglichkeiten als eben, Hand halten, wenn man nicht weglaufen will. Und hand halten ist irgendwie fühlen. Auch in sich rein.
Und dann gibt es auch keinen professionellen Bestatter, der die Leiche weg bringt, weg aus dem Gesichtsfeld. Es ist maximal ein Angehöriger der Bestatterkaste. Ein Mitglied der Dorfgemeinschaft, der hinzu gezogen wird. Die Angehörigen kriegen das Sterben, den Tod, die Bestattung mit, sind dabei.
Ich denke, so war es auch bei "uns" als wir noch nicht in der Lage waren mit Profis und Technik uns den Tod (des anderen) vom Leib zu halten.

Ich hab da mal bei einer Familie gewohnt, die einen Schrein im Haus hatten, an dem sie regelmäßig der Toten gedacht haben. Es war auf dem dach, neben „meiner“ Küche. Damals war ich ganz unbeholfen, konnte es auch nicht verstehen. Oft sah ich die Vermieterin vor dem Schrein knien und mit den Toten sprechen. Sie brachte das Lieblingsessen, der Toten, sofern sie es gerade gekocht hatte. Sie brachte Gegenstände, die den Toten gefallen hatten und Öllampen.

Später merkte ich, das ich es ganz wundervoll finde, sich auf so lebendige Art an die Toten, die man geliebt hat, noch immer liebt zu erinnern.

edit@Melancholia: Ich habe deinen Beitrag jetzt erst gehen, ich würde gerne später antworten.

Der Beitrag wurde von Bilana bearbeitet: 22.Aug.2008 - 10:05
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