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> Sterben, Tod, Trauer, damit umgehen
Bilana
Beitrag 26.Jan.2009 - 13:45
Beitrag #1


Capparis spinosa
************

Gruppe: Members
Beiträge: 3.143
Userin seit: 25.08.2004
Userinnen-Nr.: 97





Hallo.

Ich weiß, ich bin nicht die einzige hier, die zur Zeit an einem (drohenden) schweren Verlust zu tragen hat. Deshalb würde ich gerne hier darüber schreiben, wie ihr/man/ich (?) mit dem Tod, dem Sterben und der Trauer umgeht. Aus persönlicher, aber auch professioneller Sicht.

Mich beschäftigt dieses Thema schon lange, da ich früh im Leben Menschen durch Krankheit und schlussendlich Tod verloren habe. Und jetzt ist das Thema wieder aktuell für mich, da meine Großmutter, die mir oft auch wie eine Mutter war, im Sterben liegt. Sie ist 97 und hat bis vor einer Woche recht (selbst)bestimmt und mit klarem Kopf gelebt. Vor zwei Wochen war sie per Krankentransport sogar bei mir in der Wohnung und hat an meiner Geburtstagsfeier teilgenommen. Sozial und kulinarisch sowieso.

Ich weiß, es ist okay, wenn sie nun geht, in ihrem hohen Alter und in anbetracht der Tatsache, das sie bis jetzt, bis zum Schluss, sozusagen aktiv versucht hat so viel wie möglich selbst zu tun.

Eigentlich würde ich sie auch gerne gehen lassen, weil ich nicht möchte das sie lange leidet. Körperlich und vor allem seelisch muss es jetzt ein Horror für diese taffe, alte Lady sein, nichtmal mehr selbstsändig Essen und Ausscheiden zu können.
Ich möchte nicht, dass sie noch lange da so liegt und, ja auch egoistisch, ich möchte das nicht lange mit ansehen müssen.

Im Buddismus heißt es, man solle es dem Sterbenden nicht unnötig schwer machen, in dem man an ihm klammert und ihm das Gefühl gibt, man könne nicht ohne ihn.
Von einer Bekannten, die sich beruflich viel mit Trauernden und Sterbenden zu befassen hat, habe ich gehört, sie kenne eine Frau, die ihrer Mutter direkt gesagt hat, dass sie nun gehen könne, das es nun Zeit ist. Ich dachte immer, das wäre gut, aber nun zweifle ich.

Ich zweifle, weil ich nicht will, dass es ihr Angst macht, wenn ich mich von ihr verabschiede und es dann ausgesprochen wird, wie es steht. Und ich zweifle ob ich das überhaupt kann. Denn an ihrem Bett fühle ich mich einfach nur schrecklich. Wie das kleine Mädchen, dass an Omas Rockzipfel hängt.
Ich halte dann ihre Hand und weine und wir belügen uns gegenseitig. „Wird schon wieder, ist ja schon wieder besser geworden.“
Dabei spüre ich ganz deutlich, das ihr Sterben begonnen hat. Ob es nun noch Stunden, Tage, Wochen sind, es weiß eh keiner, aber es hat begonnen. Ich spüre das einfach und die Ärzte und Schwestern drucksen auch nur rum, weichen meinen Frage aus und murmeln.. sie ist ja schon so alt...
Und ich würde sie gerne auf ihrer letzten Reise begleiten. Ich glaube das wäre gut für sie und auch für mich, aber ich weiß nun nicht mehr wie es gehen soll, obwohl ich mich das letzte Jahr sehr intensiv damit beschäftigt habe und geglaubt habe darauf vorbereitet zu sein, wenn es denn so weit ist.

Aber ich denke nach wie vor, es ist gut für die (zukünftigen) Hinterbliebenen sich zu verabschieden. Es würde vllt. die Trauer etwas erleichtern.
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Schräubchen
Beitrag 04.Feb.2009 - 14:38
Beitrag #2


Dreht manchmal durch...
************

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@ Bilana
Bin in Gedanken bei dir.


"Wer weiß, was ihm erspart geblieben ist!"
Dieser Satz war die erste Reaktion meines damals 91-jährigen Großvaters auf die Nachricht vom Tod meines Bruders.
Für mich hatte dieser Satz tatsächlich etwas tröstendes und das, obwohl mein Bruder kerngesund und lebensfroh war.
Denn ich habe fast zehn Jahre lang hautnah miterlebt, wie meine Oma immer weniger wurde.

Zuerst ließ ihr Gedächtnis nach, dann erkannte sie ihre eigene Familie nicht mehr. (Einmal hat sich mein ältester Bruder regelrecht in Sicherheit bringen müssen, weil sie der Ansicht war, er wäre ein Einbrecher. Da hat sie versucht ihn mit ihrem Krückstock aus dem Haus zu prügeln!)
Schlimm fand ich immer, wenn sie in ihrer Wohnung war und nach Hause wollte. Dann saß sie wie ein Häufchen Elend da, mit Tränen in den Augen und verstand die Welt nicht mehr. Später kam dann auch der körperliche Verfall dazu. Meine Eltern hatten sich gegen lebensverlängernde Maßnahmen ausgesprochen, was, glaube ich, ganz gut war. Sie hat alles bekommen, was sie brauchte, damit sie keine Schmerzen hatte, nicht verdurstete oder verhungerte und ihr das Leben so angenehm wie möglich machte. Drei Jahre war sie bettlägerig, hat niemanden mehr erkannt und eigentlich nur noch dahin vegetiert. Als sie schließlich einschlief war es für die ganze Familie eine Erleichterung.

Der Tod meines Bruders war ganz anders. Kam plötzlich. War nicht abzusehen.
An einem Tag trinken wir im warmen Sonnenschein des Frühlings noch zusammen Kaffee auf dem Balkon. Wir haben Witze gemacht, viel gelacht und darüber gesprochen, dass es doch schön wäre, im nächsten Winter gemeinsam in Skiurlaub zu fahren.
Dann ist er plötzlich nicht mehr da. Kommt nicht wieder. Reißt keine Witze mehr und wird auch nicht mit mir in Urlaub fahren.
Wenn ich gefragt werde, wie ich mich damals gefühlt habe, dann sage ich meistens, dass mein Herz seitdem einen anderen Rhythmus hat. Ich weiß nicht, wie ich das anders beschreiben soll, aber ich habe gespürt, wie sich in mir etwas verändert hat.

ZITAT
Mich beschäftigt in diesem Zusammenhang, und das mit fast 40 Jahren, gerade ganz stark das Thema "Erwachsenwerden".
Ich habe das Gefühl, dass der Tod meiner Mutter mir nun abverlangt, "erwachsen" zu werden - auf eine Weise, die nix mit Volljährigkeit zu tun hat. …

Es ist ein merkwürdig leeres, manchmal aber auch extrem beängstigendes Gefühl, dass ich jetzt wirklich ohne die "über mir stehende" (ich kann es nicht anders ausdrücken, leider) Mama auskommen muss, dass ich diesen Platz, an den ich immer zurückkehren konnte, nicht mehr habe und jetzt "allein verantwortlich" bin.


Ein ganz ähnliches Gefühl habe ich damals auch gespürt. Nur fehlte mir plötzlich der große Bruder, der mich beschützte, der mir die Leviten las, der sich mit mir verbündete, der mich einfach mal in den Arm nahm, der…

Was viele Leute damals aber nicht verstehen konnten, ist, dass ich bereits am nächsten Tag wieder arbeiten gegangen bin. Die meisten waren der Ansicht, dass ich in Ruhe trauern und mir den Stress des Berufs nicht antun sollte.
Ich weiß nicht genau, warum es mir damals so wichtig war, den Alltag zu leben. Vielleicht, weil der oben genannte Satz für mich soviel Wahrheit und Trost enthielt. Vielleicht, weil für mich zu Hause kein Platz war, um zu trauern, weil ständig irgendwelche Kondolenzbesuche gemacht wurden. Vielleicht, weil mein Freundeskreis, sich mit dem meines Bruders überschnitt und deshalb meine Freunde ebenfalls mit ihrer Trauer beschäftigt waren. Vielleicht, weil in dem Moment meine Arbeit der einzigste Ort war, der nicht komplett aus den Fugen geraten war…

Ich kann nur sagen, dass ich für mich richtig gehandelt habe. Unabhängig davon, was die Leute darüber sagten oder dachten. Meiner Meinung nach gehört einem trauernden Menschen ein Stück Egoismus zugesprochen. Denn es ist wichtig, dass dieser Mensch sein Leben nicht auch noch verliert…

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