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Beitrag
#1
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Naschkatze ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 464 Userin seit: 06.05.2008 Userinnen-Nr.: 5.896 ![]() |
Nun ist es vier Tage her, dass der 17 jährige Tim K. in seiner damaligen Schule
und später auf der Flucht in dem Ort Wendlingen 15 Menschen und später sich selbst erschoss. Sein Motiv ist bis heute noch unklar. Viele Medien berichten über Depressionen die er hatte. Er wurde behandelt, so heißt es von einigen. Doch andere behauptet genau das Gegenteil. Nun kommt auch wieder die Kontroverse der sogenannten Schießspiele auf. Sind sie Schuld daran, dass aus virtueller Brutalität Wirklichkeit wurde? Oder kann man sein Vorgehen auf die Erziehung zurückführen? Was kann man tun, um ein nächstes Mal zu verhindern? Was meint ihr? Amoklauf von Winnenden und Wendlingen Liebe Grüße Phoenix |
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Beitrag
#2
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Bei beiden Artikeln habe ich (ebenso wie bei den kommentierten Erklärungmustern, die Herr Lenzen anbietet) ein Problem.
Es besteht in dem Gefühl, dass sie einen singulären Unglücksfall paradigmatisch vereinnahmen. Die allgemeine Aufmerksamkeit, die hilflose Empörung und der unbedingte Wunsch, etwas zu tun, werden mit rhetorischen Mitteln in das persönlich favorisierte Denkmuster gelenkt, ohne die behaupteten Zusammenhänge zu belegen und den eigenen Blickwinkel zu hinterfragen. Ist es - wenn es der eigenen guten Sache dient - plötzlich erlaubt, sich argumentativ auf den ausufernden Bildzeitungs-Journalismus zu stützen? Fetzen aus manipulierten und aufgeblähten Interwievs wie unumstößliche Wahrheiten zu zitieren und soger die stimmungsaufheizenden Schlagworte zu übernehmen? Finde ich nicht. Ich kann nachvollziehen, dass und wie sich für Frau Schwarzer die Ereignisse in Winnenden in die feministische Dialektik von Männergewalt und Frauenunterdrückung einfügen. Doch sie überzeugt mich nicht. Ich halte noch immer den (in diesem Fall sicher zynisch banalen) Zufall für ausschlaggebend, dass die Tür in dieser Klasse hinten war, in der letzten Reihe Mädchen saßen und der Amokläufer zielte, wie es in Ballerspielen angelegt ist. Natürlich weiß ich genausowenig wie Frau Schwarzer (oder sonst irgendwer), was T. K. gedacht, gefühlt und motiviert hat. Und ich komme auch zu denselben Forderungen: Mehr Aufmerksamkeit für Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft, mehr Unterstützung für Schulen und Lehrende, mehr "echte" Freizeitangebote, weniger virtuelle Parallelwelten und ein grundsätzliches Verbot von "Sport"-Waffen*. Trotzdem sieht meine "Weltsicht" anders aus. Mir erscheint die überwiegende Mehrheit männlicher 17-jähriger verunsichert - vor allem und gerade auch im Umgang mit Frauen und Mädchen (und das war vor 20 Jahren nicht anders). Ich glaube auch, dass das, was wir heute mit "Depressionen" beschreiben, die meisten Menschen in irgendeiner Phase ihres Lebens (einige leider auch chronisch oder beständig wiederkehrend) durchleiden; es sich demnach um ein ausgesprochen verbreitetes Merkmal handelt. Desweiteren kenne ich persönlich keinen einzigen Menschen, die/der ohne Versagensängste, unterdrückte Aggressionen, aufgestaute Wut und Frustration erwachsen geworden ist. Das ist schrecklich traurig und auch ich hege ein großes Bedürfnis dies zu ändern. Trotzdem laufen wir alle nicht Amok. Die überragende Mehrheit verunsicherter, überforderter, verkannter, vernachlässigter, irgendwo ausgegrenzter und irgendwie gestörter Menschen rennt NICHT in Schulen schießt dort mit scharfer Munition um sich. Mir erscheint es allerdings plausibel, Amokläufe an Schulen als eine bestimmte Form von Selbstmordattentat zu verstehen. Daraus folgt die Einsicht, dass wir als Gemeinschaft nicht in der Lage sind, zuverlässig zu verhindern, dass ein subjektiv empfundenes Unrecht als Rechtfertigung für einen derartigen Gewaltakt missbraucht wird. Ebenso können wir nicht verhindern, dass Menschen Frustrationen, Niederlagen und negative Gefühle mit Omnipotenzphantasien kompensieren. Wir könnten aber sehr wohl verhindern, dass Kinder mit Waffen aufwachsen. Und wir könnten verhindern, dass Attentate und Attentäter durch die Medien mythologisiert werden und so Nachahmer insprieren. Wir könnten uns dem Wunsch der Attentäter nach Aufmerksamkeit und Ruhm verweigern, indem wir ihre Namen, ihre Gesichter, ihre Geschichten von unseren Titelseiten verbannen und statt den Tätern den Opfern ein Gesicht geben. Ihre Geschichte erzählen. An ihrem Schicksal Anteil nehmen. Ich bin fest davon überzeugt (und darin sicher ebenso ideologisch wie Schwarzer und Buurmann), dass Selbstmordattentäter nicht die Personen, die Menschen, die Persönlichkeiten und Namen derer vor Augen haben, deren Leben sie auslöschen. In Deutschland wurde viel darüber nachgedacht, wie es dazu kommen konnte, dass unser Volk einen Genozid zuließ, woran es lag, dass Einzelne widerstanden während sich Andere beteiligten, miteiferten oder die Augen verschlossen. Ich glaube, dass sich ein Schlüssel zum Verständnis in der "Entpersonalisierung" der Opfer findet. In der systematischen Verhinderung und Vermeidung von Empathie. Darum würde ich mir wünschen, dass sich die Öffentlichkeit mit den getöteten Mädchen in der letzten Reihe beschäftigt, den Lehrerinnen, den Passanten, ihren Familien, den Menschen, die unmittelbar daneben standen, nicht getroffen wurden und nun damit leben müssen, den Eltern, die nun Angst haben, ihre Kinder in die Schule zu schicken und den Lehrenden, die weiterhin vor großen Klassen stehen, in denen Einzelne vielfach untergehen. * Zum Thema "Waffen" möchte ich Shark Punkt für Punkt zustimmen und hätte auch nichts gegen die allgemeine Abschaffung von professionellen, mechanischen Tötungsinstrumenten einzuwenden - beim Militär, der Polizei, der Land- und Forstwirtschaft etc. Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 18.Mar.2009 - 11:18 |
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