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> Das entfremdete und das „wirkliche“ Leben
Bilana
Beitrag 22.Apr.2009 - 12:14
Beitrag #1


Capparis spinosa
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Beiträge: 3.143
Userin seit: 25.08.2004
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Hallöchen,
schon eine ganze Weile denke ich über dieses Thema nach und würde jetzt gerne auch andere Meinungen dazu hören.
Es ist ja ein recht alter (und in jüngerer Zeit wiederbelebter) Hut, das moderne Leben gewisse Entfremdungstendenzen hat und die irgendwo verantwortlich gemacht werden für subjektiv empfundene Unzufriedenheit.
Ich sehe da zwei Aspekte, den individuellen (überschätzt man sich da nicht?) und den strukturellen (oder ist das doch nur eine Ausrede?). Das Leben scheint vorgezeichnet. Schule, Ausbildung/Studium, Beruf, Rente. Wer will ergänzt es noch um Kinder und Enkelkinder, Lebensversicherung und Eigenheim. Und auch den Subkulturen, dazu zähle ich auch die lesbische, gibt es gewisse Vorzeichnung, was Lebensstil, Lebensausdruck und Lebensweg angeht.

Auch auf individueller Ebene findet man es. Werte und normen werden durch die Herkunftsfamilie vererbt und da signifikant auszubrechen ist ein echter Kraftakt. Manchmal, zum Glück nicht immer, werden Menschen die das wagen dann als schwarzes Schaf der Familie gehandelt.


Wie seht ihr das? Wie empfindet ihr das? Wie entsteht ein entfremdetes Leben? Mangelnde Selbstverantwortung? Gesellschaftliche Zwänge? Gibt es das überhaupt ein entfremdetes Leben oder ist es das Gejammere von Menschen, die sich nicht von den Ideen ihrer Jugend verabschieden wollen? Menschen, die einfach nicht vernünftig sein können oder wollen.
Und wenn es das entfremdete Leben gibt, was ist dann das Gegenteil davon? Bewusstheit? Radikal den eigen Weg gehen? Geht das überhaupt?

Ich komme auch noch nicht so ganz dahinter. Ich will nun nicht sagen, das jegliche Vorbestimmung, jeder Automatismus eine Entfremdung ist.

Welche Erfahrungen macht ihr damit? Habt ihr manchmal das Gefühl irgendwie entfremdet zu sein, ein entfremdetes leben zu führen? War/Ist es für eich ein Kampf ein nicht-entfremdetes Leben zu führen?

Nachdenkliche Grüße.



(Bin mir jetzt nicht so sicher, ob das Thema hier her oder ins Leib und Seele oder Politik und Wirtschaft/Gesellschaft UFO gehört. ggf, einfach verschieben.)
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Sägefisch
Beitrag 22.Apr.2009 - 17:47
Beitrag #2


Schlaudegen.
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Eines meiner Lieblingsspiele in der Oberstufe war es, Lehrer zu fragen was sie eigentlich werden wollten. Was damals ein (ich geb´s zu: pubertärer) Seitenhieb auf den ehrbaren Lehrerstand gemeint war, förderte aber tatsächlich zutage daß keiner von denen einen ausgeprägten Wunsch nach diesem Beruf gehegt hatte.

Überhaupt kenne ich kaum Menschen die genau das machen was sie sich mal erträumt haben.

Ob ich das schlimm finde? Ja und nein. Ich finde es nicht schlimm, wenn in manchen Zeiten eben andere Dinge für einen "dran sind", und sich dadurch auch das Blickfeld verschiebt, eventuell ganz andere Wünsche entstehen. Die große jugendliche Leidenschaft für eine Sache kann eben auch abflauen, oder tritt in den Hintergrund. Meinetwegen auch gegenüber "Sachzwängen", was ich nicht tragisch finde solange es sich um natürliche Verantwortung für das eigene Leben handelt, die dadurch erwächst daß man sich etwas aufgebaut hat - oder auch dadurch daß manche auf eine satte Existenz dann doch so viel Wert legen daß sie (trotz eventuellem gegenteiligem Gequake) für Kunst und Abenteuer einfach nicht geeignet sind. Von daher ist der berühmte Jugendtraum nicht die Referenz, an der man einen erwachsenen Menschen messen muß.

Aus eigener Erfahrung weiß ich aber daß es einem selbst eben doch schon fast wehtun kann, über nicht gelebtes nachzudenken. Insbesondere dann, wenn man erkennt, daß es durchaus gangbare Wege gegeben hätte wenn da nicht ein dicker fetter Stein vorgewalzt gewesen wäre (= man mit anderem, nicht selbstgewähltem beschäftigt war). Und entgegen der modernen "anything goes"-Lesart gibt es halt gerade im Berufsleben durchaus einige Dinge die nur in einem bestimmten Zeitfenster realisierbar sind, oder aber nur wenige Male in greifbare Nähe rücken. Wer in diesen Jahren oder zu diesem Zeitpunkt nicht fit und zuversichtlich aufschlagen kann, muß sich drein schicken. Das finde ich dann durchaus - naja, vielleicht nicht unüberwindbar schlimm, aber bedauerlich. Speziell wenn der Traum doch eine gewisse Substanz hatte, wenn man an sich schon bereit wäre, andere Dinge dafür hinten anzustellen.

Was anderes ist die von Dir ja schon angesprochene Selbstverantwortung. Da wo ich selber meine Komfortzone hätte verlassen können und es nicht getan habe, kann ich es wesentlich besser akzeptieren manches nicht realisiert zu haben.

Wo ist jetzt der Bogen zu Entscheidungen...denn vor einer solchen scheinst Du zu stehen. Ich bin ja der Meinung, daß man sich nicht zu kasteien braucht, wenn man sich ein gewisses Sicherheitsbedürfnis leistet. Wir sind eben Europäer aus Wohlstandsgesellschaften, in denen man außerdem leicht in Erklärungsnöte oder andere Bredouillen gerät wenn man sich sehr weit "unter Niveau" begibt. Wem das zu stressig ist oder wer das für sich selbst einfach nicht wirklich begrüßen kann, der sollte sich nicht á la linksaktivistischer Eisenhans dazu zwingen.

Stehst Du denn vor einem Weg wo es kein richtiges "zurück" gibt, man sich also Dinge verbauen kann? Oder ist es "nur" die Frage nach dem möglichen Scheitern (an Entbehrungen, Realisierung...), nach dem "zurück müssen"? Wenn da jedenfalls wirklich etwas brennt, fände ich es schon wichtig, der Sache einen Weg frei zu machen - leider weiß man nicht immer, ob dieser Weg gut durchdacht sein darf oder im kalten Wasser beginnt. Kommt ja auch auf die Sache an - ist ein gewisser Mut Bestandteil der ständigen Anforderungen, sollte man am Anfang eben gerne springen können.

Ich habe selber gerade eher zufällig einen Schritt hin zu mehr materieller Sicherheit gemacht (wobei das bei meiner Herkunft auch nicht schwer ist), und ihn tatsächlich und ebenso zufällig mit einem entfremdeten Job bezahlt (der glücklicherweise übermorgen Geschichte ist). Status Quo ist jetzt ein neuer, nicht ganz falscher (dennoch:) Brotberuf, der ohne diesen "Vorlauf" wiederum schlecht denkbar wäre. Manchmal ist das alles sehr verschlungen, und man weiß nicht was man eigentlich davon halten soll.

Schlimmer fände ich allerdings, wenn es gar nicht mehr zwickt. Ich glaube das ginge bei mir nur, wenn ich mich auf eine nicht sehr wache Weise arrangieren würde, und das will ich lieber gar nicht können. Insofern ist das bewußte Empfinden von Entfremdung für mich immer noch besser als das Verschmelzen.
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