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Beitrag
#1
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Capparis spinosa ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 3.143 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 97 ![]() |
Hallöchen,
schon eine ganze Weile denke ich über dieses Thema nach und würde jetzt gerne auch andere Meinungen dazu hören. Es ist ja ein recht alter (und in jüngerer Zeit wiederbelebter) Hut, das moderne Leben gewisse Entfremdungstendenzen hat und die irgendwo verantwortlich gemacht werden für subjektiv empfundene Unzufriedenheit. Ich sehe da zwei Aspekte, den individuellen (überschätzt man sich da nicht?) und den strukturellen (oder ist das doch nur eine Ausrede?). Das Leben scheint vorgezeichnet. Schule, Ausbildung/Studium, Beruf, Rente. Wer will ergänzt es noch um Kinder und Enkelkinder, Lebensversicherung und Eigenheim. Und auch den Subkulturen, dazu zähle ich auch die lesbische, gibt es gewisse Vorzeichnung, was Lebensstil, Lebensausdruck und Lebensweg angeht. Auch auf individueller Ebene findet man es. Werte und normen werden durch die Herkunftsfamilie vererbt und da signifikant auszubrechen ist ein echter Kraftakt. Manchmal, zum Glück nicht immer, werden Menschen die das wagen dann als schwarzes Schaf der Familie gehandelt. Wie seht ihr das? Wie empfindet ihr das? Wie entsteht ein entfremdetes Leben? Mangelnde Selbstverantwortung? Gesellschaftliche Zwänge? Gibt es das überhaupt ein entfremdetes Leben oder ist es das Gejammere von Menschen, die sich nicht von den Ideen ihrer Jugend verabschieden wollen? Menschen, die einfach nicht vernünftig sein können oder wollen. Und wenn es das entfremdete Leben gibt, was ist dann das Gegenteil davon? Bewusstheit? Radikal den eigen Weg gehen? Geht das überhaupt? Ich komme auch noch nicht so ganz dahinter. Ich will nun nicht sagen, das jegliche Vorbestimmung, jeder Automatismus eine Entfremdung ist. Welche Erfahrungen macht ihr damit? Habt ihr manchmal das Gefühl irgendwie entfremdet zu sein, ein entfremdetes leben zu führen? War/Ist es für eich ein Kampf ein nicht-entfremdetes Leben zu führen? Nachdenkliche Grüße. (Bin mir jetzt nicht so sicher, ob das Thema hier her oder ins Leib und Seele oder Politik und Wirtschaft/Gesellschaft UFO gehört. ggf, einfach verschieben.) |
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Beitrag
#2
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Capparis spinosa ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 3.143 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 97 ![]() |
Hi Sägefisch,
je länger ich mich damit befasse, umso mehr habe den Eindruck, ich habe doch ein „um Himmels willen“. Nämlich genau dieses.. Hineinrutschen, „das ist halt so, das macht man halt so“, „das gehört zum erwachsen werden dazu“. Das Wort Pflicht taucht oft auf. Ich habe so viele Menschen gesehen, die so gelebt haben, bzw. so leben. Manchmal schon auch aufgrund der politischen Umstände, aber längst nicht nur. Und ich sehe wie unglücklich diese Menschen sind und waren. Wie sie anderen, den Umständen und so weiter die Schuld daran geben. Wie sie auch richtig daran zerbrechen und kaputt gehen und auch anderen das Leben zur Hölle machen damit. Das ist für mich so eine Verantwortungslosigkeit fürs eigene Glück. Das wird an andere Menschen, an die Umstände abgegeben. Nur klappt das dann zu oft nicht. Das finde ich irgendwie, hm, nicht erwachsen. Nur kann man es mit dem, „ich mache es so wie ich will“ sicher auch übertreiben. Und ich frage mich ob ich an dem Punkt schon bin. |
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Beitrag
#3
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Nur kann man es mit dem, "ich mache es so wie ich will" sicher auch übertreiben. Und ich frage mich ob ich an dem Punkt schon bin. Vielleicht ist das nicht nur eine existentielle sondern auch eine soziale Frage. Wo ist die Grenze erreicht, hinter der ich mein Leben zwar sehr authentisch leben kann aber ausgesprochen einsam werde, weil es immer weniger Gemeinsamkeiten gibt, die ich mit meinem Umfeld teile. Meine Eltern wurden im 2. Weltkrieg geboren, wuchsen als Flüchtlingskinder im zerbombten Nachkriegswestdeutschland auf, hatten während der Schul- und Lehrzeit keinerlei Wahlmöglichkeit und wurden dafür mit einer Wirtschaftswunderkarriere belohnt. Mir stand im Gegensatz dazu von anfang an "alles offen", ich hatte es in allem besser, leichter und war obendrein ja noch (wie alle Kinder, die in den 70ern geboren wurden und irgendwann laufen, sprechen, radfahren lernten) soooo begabt. "Selbstverwirklichung" war dementsprechend eine Pflichtveranstaltung. Bereits an der Entscheidung für "meine" Grundschule wurde ich beteiligt, die Wahl aller weiterführenden Schulen, Studiengänge und Berufe wuchs dann allein auf meinem Mist. Ich fühlte mich von klein auf ausgesprochen verantwortlich für mein Glück, das in manchen Jahren eher wie ein Fluch auf mir lastete. Da ich nie(!) wusste, wie die Wege, zwischen denen ich mich da entscheiden sollte, "wirklich" beschaffen waren und dem äußeren Schein zutiefst misstraute, lief ich meist den Menschen hinterher, die mir sympathisch waren und mir "auf meiner Wellenlänge" erschienen. Noch heute passiert es mir, dass ich mich in einer Kinoschlange gegen einen Film entscheide, weil mir die Nase des Menschen nicht passt, der vor mir steht. Das ging manchmal gut und manchmal absolut nach hinten los. Ich hätte wohl genausogut würfeln können. Von vornherein ausgeschlossen waren natürlich die Berufe, deren positive und negative Seiten ich von meinen Eltern her kannte, schließlich sollte der Apfel einmal günstiger fallen als der Stamm! Da ich den Anspruch "Angefangenes" auch "fertig" zu machen unhinterfragt und unverändert übernommen hatte, lernte ich recht bald auch die beklopptesten Irrwege und Reinfälle schönzureden. Eine sehr wichtige Fähigkeit übrigens für ein erfolgreich entfremdetes Leben! Dazu kam, dass der Trend kippte. Wohin ich auch kam, war mir der Abschwung auf den Fersen, wurden direkt hinter mir "andere Seiten aufgezogen", war die Generation nach mir bereits focussiert, abgeklärt, autosuggeriert, wusste sehr genau wo's langgeht, konnte FEHLERFREI und zweisprachig mit 10 Fingern tippen und hatte einen krisenfesten Masterplan im Kopf. Damit wuchs einereits mein schlechtes Gewissen, es zu leicht gehabt zu haben - andererseits der Komplex mich an den zentralen Kompetenzen vorbeigeschummelt zu haben. Überschätzt, defizitär und irgendwie lebensuntüchtig. Folglich breitete sich in mir schon mit Anfang 20 ein kleines Dinosauriergefühl heran, zu den letzten meiner Art zu gehören. Meine Generation war die, die sich selbst im Weg stand. Dementsprechend waren wir ALLE irgendwann in Therapie (dazu muss ich sagen, dass ich diejenigen, die noch heute ohne einen Anflug von Selbstzweifel Überstunden machen, um sich Espressomaschinen im 4stelligen Eurobereich kaufen zu können, nie wirklich kennengelernt habe). Ich kann nicht beurteilen, ob die "Selbstverwirklichungs-Ansprüche", mit denen ich aufgewachsen bin, generell utopisch und uneinlösbar waren oder ob ich aus individueller Unfähigkeit an ihnen scheiterte. Jedenfalls ist mein Leben sehr viel leichter, gesünder und weniger verzweifelt ohne sie. Natürlich ist es auch weniger schillernd, individuell und existentialistisch. Es ist auch weniger "wirklich" - sofern man das "ICH" als zentrale und einzig greifbare Kategorie von "Wirklichkeit" versteht. Heute ist mein Leben eher eingebunden in Zusammenhänge, mit denen ich mich identifizieren kann ... ist Gemeinschaft und Ergänzung. Bräche das alles weg: meine Familie, mein Zuhause, meine Abeit ... ich weiß nicht, was noch übrig bliebe von "mir". Früher wäre das ein glasklarer Beweis für mich gewesen, im entfremdet automatisierten Spießerdasein angekommen zu sein. Wahrscheinlich bin ich das auch. Nur fühlt es sich anders - besser - an als ich befürchtet hatte. Und ich möchte nichts weniger als zurück. Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 26.Apr.2009 - 11:58 |
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