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> Schwul-lesbische Aussenwirkung
Sägefisch
Beitrag 03.Jul.2009 - 10:44
Beitrag #1


Schlaudegen.
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Angeregt durch den Thread über protestierende Pius-Brüder fiel mir zum wiederholten male auf, was für ein Bild "wir" eigentlich abgeben.

Zur CSD-Saison fällt das natürlich besonders ins Gewicht, aber auch ganz generell betrachtet kann ich zum Teil verstehen, dass schlichtere Gemüter uns bestenfalls als eher schräge Gestalten wahrnehmen könnten. Vielleicht muss man den Medienanteil herausrechnen, der den Fokus auf besonders prägnante Beispiele einpeilt und somit eine gewisse Verzerrung herbeiführt - vielleicht aber auch wieder gegenhalten dass es ja die Szene-Organisatoren selbst sind, die eine bestimmte Form von Berichterstattung gerne mit ins Boot holen. Primetime is money.

Worauf ich hinaus will: erreicht man durch offensive Zurschaustellung privater Lebensbereiche und aggressiver Politrethorik wirklich mehr Selbstverständlichkeit oder klopft man eher den Deckungswall fest? Was muss man mit in Kauf nehmen, wenn man sich diese Form des Stolzes als Aktionsplattform wählt? Womit werden "wir" öffentlich identifiziert wenn die vornehmliche Repräsentation zungenküssende halbnackte Dragqueens und vorwurfsvolle Forderungen an eine nicht näher benannte, anscheinend semifaschistische "Gesellschaft" sind?

Was ich damit nicht meine ist dass diese Dragqueens per se was ekliges sind, man sich selbst nicht feiern soll, es keinen Grund zum politischen Aktivismus gibt oder Sex hinter dunkle Gardinen gehört (damit jetzt keine Unterstellungen kommen).

Mir stellt sich aber die Frage, ob es uns für die restlichen 51 Wochen des Jahres weiterbringt, mit einer ins radikale überhängenden Selbstbehauptung identifiziert zu werden, die bestimmte Schamgrenzen vieler überschreitet und sich einer Wortwahl bedient die so tut als wäre der Staat nach wie vor unser repressiver Feind.

Mit leisem Stirnrunzeln stelle ich fest, dass heteronormative Vorabendserien offensichtlich viel unspektakuläreren homosexuellen Beziehungsalltag dargestellt bekommen als unsere selbstgebastelten Grossveranstaltungen, Szenefilme und Forderungskataloge. Wieviel von der Normalität die wir einfordern und postulieren, transportieren wir auch nach aussen?

Ich kann nicht umhin zu denken, dass die Einseitigkeit in der Wahrnehmung letztlich auch Wasser auf die Mühlen der kleinen Alltagshomophobie ist, die nicht so postmoderne Zeitgenossen weniger aus Hass denn aus Verunsicherung und dem Eindruck totaler Demontage weiter pflegen. Muss einem diese Aussenwirkung egal sein damit man eine gute Lesbe ist?

Fühlt Ihr Euch in irgendeiner Form repräsentiert? Durch wen/was und auch: wodurch nicht?
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shark
Beitrag 04.Jul.2009 - 11:10
Beitrag #2


Strösenschusselhai
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Ich denke, dass das lange Jahre so war.

Welche deutsche Lesbe "kannten" denn die "Leute" vor 20 Jahren?

Doch wohl ganz sicher Hella von Sinnen - die Frau mit den seltsam modeallergischen Overalls und dem pomadierten Kurzhaarschopf, schräg, schrill, laut und so ein bisschen männerfeindlich.

Sie hat lange das Bild der Lesbe in der Oeffentlichkeit bestimmt, davon bin ich überzeugt. Sie war die Generallesbe schlechthin in Deutschland.
Und so mussten ja wohl auch alle anderen Lesben daherkommen...?!?
Und da nur wenige Frauen diesem Bild entsprachen, konnte es ja nicht besonders viele Lesben geben...

Inzwischen sind ihr aber viele Frauen gefolgt heraus aus den Schränken - mit einer Selbstverständlichkeit und "Normalheit", die ganz sicher einen gewissen Wandel bewirkt hat in der Oeffentlichkeit.

Folkerts, Will, Meckel und Co kommen viel näher heran an ein lesbisches Bild, das repräsentieren kann, dass auch Lesben "echte" Frauen sind, die sich schon äusserlich nicht oder nicht wesentlich von heterosexuellen Frauen unterscheiden.
Sie sind Menschen und keine Kunstfiguren. Und ich denke, so werden sie auch wahrgenommen.

Viel wichtiger für einen Bewusstseinswandel als diese "Promis" sind aber, so denke ich, all die offen lesbisch lebenden Frauen in allen Städten und Dörfern in diesem Land.
Sie sind letztlich diejenigen, die nebenan wohnen, in der gleichen Firma arbeiten, dasselbe Hobby haben etc. - und zu welchen man ganz anderen Kontakt haben kann als zu einer Tatort-Kommissarin oder Talkshow-Gastgeberin.

Schon ich allein habe in dem Ort, in dem ich lebe, viel am "Bild der Lesbe" verändern können, das die Menschen vor meinem CO im Kopf hatten.
Und jetzt als Paar stehen meine Frau und ich für die Tatsache, dass auch homosexuelle Menschen mit Kindern leben können, langlebige Beziehungen führen können, nicht zwingend und grundsätzlich männerfeindlich sind usw.

Der schrillste CSD mit den nacktesten Popos kann an diesem "echten" Bild nichts ändern.

Ich selbst hatte vor meinem eigenen CO ein Bild von Lesben, über das ich heute nur noch schmunzeln kann: Männerhosen, Kurzhaarfrisuren, Flanellhemd und wahrscheinlich sind alle KFZ-Mechanikerinnen und haben einen Hund und keine hat ein Kind..... (IMG:style_emoticons/default/biggrin.gif)
Ich kannte ja auch keine einzige Lesbe "zum Anfassen"...
Und fühlte mich selbst deshalb schon "vorträglich" richtig exotisch mit meinen zwei Kindern, meinen Katzen, meinen langen Haaren, meinen Tunikas mit Dekolletee und meinem überwiegend männlichen Freundeskreis.

Heute kenne ich Lesben - und manche tragen wirklich Flanellhemden und haben Hunde. Andere aber nicht.

Was aber geblieben ist von meinen "Vorurteilen", weil sie sich bestätigt haben, ist, dass sich Lesben allzu häufig sozusagen "im Untergrund zusammenrotten" und nur in einer Parallelwelt wirklich lesbisch sind, nicht aber im Alltag.

Und ich denke, das schadet "unserem Bild" in der Oeffentlichkeit weit mehr als ein offenherziger CSD - weil ihm noch immer zu wenig an alltäglicher Realität gegenübergestellt wird.

Fast jeder Mensch weiss und erkennt an, dass die jungen Leute, die halbnackt auf den "Love-Parade"-Wagen mitfahren oder in schrillen Outfits am Strassenrand mitfeiern, im "normalen Leben" Friseure und Versicherungsfachangestellte, Verkäufer und Arzthelferinnen sind, Kinder haben oder grade Abitur machen.

Das könnte in Bezug auf den CSD genau so sein - wären Lesben auch sonst sichtbar.
So wie sie sind, wenn sie nicht grade übermütig ihre Befreiung feiern.


shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 04.Jul.2009 - 13:05
Bearbeitungsgrund: kleiner Einschub zweier Adjektive
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