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Beitrag
#1
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Schlaudegen. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 4.102 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 71 ![]() |
Angeregt durch den Thread über protestierende Pius-Brüder fiel mir zum wiederholten male auf, was für ein Bild "wir" eigentlich abgeben.
Zur CSD-Saison fällt das natürlich besonders ins Gewicht, aber auch ganz generell betrachtet kann ich zum Teil verstehen, dass schlichtere Gemüter uns bestenfalls als eher schräge Gestalten wahrnehmen könnten. Vielleicht muss man den Medienanteil herausrechnen, der den Fokus auf besonders prägnante Beispiele einpeilt und somit eine gewisse Verzerrung herbeiführt - vielleicht aber auch wieder gegenhalten dass es ja die Szene-Organisatoren selbst sind, die eine bestimmte Form von Berichterstattung gerne mit ins Boot holen. Primetime is money. Worauf ich hinaus will: erreicht man durch offensive Zurschaustellung privater Lebensbereiche und aggressiver Politrethorik wirklich mehr Selbstverständlichkeit oder klopft man eher den Deckungswall fest? Was muss man mit in Kauf nehmen, wenn man sich diese Form des Stolzes als Aktionsplattform wählt? Womit werden "wir" öffentlich identifiziert wenn die vornehmliche Repräsentation zungenküssende halbnackte Dragqueens und vorwurfsvolle Forderungen an eine nicht näher benannte, anscheinend semifaschistische "Gesellschaft" sind? Was ich damit nicht meine ist dass diese Dragqueens per se was ekliges sind, man sich selbst nicht feiern soll, es keinen Grund zum politischen Aktivismus gibt oder Sex hinter dunkle Gardinen gehört (damit jetzt keine Unterstellungen kommen). Mir stellt sich aber die Frage, ob es uns für die restlichen 51 Wochen des Jahres weiterbringt, mit einer ins radikale überhängenden Selbstbehauptung identifiziert zu werden, die bestimmte Schamgrenzen vieler überschreitet und sich einer Wortwahl bedient die so tut als wäre der Staat nach wie vor unser repressiver Feind. Mit leisem Stirnrunzeln stelle ich fest, dass heteronormative Vorabendserien offensichtlich viel unspektakuläreren homosexuellen Beziehungsalltag dargestellt bekommen als unsere selbstgebastelten Grossveranstaltungen, Szenefilme und Forderungskataloge. Wieviel von der Normalität die wir einfordern und postulieren, transportieren wir auch nach aussen? Ich kann nicht umhin zu denken, dass die Einseitigkeit in der Wahrnehmung letztlich auch Wasser auf die Mühlen der kleinen Alltagshomophobie ist, die nicht so postmoderne Zeitgenossen weniger aus Hass denn aus Verunsicherung und dem Eindruck totaler Demontage weiter pflegen. Muss einem diese Aussenwirkung egal sein damit man eine gute Lesbe ist? Fühlt Ihr Euch in irgendeiner Form repräsentiert? Durch wen/was und auch: wodurch nicht? |
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Beitrag
#2
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Schlaudegen. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 4.102 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 71 ![]() |
Nachdem hier ja die Antworten überwiegen, in denen einem nahegelegt wird, seine eigenen Komplexe anzugehen:
Mir jedenfalls geht es nicht darum dass ich bestimmte Medienbilder peinlich oder ungehörig finde. Folgendes Beispiel trifft es eher - eine grosse deutsche Nachrichtensendung zeigt zur besten Sendezeit einen Beitrag zum Berliner CSD. Inhalt: zwei quasi nackte, sich reibende Lederschwule, über deren Fröhlichkeit die Ansage kommt "...und forderten die Aufnahme von Homosexuellenrechten ins Grundgesetz". Da geht es imho nicht darum, ob ich persönlich mit anderer Leute Nackheit leben kann oder zu verstockt bin, sondern um die taktische Ungeschicktheit, solche Bilder mit einer sehr selbstbewussten Forderung nach spezifischer Nennung als Einzelgruppe in der Verfassung zu vermischen. Wie dumm das bei "den Leuten" nun genau ankommt, sei dahingestellt. Man wird aber nicht leugnen können dass diese Quintessenz tatsächlich für viele (auch neutrale Beobachter) das ist, was hängen bleibt. Und gerade wenn man den CSD auch als politische Plattform beibehalten will, kann man sowas nun nicht völlig unter "dann schäm Dich halt, gibt´s Therapien für" verbuchen. Die Bilder die wir produzieren tragen schliesslich auch zu der Ausgangssituation bei, mit der jede einzelne von uns dann im Alltag zu arbeiten hat, sowohl positiv als auch Widerstände mobilisierend. Dass dies alles nicht nur die Frage nach Selbst-, sondern vor allem auch nach Mediendarstellung hervorbringt ist klar. Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 05.Jul.2009 - 11:41 |
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Beitrag
#3
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Nachdem hier ja die Antworten überwiegen, in denen einem nahegelegt wird, seine eigenen Komplexe anzugehen: [...] Da geht es imho nicht darum, ob ich persönlich mit anderer Leute Nackheit leben kann oder zu verstockt bin, sondern um die taktische Ungeschicktheit, solche Bilder mit einer sehr selbstbewussten Forderung nach spezifischer Nennung als Einzelgruppe in der Verfassung zu vermischen. [...] Und gerade wenn man den CSD auch als politische Plattform beibehalten will, kann man sowas nun nicht völlig unter "dann schäm Dich halt, gibt´s Therapien für" verbuchen. Nur so nebenbei: Nicht umsonst habe ich von mir selbst gesprochen und niemandem nahegelegt, sie möge sich meine Schuhe anziehen, der sie nicht passen. Du reflektierst hier die Tatsache, dass die CSD's heute in der Mitte der deutschen Gesellschaft angekommen sind und stellst die These auf, dass die politischen Anliegen der "Community" dort wirksamer vorgebracht werden könnten. Dabei lässt Du außer Acht, dass die Christopher Street keine politische Plattform war, auf der intellektuellen Eliten, gemeinnützige Vereine, Studentenverbindungen und politischen engagierten Frauengruppen gegen Diskriminierung und Ausgrenzung auf die Straße gegangen wären. Den Stonewall-Aufstand verdanken wir (!) angepassten und etablierten Lesben in erster Linie den kessen Vätern und Dragqueens. Er wurde im Prostitutionsmilieu geboren und reagierte auf gewalttätige Ausschreitungen gegenüber einer vielfältig ausgegrenzten Randgruppe. Und auch die ersten Demonstrationen in deutschen Städten wurden nicht von den bürgerlichen Parteien und Gewerkschaften initiiert, die den CSD heute munter für ihren Wahlkampf nutzen - sie kamen aus der Sub. Rosa von Praunheim machte nie gutbürgerliches Bildungsfernsehen und die Anti-AIDS-Bewegung ging nicht aus einem züchtigen Damendebattierkränzchen hervor. Somit ist CSD einfach nicht "unsere" Party. Wir dürfen dabei sein, dazu gehören - wenn wir möchten. Ich persönlich empfinde es einfach als respektlos, all jene, deren sexuelle (!) Emanzipation ganz körperlich und handfest den Grundstein für unseren Status Quo gelegt hat, heute aus "taktischen" und "kosmetischen" Gründen aus der Berichterstattung entfernen zu wollen. Gestern Nacht habe ich mir die (leibhaftig sehr genossene) Parade noch einmal als 3-stündige Fernseh-Übertragung auf Center-TV angesehen. 1/3 der Zeit wurden Politiker interviewt, gefühlte 150 Mal wurde auf den politischen Anspruch hingewiesen und die "Kommerzialisierung" gegeißelt. "Problemgruppen" wie die Fetisch-Szene mit "jede Jeck is anders" entschuldigt und wiederholt auf die freiwillige Selbstverpflichtung des KLuST verwiesen, auf "maßlose Provokation" zu verzichten. Sicher ist die Verbindung zwischen Karneval und CSD in Köln noch einmal eine ganz besondere Geschichte. Allerdings beruht die (aus meiner von 12 Jahre zugezogenen Immi-Sicht) auf Gegenseitigkeit. Rosa Funken, Röschensitzung und "Kölle Aloha" sind im traditionellen Karneval mittlerweile fest verankert ... und viele "Berührungsängste" der Hetero-Jecken der werden wohl eher im Winter abgebaut und machen die breite Akzeptanz erst möglich, die der Regenbogen in Köln genießt. Und das nicht nur am CSD sondern 365 Tage im Jahr. Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 06.Jul.2009 - 07:30 |
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