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> Bahnfahren., Sozialstress auf Rädern.
Sägefisch
Beitrag 09.Sep.2009 - 22:09
Beitrag #1


Schlaudegen.
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Nach soeben erfolgtem Telefonat mit meiner Freundin, die sich in einem von Ruhestörung geplagten Fernreise-Nachtzug befindet (wenn man sich Karten für einen Zug mit Schlafabteilen kauft, weiss man doch dass man dort leise zu sein hat?!), leide ich aus der Ferne sehr mit, wohl wissend wie oft auch mir schon das Bahnfahren zum echten Ärgernis geworden ist.

Dabei bin ich von Verspätungen noch nicht mal so ausgiebig gepeinigt - es sind die lieben Mitreisenden die mich erschreckend oft bis zur Weissglut bringen und glatt einen ausgeprägten Wunsch nach ungemütlichsten Autoritäten alter Schule in mir auslösen.

Ich komme selten mal durch einen Zug, ohne jemanden mit den Schuhen auf den Polstersitzen zu sichten. Irgendjemand hört auch immer laut seine Musik auf dem Handy. Schulklassen drängeln, schreien sich stundelang an und schmeissen mit Müll. Ein junger Türke vertrimmt seinen kleinen Bruder ziemlich brutal und lautstark, nachdem sich dieser mit einem Cousin(?) ein wildes Rotzduell (inklusive reichlich feuchten Kollateralschäden) geliefert hat.

Und das verblüffende: das Personal latscht offensichtlich resigniert dran vorbei und sagt, tut, regelt: NICHTS. "Ich bin gar nicht da."

Hab ich einfach Pech? Selektive Wahrnehmung? Oder kommt Euch das auch so vor dass sich im rollenden öffentlichen Raum immer ungenierter ausgekotzt wird?
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LadyGodiva
Beitrag 17.Sep.2009 - 07:48
Beitrag #2


Strøse
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Geld macht den besseren Menschen. Feine Lesart, ne?

Meine These:

Viele Menschen fahren (wohl aus Vernunftsgruenden) zweite Klasse. Mit dem Kauf eines entsprechenden Tickets gehen sie einen kleinen Kuhhandel ein: preiswerte(ere)s Ticket gegen die Wahrscheinlichkeit, auf ein raeumlich sehr eingeschraenktes Platzangebot zu stossen - sprich: der Zug kann voll sein wie immer. Ich beobachte immer wieder, dass aber genau die zweite Komponente nicht wirklich angenommen wird und oftmals eine physische Expansion erfolgt, die auf Kosten der zu den gleichen Konditionen reisenden Mitpassagiere geht. Anstatt sich den beengten Gegebenheiten respektvoll anzupassen und Gepaeckvolumen, Lautstaerke und Aktivitaetsmodus auf das fuer das Nebenan ertraegliche Mass (nur fuer ein paar Stunden, dann scheiden sich die Wege gluecklicherweise ja wieder) zu reduzieren, ueppt das volle Leben im Abteil als ob's das heimische Wohnzimmer waere. (Oder eben gerade nicht.)
Meine Erfahrung ist ebenso: ist jemand bereit, fuer ein Mehr an Raum und Luft auch mehr auszugeben, besteht auch mehr Bereitschaft, dieses seinen Mitreisenden zuzugestehen, respektive von ihnen nachhaltiger zu erwarten.

Und fuer mich fiel die Entscheidung: wenn ich erholt zu Fortbildungszwecken ankommen will, wird's das kuenftig wohl erste Klasse.

Hinzugefuegt: Mir geht es wahrlich nicht um etwaige am-Platz-Services oder die integrierte Massagematte. Ich sehe nur, dass man sich in einer besseren Klasse auch ein wenig mehr an Distanz erkaufen kann - und den Preis bin inzwischen dann auch geneigt zu zahlen, wenn mir dieser Form von Comfort besonders wichtig ist - oder unabdingbar, weil ich am Folgetag tatsaechlich rund um die Uhr fit sein muss.

Der Beitrag wurde von LadyGodiva bearbeitet: 17.Sep.2009 - 07:58
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dandelion
Beitrag 17.Sep.2009 - 08:26
Beitrag #3


don't care
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ZITAT(LadyGodiva @ 17.Sep.2009 - 08:48) *
ist jemand bereit, fuer ein Mehr an Raum und Luft auch mehr auszugeben, besteht auch mehr Bereitschaft, dieses seinen Mitreisenden zuzugestehen, respektive von ihnen nachhaltiger zu erwarten.

Und fuer mich fiel die Entscheidung: wenn ich erholt zu Fortbildungszwecken ankommen will, wird's das kuenftig wohl erste Klasse.

Das oben Gesagte hat für mich auch wenig mit genereller Luxusgesellschaft zu tun, sondern vielmehr mit der Entscheidung, was mit dem vorhandenen Geld gemacht wird. Mein Monatsticket könnte beispielsweise auch billiger sein, hätte ich mir nicht gegönnt, mir damit Heimwege durch zwei verschiedene Gemeinden offenzuhalten. Warum? Weil einer der beiden Wege mit schwerem Gepäck oder nachts am Wochenende angenehmer war als der "konventionelle", da ich so ohne Umsteigen mit der S-Bahn nach Hause kam. Die Zusatzkosten kamen einem 1.-Klasse-Aufschlag für die "konventionelle" Teilstrecke schon bedenklich nahe.

Gemeint ist es wohl eher so, daß ein Ticket 1. Klasse eine Priorität für Freiraum darstellt. Mehr zahlen für mehr Platz bedeutet: der Platz ist mir wertvoll. Was für Menschen wertvoll ist, behandeln sie besser. Allgemein. Ein teures Paar Schuhe wird tendenziell mehr gepflegt als ein billiges, der teure Tisch kriegt eher mal einen Tropfen Politur zu sehen, der billige USB-Stick darf eher mal verstauben, man kriegt ja schnell einen neuen. Die meisten von uns haben es nicht ganz so "dicke", daß ca. 50 Euro nicht auffielen, würden sie in der Kasse fehlen. Trotzdem gibt es vermutlich für jede von uns einen Bereich, in dem sie nicht unbedingt zu sparen gewillt ist. Für manche ist das Bio-Ernährung, für manche Marken-/handgemachte Kleidung, für manche hochwertige Möbel, für manche eine eindrucksvolle Bibliothek, für manche der teure Sportverein, für manche das eigen(händig restauriert)e Haus... Dinge, über die andere den Kopf schütteln würden, würde man sie ihnen vorschlagen.
Freiheit ist ein wichtiges Gut. Entspannung ist ein wichtiges Gut. Erholung auch. Was ist falsch daran, in dergleichen zu investieren?
Ich frage mich gerade ernsthaft, ob die Entrüstung auch nur halb so hohe Wellen schlüge, würden die Bahnabteile nicht in "Klassen" unterteilt, sondern in Bereiche mit weniger urteilsbehafteten Namen.

Klar gibt es bei beiden Gruppierungen (in der 1. wie 2. Klasse) arrogante Anzugträger und grumpige Hektiker. Aber gleich auf dem Flur werde ich beispielsweise einer Gruppe sehr netter Anzugträger begegnen (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) Und meiner Erfahrung nach sind Menschen, die "Zeit ist Geld" zur Devise haben, die klassische Fehlbesetzung für die zweite Klasse, weil sie auf beengtem Raum Aggression, Arroganz und Konkurrenzdenken ausdünsten. Ein ganzer Waggon kann von drei solchen Gestalten völlig unter Strom gesetzt werden. Dann doch lieber ab auf die "stille Treppe" mit der 1 an der Wand.

Meine Beobachtung im Berufsverkehr ist die, daß viele 1. Klasse-Kunden im Nahverkehr entspannter beim Einsteigen sind, weil ihre Schlacht um die Sitzplätze mit dem Hinsetzen bereits gefochten ist - für meiner eine, die eben keine Priorität auf Beinfreiheit legt, ist der Sitzplatz auf der Treppe schon Glück. Ein kleiner Fall von "Konkurrenz macht gierig" - ich beobachte auch an meiner Körpersprache den Kampf um den möglichst raschen Ausstieg (weil ich sonst, vom allgemeinen Mob gebremst, erst einen Bus später weiterkomme).
Jetzt kann ich auf den Werteverfall der Menschen wettern, wenn ich Spaß dran habe. Oder auf die, denen es eine ganze Stange Geld wert ist, sich diesem Theater gar nicht erst aussetzen zu müssen. Oder auf den grausamen Gott des Nahverkehrs-Timing, der mir schon wieder einen späteren Feierabend beschert hat. Oder gleich auf die ganze Bahn. Oder ich fange an, mich für meine begrenzt vorhandenen Nerven zu hassen.
Oder akzeptieren, daß ich es so gewollt habe.

nachdenklich,
dandi.

Der Beitrag wurde von dandelion bearbeitet: 17.Sep.2009 - 08:26
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