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Beitrag
#1
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Schlaudegen. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 4.102 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 71 ![]() |
Wer sich regelmäßig nicht nur Tagesschau und -blätter gönnt, sondern auch mal das arte-Spätprogramm oder Kultursendungen auf Nischensendern, und das eine oder andere Subskribentenmagazin zumindest schon mal in den Händen hatte, dem wird auffallen daß es schon sehr lange sowas wie einen alternativen Chic gibt, der sich mehr oder minder subtil vom Massengeschmack abhebt, aber wiederum selbst oft nicht ganz billig ist.
Streng genommen sind Fabriketagen und Klamotten vom kleinen Szeneladen sogar die deutlich teurere Wahl, und keineswegs mehr der Fluchtpunkt für Menschen die sich Neubau und Markenjeans nicht leisten können. So wird der tragende Gedanke mit der Notwendigkeit verknüpft, ein recht aufwändiges materielles Gerüst zu etablieren. Nicht daß es mir ganz neu an mir wäre, aber heute fiel mir dazu besonders deutlich auf welchen Unwillen ich mobilisiere, wenn intellektuelle oder alternative Beiträge, Konzepte oder Einwürfe mich aus einer Richtung anwehen, in der gleichzeitig privates Wohlleben herrscht. Wieso eigentlich? Ein Stück weit ist es sicherlich antrainierter Mechanismus; jedenfalls merke ich daß es mich aus irgendwelchen Gründen irritiert wenn die mögliche bessere Welt in besonders idyllischen, teuer restaurierten Privatrefugien exploriert wird, der klare Blick auf die Verhältnisse sich aus dem Oberklassewagen heraus meldet oder hinter vollmundig dekonstruierenden Nachwuchskünstlern ein 2000€ schweres Macbook Pro hervorblitzt. Gewichtiger Inhalt in machtvoller Ästethik. Neid? Wäre die leichte Erklärung. Interessanter finde ich die Frage, was genau mich da am Gesamtbild stört. Bestimmt die Diskrepanz zwischen selbstformuliertem Durchblick und anders-sein, und gleichzeitiger Realitätsuntauglichkeit der Analyse wegen zu exclusivem Blickwinkel, oft auch offensichtlich doch reichlich vorhandener Konzentration auf die fein austarierte Konsumentscheidung wider den Plebs(?). Womöglich auch der Verdacht, daß die Einkommen in solchen Berufssparten an sich nicht so üppen, als daß man ein so verfeinertes Niveau ohne Finanzspritzen oder profitable Systempöstchen durchziehen könnte. Wobei das je nach Kultur ja völlig unterschiedlich ist, so scheint es in den USA eine durchaus wohlhabende Sparte von Intellektuellen alter amerikanischer Schule zu geben, deren Personalunion als Gesellschaftskritiker und Mietshausbesitzer an der Upper East Side keinen Widerspruch zu bergen scheint. Schon mal drüber räsoniert? Wie neutral sind Konsumstatements neben (manchmal anderslautenden) Botschaften? Der Beitrag wurde von Sägefisch bearbeitet: 27.Sep.2009 - 17:46 |
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Beitrag
#2
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Strøse ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 10.010 Userin seit: 27.08.2004 Userinnen-Nr.: 166 ![]() |
Ich habe längere Zeit in einem sogenannten "Szenebezirk" gelebt und bin bereits beim Schritt über die Türschwelle mit der jungen Intellektualität und ihren mehr oder weniger diskreten Insignien konfrontiert worden. Als Beispiel aus meinem persönlichen Umfeld eine Bekannte, eine sprachwissenschaftliche Magistra, die sich in ihrem in Relation zur Ausbildung schlecht entlohnten Verlagsjob um die Möglichkeit betrogen sieht, selbst schreibend tätig zu werden. Eine Vernunftentscheidung, die zu respektieren ist... oder mehr noch wäre, müsste es nicht ausgerechnet eine Wohnung im Szeneviertel, das Manufactumbücherboard oder handgenähte Stiefel sein. Andererseits weiß sie, dass sie bei Geschäftsessen gut bedient ist, Visitenkärtchen mit der entsprechenden Wohnadresse vorrätig zu halten oder einen hochwertigen Füllfederhalter aus der Jackentasche ziehen kann - aus Imagegründen. In ihrer Position, die ursprünglich eher eine akzeptierte Gegebenheit darstellte, wird dergleichen in einer Art stillem Konsens vorausgesetzt. Letztenendes hat sie ihr eigentliches Ziel (den Roman) gegen eine akademisch untermauerte, mehr oder weniger behagliche Beschäftigung "mit" (Literatur) ausgetauscht, die von ihr indirekt zu fordern scheint, hinter einer ambitionierten Fassade die Moneten für deren Kitt zusammenzusammeln. Sie hat das Spiel angenommen, weil die Schreiberei nicht den Lebensstil liefert, den die Schreiberei für sie bereit halten sollte.
Es ist sicherlich nur ein Beispiel, aber ich sah eben zu viele davon, um von Einzelphänomenen sprechen zu wollen. Natürlich ist niemand gezwungen, so zu leben, aber es tun viele. |
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Beitrag
#3
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Als Beispiel aus meinem persönlichen Umfeld eine Bekannte, eine sprachwissenschaftliche Magistra, die sich in ihrem in Relation zur Ausbildung schlecht entlohnten Verlagsjob um die Möglichkeit betrogen sieht, selbst schreibend tätig zu werden. Eine Vernunftentscheidung, die zu respektieren ist... oder mehr noch wäre, müsste es nicht ausgerechnet eine Wohnung im Szeneviertel, das Manufactumbücherboard oder handgenähte Stiefel sein.[...]Letztenendes hat sie ihr eigentliches Ziel (den Roman) gegen eine akademisch untermauerte, mehr oder weniger behagliche Beschäftigung "mit" (Literatur) ausgetauscht, die von ihr indirekt zu fordern scheint, hinter einer ambitionierten Fassade die Moneten für deren Kitt zusammenzusammeln. Mal ganz platt gefragt: Bewertet sie ihr Leben selbst so oder gibt diese Skizze Deine Einschätzung ihres Werdegangs wieder? Ich lebe zwar nicht in einem Szeneviertel und werde auch nicht auf die angesagten Parties der Reichen und Schönen eingeladen, aber die Geschichte vom "ungeschriebenen Roman" kenne ich sehr gut. Von mir selbst. Den hab ich sozusagen von meiner Mutter geerbt, die auch in einem Verlag arbeitete und immer mal wieder davon träumte eines Tages einen Roman zu schreiben. Die Oma nicht, die Großtante aber schon. Der Roman unserer Sippe wird also über die weibliche Linie vererbt und er vermag viele Mittelmäßigkeiten und Frustrationen zu kompensieren. Er versöhnt mit der eigenen Durchschnittlichkeit und verzaubert den Alltag. Er ist so ein bisschen wie die wunderschöne, temperamentvolle und kluge Geliebte am Fuße des Zuckerhutes (oder ein stattlicher Jungbauer mit eigenem Gestüt und seelenvollem Blick): weit weit weg aber eine wundervoller Grund, den schöden Alltag zu vergessen. Ohne so einen Roman lässt sich ein schöngeistiges Studium über mehr als 10 Semester ohnehin nur schwer rechtfertigen. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif) In den meisten meiner FreundINNeN schlummert übrigens auch so ein heimlicher/angekündigter/gescheiterter/verschobener/fastfertiger Roman. Was weniger schlimm ist als Vollblut-Karrieristinnen glauben mögen. Er hindert uns nämlich nicht daran durchaus zufrieden mit unseren semikreativen Agenturjobs und Lehrtätigkeiten zu sein - Freude an flüssigen Gebrauchstexten, solide geklemptnerten Präsentationen und bodenständiger Finanzplanung zu empfinden. Natürlich gibt es zwischendurch ganz besonders banale Tage, an denen man lieber von Rio träumt und eine überteuerte Glitzerkette kauft ... die man nie tragen aber wie einen Schatz hüten wird. Aber das ist die Ausnahme. Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 01.Oct.2009 - 17:23 |
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