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> Gestern noch voll im Leben und heute ist alles anders...., kann triggern....
Belanna
Beitrag 06.Oct.2009 - 20:53
Beitrag #1


Naschkatze
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Vor 1,5 Jahren wurde mir ein Herzschrittmacher "eingebaut". Vor ca. 6 Wochen bekam ich plötzlich stechende, unglaublich starke Schmerzen an einer bestimmten Stelle im Brustraum, die der Arzt dann auf "Tietze-Syndrom" diagnostiziert und ein paar Tage später mit Herzbeutelentzündung ergänzt hat. Es folgte eine wochenlange Schmerztherapie mit Medikamenten. Vorletzte Woche, während eines kleinen Spaziergangs, bekam ich dann höllische Schmerzen, plötzlich an einer anderen Stelle im Brustraum. Ich kam kaum mehr nach Hause, konnte mich dort weder hinlegen noch Setzen. Nach einer Weile war auch Stehen nicht mehr möglich, denn der Kreislauf war langsam am wegschmieren.... Meine Frau war - allen guten Mächten sei Dank - zuhause und hat, entgegen meinem Wunsch, den Rettungsdienst angerufen. Bis der kam, war ich fast bewustlos, d.h. ich konnte zwar noch die Stimmen hören, war aber nicht mehr in der Lage zu reagiere. 2 Stunden später war klar, dass da eine Flüssigkeit zwischen Lunge und Rippenfell ist. Die Ärztin punktierte, es kam Blut. Sie dachte, sie hätte falsch gestochen. Holte einen Kollegen, der punktierte nochmals - wieder Blut. Nach einer weiteren Stunde lag der Verdacht vor, dass das Herz betroffen ist. Ich wurde mit dem Rettungsdienst in eine grössere Klinik mit einer gut eingerichteten kardiologischen Station verlegt. Dort war nach einer weiteren Stunde klar, dass eine Sonde des Herzschrittmachers das Herz und den Herzbeutel durchstossen hat und besonders der zweite Durchstoss mein Glück war, da so das Blut in den grösseren Raum um die Lunge fliessen konnte. In einer Notoperation wurde nun der Brustraum geöffnet, die Sonde gezogen, eine neue Sonde an einer anderen Stelle gesetzt, das Herz geflickt und nun bin ich in der Reha.

Womit ich jetzt zu kämpfen habe, ist die Tatsache, dass so plötzlich alles vorbei sein kann. Immer wieder schiesst mir der Gedanke durch den Kopf: "Was wäre gewesen, wenn Du alleine gewesen wärst?"
Ich hab jegliches Vertrauen in meinen Körper und in den Herzschrittmacher verloren. Immer wieder dieser Gedanke: "Du wärst fast gestorben"
Obwohl ich das niemand wünsche - aber hat von Euch schon jemand so ein Erlebnis gehabt? Wie kann ich das nur verarbeiten?

Hier in der Reha wird die Psyche eigentlich sehr umfangreich mit in den Genesungsprozess eingebunden. Und da kommen wir zu meiner nächsten Frage: Ich hatte mit der Psychologin ein Gespräch und habe zugegeben, dass ich hier - zum aller ersten Mal - ein Problem damit hätte, mich offen und direkt zum meiner Partnerin zu bekennen. Weil alle Mitpatienten zwischen 60 und 80 sind. So eine Stockwerksbelegung, die permanent in Gruppen eingeteilt ist, zusammen isst und die Zimmer teilt, ist ein spezielles kleines soziales Netz. Ich bin hier alleine unter der Woche, es kann mich aufgrund der Distanz niemand besuchen und ich hab eine Höllenangst davor, dass zu meiner oben beschriebenen Angst auch noch ein Ausschluss dazu kommt. Die Psychologin fragte mich, ob ich nicht einfach "notlügen" könne und von einem Mann erzählen könne. Dies lehne ich kategorisch ab. Ich möchte meine Frau am Wochenende umarmen und küssen können. Ihre Nähe bedeutet mir so viel und gibt mir alles.
Wie seht Ihr das? Natürlich weiss ich, dass mir die Meinung der anderen Patienten schnuppe sein könnte. Aber ich bin eh schon in einer Achterbahn gefangen, hat Schmerzen, kann schlecht schlafen, immer wieder diese Ängste und Gedanken, die sich teilweise in ein schwarzes Loch verwandeln, das mich aufzufressen droht. Dann wieder wieder diese Hochs, die Motivation etc. Eine Notlüge will ich nicht. Aber wie mach ich das sonst am Besten?

Ich bin dankbar um jeden Vorschlag, ob hier oder als PN! Ob zur ersten oder zur zweiten Frage.... DANKE schon im Voraus!
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sonnenstrahl
Beitrag 12.Oct.2009 - 18:10
Beitrag #2


verboden vrucht
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Liebe Belanna,

wie schön, dass du noch lebst! (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif)

Auch wenn ich nie in einer Situation war, in der mein Körper dergestalt Alarm schlug, wie bei dir, so erinnere ich doch (mindestens) 3 Situationen, in denen es für mein Gefühl um Leben und Tod ging:

Die erste erlebte ich mit 5 1/2: Meine 3 jährige Schwester und ich trieben plötzlich, an ihren Schwimmring geklammert, hinaus in die wogende Ostsee. Die Minuten der Panik und des Wasserschluckens, bis zwei Männer uns retteten, werde ich nie vergessen.

Die zweite mit 20: Wir fuhren mit unserem Käfer nachts auf einer unbefestigten Straße in Meeresnähe in Nordspanien. Mit einem Mal tat es einen Schlag, und das Auto samt uns kam von der Straße ab, rollte in den Abgrund, blieb an Büschen hängen, überschlug sich einmal langsam, blieb wieder hängen, überschlug sich nochmal, und landete schließlich im Wasser, das uns im Nu bis zu Brust stand. Ich dachte voller Entsetzen, wir sind ins Meer gestürzt, und würden gleich weiter versinken, und meine Gedanken überschlugen sich, wie zuvor der Käfer, in all ihrer ihnen möglichen Geistesgegenwart: Gurt ab! Fenster runterkurbeln! rauswinden! Was ist mit meinem Freund? Lebt. Okay. Ist unverletzt. "Wir müssen hier raus!" Dann kapierte ich: Wir stehen in einem Fluss, und tiefer würden wir nicht sinken. Und das Wasser würde eine Explosion verhindern. ..... Puuuuuuuuhhhh.

Die dritte Situation war, als ich als Taxifahrerin überfallen wurde. Oder so ähnlich. Der Typ war durchgeknallt, wir standen in einem Feldweg hinter einer Kaserne, weit und breit niemand - und ich redete mit ihm um mein Leben. Mit Nerven wie Drahtseilen - IN der Situation. Als er endlich ausstieg, ließ ich alle Verriegelungsnupsis runter, wendete, fuhr mit klopfendem Herzen und zitternden Knien noch ca. 1 km, verständigte den Funk, dass alles o.k. sei, und fuhr erstmal an den Rand. Von den Drahtseilen war nicht mehr viel zu spüren.

Nach jeder der drei Situationen war ich unendlich dankbar dafür, dass mein Leben weitergehen durfte. Ich murmelte stundenlang: "Dankedankedankedankedanke ...". Denn ja: Ich wollte weiterleben. Keine Frage. Ich liebte mein Leben.
Und ich liebe es noch.

Wenn ich nun versuche, mich in deine Lage zu versetzen, dann stelle ich mir unweigerlich folgendes Zwiegespräch mit mir vor, in der Art, wie ich es immer wieder gerne mit mir führe, wenn ich einen Konflikt mit mir habe:

"Mensch, Süße, das war echt knapp!" "Ja. Ich bin noch ganz durcheinander. Und vor allem hab ich Schiss, dass das wieder passiert." "Passiert es jetzt gerade?" "Nein. Aber ich habe Angst davor, dass es irgendwann wieder passiert." "Hm, irgendwann ... Irgendwann ist ein weites Feld. Und: Kannst du dir überhaupt sicher sein, dass es irgendwann wieder passiert?" "Nein." "Sag mal: Willst du eigentlich leben?" "Ja." "Dann tu es, mein Engel. Jetzt." "Ja, aber jetzt habe ich auch noch Angst vor Ausschluss. Vielleicht schneiden die mich, wenn sie mitkriegen, dass ich lesbisch bin." "Ach so. Hm. Die schneiden dich also. Kannst du dir sicher sein, dass DAS passiert?" "Nein." "Wie fühlst du dich, wenn du dir vorstellst, dass du geschnitten wirst?" "Schlecht. Traurig. Auch wütend. Fast schon ein bisschen feindselig den anderen gegenüber. Obwohl sie noch gar nichts getan haben." "Verstehe. Diese Vorstellung macht also, dass du dich schlecht, traurig, wütend und ein bisschen feindselig fühlst. Ohne wirklichen Grund. ... Und wenn du diese Vorstellung nicht hättest?" "Dann (hier müßte ich vermutlich spätestens ein bisschen kichern) könnte ich genießen, dass ich lebe." "Dann genieß es doch einfach. Jetzt. Und hör auf, dir was vorzustellen, was dir nicht gut tut. Okay?" "Ja, ja - okay. !:0 für dich, du Besserwisserin. Du hast Recht. Danke. ... Und dabei wollt ich mich doch nur ein bisschen begöschen lassen." "Ach so. Na, dann sag das doch gleich." "Und wenn es niemand tut?" "Bleibst ja immer noch du, um es dir gut gehen zu lassen, oder?"

Ich wünsch dir, dass dir das - oder irgendetwas anderes - hilft, dich wieder mitten in deinem Leben zu fühlen. Denn dort bist du ja, mitten drin, ganz real - so lange, bis es vorbei ist. Wann auch immer das sein wird. Du kannst es nicht wissen. Und was dann kommt: Lassen wir uns doch überraschen.

(IMG:style_emoticons/default/smile.gif)




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