lesbenforen.de

Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )

> Bitte beachten

Denk bitte daran, dass unser Forum öffentlich einsehbar ist. Das bedeutet: wenn du hier dein Herz ausschüttest, kann das von allen gelesen werden, die zufällig unser Forum anklicken. Überleg also genau, was du preisgibst und wie erkennbar du dich hier machst. Wir löschen keine Threads und keine Beiträge, und wir verschieben auch nichts in unsichtbare Bereiche.

Du kannst deinen Beitrag nach dem Posten 90 Minuten lang editieren, danach nicht mehr. Lies dir also vor dem Posten sorgfältig durch, was du geschrieben hast. Dazu kannst du die "Vorschau" nutzen.


Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Webseite erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.

> Rio Reiser und das Leben
ella1
Beitrag 20.Feb.2010 - 00:26
Beitrag #1


Naschkatze
**********

Gruppe: Members
Beiträge: 329
Userin seit: 16.03.2007
Userinnen-Nr.: 4.205



Heute war ich im Konzert mit Musik von Rio Reiser. Es ist meine Zeit, diese Musik und Rio. Ich war mit einer Freundin da. Seit mehr als 20 Jahren gehen wir als Freundinnen durch die Welt.

Rio war unsere Zeit und wir gingen damals nicht nur zu seinen Konzerten. Wir wüteten mit seinen Texten, verbrachten Stunden in Plena und dikutieren die Welt. Nebenbei lebten in einer Lesbenwelt. Wir schienen autonom und cool. Wir hatten mit unsere Bezugsgruppe Telefonzeichen und benutzten subvesive Codewörter. Wenn eine aus der Reihe tanzte schlossen wir sie aus. So diese SM-Frauen auf dem Lesbentagen, die Beamtinnen und Kirchgänger gleich mit.Wir beriefen uns damals gern auf vermeindliche Opfer. Die Welt bestand aus Unterdrückten und uns. Wobei wir uns auch als gebeutelt sahen. Aber wir wehrten uns im Namen aller.

Rio war ein Durchgeknallter. Er passte nicht wirklich zu uns, mit der Zeit immer weniger. Er schien zunehmend etabliert. Ok, davor wäre er fast verhungert. Trotzdem...Mainstream.
Geschichte, auch dass ich mit den anderen rief: "Dies ist unser Haus, keine Macht für niemanden, macht kaputt was euch kaputt macht", ich war nicht wirklich weniger verlogen als andere. Denn ich wollte Macht so wie die anderen neben mir in der Kette die den Willen der Masse durchsetzen wollten. Wir hatten bessere Gründe als andere. Mehr Gewissheit darin hatten wir nicht.

Damals hatte ich politische Überzeugungen. Heute fehlen sie mir. Damals stellte ich meine Überzeugungen über Menschen, so wie damals über Rio der einsam wurde.
Mich interessierte nicht welche Gründe jemand für etwas hatte. Es gab einen Weg und der war in meiner Bezugsgruppe klar. So wie Rio sagte, "den ersten Bullen die das Bethanien betreten schlagen wir die Köppe ein", jawoll ich war bereit.
Was haben wir diskutiert und nebenbei schlossen wir unser Studium ab und gingen in die Arbeitswelt und ich dachte ich breche sie von innen auf diese Welt.

Heute war ich im Konzert und mit mir saßen dort die Anderen. Wir saßen nicht in einem Club, keinem jointgeschwängerten. Ich befand mich im Durchschnittsalter neben dieses Akademikern. Wir hoben an zu "der Turm stürzt" ein, nach "Rauchhaussong" und bestimmt dachten viele "alles Lüge".
Ich frage mich wo stehe ich heute und ich vermisse unendlich das alte Hinterfragen. Und ich frage mich hinterfragten wir wirklich mehr. Wann war ich arroganter: damals oder heute? Heute habe ich sicherlich eine Arroganz aus meinem Sein dem etablierten, aber hatte ich dies nicht damals auch?

Ich drehe Meinungen, stelle Fragen. Ich weiß nicht ob dies besser ist ist es doch beeinflusst durch meine Geschichte. Heute finde ich vieles platt, Propaganda. Vieles scheint mir seit Jahrzehnten durchgedacht und ich werde sauer wenn irgend jemand entwertet wird und einmal erwischete ich mich, dass ich den Papst verteidigte und ich kann ihn wirkich nicht leiden aber noch weniger gefühlte Ungerechtigkeit.

Ich habe Überzeugungen verloren und ich weiß ich suche. Suche Antworten wohin ich nicht zuletzt politisch hin will. Und ich glaube immer noch das private ist auch politisch. Nun wenigstens etwas dessen ich sicher bin.

Vermutlich ist es ein Tribut an die Zeit immer wieder zu suchen. Vermutlich bin ich damit nicht ganz alleine. Auch nicht an Abenden die in die Vergangenheit denken und fragen was wird noch kommen und was zählte heute. Zumindestens hoffe ich darauf, nicht ganz alleine damit zu sein.

Gedanken halt, Momentaufnahmen einer Suchenden.... .
Go to the top of the page
 
+Quote Post
 
Start new topic
Antworten
MrsM
Beitrag 20.Feb.2010 - 11:11
Beitrag #2


der frühe Vogel kann mich mal......und nicht nur der .... :-)
************

Gruppe: Members
Beiträge: 4.070
Userin seit: 12.10.2004
Userinnen-Nr.: 583



Hallo ella,
ich weiss nicht, ob ich wirklich was dazu beitragen kann, allerdings möchte ich los werden, das mich dein posting sehr berührt hat und mich schlagartig in eine 'andere' zeit zurück katapultiert hat...

es erinnert mich an 'aktive' zeiten, in denen, meine beste freundin (die mich seit nunmehr 20 jahren begleitet) und ich gegen jegliche ungerechtigkeit und 'spiessigkeit' dieser welt waren und damit auch nicht hinterm berg gehalten haben.....

wir waren, bzw. wir hielten uns für autonom, unanfechtbar, unsere meinung war die richtige, alle die was anderes zu sagen hatten, hatten mit uns nichts gemein...

friedenstauben, birkenstock, schlabberhosen und henna-rot gefärbte haare, und konzerte von bettina wegener...alles was nicht in unser 'klischee' passte, war auch nicht richtig.... so wie wir aufgewachsen sind, das was unsere eltern lebten, erst recht nicht....

und ich gebe dir recht, ich fühlte mich 'damals' auch deutlich 'aktiver' und politischer.... ist es abhanden gekommen? oder bringt manche dinge einfach das leben mit sich? keine ahnung.....
ich bin nach wie vor ein mensch, der ungerechtigkeit nicht wirklich ertragen kann... aber mit aller wehemenz (schreibt man das so?) sich für 'alles' einsetzen.... das ist mir tatsächlich 'abhanden' gekommen.... ich bin kompromissbereiter geworden und lasse mich auch ab und an davon überzeugen, das meine meinung nicht unbeding die 'richtige' ist...

wahrscheinlich bin ich, in den augen meiner freundin zumindest ein bisschen 'revolutionärer' geblieben als sie... immerhin lebe ich als geoutete lesbe ;-)...
sie ist mittlerweile verheiratet, 2 kinder und haus im gleichen stadtteil wie ihre eltern :-O....

das hätte uns mal einer vor 20 Jahren sagen sollen :-)....

dennoch ist alles gut so wie es ist und auch so wie es war..... ohne 'diese' zeit wäre ich nicht die, die ich heute bin.... und im grossen und ganzen bin ich schon ganz gut geraten ;-)

...... wahrscheinlich jetzt ein wenig am thema vorbei..... sorry, mich hat die melancholie kurz erfasst... 'das alles und noch viel mehr' ;-)
Go to the top of the page
 
+Quote Post

Beiträge in diesem Thread


Reply to this topicStart new topic
1 Besucherinnen lesen dieses Thema (Gäste: 1 | Anonyme Userinnen: 0)
0 Userinnen:

 



Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 12.05.2025 - 21:42