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> Rio Reiser und das Leben
ella1
Beitrag 20.Feb.2010 - 00:26
Beitrag #1


Naschkatze
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Userinnen-Nr.: 4.205



Heute war ich im Konzert mit Musik von Rio Reiser. Es ist meine Zeit, diese Musik und Rio. Ich war mit einer Freundin da. Seit mehr als 20 Jahren gehen wir als Freundinnen durch die Welt.

Rio war unsere Zeit und wir gingen damals nicht nur zu seinen Konzerten. Wir wüteten mit seinen Texten, verbrachten Stunden in Plena und dikutieren die Welt. Nebenbei lebten in einer Lesbenwelt. Wir schienen autonom und cool. Wir hatten mit unsere Bezugsgruppe Telefonzeichen und benutzten subvesive Codewörter. Wenn eine aus der Reihe tanzte schlossen wir sie aus. So diese SM-Frauen auf dem Lesbentagen, die Beamtinnen und Kirchgänger gleich mit.Wir beriefen uns damals gern auf vermeindliche Opfer. Die Welt bestand aus Unterdrückten und uns. Wobei wir uns auch als gebeutelt sahen. Aber wir wehrten uns im Namen aller.

Rio war ein Durchgeknallter. Er passte nicht wirklich zu uns, mit der Zeit immer weniger. Er schien zunehmend etabliert. Ok, davor wäre er fast verhungert. Trotzdem...Mainstream.
Geschichte, auch dass ich mit den anderen rief: "Dies ist unser Haus, keine Macht für niemanden, macht kaputt was euch kaputt macht", ich war nicht wirklich weniger verlogen als andere. Denn ich wollte Macht so wie die anderen neben mir in der Kette die den Willen der Masse durchsetzen wollten. Wir hatten bessere Gründe als andere. Mehr Gewissheit darin hatten wir nicht.

Damals hatte ich politische Überzeugungen. Heute fehlen sie mir. Damals stellte ich meine Überzeugungen über Menschen, so wie damals über Rio der einsam wurde.
Mich interessierte nicht welche Gründe jemand für etwas hatte. Es gab einen Weg und der war in meiner Bezugsgruppe klar. So wie Rio sagte, "den ersten Bullen die das Bethanien betreten schlagen wir die Köppe ein", jawoll ich war bereit.
Was haben wir diskutiert und nebenbei schlossen wir unser Studium ab und gingen in die Arbeitswelt und ich dachte ich breche sie von innen auf diese Welt.

Heute war ich im Konzert und mit mir saßen dort die Anderen. Wir saßen nicht in einem Club, keinem jointgeschwängerten. Ich befand mich im Durchschnittsalter neben dieses Akademikern. Wir hoben an zu "der Turm stürzt" ein, nach "Rauchhaussong" und bestimmt dachten viele "alles Lüge".
Ich frage mich wo stehe ich heute und ich vermisse unendlich das alte Hinterfragen. Und ich frage mich hinterfragten wir wirklich mehr. Wann war ich arroganter: damals oder heute? Heute habe ich sicherlich eine Arroganz aus meinem Sein dem etablierten, aber hatte ich dies nicht damals auch?

Ich drehe Meinungen, stelle Fragen. Ich weiß nicht ob dies besser ist ist es doch beeinflusst durch meine Geschichte. Heute finde ich vieles platt, Propaganda. Vieles scheint mir seit Jahrzehnten durchgedacht und ich werde sauer wenn irgend jemand entwertet wird und einmal erwischete ich mich, dass ich den Papst verteidigte und ich kann ihn wirkich nicht leiden aber noch weniger gefühlte Ungerechtigkeit.

Ich habe Überzeugungen verloren und ich weiß ich suche. Suche Antworten wohin ich nicht zuletzt politisch hin will. Und ich glaube immer noch das private ist auch politisch. Nun wenigstens etwas dessen ich sicher bin.

Vermutlich ist es ein Tribut an die Zeit immer wieder zu suchen. Vermutlich bin ich damit nicht ganz alleine. Auch nicht an Abenden die in die Vergangenheit denken und fragen was wird noch kommen und was zählte heute. Zumindestens hoffe ich darauf, nicht ganz alleine damit zu sein.

Gedanken halt, Momentaufnahmen einer Suchenden.... .
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blue_moon
Beitrag 20.Feb.2010 - 13:42
Beitrag #2


strösen macht blau!
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zeitsprung - 25 jahre zurück...

für die scherben war ich ein kleines bisschen zu jung - oder ich hab zu lang gebraucht, was ich nicht ausschliessen will. ausserdem war ich so beschäftigt, meine sexualität zu entdecken, dass damals auch die kulturellen errungenschaften der frauen mein hauptspektrum bildeten. frauenmusik gut, lesbenmusik besser. zu uni-zeiten gab's auch genügend gelegenheiten, was zu entdecken oder - besser noch - zu veranstalten. autonomes frauen-/lesbenreferat hiess unter anderem auch zugang zu den räumlichkeiten der uni und den finanzen des asta.

die fronten schienen klar. meine einstellung trug ich wie einen schild vor mir her. jedeR, ob sie wollten oder nicht, wurde auf mein fettes L auf der stirn gestossen. wir mischten uns ein, liessen uns nie nur auf den 'frauenkram' reduzieren. auch die lebensumstände in meinen beiden lesben-wg's waren klar umrissen. alles super... alles?

ich brach mein studium ab, verliess die uni und fing eine ausbildung an. der job hatte - und hat - zwar einen spürbaren frauenanteil, ist aber eindeutig männlich dominiert. erst hier merkte ich, was vorher schief war. ich bin - auch heute noch - die, mit den merkwürdigen positionen. aber, und das war der grosse unterschied, die gemeinsamen ziele (hauptsächlich dienstlicher art) blieben bei allen differenzen im fokus. vielleicht gerade, weil die emotionalen verstrickungen nicht vorhanden waren.

ich bin offener geworden. mit meinen erfahrungen von heute würd ich manchmal gern nochmal abtauchen in die zeit vor 25 jahren. oder auch nicht. eigentlich war es gut, wie es war, auch wenn ich hier oder da gern wüsste, was passiert wäre, hätte ich andere abzweigungen gewählt. aber so ist das halt mit entscheidungen.

die suche hat sich bei mir (noch) nicht eingestellt. politisch gibt es inzwischen keine wirkliche heimat mehr - in der parteienlandschaft schon mal gar nicht. ich versuche, mich im kleinen durchzuwurschteln und bin dann doch lieber die mit den merkwürdigen positionen.
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