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> Mamma Mia -' Chiquita ' und das Coming out
ella1
Beitrag 07.May.2010 - 22:40
Beitrag #1


Naschkatze
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Ich hatte einen harten, berührenden Arbeitstag mit Menschen. Manchmal verfolgt mich nach Jahrzehnten des handelnden Umgehens die Tragik solcher Begegnungen und erinnert mich an alte Zeiten.
In meinem Büro geht es oft um Armut, unerfüllte Bedürftigkeiten und vor allem Einsamkeit.
Heute dachte lange über einen Menschen nach und das was er mir erzählte und meine Gedanken schweiften schließlich in meine Vergangenheit ab. Ich dachte an Mamma Mia, nebenbei ein Film den ich immer wieder gern mit Freundinnen sehe.
Vermutlich wegen Freundinnen, Gefährtinnen suchte ich mir schließlich das Video "Chiquita" aus ihm. Freunde, eigen und merkwürdig und unendlich vertraut. Wichtiges Vertrauen das erlaubt sich sehen zu lassen auch wenn eine sich gehen lässt.

Als ich klein war an Jahren, sehr winzig, fühlte ich mich allein vermutete ich doch ich sei anders als die Menschen in meiner Welt. Auch diese Welt war winzig. Ausgerechnet als ich meinte ich müsste mich in Frauen verlieben befand ich mich in einer Kleinstadt in Nordhessen. Es gab keine Lesben, es gab mich und meine Verliebtheit in meine beste Freundin D. Jeden Tag schrieben wir uns kleine Briefe und sie gestand mir in diesen welchen Kerl sie gerade bevorzugte. Ich gestand ihr nichts.

Dann war da noch diese Frau zwei Klassen über uns. Sie wurde auf dem Schulhof "Lesbe" genannt. Es war dramatisch als wir uns auf dem Klo der Schule trafen. Sie rauchend und drohend ich solle mich "verpissen", zwei Köpfe größer als ich und imposant im Körperbau. Ich war verloren und verflixt schnell in meiner Flucht vor diesem Wesen.

D. war gut für meine Phantasien und gleichzeitig unerreichbar. Ich erlebte mit ihr Beziehung um Beziehung. Sie "ging" mit Männern und selbst ich mit meinen Träumen konnte nicht glauben, dass dieses "Mädchen" das ich aus dem Sandkasten kannte irgendwann etwas anderes anstreben würde als Ehe und Kinder. Ich was vielleicht eine "Frauenverliebte" aber ich war nicht völlig verstrahlt.

Nicht genug dass ich Frauen hinterherschaute und meinen heimlichen Phantasien fröhnte, es waren Frauen die älter waren.
Ich pubertierte und meine Auserwählten hatten ihre Schulzeit bereits hinter sich gelassen. Nicht dass eine von ihnen gewußt hätte was sie in meinen Vorstellen für mich hätte sein können.

Ich hasste mein Leben und mein Schicksal neben all den " willst-Du-mit-mir gehen" Dramen die sich um mich abspielten und die nichts mit mir zu tun hatten.

Die Oberstufe stand an als ich "Sie" sah. Sie im Abiturjahrgang wandelte unerreichbar an mir vorbei. Blond, abgehoben und fern, unendlich schön und begehrenswert. Wieso ich das Glück hatten dass "Sie" lesbisch war weiß ich nicht. Wieso ich das Pech hatte, dass "Sie" liiert war ebensowenig.
Wieso wir auf vielen verschlungenen Wegen nach Jahren eine Affaire beschlossen, ich kann es nicht erklären.

Was ich weiß, sie begeisterte mich unbeschreibbar und ich wollte ihre Nähe aber ich hatten auch unüberwindliche Angst ihr nah zusein und mich zu verlieren. Vielleicht weil sie die erste Frau war der ich sagte: "ich glaube ich liebe Frauen". Ich sagte nicht "ich liebe Frauen" denn das war zu unbekannt, zu groß für mich damals. Zu endgültig.
Ich hatte keine Ahnung wie ich etwas leben konnte was für mich fremd war. Ich hatte von nichts einer Ahnung, ich hatte meine Probleme und sie waren zu groß für mich, Tag für Tag. Und doch dachte ich an sie und lebte für Treffen, ich die "Kleene", sie mein Idol, nunmehr Studentin.

Vermutlich brachte sie mich zum Abitur und in ein Jurastudium mit Zugangsbeschränkung in der Stadt in der sie studierte und in der wir unser Affaire begangen. Sie war die Frau mit der ich Sexualität erlebte. Nicht dass es für mich die Erfüllung war. Ich war überfordert und sie zu routiniert und dann war da noch ihre Beziehung. Wir lebten das was wir hatten Jahre mit uns und mit anderen Geliebten. Ich habe mich nie wirklich gefragt wieso wir nicht zusammen lebten, wieso wir uns nicht auf uns bezogen. In meinen Gedanken blieb ich die "Kleene" und sie unerreichbar.

Was sie erreichte für mich war Möglichkeiten zu eröffnen. Überhaupt daran zu denken mit Frauen zu leben. Mich zu verlieben und daran zu glaube es könnte auch diesen Frauen so gehen dass sie sich verlieben in mich.

Studierend aus der Kleinstadt entkommen ergaben sich Möglichkeiten. Eine Lesben-WG auf dem Campus mit all der Bestätigung die ein Leben mit gleichgesinnten Frauen bieten. Ich fuhr von 0 auf 100. Ich war lesbisch, ich outete mich wo ich ging und stand. Ich sah es politisch. Ich schloss die Lesbenkneipe auf und auch ab. Alles was mich bewegte war lesbisch zu sein. Ich definierte mich dadurch. Ich schottete mich ab gegen die heterosexuelle Welt. Was ich sah war frauenbewegt und lesbisch.

Wir waren drei WG-Frauen, wir schrieben, wir demonstrierten, wir fühlten uns wichtig, wir veränderten die Welt. Zumindestens waren wir neu, neu erfunden aus dem aus dem wir kamen.

Ich outete mich wo ich konnte auch in der Familie. Ich revoltierte, ich wollte kämpfen gegen überholte Vorstellungen meiner Herkunft und meiner Umgebung. Ich revoltierte auch gegen die Lesbenbewegung der 80 iger auch wenn sie meine Heimat war. Gleichzeitig erschien sie mir begrenzt und ich suchte Grenzen.
Ich wollte grenzenlose Freiheit und suchte gleichzeit Widerstand vielleicht weil ich jung war und Kampf wollte. Mein Ideal war " alles ist möglich und anerkannt". Ich fand meine Grenzen auf jedem "Auschluß" der Lesben-Frühlinstage und auch darüber hinaus.

Viel ist geschehen seitdem. Viele Frauen blieben. Manche sehe ich in Foren und ich verfolge sie wie sie mich. Mache ist in meinem Leben.

Ich weiß nicht wieso ich mich in Frauen verliebte. Oft denke ich ich hatte Glück,dass ich es früh tat. Mehr noch ich traf Frauen die oft weiter waren als ich und ich verließ mich auf sie. Ich verließ mich darauf, dass es immer irgendwie geht, weil sie es "irgendwie auch auf die Reihe bekamen".

D. meine Sandkastenfreundin verstieß mich als ich ihr sagte ich sei lesbisch. Lange Zeit nachdem ich es lebte und endlich den Mut fand mit ihr zu sprechen.

.......


edit: Realname entfernt

Der Beitrag wurde von kawa bearbeitet: 08.May.2010 - 00:57
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ella1
Beitrag 08.May.2010 - 20:52
Beitrag #2


Naschkatze
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Ich danke euch für den Zuspruch und ich verstehe Unsicherheiten im www. auch im Bezug auf Lebensräume die "in geschützten Räumen" stattfinden und sich (scheinbar) unterscheiden.

Ich kann nur für mich sprechen und wie ich das sehe was ich "preisgebe". Sicherlich tue ich dies zunächst aus einer sicheren Position heraus. Mein Outing umfasst seit langen Jahren alle Lebensbereiche. Mein Leben ist in der Realität sehr öffentlich durch meine beruflichen Tätigkeiten. Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass auch mein Privatleben entweder bekannt wurde oder ich es nicht hätte leben können.

Es gab in der Vergangenheit (als ich noch am Anfang meines "Findens" war) Zwangsoutings im "größeren Rahmen" weil es damals "in" in den 80igern war wenn eine etwas machte was gefiel oder eben weil es nicht gefiel. Es war Teil der politischen Auseinadersetzung. Ich würde so was nie unterstützen wollen aber es war wie es war mit all seinen Belastungen die mich zwangen Position zu beziehen.

Nebenbei war (und vielleicht ist es auch noch so) die "Szene" überall vernetzt. Nirgends kam eine hin wo nicht eine war die eine kannte, die eine kannte und ggf. schon eine Meinung hatte über einen selbst. Schlimmstenfalls kannte sie die Ex oder die Ex der Ex.

Als ich nur erahnte ich könnte "ggf. anders leben wollen" setzte sich dieses Land damit auseinander, dass Menschen die homosexuell leben keine Posten in beruflich (öffentlich) gehobener Stellung haben könnten. Man ging davon aus sie seinen damit erpressbar. Gewisse Gerüchte führten bei Freunden dazu, dass sie als potentiell pädophil oder aidserkrankt angesehen wurden.

Ich errinnere damals in Berlin gewesen zu sein als die Hysterie um "die Krankheit der Perversen" hochkam. In meiner Kleinstadt gab es Ausstellungen hierzu und ich ging hin, allein und unsicher in meiner Neugierde. Allein meine naiven Fragen dort führten zu dem Verdacht ich könnte betroffen sein und in der Talkshow am Abend gab es einen Skandal als über das Thema Homosexualität gesprochen wurde und ein Glas von einem "perversen" Gast vertauscht wurde.

Vermutlich brachte mich diese Szenario dazu später dazu zu stehen, dass aus meinem Umfeld Bücher/Schriften aus dem Leben von meinem Lesbenumfeld veröffentlich wurden. Heute lese ich dies und denke dass dies noch jemand kauft ist durchaus peinlich, ich bin heute anders drauf. :-) Trotzdem stimmte es in der Zeit von damals mehr oder weniger auch wenn manches literarisch und auf arroganter Weise unendlich überzogen und auch böse war.
Damals kam es mir vor als gäbe es nichts zum Leben von Lesben zu lesen.

Nun das erste Buch was ich las war: "Die Brünne" von Marlene Stenten. Ich war damals krank und meine Mutter brachte es mir auf meinen Wunsch mit ins Krankenhaus. Ich habe nie wieder so einen langweiligen Stuß gelesen und dies war also ein Buch über "eine schonungslose Studie über lesbisches Bewußtsein". Vielleicht tue ich der Autorin auch heute unrecht. Aber ich war klein und genervt. Ich wollte das Leben erfahren, ich wollte Vorbilder (auch um sie ggf. abzulehnen) aber nichts was anspruchsvoll einschläferte. Was für eine Enttäuschung für eine kleene Ella welche mit zitternder Stimme ihre Mutter um Lektüre bat. Die versprochene Leidenschaft fand ich jedenfalls nicht in der Worten der Schreiberin.

Im Grunde will ich nicht über die Gefährlichkeit der "Netzes" und der Veröffentlichungen hier schreiben. Sie sind da und etwas geerdeter kann ich verstehen dass Moderatorinnen wie Kawa einen Vornahmen änderten in meinem Text aus Angst Daten Dritter würden veröffentlicht. Auch wenn ich denke ein Vorname ( in diesem Falle sogar fiktiv) lässt wenig Rückschlüsse zu nach Jahrzehnten.

Was ich will ist mich im Netz nahezu autentisch zu bewegen, wie im Leben. Ich denke jede hat ihre eigenen Grenzen und ich würde mich freuen wenn der Austausch im Netz an der einen oder anderen Stelle dazu führt, dass eine Anregungen erhält. Sich vielleicht wiedererkennt und durch Glück und Verlust anderer lernt.

Natürlich bin ich zu alt um zu glauben, dass irgendein Leben ein anderes vor eigenen Fehlern bewahren kann. Was ich aber weiß, ich hatte Zeiten in denen ich glücklich war zu lesen was andere erlebten weil es das war was ich erleben wollte oder was ich an mir wiedererkannte. Es gab Momente in denen fühlte ich mich weniger als "Alien" weil es scheinbar andere gab.

Aus meiner Lebensperspektive leben wir in einer Zeit die "offen und tollerant" ist und ich nehme an nachfolgende Generationen werden sich wundern wie verklemmt eine wie ich ist/war.

Wenn ich hier schreibe habe ich manchmal den Eindruck manchen Frauen ging es "damals" ähnlich wie mir. Vielleicht auch nur weil wir in den (gleichen) vergangenen Jahren sozialisiert wurden als Frau Scwarzer mit Megabrille im Tv dauergemobbt wurde. Vielleicht weil wir damals die gleichen Bücher lasen und wenig hatten außer den Ariadne Krimis mit den ungeraden Nummern? Die ewig gleiche Musik auf den Lesbenfeten?

Und doch denke ich auch die Fragen die ich mir damals stellte waren vielleicht gar nicht so anders als die Fragen heute? Sicher bin ich mir, dass die Unsicherheit zu dem "was wird" damals wie heute gar nicht so unterschiedlich ist.

Vor kurzen musste ich lächeln als ich einen Bericht aus der Zeit von damals sah und die Damen im "Heute" dazu Stellung nahmen. Es ging um die Kampagne "ich habe abgetrieben". Ein Thema meiner Jugend die rechtliche Stellung der Frauen damals. Es hieß sich outen und vermutlich bin ich nicht die einzige die damals das Buch "ich bin ich" las nur weil es frauenbewegt war und geschockt dachte wie oft kann eine Frau denn in immer die gleiche Situation kommen. Ich musste lachen weil einige Damen zugaben sie hätten sich gefakt geoutet um Öffentlichkeit zu erzeugen und Solidarität zu zeigen, Gemeinsamkeiten, Unterstützung.

Nein ich fake mein lesbisches Leben nicht und Inge Meisel ist für mich auch keine Lesbe, aber ich freue mich über jede die für sich entscheidet Themen die mich beschäftigen aus ihren Sichten darzustellen. Das heißt nicht, dass ich es allgemein von jedem Menschen erwarte, dass heißt nur neugierig zu sein und manchmal eine Freude zu empfinden wenn da jemand in der Welt ist der scheinbar versteht weil er in der gleichen "Lebenschleife saß".

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