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> Das andere Antlitz Russlands
Viktoria
Beitrag 04.Nov.2013 - 16:45
Beitrag #1


Vorspeisenexpertin
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Liebes Forum,

im Folgenden möchte ich allen, die mehr über Russland erfahren möchten, in mehreren Teilen das Land, die Leute und das Lebensgefühl näher bringen.

LG Viktoria


Das andere Antlitz Russlands

Teil 1

Anfänge und Allgemeines

„Also, jetzt ist sie völlig durchgeknallt!“ war die Reaktion meiner Freunde und Verwandten, als ich vor nunmehr zehn Jahren meinen Entschluss bekannt gab, nach Russland auszuwandern. Wenn mir davor irgendjemand gesagt hätte, dass ich einmal in Russland leben werde, hätte ich nur ungläubig den Kopf geschüttelt, wenngleich ich bereits in der Schule eine Vorliebe für die russische Kultur hatte. Die Anfänge reichen also in diese Zeit vor dreißig Jahren zurück, als ich im Altpapiercontainer eine etwas zerfledderte Ausgabe von Iwan Turgeniews „Väter und Söhne“ in deutscher Übersetzung fand. Schon bei den ersten Sätzen war mir klar, dass man das Buch unbedingt auf Russisch lesen muss. Das war auch gleichzeitig der Impuls für mich, Russisch zu lernen. Das Bild dieser Landschaft in Turgeniews Roman, das vor meinen Augen erstand und eine tiefe Sehnsucht in mir auslöste, und die russische Sprache ließen mich von da an nicht mehr los …

So betrat ich an einem trüben Novembernachmittag nach monatelanger akribischer Vorbereitung meiner Auswanderung und einem erhebenden Flug ins Unbekannte zum ersten Mal russischen Boden. Trotz der teilweise krassen Unterschiede zum Westen, empfand ich vom ersten Augenblick an eine gewisse Vertrautheit. Ich fühlte mich nicht fremd hier. Es war vielmehr ein Nachhausekommen. In den anschließenden Wochen und Monaten machte ich Bekanntschaft mit allen Facetten der russischen Bürokratie, bis ich meine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung hatte. Erst danach konnte ich meine berufliche Tätigkeit aufnehmen. Die Zeit bis dahin nutzte ich, um Land und Leute besser kennen zu lernen. Ich knüpfte auch Freundschaften, von denen einige auch wieder zerbrachen. Meine Erfahrung ist, dass Russen und Deutsche mehr verbindet als trennt. Nach zwei Jahren erhielt ich die ständige Aufenthaltsgenehmigung.

Nachdem ich vier Jahre in einer Mietwohnung in der Stadt gelebt hatte, kaufte ich das erträumte Haus im Dorf. So erfreut nun die eindrucksvolle Landschaft aus Turgeniews Werk jeden Tag mein Auge. Ich habe ein paar Hobbys zu meinem Beruf gemacht, auch Schreiben gehört dazu. Ich schneidere und entwerfe gerne und habe mir einen entsprechenden kleinen Kundenkreis aufgebaut. Daneben verfasse ich auch diverse Artikel u. Ä. Mein Traum wäre, ein Buch über das wahre Russland zu schreiben, ohne diese Sensationshascherei, der man u. a. in deutschsprachigen Medien oft begegnet und die wirklich ärgerlich ist, weil sie das Bild von diesem herrlichen Land so verzerrt. Das Land hat so viele Facetten. Ich schreibe momentan auch an einem Krimi, allerdings nur für mich selbst. Die Landschaft und Menschen hier inspirieren mich stark, so dass ich noch ein paar schöne Sujets für weitere Krimis auf Lager habe. Übrigens schreibe ich auf Russisch. Nur so kann ich die Nuancen in Sprache und Verhalten der Menschen einerseits und die gesamte Atmosphäre und innewohnende Tiefe andererseits entsprechend rüberbringen. Es bleibt auch noch Zeit für ein paar Nachhilfeschüler.

Heimweh habe ich nicht, schließlich bin ich ja freiwillig nach Russland gegangen. Freilich gibt es hier leider auch viel Negatives. Das Leben ist wesentlich komplizierter als im Westen, vor allem außerhalb von Moskau und St. Petersburg, aber beide Städte sind ja ohnehin eine Welt für sich. Vor ca. zwei Jahren hatte ich so eine Phase, in der ich mich meinen russischen Bekannten und Freunden gegenüber oft sehr unverblümt darüber ausließ, was mir hier alles so nicht gefällt. Dabei war ich sicher keine angenehme Gesprächspartnerin. Ich war sogar ein paar Mal drauf und dran, hier alles hinzuschmeißen und in ein anderes Land zu ziehen, wo es sich leichter lebt. Am stärksten war dieser Wunsch die letzten anderthalb Jahre. Aber irgendetwas hat mich immer davon abgehalten. Wenn ich im Flugzeug in die alte Heimat saß und mir vorstellte, dass das mein letzter Flug aus Russland ist, überkam mich immer eine tiefe Traurigkeit, und ich verstand, ich kann dieses Land trotz allem nie verlassen. Ich hätte immer Sehnsucht, Heimweh nach diesem Land. Wie singen so schön die Eagles in ihrem Song „Hotel California“: „You can check out any time, but you can never leave“. Das trifft den Nagel auf den Kopf.

Dieses Jahr im Juli jedoch trat ein Ereignis ein, das meine ursprünglichen Gefühle für Russland wieder erwachen ließ. Ich wollte, als ich, vor allem voriges Jahr, ernsthaft mit dem Gedanken spielte, Russland zu verlassen und in ein anderes Land zu übersiedeln, natürlich meinen Kater mitnehmen. Dazu musste ich ihn aber u. a. kastrieren, impfen und chippen lassen. Nur konnte ich mich einfach nicht entschließen, bei welchem Tierarzt oder in welcher Tierklinik ich das machen lassen sollte. Ich schob alles immer wieder auf – bis dieses Jahr Anfang Juli mein Kater plötzlich krank wurde. Das zwang mich nun, mich für einen Tierarzt bzw. eine Tierklinik entscheiden: Der Weg führte mich direkt zu Larissa, meiner Tierärztin, in die ich mich bis über beide Ohren verliebte. Danach war mein Wunsch, Russland zu verlassen, wie weggeblasen. Ich kann mir nun gar nicht mehr vorstellen, woanders zu leben. Bemerkenswert ist auch, dass ich trotz der vielen Missstände in dem Land nun einfach nicht mehr über Russland schimpfen und Larissa nichts Negatives über Russland sagen kann. Seit Anfang Juli ist so viel passiert … Es ist, als ob nun endlich auch mein Kopf begriffen hätte, was das Herz schon immer wusste, nämlich dass mein Platz hier und Russland mein Zuhause ist.
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kawa
Beitrag 12.Nov.2013 - 15:27
Beitrag #2


Blau, weil Ströse.
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ZITAT(Viktoria @ 11.Nov.2013 - 16:32) *
Ich kann aber auch mit dem Tarot überhaupt nichts anfangen. Ich weiß, dass es verschiedene Karten und Legesysteme gibt. Was diese aber bedeuten, habe ich keine Ahnung. Vielleicht geht es anderen Ladies hier ja genauso wie mir.

Also ich kenne mich mit Tarot auch überhaupt nicht aus, finde das in diesem Zusammenhang aber auch nicht notwendig, weil die Bewunderung und Wertschätzung für deine mutige Auswanderung trotzdem rüberkommt.

Und es würde mich freuen, wenn du noch weiter vom anderen Antlitz Russlands erzählen magst. (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)
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