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Beitrag
#1
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Naschkatze ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 263 Userin seit: 20.07.2015 Userinnen-Nr.: 9.331 ![]() |
Da ich mich hier unter anderem auch angemeldet habe, um endlich über ein paar Dinge sprechen zu können, die ich bisher nie so recht auf den Punkt gebracht habe,
will ich an dieser Stelle kurz von meinem langen Weg zum Coming-Out erzählen. Den ersten Verdacht hatte ich mit 13 oder 14 Ende der 80er, Anfang der 90er - und jeder, der ungefähr in meinem Alter ist, wird sich noch erinnern, dass etwa zu dieser Zeit das Thema AIDS erstmals so richtig auf's Tablett kam und auch gleich u. a. als "Homo-Krankheit" usw. bezeichnet wurde. Was ich damit sagen will: Die äußeren Umstände waren nicht gerade günstig für ein Outing (nicht, dass es heute unbedingt leichter wäre). Dennoch hätte ich mich vielleicht sehr viel früher damit auseinandergesetzt, wenn ich den entsprechenden Rückhalt in der Familie gehabt hätte. Doch bei uns gab es eigentlich nur zwei Sichtweisen zum Thema Homosexualität: "Diese Schwulen sind abartig und psychisch krank." (Vater) oder "Eigentlich habe ich nix gegen Schwule, schließlich können die ja nichts dafür. Aber meine Kinder sind nicht so. Und überhaupt ist das meistens eh' nur so eine Phase ..." (Mutter) Normalerweise hat man Freunde, mit denen man sich über alles mögliche austauschen kann, aber ich denke, dass meine damaligen Freunde reichlich überfordert gewesen wären, wenn ich mit ihnen über die Frage "bin ich lesbisch" hätte diskutieren wollen. Das Verhältnis zwischen meinen Eltern und mir war ohnehin nie das beste und die Möglichkeit, ich könnte lesbisch sein, hätte vermutlich zu einem familiären Super- Gau geführt. Von daher habe ich es vorgezogen, mit niemandem darüber zu sprechen und mir stattdessen einzureden, es sei wirklich nur so eine Phase und eigentlich stünde ich doch eher auf Männer (bzw. damals auf Jungs) usw. Nun ja - das war ein Fehler. Ich habe meine ganze Jugend damit zugebracht, einen wesentlichen Teil meiner Identität zu verleugnen. Doch gerade in dieser Altersspanne stellt man die Weichen für das weitere Leben und alles, was man sich in dieser Zeit verbaut, kann später nur noch unter Schwerstarbeit nachgeholt werden. Ich will gar nicht ins Detail gehen, wie ich stets so getan habe, als würde ich bestimmte Schul- oder Vereinskameradinnen nur "nett" finden, wie ich mir später (etwa im Alter von 16/17) nach dem Sportunterricht immer ewig Zeit gelassen habe, nur um nicht mit den anderen duschen zu müssen, wie ich andauernd mit (mehr oder weniger überzeugenden) Ausreden daher kam, wieso ich diesen oder jenen Jungen links liegen gelassen habe usw. usw. usw. Irgendwann war ich dann in einem Alter, in dem ich meinte, langsam zu Potte kommen zu müssen. Um es kurz zu machen: Natürlich ging es gewaltig in die Hose, denn man kann auf Dauer nicht so tun, als sei man jemand, der man nun einmal nicht ist. Letztlich habe viel Zeit verloren, doch es ist nicht nur das. Manchmal habe ich das Gefühl, um etwas Wichtiges betrogen worden zu sein. Und warum? Wegen irgend- welcher idiotischen Vorurteile. Es gab Augenblicke, in denen mich das extrem wütend gemacht hat, weil es so ungerecht ist. Auch heute noch tue ich mich bei bestimmten Typen, die in ihrer egozentrischen kleinen Welt leben, deren Maßstäbe sie über alles andere stellen, äußerst schwer, nicht auszuflippen. Ich weiß aber auch, dass ich mir selbst keinen Gefallen tue, in Selbstmitleid zu waten oder Rachephantasien nachzuhängen. Vor ein paar Jahren habe ich beim Essen mit einer guten Freundin ganz spontan entschieden, mich zu outen. Daraufhin hat sie einen Prosecco bestellt und mit mir angestoßen. Später hat sie mir gestanden, dass sie es schon lange vermutet hat, aber mir die Gelegenheit geben wollte, selbst damit herauszurücken. In der Folgezeit habe ich mich - immer dann, wenn ich meinte, es sei der richtige Zeitpunkt - weiteren Freunden gegenüber geoutet. Und mit jedem Mal, hatte ich das Gefühl, als würde eine Last, die ich mein ganzes bisheriges Leben mit mir herumgeschleppt habe, ein Stück leichter. Mittlerweile bin ich soweit, dass ich einfach nur neugierig bin, was (oder wen) die Zukunft bringen mag. Und keinesfalls möchte ich auf Biegen und Brechen verlorene Jahre wettmachen, indem ich mich mit Vollgas von einer Beziehung in die nächste stürze. Was ich aus all dem gelernt habe und an dieser Stelle gerne weitergeben möchte: Selbst wenn es sich wie eine Phrase anhört, die man schon tausendmal gepredigt bekommen hat - es IST wichtig, zu sich selbst zu stehen. Diejenigen, die uns kritisieren und nach ihren Vorstellungen zu formen versuchen, werden nicht ewig um uns herum sein. Aber die Früchte ihrer zweifelhaften Bemühungen müssen wir - wenn es dumm läuft - für den Rest unseres Lebens mit uns herumschleppen. Es ist nicht unser Job, unsere Mitmenschen zu bespaßen oder das Objekt zu sein, an dem sie ihre Komplexe oder ihre Ignoranz austoben können. Auch wenn es manchmal aufgrund des persönlichen Umfeldes nicht möglich ist, sich sofort z. B. zu seiner lesbischen Seite zu bekennen, so sollte man auf jeden Fall sich selbst nichts vormachen. Es IST schwer, nach außen hin "so zu tun" und in seinem Inneren vollkommen anders zu empfinden. Dennoch ist dies der erste Schritt. Und irgendwann wird man die Freiheit haben, sein Leben als diejenige zu führen, die man ist, und nicht als eine, die bloß die Wünsche ihrer Umgebung widerspiegelt. Das Internet hat definitiv nicht nur Vorteile, aber es bietet die Chance, sich mit anderen auszutauschen, Rat und Hilfe einzuholen, wenn man allein nicht mehr weiter weiß, sowie Gleichgesinnte (virtuell) zu treffen. All dies hilft ungemein, bei dem oft schwierigen Prozess der se*uellen Selbstfindung. Deshalb ist es wichtig, dass Foren wie dieses hier gegründet und am Leben gehalten werden. Puh - wie gesagt: Bin zu nächtlicher Stunde mächtig schreibfreudig. ^^ Der Beitrag wurde von Cassia bearbeitet: 26.Jul.2015 - 04:28 |
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Beitrag
#2
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Naschkatze ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 263 Userin seit: 20.07.2015 Userinnen-Nr.: 9.331 ![]() |
Ich kann Dir nur zustimmen. Bei jedem einzelnen Satz.
Unsere Erfahrungen - auch wenn es Irrwege oder Umwege sind, die wir gegangen sind - haben uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind. Für mich bedeutet es auch, meine Vergangenheit in ihrer Gesamtheit zu akzeptieren. Würde ich sie ablehnen, würde ich mich selbst ablehnen. Und darauf habe ich - nach all dem Theater - wirklich keinen Bock. dann finde ich es wieder einfacher das vergangene abzuhaken und eben aus der jetzigen Gegenwart das beste zu machen um die Zukunft besser, anders, eben positiver zu gestalten. Auch hier meine vollste Zustimmung. Erst akzeptieren, dann annehmen, dann abhaken. Vermutlich werde ich es nicht vermeiden können, auch in Zukunft immer wieder Dummheiten zu machen, aber es wäre schon ein Trost, wenn es neue und keine alten sind. ^^ Darf ich fragen, was Du nun für Dein nächstes Kapitel planst? Mich (positiv) überraschen lassen. ^^ Ich will damit nicht sagen, dass ich keine Pläne hätte. Aber die beziehen sich eher auf meinen Beruf, meine Schreiberei und Ähnliches. Was die Beziehungsseite angeht, so bin ich vollkommen offen und harre der Dinge die da kommen mögen. Immerhin habe ich es schon geschafft, mich hier anzumelden. Ein Hoch auf mich! (IMG:style_emoticons/default/laugh.gif) Weil Du es oben erwähnt hast: Wenn ich fragen darf, wie kam es zu Deinem ebenfalls relativ späten Coming-Out? Der Beitrag wurde von Cassia bearbeitet: 28.Jul.2015 - 00:34 |
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Beitrag
#3
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Naschkatze ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 351 Userin seit: 11.10.2004 Userinnen-Nr.: 576 ![]() |
Vermutlich werde ich es nicht vermeiden können, auch in Zukunft immer wieder Dummheiten zu machen, aber es wäre schon ein Trost, wenn es neue und keine alten sind. ^^ lol ... ja stimmt. Neue Dummheiten sind akzeptabler, als immer wieder die gleichen machen. Mich (positiv) überraschen lassen. ^^ Ich will damit nicht sagen, dass ich keine Pläne hätte. Aber die beziehen sich eher auf meinen Beruf, meine Schreiberei und Ähnliches. Was die Beziehungsseite angeht, so bin ich vollkommen offen und harre der Dinge die da kommen mögen. Hm ... klingt jetzt nach keinem so schlechten Plan. Was schreibst Du denn? Immerhin habe ich es schon geschafft, mich hier anzumelden. Ein Hoch auf mich! (IMG:style_emoticons/default/laugh.gif) (IMG:style_emoticons/default/cheerlead.gif) Weil Du es oben erwähnt hast: Wenn ich fragen darf, wie kam es zu Deinem ebenfalls relativ späten Coming-Out? Ja, also das is eine längere Geschichte und so ganz genau kann ich mir es rückwirkend nun auch nicht mehr erklären. Ein Grund ist sicher, daß ich in einer erzkonservativen Kleinstadt aufgewachsen bin. Dort gab es sowas wie Lesben einfach nicht, höchstens im Fernsehn, aber da weiß ma ja eh, daß im Fernsehn alles nicht echt is. Ein weiterer Grund liegt sicher darin, daß sich meine Eltern getrennt haben, als ich 12 Jahre alt war. Es war eine ziemlich schwere Zeit und da hatte ich im Grunde dann andere Probleme, als andere Teenager. Damit hatte ich dann auch keine gute Grundlage gegen die koservative Trägheit meiner Umgebung anzugehen, sondern war eher darauf bedacht nicht noch mehr aus der Reihe zu fallen um mir nicht noch zusätzliche Schwierigkeiten einzuhandeln. Ich weiß, daß ich als Jugendliche darüber nachgedacht hab, ob ich nicht lesbisch sein könnte. Aber weil nicht sein kann, was nicht sein darf, hab ich mir dann eingeredet man verliebt sich ja nicht ins Geschlecht, sondern in den Menschen usw. Ich hab dann lange Zeit drauf gewartet, daß mich "der Richtige" ereilt und es nebenbei vollkommen ausgeblendet, daß ich immer wieder in Mädels oder Frauen verknallt war. Das konnte ich dann auch vor mir nicht mehr wirklich zugeben. Irgendwann dann war ich sogar auch wirklich mit einem Mann zusammen. Er war sehr charmant und hat sich gerade am Anfang sehr um mich bemühnt. Das hat mir natürlich geschmeichelt auch wenn ich nicht 100% überzeugt war. Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen wurden Monate und irgendwann hab ich dann als gegeben angenommen, daß er "der Richtige" wäre und in einem Zirkelschluß angenommen, daß wenn ich mit einem Mann zusammen bin, ich ja gar nicht lesbisch sein könne. Daß das eine Fehlannahme war, habe ich spätestens dann festgestellt, als die Beziehung nach einiger Zeit mit Bomben und Granaten auseinandergebrochen ist. Ich hab dann sehr vieles an mir hinterfragt vor allem da meine Reaktionen auf das Beziehungsende teilweise überhaupt nicht zu dem was ich von mir erwartet hatte zusammengepaßt haben. Zum Beispiel war einer meiner ersten Gedanken: Ah, Gott sei Dank muß ich jetzt nimmer mit ihm schlafen! ... Das hatte mich selbst überrascht, da ich unsere Intimität davor gar nicht als so negativ gesehen hatte. Nach dem ersten Schock ist mir dann eben auch aktiv aufgefallen bzw konnte ich den Gedanken endlich zulassen, daß ich eigentlich nur Frauen attraktiv finde. Und nachdem ich das dann endlich verstanden hatte, habe ich mich dann auch daran gemacht mich bei meinen Freunden zu outen, die allesamt (Gott sei Dank) auch positiv reagiert haben und zu mir gestanden haben. In der Familie wars dann noch bissl schwieriger, aber auch diese Hürde hab ich inzwischen hinter mir. Ich hab mir dann vorgenommen nie wieder so blind zu sein. ... Aber naja, auf welchem Auge man blind ist, merkt man wohl erst, nachdem man irgendwo hineingerannt ist. lg kenning |
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Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 02.05.2025 - 16:12 |