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> Die Kategorisierung der Flüchtlinge, Unterscheidung zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen
Schräubchen
Beitrag 10.Sep.2015 - 13:50
Beitrag #1


Dreht manchmal durch...
************

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Hallo ihr Lieben,

ich weiß nicht, ob das Thema hier richtig ist, ansonsten liebe Strösen, verschiebt es bitte (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif)

Ein Bekannter von mir hat sich neulich auf dem großen blauen Socialnetwork über die sogenannten "Wirtschatsflüchtlinge" ausgelassen. Ich habe eine Diskussion mit ihm angefangen, weil ich das, was er dazu geschrieben hatte, nicht so stehen lassen konnte und wollte. Vor allem auch deshalb nicht, weil er rechtspopulistische Internetseiten zitierte und diese als Wahrheiten darstellte. Letztendlich kann ich sagen, dass mit ihm und mir, zwei Welten aufeinander geprallt sind.

Daher einfach mal meine Frage an euch. Was haltet ihr von diesem Thema. Ist es für euch in Ordnung, dass z.Z. viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen, oder seht ihr das skeptisch. Und vor allem, was haltet ihr von dieser Kategorisierung der Flüchtlinge in Kriegs- und Wirtschaftsflüchtende?

Ich bin gespannt, was ihr von all dem haltet.
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Cassia
Beitrag 10.Sep.2015 - 17:56
Beitrag #2


Naschkatze
**********

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Ein interessantes und vermutlich noch für lange Zeit ziemlich kontroverses Thema.

Ich habe in meinem Nebenjob, den ich mittlerweile seit knapp 17 Jahren machen, vor allem in den letzten Monaten jede Woche
mit hunderten von Flüchtlingen zu tun. Ein paar Gedanken dazu:

- Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass vermutlich niemand sein Heimatland verlassen würde, wenn er nicht einen guten Grund hat.
Sich auf eine - teils monatelange - Odyssee mit ungewissem Ausgang zu wagen, ist nichts, was einem mal so nebenbei einfällt.

- Ist es korrekt, einen Unterschied zwischen den Flüchtlingen zu machen? Strenggenommen nein, denn, wie So What sagte, hat
jeder (im Idealfall) das Recht (zumindest theoretisch) seine Grundbedürfnisse befriedigen zu dürfen.
Aber: Das ist, wie gesagt, das Ideal. Die Realität sind allerdings anders aus.

Es ist nun einmal so, dass sich diese gigantische Flüchtlingswelle schon vor Jahren abgezeichnet hat. Man musste nur regelmäßig einen
Blick in die entsprechenden Länder werfen, um sich denken zu können, dass dies früher oder später passieren würde.
Nur war und ist es Gang und Gäbe, nur dann zu handeln, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Und seien wir mal ehrlich:
Es wäre doch ein Aufschrei der Entrüstung durch Deutschland gegangen, wenn irgendein Politiker vor zehn Jahren gesagt hätte, wir
müssten zig Millionen für eine Situation bereitstellen, die noch gar nicht eingetreten ist.

Jedes Land, nicht nur Deutschland, hat beschränkte Kapazitäten - und wir machen uns etwas vor, wenn wir glauben, wir könnten
Millionen von Menschen aufnehmen. Das ist - auch wenn der Vergleich ein bisschen hinkt - ähnlich wie bei den Leuten, die aus Mitleid
Straßenhunde in Massen in ihre Zwei-Zimmer-Wohnung packen, wo diese Tiere vielleicht in der Wärme sind, aber dafür unter entsetz-
lichen Bedingungen dahinvegetieren müssen.
Wir nehmen also die Flüchtlinge mit offenen Armen auf ... Und dann? Ich kenne einige der Flüchtlingsunterkünfte und ich würde es
dort nicht einmal eine Nacht aushalten. Für die meisten ist das ein ziemlicher Schock, wenn sie sehen, wie sich die Realität in
Deutschland zu ihrer Vorstellung verhält, die sie bisher von dem Land hatten.

- Es geht nicht nur darum, Menschen aufzunehmen. Man muss auch wissen, warum sie hier sind, was sie planen, ob sie wieder in
ihre Heimat zurückwollen usw. Außerdem sind gerade diejenigen, die aus Kriegsgebieten kommen, zum Teil schwer traumatisiert
und müssten eigentlich in Behandlung. Es gibt Kinder und Jugendliche, die jede Nacht schreiend aufwachen, weil sie im Traum
wieder und wieder das erleben müssen, was in ihrem Dorf, ihrer Stadt geschehen ist.
Es reicht nicht zu sagen "Herzlich Willkommen" und Blümchenplakate hochzuhalten. Diese Menschen sind keine Straßenhunde, die
schon dankbar sind, wenn sie ein bisschen Futter bekommen. Sie brauchen sehr viel mehr und das kann man ihnen, soweit ich das
bisher mitbekommen habe, nicht geben - zumindest nicht unter den bisherigen Bedingungen.

- Es gibt viele Hilfsorganisationen, aber die sind in der Regel darauf spezialisiert, die Leute mit mehr oder weniger passendem Essen
zu versorgen (viele haben übrigens immer noch nicht begriffen, dass Muslime nun einmal kein Schweinefleisch essen) und sie an
irgendwelche Einrichtungen weiterzureichen. Das genügt aber nicht.
Soweit ich das sehe, fehlt es vor allem an kulturellem Verständnis. Viele Leute würden nicht einmal das Land auf der Karte finden,
aus dem die Flüchtlinge kommen. Und mit den jeweiligen Sitten, Gebräuchen usw., von der Sprache ganz zu schweigen, kennt
sich ebenfalls kaum einer aus.
Auch wenn es uns nicht gefällt: Wenn wir in Europa dieses Geschichte auch nur ansatzweise in den Griff bekommen wollen, müssen
wir sehr viel tiefer in die ganze Sache eintauchen, als uns lieb ist. Aber letztlich bleibt uns keine andere Wahl, denn wir stecken
bereits mittendrin und die Probleme beispielsweise der Länder des Nahen Ostens sind nun einmal auch unsere - egal, ob uns das
jetzt in den Kram passt oder nicht.
Und ohne diese ganz spezielle Thema vertiefen zu wollen: Wir in Europa wären sehr gut beraten, möglichst schnell eine Lösung,
vor allem für letztgenannte Probleme zu finden, bevor es andere tun und möglicherweise entweder die Ängst und die Frustration
der Flüchtlinge oder die der "besorgten Bürger" für ihre Zwecke missbrauchen.

- Zu Wirtschaftsflüchtlingen: Gérard Depardieu überhaupt in diesem Zusammenhang zu nennen, halte ich für ziemlich unpassend.
Es ist doch ein großer Unterschied, zwischen jemandem, der sein Land verlässt, weil er keine Arbeit findet und seine Familie nicht
ernähren kann, und jemandem, der sein Land verlässt, weil er es nicht einsieht, die Hälfte seines Vermögens dem Fiskus zu geben.

Die Menschen, die aus dem Kosovo oder Mazedonien kommen, von Rumänien und Bulgarien mal ganz abgesehen, stammen i. d. R.
aus extrem armen Gegenden. In vielen Dörfern leben nur noch alte Leute und kleine Kinder. Die jungen sind allesamt im Westen
in der Hoffnung auf Arbeit und der Möglichkeit, ihre Familien nachzuholen. Ich habe von einigen gehört, dass sie überhaupt nur
nach Deutschland gekommen sind, weil man sie in ihrem Dorf schräg angesehen hat, da sie die einzigen jungen Erwachsenen waren,
die "ihren Familien offenbar nicht helfen wollten" ...

Wie oben bereits gesagt, jeder hat das Recht auf die Befriedigung seiner Grundbedürfnisse. Aber: Wenn die Mittel eingeschränkt sind,
und das ist der Fall, dann muss man einfach Prioritäten setzen. Und wenn ich die Wahl habe jemandem zu helfen, der Krieg, Folter
und Verfolgung entflohen ist und jemandem, der Arbeitslosigkeit und Armut entfliehen möchte, dann entscheide ich mich für ersteren.
Ist hart, aber es geht nun einmal nicht anders.

- Letzter Punkt: "Reiches Deutschland". Dazu sage ich nur: Geld ist nicht alles - man muss auch damit umgehen können. Außerdem
ist oft nicht das Geld das Problem, sondern Bürokratie, Uneinigkeit, Unsicherheit, Ängste usw. Das in den Griff zu bekommen wird
dauern.



Das sollte eigentlich kein Roman werden, aber wenn ich mal anfange zu schreiben ... ^^


edit kawa: auf Wunsch der Userin eine unglückliche Formulierung geglättet

Der Beitrag wurde von kawa bearbeitet: 12.Sep.2015 - 14:25
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